MFG URBAN
WOLFI UND DIE
Schokoladenfabrik Als ich um 8:30 Uhr auf das Gelände der Firma Styx in Obergrafendorf komme, sehe ich einige neue Hallen und denke mir, „ziemlich gewachsen seit meinem letzten Besuch“. Wolfgang Stix erwartet mich bereits im neuen Bistro, wo er gerade an der Kaffeemaschine herumhantiert, um uns Kaffee zuzubereiten. Seit 8 Uhr ist er – wie jeden Tag – am Gelände, nachdem er sein morgendliches halbstündiges Ergometer- und Hanteltraining absolviert hat.
Styx Naturcosmetics ist heute eine weltweite Marke. Wieso haben Sie sich für eine Karriere im Bereich Kosmetik entschieden und nicht für die üblichen Männer-Berufe wie Mechaniker, Schlosser oder, aktuell auch ziemlich bekannt, Werkzeugmacher?
Das ist einfach erklärt: Natur und Kräuter interessieren mich seit meiner Kindheit, mein Urgroßvater war ein anerkannter Heilkräuterspezialist im Waldviertel, und mein Vater begann sich bereits 1965 mit den alten Rezepturen meines Urgroßvaters zu beschäftigen. Dieser familieneigene Virus hat auch mich infiziert. Bereits als Kind habe ich mit Düften zu experimentieren begonnen, womit meine Mutter keine allzu große Freude hatte, weil ich aus ihren und den Parfüms meines Vaters meine eigenen Kreationen gemacht habe! (lacht) Während meiner Schulzeit im Gymnasium haben mich dann besonders Chemie und Physik begeistert. Andere Gegenstände, wie zum Beispiel Deutsch und Geschichte, eher nicht. Ich habe die Schule schließlich sein lassen und habe eine Ausbildung zum Drogisten gemacht. Als eingefleischter St. Pöltner wahrscheinlich bei der damals bekannten Innenstadtdrogerie Vieröckl?
Nein, ich war ja ein Exil-St. Pöltner und habe bis zu meinem 19. Lebensjahr die meiste Zeit in Wien verbracht. 1977/78 bin ich dann nach St. Pölten umgezogen. Dort habe ich das Verkaufshandwerk von der Pieke auf 24
gelernt und war nach verschiedenen anderen Stationen zwei Jahre lang als Kosmetikaußendienstmitarbeiter für die Firma Wella tätig. Danach begann ich gemeinsam mit meinem Vater das Elternhaus in der Mariazellerstraße umzubauen. Da wir damals nur sehr geringes Kapital hatten, machten wir fast alles selber. Nach erfolgtem Umbau haben wir die anstehenden Aufgaben aufgeteilt, er war für die Produktion zuständig und ich bin in ganz Österreich verkaufen gefahren. Ich konnte dabei bald Erfolge erzielen, und so entwickelte sich aus dieser Basis die Firma Styx. So einfach wie es jetzt klingt war es aber wahrscheinlich nicht, oder?
Ja stimmt, es war sogar sehr schwierig, da die Menschen damals ein sehr ausgeprägtes Markendenken hatten! Aber ist das nicht heute noch viel ausgeprägter als damals? Sogar Schulkinder werden ja bereits auf Markenbewusstsein getrimmt.
Der Unterschied ist, dass wir heute eher ein Luxusmarkendenken haben. Damals gab es aber ein viel stärker ausgeprägtes „Consumermarkendenken“. Man war etwa der landläufigen Meinung, Kosmetik muss jahrelang eingeführt sein und einen klingenden Namen haben, wie zum Beispiel Nivea. Das war für uns natürlich ein sehr großes Hindernis beim Verkauf. Einschneidender in dieser Zeitwar für mich jedoch, dass mein Vater leider Gottes 1984 innerhalb von nur sechs
Monaten verstorben ist und ich auf einmal ganz alleine mit der Firma dagestanden bin. Wie alt waren Sie damals, und hatte das einschneidende Folgen?
Ich war 25 Jahre alt. Wirklich einschneidend war der Termin mit einem Mitarbeiter der kreditgebenden Bank. Wir hatten damals „sagenhafte“ 300.000 Schilling Schulden, und ich wollte diesen Kredit auf mich umschulden lassen. Beim nächsten Treffen fragte mich der Banker, wie ich denn glaubte, gegen diverse internationale Marken antreten zu können. Meine Antworten dürften ihn wohl nicht überzeugt haben, denn nach diesem Gespräch wurde mir mehr oder weniger mein Kredit fällig gestellt – auf einmal stand ich ohne Bankkarten und nur mit 20 Schilling im Hosensack wieder draußen vor der Tür! Ich war dann gezwungen, selbst Geld aufzustellen – aber das sind halt Dinge, die dich absolut prägen. Glauben Sie, der Bankbeamte wollte Sie aufgrund Ihres Alters vor einem möglichen Misserfolg bewahren?
(lacht) Nein, der wollte mich vor meinem Erfolg bewahren! Aber mit dieser Aktion hätte der Bankbeamte damals fast die gesamte nachfolgende positive Entwicklung verändert bzw. verhindert! Da sieht man leider, dass man – selbst wenn man erfolgreich sein möchte und bereit ist viel dafür zu hakeln – nicht immer den Sup-