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Ein gutes Bier muss erst mal schmecken

EIN GESPRÄCH MIT BIERSOMMELIER DR. CHRISTOPH PINZL „Ein gutes Bier muss erst mal schmecken“

(JN) Bier zählt nicht nur in Bayern zu den Lieblingsgetränken. Aber was versteht man eigentlich unter einem „guten Bier“ und was zeichnet Bier aus Bayern aus? Spannende Fragen, nicht nur zur Oktoberfestzeit. Wir sprachen mit Biersommelier Dr. Christoph Pinzl. Wie sind Sie zum „Biersommelier“ geworden?

Dr. Christoph Pinzl: Ich bin der Leiter des Deutschen Hopfenmuseums in Wolnzach. Wer mit Hopfen zu tun hat, hat automatisch mit Bier zu tun. Wir wollten Bier etwas anders präsentieren, als man es in der öffentlichen Darstellung kennt. Weniger auf Masse, sondern auf Klasse setzen. Dazu gehört auch der Aspekt, dass man Bier verkosten und genießen kann. Das alles steckt im „Biersommelier“ und in der entsprechenden Ausbildung. Mit der Ausbildung ist man aber nicht fertig, es geht erst richtig los danach. Verkosten, ausprobieren, kennenlernen. Die Welt der Biere ist riesengroß, es gibt immer wieder etwas zu entdecken. Biersommelier bin ich jetzt seit über 15 Jahren.

Woran erkenne ich als Laie ein „gutes“ Bier?

CP: Ein gutes Bier muss erst mal schmecken. Die Bierwelt ist so aufgeteilt, dass wir einige große Brauereien haben, die Biere für den Massengeschmack herstellen. Das sind Biere ohne Ecken und Kanten, ohne dabei schlecht zu sein. Diese Biere schmecken vielen Menschen. Auf der anderen Seite gibt es viele „extreme Biere“ aus kleinen Brauereien, die viele Leute auf Anhieb abschrecken. Weil sie z.B. sehr röstmalzig schmecken oder rauchig oder saure Noten aufweisen. Unter Spezialisten und Spezialistinnen sind solche Biere das Größte, was es gibt. Und es werden bei solchen Bierstilen Höchstpreise erzielt. Ich würde sagen: Ausprobieren, Vielfalt entdecken und was schmeckt, ist gut.

Sie beschäftigen sich mit Bieren aus der ganzen Welt. Welche ländertypischen Unterschiede gibt es?

CP: Die hohe Qualität. Bayerische Bierbrauer und Bierbrauerinnen sind sehr gut ausgebildet. Die ganze Welt hat lange Zeit immer wenn irgendwo eine Brauerei eröffnet wurde, ob in Argentinien oder in Japan, die werdenden Brauereinnen und Brauer nach Bayern geschickt, um sie hier lernen zu lassen. Deshalb ist die bayerische Art, Bier zu brauen, in der ganzen Welt gefragt.

Wie lässt sich Biertrinken richtig genießen, z.B. auf dem Oktoberfest? Welche Speisen empfehlen Sie als Zugabe?

CP: Das Gute an Bier ist seine unglaubliche Vielfalt. Man kann es wie auf dem Bierfest trinken oder im Edellokal ein Bier-Menü für einige Hundert Euro bestellen. Bei Ersterem trägt es zu einem hoffentlich angenehmen Rausch bei, bei Letzterem ist es eine kulinarische Reise und man kann, kombiniert mit besonderen Speisen, immer neue Geschmacksnuancen erfahren.

Für Biergenießende ist das Oktoberfest nicht unbedingt die richtige Adresse. Wer ins Bierzelt geht, sucht andere Dinge als ein Biersommelier. Ein Bier im Maßkrug verliert schnell sein Aroma, seine Frische. Gut für den Wirt, weil man sich schnell eine neue Maß bestellt. Ich persönlich mag das Oktoberfest nachmittags draußen im Garten vor dem Zelt oder auf der Alten Wiesn, wo ich die Maß in angenehmer Gesellschaft noch genießen kann.

Vielen Dank für das Gespräch Dr. Pinzl!

CP: Vor sagen wir 200 Jahren gab es große Unterschiede zwischen den einzelnen Bierkulturen. Belgisches Bier hat ganz anders geschmeckt als englisches, norddeutsches völlig anders als Bier aus Bayern. Mittlerweile ist Bier auf der ganzen Welt fast überall das Gleiche. Es gibt Unterschiede im Etikett, im Namen und in der Vermarktung, aber was drin ist, ist zu 80 % überall dasselbe. Die sogenannte Craft-BierSzene versucht, die alte Vielfalt wieder zum Leben zu erwecken. Allerdings spielen die früheren Ländergrenzen keine Rolle mehr. Es gibt weltweit hervorragende Craft-Biere, auch in Ländern, die ursprünglich nicht viel mit Bier am Hut hatten. Bayerische Biere zählen weltweit zu den Spitzenreitern.

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