Metropolregionen in Deutschland und Europa

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Metropolregionen in Deutschland und Europa

Hausarbeit im Rahmen der Veranstaltung Stadtplanung im regionalen Kontext Studiengang: Stadtplanung BA Wintersemester 2010/11 von Burij, Michael und Flaegel, Torsten


Inhaltsverzeichnis

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Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis................................................................................................................I Abbildungsverzeichnis........................................................................................................II

1 Einführung: Regionen in der globalisierten Welt..........................................................1 2 Begriffsentwicklung: Metropolregionen in der Politik und Forschung............................2 2.1 Räumliches und funktionelles Verständnis.......................................................3 2.2 Territoriale Kohäsion.......................................................................................4 2.3 Die “Blaue Banane”........................................................................................5 2.4 Raumentwicklung auf der europäischen Ebene..............................................8 2.5 Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO) und IKM...................................9 2.6 Regional Governance...................................................................................11 3 Metropolregionen in Deutschland..............................................................................12 3.1 Hannover/ Braunschweig/ Goettingen/ Wolfsburg.........................................12 3.2 Europäische Metropolregion Stuttgart...........................................................13 4 Metropolregionen in Europa......................................................................................16 4.1 London Greater Authority..............................................................................16 4.2 Metropolitanraum Zürich...............................................................................19 5 Fazit und Ausblick...................................................................................................22

Quellenverzeichnis....................................................................................24


Inhaltsverzeichnis

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Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Die europ채ische Traube..........................................................................................5 Abbildung 2: Raumentwicklungsmodelle in Europa.....................................................................6 Abbildung 3: Regionale Integration und Stadtnetzwerke.............................................................7 Abbildung 4: Abgrenzung der Metropolregionen nach MKRO....................................................9 Abbildung 5: Verband Region Stuttgart...................................................................................13 Abbildung 6: Kooperationsraum Metropolregion Stuttgart.......................................................13 Abbildung 7: London Greater Authority...................................................................................16 Abbildung 8: Londons Subregionen im Kontext.....................................................................17 Abbildung 9: Metropolitanraum Z체rich....................................................................................20 Abbildung 10: Zersiedelung von Z체rich....................................................................................21


1 Einführung

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1 Einführung: Regionen in der globalisierten Welt Die zunehmende Globalisierung, mit der eine Überschreitung von nationalen Grenzen der Wirtschafts-, Informations- und Sozialverbindungen in Zusammenhang gebracht wird , hat eine auslösende und verstärkende Wirkung von Transformationsprozessen in der Gesellschaft. Davon betroffen sind nicht nur Unternehmen, denen sich auf Grund der verbesserten Transport- und Kommunikationswege neue Absatz- und Beschaffungsmärkte eröffnen, sondern unter anderem auch die klassischen Organisationsformen in der Politik und der Raumplanung. Auf den globalisierten Märkten lassen sich angesichts des fortschreitenden Strukturwandels bestimmte Wettbewerbsvorteile nicht mehr auf der nationalen oder kommunalen Ebene bündeln, so gewinnt die räumliche Einheit “Region” immer mehr an Bedeutung. Die Entgrenzung der Märkte auf der einen Seite und die stagnierenden Handlungsmöglichkeiten der nationalen Staaten auf der anderen erfordern innovative Steuerungs- und Organisationskonzepte. In der Politik, der Wirtschaft (z. B. in der Tourismusbranche) aber auch in den Medien erfreut sich ein vergleichsweise neuer Begriff “Metropolregion” in diesem Kontext zunehmend großer Beliebtheit. Dabei existieren bisher weder auf statistischer, noch auf theoretischer Grundlage basierende eindeutige Kriterien zur Definition der Metropolregionen. [Bege 2010, Adam 2006] Die Vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den Metropolregionen in Deutschland und Europa. Es soll geklärt werden, auf welchem Wege das Konzept der Metropolregionen Einzug in den wissenschaftlichen und politischen Diskurs gefunden hat und welche Akteure und Ereignisse in diesem Zusammenhang von Bedeutung sind. Zudem sollen an konkreten Beispielen auf der Ebene der Metropolregionen die neu entstandenen Kooperations- und Organisationsstrukturen sowie deren Auswirkungen untersucht werden. Auf der Grundlage einer umfassenden Literatur- und Internetrecherche wird im folgenden Abschnitt zunächst das Konzept der Metropolregionen in der Raumforschung und in der Politik kurz beleuchtet, sowie für das Verständnis von Metropolregionen relevante Begriffe und Vorgänge abgehandelt. Danach werden exemplarisch jeweils zwei deutsche Metropolregionen sowie Metropolregionen des europäischen Auslands vorgestellt. Abschließend werden die Untersuchungsergebnisse zusammengefasst und ausgewertet.


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2 Begriffsentwicklung: Metropolregionen in der Politik und Forschung Im Folgenden wird die schrittweise Entwicklung aufgezeichnet, die zur Entstehung des aktuellen Begriffsverständnisses geführt hat. Der Ursprung des Wortes metrópolis liegt im Griechischen und bedeutet Mutterstadt. Es bezeichnete eine Siedlung, die einem Staat oder einer Provinz als Zentrum galt. Da der entscheidende Faktor die Funktion als Ursprung für neue Siedlungsgründungen war und weniger eine bestimmte Bevölkerungszahl, ist der Begriff seit jeher von einer bestimmten quantitativen Autarkie entkoppelt. Die Kirche verwendete den Metropolenbegriff später als Bezeichnung von Verwaltungszentren. Die im 19. Jh. entstehende Großstadt wird zunächst mit Bezeichnungen wie big city, grande ville und Weltstadt versehen. Erst im zweiten Drittel des 19. Jh. wird der Begriff Metropole von seinen kirchlichen Wurzeln gelöst und zunehmend mit Modernität und großstädtischem Dienstleistungsangebot in Zusammenhang gebracht. Als Sinnbild für Modernismus erlebt der Begriff nun weite Verbreitung. Während des Zweiten Weltkrieges findet der Begriff im Vokabular der Nationalsozialisten keine Verwendung. Erst Anfang der 1980er Jahre erlebt das Wort “Metropole” eine Renaissance, dann als Synonym für die größte Stadt eines Staates. [Paal 2005] Erste funktionell geprägte Definitionen der Metropole bilden sich in den 90er Jahren heraus. Über die „neue komplexe Metropole“ gegenüber der „alten Metropole der Industrialisierung“ heißt es: „The metropolis in the twentieth century is not just a larger city, but a qualitatively new form of human settlement. It is larger, more complex and plays a more commanding central role – economic, political and cultural – than the industrial city and town that preceded it.” [Angotti 1993: S.1] Etwa zur selben Zeit taucht der Begriff “Regionalmetropolen” auf, aus dem sich der Begriff “Metropolregionen” entwickelt, um eine Erweiterung des Konzepts monozentral ausgerichteter Regionalstrukturen zu benennen. In Deutschland herrscht eine polyzentrale Struktur urbaner Verdichtungsräume vor, die oft durch die direkte Nachbarschaft mehrerer international bedeutsamer Städte gekennzeichnet ist. Dieser Typ wird als Metropolregion bezeichnet, da einzelne Städte dort häufig nicht die Kriterien einer Metropole erfüllen können. [Blotevogel 2000] Die Metropolregionen fanden sich nun mit zunehmender Häufigkeit auf der Tagesordnung des raumplanerischen Fachdiskurses. So fanden sich 1993 im Raumordnungspolitischen Orientierungsrahmen, den Bund und Länder gemeinsam vorgelegt hatten, Karten, die große Stadtregionen als “Agglomerationen mit besonderer internationaler Ausstrahlung” betitelten. Die dargestellten Räume wurden dabei nicht als Kontrast zwischen städtisch und ländlich, “sondern im Sinne einer Nuancierung der Nähe oder Ferne zu Agglomerationen charakterisiert”. [Aring 2008, S:9]


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Eine weitere Karte verbildlichte das entscheidende Novum. Wo die zwischen stadtregionalen Verbünden liegenden Verbindungskorridore bislang als belastende Ballungsräume thematisiert wurden, formulierte nun erstmals ein raumordnungspolitisches Dokument eine Sicht auf Großstädte, die den angeschlossenen Stadtregionen eine besondere Bedeutung für die Raumentwicklung zuwies. Zwei Jahre später wurde im Raumordnunspolitischen Handlungsrahmen die veränderte Sicht weiter präzisiert und der Begriff der Europäischen Metropolregion geprägt. Mehrere Stadtregionen wurden dabei von der Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO) als Metropolregionen eingestuft. [Aring 2008]

2.1 Räumliches und funktionelles Verständnis Die Raumforschung kennt zwei wesentliche Betrachtungsweisen von Metropolregionen: ein räumliches Verständnis wird duch die funktionellen Aspekte einer Region ergänzt. In Bezug auf die räumliche Ebene kennt das Modell der Metropolregionen eine Unterscheidung in mono- und polyzentrische Metropolregionen. Dabei umfasst eine monozentrische Metropolregion eine große Kernstadt und deren Umland, während polyzentrische Metropolregionen mehr oder weniger gleichwertige Kernstädte umfassen. Der suburbane Raum, vor allem in polyzentrischen Metropolregionen, ist dabei ein untrennbarer Teil des Modells. Weitere junge Begriffsfindungen, wie die der “Zwischenstadt” bezeugen die zunehmende Bedeutung des suburbanen Raumes. [Blotevogel 2002, Aring 2008] Laut Blotevogel müsse sich unsere tradierte Raumvorstellung aus dem Zeitalter der Nationalstaaten und -Ökonomien einer neuen Raumsemantik gegenübergestellt sehen: “einem NetzwerkRaum, in dem die Metropolregionen als Knoten das wichtigste strukturbildende Moment sind.” [Blotevogel 2002 : S. 346] In Anlehnung an die Untersuchungen des Geographen Hans Heinrich Blotevogel, benennt der Initiativkreis Europäischer Metropolregionenden in Deutschland (IKM) den funktionellen Aspekt damit, dass Metropolregionen einen gezielten Beitrag zur Erreichung von Wachstum und Innovationen in einer Wissensgesellschaft leisten. Im Idealfall stellen sie „Motoren der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung“ in einem bestimmten Land oder gar für ganz Europa dar. [BRBS 1995: S. 27] Selektierte Bestimmungsfaktoren definieren ihre Position im nationalen und internationalen Wettbewerb, gemessen an Indikatoren, die helfen den Einfluss messbar zu machen. Die Bestimmungsfaktoren für den Einfluss einer Metropolregion reichen von der Entscheidungs- und Kontrollfunktion über ihre Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit bis hin zu ihrer Gatewayfunktion innerhalb der Landesgrenzen oder sogar darüber hinaus. Die Entscheidungs- und Kontrollfunktion einer Metropolregion richtet sich dabei nach der Zahl und Bedeutung von Entscheidungs-


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zentren der öffentlichen Hand, der Wirtschaft und der Finanzwelt, die in jener Region angesiedelt sind. Die Innovations- und Wettbewerbsfunktion misst sich an der Generierung technisch-wissenschaftlicher, sozialer und kultureller Innovationen. Dafür wird z. B. die Zahl der Studierenden an Hochschulen, die Anzahl von speziellen Forschungsbereichen oder der Besucher von Kultureinrichtungen eruiert. Die Einbindung der Metropolregionen in nationale und internationale Waren-, Personen- und Informationsströme quantifiziert die Gatewayfunktion. Indikatoren hierfür können z. B. Abfahrten von Hochgeschwindigkeitszügen, Passagiere an Flughäfen, Güterumschlag, Messebesucher und Verlage sein. [Gesellschaft für Arbeit 2009, Blotevogel 2002]

2.2 Territoriale Kohäsion Unter dem Begriff “territoriale Kohäsion” (oder territorialer Zusammenhalt) kann der gesamte politische Diskurs zur Raumentwicklung in Europa verstanden werden. Im Wesentlichen ist das Ziel der “territorialen Kohäsion” der Abbau von Disparitäten in Europa und die Förderung einer polyzentrischen Struktur der europäischen Städte und Regionen. Der Begriff spielt vor allem eine große Rolle in der Betrachtung der Metropolregionen auf der EU-Ebene. Den ersten wissenschaftlichen Beitrag zu diesem Thema leistete wahrscheinlich Walter Christaller im Jahre 1950 mit einem Entwurf eines Systems der Zentralen Orte auf europäischer Ebene. Die politische Umsetzung erfolgte erstmals in den römischen Verträgen von 1957. Diese beinhalteten zunächst das Ziel der wirtschaftlichen und sozialen Kohäsion. Eine räumliche Dimension wurde dann im Vertrag von Maastricht (1992) hinzugefügt. [Spiekermann 2010, Henckel 2010] Im Jahre 2006 wurden vom Europäischen Rat strategische Leitlinien der Gemeinschaft zur Förderung der territorialen Kohäsion in Europa verabschiedet. In diesem Dokument wird auf die Notwendigkeit der netzwerkartigen Zusammenarbeit zwischen allen Verwaltungsebenen und anderen Akteuren, die an der Raumentwicklung beteiligt sind, hingewiesen. In den folgenden zwei Jahren wurde in der territorialen Agenda der Europäischen Union und in einem Buch der Europäischen Kommission das Konzept der territorialen Kohäsion weiter konkretisiert: Das für Europa typische Städtesystem mit wenigen Metropolen und vielen Klein- und Mittelstädten solle erhalten bleiben, zugleich sollen alle Regionen an ein leistungsfähiges Infrastrukturnetz angebunden und die Kooperation zwischen den Regionen gestärkt werden. Innerhalb der EU existieren zwei wichtige Werkzeuge, die zur Umsetzung der territorialen Kohäsion beitragen sollen. Seit 2006 ermöglicht der Europäische Verbund für territoriale Zusammenarbeit eine länderübergreifende Kooperation zwischen Mitgliedstaaten, Regional- und Kommunalbehörden ohne die Notwendigkeit zusätzliche Staatsverträge abschliessen zu müssen. Neben diesem Rechtsinstrument, das in Frankreich und Belgien bereits angewendet worden ist, analysiert das European Spatial Planning Observation Network (ESPON) seit 2002 die Raumentwick-


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lung in Europa. Seine Einrichtung war die Folge des im Rahmen von EUREK (s. Abschnitt 2.4) festgestellten Mangels an vergleichbaren raumbezogenen Informationen. [Henckel 2010] Trotz der frühzeitigen Bemühungen der Europäischen Union zur Beseitigung von Disparitäten zwischen ihren Regionen haben sich diese mit der EU-Erweiterungen der Jahre 2004 und 2007 verschärft. Bei einer Zunahme der Bevölkerung um ca. 20% hat der Wohlstand der EU lediglich um 5% zugenommen. Die Einkommensdifferenz zwischen den ärmsten und den reichsten Regionen hat sich mit der Erweiterung verdreifacht. [Spiekermann 2010]

2.3 Die “Blaue Banane” Der Forscher Roger Brunet entwickelte 1989 das Modell der so genannten “Blauen Banane” (Abbildung 2). Dieses erste und erfolgreichste Raumbild hebt bestimmte Regionen im Kern Europas als besonders wirtschaftsstark, produktiv und vernetzt hervor. Brunet begründet sein Modell mit der historischen Entwicklung seit der Industrialisierung. Entscheidend für die Intensivierung der

Abb. 1: Die europäische Traube Quelle: ruhrgebiet-regionalkunde.de 2010


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Produktion und der Ausbildung wichtiger Handelswege waren die Steinkohlevorkommen in diesen Regionen. Nach der Eröffnung des Eisernen Vorhangs wurde die “Blaue Banane” durch die “Goldene Banane” ergänzt. Diese berücksichtigt nun auch Paris und die Regionen in den neuen Bundesländern. [Mau 2009] Im Zusammenhang mit dem von der Europäischen Union gesetzten Ziel der territorialen Kohäsion wurde das Raumbild der “Blauen Banane” von der “Europäischen Traube” abgelöst, die eine Fülle von Standorten innerhalb Europas abbildet. Das später durch das EUREK entwickelte “Europäische Pentagon” (Abbildung 2) stellt ein Fünfeck zwischen London, Paris, Milano, München und Hamburg dar. Neben den erwähnten existieren zahlreiche weitere Modelle. Der Wandel der Raumbilder seit Ende der 1980er Jahren macht die Transformation der Vorstellungen von den räumlichen und ökonomischen Zusammenhängen innerhalb Europas deutlich. Allerdings wird die Verbreitung von Raumbildern durch die Planungsbehörden auch kritisch gesehen, da diese selten auf empirischen Analysen basieren, sondern meist ökonomisch und/oder geopolitisch motiviert sind . [Henckel 2010, Wilks-Heeg 2003]

Abb. 2: Raumentwicklungsmodelle in Europa Quelle: cfg-luis.de 2010


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Abb. 3: Regionale Integration und Stadtnetzwerke Quelle: ruhrgebiet-regionalkunde.de 2010

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2.4 Raumentwicklung auf der europäischen Ebene Im Abschnitt 2.2 wurde bereits kurz auf die Anfänge der europäischen Raumentwicklungspolitik eingegangen. Um das Verständnis der Bedeutung von Metropolregionen in Europa zu erleichtern, sollen nun ergänzend einige weitere EU-Projekte und Dokumente vorgestellt werden, die sich diesem Thema widmen. Die Erkenntnis der Notwendigkeit einer überregionalen und transnationalen Raumordnung für Europa läßt sich bis in das Jahr 1964 zurückverfolgen, dem Jahr der Veröffentlichung eines Berichtes mit dem Namen: “Regionalplanung: ein europäisches Problem”. Eine Konferenz der für die Raumordnung zuständigen Minister in Europa wird als Reaktion auf diesen Bericht einberufen, die “CEMAT” war geboren. Als ein Meilenstein in der europäischen Raumentwicklungspolitik gilt das 1991 von der Europäischen Kommission herausgegebene Dokument “Europa 2000”. Zusammen mit dem darauf folgenden Bericht “Europa 2000+” aus dem Jahre 1995 gelten diese beiden Schriften als Ursprung der Bestrebungen, ein europäisches Raumentwicklungskonzept (EUREK) zu erstellen. [Henckel 2010] Als 1999 der informelle Raumordnungsministerrat das EUREK verabschiedet, wird darin analog zur deutschen Raumordnung die besondere Signifikanz der Metropolregionen für eine ausgeglichene und kohärente Entwicklung des EU-Territoriums betont. Basierend vor allem auf Erfahrungen aus der deutschen, niederländischen und französischen Raumordnungspolitik soll das EUREK Bedingungen schaffen, unter denen sich Entwicklungsmaßnahmen ergänzen und transnationale Synergieeffekte erzielt werden. Hierfür werden nationale Raumentwicklungsrichtlinien durch die EU entwickelt. So werden räumlich übergreifende Leitbilder und Ziele vorgegeben, die in allen Regionen der EU gleichzeitig verfolgt und in ihren Wechselwirkungen berücksichtigt werden sollen. Das EUREK wird mit konkreten Maßnahmen unterstützt. Neben dem wissenschaftlich beratenden Europäischen Netzwerk zur Raumbeobachtung (ESPON) ist die investitionsvorbereitende EU-Gemeinschaftsinitiative INTERREG ein sehr wichtiges Instrument zur Verwirklichung und Umsetzung einer nachhaltigen Raumentwicklungspolitik. Trotz der langen Historie und der vielen Evolutionen der europäischen Raumentwicklungspolitik gibt es zur Zeit jedoch weder auf deutscher noch auf europäischer Ebene Förderprogramme, die ausdrücklich auf Metropolen oder Metropolregionen zugeschnitten sind. Eine Aktualisierung des EUREK, das nur die damaligen 15 Mitgliederstaaten behandelte, ist bislang nicht erfolgt. [Adam 2006, Henckel 2010] Mit der Lissabon-Strategie von 2004 schuf die EU das Leitbild der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Erneuerung. Ebenso wurde die Maxime der Nachhaltigkeit für die Raumentwicklung formuliert. Erstmals wurde in dieser Schrift neben dem Ausgleich strukturschwacher Regionen die Unterstützung von Städten als Wachstumspolen in den Mittelpunkt gestellt. Ferner kommt im Rahmen der EU-Erweiterung den Stadtregionen, die aufgrund einer ausgeprägten GatewayEbene transnationale Beziehungen pflegen, eine besondere Bedeutung zu. Ziel des Programms,


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das als Bekenntnis zu einer polyzentrichen räumlichen Entwicklung eines expandierenden europäischen Wirtschaftsraumes gedeutet wird, ist die Stärkung der globalen Wettbewerbsfähigkeit europäischer Regionen. [Bege 2010] METREX (Abbildung 3) ist ein 1996 gegründetes Netzwerk europäischer Ballungs- und Großräume, dem Politiker, Beamte und deren Berater zugehören, welche sich mit Raumplanung und -entwicklung von Ballungszentren befassen. Neben seiner Funktion als Plattform für den Wissens- und Erfahrungsaustausch fördert METREX die Einflussnahme und Mitwirkung an der betreffenden Politik und gilt als Partner für europäische Institutionen, die Wissenschaft, Regierungsorganisationen und andere Netzwerke. Auch hier ist die Verbesserung der Lebensqualität innerhalb von Agglomerationsräumen ein Ziel. Migrationsfragen, Wohnungsbau, Umweltpolitik und Konzepte zur Stadtsanierung sind einige weitere. [Grasse 2005]

2.5 Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO) und IKM Abb. 4: Abgrenzung der Metropolregionen nach MKRO Quelle: BBR 2008


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Die Kernaufgabe der Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO) ist die Formulierung politischer Positionen zu grundsätzlichen raumordnerischen Fragen und das Verfassen von Beschlüssen und Empfehlungen zu wichtigen Themen. Die Besetzung der MKRO besteht aus dem für die Raumordnung zuständigen Bundesminister und den für die Landesplanung zuständigen Ministerien und Senatoren. Gestützt auf §26 Raumordnungsgesetz besteht die Aufgabe der MKRO in der gegenseitigen Unterrichtung und Abstimmung grundsätzlicher Fragen und Positionen der Raumordnung und Raumentwicklung. Hierzu gehören vor allem Leitbilder der räumlichen Entwicklung, Belange der Raumordnung in der Europäischen Gemeinschaft, Grundsatzfragen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in der Raumordnung, Fragestellungen der Abstimmung der raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen sowie Fragen über die Folgen der Verwirklichung von Erfordernissen der Raumordnung in benachbarten Ländern und im Bundesgebiet. [Ministerkonferenz für Raumordnung 2010] Mit Berlin, Frankfurt, Hamburg, München, Rhein-Ruhr und Stuttgart benannte die MKRO 1995 die ersten sechs europäischen Metropolregionen in Deutschland. Es folgte kurz darauf das Sachsendreieck, bevor mit Hannover, Nürnberg, Rhein-Neckar und Bremen im Verlauf der folgenden Dekade weitere Metropolregionen in Eigeninitiative folgten, teilweise im partnerschaftlichen Verbund mit umliegenden Großstädten. Sie sollen “als Motoren der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung [...] die Leistungs- und Konkurrenzfähigkeit Deutschlands und Europas erhalten.” [Ministerkonferenz für Raumordnung 1995] Als Ergebnis eines umfangreichen Konsensbildungsprozesses wurden am 30. Juni 2006 die neuen „Leitbilder und Handlungsstrategien für die Raumentwicklung in Deutschland“ von der MKRO anerkannt. Sie gelten als Erneuerung des seit 1993 gültigen „Raumordnungspolitischen Orientierungsrahmens“. Das erste der drei enthaltenen Leitbilder, „Wachstum und Innovation“ verfolgt die Zielsetzung, dass Regionalentwicklung vermehrt an wirtschaftlichen Kristallisationspunkten ansetzt und damit einen aktiven Beitrag leistet um das nationale Wirtschaftswachstum zu fördern. Zunehmend knappe öffentliche Mittel sollen effizienter eingesetzt werden und höhere Steuereinnahmen erzielen, so dass damit zukünftig verstärkt im Sinne der terretorialen Kohäsion (s. Abschnitt 2.2) Ausgleichspolitik betrieben werden kann. Vor allem die Weiterentwicklung der Wissensgesellschaft soll dabei helfen. Das zweite Leitbild mit dem Namen „Daseinsvorsorge sichern“ ist als Antwort der Raumordnung auf den demographischen Wandel zu betrachten und soll dazu beitragen eine angemessene und gut erreichbare Versorgung mit Dienstleistungen und Infrastruktur zu garantieren. Das dritte Leitbild, “Ressourcen bewahren, Kulturlandschaften gestalten” formuliert den Grundauftrag der Raumordnung, für eine nachhaltige Raumentwicklung zu sorgen. Vor allem die Kompetenz zur überörtlichen und überfachlichen Koordination soll gefördert werden. Mit diesen Leitbildern wird der Anspruch verfolgt, öffentlichen Planungsträgern ebenso wie privaten Investoren durch präzise Politikformulierung und räumlich konkretisierte Aussagen Perspektiven für die Entwicklung aufzuzeigen und bundespolitische Prioritäten zu verdeutlichen. Anfang 2005 sind die vier Regionen Nürnberg, Hannover-Braunschweig-Göttingen,


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das Rhein-Neckar-Dreieck und Bremen ebenfalls von der MKRO als „europäische Metropolregionen in Deutschland“ benannt worden.[Beirat für Raumordnung 2010, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung 2010] Im Jahre 2001 haben sich im Rahmen eines vom Bund geförderten Projektes die von der MKRO benannten Regionen zu einem informellen “Initiativkreis Europäische Metropolregionen in Deutschland” (IKM) zusammengeschlossen, um eine Interessenvertretung auf Bundes- und Europaebene zu schaffen. Zielsetzungen des Initiativkreises sind “die Formulierung des Selbstverständnisses und der Anforderungen der Metropolregionen in Deutschland an die Raumordnungs- und Raumentwicklungspolitik sowie an die Fachpolitiken, die Verbesserung der Wettbewerbs- und Handlungsfähigkeit der Metropolregionen auf regionaler, deutscher und europäischer Ebene” sowie die “Weiterentwicklung und Umsetzung des Konzepts eines leistungsfähigen metropolitanen Netzes in Deutschland“. [IKM 2011, Adam 2006]

2.6 Regional Governance Einen besonderen Stellenwert in den aktuellen Veröffentlichungen rund um das Thema “(Metropol)regionen” hat der Begriff Regional Governance. Damit sind im weitesten Sinne komplexe Steuerungsstrukturen der Regionen gemeint, wobei es auch hier eine gewisse Definitionsvielfalt besteht. Der Begriff Regional Governance wird entweder normativ oder empirisch-analytisch gebraucht. [Adamaschek 2003, Fürst 2006] Als Analysebegriff verwendet (also zur Erfassung der Realität), beschreibt Regional Governance spezifische Kooperations- und Steuerungsstrukturen der Regionen. Entscheidend sind in diesem Zusammenhang der Netzwerkcharakter solcher Struktur, die Bedeutung regionalpolitischer Schlüsselakteure und die Kombination verschiedener Steuerungsformen und -instrumente. [Adamaschek 2003] Bei einem normativen Gebrauch (“Good Governance”), trifft der Begriff Aussagen über den institutionellen Rahmen der regionalen Streuerungstruktur. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf den geeigneten Verfahren, Formen und Instrumenten der Regionalentwicklung. [Adamaschek 2003] Speziell im bundesweiten raumwissenschaftlichen Diskurs besteht Einigkeit darüber, mit Regional Governance die regionalen Prozesse der Selbststeuerung mit Netzwerkcharakter zu beschreiben wenn diese primär die regionale wirtschaftliche Entwicklung fördern und verschiedene Akteure aus der Wirtschaft, Politik, Verwaltung und/oder Zivilgesellschaft einbeziehen. Auf die wachsende Bedeutung von Regional Governance im Zusammenhang mit der Krise der kommunalen Haushalte und den Herausforderungen der Globalisierung wird immer wieder hingewiesen. In den Abschnitten 3 und 4 wird unter anderem erläutert, inwiefern solche Prozesse bereits zu der Praxis in den jeweiligen Metropolregionen gehören. [Fürst 2006]


3 Metropolregionen in Deutschland

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3 Metropolregionen in Deutschland Wie im Abschnitt 2.5 bereits geschildert, ist die Entwicklung der Metropolregion in Deutschland vorallem von der Ministerkonferenz für Raumordnung geprägt. Für die Vernetzung zwischen den Metropolregionen ist seit 2001 der Initiativkreis Europäische Metropolregionen in Deutschland (IKM) zuständig. Nun sollen beispielhaft zwei deutsche Metropolregion vorgestellt werden.

3.1 Hannover/Braunschweig/Goettingen/Wolfsburg Nach Gründung der Region Hannover im Jahr 2001 wurde vier Jahre später die Metropolregion Hannover-Braunschweig-Göttingen von der MKRO anerkannt. Aufgrund der vorbereiteten Strukturen und des bestehenden Budgets durch die vormalige Region Hannover wurde die Implementierung der Metropolregion erleichtert. Als eine der Stärken der Region identifiziert, wurde die Mobilitätswirtschaft das erste Leitprojekt der Metropolregion. Erste Schritte der Föderung dieses Clusters beinhalteten die Bestimmung von Schwerpunktfeldern und die Erarbeitung einer Kommunikationsplattform. Insgesamt stellt die Bündelung von Innovationspotenzialen vor allem aufgrund des hohen Anteils an Forschung und Entwicklung eine der großen Stärken der Region dar. Durch die weltweit agierenden Unternehmen Volkswagen und Siemens sowie bedeutende Universitäten und Forschungseinrichtungen (ca.95000 Studienplätze an 16 Universitäten) wird die dafür benötigte Infrastruktur bereit gestellt. Auch die innere Profilierung wurde mit Projekten wie dem Metropolticket und einer Radverkehrsstrategie angegangen. Räumlich betrachtet ist Hannover-Braunschweig-Göttingen durch sehr große ländliche Gebiete und weit auseinander liegende Kernstädte geprägt. Im Sommer 2009 wurde die Metropolregion erweitert, die Gründung der Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg wurde beschlossen. Es entstand eine GmbH, in der nun auch Unternehmen, wirtschaftsnahe Verbände und das Land Niedersachsen Verantwortung als Gesellschafter übernehmen. Das Organigramm der Metropolregion GmbH zeigt 17 Aufsichtsräte, 20 Abgeordnete in einem Beirat, 15 Personen in den Vorständen der drei Gesellschaftervereine und 42 Mitglieder der Gesellschafterversammlung. Mit nun rund 4 Mio. Einwohnern und einer Fläche von fast 19.000 km² umfasst die Metropolregion etwa die Hälfte Niedersachsens. Der eigene Internetauftritt bezeichnet die Metropolregion als “Low-Budget-Projekt”, da man bislang nicht wie ein Nachbar aus dem Norden über einen vom Staat gefüllten Fördertopf, oder wie eine Musterregion im Süden von einem ausgeprägten privaten Mäzenatentum profitiere. Gemeinsam mit der Botschaft der Republik Frankreich wurde die “Antenne Métropole” gegründet, eine Einrichtung welche die deutsch-französische Zusammenarbeit insbesondere im Kulturbereich und der Wissenschaft fördern soll. Die Metropolregion wird damit als ein Instrument zur


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Steigerung der Internationalität genutzt. Auch durch die Förderung der Kreativwirtschaft soll die Region vor allem in Bezug auf junge Studierende und ausländische Fachkräfte eine Attraktivitätssteigerung erfahren. Weiterhin ist jedoch die Mobilitätswirtschaft der Hauptpunkt der Profilierung als Kompetenzregion, nun mit besonderem Fokus auf die E-Mobilität. [Becker 2006, IKM 2010, Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg 2010] Die junge Metropolregion zeichnet sich durch die Gründung einer GmbH mit einem umfassenden Feld an Gesellschaftern ebenso wie durch interessante Projekte mit Augenmerk auf regionale, nationale aber auch transnationale Zielsetzungen aus. Die Region stellt ein beachtenswertes Experimentierfeld dar: da die Kernkompetenz in der Wissenschaft und Forschung liegt kann hier mustergültig verfolgt wie die von Blotevogel u.a. geforderten Innovationen der Wissensgesellschaft mit neuesten Instrumenten geschaffen werden.

3.2 Europäische Metropolregion Stuttgart

Abb. 5: Verband Region Stuttgart Quelle: wikimedia.org 2010

Abb. 6: Kooperationsraum Metropolregion Stuttgart Quelle: wikimedia.org 2010

Die Europäische Metropolregion Stuttgart wurde bereits 1995 von der MKRO als solche ausgewiesen und darf nicht mit der Region Stuttgart gleichgesetzt werden. Der Verband Region Stuttgart umfasst neben der Landeshauptstadt von Baden-Württemberg die Kreise Böblingen, Esslingen, Göppingen, Ludwigsburg und Rems-Murr-Kreis, verfügt über eine direkt gewählte Regionalversammlung und übernimmt die gesetzliche Regionalplanung, Landschaftsrahmenplanung, Regionalverkehrsplanung, die regionale Wirtschaftsförderung, den ÖPNV und zum Teil


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sogar die Abfallentsorgung und das regionale Tourismusmarketing. Die Metropolregion Stuttgart umfasst weitere Gebiete, wobei die genauere Abgrenzung sich sehr differenziert gestaltet. [Bege 2010] Der Landesentwicklungsplan 2002 Baden-Würtemberg sieht zusätzlich Heilbronn, Reutlingen/ Tübingen und deren Umland als Bestandteile der Europäischen Metropoleregion Stuttgart. Die Definition “Kooperationsraum Metropolregion Stuttgart” schließt zudem die Regionen HeilbronnFranken, Nordschwarzwald, Ostwürttemberg und Neckar-Alb mit ein. [Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg 2002, Verband Region Stuttgart 2010] Auf 15 428 km² leben in der Europäischen Metropolregion Stuttgart ca. 5,1 Millionen Menschen. Nach München und Hamburg ist Stuttgart die Metropolregion mit dem drittgrößten Bevölkerungswachstum in der Bundesrepublik. Dies ist einer hohen Zuwanderungsrate aus dem Inland und vor allem aus dem Ausland zu verdanken. In Stuttgart ist zudem mit 4,2% die niedrigste Arbeitslosenquote im Vergleich mit anderen deutschen Metropolregionen zu verzeichnen, was vor allem auf den stark ausgeprägten Industriesektor zurückzuführen ist. In diesem Sektor sind auch die meisten Arbeitsmigranten beschäftigt, die Industriearbeitsplätze sind allerdings besonders von den Rationalisierungsmaßnahmen gefährdet und der Dienstleistungssektor bietet noch keine ausreichende Beschäftigungsmöglichkeiten für gering qualifizierte Arbeitnehmer. Neben der ausgeprägten Automobil- Elektrotechnik und Maschienenbauindustrie sind in der Metropolregion zahlreiche Bildungseinrichtungen und Wissenschaftsbetriebe angesiedelt. Die Traditionsuniversität Tübingen, das Stuttgart Institute of Management and Technology (SIMT), 16 Akademien und Fachhochschulen und acht Frauenhofer- bzw. Max-Planck-Institute sind in diesem Zusammenhang zu erwähnen. Dieser Standortvorteil wird auch zunehmend für das Marketing der Region genutzt. [Bege 2010, Stuttgart-Marketing 2010] Die Metropolregion betreibt ein eigenes Büro in Brüssel und leistet mit ihm Informations- und Lobbyarbeit auf der europäischen Ebene. Die Arbeit der Metropolregion ist hauptsächlich in vier thematischen Arbeitsgruppen organisiert: Wirtschaft und Innovation, Bildung und Wissenschaft, Verkehr und Neckar sowie Tourismus Projekte. [BMVBS 2007] Der Verband Region Stuttgart stellt nicht nur nach Fläche, sondern auch nach Bevölkerungsanzahl und Wirtschaftkraft den bedeutendsten Anteil der Europäischen Metropolregion dar. Der Verband fungiert zugleich als Geschäftsführer der Metropolregion Stuttgart und als Sprecher der Metropolregionen auf Bundesebene. Gemeinsam mit den vier umliegenden Regionalverbänden wurde ein gemeinsames Regionalentwicklungskonzept für die gesamte Metropolregion entwickelt. Neben dem mittlerweile in der Öffentlichkeit sehr bekanntem Projekt Stuttgart 21 zählt zu den weiteren Aktivitäten der Metropolregion beispielsweise das Projekt MOBILIST, bei dem die Optimierung der Verkehrssysteme und die Stärkung der Naherholung im Vordergrund stehen, als auch das Projekt BioRegio STERN, ein Programm zur Wirtschaftsförderung im Bereich der Biotechnologie. [Becker 2006, BMVBS 2007]


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Zwar lässt sich behaupten, dass die Metropolregion Stuttgart eines der erfolgreichsten Modelle (im Sinne von Good Governance) der regionalen Kooperation in Deutschland ist, allerdings muss dabei auch zwingend erwähnt werden, dass dies eher auf die besondere Struktur (Verband, Regionalversammlung, eigenes regionales Budget), als auf die Ausweisung seitens der Ministerkonferenz zurückzuführen ist. Ob sich durch die Benennung der Europäischen Metropolregion weitere Vorteile ergeben haben bleibt fraglich und abzuwarten.


4 Metropolregionen in Europa

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4 Metropolregionen in Europa Wie im Abschnitt 3 zu sehen ist, können erhebliche Unterschiede zwischen den deutschen Metropolregionen bestehen, bezogen auf ihre Organisationsstruktur und die Umsetzung der regionplanerischen Entwicklungsziele. Es liegt nahe, dass die Diskrepanzen noch höher sind, wenn bei der Analyse das europäische Ausland mitberücksichtigt wird. Um diesen Umstand zu verdeutlichen werden nun die Regionen Greater London Authority und Metropolitanraum Zürich untersucht.

4.1 London Greater Authority

Abb.7: London Greater Authority Quelle: london.gov.uk 2010

London ist vor allem aufgrund der starken Ausprägung des Finanz- und Investmentsektors sowie der wissensintensiven unternehmensnahen Dienstleistungen wirtschaftlich als ein „Global Player“ zu betrachten. Die gesamtwirtschaftliche Leistung der Stadt London belief sich im Jahr 2007 auf 251 Mrd. Pfund. Die Wirtschaftsleistung ist damit um mehr als 300% größer als die Berlins und übersteigt jene ganz Österreichs. Die Beschäftigten- und Bevölkerungsstruktur der Stadt


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ist heute durch die guten Arbeitsmöglichkeiten geprägt die vor allem auf junge, gut ausgebildete Arbeitnehmer/-innen überregional Anziehungskraft ausüben. Der großen Zahl junger, gut verdienender Bewohner steht eine hohe Zahl Arbeitsloser gegenüber, die im Jahr 2003 bei 16 Prozent lag. Die soziale Segregation ist besonders stark ausgeprägt, da die einkommensstärksten 20 Prozent der Bewohner sieben Mal soviel verdienen wie die einkommensschwächsten 20 Prozent. Neben der Bedeutung Londons als Wirtschafts- und Finanzstandort stieg auch die Relevanz als Kultur- und Kreativstätte sowie als Reiseziel weiter an. Der Dienstleistungssektor erwirtschaftet 85 Prozent der Bruttowertschöpfung Londons, mehr als 90 Prozent aller Beschäftigten arbeiten in diesem Sektor. Rund die Hälfte der 4,68 Mio. Beschäftigten Londons sind in Bereichen tätig, die zum Gesundheits- und Sozialwesen, dem Bereich Erziehung und Unterricht, dem Handel oder dem Kultur- und Tourismusbereich zählen. [Greater london Authority 2005, Gesellschaft für Arbeit 2009] Obwohl London im Städteranking Europas eine führende Rolle einnimmt, wurde eine Institution für die Regionalplanung in der Politik lange vermisst. Bis zum Jahrtausendwechsel verstand man

Abb.8: Londons Subregionen im Kontext Quelle: london.gov.uk 2010


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unter dem Begriff “Region London” schlicht das Areal, das innerhalb des Pendlereinzugsgebietes lag. Im Jahr 2000 wies dieser ca. 100 km große Radius eine Bevölkerungszahl von 18,1 Mio. Menschen auf. Die Regierenden des Kerns der Metropole, der auch als Greater London bekannt ist und zu der Zeit rund 7,4 Millionen Menschen beheimatete, konnten lange Zeit keine durchgängigen politischen Zielsetzungen benennen. Die regionale Politik konnte nicht überzeugen, und nach Dekaden chaotisch anmutender Strukturen wurde klar, dass eine Reform unabdingbar war. Basierend auf dem Greater London Authority Act von 1999 nahm die nationale Regierung im Jahre 2000 die dominante Rolle in der Regionalplanung ein und gründete die Greater London Authority (GLA). Das außerordentlich komplexe Prozedere der Reorganisation der Zuständigkeiten beschäftigte viele Verwaltungsjuristen und wurde in einem über 200 Seiten langen Gesetzestext fixiert. Somit liegt die politische Kontrolle über die Regionalplanung nun auf der nationalen Ebene. Die GLA ist damit ein Unikat, da sie die einzige gewählte Instanz auf regionaler Ebene Englands ist. Eine Belegschaft von 600 Mitarbeitern verwaltet für die GLA, der ein Bürgermeister mit Verwaltungsbehörde vorsteht, ein Budget von ca. 150 Mio. Euro. [Salet 2003, Gesellschaft für Arbeit 2009, Greater London Authority 2010] Die Wirtschaftspolitik Londons fokussierte in den letzten Jahren vornehmlich eine räumliche Ansiedlungsstrategie. Unternehmenszuwächse wurden geografisch günstig in den sechs Wirtschaftsarealen, in die London unterschieden wird, angesiedelt. Damit wird dem zunehmenden Platzmangel entgegengewirkt, ebenso werden Beschäftigungsimpulse in Regionen gegeben, in denen aufgrund des Fortfalls industrieller Beschäftigungssektoren eine hohe Arbeitslosigkeit herrscht. [Greater london Authority 2005, Gesellschaft für Arbeit 2009] Der Bürgermeister ist der wichtigste politische Akteur im System der Greater London Authority. Er entwickelt Leitbilder sowie Entwicklungsstrategien und -Maßnahmen um die Vision umzusetzen. Ausserdem bestellt er den Haushalt der Metropolregion und bewilligt Budgets für einzelne Projekte die der Realisierung des Leitbildes dienen sollen. Der Bürgermeister wird alle vier Jahre direkt vom Volk gewählt. Das Leitbild des Bürgermeisters Boris Johnson, der seit 2008 im Amt ist, heisst “Making London the best big city in the world”. [Greater London Authority 2011] Dabei wird die Verbesserung der Sicherheit ebenso wie die Begrünung der Stadt als Priorität ausgelobt. Als Gastgeber der Olympischen Spiele 2012 wird London auch die Verbesserung der gesamten Verkehrssituation in den Fokus nehmen. Generell wird die Verbesserung der ökonomischen, sozialen und ökologischen Situation als Verantwortung bezeichnet. Die 25 Versammlungsmitglieder überprüfen in Ihrer Rolle als Kontrollgremium die Entscheidungen und Handlungen des Bürgermeisters, der im Vereinten Königreich als der mächtigste direkt gewählte Politiker gilt. Dementsprechend ist auch die Legislative mit viel Macht versehen. Die Londoner Versammlung tritt auch als Vertreter der Bewohner Londons auf. Die Versammlungsmitglieder werden gleichzeitig mit dem Bürgermeister gewählt. Der Bürgermeister ist verpflichtet, die Versammlung über sein Handeln zu informieren. Sollten zwei Drittel der Mitglieder einen entsprechenden Beschluss fassen, können diese die Haushaltsplanungen des Bürgermeisters ab-


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ändern. Anmerkungen der Versammlung über spezielle Vorhaben muß der Bürgermeister kommentieren, bevor er diese der Öffentlichkeit abschliessend präsentieren darf. Ausserdem leitet die Versammlung Fragen aus der Bevölkerung oder aus den Wahlkreisen an den Bürgermeister weiter. Die Tagungen der Versammlung sind generell öffentlich um eine größtmögliche Transparenz zu schaffen. Diese Transparenz wird u.a. durch den Internetauftritt der Greater London Authority fortgeführt. Hier kann jeder Internetnutzer zum Beispiel sämtliche Versammlungssitzungen ansehen, aber auch recherchieren welche Fragen der Bürgermeister mit welchen Antworten versehen hat, oder die Höhe der Bezüge und sogar die Spesenkonten der Versammlungsmitglieder betrachten. Während der Bürgermeister und die Londoner Versammlung von der Bevölkerung gewählt werden, sind die Mitarbeiter der GLA, das sogenannte Executive Team, ein ständiges, unabhängiges Organ, das Kontinuität in die fortwährende Konzeption der Entwicklungsstrategien bringen soll. Der Vorsitzende der GLA ist verantwortlich dafür, dass der Bürgermeister und die Londoner Versammlung mit den nötigen Kenntnissen und Hilfestellungen versorgt werden die benötigt sind um ihre Funktionen auszuüben. Ebenso ist er für das strategische Management zuständig. [Greater London Authority 2010] Der nach umfangreicher Bestandsanalyse erstellte London Plan aus dem Jahr 2004 zeugt von dem Selbstverständnis einer wirtschaftlich dynamischen und wachsenden Stadtregion. Fragen der gesamtstädtischen Lebensqualität nehmen hierbei eine zentrale Rolle in dem London Plan ein. Die Perspektive des London Plan ist im Vergleich mit anderen Metropolregionen sehr stark nach innen gerichtet, was vor dem Hintergrund einer monozentrischen Struktur in einem zentralistischen Staatssystem verständlich sein mag, vor allem da Londons Bemühungen um eine moderne Regionalentwicklungspolitik in dieser Form recht neu sind.

4.2 Metropolitanraum Zürich Wie auch bei den Beispielen zuvor, besteht für die Metropolregion Zürich eine Vielzahl von Definitionen und Abgrenzungsmöglichkeiten. Am meisten verbreitet ist die Definition des Bundesamts für Statistik. Der Metropolitanraum Zürich ist demnach eine von fünf klar abgegrenzten statistischen Raumeinheiten der Schweiz, die aus den Kantonen Zürich, Aargau, Schaffshausen, Schwyz, St. Gallen, Thurgau und Zug besteht. Der am 3. Juli 2009 gegründete Verein Metropolitanraum Zürich zählt zusätzlich den Kanton Luzern zu dem Metropolitanraum. Der Raumordnungsbericht des Züricher Regierungsrats aus dem Juli 2006 sieht dagegen alle Gebiete (auch einige Gemeinden der Bundesrepublik Deutschland), die innerhalb einer Stunde vom Züricher Hauptbahnhof, bzw. Flughafen aus mit dem Auto zu erreichen sind, als Teil der “europäischen Metropolregion Zürich” (EMRZ). Im räumlichen Verständnis handelt es sich bei der EMRZ um eine polyzentrische Metropolregion. [Metropolitankonferenz Zürich 2008, Aaring 2008, NZZ 2006]


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Abb. 9: Metropolitanraum Zürich Quelle: www.metropolitanraum-zuerich.ch 2010

In dem Metropolitanraum Zürich leben ca. 1,9 Millionen Menschen, rund 60% von ihnen in der Kernagglomeration Zürich. In dem Zeitraum 1995-2005 nahm hier die Einwohnerzahl um 8%, die Anzahl der Arbeitsplätze um 2,8%, und das BIP um 20% zu, was jeweils über dem Wert der gesamten Schweiz liegt. Von der größten ökonomischen Bedeutung sind in der Region Bankund Versicherungswesen, unternehmensorientierte Dienstleitungsbetriebe und Verkehrsindustrie. Außerdem spielen Information und Kommunikation, persönliche Dienste, Exportindustrie, soziale und administrative Dienste und das Baugewerbe eine große Rolle im Branchenmix des Metropolitanraums. [Metropolitankonferenz Zürich 2008] Die größten regionalplanerischen Herausforderungen des Metropolitanraums Zürich sowie der übrigen Schweiz sind die funktionale Trennung von Arbeitsplatz und Wohnort und die zunehmende räumliche Segregation. Die negativen Folgen sind die enorme Umweltbelastung durch wachsende Pendlerströme und Kürzungen der öffentlichen Ausgaben aufgrund der sinkenden kommunalen Einnahmen. Zwar sind diese Probleme auch aus anderen Metropolen der Welt bekannt, jedoch verlaufen diese Prozesse in der Schweiz besonders rasant, begünstigt durch das dezentralisierte Steuersystem. Die Gemeinden und Kantone sind vor allem auf die Einkommenssteuer angewiesen und befinden sich in einem Steuerwettbewerb. Die einkommensstarken Einwohnergruppen wandern in die Peripherie ab, die einkommensschwachen bleiben in den Kernstädten zurück. Als Folge müssen die Steuern erhöht und/oder die Ausgaben für die öffentliche Dienste ausgerechnet dort reduziert werden, wo der größte Bedarf nach Sozialleistungen und öffentlicher Infrastruktur besteht. [OECD 2002]


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Abb.10: Zersiedelung von Zürich Quelle: photobucket.com 2010

Die Raumordnung in der Schweiz ist traditionell eine Aufgabe der Gemeinden. Die Metropolitanräume existieren zwar als eine statistische Einheit, die kooperativen Instrumente, die zur Lösung der Probleme auf der regionalen Ebene beitragen könnten, fehlen allerdings oder sind nur sehr schwach ausgebildet. Beispielsweise umfasst das Handlungsgebiet des seit 1958 bestehenden Vereins “Regionalplanung Zürich und Umgebung” nicht einmal die gesamte Fläche des Kantons Zürich. [Thierstein 2003, RZU 2010] Seit einiger Zeit wird in der Fachpresse auf die Notwendigkeit hingewiesen auch in der Schweiz Strukturen aufzubauen, die es erlauben würden auf der Ebene der Metropolregionen Analyse zu betreiben und zu handeln. Der kleinräumige Föderalismus, Souverenität und Wettbewerb der Gemeinden sind aber in dem Schweizer Politikverständnis fest verankert. Die Gründung des Vereins Metropolitanraum Zürich scheint ein wichtiger Schritt im Aufbau von Regional Governances in Zürich zu sein. Obwohl es sich hierbei um einen weitgehend privaten Verein ohne demokratische Legitimierung handelt, können und werden mit seiner Hilfe Projekte auf einer großräumigen Ebene angestoßen. Schwerpunkte liegen dabei in den Bereichen Wirtschaft, Verkehr, Gesellschaft und Lebensraum. Da es sich allerdings um eine extrem neue Entwicklung handelt, lassen sich positive sowie negative Auswirkungen der Arbeit des Vereins noch nicht bewerten. [Metropolitanraum Zürich 2010]


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5 Fazit und Ausblick Der Begriff “Metropolregion” ist in Europa derzeit außergewöhnlich weit verbreitet und bei vielen Akteuren unterschiedlicher Berufsfelder beliebt. Zu diesem Phänomen ließen sich im Laufe der Untersuchung drei Hauptursachen identifizieren. Zum einen verlangt der internationale Wettbewerbsdruck nach neuen gesamtregionalen Lösungen außerhalb der klassischen administrativen Lenkungstrukturen. Solche Lösungen werden von der politischen und wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den Metropolregionen erhofft (s. Abschnitte 1 und 2). Desweiteren forciert die Europäische Union seit mehreren Jahrzehnten und verstärkt in der neuesten Zeit die Raumentwicklung auf der Ebene der Metropolregionen. Zu diesem Zweck wurden zahlreiche Publikationen erarbeitet, Projekte durchgeführt und neue Organe geschaffen (s. Abschnitte 2.2-2.5). Und schließlich scheinen die Begriffe “Metropole” und “Metropolregion” tendenziell positiv belegt zu sein, sodass sie sich hervorragend für das Produkt- und Standortmarketing eignen (und genutzt werden), vor allem aber um politische Botschaften und abstrakte Konzepte zu transportieren. All dies führt dazu, dass die Verwendung des Begriffs “Metropolregion” eine Art Eigendynamik entwickelt. Die stärkere Orientierung der europäischen Raumordnungspolitik auf die regionalen Ebene ist nicht unbegründet. Die Erkenntnisse über die funktionalen Zusammenhänge innerhalb von Agglomerationen sind in der Raumforschung seit längerem bekannt. Allerdings bringt solche räumliche Betrachtungsweise auch einige Probleme mit sich. Beispielsweise lassen sich funktional und nicht administrativ zusammenhängende Einheiten nur schwierig politisch lenken. Die zuständigen Organisationen stoßen bereits bei der Abgrenzung der Metropolregionen auf erhebliche Schwierigkeiten, besonders bei der Zordnung von periphären Teilräumen. Der Mangel an vergleichbaren statistischen, auf die Metropolregionen zugeschnittenen Daten wird sowohl seitens der Politik, als auch seitens der Raumforschung immer wieder kritisiert (s. Abschnitt 2). Die Erhebung solcher Daten könnte in der Zukunft ein wichtiger Beitrag für die Raumordnung werden. Die Abschnitte 3 und 4 dieser Arbeit stellen insgesamt vier Metropolregionen Europas vor. Es fällt zunächst auf, dass alle gewählte Regionen erhebliche Unterschiede aufweisen. Dies betrifft vor allem ihre Organisationsstrukturen, was allerdings auf die kaum vergleichbaren Rahmenbedinungen zurückgeführt werden könnte. So spielt Stuttgart beim Ausbau von Regional Governance eindeutig eine Vorreiterrolle, allerdings ist hierfür weniger die Ausweisung als Europäische Metropolregion von Bedeutung. Vielmehr trug die Arbeit des Verbands Region Stuttgart zu diesem Erfolg bei (s. Abschnitt 3.2). Die Erfahrungen des Verbands lassen sich in der Zukunft als eine solide Referenz für andere Metropolregionen nutzen, wobei zu beachten gilt, dass vieles nur bedingt übertragbar ist. Als das größte Potenzial der deutschen Metropolregionen ließ sich vor allem eine starke Vernet-


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zung der Akteure identifizieren. Außerdem ist das deutsche System der Metropolregionen traditionell polyzentrisch organisiert, was je nach Betrachtungsweise unterschiedlich bewertet werden kann. Im Hinblick auf das Ziel der Europäischen Union Disparitäten zwischen den Regionen abzubauen, mag es von Vorteil sein. Im internationalen Vergleich der Funktionskonzentration und der Größe kann allerdings keine der deutschen Regionen mit monozentrischen Agglomerationen wie Paris oder London mithalten. Dies ist als ein Nachteil, bezogen auf die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit, zu bewerten. Aus der Perspektive des föderalistisch geprägten Deutschlands sind die Organisationsstrukturen von Greater London Authority (s. Abschnitt 4.2) besonders außergewöhnlich. Die junge und schlanke Metropolenverwaltung Londons ermöglicht strategische Planung in nahezu allen Politikbereichen. Die Fokussierung der europäischen Raumordnugspolitik auf die Entwicklung von Metropolregionen stößt allerdings auch auf Kritik. Seit der Veröffentlichung der Lissabon-Strategie ist hier eine Prioritätsverschiebung zu beobachten: weg von dem ursprünglichen Ziel der territorialen Kohäsion, hin zu Wachstum und Beschäftigung durch Hochtechnologie und Forschung (s. Abschnitte 2.2-2.4). Vor dem Hintergrund des globalen Wettbewerbs erscheint diese Neuorientierung verständlich. Die Frage nach der Rolle von beispielsweise wenig qualifizierten Arbeitskäften in einer rein technologieorientierten Wissensgesellschaft ist bisher allerdings unbeantwortet geblieben. Es bleibt zu hoffen, dass auch die soziale Dimension der nachhaltigen Entwicklung ausreichend berücksichtigt wird.


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