Moustache Magazin 7

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AUSGABE 7


moustache Ăą€‰|Ăą€‰ editorial

Cover-Hommage: The Beatles, Let It Be


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EDiTORiAL Liebe Moustache-Leser Wir platzen fast vor Stolz, euch auch diese Ausgabe in gedruckter Form prĂ€sentieren zu können. Die positive Resonanz, die wir mit unserem Vorhaben erreichen, freut uns immer wieder. Dieses Mal haben wir fĂŒr euch wieder jede Menge Musik, Filme und auch ein bisschen FĂ€schen. Ausserdem hat unser Protagonist des BrotkorbKolumne zum ersten Mal Sex 
 Wie immer weisen wir auf dieser Stelle darauf hin, dass das Moustache Magazin von EUCH lebt. Von euren Ideen, von euren Inputs und vor allem von eurer Mithilfe. Schickt eure ThemenvorschlĂ€ge, Songs, eure Schreibproben oder ausgefallene Schnauzhaare in digitaler Form an: redaktion@moustache-magazin.ch. Wir freuen uns darauf! Schnauzige GrĂŒsse Miriam Suter


moustache | inhalt

iNHALT mODE EL REBEL T-Shirts

KuLTuR 6

interview mit Anna von PAPER BiRD

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REiSEBERiCHT Australien

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PŃĐŒĐ’ichtfilm-Tipp

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musiK

scHNAuZiGEs

Vivian Girls

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Horoskope

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Rock‘n‘Roll in Walldorf

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impressum

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Angela Aux Album

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Zum Brotkorb 


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Miss Kenichi im interview

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El Bigote

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Festivalbericht

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moustache  |  mode

EL REBEL – Widerstand gegen textile Massenware Daniel Bircher gestaltet und bedruckt Textilien – von der Skizze bis zum Siebdruck liegt alles in seiner Hand. ErhĂ€ltlich sind die Shirts mit Terrorpuppen, fliegenden Affen und Sterndeutern in seinem Onlineshop. (Text: Franziska Monnerat)

Wo hast du Siebdruck gelernt?

Aufmerksam geworden auf den Siebdruck bin ich wĂ€hrend dem Vorkurs an der Hochschule fĂŒr Gestaltung in Luzern. In der Siebdruck-Werkstatt konnte ich experimentieren. Viel habe ich mir selber beigebracht, viel habe ich von einer Kollegin, die gelernte Siebdruckerin ist, mitgenommen.

Was unterscheidet EL REBEL-Shirts von anderen Shirts, die man im Laden kaufen kann?

Der grösste Unterschied ist die Menge, da ich lediglich zehn bis fĂŒnfzehn Shirts mit demselben Motiv bedrucke. Ausserdem mit 25 Franken pro StĂŒck der Preis. Normalerweise heisst es Kleinauflage gleich teuer, aber das ist bei mir nicht so. EL REBEL soll fĂŒr alle erschwinglich sein und dennoch exklusiv bleiben. Ziel ist nicht der Umsatz, sondern die Freude am Gestalten und Drucken. Mir gefĂ€llt es, dass ich mich ausleben kann.

Was inspiriert dich, wenn du EL REBEL-Shirts gestaltest?

Wenn ich Grafikarbeiten mache, habe ich plötzlich eine Idee, die ich dort nicht umsetzen kann und besser auf ein Shirt passt. Bei EL REBEL bin ich freier und richte mich nicht nach KundenwĂŒnschen wie bei Farbstoff Design. Bei Farbstoff Design gestalte ich fĂŒr Vereine, zum Beispiel Jubla und Fussballclubs, und fĂŒr Firmen Textilien.

Woran arbeitest du zur Zeit?

Ich gestalte ein Shirt fĂŒrs Brennstoff Festival auf dem BĂŒrgenstock. Das ist ein Open Air, das ich zusammen mit Freunden auf die Beine stelle. Wie verlangen keinen Eintritt, die Ausgaben decken wir mit einem SpendenkĂ€sseli und dem Erlös aus den Shirts. www.el-rebel.ch www.farbstoff-design.ch www.brennstoff.tk


w w w.e l- re be l. ch

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moustache | musik

PAPER BIRD Anna von Paper Bird im Interview.

(Text: Miriam Suter, Fotos: Klemens Kohlweis, Andreas Jakwerth, Anna Kohlweis)

Erst einmal die obligatorische Einstiegsfrage: Wie bist du zur Musik gekommen?

Ich wĂŒrde meinen, die Musik und ich haben uns auf halber Strecke ziemlich bald getroffen, irgendwo zwischen «Kommt ein Vogel geflogen» und einem lautmalerischem Mitsingen, wenn meine Mutter «Puff the Magic Dragon» auf der Gitarre spielte. Ich glaube ja noch immer, dass ich in erster Linie vom Schreiben her komme, die VerknĂŒpfung vom Text zur Musik passierte irgendwo am Weg eher zufĂ€llig, der Bruch mit der deutschen Sprache hin zu einem mir unheimlich wichtigen, alles was ich gern mache tragendem Spiel mit der englischen Sprache passierte auch mehr oder weniger ohne dass ich das bewusst herbeigefĂŒhrt hĂ€tte. 2005 bekam ich durch einen Freund die Gelegenheit, Songmaterial auf seinem damals neu gegrĂŒndeten Label zu veröffentlichen (Seayou Entertainment), 2006 kam das erste Album raus und seitdem ist auch sehr viel einfach so passiert. Ich sehe mich noch immer lieber als GeschichtenerzĂ€hlerin und SĂ€ngerin als Musikerin, obwohl es mir schon wichtig war und ist, den gesamten kreativen Prozess des Musikschaffens selbst in der Hand zu haben, vom Schreiben ĂŒber Aufnahme,

Produktion, Abmischen, Artwork und Videoproduktion. Bisher war das alles ein striktes Ein-Frau-Unternehmen.

Machts dir Spass?

Ich versuche es grundsĂ€tzlich zu vermeiden, Dinge zu tun die keinen Spass machen. Also ja, natĂŒrlich.

Wer bist du eigentlich? Was machst du neben der Musik?

Ich wĂŒrde lieber sagen «mit der Musik» als «neben der Musik». Ich wurde 1984 in Klagenfurt im SĂŒden Österreichs geboren, zog mit neunzehn nach Wien und wohne seitdem in erster Linie dort. Zur Zeit studiere ich in der Klasse fĂŒr kontextuelle Malerei an der UniversitĂ€t der bildenden KĂŒnste Wien, was gut Hand in Hand mit dem musikalischen Schaffensprozess geht. Ich schlafe auch gerne viel, ĂŒbermale analoge Fotografien und bin seit 26 Jahren total motiviert, irgendwann auch mal Sport zu machen.

Wohin willst du?

Jetzt gerade wĂŒrd ich gern ans Meer. So generell will ich in die andauernde Transformation, in ein Reisen im doppelten und dreifachen Sinn, in ein Werden, ein stĂ€ndiges Arbeiten.


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moustache | kultur

Irgendwann will ich vielleicht auch irgendwo ankommen, aber jetzt noch nicht. Das momentane Ziel, das auf das Jahr bezogen ziemlich riesig, auf alles andere bezogen ein ziemlich kleiner Schritt ist, wĂ€re, die nĂ€chsten vier Monate ein Album zu produzieren, das zumindest fĂŒr mich eine Transformation darstellt. Es wird sich einiges Ändern, da werden TĂŒren geöffnet und andere geschlossen werden, da werden GĂ€ste von verschiedenen Seiten des Atlantiks ihren Teil beisteuern und manche Dinge werden neue Namen und Gesichter brauchen. Das ist schon jetzt alles unglaublich spannend.

Was tust du als Erstes nach dem Aufstehen?

Wohin willst du nicht?

Dummheit, RĂŒcksichtslosigkeit, Weltall.

In den Stillstand, den Zynismus, die zu grosse Bequemlichkeit, unter den Tellerrand, in ein Land ohne anstÀndige Salatdressings.

Mit wem wĂŒrdest du dich vergleichen, als Musikerin?

Kam mir noch nie in den Sinn, das zu tun. Soll auch so bleiben. Vergleichen sollen mich die, die das unbedingt brauchen.

Und mit wem als Mensch, als Anna?

Abgesehen vom Vergleich mit den eigenen Eltern halte ich es hier gerne so wie beim Vergleich mit MusikerInnen.

Kontaktlinsen einsetzen, ohne Fokus schlafe ich sofort wieder ein.

Was als Letztes vorm Schlafen-gehen?

Ein paar gute Ideen haben, zu mĂŒde sein fĂŒr das notieren selbiger und hoffen, dass sie am nĂ€chsten Tag auch noch da sind.

Sagst du auch mal «nie»?

NatĂŒrlich. Ausbalanciert durch Phasen, in denen ich ein paar mal zu oft «ja!» sage.

Was macht dir Angst?

Warum hast du dich entschieden, deine Single «Elephant Skin» auf Vinyl rauszubringen? Die Leute kaufen doch keine Platten mehr, wie man so hört 


Stimmt doch gar nicht, dass Leute keine Platten mehr kaufen. Als Extra-Spezial-Release (in dem Fall eine Split 7‘‘ – Zusammenarbeit mit Boy Omega) in kleiner limitierter Auflage mit Artwork zum Angreifen und BeschnĂŒffeln und ins Regal stellen ist das dann ungefĂ€hr so, wie wenn man sich fĂŒr das mit Liebe selbst angebaute GemĂŒse aus dem Garten entscheidet anstatt die BudgetTiefkĂŒhlmischung.

LĂ€dst du Musik runter?

Ja, ich muss beschĂ€menderweise zugeben, ich kaufe selbst CDs nur noch direkt von den MusikerInnen, alles andere wird ĂŒber bandcamp, itunes, etcetera erworben. Ums Artwork tut es mir da natĂŒrlich leid, um das haptische Erleben. Leider bin ich da etwas praktisch veranlagt und versuche, Platz zu sparen und Ballast zu vermeiden.


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moustache  |  kultur

Australien – mehr als Sonne, Strand und Surfen? Australien ruft bei fast jedem EuropĂ€er Assoziationen von weissen SandstrĂ€nden, knalligen Flip Flops und wohlgeformten Surferboys hervor. Nach sieben Monate in Australien kann ich berichten, dass SandstrĂ€nde, Flip Flops und Surferboys tatsĂ€chlich in unzĂ€hliger Menge vorhanden sind. Aber nicht nur. Denn daneben verfĂŒgt Australien auch ĂŒber eine Ă€usserst interessante und bemerkenswerte Kulturszene, ĂŒber die ich euch im folgenden Artikel berichten werde. (Angelika Imhof)


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Fast die ganze Kulturladung ballt sich in einer einzigen Stadt: Melbourne. Geschichtlich gibt es zu erwĂ€hnen, dass Melbourne und Sydney sich lange Zeit in einem unnachgiebigen Konkurrenzkampf befanden, denn beide wollten die ehrenvolle Position als Hauptstadt Australiens einnehmen. Schliesslich wusste man sich nicht anderes zu helfen, als die recht unscheinbare Stadt «Canberra», die zwischen den beiden statushungrigen GrossstĂ€dten liegt, als Hauptstadt zu ernennen. Wenn zwei streiten, freut sich der Dritte. Geografisch gibt es zu erwĂ€hnen, dass Melbourne im SĂŒden Australiens, im Staat «Victoria» liegt. Auf die wirtschaftlichen und politischen Merkmale gehe ich nicht ein, weil ich annehme, dass es niemanden interessiert und mich am wenigsten. Melbourne begeisterte mich mit einer kreativen Vielfalt und einem kĂŒnstlerische Geist, den ich sonst nirgendwo in Australien so angetroffen habe. Hat man vor Australien bereits europĂ€ische Kulturparadise wie Wien, Rom oder Berlin bereist, so werden einen die australischen StĂ€dte im Allgemeinen ernĂŒchtern. Die HochhĂ€user mögen noch so hoch sein, die Shoppingmeile noch so lang, doch das kunsthistorische Defizit lĂ€sst sich nicht verleugnen. Nirgends wird man eine wienerische Oper oder ein römisches Kolosseum finden. Anstatt diesem Mangel nachzutrauern, hat Melbourne beschlossen, sich ganz der modernen Kunst und Architektur hinzugeben. Letzteres spielt mit optischen TĂ€uschungen, eigenwilligen Formen und ungewöhnlichen Konstruktionen. Ein zentraler, unvergleichlicher Kulturplatz ist der Federation Squaer im Herzen Melbournes. Dabei handelt es sich um einen teils schrĂ€gen, teils abgestuften, teils geraden Platz, der auf eine grosse Leinwand ausgerichtet ist, auf der meistens kleine Kunstfilme ausgestrahlt werden. Je nach Anlass tummeln sich hier mehr oder weniger Leute. Mehr, wenn ein Indie-Konzert im Gange ist oder der Melbourne Cup live auf der Leinwand ĂŒbertragen wird. Weniger, wenn es sich um einen gewöhnlichen Nachmittag handelt und nur ein paar gemĂŒtliche Leute ein Buch lesen oder das gratis WiFi nutzen. Nicht zu verachten sind auch die einladenden LiegestĂŒhle, die zu einer erholsamen Entspannungsphase animieren.


moustache  |  kultur


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Wesentlich an Melbournes kĂŒnstlerischem Geist sind unter anderem die StrassenkĂŒnstler. Diese trifft man an allen möglichen Ecken und in jeder Form. Sei es als tanzlustige Breakdance-Gruppe oder als farbiger Saxophonist, der den Hut tief ins Gesicht gezogen hat und seinem goldenen Instrument selbstvergessene, sĂŒsstraurige Melodien entlockt. An Musik fehlt es auch am alljĂ€hrlichen St.Kilda Festival nicht. Dabei handelt es sich nicht einfach um ein klassisches Openair, mit ein paar BĂŒhnen auf einem abgesperrten GelĂ€nde. Vielmehr erstreckt es sich ĂŒber hunderte von Metern entlang des St. Kilda Beaches, einer von Melbournes StadtstrĂ€nden. An verschiedenen Stellen sind BĂŒhnen aufgebaut, mal kleiner, mal grösser. ErgĂ€nzt wird das Festival durch Beachvolleyballtourniere, brasilianische Tanztruppen, Slam-Poetry KĂŒnstler oder Komiker-Akrobaten. Das diesjĂ€hrige Festival strahlte mit der allzeitbereiten Sonne um die Wette. Obwohl es keinen Alkoholausschank gab, da dies auf öffentlichen PlĂ€tzen verboten ist, war die Stimmung wunderbar heiter und beschwingt. AuffĂ€llig war einzig die beschrĂ€nkte Anzahl an EssenstĂ€nden, was aber vermutlich der Grund ist, weshalb ‚alle‘ Australier einfach nur schön, schlank und stilsicher sind. Der ganze Festivalspass ist ĂŒbrigens gratis. Zu guter Letzt muss ich eine einzigartige Perle Melbounes erwĂ€hnen: Die Degravestreet. Dabei handelt es sich um eine kleine Strasse, die eigentlich vielmehr ein schmales GĂ€sschen ist. Beide Seiten sind gesĂ€umt von kleinen, individuellen CafĂ©s, die sich aneinander schmiegen wie enge Freunde. Die kleinen Tische die sich drinnen und draussen vor den Kaffeestuben tummeln sind immer in Gesellschaft von einem Haufen Studenten und anderen Lebensgeniessern. Die Degravestreet ist stets sehr belebt und doch niemals hektisch oder stressig. Das laute Stimmengewirr erinnert an eine melodiöse Hintergrundmusik und steht dem eigenen Sologesang nicht im Wege. Nicht zu Letzt besticht diese Gasse durch ihren köstlichen Kaffeeduft, der dem besten Kaffee der ganzen Stadt entspringt und den verlockenden Kuchen, Cupcakes oder was immer der Gaumen begehrt. Mit diesen Worten schliesse ich meinen Bericht und hoffe, dass ich meinen sĂŒssen Nachgeschmack dieser wundervollen Stadt in einen verfĂŒhrerischen Vorgeschmack verwandeln konnte.


moustache | kultur | film

JUDITHS PFLICHTFILMTIPP-ARCHIV

Kennst du den? Den arroganten Schleimscheisser von der Arbeit, der stĂ€ndig von Filmen spricht und so tut als wĂŒsste nur er was lĂ€uft? Oder den sĂŒssen Typen, der dich ins Kino eingeladen hat, du aber keine Ahnung hast was er sich mit dir ansehen will? Oder den Kassierer an der Kinokasse, der dich verwirrt und abschĂ€tzig zugleich ansieht, wĂ€hrend du ihm mit wirren Worten zu erklĂ€ren versuchst, fĂŒr welchen Film du ein Ticket möchtest? Falls dir eine oder mehrere dieser Situationen bekannt vorkommt, oder du dir einfach nur mal wieder einen guten Tipp fĂŒr den nĂ€chsten Filmabend suchst, heisse ich dich herzlich Willkommen in meinem PflichtïŹlmtipp-Archiv. Du bist hier goldrichtig!


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DiEsEs mAL: ED wOOD (1994) Meine Lieben, heute ist der Tag an dem ihr eine wichtige Persönlichkeit der Filmgeschichte kennenlernt: Edward D. Wood, der nach seinem Tod zum « schlechtesten Filmregisseur aller Zeiten » gekĂŒrt wurde. Zu Recht. (Bild: www.image.toutlecine.com)

inhalt Dieser Film zeigt die wahre Geschichte des «schlechtesten Filmregisseurs aller Zeiten». Edward D. Wood ist immer auf der Suche nach finanziellen Mitteln, welche seine miserabel schlechten Projekte unterstĂŒtzen sollen. Absolut ĂŒberzeugt von seiner Arbeit und deren QualitĂ€t begreift der Protagonist nicht, wieso seine Filme kein Wohlwollen in der Gesellschaft finden, was fĂŒr den Zuschauer jedoch schnell klar wird: Wer mit Geldgebern hĂ€ndelt und dafĂŒr deren schauspieltechnisch jungfrĂ€ulichen Verwandten in den Film einbaut, keinen Deut auf gut gemachte Special Effects gibt (sichtbare FĂ€den bei fliegenden Untertassen), irgend welches «wunderbares» Archivmaterial benutzt (und bereits nach dem ersten Take «Schnitt, die Szene ist im Kasten» schreit), der kann einfach keinen Blockbuster landen. Als Ed beschliesst, mit dem abgehalfterten, morphinsĂŒchtigen Dracula-Darsteller Bela Lugosi einen Film zu drehen, und dieser mitten in den Dreharbeiten stirbt, wird er kurzerhand durch einen DoppelgĂ€nger, dessen Gesicht nie zu sehen ist, ersetzt und der Film mit viel Archivmaterial und Trickserei fertiggestellt. Heraus kommt der schlechteste Film aller Zeiten: «Plan 9 from outer Space» (Guckt euch den unbedingt im Anschluss an! Wer es nicht tut, verpasst was.)

Darsteller Jonny Depp (Ed Wood), Martin Landau (Bela Lugosi), Sarah Jessica Parker (Dolores Fuller), Patricia Arquette (Kathy O‘Hara), Vincent D‘Onofrio (Orson Welles), Bill Murray (Bunny Breckinridge) Regisseur Tim Burton Mein Kommentar Dieser Film, ganz in schwarz-weiss gedreht, lĂ€sst die B-Movies der 50er Jahre wieder so richtig aufleben. Es ist faszinierend wie Edward immer wieder mit so viel Begeisterung und Leidenschaft ans Werk geht und auch gerne in Frau-

enkleidern und flauschigen Angorapullis am Set sitzt. Der Film wird keine Sekunde langweilig und nachher kann man mit Hintergrundwissen bei den Kollegen prahlen. Dazu passt Der schlechteste Film aller Zeiten: «Plan 9 from outer Space» (Ed Wood, 1959)

Humor Anspruch Action Erotik


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Ein Loblied an die Freude.

Der Girl-Pop ist zurĂŒck! (Text: Fiona Dinkelbach)

Das brooklyner Garage-Rock Trio hat mit «Share The Joy» (Polyvinyl Records) ihr drittes Studioalbum veröffentlicht. Nachdem Drummerin Ali Koehler zu Best Coast gewechselt ist, ĂŒbernimmt auf diesem Album Fiona Campbell den Part an den Drums. Nicht nur die Besetzung der Band hat sich verĂ€ndert: Das gerade 36 Minuten lange «Share The Joy» ist geglĂ€tteter als die VorgĂ€nger «Vivian Girls» (2008) und «Everything Goes Wrong» (2009) und bedient sich noch mehr an dem Girl Pop der 60er Jahre und seinen Melodien.

Der kraftvoll beginnende Song «The Other Girls», den die MĂ€dels bereits seit einigen Monaten auf Konzerten spielen, eröffnet das Album in den ersten 18 Sekunden verheissungsvoll im Stil des Fuzz-Rock – gefolgt von einem matten und langsamen Rhythmus: Da ist sie, die neue Seite der Vivian Girls! ZurĂŒckhaltend und dem Pop unterlegen. Am Ende des Songs «The Other Girls» verĂ€ndert sich der Gesang zu einer chorischen Melodie die in der ersten Single-Veröffentlichung des Albums «I Heard You Say» weitergefĂŒhrt wird und sich durch das gesamte Album wie ein roter Faden zieht.

Der Song setzt mit der sanften Stimme von SĂ€ngerin und Gitarristin Cassie Ramone ein, gefolgt von pychedelischen KlĂ€ngen die mit dem Surfsound der 60er Jahre verschmelzen und an Musik aus Westernfilmen erinnern. Dazwischen klingen die Songs luftig, leicht und wecken Erinnerungen an Sixties-Girlbands wie die Shangri-Las. Am Ende wird es mit dem 6-minĂŒtigen «Light In Your Eyes» nochmal wuchtig und zugleich melancholisch. Die lĂ€rmige Songstruktur erinnert deutlich an Shoegaze und die beiden ersten Platten der New Yorker Band und ist wohl der stĂ€rkste und entwicklungsreichste Song des Albums. So muss man im Vergleich zu ihren vorherigen Alben jedoch leider feststellen, dass «Share The Joy» cleaner ist und nicht den bekannten Lo-Fi Sound der Vivian Girls prĂ€sentiert. Trotz alledem bleiben sie ihrem Stil treu, haben nichts an ihrer DIY-Ästhetik verĂ€ndert und liefern ein durchaus gelungenes Album das im Kern Pop ist, jedoch durch einige Noise- und Garage-Elemente bestechen kann.

www.myspace.com/viviangirlsnyc


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ROCK‘N‘ROLL WALLDoRF WEEKENDER

Es ist wieder so weit! Vom 11. bis 13 Juni ïŹndet der Rock‘n‘Roll-Weekender in Walldorf bei Heidelberg (D) statt. Wider allen GerĂŒchten gibt es dieses Jahr das Treffen erneut im Session Kulturwerk. Vier unvergessliche Tage warten auf euch, eingerahmt mit guter Musik und tollen Autos. Wer gerne Rock‘n‘Roll, Rockabilly, Psychobilly, Country oder Ähnliches hört, ist hier ganz bestimmt richtig! Übrigens gibt es auch einen Markt mit vielen StĂ€nden, wo man ïŹndet was das Rock‘n‘Roll-Herz begehrt. Also raus aus der guten Stube und rein in die Petticoats und die Two-Tones! Das Moustache-Team freut sich schon! (Text: Sara Suter)


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INFOS WICHTIGE ParkplĂ€tze Reservierungen fĂŒr ParkplĂ€tze fĂŒr 50s Cars / Bikes / Hot Rods / Custom Cars. Die Veranstalter stellen ParkplĂ€tze unmittelbar neben der Halle zur VerfĂŒgung. Dies hat bisher leider noch nie optimal geklappt, sie versuchen aber hier besser zu organisieren um den entsprechenden Rahmen zu schaffen und ein entsprechendes Areal fĂŒr die SchmuckstĂŒcke abzugrenzen. Aufgrund der Baustelle sind nur begrenzt ParkplĂ€tze am Session Kulturwerk zur VerfĂŒgung. Wer zuerst kommt, bekommt die ParkplĂ€tze. Zelten Zeltplatz (Wiese) in unmittelbarer NĂ€he, 50 m vom Haupteingang entfernt. Waschbecken sind vorhanden (Session Kulturwerk), Duschen usw nicht. Das Freibad befindet sich in ca. 2 km Entfernung in Walldorf. Es empfiehlt sich, den Zeltplatz zu reservieren. Einchecken Zeltplatz: Freitag nachmittags Weekender-Tickets: Samstag ab 14.00 Uhr. Generelles Es gibt eine Kaffee-Bar, eine Cocktail-Bar und eine Longdrink-Bar. Das FrĂŒhstĂŒcksbuffet ist von 09.00–13.00 Uhr. Checkt bitte die Special Events und Öffnungszeiten fĂŒr den Markt! Am Dienstag, 14.06.11 wird euch nochmals ein FrĂŒhstĂŒcksbuffet angeboten (9–13 Uhr), auch wer nur Kaffee braucht, ist herzlich willkommen (damit Ihr Euch fĂŒr die Heimreise noch einmal stĂ€rken könnt bevor Ihr zurĂŒck nach Hause «ins wirkliche Leben» reist) Anreise Per Zug: Zielbahnhof ist Wiesloch-Walldorf (Nordbaden) ca. 100 m entfernt Per Auto: Wir sind in SĂŒdwest-Deutschland zwischen Mannheim und Heilbronn (A6) bzw. Karlsruhe und Frankfurt (A5), genau am Autobahndreieck A5 und A6.

weiter zu den Bands


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PROGRAM M

Friday-Session (PREPARTY) 22.00 Ski-King and the Wonderbras (USA/GER) 00.00 Luky & His Fried Chicken (ITA) 01.30 Texabilly Rockets (POR) Saturday-Pool Party Holiday Inn 14.00–15.00 Jack Herra & The Chicken Shakers (GER) Saturday-Session 18.00 Rockabilly Squad (GER) 20.00 Ike & The Capers (GER) 22.00 Johnny Gunner & The Raiders (UK) 00.00 Miss Ruby Ann & The Capers (USA/GER) 01.30 Go Getters (SWE)

Sunday-Session, Car Boot Sale 12.00–13.00 Sunday-Session 16.00 Nervous Breakdown (GER) 18.00 Groove Diggers (UK) 20.00 Danny & The Wonderbras (GER) 22.00 Rusty Pinto (AUS) 00.00 Crystalairs (GER) 01.30 Mike Sanchez & The Bristalairs (UK/GER) Monday 14.00 Hound Dogs (GER) 16.00 Kieron McDonald (AUS) 18.00 Flying Saucers (UK) 20.00 Pat Capocci (AUS)

22.00 Keytones (UK)

.DE ALLDORF ENDER-W K E E .W W WW


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New Weird America aus Spass L’egojazz, Panama Plus, Creative Consum, Kompostmoderne Neuordnung des Universums und die Rationalversammlung sind nur die wichtigsten der Projekte, bei denen der MĂŒnchner Hans-Dampf-inallen-Gassen seine Finger im Spiel hat, mit «Whatever you guess it’s not» hat Songwriter Angela Aux bei Red Can Records, dem «undergroundigsten Label der Stadt», nun sein erstes Sololbum veröffentlicht. Via Skype haben wir uns ĂŒber die Platte, seine Projekte und Popkultur vom Lande unterhalten. (Text: Daniel Mahrer, Bilder: Marcus Hassler)

Gratulation erst mal zum Album und zur 94.5fm Charts Topplatzierung, du hast da sogar die Beasties auf Platz zwei verbannt, Wie schauts sonst aus mit dem Medienecho?

Danke! Vor allem Blogs und Netfanzines interessieren sich dafĂŒr, was ich sehr sympathisch find. In MĂŒnchen schreiben auch Printmedien drĂŒber, was mich klar auch freut. Allgemein bin ich sogar bissl ĂŒberrascht, dass sich so viele dafĂŒr interessieren.

Hast du da von einer schon vorhandenen PrĂ€senz mit l‘egojazz profitieren können? Ich hĂ€tt gmeint, dich da mal auf BR gesehen zu haben.

Jep, wir ham mit l‘egojazz letztes Jahr die Startrampe gewonnen, das ist ne ziemlich sinnvolle Förderaktion vom BR aber das hilft nicht immer, eher stehts manchmal im Weg, weil man halt schon so nen Stempel davon hat.

Angela Aux als Soloprojekt gibts ja schon lÀnger, hast du dich da einfach mal ausgeklinkt?

Hm
 nö das gabs schon vor l‘egojazz, im Grunde hab ich schon immer fĂŒr mich Musik gemacht, aber irgendwann gabs dann den Namen Angela Aux. Angela Aux ist das Persönlichste was ich so mach. Allein schon aufgrund des Umstands, dass ich alle Entscheidungen selbst treff, also keine Kompromisse mach, zumindest nicht mit anderen.

Ist das Album jetzt dein Kind, bis auf die Gastauftritte alles selbstgemacht?

Was sich auch in der Genrebezeichnung weird-neo-kraut-folk spiegelt?

Auch von dir?

Oh.

Charmant.

Da möcht ich gleich einhĂ€ngen beim bavaria, welche Rolle spielt das fĂŒr dich? Ist MĂŒnchen ein guter Ort fĂŒr progressive Musikprojekte? Bayern hat ja eher einen konservativen Ruf im Allgemeinen.

Jep. Bis aufs Mastern, aber aufs Mischen bin ich nicht wirklich stolz bzw. auf die Mischung.

Jo. Is alles im Schlafzimmerstudio entstanden quasi.

Ja, schön gesagt.

Von dem was ich bisher kenn von Angela Aux hĂ€tt ich dich als poetischen Musikbastler mit Hang zum Experiment beschrieben, gilt das auch fĂŒr die neue Scheibe?

UngefĂ€hr so wĂŒrd ichs selber auch sehn. Auf dem Album hab ich versucht literarisch oder cinematisch zu arbeiten, also Geschichten zu erzĂ€hlen auf mehreren Ebenen, auch ĂŒber Zitate, GerĂ€usche, Stile, Samples usw.

Was dir ausgezeichnet gelungen ist, meine nÀchste Frage wÀr gewesen ob du dich als musikalischen GeschichtenerzÀhler siehst. Ja! Danke. Genau als das. Ich versuch wegzugehn von der Produktsache hin zu irgendwas anderem, also den Fokus auf eine Songidee oder Geschichtenidee zu richten und nicht darauf ein bestimmtes Genre zu reproduzieren was nich heissen soll dass sowas auch kuhl is aber normale Songs machen nervt.

Ja das Neo is nich von mir aber passt ganz gut, weird-kraut-folk oder neoweird-bavaria.

Ja halt aus Spass. new-weird-america gibts ja auch.

Ja schon. Aber das is immer dasselbe mit dem Konservatismus, der is grad reizvoll. Ich musst mein Leben lang nie viel nach Reibung suchen, die war sofort da. GrundsĂ€tzlich is Bayern so widersprĂŒchlich wie jede Kultur, das Konservative is irgendwo ja auch modern, z.b. in Sachen Naturschutz. Ausserdem findet man da sau viele krass authentische Menschen, vor allem in den Dörfern. Die sind oft um einiges realer als Menschen in der Stadt – was natĂŒrlich auch wiederum schlechte Seiten hat. Bayern und MĂŒnchen kann man aber schwer miteinander vergleichen. MĂŒnchen ist schon eine sehr anstrengende Stadt, aber es gibt Inseln und die sind es wert hier zu leben.


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Kommt in deinen Songs eine gewisse Bayerness zum tragen, oder hÀtten die auch anderswo entstehen können?

Also der Naturbezug hat mich sehr geprĂ€gt. Ich komm vom Chiemsee. Wir sind viel in WĂ€lder rumgehangen, auch zum Musikhören oder einfach Abschalten. Das war echt geil, zack aufs Radl irgendwo an einen sonnigen Berghang und dann abchillen zu Mucke und der Naturbezug kommt da schon stark zum tragen bzw. das is ein Thema fĂŒr mich, aber «die bayrische Tradition» bis auf die KĂŒche und die Musik sind jetz nich so meins. Ah, und die Sprache. Aber das is was sehr Persönliches. Die sprech ich mit meiner Familie.

Du singst aber in englisch? Geht dir das zu nah dann?

Hm nö. Ich hab immer englische Musik gehört und das is auch so «der markt» an den ich mich richt. Englisch is ja mehr oder weniger kulturunabhĂ€ngig konsumierbar. Das is auch ausschlaggebend, die Musik is nich grad fĂŒr jeden ĂŒberall. Da bin ich nich stolz drauf oder so, ganz im Gegenteil, abers is einfach auch so. Keine Frage.

Du schreibst ja auch deutsche Texte
 auf «make music to have ideas to make music to» kommt eine deutsche Passage vor, war diese die idee um die du den Song gestrickt hast?

Nö das war ein Text den ich am selben Tag geschrieben hab glaub ich. Und das hat in dem Moment dann gepasst. Ich find die Mischung deutsch  /  englisch eigentlich nich so kuhl, aber da passts ganz gut.

Geht deinen Texten nicht etwas verloren, wenn du auf englisch schreibst?

Das glaub ich nich. Aber den Vorwurf muss ich mir gefallen lassen, klar. Englisch is halt eine andere Sprache, aber bietet andere Möglichkeiten. Deutsch is immer gleich so konkret, ausserdem zu hart und eben nur von Deutschen verstehbar.

Bietet englisch eine inhaltliche Unverbindlichkeit, die sich gut mit der Musik ergÀnzt?

Eine sehr theoretische Frage. Ich glaub darum gehts nich, aber man könnte das so sehn. Ich hör sehr viel englische Musik, dadurch hab ich die Sprache auch ganz gut gelernt. Und drum schreib ich auf englisch. Ich glaub die Art wie wir Popmusik oder moderne Musik denken, hat viel mit USA / GB zu tun. Also die Verbindung mit der Sprache mein ich. Chansons haben ne ganz andere Ästhetik

Also eine Ă€sthetische Entscheidung fĂŒr englisch?

Zum Teil auf alle FĂ€lle. Aber auch aus logischer Konsequenz raus. Die Musik

hat mich von kleinauf geprÀgt. Als andere Schuhplatteln warn hab ich mir im Keller die Beatles reingezogen. Oder Neill Young. Aber auch Wolfgang Ambros.

Und die EinflĂŒsse fĂŒrs Album? Neben der Natur und dem Bayrischen?

Ziemlich viel. Alles was ich so les, hör, mach, seh. Man hat ja so kognitive Raster, und wenn ich nen bestimmten Film fahr, dann passt da alles rein plötzlich.

Nochmals zu frĂŒher... wer auf dem Land aufwĂ€chst muss sich popkulturelle Dinge hart erkĂ€mpfen, ein Vorteil fĂŒr spĂ€ter?

Ich glaub man festigt sich persönlich ganz anders aufm Land und wird dann richtig zerstört wenn man in die Stadt kommt. Der Persönlichkeitsbruch is sowas wie‘n Reset.

Zerstört?

Ja man begreift, dass das eigene Leben, alle Dinge die man irgendwem bewiesen oder gezeigt hat, plötzlich keine GĂŒltigkeit mehr haben, die Persönlichkeit aus Erfahrung und Leistung oder so die is weg, die bleibt unten.

WĂŒrdest das im Nachhinein als eine bereichernde Erfahrung sehen? Jep. Sehr sogar. Die alte Geschichte: je schmerzhafter desto bereichender.


moustache  |  musik

Sehr schön. Lesungen wie damals bei deef machst du immer noch?

Ja. Bei der Rationalversammlung, u.a. mit PauL und kompostmoderne Neuordnung des Universums. Mit Luc Spada. Also Zweiteres is eine auf Verwirrung und Überreizung ausgelegte Sache. Texte, Musik und Visuals in einer knappen Stunde, ohne Pause. Einfach drauf. Da gehts auch nicht darum, es zu verstehen, sondern es zuzulassen. Das Programm heisst content go home. Man glaubt ja, dass sich das dann negiert, aber in Wirklichkeit passiert irgendwas anderes, ich weiss noch nich genau was. Mein Traum davon ist, dass die Menschen das plötzlich in TrĂ€umen wiedererleben, oder stĂŒckweise verdauen. Halt durch die Überreizung so eine unbewusste Wahrnehmung zu erzeugen. Darum gehts dabei.

Das nenn ich mal einen Anspruch, hast diesbezĂŒglich schon Feedbacks erhalten?

Jep. Durchweg positiv, weil jeder was anderes erzÀhlt. Sowas find ich immer super -> Albumtitel

machts Sinn, aber von irgendwas wie einer objektiven Wahrheit ist das meilenweit entfernt.

Baust dann darauf auch wieder auf?

Höhlengleichnis?

Jep. Bestimmt. Es fallen einem immer so viele Sachen auf, wenn man das nicht so genau durchplant. Ich glaub nicht dass wir unser Hirn oder die Welt austricksen können, auch nicht mit Uhren oder Mathematik

Inwiefern austricksen?

Hm, also ich glaub wenn wir glauben, dass wir zielgerichtet warhnehmen können, dann ergibt sich daraus nur was wir eh schon glauben. Unser Hirn is viel zu krass fĂŒr uns, genau wie die Welt. Versuch mal zu ĂŒberblicken, was zwischen 10 Leuten in einem Raum passiert. Unmöglich. Man denkt sich halt immer irgendwas, das is so ne grundsĂ€tzliche Sache. Wissenschaft und Religion und Bildung und der ganze Kram, wenn man daran glaubt

Ja ein Hint in die richtige Richtung.

Du hast ja Philosophie studiert, oder?

Politik im Hauptfach, Philosophie und neuere deutsche Literatur in den NebenfÀchern.

Angela Aux, l‘egojazz, Kompostmoderne Neuordnung des Universums und Rationalversammlung, ein popkultureller hans-dampf-in-allen-gassen und das auch noch erfolgreich, verdienst du da auch deine Brötchen? Nö, leider nich wirklich. Aber das is schon eher das Ziel. Ger Greif kommt noch dazu, und panama plus. Also alles zusammen wĂŒrds schon knapp reichen, aber man braucht ja auch immer wieder grosse Anschaffun-


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gen. Und MĂŒnchen is echt sauteuer. Und ich geb viel Geld fĂŒr gutes Essen aus. Das is so mein Luxus.

Kann ich dir nicht verdenken... was arbeitest du denn daneben? Und wo nimmst du die Zeit dafĂŒr her?

Hm, gute Frage. Keine Ahnung. Es geht irgendwie. Aber ich schlaf auch wenig und mach immer irgendwas. Ich arbeit bei ner Webagentur und Text manchmal fĂŒr Bekannte.

Kannst noch was zu panama plus sagen?

Panama plus ist das Prinzip der Multimedialen Überreizung als Kulturfestival gabs bislang 6. Das nĂ€chste is im Chiemgau. Mal schaun wies da wird. Es geht um unkonventionelle Musik, Filme, Kunst, Mode, alles möglich und am besten soviel dass niemand Zeit hat drĂŒber nachzudenken. Einfach mal das Hirn selbst denken lassen und das beobachten.

Die multimediale Überreizung scheint fĂŒr dich schon ein sehr grosses Thema zu sein... als ausgleich dagegen die sehr reduzierte, poetische Schlichtheit von Angela Aux, oder trennst du das vollkommen?

Findest nich dass das immer sehr multifunktional is? Das sind meistens mehrere Ebenen plus die musikalischen Sachen.

Doch... aber die kommen sehr harmonisch zusammen.

Es malt zwar Bilder und erzĂ€hlt Geschichten, aber eher in der Art einer relaxeden Reise denn einer ĂŒberfordernden Reizung. Ich mach gern viele Sachen gleichzeitig. Also Musik hörn, was lesen, dazu ein Video anschaun und am besten noch skypen.

Du trittst auch immer wieder unter unterschiedlichen Namen auf. Ein Internet-Ding?

Ja, irgendwie schon. Aber eher so eine Sache unseres Freundeskreises. Man gibt sich dauernd irgendwelche dÀmlichen Spitznamen. Das is so bissl aus der Hiphopzeit hÀngengeblieben.

Was hast du sonst noch so aus der Hiphopzeit mitgenommen? Wie warst du da aktiv? Ja, die Sprache und das VerstĂ€ndnis dafĂŒr wieviel mit Sprache vermittelt werden kann und wie verklĂ€rend das auch sein kann. Ausserdem natĂŒrlich die Liebe zu Beats. Hatte von 14–16 ne Hiphopcrew. Sportsfreund mit Soulsepp unserem DJ, ziemlich kuhler Typ. Der is auch immer bei allen Parties, die wir machen, Legojazzkonzerten und bei der Rationalversammlung.

Ok
 wĂŒrdest die l‘egojazz wurzeln im Hiphop verorten?

Da machts die Mischung. Franz Spen-

cer bringt den Hiphop, ich eher das Songwriting und die Psychness und Sami den Bass, Synthyaction und Funk aber das verfliesst auch sehr.

Hat Hiphop heute noch eine Bedeutung fĂŒr dich? Wo liegen da deine EinflĂŒsse?

Ja voll. Ich find Hiphop hat in Deutschland eine krasse Rolle gespielt in der Einbindung unterschiedlicher Kulturen. Also ich kann das nur von mir aus sagen, aber bei uns auf den Dörfern war das wichtig. In meinem Freundeskreis warn viele Kroaten z.b., die haben darĂŒber viel ĂŒber die deutsche Sprache gelernt und haben dann auch Kroatisch oder Russisch gerappt. Was fĂŒr uns auch super flahsig war zu sehen, dass die ja zwar nich so gut deutsch aber dafĂŒr noch ne andere Sprache perfekt sprechen. Ausserdem generell war das auch meine Delinquenzkanalisation. Das war gut um sich abzugrenzen. Die Mode, aber auch der Style irgendwie. Ich hab viel Basketball gespielt dann.

Den Style hast ja bis heute beibehalten, wenn ich das richtig in Erinnerung hab, welche Crews waren die wichtigsten fĂŒr dich?

Und heute is fĂŒr mich Hiphop die einzige Musikrichtung, die wirklich kollektiv versucht Literatur in unserer Zeit zu denken. Das is sauwichtig. Also in Deutschland Blumentopf, einszwo,


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main concept, Doppelkopf Sam Deluxe, Hamburg ĂŒberhaupt am Anfang, Freundeskreis, rag, Amis halt Wutang, a tribe called quest, die ganze Mixtapekultur so Bumrushbrothers, tony touch usw., aber wesentlich weniger als z.b. Franz Spencer oder Soulsepp. Die könnten dir wahrscheinlich jeden DJ inklusive Schuhgrösse aufzĂ€hlen. Ich bin im Hiphop ausgestiegen, als das wegging von der latent politischen Richtung und den geilen Jazzfunkbeats. Pharcyde auch sehr wichtig gewesen, mos def, nas, gangstarr, the roots, aber hab da sehr profitiert von den beiden anderen. Die waren da die Experten und ich wurds auch, weil ich dauernd in ihren PlattenschrĂ€nken und Tapekisten mitgegraben hab. Das hat mich sehr geprĂ€gt. Aber umgekehrt is das auch passiert, natĂŒrlich.

Ja das merkt man, «wer Hiphop mach aber nur Hiphop hört betreibt inzest», trifft auf dich in umgekehrter Weise zu, oder?

Jo. Ein sehr schlauer Spruch. Is das nich fk?

Eisfeldt.

Ahja!! Der is auchn saukrasser Typ. Alles was er macht hat Hand und Fuss. Fastn Vorbild eigentlich, immer am rumflashen und immer gleich aber irgendwie auch immer anders. Oder umgekehrt.

Wie kams eigentlich zur Zusammenarbeit mit Senor Burns? Hat er auch die Grafik gemacht?

Jep. Ich fand den schon immer gut. Bevor ich ihn kannte, hab im Zuge der curt paar mal ĂŒber Sachen von ihm geschrieben und hab red can «das undergroundigste label der stadt» getauft und das immer wieder so verwendet. Das fand er lustig glaub ich und irgendwann hab ich einfach gefragt ob er die Legojazzsingle machen mag. Und er hat sofort zugesagt und bei der Angela Aux Platte hat er sogar mich gefragt ob ich die nich machen will als CD.

Also kam die Idee zum album von ihm?

Also die Idee zu der Zeit ein Album zu machen, die kam von ihm. Ich hab da grad angefangen meine Magisterarbeit zu schreiben und hatte andere Sachen im Kopf.

Dann ging die Zusammenarbeit ĂŒber das Grafische und den Vertrieb hinaus? Ich hab scho vor ihn zu unterstĂŒtzen, einfach mit den Sachen die ich mach, der war auch beim letzen panama plus dabei undm creative consume.

Also ich meinte auch in Bezug auf dein Album? Nö. Das Inlay is von meiner Freundin, sie macht auch Visuals live, zoo.pks und

all die hĂŒbschen flyer macht sie auch. Eine ganz fantastische Frau.

Weitere Shout-Outs?

Ich muss mich auch bei den MĂŒnchner Medien bedanken, die sind alle sehr kuhl.

Wann kann man dich hören und wo gibts das Album zu kaufen?

Auf Soundcloud kann man die Demos hörn, und ich wĂŒrd sehr gern in der Schweiz spielen. Album am besten bei red can bestellen.

Wie siehts mit den nĂ€chsten Daten in Deutschland aus? ANGELA AUX 13.5. ALBUM RELEASE PARTY 19.5. Kulturstrand, Eröffnung 20.5. Festung, Traunstein 21.5. MARK Salzburg + L‘egojazz 24.6. Kurpark, Grassau kommen noch paar Sachen dazu aber so is der Stand grad

L‘EGOJAZZ 21.5. MARK-Eröffnung, Salzburg 23.7. Kannibalen Massaker, Wasserburg 30.7. Chiemgauer Alm Festival, Winklmoos


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Von Fernfahrern und alten Western (Text: Carla Paca)

In dieser Welt, in welcher oft alles drunter und drĂŒber geht, sich Katastrophe an Katastrophe reiht, fast keine Zeit bleibt, um TrĂ€ume zu verwirklichen und alle kopflos der Arbeit nach rennen, fragt man sich oft: «Was wĂ€re Wenn?» «Was wĂ€re, wenn ich heute alles anders mache?» «Was wĂ€re, wenn ich heute ĂŒber meinen Schatten springe?» «Was wĂ€re, wenn ich heute den Schritt Richtung Zukunft mache?» Nun, es gibt da eine junge Frau, die es nicht beim «was-wĂ€re-wennHirngespinst» gelassen sondern ihr Leben in die HĂ€nde genommen hat. Miss Kenichi heisst unsere Heldin. Benannt nach einer Japanischen Mangafigur. Ihre Geschichte begann an dem Abend, als sie ihre Gitarre packte, in die nĂ€chste Bar in Stuttgart marschierte und verlangte, dass sie an dort spielen durfte. Ihre offene und quirlige Art öffnete ihr das Tor zu den Herzen der Anwesenden und es wurde ihr gestattet, ihr erstes Konzert zu geben. Ihre Musikkarriere begann. Klingt ein wenig nach einem MĂ€rchen, nicht wahr? Dieser mĂ€rchenhafte Charme scheint die deutsche SĂ€ngerin Katrin Hahner, welche hinter Miss Kenichi steckt, stets zu begleiten. Bei ihren Konzerten erzĂ€hlt sie selbst gerne aus ihrem Leben. Als Tochter eines

Fernfahrers hatte sie eine spannende Kindheit und weiss zu jedem ihrer Songs eine Story, welche die Herzen berĂŒhrt. Verpackt sind diese Geschichten in sanfte Gitarren- oder KlavierklĂ€nge, Melodika und Mundharmonika Sequenzen und den Gesang ihrer hauchzarten Stimme. Sanft hĂŒllt ihre Musik ein, nimmt die Menschen mit und trĂ€gt sie vorsichtig weit weg, zu Orten, welche nur die Phantasie kennt. In einem kurzen Interview hat mir Katrin Hahner erzĂ€hlt, was eigentlich hinter den poetischen Zeilen dreier ihrer Songs steckt. Die Geschichten laufen wie Filme in ihrem Kopf ab, welche sie nur nieder zu schreiben braucht. Sie reduziert diese Texte dann soweit, bis nur noch das wirklich Wesentliche vorhanden ist und genug Platz fĂŒr die Phantasie entsteht. Pausen sind wichtig. Bei vielen Liedern liegt die Geschichte nicht offen, sondern versteckt zwischen den Zeilen. Ihr ist das ErzĂ€hlte genauso wichtig wie das Nicht-ErzĂ€hlte, denn sie mag es auch selbst nicht, alles vorgekaut zubekommen. Musik und Text haben so viele Ebenen, denen man Luft lassen soll, findet sie.


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Mountain High:

No Water

– «IÂŽd walk a thousand miles just to get back home» – «I’ll come and erase my world from your map»

Du hast beim Konzert erzÀhlt, dass dein Vater Fernfahrer ist. Ist dieses Lied eine Anspielung an deine Kindheit und die Reisen mit ihm?

Diesen Song habe ich tatsÀchlich meinem Vater gewidmet. Und allen anderen Fernfahrern. Das Herumfahren mit ihm war immer sehr schön. Ich musste mir nie so richtig die Haare kÀmmen und wir haben Essen auf dem Gaskocher gekocht. Wir waren so oft in Paris und sonst wo, aber eigentlich habe ich ja immer nur die Speditionshöfe und ParkplÀtze gesehen. Ganz schön seltsam eigentlich. Die Postkartenansicht habe ich immer verpasst.

Es ist also auch ein wenig eine Suche nach Heimat?

Ja, es ist die Suche nach einer Heimat, die man vielleicht nie hatte. Sich irgendwo dazugehörig fĂŒhlen. Angekommen sein. Ich weiss nicht, ich hatte das nie. Ich habe das in der Musik oder in der Malerei gefunden, manchmal mit anderen Menschen, aber das ist alles so zerbrechlich. Ich habe oft Angst, dass dieses kleine StĂŒck Land plötzlich verschwindet.

– «it will only last for one season my dear» – «with a sad girl an on a balcony» – «and the fever burns in your eyes, and the fever burns in your heart»

Diese Angst hört man auch im Song.

Der Song ist in seiner ganzen vermeintlichen Monotonie und Leere wie ein Wandern ohne Ziel, immer weiter und weiter und weiter, ohne zu wissen wohin man geht, einfach immer der Strasse nach, die einem unendlich weit oder wie eine Sackgasse vorkommt, je nachdem wie man sich gerade fĂŒhlt. Und dann ist da das Gegenteil dieser Ängstlichkeit, dass man sich aufmacht ins Ungewisse, den Mut aufbringt, einfach loszulaufen und sich sein eigenes Zuhause zu suchen.

Was hast du als bleibende Erinnerung aus dieser Zeit mitgenommen? Ich rieche heute noch gerne den «Duft» einer Autowerkstatt.

FĂŒr mich klingt dieser Song verdĂ€chtig nach Loslassen und Erwachsenwerden. Stimmt meine Vermutung?

Alles ist ja dauernd in VerĂ€nderung. Man kann einfach nichts festhalten. Damit muss man sich abfinden. Je mehr man der ErfĂŒllung nachjagt, desto weniger wird sie kommen. Schrecklich eigentlich. Loslassen ist so schwer. Ob das nun Jugend ist, die man verliert, oder Unschuld, oder TrĂ€ume, Liebe, Geld, Vertrauen, Freundschaft oder was auch immer. Das traurige MĂ€dchen ist ein Bild fĂŒr dieses Erstarren im Wunsch, etwas zu bleiben, was man nicht mehr ist. Oder in einer RealitĂ€t zu bleiben, die es nicht mehr gibt. Sie winkt der Welt zu vom Balkon ihres behĂŒteten Hauses, wĂ€hrend sich das Unheil unter ihren FĂŒssen zusammenbraut, das grosse Nichts. Naja, und dann gibt es die Sehnsucht, diesem grossen Nichts zu entkommen. Dieses Fieber, das man auch sehen kann in manchen Menschen. Ein weit her sichtbares GlĂŒhen.


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Limbo

– «so you shot that old dog, and the sky is cracking up again, but that dog is barking on, in the night where the light wont shine» – «you been shot in the back three times, by a man you once called a friend»

Als Aussenstehende ist es schwer diesen Song zu verstehen. Was wohl auch so gedacht ist. ErzÀhlst du uns die ganze Geschichte oder bleibt sie dein Geheimnis?

«Limbo» handelt von Schuld und Vergebung. Limbo ist ja die Bezeichnung fĂŒr die Vorhölle. Ich bin dem Gedanken nachgegangen, dass man jeden, dem man Leid zufĂŒgt, dort wieder begegnen und nochmals zur Rechenschaft gezogen wird. Schlimmstenfalls bis in alle Ewigkeit. Der alte Hund, der von seinem Herrn erschossen wird und doch als Geist jede Nacht weiter bellt, steht fĂŒr die

Last der Schuld und dass man sie nicht einfach so los wird und dass Menschen darĂŒber verrĂŒckt werden. Manchmal ganz still und heimlich. Oder jene Person, die von einem Freund in den RĂŒcken geschossen wird. Das ist ja auch so ein Thema alter Western. Jemanden von hinten zu erschiessen ist absolut verwerflich. Darauf folgt dann der tiefe Fall in die Dunkelheit. Von beiden. So ein endloser Kreislauf von Verlorensein. Ach, das klingt jetzt alles so pathetisch, haha. Deshalb erklĂ€re ich es ja auch sonst nicht!

Nicht pathetisch sondern Ă€usserst fantasievoll und vertrĂ€umt finde ich die Geschichten der Miss Kenichi und hoffe noch tausend und eine mehr erzĂ€hlt zu bekommen. Miss Kenichi findet ihr auch auf Facebook unter : www.facebook.com/pages/MissKenichi/90355534002 FĂŒr Booking Anfragen könnt ihr sie hier kontaktieren: www.intermusic.ch


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Festival aus einer anderen Sicht FĂŒr unsere Layouterin Sara Suter hat die Festival-Saison begonnen. Ein kleiner Bericht ĂŒber eines der ersten dieses Jahres, und ein Blick hinter die Kulissen 
 (Text: Sara Suter, Bilder: Oliver Fabel)


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Liebe Leute, die Festivalzeit ist wieder da. Endlich! Naja, okay, ich war im Februar schon an meinem ersten in diesem Jahr. Und es werden noch viele kommen (auch wenn mich das Line-Up vieler leider ziemlich enttĂ€uscht
 hoffen wir auf Besseres). Aber nun will ich euch vom Raiffeisen Indoor-Festival berichten. Das fand nĂ€mlich am 8. und 9. April in Disentis statt. Dieses Dorf liegt irgendwo zwischen Andermatt und Chur, genauer gesagt in der NĂ€he von 
 Ilanz? Ja, irgendwo dort. Ist ein herziges Dorf mit tollem Dialekt. Zwar musste ich vier (!) Stunden Zug fahren, bis ich angekommen bin – aber Kinder! – das hat sich gelohnt. Zugegeben, ich war nur am Samstag (9. April) dort, auch nur wegen einer Band, aber ich habe mir gedacht, ein kleiner Ausflug ins BĂŒndnerland ist immer schön. Stimmte auch dieses Mal. Auf dem FestivalgelĂ€nde angekommen, gings auch schon bald los: Tanzen!

The Locos wĂ€rmten sich noch auf, bevor sie dann ein grandioses Konzert ĂŒber die BĂŒhne brachten. Da es allgemein nicht so viele Besucher hatte, war anfangs leider nicht so ausgelassene Stimmung wie ich (und die Locos) sie gerne gehabt hĂ€tten. Doch das Publikum taute dank den schnellen Rhythmen auf und so wurde das Konzert doch noch schön und tanzbar. Sehr schade war allerdings, dass mitten im letzten Song die BĂŒhnenarbeiter schon mit abrĂ€umen begannen, die Band gar nicht fertig spielen konnte. Die Aufregung und Wut war den Bandmitgliedern ins Gesicht geschrieben und sie hatten die Nase voll. Absolut nachvollziehbar, nicht nur ich aus dem Publikum war verĂ€rgert darĂŒber. Doch kurz danach mein nĂ€chstes Highlight: IvĂĄn (der Schlagzeuger der Locos) kam zu mir und lud uns Backstage zu ein paar Bier ein. Dazu muss man sagen, dass ich die Band persönlich kenne und schon lange ein Fan bin. Hinter der BĂŒhne war die Wut der Band noch gross,

auch weil sie von dem Veranstalter ein wenig gestresst wurden, bald in den Tourbus zu steigen und das Festival zu verlassen. Ich verstand nicht genau wieso, aber das war auf jeden Fall mein Eindruck. Es war so oder so sehr interessant, ein Festival mal aus dieser Sicht zu sehen. Was hinter der BĂŒhne ablĂ€uft bekommt man sonst nicht wirklich mit und es war schön, die Bandmitglieder wieder einmal persönlich zu sehen. Abschliessend kann man sagen: Festivals sind meistens toll, wenn die Show der Bands stimmt. Die Stimmung am Indoor-Festival in Disentis war trotz weniger Leute gut und ich behalte den Abend bestimmt noch lange in Erinnerung. Das nĂ€chste Festival kann kommen!


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nisse? zer terleb n o K d n tival- u eine Fes d r e b ìČŽ an er n e Ar tikel in e E-Mail st auch g in in e e t e d h h t ic c is r a f e t Du b lleich ch ein h und vie ib uns do e .c r in h z c a s g n a Dan h e -m moustac @ n io t k zu lesen. r ed a e b a g s u s t en A der n채ch


moustache | schnauziges | horoskope

HoRoSKoPE Steinbock

22.12.–20.01.

Wassermann

21.01.–19.02.

Ist immer noch etwas benebelt, sieht jedoch schon bald ein Lichtlein am ende des Tunnels.

Sieht schwere Zeiten auf sich zukommen. Aber es wird wie immer nur halb so schlimm.

Fische

Widder

20.02.–20.03.

21.03.–20.04.

Das GlĂŒck ist den Widdergeborenen zur Zeit hold, und sie möchten dies gerne allen mitteilen. Aber manchmal wissen sie einfach alles besser


Will wieder allen helfen und vergisst dann gerne sich selbst. Warten bis diese Phase vorbeigeht.

Stier

Zwilling

21.04.–20.05.

21.05.–21.06.

Ist der Star des Monates und krÀftemÀssig nicht zu bremsen. Aber Vorsicht vor zu vielem Essen.

Krebs

Im Moment lÀuft nicht viel und es ist Ruhe und Geniessen angesagt.

Löwe

22.06.–22.07.

23.07.–23.08.

FĂŒhlt sich gerade ein wenig bedrĂŒckt und weiss nicht warum. Nur die Ruhe: geht auch vorbei.

Jungfrau

24.08.–23.09.

Hat nicht gerade viel Mumm in den Knochen, und das dĂŒrfte noch ein wenig so bleiben.

Waage

24.09.–23.10

Ist sehr gefĂŒhlsbetont und nahe am Wasser gebaut in diesen Tagen. Herzgedudel ist angesagt.

Skorpion

24.10.–22.11.

Weiss nicht so recht wo ihm der Kopf steht, lÀsst sich aber nichts anmerken.

Sieht gerade alles ein wenig streng und massregelt ihr umfeld mit LehrerallĂŒren.

SchĂŒtze

23.11.–21.12.

Ist auf dem Selbstfindungstripp, bloss nicht davon abhalten.


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IMPRESSUM REDAKTION Chefredakteurin: Miriam Suter Vanja Kadic LAYOUT Sara Suter Corinne Leuthard, Jasmine Varadi FOTOGRAFIE & WEBSEITE Oliver Fabel DRUCK Heller Media AG, Muri

KONTAKT www.moustache-magazin.ch info@moustache-magazin.ch redaktion@moustache-magazin.ch layout@moustache-magazin.ch

æŻ 2011 bei moustache. Fç«Żr unverlangt eingesandtes Text- und Bildmaterial wird keine Haftung ç«Żbernommen. Alle Bild- und Textmaterialien sind Eigentum von www.moustache-magazin.ch und dç«Żrfen nur mit deren Erlaubnis verwendet werden.

FREIE MITARBEITER Judith Erdin, Alejandra Jean-Mairet, Daniel Mahrer, Marlen Meier

EIN GROSSES DANKE DIESMAL AN Angelika Imhof, Carla Peca, Franziska Monnerat, Fiona Dinkelbach


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mit DaniL

zum Brotkorb

keine Liebe fĂŒr Berlin Ich hĂ€tte nicht herkommen sollen, dass mich diese Stadt nicht haben will, hat sie mir schon mehr als genug mitgeteilt und jede meiner geplanten Reisen so perfide wie erfolgreich sabotiert, auch dieses Mal waren die Zeichen ĂŒberdeutlich. Deshalb also: Jetzt erst recht, sonst wird das nĂ€mlich nie was. Ich hĂ€tte nicht kommen sollen, doch ich bin gekommen, im Wissen dass es vermutlich besser gewesen wĂ€re, nicht zu kommen. Und jetzt lieg ich hier, nackt in ihrem Bett. In meinem Kopf pocht der Wein, auf meinem Bauch trocknet Schweiss, in meinem Bart gerinnt ein wenig Blut und in meiner Nase steckt ein Tampon, der sich langsam ausdehnt. Sie hĂ€lt mich im Arm, wir kĂŒssen uns. Mit mir zu schlafen sei fĂŒr sie keine Option gewesen, meinte sie zuvor, herzukommen und nicht mit ihr zu schlafen keine fĂŒr mich, entgegnete ich. Ein Dilemma, aus dem wir dann aber bald einen fĂŒr beide Seiten befriedigenden Ausweg gefunden haben. «Du blutest», hab ich ihr danach gesagt, als wir uns mit weit offenen Augen anschauten und ich ein paar dunkle Tropfen auf ihrem leicht geröteten Gesicht entdeckt habe. «Nein du blutest», bemerkte sie, und wie ich mir die Hand unter die triefende Nase halte, hat sie mir bereits einen Tampon hineingesteckt, wir lachten beide, die Situation hat einen unfreiwillig komischen Einschlag erhalten. Ich glaube gehört zu haben, dass in der japanischen Mythologie ein Zusammenhang zwischen Sex und Nasenbluten besteht, nehme mir vor, das mal nachzuschlagen.

Bald geht mein Flieger, sie ist mittlerweile aufgestanden und sitzt in der KĂŒche, ich liege alleine im Bett, schaue an die Decke. «Jede Geschichte sollte auf eine Art zu Ende gehen, die ihrer wĂŒrdig ist», denke ich mir, und alles andere, als die Geschehnisse der letzten Stunden, hĂ€tte ich in diesem Fall unter gar keinen UmstĂ€nden als ein Ende akzeptieren können. Ich stehe auf, ziehe mich an und den Tampon aus dem Nasenloch, wasche mein Gesicht und das Blut von meinen HĂ€nden, sie macht mir ein kleines FrĂŒhstĂŒck. In einer Stunde sollte ich am Check In sein, mein Rausch lĂ€sst langsam nach, ich bin ein bisschen traurig, esse schweigend. «Ist es das jetzt gewesen?», fragt sie mich im TĂŒrrahmen, ich nicke, eine kurze Umarmung. «Machs gut, bis bald!» Ich gehe knarrender Schritte die Treppe runter, höre wie hinter mir die TĂŒr ins Schloss fĂ€llt. Berlin, Dienstagmorgen vier Uhr frĂŒh, es ist kalt und ich bin auf dem Weg zum Flughafen. Das war’s nun also, eine einzelne TrĂ€ne rollt mir ĂŒber die Wange in den Mund, sie hat ein wenig Blut aufgelesen, schmeckt sĂŒsslichsalzig, die kĂŒhle Morgenluft schlĂ€gt mir frisch entgegen. Ganz unglĂŒcklich bin ich nicht, ganz glĂŒcklich auch nicht, ein wenig betrunken noch dafĂŒr, beim Gedanken an die Vorlesung in vier Stunden muss ich schmunzeln. Ich schĂŒttle kurz meinen Kopf, reibe mir beide Augen und gehe mit hochgeschlagenem Kragen schneller ĂŒber die feuchten Bodenplatten Richtung UBahnstation, irgendeiner fragt mich nach Gras und irgendwo dazwischen war’s dann vielleicht doch eine ziemlich gute Idee gewesen, herzukommen.


bigote

overcoming obstacles

!

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