Lucy's Rausch Nr. 2

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50  CANNABIS- UND CANNABINOID-MEDIZIN

Cannabisblüten durchgesetzt wurde, ist ein Wendepunkt in der Geschichte der medizinischen Cannabisverwendung in Deutschland. Mehr als 10 Jahre lang hat beispielsweise Ute Köhler aus Thüringen für die Kostenübernahme von Dronabinol durch ihre Krankenkasse AOK gekämpft. Die AOK hat mit aberwitzigen Argumenten diese Kostenübernahme abgelehnt. Wider besseres Wissen hat sie behauptet, Frau Köhler habe mögliche alternative Behandlungsverfahren zur Linderung ihrer Schmerzen nicht ausgeschöpft. Diese Geschichte wird nun ein gutes Ende finden. Frau Köhler hat das mehr als verdient. Andere Patienten, die keine Alternative zu einer Behandlung mit Dronabinol, Sativex oder Cannabisblüten haben, dürfen jetzt hoffen, dass ihre Krankenkasse die Kosten der Behandlung zukünftig erstatten wird. Auch die beiden Firmen, die mit großem Engagement den deutschen Patienten trotz geringer Umsätze weiterhin Dronabinol zur Verfügung gestellt haben – so dass dieses Präparat in Deutschland so preiswert ist wie nach meiner Kenntnis in keinem anderen Land der Welt –, werden für ihre Ausdauer belohnt. Ein weiterer positiver Effekt könnte in der größeren Bereitschaft von Ärzten liegen, Dronabinol und Sativex zu verschreiben, auch wenn sie sich dabei mit dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen herumschlagen müssen, was dem normalen Arzt immerhin vertrauter ist als die ungewohnte Prozedur bei Anträgen auf eine Ausnahmeerlaubnis für die Verwendung von Cannabisblüten aus der Apotheke. Zudem werden die Cannabinoid-Medikamente Dronabinol und Sativex ganz normal auf einem Betäubungsmittelrezept verschrieben. Auch das ist vertrauter als die Begleitung von Pa­tienten im Rahmen einer Selbsttherapie mit Cannabisblüten.

auch wenn Arzt und Patient der Ansicht sind, dass eine Therapie mit Cannabis langfristig weniger Nebenwirkungen hätte. Bei Rheuma und anderen

Es ist nicht beabsichtigt, die Zweiklassenmedizin aufzuheben. schweren chronisch-entzündlichen Erkrankungen müssen sie weiterhin Immunsuppressiva mit schwerwiegenden Langzeitnebenwirkungen (beispielsweise Cortison und Methotrexat) einnehmen, auch wenn Arzt und Patient der Auffassung sind, dass Cannabisprodukte sinnvoller wären. Es ist nicht beabsichtigt, die Zweiklassenmedizin in diesem Bereich aufzuheben. Die zentralen Forderungen von Patienten und Ärzten an einen angemessenen Umgang mit der Thematik werden mit diesem Gesetz nicht erfüllt. Das Thema Cannabis als Medizin erfreut sich aber in allen Fraktionen zunehmender Sympathien, die Probleme der schwerkranken Patienten finden zunehmend Beachtung. Das macht Mut, dass diesem längst fälligen ersten Schritt in der Zukunft noch weitere folgen werden.

FRANJO GROTENHERMEN, geboren 1957, Studium der Medizin in Köln, klinische Tätigkeit in Innerer Medizin, Chirurgie und Naturheilverfahren. Ärztliche Praxis mit Schwerpunkt auf Therapie mit Cannabis und Cannabinoiden. Vorsitzender der 1997 gegründeten Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (ACM) und Geschäftsführer der 2000

Weitere Verbesserungen sind möglich Die Ausführungen der Politiker Gröhe und Mortler machen deutlich, dass es auch nach Umsetzung des Gesetzes weiterhin nicht in der Hand von Arzt und Patient liegen soll, ob eine Therapie mit Cannabisprodukten durchgeführt wird oder nicht. Denn eine solche Therapie wird nur bezahlt, wenn keine Behandlungsalternativen bestehen. Darüber hinaus können sich weiterhin nur vermögende Patienten Medikamente auf Cannabisbasis leisten. Die anderen Patienten werden bei chronischen Schmerzen weiterhin gezwungen sein, Opiate einzunehmen,

gegründeten Internationalen Arbeitsgemeinschaft für Cannabinoidmedikamente (IACM). Herausgeber der IACM-Informationen und der Zeitschrift CANNABINOIDS. Mitarbeiter des Kölner nova-Instituts in der Abteilung Nachwachsende Rohstoffe und Autor einer Vielzahl von Publikationen zum therapeutischen Potenzial der Hanfpflanze und der Cannabinoide.

Youtube-Kanal von Franjo Grotenhermen: www.is.gd/av9KCY


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