Vivai 2017 03 d

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Kapverden am Strand? Die Kapverdischen Inseln sind dafür bekannt, dass man dort traurige Weisen liebt (Morna), schnell hinkommt (fünf Stunden Flugzeit aus Europa) und dass stets die Sonne scheint (350 Tage im Jahr). Prima Voraussetzungen, um sich vom europäischen Sudelwinter zu erholen, am Strand möglichst, mit den Füssen in der Luft und einem Cocktailglas in der Hand. Das schwebte mir so vor, als ich mich auf Geheiss einer Reiseagentur auf die Inseln Santiago und São Vicente einbuchen liess. Das seien vor allem bei aktiven Menschen die favorisierten Hotspots. Irgendwie musste ich das mit dem Aktivsein überhört haben. Fakt war, dass wir weder auf Santiago noch auf São Vicente nur einen schönen Strand vorfanden. Dafür aber zahlreiche Wanderrouten im Gebirge. Wunderbar spektakuläre Wege, alte Maultierrouten, die sich in malerischen Serpentinen über die Insel fräsen. Auf die Frage, wo es denn hier zu den Traumstränden ginge, schauten mich die Einheimischen verblüfft an: «Na, auf den Badeinseln der Kapverden!», antworteten sie nach einer Weile, als sie realisierten, dass ich sie nicht veräppeln wollte: «Auf Boa Vista und Sal finden Sie die schönsten Strände der Welt. Weiss doch jeder.» Na ja. Fast. Harald Braun ist

Autor und Journalist. Er schreibt regelmässig für Vivai.

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Vivai 3/17

Ausser Spesen … Nicht immer halten Ferien, was sie versprechen. Wir haben in der Vivai-Redaktion nach Geschichten gesucht, in denen aus Reiselust Ferienfrust wurde. Was beweist: Manchmal gibt es nichts Schöneres, als heimzukommen.

Mehr Beinfreiheit Geplant war ein Samstagsausflug mit dem TGV nach Paris. Mit einer Freundin wollte ich an eine Ausstellung der verstorbenen mexikanischen Künstlerin Frida Kahlo. Mit dem ersten Schnellzug um 7.34 Uhr von Zürich los, mit dem letzten wieder zurück. Savoir-vivre par excellence. Freudig aufgekratzt, beschlossen wir, am Abend vor der Abreise noch auszugehen. Es wurde dann etwas später. Na ja, halb vier Uhr morgens. Aber drei Stunden Schlaf sollten reichen. So mummelten wir uns in meine Decke ein und dösten selig weg. Einige Stunden später: Die Sonne ruhte warm auf meinen Augenlidern. Ich blinzelte dem strahlenden Fenster entgegen und fühlte mich irgendwie ausgeschlafen. Komisch. Mein Hirn fing an zu rattern: Wo ist die Uhr? Wie spät? Was? Halb zehn. Der Zug war ohne uns abgefahren. Vor lauter Frust schlief ich einfach weiter. Aber des einen Leid ist des anderen Freud. Zwei andere Reisende profitierten nun von mehr Beinfreiheit auf unseren reservierten Plätzen im Viererabteil. Biljana Jovic ist freie Journalistin und schreibt an dieser Stelle zum ersten Mal für Vivai.


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