Nordlicht 05/2021

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DIE MENSCHEN IM LAND VOR ORT

„In Dänemark wird viel mehr getestet“ Dr. Matthias Gerber wanderte 2010 mit seiner Familie von der Insel Fehmarn auf die dänische Insel Bornholm aus und führt dort seitdem eine Hautarztpraxis. Die Nordlicht-Redaktion hat bei ihm nachgefragt, wie unser Nachbar im Norden mit der Corona-Pandemie umgeht. Nordlicht: Welches Corona-Erlebnis ist Ihnen in besonderer Erinnerung geblieben?

Team der Hautarztpraxis Bornholm: (v. l.) Jenny (Arztsekretärin), Martina (Arzthelferin), Matthias (Arzt) und Pernille (Ausbildungsärztin)

Nordlicht: Wie sieht die Corona-Situation in Dänemark und speziell auf Bornholm aus? Dr. Matthias Gerber: Auch in Dänemark steigen die Zahlen, allerdings mit großen regionalen Unterschieden zwischen Stadt und Land. Die 7-Tage-Inzidenz lag Stand Mitte April landesweit bei 71 Fällen auf 100.000 Einwohner, auf Bornholm dagegen bei vergleichsweise geringen 5,1 Fällen.

Gerber: Das war die Corona-Erkrankung meiner Frau Anfang März 2020. Sie singt im Chor. Da sie nicht die typischen Symptome, wie Husten oder Atemnot, hatte, wurde ein Test abgelehnt. Als sie ihren Geruchs- und Geschmackssinn verlor, habe ich für eine Woche meine Praxis geschlossen und nur noch über Video Patienten behandelt. Wir erhielten dann als erste auf Bornholm Anfang April eine Antikörpertestung und die fiel bei ihr hochpositiv aus. Obwohl eine unserer Töchter ihre Studienreise in Australien abbrechen und zu Hause bei ihrer infizierten Mutter in Quarantäne gehen und unsere andere Tochter ihre 14-tägige Abiturarbeit zu Hause schreiben musste, hat meine Frau niemanden in der Familie angesteckt. Glücklicherweise trug sie auch keinerlei Spätfolgen davon, hat aber auch jetzt nach einem Jahr noch „gute“ Antikörper.

„Auch in Dänemark gab es leichte Schwierigkeiten bei der Impfstoffbeschaffung.

Nordlicht: Wie hat Corona den Arbeitsalltag in Ihrer dermatologischen Praxis verändert? Gerber: Mein Arbeitsalltag hat sich im Prinzip überhaupt nicht verändert, da nur Patienten ohne Coronasymptome zu mir kommen, noch dazu auf Überweisung. Allerdings kam es häufiger vor, dass sich Patienten bei uns vorstellten, die zuvor von ihrem Hausarzt nicht gesehen worden waren bzw. nur per Telefon oder Videosprechstunde. Das war zwar ziemlich widersinnig, aber Realität. Mundschutz, Visier, noch mehr „Handsprit“ und Flächendesinfektion sind seit letztem Jahr unser tägliches Brot.

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Nordlicht: Auf welche Corona-Strategie im Gesundheitswesen setzt Dänemark? Gerber: Es wird viel mehr getestet. Allein auf Bornholm mit seinen rund 40.000 Einwohnern gibt es elf Teststellen. Alle Testungen sind kostenfrei. Für die Durchreise durch Schweden muss man einen negativen Corona-Test vorweisen, auch beim Transit nach Dänemark. Für jede innerdänische Reise vom restlichen Dänemark nach Bornholm und umgekehrt musste bis vor kurzem ebenfalls ein negativer Test vorliegen. Das Ergebnis des AKTUELL

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