Schaufenster Kultur.Region Dezmber 2013/Jänner 2014

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Weinviertel / 23

Im Christkindlkeller wird gebastelt ...

beginnt. Ganz so abwegig ist der Gedanke gar nicht, denn durch die Kellergasse von Raschala führte die Poststraße Wien–Prag. Und vielleicht hat der Komponist auf seiner Reise nach Prag Wein aus Raschala getrunken. „Kellergasse Poststeig“ ist auf Ankündigungsplakaten des Heurigenausschanks aus den 1950er Jahren noch zu lesen.

Vom Wein … Die Kellergasse von Raschala ist ein Schmuckkästchen. Blitzweiß getünchte Presshäuser, dunkelgrüne Türen, alte Bogenlampen, Tische und Bänke unter Hollerbüschen, worauf im Winter kleine Schneehäubchen balancieren. Als der Architekt Helmut Leirer 1968 von Wien ins Weinviertel zog, gab man ihm den Tipp: „Wennst’ hier was gelten willst, brauchst’ einen Keller.“ So kaufte er einen Keller in Raschala und begann ihn herzurichten. „Dann haben die Leut’ gesagt: Wie kann man bloß Geld in einen Keller stecken?“ Da waren Kellergassen noch Werkstätten des Weins. Und die, die nicht mehr in Verwendung standen, verfielen – das Gebüsch der Hohlwege begann sie zu umschließen wie das Dornröschen im Schlaf. In Raschala begann Architekt Leirer seinen Keller liebevoll und sachverständig herzurichten – und in der Kellergasse, das ist im Weinviertel ein erfreuliches Phänomen, kam es zum Dominoeffekt: Die Nachbarn begannen ebenfalls ihre Keller instand zu setzen. Die Renaissance der Kellergassen setzte in 1990er Jahren ein. Im Pulkautal startete ein EU-Projekt zum Erhalt der Kellergassen.

... und in der Kellergasse haben die Weisenbläser Aufstellung genommen.

Architekt Leirer hat auch viel zur Bewahrung und vor allem zum Verständnis der Keller beigetragen. Er begann, Kellerführerinnen und -führer auszubilden – mittlerweile gibt es davon schon rund 400. „Der Keller ist das einfachste Wirtschaftsgebäude“, erklärt Helmut Leirer beim Gang durch die Kellergasse von Raschala. „Die Lett’n, die aus der Kellerröhre herausgeholt wurde, vermischte man mit Strohhächsel zum Bau des Presshauses. Das Presshaus hat eine Tür, eine Lüftungsluke – und bitte kein Fenster, denn das stört die Luftzirkulation und der Keller wird feucht – und ein Gaidtürl. Da wurden die im Bottich gemaischten Trauben mit einer Holzrutsche in die ,Seih-Tenn‘ geschüttet. Gedeckt wurde das Presshaus mit Stroh. Im Presshaus stand die Presse und allerlei Gerät sowie ein Tisch und ein paar Sesseln. Die Türen der Kellergassen sind deshalb traditionell grün gestrichen, weil irgendjemand auf die Idee kam, sie mit Kupfervitriol, das im Weingarten zum Einsatz kommt, zu imprägnieren. Heute nimmt man natürlich einen grünen Lack.“ Im Schaukeller von Raschala ist alles so, wie es vor 100 Jahren gewesen ist. Hier beherrscht die Hengstpresse den Raum, kleinere Keller kamen mit einer Spindelpresse aus. An der Presse ist der „Quargelkasten“, in dem die Jause aufbewahrt wurde, und daneben steht das Köllazegerl, ein Strohgeflecht oder ein ausrangierter Stiefelschaft, in dem die Flasche mit dem Haustrunk für die Feldarbeit aufbewahrt wurde. Für den Haustrunk wurden die gemaischten Trauben mit Wasser gestreckt. Für die Arbeiter hatte man den Robitsch „das

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kommt von Robot“, erklärt Werner Daim, das waren zwei Hölzer, die gegengleich ineinander passten. Für jeden Arbeitstag wurde in die Hölzer eine Kerbe geschnitzt. Das eine Stück bewahrte der Weinhauer auf, das andere der Arbeiter, am Schluss wurde abgerechnet.

… zum Verein Die Kellergasse von Raschala erfreut sich eines regen Gemeinschaftslebens. Der Verein zur Erhaltung der Raschaer Kellergasse veranstaltet im Juni den „Ringelreihn am Pinkelstein“ mit Tanzboden, Konzerten sowie den Adventmarkt mit Kunsthandwerkständen, guter Verpflegung und natürlich mit Glühweinausschank der „Köllamauna“. Seminare und Vorträge zum fachgerechten Renovieren von Kellergassen finden großen Zuspruch und werden im Vereinskeller abgehalten. Auf das Ergebnis kann der rührige Verein stolz sein. / Text: Mella Waldstein

Fotos: Andreas Heske und Sabine Fasching

ADVENT IN RASCHALA

——————————————————— So, 1. 12. 2013, 10.00–19.00 Uhr Großnondorfer Weisenbläser, Kinderchor Voci Chiare, Kunsthandwerk, Weinviertler Schmankerl, Christkindlkeller für Kinder sowie die größte Weinviertler Krippe 2020 Raschala, Kellergasse Pinkelstein Tel. 0664 2563981 www.pinkelstein.at


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