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ENDE DER ODYSSEE 2001
St. Pölten hat sich verändert. Zum Positiven! Ich kann mich noch gut erinnern, als ich im Vorfeld der Volkszählung 2001 als „Callboy“ Zweitwohnsitzer anrief, ob sie nicht quasi doch auf Hauptwohnsitz upgraden möchten. Geholfen hat es wenig (was hoffentlich nicht an meinen Keilerkünsten lag) – die Stadt fiel damals unter die ominöse 50.000-Einwohner-Marke, was mit einem Verlust sogenannter Ertragsanteile einherging. Anders ausgedrückt: St. Pölten erhielt weniger Geld vom Bund. Die Gesichter waren lang, die Stimmung depressiv, wieder einmal hatte sich das Image vom Provinznest bestätigt, wo es niemanden hinzieht, ja die Leute sogar das Weite suchen. Mitte Februar dieses Jahres machte dann eine vermeintliche Frohbotschaft die Runde: St. Pölten war im Vorjahr mit einem Bevölkerungsplus von 2,1% die am stärksten wachsende Statutarstadt Österreichs. Knallten darob aber die Sektkorken, klopfte man sich anerkennend auf die Schulter, fiel man sich wie weiland Edi Finger, Kollege Riepl und DI Posch um den Hals und busselte sich ab? Mitnichten. Stattdessen berief die ÖVP eilig eine „Hauptstadtkonferenz“ ein, um über „Wachstumsschmerzen“ zu philosophieren, und der Medienservice der Stadt, sonst nicht unbedingt ein Kind von Mitteilungstraurigkeit, verschwieg überhaupt die Nachricht und schickte stattdessen am selben Tag die packende Aussendung „Meisterkonzerte starten mit Jazz und Tanz in das Frühjahr“ aus. Was war da los? Warum die noble Zurückhaltung bis Distanzierung? Wollte man die Details nicht breitreten? So weist St. Pölten nach wie vor eine negative Geburtenbilanz auf, das heißt es sterben hier mehr Personen als geboren werden. Der Wanderungssaldo dahingegen ist positiv, es ziehen also mehr Menschen zu als wegziehen, und zwar sowohl aus Österreich als auch – in noch höherem Maße – aus dem Ausland. Und natürlich geht Wachstum mit Herausforderungen in Bereichen wie Verkehr, Wohnbau, Bildung, Integration etc. einher. ABER: Diese sind durch umsichtige Stadtplanung allemal in den Griff zu bekom-
men. Wir reden bitteschön noch immer von St. Pölten, einer überschaubaren Kleinstadt mit knapp 60.000 Einwohnern, nicht von Linz oder Graz, geschweige denn Wien – und die bringens auch auf die Reihe.
Viel spannender ist doch die Frage, WARUM St. Pölten wächst? Die Antwort ist absolut positiv: Weil es schlichtweg an Ausstattungsqualität und Anziehungskraft gewonnen hat. Und zwar nicht nur für Menschen, die hier leben möchten, sondern auch für Betriebe, die ihrerseits das Gesamtpotenzial heben. Jüngstes Beispiel ist die Entscheidung des Vorarlberger Industrie-Konzerns Blum, in St. Pölten ein neues Werk zu errichten. In Wahrheit eine Sensation, an der nicht zuletzt auch das Land Niederösterreich gehörig Anteil hatte, wie überhaupt das Bekenntnis des Landes zu seiner Landeshauptstadt einen der Erfolgsfaktoren der letzten Jahre darstellt. 2001 konnte man davon nur träumen. Am öffentlichkeitswirksamsten manifestierte sich das neue Miteinander in der gemeinsamen Bewerbung zur Europäischen Kulturhauptstadt 2017 – ja, so lange ist das schon wieder her – die zwar bekanntermaßen scheiterte, aber nun in einer Art Slimversion als „Kultur St. Pölten 24“ und „Tangente“-Festival an der Startrampe steht. Sie sollen die nächsten Trägerraketen für St. Pöltens Weiterentwicklung werden. Am 30. April wird die Tangente eröffnet, und wie ehedem die Zuseher vor der ersten Mondlandung sitzen wir quasi gebannt vorm Fernseher und fragen uns: Wird die Mission gelingen? Alles scheint möglich bei dem Projekt, das für viele nach wie vor nicht greifbar ist: Vom kapitalen Fehlstart über einen veritablen Crash bis hin – so die Hoffnung – zum erfolgreichen Einschwenken in eine neue, höhere Umlaufbahn, die St. Pölten endgültig zu den anderen Landeshauptstädten in Sachen Image aufschließen lässt. Eines steht fest. Die Odyssee 2001 ist zu Ende. Gut so! Jetzt beginnt eine neue Reise, und wer weiß – vielleicht dringen wir dabei in Galaxien vor, die St. Pölten nie zuvor gesehen hat. In diesem Sinne, frei nach Captain Jean-Luc Picard: Energie!
Offenlegung nach §25 Medien-Gesetz: Medieninhaber (Verleger): NXP Veranstaltungsbetriebs GmbH, MFG - Das Magazin, Kelsengasse 9, 3100 St. Pölten. Unternehmensgegenstand: Freizeitwirtschaft, Tourismus und Veranstaltungen. Herausgeber/GF: Bernard und René Voak, in Kooperation mit dem Kulturverein MFG. Grundlegende Blattlinie: Das fast unabhängige Magazin zur Förderung der Urbankultur in Niederösterreich. Redaktionsanschrift: MFG – Das Magazin, Kelsengasse 9, 3100 St. Pölten; Telefon: 02742/71400-330; Internet: www.dasmfg.at, Email: office@dasmfg.at Chefredakteur: Johannes Reichl Chefredakteur-Stv.: Michael Müllner Chefin vom Dienst: Anne-Sophie Müllner Redaktionsteam: Thomas Fröhlich, Sascha Harold, Johannes Mayerhofer, Michael Müllner, Andreas Reichebner, Thomas Schöpf, Beate Steiner, Thomas Winkelmüller Kolumnisten: Thomas Fröhlich, Michael Müllner, Tina Reichl, Roul Starka, Beate Steiner, Thomas Winkelmüller Kritiker: Helmuth Fahrngruber, Thomas Fröhlich, David Meixner, Michael Müllner, Clemens Schumacher, Manuel Pernsteiner, Maximilian Reichl, Christoph Schipp, Robert Stefan, Thomas Winkelmüller Karikatur: Andreas Reichebner Bildredaktion: Anja Benedetter, Matthias Köstler, Hannah Strobl Cover: Adobe Stock, SEPAMedia, a.Kito Art Director & Layout: a.Kito Korrektur: Anne-Sophie Müllner Hersteller: Walstead NP Druck GmbH Herstellungs- und Verlagsort: St. Pölten Verlagspostamt: 3100 St. Pölten, P.b.b. Alle Rechte, auch die Übernahme von Beiträgen nach § 44 Abs. 1 und 2. Urheberrechtsgesetz, sind vorbehalten. Alle Angaben ohne Gewähr. Für den Inhalt bezahlter Beiträge ist der Medieninhaber nicht verantwortlich.
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IN WAS FÜR EINER STADT LEBEN WIR EIGENTLICH ...
in der veganer Leberkäse kredenzt wird, der das Internet erobert. Schmackhafte Fotos und lobende Worte von Twitter-Nutzer Fabian Pimminger ließen Anfang März den Suchbegriff „Leberkäse“ in Österreich trenden, denn „das Problem veganer Leberkäse“ sei gelöst, der fleischlose Nachbau der Spar-Eigenmarke schmecke schlicht „perfekt“. Es folgten Grundsatzdiskussionen über Inhaltsstoffe und Produktbezeichnungen bei veganen Nachbauten, aber auch zahlreiche Fan-Outings. Fleischlose Produktinnovationen liegen im Trend, 2023 stieg der Umsatz dieser Produktgruppe bei SPAR um 24 Prozent zum Vorjahr. Um rasch auf Kundenbedürfnisse zu reagieren, investierte der Konzern drei Millionen Euro, unter anderem in seinen Fleischereibetrieb im St. Pöltner TANN-Werk. Um von hier die heißen Theken dieser Welt zu erobern.
in der es jetzt auf eine halbe Million Euro auch nicht mehr ankommt. Zwar liegen jahrelange Grabungs- und Bauarbeiten hinter uns, sind 130 Parkplätze weggefallen und wurde der neue Domplatz im Vorjahr mit viel Trallala eröffnet – aber nein, fertig ist er nicht, wie man aus dem Rathaus hört. In der Gemeinderatssitzung vom Februar 2024 wurde nun eine Terrasse vor dem Palais Wellenstein beschlossen. Mit Planungskosten, Elektroinstallationen und ohne städtische Eigenleistungen kostet die 171 Quadratmeter große Holzterrasse mit einer teilweisen Großflächenmarkise halt nun rund 503.000 Euro. Im September 2023 waren die geschätzten Kosten dem Gemeinderat noch um 200.000 Euro günstiger vorgerechnet worden. Nutzen sollen die Terrasse dann Gäste der Stadtbücherei sowie eines neuen Lokals, das die Stadt in Untermiete dort ansiedelt.
in der Inflation auch bei Volksbegehren sprießt. So läuft aktuell für gleich 14 (!) Volksbegehren das Eintragungsverfahren, die u. a. so klingende Namen wie „BIST DU GESCHEIT“, „CO2-Steuer abschaffen“, „Energiepreisexplosion jetzt stoppen!“, „Frieden durch Neutralität“, „Kein ElektroautoZwang“ oder, mein Liebling, „Das Intensivbettenkapazitätserweiterungs-Volksbegehren“ tragen. Für den Boom machen Experten nicht nur hehre demokratische Ziele aus, sondern manch mehrmaliger (!) „Volksbegehren-Entwickler“ dürfte eher auf den Kostenersatz spitzen. So erhält man im Fall, dass das Volksbegehren die 100.000 Unterschriften-Hürde knackt, das Fünffache der Eintragungsgebühr (aktuell 3.400 Euro) „rückerstattet“. Macht: 17.000 Euro! Kein schlechtes Geschäft für Zocker. Ein sehr schlechtes für die Demokratie.
NEXT TIME NEXT BIKE
Es ist ein Mosaikstein im Mobilitätsspektrum der Stadt – ein wachsender: 2023 wurden die Leihräder von nextbike 95.000 mal ausgeliehen – eine Verdoppelung gegenüber dem Vorjahr. Diesen positiven Trend möchten Stadt und Land weiter verstärken. So werden 100 zusätzliche Drahtesel angeschafft – die Flotte beträgt dann rund 300 bikes, zudem wird das aktuell 44 Standorte zählende System um weitere zehn Stationen ausgebaut. Das System bleibt
denkbar einfach: Nach einmaliger Registrierung via nextbike-App oder auf www.nextbike.at einfach den QR-Code des gewünschten Rades einscannen und schon öffnet sich das Rahmenschloss. Die Nutzung ist die erste halbe Stunde kostenlos, für jede weitere halbe Stunde berappt man 1 Euro, für Fahrtpausen kann man die Nutzung unterbrechen. Der Maximal-Tarif für 24 Stunden beträgt 15 Euro. Die Rückgabe erfolgt bequem an jeder beliebigen nextbike-Station.
INDUSTRIE COMEBACK
Jahrelang sah sich St. Pölten mit einem massiven Verlust von Industriearbeitsplätzen konfrontiert. Anfang des Jahres konnte aber ein wahrer Coup vermeldet werden: Der Vorarlberger Beschlägehersteller „Blum“ wird auf über 100.000 qm ein neues Werk errichten. Und dies nicht irgendwo, schon gar nicht auf der grünen Wiese, sondern am bestehenden Gelände der Firma Voith in City-Nähe. Landeshauptfrau und Bürgermeister sprachen zurecht von „klimafitter Standortentwicklung“ sowie einer nachhaltigen Wiederbelebung des Areals. Dem nicht genug wurde zuletzt publik, dass auch Voith
selbst – nach Jahrzehnten steten Personalabbaus (1961 zählte man noch 3.000 Mitarbeiter, zuletzt unter 500) – in St. Pölten seine Hydroproduktion zusammenziehen möchte. Ein weiterer Lichtblick für den Standort.
KOLUMNE MICHAEL MÜLLNERWO‘S BRUNZELT
Jetzt ist es also da, das Goldene Jahr, in dem St. Pölten und sein blaugelber Speckgürtel der Welt zeigen, wo der Bartl den Most herholt. Vorweg: Vergelte es euch der liebe Gott, sogenannte Jury, dass ihr die Bürde der Europäischen Kulturhauptstadt anderen auferlegt habt! Befreit um diese Last, zeigen wir nun, was wirklich in uns steckt: LANDES-KULTUR-HAUPTSTADT. Nein, was heißt da Niederlage? Das ist doch längst verwunden und vergessen. Schauen wir doch nur, was dieses Jahr alles bringt! Da wäre mal das Nachhaltige. Das Kinderkunstlabor schließt eine Lücke, von der wir noch gar nicht wussten, dass es sie gibt. Und: Nach jahrzehntelangem Versagen gelingt ein Beitrag zur Kultur des Erinnerns und es wird die ehemalige Synagoge renoviert und der jüdische Friedhof instand gehalten. Das ist nicht nix. Von Natur aus eher im Hier und Jetzt ist dann wohl das Gegenwartskulturfestival Tangente. Da werden noch ein paar Millionen Euro verspielt. Und weil ich wirklich nicht verstanden habe, was es uns bringt, lasse ich mich einfach überraschen. Fest steht schon ein angenehmer Nebeneffekt und Grund zur Freude: Großbaustellen sind auf St. Pöltner Straßen im heurigen Sommer nicht geplant.
Eines finde ich aber schade. Dass noch niemand auf die Idee kam, das WC in der Rathausgarage in die Luft zu sprengen (und stattdessen ein halbwegs Einladendes zu errichten). Aber hey, so brunzelt es halt vorm Rathaus weiter vor sich hin und wir begrüßen unsere Gäste aus nah und fern mit einer olfaktorischen Gnackwatschen: „Was heißt da, in St. Pölten stinkt’s?!“
DORFKAISER, GRATULANT, SPEKULANT
Günter Schaubach ist erfolgreicher Unternehmer und Politiker. Als Bürgermeister von Pyhra steht er nun in der Kritik, bei privaten Grundstücksgeschäften habe er seine Machtposition ausgenutzt und entgegen seines Amtseids nicht uneigennützig agiert.
Keine zehn Autominuten von St. Pölten entfernt liegt Pyhra. Rund 3.500 Einwohner zählt der Ort. Seit 2017 ist Günter Schaubach Bürgermeister, seine ÖVP-Fraktion stellt mit 15 der insgesamt 23 Gemeinderäten die absolute Mehrheit. „Der Schaubach ist ein MacherTyp“, erzählt man im Ort. Er stehe gerne im Mittelpunkt, kenne Gott und die Welt. Seit März kennt man den Schaubach aus Pyhra in ganz Österreich – die Wiener Zeitung berichtete über seine zahlreichen Grundstücksdeals.
Kaum steht eine Liegenschaft oder eine Immobilie zum Verkauf, schlägt der Bürgermeister zu. „Jeder im Ort weiß: Der Bürgermeister kauft zusammen, was auf den Markt kommt“, erzählt ein Gemeindebürger. Viele Käufe sollen ihren Ausgangspunkt bei Anlässen nehmen, die Schaubach als Bürgermeister besucht. Runde Geburtstage, Eiserne Hochzeiten – da soll er systematisch seine Bürger wissen lassen: Falls jemand ans Verkaufen denkt, bitte einfach melden. Ein Wissensvorsprung, der hilfreich sein kann, insbesondere wenn man als geschäftstüchtiger Unternehmer das nötige Cash hat, um rasch zuzuschlagen. Im Privatberuf ist Schaubach in der Logistikbran-
BESTLAGE. Auf dieser Wiese werden wohl bald Wohnhäuser errichtet. Dank einer höheren Bauklasse darf höher gebaut werden – und der Grund wird deutlich
che tätig, den Großteil seines Umsatzes macht er laut Recherchen der Wiener Zeitung mit Steuergeld aus öffentlichen Aufträgen. Doch was genau wirft man ihm nun vor?
Tagesordnungspunkt 3
Im Mittelpunkt der Kritik am Bürgermeister steht folgende Transaktion: Der Unternehmer Franz Mar-
chat betreibt im Ortskern von Pyhra eine Selbstbedienungstankstelle. Am Grundstück sind auch Wohnungen und Geschäftslokale untergebracht. Ein 2.500 Quadratmeter großer Teil des Grundstücks ist unbebaut und war einer Bauklasse gewidmet, die nur die Errichtung von zweigeschoßigen Häusern vorsah. Marchat will sich beim Bauamt der Gemeinde er-
kundigt haben, ob eine Umwidmung in eine höhere Bauklasse möglich sei. Nach ein paar Tagen sei er dazu von einem Gemeindemitarbeiter zurückgerufen worden. In den nächsten zehn Jahren sei an eine Umwidmung nicht zu denken – man habe sich bei der Landesregierung zwecks Raumordnung extra erkundigt. Schade, denkt sich Marchat und beschließt, das Grundstück dennoch zu verkaufen. Eine Wohnbaugesellschaft („Gedesag“) und Günter Schaubach bieten ungefähr gleich viel. „Da habe ich mir gedacht, verkauf ich es halt dem Bürgermeister. Ich hatte ja bisher nie ein Problem mit ihm. Aber kaum war die Tinte trocken, stellte Schaubach schon den Antrag auf Umwidmung“, erzählt Marchat. Was zuvor angeblich unmöglich sei, wurde binnen Wochen durch den Gemeinderat gewunken. Die Änderung des Bebauungsplans steigerte den Wert des Grundstücks massiv. Nach rund einem Jahr veräußerte Günter Schaubach die Liegenschaft im November 2021 an die Wohnbaugesellschaft. Kolportierter Gewinn, 222.100 Euro – vor Steuern.
Nun hat ein Bürgermeister kein Berufsverbot. Er kann als Privatperson Grundstücke kaufen und verkaufen. Problematisch ist aber, dass er als Amtsträger faktisch Einfluss auf die Frage hat, ob ein Grundstück umgewidmet wird – und sich damit massiv an Wert erhöht. Schaubach sieht darin kein Problem. Unsere Einladung zu einem Gespräch sowie schriftlich übermittelte Fragen ließ er bis Redaktionsschluss unbeantwortet. Im Gespräch mit der NÖN meinte er aber, diese „Anschuldi-
PREISFRAGE. Die Tankstellenbetreiber verkaufen das unbebaute Grundstück an die Privatperson des Bürgermeisters. Der widmet binnen Wochen um.
gungen bremsen meine Freude und meinen Enthusiasmus für dieses Amt“, die Anschuldigungen seien nur „politisch motivierte Attacken“ um seine „gute Arbeit im Gemeinderat zu schädigen“. Auch die Staatsanwaltschaft sah in dem Sachverhalt, der im Oktober 2023 Gegenstand einer anonymen Anzeige war, keinen Anfangsverdacht. Grundsätzlich ist auch für diese Berichterstattung festzuhalten, dass es derzeit keinen Anhaltspunkt gibt, dass strafrechtlich relevante Handlungen gesetzt wurden. Doch kann das Strafrecht bekanntlich nicht der einzige Gradmesser für Politik sein.
Sehr schlechte Optik
Während Schaubach also an seiner Opferrolle bastelt, formiert sich Widerstand. In einem Jahr sind im ganzen Land Gemeinderatswahlen. In der eigenen Partei braucht man somit einen weiteren „ProblemBürgermeister“ wie den sprichwörtlichen Kropf. Niederösterreichs ÖVP hat mit Hannes Koza in Vösendorf und dem besonders prominenten Fall des Grafenwörther Bürgermeisters Alfred Riedl, der ebenso mit Immobilienspekulationen aufgefallen ist (Stichwort: „Sonnenweiher“), auch so genug zu tun. Die ÖVP-Führung sprach von „sehr schlechter Optik“, warnte vor einem Generalverdacht gegen „großartig arbeitende Bürgermeister im Land“ und verwies auf eine Prüfung der Gemeindeaufsicht. Deren Leiterin Anna-Margaretha Sturm bestätigt, dass eine „sehr genaue Prüfung der gesamten Amtszeit des Bürgermeisters bereits eingeleitet wurde.“ Basierend auf den geltenden Gesetzen wird die Gemeindetätigkeit im Zusammenhang mit Grundstückskäufen geprüft. Verkauft aber der Bürgermeister als Privatperson etwas an Dritte, so kann dies nicht Gegenstand der Prüfung sein. Soweit bekannt, hat sich Schaubach auch
an alle formalen Regularien gehalten. Als etwa der Antrag auf Umwidmung des besagten Grundstückes im Gemeinderat beschlossen wurde, verließ er aus Gründen der Befangenheit die Sitzung.
Lebensnah betrachtet ist das für die Problematik selbst aber völlig unerheblich. Kenner der Gemeinde berichten, dass er seine Fraktion fest im Griff hat: „Die stimmen natürlich dafür, wenn der Bürgermeister etwas auf die Tagesordnung setzt. Völlig egal, ob er im Raum ist oder nicht.“ Christian Watzl von den Neos, die mit drei Mandataren im Gemeinderat vertreten sind: „Wir haben uns bei dieser Abstimmung enthalten. Der Antrag bestand aus mehreren Punkten, einer davon war die Umwidmung des Grundstücks. Wir haben das damals schon als problematisch erkannt und deswegen nicht zugestimmt.“ Neben der ÖVP stimmten auch Mandatare von SPÖ und FPÖ zu. Hätten sie nicht spätestens dann hellhörig werden müssen, als der Bürgermeister für die Abstimmung den Raum verließ? Gerüchten zufolge wurde in den Fraktionen vor der Abstimmung durchaus über die Umwidmung diskutiert. Somit steht nun auch die Frage im Raum, ob die Oppositionsparteien ihrer Kontrollaufgabe überhaupt nachkommen?
SITZUNG. Rücktritt oder Gegenangriff? Weder noch. Statt sich zu erklären, sagte Schaubach kurzerhand ab.
Eine sehr genaue Prüfung der gesamten Amtszeit des Bürgermeisters wurde bereits eingeleitet.
ANNA-MARGARETHA STURM, GEMEINDEAUFSICHT
Abgesehen von der Frage, ob hier ein mächtiger Politiker seinen Informations- und Machtvorteil eigennützig eingesetzt hat, steht auch die Frage im Raum, ob die zuständigen Gremien und die handelnden Personen den nötigen „moralischen Kompass“ für eine Amtsführung im Sinne der Bürger haben. Manche lösen das Ganze pragmatisch: „Die Sauerei ist, dass er sich den Umwidmungsgewinn selber eingesteckt hat. Wenn er ihn schon nicht dem Marchat vergönnt war, dann hätte er das Grundstück als Gemeinde kaufen, umwidmen und später teurer weiterverkaufen müssen“, ärgert sich einer.
Am Abend des 11. März 2024 sah es nach einem Showdown aus. Der Bürgermeister hatte um 19:00 Uhr zur Gemeinderatssitzung ins Gemeindeamt geladen. Punkt 3 der Tagesordnung: „Stellungnahme des Bürgermeisters“. Im Vorfeld gingen die Meinungen auseinander. „Der hat in Pyhra alle in der Hand, der tritt niemals freiwillig zurück“,
sagten die einen. „Die ÖVP-Zentrale spricht ein Machtwort und er nimmt freiwillig den Hut, mit so einem Spitzenkandidaten kannst du niemals in eine Wahl gehen“, wollten andere wissen. Kurz vor Sitzungsbeginn sagte Schaubach diese mit der Begründung ab, man wolle vor einer nächsten Gemeinderatssitzung die Prüfergebnisse der Gemeindeaufsicht abwarten. Da derartige Prüfungen in der Regel Monate dauern, wohl eher ein taktisches Manöver um Zeit zu gewinnen. Ein strategischer Plan sieht wohl anders aus.
Unparteiisch, uneigennützig Gerät der Dorfkaiser ins Trudeln? Gegenüber der Wiener Zeitung merkte er an, er habe den Gewinn aus dem strittigen Grundstücksdeal der örtlichen Kirche gespendet. Doch tut das überhaupt was zur Sache? Grundsätzlich nicht. Es steht jedem frei einen Gewinn zu spenden. Die relevante Frage ist ja, wie es zum Gewinn kam. Hat der Bürgermeister in seiner Amtsführung stets unparteiisch und uneigennützig gehandelt – so wie es das Gelöbnis vorsieht, das Mandatare am Beginn ihrer Amtszeit leisten?
Zurück zur Spende. Auf Nachfrage bestätigt Markus Heinz, der Moderator der Pfarre Pyhra, dass Günter Schaubach im Dezember 2021 eine zweckgebundene Spende für die Sanierung der Pfarrkirche überwiesen hat. Es sei dies das erste Mal in der zweieinhalbjährigen Amtszeit des Monsignores gewesen, dass der Bürgermeister in dieser Größenordnung gespendet hat. „Er ist jedoch allgemein als großzügiger Spender bekannt.“ Die konkrete Spende wurde grundsätzlich anonym gehalten – Schaubach wollte dies so. Im Pfarrkirchenrat, dem für Finanzen zuständigen Gremium, sei die Spende aber bekannt gewesen.
Schaubach ist auch dort Mitglied. Wollte er mit der Spende präventiv Kritik an seinem Gewinn abfedern? Der Versuch könnte nach hinten losgehen. Vom kolportierten Gewinn vor Steuern von 222.100 Euro, schafften es nur 40.000 Euro auf das Kirchenkonto. Als Unternehmer setzt Schaubach die Spende wohl von der Steuer ab, bleiben 20.000 Euro, die ihm seine Mildtätigkeit effektiv gekostet hat. Recherchen der Wiener Zeitung zufolge, wurden von ihm auch zahlreiche Grundstücke an seine Frau verschenkt. Auch hier dürften steuerliche Überlegungen eine Rolle gespielt haben. Auch diesbezüglich wird deutlich: Niemand wirft dem Bürgermeister die Übertretung von Vorschriften oder Gesetzen vor – es geht um moralische Fragen und das grundsätzliche Dilemma, dass man nicht jedes Fehlverhalten mit einer Norm eindeutig regeln kann.
Ob der geschickte Günter Schaubach die ÖVP Pyhra in die nächste Gemeinderatswahl führen wird, ob der Rückhalt in den eigenen Reihen hält, scheint derzeit jedenfalls fraglich. Spannend wäre es allemal, dann wüsste man, wie die Gemeindebürger die Bilanz des Bürgermeisters an der Wahlurne beurteilen.
KEIN SIGNAERDBEBEN IN ST. PÖLTEN
Die Pleite des SignaKonzerns lässt in Städten wie Hamburg oder München Projekte und Innenstädte kriseln, die aktuell absehbaren Folgen für St. Pölten sind jedoch begrenzt. Die „Rossmarkthöfe“ und die WWEWohnungen kommen, Kika/ Leiner ist weitgehend stabil.
René Benko hat einen Teil seines Privatvermögens in diversen Privatstiftungen geschützt, gleichzeitig sorgt das Insolvenzgeschehen rund um sein intransparentes Immobilien-Imperium für Sorgenfalten in zahlreichen Städten in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Wie geht es mit Galeria Karstadt Kaufhof weiter? Was wird aus Signa-Projekten wie dem Hamburger Elbtower? Werden manche Innenstädte empfindlich durch den Signa-Untergang leiden?
St. Pölten ist mit der SignaGruppe vor allem durch drei Faktoren verbunden: das Wohnbauprojekt auf den WWE-Gründen, das Projekt „Rossmarkthöfe“ und das Kika/Leiner-Möbelhaus mit Zentrale in St. Pölten und bis letztes Jahr im Eigentum der Signa. Und gesamt betrachtet lässt sich (aus heutiger Sicht) sagen, dass die Landeshauptstadt vergleichsweise sehr glimpflich davongekommen ist.
WWE-Projekt in trockenen Tüchern, Baustart 2024 ist aber noch ungewiss Was das Wohnprojekt auf den WWE-Gründen angeht, so zeigt
ZENTRALE BLEIBT. Filiale, Abhollager und Zentrale von Kika/Leiner bleiben St. Pölten erhalten.
man sich beim Co-Bauträger ARE gelassen und nüchtern. „Die derzeit erforderlichen operativen Schritte verlaufen plangemäß“, heißt es auf Anfrage des MFG-Magazins. ARE setze das Projekt schließlich nicht mit der von Insolvenz betroffenen BAI Bauträger Austrian Immobilien GmbH, sondern mit der BAI Invest GmbH & Co KG um. Ende
Februar erfolgte eine Aufteilung der Baufelder zwischen ARE und der Signa-Firma BAI, die auch schon vor den Insolvenzen bei SIGNA und BAI in Planung gewesen sei. Das bedeutet vereinfacht gesagt, dass ARE aus der gemeinsamen Projektgesellschaft mit BAI ausgestiegen ist. Dies betrifft die Baufelder D1 und E. Die ARE-Anteile an der WWE wurden
an BAI übertragen, welche nun Alleingesellschafterin in Bezug auf die Bauplätze A, B und C ist.
Auch am Umfang des Projektes werde sich nichts ändern. „Das Projekt ist nach wie vor mit insgesamt rund 500 Wohneinheiten geplant, wobei auf die beiden Baufelder der ARE rund 250 Wohnungen entfallen“, erklärt ARE. Einzig ob sich der ursprünglich anvisierte Baustart 2024 noch ausgeht, ist ungewiss.
Vonseiten der Stadt St. Pölten zeigt man sich ebenfalls unaufgeregt angesichts des vorbeiziehenden Signa-Insolvenzgeschehens. „Aktuell ist die BAI noch an WWE beteiligt“, bestätigt auch der städtische Pressesprecher Thomas Kainz. Die Stadt stehe in ständiger Abstimmung mit ARE, die Entwicklung des Projekts gehe „langsam aber stetig in die richtige Richtung.“ „Dass das Projekt tot sei, davon ist uns nichts bekannt“, so Kainz.
Zickzack-Kurs rund um Kauf und Verkauf der Bauflächen
Eine kurze Hintergrundgeschichte: Die WWE-Gründe befinden sich auf dem Gebiet der heutigen Traisen-Au neben dem Viehofner See und dem Glanzstoff-Areal. Im Jahr 2015 wurde ein EUROPAN-Wettbewerb für dieses Areal ausgerufen, aus dem das Projekt „Elastic City“ als Gewinner hervorging. Rund um das Projekt eines Stadtquartiers auf den WWE Gründen kam es in den vergangenen Jahren aber zu einem Hin und Her, sollten doch nach ursprünglicher Planung 720 Wohnungen bei dem Standort entstehen. Die politische Brisanz des Problems des Flächenverschleißes und die Kritik an „unkontrolliertem Stadtwachstum“ führten schließlich dazu, dass die Stadt St. Pölten rund 40.000m² vor allem im Süden des einst von Grün- auf Bauland umgewidmeten Areals um etwa 1.75 Millionen Euro wieder zurück kaufte – selbstverständlich unter kritischer Beobachtung durch die politische Opposition. Die Zahl der zu errichtenden Wohneinheiten wurde auf 500 gesenkt.
„Kika/Leiner ist St. Pölten, St. Pölten ist Kika/Leiner“ St. Pölten und das Möbelhaus Kika/ Leiner scheint es sich wie mit zwei Fingern an derselben Hand zu verhalten. Jedenfalls ist klar: Wenn bei dem Unternehmen mit Wurzeln und Zentrale in St. Pölten Turbulenzen auftreten, tangiert dies den Wirtschaftsstandort und ist ein Lokal-Politikum. „Kika/Leiner ist St. Pölten. St. Pölten ist Kika/Leiner“, bekräftigte die Stadt den Stellenwert des Unternehmens, als im Herbst 2018 bekannt wurde, dass man sich von rund 830 Mitarbeitern trennen wird, 50 davon in der Zentrale in der Landeshauptstadt. Dies geschah im Zuge des Kika/Leiner-Verkaufs durch den damaligen südafrikanischen Eigentümer Steinhoff International Holdings an den Signa-Konzern im Juni 2018. Exakt fünf Jahre später wiederholt sich das Szenario, allerdings mit weit schwereren Folgen für Unternehmen und Belegschaft. Die Signa-Gruppe verkaufte das Möbelhaus an die
Grazer Supernova Invest GmbH. 23 der 40 Filialen mussten geschlossen werden, etwa die Hälfte der 3.900 Mitarbeiter zählenden Belegschaft wurde gekündigt. „Aktuell beschäftigt Kika/Leiner 1.900 Mitarbeiter“, bestätigt das Unternehmen.
Entlassungen im Logistikbereich, Standort bleibt erhalten Wie hat sich die Lage für das Unternehmen und seine Belegschaft insgesamt und am Standort St. Pölten entwickelt? „Der Sanierungsplan, den der neue Eigentümer den Gläubigern vorgelegt hat, wurde mit Ende September von diesen angenommen und die Insolvenz wurde aufgehoben. Damit ist das Unternehmen seit Oktober 2023 wieder unter Eigenverwaltung“, wird auf Anfrage des MFG-Magazins resümiert. „Im Rahmen der erfolgreichen Sanierung von Kika/Leiner wurde der Bereich Logistik im Jänner 2024 nochmals evaluiert und die Geschäftsleitung hat die Entscheidung getroffen, einen Teil der Logistik an das Unternehmen JCL Logistics Austria auszulagern.“ JCL Logistics hat den Fuhrpark und Teile der Lagerlogistik mit März 2024 übernommen, 67 der bislang 431 Mitarbeiter des Logistik-Bereiches sind oder werden entsprechend der
BAUSTART 2025? Laut SÜBA AG sollen Umplanungen der „Rossmarkthöfe“ Ende 2024 zum Abschluss kommen.
geltenden Fristen gekündigt. Ein Teil wird jedoch von JCL Logistics übernommen. Wichtig für St. Pölten: Der Standort mit Firmenzentrale, Filiale und Abhollager bleibt erhalten. Auf zweimalige explizite MFG-Anfrage, wie viele Mitarbeiter aktuell konkret am Kika/Leiner-Standort beschäftigt sind und wie viele von den aktuellen Logistik-Entlassungen betroffen sind, gab es vom Unternehmen lediglich einen erneuten Verweis auf die 67 gesamten Entlassungen. Bezüglich einer Einschätzung der aktuellen Marktlage heißt es vage: „Die Ergebnisse bewegen sich innerhalb des vorgelegten Sanierungsplanes. Die Geschäftsleitung ist mit dem Wiederaufbau von Kika/Leiner zufrieden, bessere Ergebnisse sind leider aufgrund der aktuell schwierigen Konjunkturlage nicht möglich.“
SÜBA kündigt
Bodenentsiegelung bei Projekt „Rossmarkthöfe“ an Und dann wäre da noch das Großprojekt „Rossmarkthöfe“ am St. Pöltner Rathausplatz. Der Verkauf des Projekts durch Signa an die Wiener SÜBA AG des Unternehmers und Investors Klemens Hallmann Ende 2022 war eines der ersten Anzeichen für den Zerfall des SignaImperiums. Die ursprünglichen Signa-Pläne sahen ein vielfältig
nutzbares Stadtquartier auf einer Fläche von 9.000m² auf dem Areal des alten Leiner-Gebäudes bis hin zur Promenade vor. Geplant waren sowohl ein Hotel, ein Konferenzzentrum und 180 Wohnungen. In den 14 Monaten seit der Übernahme durch SÜBA AG hat sich hinsichtlich eines Baustarts allerdings noch nichts bewegt und das Unternehmen bestätigt, dass eine „umfassende Umplanungsphase“ voraussichtlich Ende 2024 abgeschlossen sein, die ersten Bagger also wohl im Jahr 2025 heranrollen werden. Dass auch die lokale Stadtpolitik aktuell kein Interesse an einer Großbaustelle in der Innenstadt hat, erklärt sich aus dem Umstand, dass St. Pölten 2024 Landeskulturhauptstadt ist.
Damit sind einerseits Gerüchte vom Tisch, Unternehmer Hallmann habe seinerseits Pläne, das Projekt erneut weiterzuverkaufen. Andererseits wird betont, dass bei den „Rossmarkthöfen“ viel Augenmerk auf Energieeffizienz und Nachhaltigkeit gelegt werden soll. Dies soll durch einen Verzicht auf fossile Energieträger erfolgen. Der Komplex soll einen „vielfältigen Nutzungsmix“ bieten und zur „Aufwertung des Areals“ beitragen. Weiters sollen im Rahmen des Stadtquartiers nicht nur der weiteren Flächenversiegelung Einhalt geboten, sondern zur Entsiegelung von Flächen beigetra-
gen werden. Zwar ist es noch etwa ein Jahr bis zum Baustart, jedoch nennt die SÜBA AG auf explizite Anfrage des MFG-Magazins keine konkreten Maßnahmen, wie Energieeffizienz erreicht und Flächenentsiegelung gewährleistet werden soll. Auch die Frage, wie sich die aktuellen „Rossmarkthöfe“-Pläne von den ursprünglichen Vorhaben der Signa-Gruppe unterscheiden, bleibt vorerst durch das Bauunternehmen unbeantwortet.
Die Stadt St. Pölten betont die enge Abstimmung zwischen SÜBA AG mit den Behörden, auch mit dem Gestaltungsbeirat. Zwar habe sich auf den betroffenen Grundstücken vor allem im Bereich Rathausplatz baulich wenig getan. Eine Frist in Form eines Bauzwangs könne die Stadt über SÜBA AG nicht verhängen: „Solange nicht Gefahr im Verzug herrscht, gibt es bei privaten Grundstücken grundsätzlich keine Möglichkeit einzuschreiten.“
Opposition kritisiert Planung, Mehrkosten, und Profitstreben durch Immo-Firmen Welche Stimmen sind dazu aus der St. Pöltner Stadtpolitik zu hören? Von „Projekten mit großer strategischer Bedeutung“ spricht VP-Klubobmann Florian Krumböck. Dies gelte vor allem für die „Rossmarkthöfe“. Er kritisiert jedoch schwache öffentliche Kommunikation der SPÖ-Stadtregierung und mangelhafte Informationen. „Abseits der notwendigen öffentlichen Verfahren zur Änderung des Bebauungsplans wurden die St. Pöltner im Dunkeln gelassen. Die Situation änderte sich auch mit dem Verkauf des Projekts an einen neuen Projektwerber nicht“, sagt Krumböck. „Ganz im Gegenteil: Schon jetzt gibt es wieder Gerüchte über mögliche Um- oder Neuplanungen aber keinerlei Diskussion innerhalb des Gemeinderats darüber.“ Mit Leiner sei „ein
Flaggschiff des Handels“ aus der Innenstadt weggezogen, Tchibo und Libro seien gefolgt. „Das hat die Situation in der Innenstadt verschärft, der österreichweit von gewissen Frequenzbringern abhängig ist.“ Bezüglich des künftigen Stadtquartiers am Rathausplatz wünsche sich die Stadt-VP eine Ergänzung. So solle bei den „Rossmarkthöfen“ neben Wohnen, Gastronomie und Hotellerie auch ein Schwerpunkt für den Handel gesetzt werden.
Die zähe Umsetzung des WWEWohnprojekts sieht Krumböck durchaus positiv. „Als Volkspartei haben wir immer auf die fehlende soziale Infrastruktur im Norden der Stadt und die Überforderung für das Naherholungsgebiet verwiesen. Aus diesem Grund war die Verkleinerung des Projekts schon ein politischer Erfolg für uns.“
Heftige Kritik übt der Neos-Gemeinderat Niko Formanek: „Die Projekte WWE-Gründe und Rossmarkthöfe sind ein Paradebeispiel dafür, was passiert, wenn intellektuell und wirtschaftspolitisch überforderte Politiker auf knallharte, skrupellose Immobilienentwickler, egomanische Bauunternehmer und eine veritable Wirtschaftskrise mit Inflation und aus dem Ruder laufenden Kosten treffen.“ An dem Projekt WWE-Gründe kritisiert er, dass anstatt der geplanten 25 Meter hohen Wohntürme nur eine gerodete Brachfläche zu sehen sei. Auch die Vorgänge um den Verkauf
und Rückkauf der Baufläche durch St. Pölten sieht Formanek kritisch. „Plötzlich sollte das Projekt von 720 auf 520 Wohnungen reduziert werden, um mehr Grünflächen zu ermöglichen. Man hatte also Grund verkauft, bei dem man erst danach drauf gekommen ist, dass man Teile davon wieder zurückhaben möchte, um Proteste der St. Pöltner Bevölkerung zu befrieden.“ Ob es mittlerweile eine Einigung zwischen der Stadt und jenen zwei landesnahen Gesellschaften gibt, die jene Anteile halten, die St. Pölten für seine Pläne haben will, ist noch nicht bekannt. Gleiches gilt laut Formanek hinsichtlich des Preises.
Bezüglich der „Rossmarkthöfe“ konstatiert Formanek eine Schönwetter-Politik. „Solange die Wirtschaft brummt, ist alles möglich, weil Fantasiebewertungen von Immobilen für hohe Kredite sorgen, Zentralbanken Geld drucken, Länder und Gemeinden frisch fröhlich Kredite aufnehmen und sämtliche Folgen dafür auf nächste Generationen verschieben“, sagt der Neos-Einzelkämpfer. Erst wenn die Wirtschaft ins Stottern gerate und Folgen von Inflation, Energiekrise und Kriegen deutlich würden, werde klar, dass „auf Pump gebaute Immobilien sich nicht selbst finanzieren.“ Er betont, dass der ursprüngliche Baustart – damals noch unter
500 WOHNUNGEN. Das WWEProjekt steht wegen Flächenverund Rückkäufen in der Kritik.
Signa – für 2022 geplant war, nun aber bestenfalls erst 2025 erfolgen würde. Kritisch sehe er, dass von Bundes- bis zur Lokalpolitik vermeintliche Förder- beziehungsweise „Eigentumsprogramme“ (Wortkreation Karl Nehammers) in Milliardenhöhe in die Hand genommen würden, um die Immobilien- und Baustagnation zu lösen. „Die Regierung, Parteien oder Politiker nehmen gar nichts in die Hand. Die einzigen, die am Ende das Geld wirklich in die Hand nehmen werden und denen es auch gleich wieder entrissen wird, sind die Steuer- und Gebührenzahler, also wir.“
Die Grünen St. Pölten sehen bei beiden Projekten Profitstreben als Hauptmotiv. Bei den „Rossmarkthöfem“ sei eine „extrem hohe und dichte Bebauung“ geregelt worden, die Stadt habe es allerdings versäumt Qualitätsverbesserungen zu erwirken. So würde das Projekt keinen Mehrwert für die Bevölkerung bringen. „Nicht einmal eine einfache Maßnahme wie Dachbegrünung wurde vorgeschrieben“, kritisiert Grünen-Gemeinderat Walter Heimerl-Lesnik.
Beim Projekt der WWE-Gründe befürchtet er Kosten für die Stadt in Millionenhöhe: „Im gültigen Flächenwidmungsplan ist unter anderem die Sanierung der GlanzstoffAltlasten auf Kosten der WWE geregelt. Seit dem Ausstieg von Stadt und Land aus WWE gehören 60 Prozent der Anteile der Signa und 40 Prozent dem Bund. Im Zuge dieses Gesellschafterwechsels erwarb die Stadt einen Teil des Grundstücks einschließlich der GlanzstoffAltlast.“ Offenbar beabsichtige die Stadt, die vertraglich zugesicherte Altlastensanierung durch die WWE zu streichen, da nach Aussage des Vizebürgermeisters die WWE nicht mehr dafür aufkommen werden wolle, wenn sie nicht mehr Eigentümer ist. Heimerl-Lesnik schätzt daher, dass Sanierungskosten von 1,5 bis 2 Millionen Euro auf die Stadt zukommen werden. Eine Rückmeldung der FPÖ kam nicht mehr vor Redaktionsschluss an.
AN DER STARTRAMPE
2026 möchte er in Pension gehen. Bis dahin stehen für Paul Gessl – als NÖKU-Boss Herr über mittlerweile 40 Landeskultureinrichtungen – aber noch ein paar Großprojekte an: In Wiener Neustadt wird gerade das Stadttheater neu positioniert und in die NÖKU Familie aufgenommen, die Schallaburg feiert ihr 50-Jahr-Jubiläum mit einem großen Renaissance-Schwerpunkt und last but not least ist da noch die Landeshauptstadt, wo am 30. April mit der Eröffnung der „Tangente – Festival für Gegenwartskultur“ quasi das Kulturjahr „Kultur St. Pölten 2024“ hochoffiziell vom Stapel läuft. Genau darüber plauderten wir mit dem Kulturmanager eingehend.
In der Bevölkerung gibt es zur Tangente aktuell zwei Wahrnehmungen: Die eine ist ein großes Fragezeichen – die Leute wissen nach wie vor nichts damit anzufangen. Die zweite ist der Eindruck, dass es sich um eine Nischenveranstaltung für Hochkulturfuzzis handelt, also nichts für mich als „einfacher“ Bürger ist. Was soll es wirklich sein? Vielleicht vorneweg: Die Grundfrage ist ja, warum wir uns im Kulturjahr gerade mit einem wohldurchdachten Festival für Gegenwartskultur positionieren? Ich möchte diesbezüglich Uli Fuchs, der federführend für die Europäischen Kulturhauptstädte Linz und Marseille wirkte, zitieren: „Wenn ich mich für die Kulturhauptstadt bewerbe, und dann nicht mit etwas Neuem, Unkonventionellem, Überraschendem aufwarte, dann ist die Bewerbung eine Themenverfehlung.“ Das heißt, wir bringen ganz bewusst etwas, mit dem St. Pölten bisher nicht assoziiert wird, womit man für diese Stadt nicht rechnet, womit man Aufsehen erregt. Das für sich allein ist vielleicht schon ein Mitgrund, warum die Tangente bislang noch nicht so verfängt, weil es so etwas hier eben noch nie gegeben hat und dafür der Kontext fehlt. Ich bin aber überzeugt, dass spätestens mit der Premiere der Oper JUSTICE zur Eröffnung am 30. April die Idee hinter der Tangente, ihre Substanz greif- und nachvollziehbar wird. Dass es nämlich darum geht, einen starken gesellschaftlichen, kulturellen und auch politischen – nicht parteipolitischen wohlgemerkt – Diskurs anzustoßen, der die Stadt insgesamt weiterbringt.
Fehler gemacht. Genau deshalb habe ich – das stimmt –zuletzt ganz bewusst viel Verantwortung an mich gezogen. Es gab davor interne Prozesse, möglicherweise auch Inhalte, die man zeitgerechter hätte auf Schiene bringen können, die man auch in der Kommunikation hätte früher erklären müssen. Ein künstlerischer Leiter hat nun einmal nicht nur die Aufgabe, künstlerisch innovativ zu sein, sondern er muss auch ein starker Vermittler seiner Inhalte sein, um diese nach außen hin zu positionieren. Mit Tarun Kade ist das jetzt gelungen, die Lernkurve zeigt eindeutig nach oben. Und man darf bitte die Tragweite dieses Projekts nicht übersehen. Da ist – vielleicht nicht immer nach außen hin offensichtlich – schon enorm viel entstanden, das für das weitere Fortkommen der Stadt insgesamt, nicht nur für den Kunst- und Kulturbereich, bestimmend sein wird.
Was meinen Sie damit konkret?
Die Linzerstraße hat in der Frequenzanalyse gerade einmal ein Zehntel von Herrenplatz und Wiener Straße!
PAUL GESSL
Aber ist die aktuelle Wahrnehmung nicht auch Folge eines massiven Delays, weil das Projekt – an dem immerhin seit Jahren gearbeitet wird – lange Zeit nicht so recht vom Fleck zu kommen schien, fehlende kommunikative Implementierung inklusive? Sie selbst haben ja letztes Jahr quasi die Reißleine gezogen, der künstlerische Leiter wurde ersetzt. Dass es bei einem derartigen Großprojekt Herausforderungen gibt, steht außer Streit, vielleicht wurden auch
Allen voran dieses starke Commitment auf allen Ebenen. Die Vernetzung von Stadt und Land. Die Vernetzung von städtischen Kultureinrichtungen mit der NÖKU. Die Vernetzung der freien Szene mit den öffentlichen Kultur-Institutionen. Die Vernetzung der Bevölkerung mit der Kultur über zahlreiche partizipatorische Projekte, wo wir auch ganz bewusst in Entwicklungsräume gegangen sind. Die Vernetzung zwischen Mostviertel Tourismus, NÖ Landeswerbung und Tourismus St. Pölten, auch hier über das Vehikel Kunst und Kultur. All das klingt vielleicht logisch und die Leute sagen „jo eh“ – nur: Vor vier, fünf Jahren hat es diese Verbindungen schlichtweg nicht gegeben! Wir leben dieses Miteinander aber jetzt, und das ist der größte Erfolg des Projekts bislang, bevor es überhaupt begonnen hat! Das ist ein Meilenstein für die Landeshauptstadt und das Land Niederösterreich.
Wobei einem im Fall des Tangente-Festivals mitunter der Verdacht beschleicht, dass da die Stadt – immerhin 50 % Gesellschafter –eher der Juniorpartner der NÖKU ist. Also ich bin jetzt über 20 Jahre im Job, habe alle großen
landesfinanzierten und landesorganisierten Kulturprojekte bis hin zu den Landesausstellungen federführend begleitet, und kann nur eines sagen: Was hier dank der Offenheit von Stadt und Land an Miteinander auf Augenhöhe gelebt wird, ist einzigartig. Ich orte da ein großes Vertrauen von allen Playern untereinander, vom Bürgermeister abwärts, gerade auch in die Organisation der NÖKU. Da braucht sich sicher niemand zurückgestellt oder als Juniorpartner fühlen.
Ich habe es auch eher so gemeint, dass die Stadt über diese Rollenverteilung bei der Tangente eigentlich ganz froh ist und sich, frei nach dem Motto „Paul, geh du voran“, ein bisserl hinter der NÖKU versteckt. Also, das sehe ich überhaupt nicht so. Ganz im Gegenteil beweist die Stadt enormen Mut, weil sie im Zuge des Prozesses ja auch heiße Eisen angepackt hat, denken wir etwa an die Diskussionen rund um den Domplatz, KiKuLa etc. Und da sind wir schon beim Punkt: Es geht bei „Kultur St. Pölten 24“, wie der Claim heißt, ja nicht nur um die Tangente – die ist ein Baustein von vielen, beileibe nicht der einzige – sondern um die ganze Bandbreite kultureller Aktivitäten in diesem Jahr, und die ist gewaltig. Und sie ist es deshalb, weil St. Pölten weiß, dass nur ein offener Diskurs, Urbanität und Mut eine Stadt weiterbringen und dass Kunst und Kultur probate Mittel sind, um als Startrampe für positive Entwicklungen zu dienen.
Wo wird das manifest –können Sie ein Beispiel geben?
Nehmen wir die Linzer Straße:
men „Ökologie“, „Historie“, „Demokratie“ sein soll, tatsächlich so weit her? Bei manch Diskussionen rund um das Kulturjahr selbst reagierte die Politik bisweilen eher sensibel bis genervt, wenn wir etwa an den KinderKunstLabor-Standort oder die künftige Rolle des Domplatzes denken. Ist das nicht widersprüchlich bis scheinheilig?
Warum haben wir in gemeinsamer Abstimmung genau dort das Festivalzentrum situiert? Weil dies ein seit Jahrzehnten frequenz- und infrastrukturschwacher sowie architektonisch lange Zeit stiefmütterlich behandelter Raum mitten in der Innenstadt ist. Die Straße hat in der Frequenzanalyse gerade einmal ein Zehntel von Herrenplatz und Wiener Straße! Hier wird nun ganz bewusst Kunst und Kultur genutzt, um Stadtentwicklung anzuschieben – und das wird auch nachhaltig gelingen, wobei wir es sozusagen auf die Spitze treiben, indem die Straße zur Fußgängerzone wird. Dass uns dies in einem Miteinander gelingt, stimmt mich sehr zuversichtlich und sagt viel über die Stadt aus.
Aber ist es mit der Diskursfreude, welche auch ein explizites Ziel der Tangente rund um ihre Kernthe-
Nein, weil auch hier die unterschiedlichen Zugänge ja völlig legitim sind – es gibt eben verschiedene Ansichten dazu, im Falle des Domplatzes aber auch einen aufrechten Gemeinderatsbeschluss hinsichtlich Gestaltung und Nutzung. Was ich daher persönlich nicht verstehe: Warum bekennt man sich jetzt nicht klar zu diesem Weg? Warum gibt man dem Platz jetzt nicht einmal Zeit, sich auf dieser Grundlage zu positionieren? Und zwar ganz bewusst anders als ehedem der Rathausplatz. Warum also unbedingt fixe Gastronomie, wo es doch spannende Lokale gleich am Herrenplatz und am Rathausplatz gibt? Warum mobile Spielgeräte? Warum plötzlich Blumentröge? Für mich persönlich ist das ein Platz, der durch seine Weite wirkt. Als Entree zum Dom. Als Marktplatz. Als Ort, wo die Geschichte, die man jetzt akribisch mit den Ausgrabungen aufgearbeitet hat, berücksichtigt werden muss. Und natürlich als temporärer Spielort, der ein wertiges, edles Ambiente für spannende Veranstaltungen bietet, die so am Rathausplatz etwa nicht möglich sind. Denken wir nur an die Eröffnung letzten September – das war ein Riesenerfolg. Und auch heuer wird es wieder Konzerte geben, kulturelle Interventionen, Kino und manches mehr. Man muss sich nur darauf einlassen, muss dem Domplatz die Chance geben, sich zu entfalten. Und genau in diese Richtung arbeiten wir.
Ärgert Sie es dann, wenn – bezogen auf das Gesamtkulturjahr – nicht alle diese Richtung mittragen wollen und es ähnlich wie beim Trainer der Fußballnationalmannschaft quasi Hunderte Teamchefs, in dem Fall Kulturmanager gibt, die wissen, wie man es besser macht?
Nein, einfach weil ich aus jahrzehntelanger Erfahrung weiß, dass Kunst- und Kulturarbeit nun einmal von vielen kleinen Schritten geprägt ist. Ich kann mich erinnern, als wir 2000 das Festspielhaus neu positioniert haben. Davor fanden pro Saison gerade einmal sechs Konzerte der Tonkünstler statt – heute sind es 20! Oder nehmen wir das Landestheater – als wir es von der Stadt übernommen und in Folge von einem Mehrspartenhaus
Wir werden zu gegebener Zeit gemeinsam entscheiden, ob es auch in Zukunft einer Fortsetzung der Tangente braucht oder nicht.PAUL GESSL
samt Orchester und Operette in ein Einspartenhaus mit Fokus Schauspiel überführt haben, prophezeiten viele: „Das wird nie funktionieren!“ Heute ist das Landestheater eine absolute Erfolgsgeschichte, die Besucher kommen von überall her. Oder was musste ich mir anhören, als wir Grafenegg hochgezogen haben: „Wozu brauchen wir das?“, „Das wird eine Kunstruine“, „Das wird der Tod des Festspielhauses!“ Und heute? Genießen die Leute, die ins Festspielhaus gehen, mit Freude das Angebot in Grafenegg und keiner möchte es mehr missen. Was ich damit sagen möchte: Man muss einen Anfang machen, muss mutig sein, muss Neugierde schaffen, muss Überzeugungsarbeit leisten und Kultur eben vermitteln – immer und immer wieder. Weil es lohnt. Was man heute sät, kann später fruchtbringend aufgehen und geerntet werden.
Wie misst man diese „Ernte“? Gibt es eigentlich Prognosen hinsichtlich Effekten auf Tourismus, Wirtschaft, Umwegrentabilität durch das Kulturjahr?
Nachdem wir mit Steuermitteln hantieren, ist Messbarkeit, ist Transparenz oberstes Gebot! Bei gewissen Faktoren wie Image, Markenentwicklung, das Wecken von
Neugierde ist das nicht immer einfach, aber auch das decken wir mit begleitenden Umfragen ab. Zugleich bemühen wir uns um handfeste Kennzahlen: Wie sieht es etwa im Tourismus aus – da hatten wir 2023 rund 100.000 Ankünfte und 200.000 Nächtigungen. Da erwarten wir uns natürlich 2024 ein Plus. Oder wir haben Frequenzmessungen in der Stadt durchgeführt, an verschiedenen Orten. Diese werden wir im kommenden Jahr wiederholen und schauen, wie sie sich verändert hat.
Im Hinblick auf Tourismus haben wir aktuelle Imagewerte abgefragt. Diese werden wir Ende 2024 aktualisieren, um etwaige Veränderungen zu erkennen. Und wir werden die Besucherströme dank der Partnerschaft mit einem Mobilfunkanbieter verfolgen und analysieren. Bei alledem geht es immer um Fragen der Wertschöpfung, des Mehrwerts, des Nutzens. Und wir werden ganz klar dokumentieren, welche Mittel wofür eingesetzt werden.
Wofür werden sie eingesetzt?
Das Projektbudget für das Kulturjahr beträgt 17,6 Millionen Euro, das jeweils zur Hälfte von Stadt und Land getragen wird. Eine Million Euro möchten wir über Ticket- und Eigenerlöse sowie Sponsoring selbst erwirtschaften. Das reine Programmbudget liegt bei etwa 10
Millionen Euro, wobei die größten Brocken die Oper „Justice“, der Kunstparcours entlang der Traisen sowie die Konzerte am Domplatz sind. Fürs Marketing sind rund zwei Millionen Euro veranschlagt. Gar nicht in diesen Kosten berücksichtigt sind Infrastrukturprojekte wie etwa die Renovierung und inhaltliche Neuausrichtung der Ehemaligen Synagoge oder der Neubau des KinderKunstLabors. Diese werden übrigens, was mir sehr wichtig ist zu betonen, auch vom Bund gefördert, was ihre überregionale, ja österreichweite Relevanz und Leuchtkraft unterstreicht.
Was halten Sie Kritikern entgegen, die diese Kultur-Ausgaben in Zeiten von erhöhter Inflation & Co. dennoch für inopportun, ja gar unmoralisch halten?
Das sind doch die ewigen Fragen, die bei jeder Kulturhauptstadt-Bewerbung oder auch bei jeder Landesausstellung aufgeworfen werden – und das völlig zuecht, weil es wie gesagt um Steuergelder geht: „Wozu brauchen wir das überhaupt?“, „Rechnet sich das?“, „Was bleibt?“. Für St. Pölten, das ist das Bemerkenswerte, können wir schon jetzt prophezeien, was über das Jahr 2024 hinaus die Stadt prägen und bleiben wird: die Ehemalige Synagoge, das KinderKunstLabor, der Domplatz, Solektiv, eine gemeinsame Museumskarte. Dazu zahlreiche städtische Projekte, die im Windschatten davon realisiert werden wie etwa die neue Stadtbibliothek, die Öffnung des Alumnatsgartens, der Grillparzer Campus für die Musikschule, die Neugestaltung von Europaplatz und Promenadenring etc. All diese Dinge sind bereits in Umsetzung und werden nachhaltig bleiben, und da sind die positiven Effekte durch das Kulturjahr selbst noch gar nicht berücksichtigt. Das kommt der gesamten Region zugute.
Weil sie die Region ansprechen. Tatsächlich wurde im Zuge der Kulturhauptstadt-Bewerbung die Schaffung einer Kulturregion noch als Schwerpunkt präsentiert, was sich auch im Programm niederschlagen sollte. Bei der Tangente ist davon praktisch nichts mehr übriggeblieben, alles spielt sich in St. Pölten ab. Stimmt. Das Scheitern der Bewerbung zur Europäischen Kulturhauptstadt und damit einhergehend ein geringeres Budget machten schlichtweg eine Redimensionierung bzw. Neuausrichtung des Projektes notwendig. Tatsächlich geht es also vordergründig um St. Pölten, was auch insofern schlüssig ist, weil die Stadt ja immerhin 50% der Mittel für die Umsetzung trägt. Was aber sehr wohl im Fokus geblieben ist – dafür haben wir hartnäckig Bewusstseinsbildung betrieben – ist die Etablierung einer eigenen Tourismusregion im Zentralraum, welche die Angebote der nahen Hotspots Pielachtal, Traisental, Schallaburg, Melk bis hin zur Wachau integriert. Das ist für die positive Vermarktung der gesamten Region essentiell und wird weit über 2024 hinaus wirken.
Ich glaube jedenfalls unbedingt an die Kraft von Kunst und Kultur als Startrampe positiver Entwicklung.
PAUL GESSL
Für die Tangente ist das ja weniger ausgemacht, wie man hört. Wird die Gesellschaft nach 2024 liquidiert werden?
Ganz ehrlich: Aktuell ist für mich wichtiger, die – auch dank des Festivals – langfristigen, positiven Folgen und Ausflüsse von „Kultur St. Pölten 24“ zu erklären. Aber wir werden zu gegebener Zeit – das wird wohl irgendwann nach der Eröffnung sein – gemeinsam entscheiden, ob es auch in Zukunft einer Fortsetzung dieses Formates braucht oder nicht. Jetzt ist einmal der Fokus auf 2024 gerichtet, auch die Mitarbeiter der Tangente sind – dies verlangt die Fairness und Planungssicherheit – befristet angestellt. Und eines ist auch klar: Fußend auf die Entwicklungen in diesem Jahr wird es – step by step – wohl Projekte geben, die sich über 2024 hinaus weiterentwickeln sollen.
Welches Resümee werden Sie Ende 2024 ziehen, ab wann ist das Kulturjahr ein Erfolg?
Also, ich erwarte keine kurzfristige Evaluierung von Erfolg oder Misserfolg, sondern die Tragweite, welche die nunmehr eingeleiteten Schritte zeitigen, wird sich langfristig offenbaren. Ich glaube jedenfalls unbedingt an die Kraft von Kunst und Kultur als Startrampe positiver Entwicklung. Das Land Niederösterreich ist damit in den letzten Jahrzehnten sehr gut gefahren, und auch St. Pölten ist dank dieses Zuganges – davon bin ich überzeugt – auf dem absolut richtigen Weg!
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KLIMANEUTRAL VORAUS
Der EU-Klimapfad sieht vor, dass die Länder der Union bis 2050 Klimaneutralität erreicht haben.
Die Vorgaben scheinen klar: Bereits 2019 beschloss der EU-Rat, das Gremium der Staats- und Regierungschefs der EU-Länder, dass die EU bis 2050 Klimaneutralität erreichen solle. Ein Jahr später wurde noch ein Zwischenziel ergänzt, bis 2030 sollen die Treibhausgasemissionen demnach um 55 Prozent gegenüber 1990 gesenkt werden. Das damit vorgegebene allgemeine Ziel soll in Österreich durch den Nationalen Energie- und Klimaplan auf den Boden gebracht werden, der bis zum
Auch Österreich hat sich diesem Ziel verpflichtet.
Wie sieht die Umsetzung in Betrieben aus dem St. Pöltner Umland aus?
Juni 2024 an die Europäische Kommission übermittelt werden muss. Im aktuellen gut 250 Seiten starken Entwurf werden Teilziele definiert, Szenarien durchgerechnet und Folgeabschätzungen getroffen. Selbst bei Umsetzung der skizzierten Maßnahmen fehlen zum Klimaziel der EU noch 13 Prozentpunkte. Ob bis Juni ein Entwurf übermittelt werden
kann, der zumindest auf dem Papier die notwendigen Einsparungen zeigt, ist derzeit fraglich. Doch was heißen die Zahlenspiele konkret für Unternehmen und im Speziellen die Industrie? Wie läuft die Abstimmung zwischen Politik und Wirtschaft und welche konkreten Maßnahmen wurden und werden in den St. Pöltner Betrieben aktuell umgesetzt?
DÄMMSTOFFE. Das sunpor Werk in Unterradlberg produziert EPS-Kunststoffe.
Bekenntnis zu Klimazielen
Zum grundsätzlichen Ziel der Klimaneutralität bis 2050 bekennen sich alle befragten Unternehmen der Region. Bei der Egger Holzwerkstoffe GmbH klingt das etwa so: „EGGER verfolgt eine ambitionierte, zukunftsweisende Klimastrategie zur Reduktion des gruppenweiten CO2-Fußabdrucks. Der Holzwerkstoffhersteller bekennt sich klar zum Net Zero Ziel bis 2050.“ Auf dem Weg dorthin habe man sich außerdem entsprechende Milestones gesetzt, heißt es aus dem
Unternehmen weiter. Als Beispiel für die Bemühungen wird u. a. die technische Umrüstung am Standort Unterradlberg genannt. Dort habe man nach einem Jahr Bauzeit und einer Investition von rund fünf Millionen Euro einen neuen Wärmetauscher installiert, der die Produktion ohne den Einsatz von Erdgas ermöglicht. „Mit dieser Investition sind wir einen weiteren Schritt hin zu einer nachhaltigen Zukunft gegangen. Wir sind stolz, dass wir unseren Wärme- und Strombedarf nun fast zur Gänze durch erneuerbare Energiequellen decken und dadurch einen Beitrag zum Klimaschutz leisten können“, so Martin Wurzl, Werksleiter Technik/Produktion.
Auch beim Sanitärtechnik-Unternehmen Geberit, das ein Produktionswerk in Pottenbrunn betreibt, sieht man sich in punkto Nachhaltigkeit in einer Vorreiterrolle: „Bereits 1990 hat Geberit eine erste Umweltstrategie erstellt und konkrete Maßnahmen umgesetzt. Diese Strategie wurde mit den Jahren schrittweise zu einer umfassenden Nachhaltigkeitsstrategie ausgebaut“, so Helmut Schwarzl, Geschäftsführer der Produktionsgesellschaft in Pottenbrunn. Das Thema wird dabei umfassend und nicht bloß auf die Zahl der Treibhausgasemissionen reduziert betrachtet. Kreislaufwirtschaft und „Ecodesign“ werden bei Geberit hervorgehoben. „Ein wesentlicher Beitrag von Geberit zur Kreislaufwirtschaft besteht deshalb darin, dank hochwertiger Materialien und strengen Qualitätsanforderungen eine möglichst lange Produktlebensdauer zu erreichen“, erläutert Schwarzl. Mit dem Ecodesign-Prinzip meine man, dass jedes Produkt ökologisch besser sein müsse als sein Vorgänger, ohne dabei Einbußen bei Qualität oder Funktionalität zu erleiden. Bei den Emissionszielen sieht sich das Unternehmen im Plan: „Im Jahr 2023 sanken die absoluten CO2Emissionen der gesamten Geberit Gruppe im Vergleich zum Vorjahr um 19,6 % auf 121.014 Tonnen. Seit der Übernahme der energiein-
tensiven Keramikproduktion mit zahlreichen europäischen Produktionsstandorten im Jahr 2015, nahmen die relativen CO2-Emissionen (CO2-Emissionen im Verhältnis zum währungsbereinigten Nettoumsatz) sogar um 63,2 % ab. Diese substanzielle Abnahme resultiert aus der Reduktion des Energieverbrauchs, der Erhöhung der Effizienz sowie aus dem gezielten Zukauf von hochwertigen erneuerbaren Energieträgern“, fasst Schwarzl zusammen. Bis 2035 will die Geberit Gruppe die relativen CO2-Emissionen gegenüber 2015 um 80 Prozent reduzieren.
Politik gefordert Ähnlich umfassend sieht man es beim Hersteller von EPS-Kunststoffen sunpor mit Standorten in Stattersdorf und Radlberg. Man nehme als Unternehmen seine Verantwortung ernst und setze aktive Schritte um ökologische und soziale Nachhaltigkeit umzusetzen. Auch wenn die produzierten EPSGranulate (Expandiertes Polystyrol) Rohstoffe aus der Erdölkette sind, werden sie zum Beispiel in der Dämmung von Gebäuden eingesetzt und spielen damit eine wichtige Rolle bei der Senkung des Energiebedarfs. Weil EPS bis zu 100% recyclingfähig sei, sieht das Unternehmen die Zukunft in einer geschlossenen EPS-
Kreislaufwirtschaft. Die Politik sei gefordert, Rahmenbedingungen für nachhaltige, leistbare Lösungen im Kampf gegen den Klimawandel zu setzen. Um die EU-Klimaziele zu erreichen, brauche es gemeinsame Anstrengungen aller Beteiligten, heißt es seitens sunpor weiter.
Konkreter wird Thomas Salzer, Geschäftsführer der Salzergruppe, die in den Bereichen Papier, Formteile und Service in St. Pölten tätig ist. „Es hakt an einem realistischen Blick unter dem Aspekt, was ist tatsächlich machbar, gibt es die Ressourcen, um den Wandel zu schaffen und sind wir dann noch wettbewerbsfähig. Es hilft wenig, wenn die EU global das Tempo vorgibt, alle andern zusehen und sich die Hände reiben, weil die Industrie in der EU gegen die Wand gefahren wird“, meint der Geschäftsführer. Sich häufig ändernde Vorgaben und Ziele machen es zudem schwer, langfristig zu planen, so Salzer weiter. Im Unternehmen will man das EU-Ziel der CO2-Neutralität bis 2050 erreichen, zuletzt hat man mit dem Bau eines Kraftwerks begonnen: „Zwei der Unternehmen der Gruppe – Papier und Formtech – sind energieintensiv und benötigen Dampf für den Produktionsprozess. Durch den Bau der
Bio-KWK, ein Kraft-Wärme-Kopplungs-Kraftwerk, wo Strom und Wärme genutzt werden können, durch die EVN am Standort Salzer, kann ein Großteil der CO2-Emissionen der Produktion in Zukunft vermieden werden.“ Investitionskosten: rund 50 Millionen Euro.
Großteils Einigkeit über Ziele
Und wie läuft die Umsetzung der Klimaziele auf politischer Ebene?
In der Stadt St. Pölten hat man kürzlich die Klimakoordinationsstelle (KlimaK) eingerichtet, die einerseits Klimakompetenzen im Magistrat bündeln, andererseits aber auch den Austausch zwischen Stadt und Vereinen und Wirtschaftstreibenden forcieren soll. Aufseiten der Betriebe sehe man bei der KlimaK derzeit vorsichtig positive Stimmung: „Diese Stimmung wollen wir natürlich aufnehmen und für unsere Vorhaben bestmöglich verwerten. Unsere Türen stehen jedenfalls für einen Ideenaustausch offen, erklärt der Leiter der KlimaK Franz Gruber, der ergänzt: „Das Thema Klimakrise ist natürlich ein heikles. Dennoch gibt es zahlreiche Bemühungen, auch von unseren Wirtschaftstreibenden. Es gilt nun diese Bemühungen zu bündeln und in Taten umzusetzen. Bisher hakte es daran, dass es für diese Anliegen keine Anlaufstelle gab, diese wollen wir nun bieten.
Aufseiten der politischen Fraktionen im St. Pöltner Gemeinderat findet man unterschiedliche Perspektiven. Von der grünen Stadträtin Christina Engel-Unterberger gibt es grundsätzlich Lob für die Einrichtung der KlimaK, andere Projekte der Stadt lehnt sie allerdings ab: „Mit Sorge und Befremden sehen wir jedoch, dass die Stadt und insbesondere die mit absoluter Mehrheit regierende SPÖ weiterhin Lobbyarbeit für umstrittene Großprojekte wie die S34 und ein REWE-Logistikzentrum im Süden der Stadt betreiben“, so Engel-Unterberger. Diese Projekte seien das diametrale Gegenteil von Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Angesprochen auf die Industrie hebt die Stadträtin die Investitionen des Bundes für deren klimafreundlichen Umbau hervor, auf Landesebene sieht Engel-Unterberger jedoch noch Herausforderungen beim Netzausbau und der Netzstabilität, die beide notwendig seien, um die Energiewende auszurollen. Der Kritik an solchen Großprojekten schließt sich NEOS-Gemeinderat Niko Formanek an. „Der Klimapfad der EU führt derzeit defacto in ein klimapolitisches Nichts. Vor allem, solange es keine wirklichen harten negativen Konsequenzen für massiv klimaschädliches Verhalten gibt.“ Projekte wie die S34 oder das REWE-Logistikzentrum, die klare klimaschädliche Risiken hätten,
müssten harte juristische Konsequenzen haben, so Formanek.
Uneinigkeit über Prioritäten
Die Kritik von FPÖ-Stadtrat Klaus Otzelberger richtet sich gegen einen „vorherrschenden Klima-Extremismus“, den er unter anderem an dem raschen Ausstieg aus russischem Gas festmacht: „Unser Zugang zum Umweltschutz geht mit Hausverstand und ermöglicht es, dass wir den Wohlstand der Bevölkerung erhalten. Derzeit braucht es weiterhin billiges russisches Gas, eine Technologieoffensive, etwa zur Bindung von CO2 in tiefen Gesteinsschichten, eine ehrliche Diskussion über heimische Gasquellen und einen Ausbau der erneuerbaren Energien“, so Otzelberger. Vizebürgermeister Matthias Adl, ÖVP, streicht hervor, dass den Diskussionen auf europäischer Ebene nun Taten folgen müssen. „Dass Klimaschutz mittlerweile ein wichtiger Punkt auf der Agenda der EU ist, ist ein wichtiger Schritt der letzten fünf Jahre, vor allem wenn man sieht, wie manche rechtspopulistischen Parteien den Klimawandel runterspielen. Eines ist aber auch klar: Mit Überregulierungen, die teilweise sinnlos sind, wird der Klimawandel nicht aufgehalten“, so Adl. Mehr investiert werden solle in die Erforschung klimaneutraler Treibstoffe, anstatt den Verbrennungsmotor kurzfristig zu verbieten, so der Vizebürgermeister weiter. „Wie man aktuell an den Problemen mit der Verwertung
alter Elektroautos sieht, ist es angebracht, die Nutzung von anderen alternativen Treibstoffen wie etwa Wasserstoff zu forcieren“, fasst Adl zusammen. SPÖ-Vizebürgermeister Harald Ludwig zieht in Zweifel, wie ernst es der Regierung mit dem Klimaschutz wirklich ist: „Die aktuelle Österreichische Bundesregierung einigte sich bislang noch nicht einmal zu einer Aktualisierung eines bundesweit gültigen Klimaschutzgesetzes. Die alte Fassung galt bis Ende 2020, seither fehlt die Neuauflage. Ein Strafverfahren durch die EU ist daher wahrscheinlich.“ Dieses Klimaschutzgesetz sei notwendig, damit die Stadt sich an den Vorgaben orientieren kann. Genügt der Pfad, den die Stadt St. Pölten bisher beschreitet? Ludwig: „St. Pölten ist Pionierstadt und hat sich innerhalb dieses Programmes auch dazu verpflichtet eine CO2-Bilanzierung zu erstellen. Bislang fehlen hier noch die Spielregeln seitens des Umweltbundesamtes. Die KlimaK arbeitet jedenfalls bereits fieberhaft daran, diesen Spielregeln dann zu entsprechen.“ Erst danach könne man CO2-Absenkpfade beschreiten.
Wer sich in den Unternehmen der Region umhört, erkennt deutliche Anzeichen für das Bestreben zu mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Auch messbare Ziele werden in den Betrieben großteils definiert, auch wenn die Rechenwege hinter etwaigen CO2-Reduktionen nicht immer ganz klar sind. Auf politischer Ebene kann die Einrichtung der KlimaK als positives Signal gedeutet werden, inwieweit die Koordinationsstelle zu mehr Nachhaltigkeit führt, wird man allerdings erst nach einiger Zeit bewerten können. Problematisch ist jedenfalls, dass der aktuell eingereichte nationale Energie- und Klimaplan des Bundes das Ziel der EU schon auf dem Papier verfehlt. Das bietet für die Umsetzung in der Praxis wenig Grund zu Optimismus.
SAVE THE DATE
Plötzlich und unerwartet werden alle 50. Hoppla! Lasst uns feiern! Save the date! Too old to die young! U.A.w.g. Und wenn man dann so eine Einladung in Händen hält, dann geht das Hirnkarussell los. Alle einsteigen! Auf geht’s auf eine Reise in die Vergangenheit! Wie lange hat man den ehemaligen Klassenkameraden, Liebhaber, Weggefährten nicht gesehen? Wie cool! Wer wird aller dort sein und was zieh ich an? Jetzt liegt es auf der Hand, dass dich langjährige Freunde meistens sehr gut bis zu gut kennen. Sie haben dir die Haare gehalten, als du an dem einen Abend in den Brunnen gespieben hast, sind mit dir bei der Sprachreise in Cannes Autostopp zum Strand gefahren, kennen dich mit orange gefärbten Haaren, unterschiedlichen Konfektionsgrößen und Lebensabschnittspartnern, haben mit dir beim Koll Gras geraucht oder sind zu zweit auf dem Einsitzermoped zu der argen Party nach Hausheim gefahren. Gute Freunde kennen deine verrücktesten Geschichten. Beste Freunde haben sie mit dir erlebt.
Das Handy läutet und reißt mich aus meinen Tagträumen. Eine Freundin erzählt mir von den „Heldentaten“ ihres Sohnes. „Schleicht sich der doch glatt aus der Wohnung und fährt nachts alleine mit dem Zug nach Wien auf ein Konzert!“
Abends plaudere ich mit meinem Teenagersohn darüber. „Das würdest du doch niemals machen, stimmts?“ Die arglose Antwort des Satansbratens kommt überraschend: „Aber Mama! Was soll er dann mal seinen Enkelkindern über sein Leben erzählen? Bad ideas made great memories!“
Dem ist nichts hinzuzufügen!
BAUERNPROTEST
U(KEIN)
Europas Bauern protestieren: In Polen rollen riesige Traktoren durch die Hauptstadt, in Frankreich stürmen wütende Bauern eine Agrarmesse, in Rumänien und Bulgarien blockieren Landwirte mit ihren Maschinen die Grenze. In Österreich rumort es nur sanft am Land. Warum?
nsere heimischen Bauern sind gut vernetzt, seit jeher tief in der Regierung verankert und können so ihre Interessen durchsetzen – im Gegensatz zum Beispiel zu den Kollegen in Deutschland. 1,7 Prozent der österreichischen Bevölkerung und 3,5 Prozent der Erwerbstätigen sind Landwirte. Das politische Gewicht der Bauernschaft ist ein Vielfaches. Allein der ÖVPBauernbund zählt mehr als 230.000 Mitglieder. Das ist offensichtlich ein Grund, warum bei uns sehr selten die Traktoren auffahren und könnte mit „Solidarität“ zusammenhängen. „Richtig, die Bauern protestierten in Österreich deshalb nicht, weil der Bauernbund mit 18 Vertretern im Parlament seit Jahrzehnten in der Regierungsverantwortung sitzt. Dort wurden allerdings Strukturen gebildet, welche die derzeitigen Probleme in der Landwirtschaft erst geschaffen haben“, sagt Thomas Hubmann. Der Landwirt züchtet in Sasendorf Schweine, glückliche
Schweine. Gemeinsam mit seinem Bruder Andreas setzt er auf mobile Freilandhaltung. Die Tiere haben ein Zelt als Unterstand und fühlen sich in der frischen Luft sauwohl. Ein weiterer Vorteil dieser regenerativen Agrarkultur: Der Schweinemist wird kompostiert und zu humoser, bester Erde. „Seit wir die Freilandschweine haben, können wir auf synthetische Dünger verzichten. Wir erhöhen die Bodenfruchtbarkeit und damit ist der biologische Kreislauf geschlossen“, so Hubmann. Er hat das System aus England und Deutschland übernommen und optimiert, ist ein Vorreiter. Die haben es nicht leicht in Österreich. Die Schweine-Freilandhaltung der Hubmanns wurde bis jetzt nicht behördlich genehmigt, mehrmals schon drohte die Schließung. Der Verein gegen Tierfabriken, Oppositionspolitiker und auch die Grüne Generalsekretärin Olga Voglauer unterstützen die Hubmanns. Jetzt soll gemeinsam mit Bezirkshaupt-
mannschaft und der Universität für Bodenkultur eine Lösung gefunden und die bürokratischen Hürden entfernt werden.
Bürokratie und Förderungen
Die überbordende Bürokratie, sie ist das Grundproblem, das die Bauern hemmt, davon ist Thomas Hubmann überzeugt. „Die österreichische Politik hat sich einen unüberschaubaren Haufen an bürokratischen Details geschaffen. Der Kampf dagegen gleicht dem Kampf gegen Hydra.“ Die Landwirte müssten erkennen, dass es nichts bringt, einzelne der tausenden Details zu überschauen und zu bekämpfen, sondern das Grundproblem, die Bürokratie selbst. Damit hängt zum Beispiel zusammen, dass Förderungen versickern und nicht zur Gänze bei den Bauern landen. Was VP-Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig bei einer der wenigen österreichischen Bauerndemos, der in Vöcklabruck, vorgeworfen wurde.
An EU-Subventionen stehen Österreich zwischen 2023 und 2027 8,8 Milliarden Euro zur Verfügung. Ein großer Teil dieser Förderungen wird nach Betriebsgröße, also pro Hektar, vergeben. Das ist auch ein Kritikpunkt der Betroffenen: Große Betriebe werden begünstigt. Die Landwirtschaft ist übrigens der einzige Teilbereich der Europäischen Union, in dem es eine gemeinsame Politik der Mitgliedstaaten gibt. Und dabei haben sich die EU-Mitgliedsländer auf die Strategie für eine Agrarwende verständigt, den Green Deal: Bis 2030 soll die Agrarernährungswirtschaft umgebaut werden, mit Fokus auf ge-
INTERVIEW JOE KRANAWETTER
Was läuft denn in Österreichs Landwirtschaft unrund? Warum sind so viele Bauern unzufrieden?
Vielerorts sterben Familienbetriebe, weil die Öffentlichkeit dem Landwirt ein Versagen vorwirft, auf das er nur bedingt Einfluss hat. Da geht es etwa um den zu großen Bodenverbrauch oder um die Tierhaltung oder die Größe des Betriebs. Dann sind da noch die Konzerne mit ihren
Inszenierungen in den Kampagnen für Lebensmittel und Regionalität, der Verwässerung von Gütesiegeln. Sie etablieren, ungescholten von ,ohnmächtigen‘ Interessenvertretungen, eine neue „Wahrheit“ basierend auf fragwürdigen Werbepartnerschaften. Der einzelne Landwirt weiß um seine Ohnmacht und um die Macht der Konzerne, daher schweigt er, und es sterben jeden Tag weitere Betriebe und damit ein Teil der Identität unseres Landes.
Was sagen Sie zu den aktuellen Entwicklungen in der EU?
Die Entwicklung ist ein Spiegelbild der Nationalstaaten und der Gegenwart. Fördergelder werden auf Basis von Kreditgebern, Beratern, Influencern und Lobbyisten verteilt, die wie Händler von gefälschten Uhren ihren Mantel jedem öffnen, der ihren Dienst sucht. Die Gegenwart verspielt vieles, was uns der EU-Beitritt gebracht hat. Ich vertraue auf unsere Jugend, die sich positioniert und einen Weg für ihre Zukunft finden wird.
Österreichisch ist die Diskussion um die Vollspaltenböden, also um die Tierhaltung –was könnte da die Lösung des Problems sein?
Was gut gemeint ist, hat für Konsumenten, denen höheres Tierwohl wichtig ist, nur wenig Mehrwert, denke ich. Der zusätzliche Aufwand der Betriebe steht in keiner Relation dazu. Die Folge werden verstärkte Importe sein. Davon profitierten vor allem Industriebetriebe, die nicht nur Fleisch aus Österreich verarbeiteten. Gewerbe und Markenartikel im Lebensmittelbereich wurden ruiniert und durch „Geiz ist geil“-Preise und Eigenmarken ersetzt. Jedes Kilo Fleisch, das ohne Herkunftsbezeichnung verkauft wird, unterstützt jene, die auf Transparenz und Haltung pfeifen. Jedes Kilo Fleischersatz treibt die Gewinne der Lebensmittelhändler in die Höhe. Beim als Fleischer verkleideten Schauspieler oder sprechenden Schweinderl ist jedenfalls keine Lösung des Problems zu finden. Vielleicht denken wir auch darüber einmal nach.
Was soll/wird sich in den nächsten Jahren/Jahrzehnten in der Landwirtschaft ändern?
Wir müssen erkennen, dass wir Produkte aus anständiger Tierhaltung nur mit starken Gütesiegeln beziehen können. Die Landwirtschaft in Österreich kann nur dann qualitätvoll produzieren, wenn sich die Produktion nach der Natur richtet und nicht nach der Bürokratie oder den Marketingideen der Konzerne.
Die österreichische Politik hat sich einen unüberschaubaren Haufen an bürokratischen Details geschaffen.
sunde, faire und umweltverträgliche Lebensmittel, auf Klima-, Tier- und Naturschutz. Die Landwirte in Europa müssen sich daher mit neuen Realitäten auseinandersetzen. Das Dieselprivileg wird hinterfragt. Mit Agri-Photovoltaik und Biomasse tun sich neue Energienutzungsmöglichkeiten auf. Mit den neuen Auflagen steigen die damit verbundenen Kosten und auch die Bürokratie.
Österreichs Bauern sind beim Green Deal übrigens im Vorteil und daher weniger Demo-anfällig: Bei uns gelten bei zahlreichen Lebensmitteln höhere Qualitätsstandards, die auch kontrolliert werden. „Österreichs Bäuerinnen und Bauern produzieren höchste Qualität und setzen im Bereich Tierwohl im internationalen Vergleich hohe Standards in der Produktion um. So ist Österreich eines der wenigen Länder im EU-Binnenmarkt, das den Ausstieg aus Vollspaltenböden eingeleitet hat“, bestätigt der niederösterreichische Landwirtschaftskammerpräsident Johannes Schmuckenschlager. Dass ihnen daraus Nachteile erwachsen, befürchteten die demonstrierenden Bauern in Oberösterreich: Die Teilnehmer forderten eine Herkunftskennzeichnung für alle Lebensmittel und, dass für importierte Güter dieselben Standards wie in Österreich gelten sollen.
Tierwohl auch kaufen
Mit höheren Tierschutz- und Umweltstandards und damit höheren Preisen für Lebensmittel haben sich aber noch nicht alle Konsumenten angefreundet. Auch viele, die nicht jeden Cent umdrehen, kaufen Schnäppchenfleisch. „Wer mehr Tierwohl will, muss es auch kaufen“, sagt Schmuckenschlager.
Daher sei es dringend notwendig, dass alle Akteure entlang der gesamten Wertschöpfungskette bis zu den Konsumentinnen und Konsumenten, der Gastronomie sowie der öffentlichen Beschaffung diesen Weg mittragen und auch ihren Beitrag dazu leisten. „Die öffentliche Hand hat hier entsprechende Verantwortung, nimmt diese aber nicht wahr“, ärgert sich der Kammerpräsident, der dazu eine Rechnung angestellt hat: „Wenn nur zehn Prozent der Krankenhäuser, Seniorenheime und Schulen beste Lebensmittelqualität aus heimischer Produktion anbieten und wir den Anteil an österreichischen Lebensmitteln in den Großküchen erhöhen, werden 500 landwirtschaftliche Betriebe abgesichert.“
Wertschöpfung und Wertschätzung
Mit all den veränderten Rahmenbedingungen fühlen sich viele Bauern
Wer mehr Tierwohl will, muss es auch kaufen.
mit ihren Zukunftsfragen allein gelassen. Jahr für Jahr geben in Österreich rund tausend bäuerliche Betriebe auf, wegen unsicherer Wertschöpfung und mangelnder Wertschätzung. Denn vielen Schnäppchenjägern ist nicht bewusst, dass ihre Lebensmittel und damit die Arbeit der Bauern viel wert sind. „Als Subventionsempfänger und Tierquäler abgestempelt, und ohne Planungssicherheit verspüren viele Junge wenig Lust, die Höfe ihrer Eltern zu erhalten“, weiß Johannes Schmuckenschlager.
Es gibt allerdings auch Landwirte, die neu beginnen und damit erfolgreich sind. Michael Kietreiber etwa hat seine „Marktgärtnerei“ 2018 gegründet, baut in Maria Jeutendorf Gemüse an und ist damit so erfolgreich, dass er nicht nur begeisterte Kunden versorgt, sondern auch die Top-Gastronomie rundum beliefert. „Wir vermarkten nah und direkt und haben daher keine Probleme.“ Auch deshalb nicht, weil er ohne Subventionen auskommt: „Ich wollte von Anfang an selbst überleben können.“
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BAU-BLOCK
Nichts geht mehr: Zahlreiche geplante Wohnbauprojekte werden seit Jahren nicht realisiert. Das Warten hat kein Ende, noch nicht: Hohe Baukosten und hohe Zinsen bremsen private und gemeinnützige Bauträger, auch in St. Pölten.
Ungehindert wächst wieder Gras über den einstmals blühenden Garten zwischen Fuhrmannsgasse und Wiener Straße. Seit fast zehn Jahren passiert nichts hinterm abgrenzenden Baustahlgitter. 60 Wohnungen wollte NV Immobilien auf dem 2.500 Quadratmeter großen Grundstück in der Innenstadt errichten, doch die Baumaschinen sind nie aufgefahren. Daran wird sich so bald nichts ändern: „Der Neubau von Wohnungen ist aufgrund der Marktlage aktuell nicht geplant. Für noch nicht entwickelte Projekte versuchen wir, marktfähige Lösungen zu erarbeiten“, sagt
Gabriele Schneider. Denn sowohl die Errichtung als auch die Verwertung von Immobilienprojekten sei derzeit schwierig. „Wenn schnell auf die baurechtlichen Anforderungen und die Marktsituation reagiert wird, können Wohnimmobilien auch in St. Pölten wieder erfolgreich umgesetzt werden“, so die Sprecherin von NV Immobilien, im Einklang mit anderen Immobilienentwicklern, deren Projekte auf Eis liegen. Wegen der Marktlage, das ist das Stichwort: „Zum einen sind die effektiven Baukosten um mindestens 25 Prozent gestiegen – in Teilbereichen wesentlich mehr. Gleichzeitig sind auch die Kreditzinsen um das Fünffache gestiegen“, erklärt Eva Czirny, Geschäftsführerin der Domus Liegenschaftsverwaltung, die etwa den FH Campus und Wohnprojekte in der Herzogenburger Straße errichtet hat. „In diesem Umfeld Neubauwoh-
nungen mit leistbarer Miete zu produzieren, die gleichzeitig auch qualitätsvoll, nachhaltig und möglichst nett anzuschauen sind, ist nahezu unmöglich.“
Gemeinnütziger Wohnbau als „Förder-Baustelle“
Die gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaften stehen vor einem weiteren Problem, zusätzlich zu den Baukostensteigerungen: Die Förderrichtlinien des Landes, die die Zinserhöhungen abfedern, sind geändert und erst Ende des vergangenen Jahres beschlossen worden, im Vorjahr ist weniger Wohnbaugeld geflossen. Die Genossenschaftsverantwortlichen reagieren besorgt:
Die rasche und unbürokratische Abwicklung von Wohnbaugeldern wäre wünschenswert.
ISABELLA STICKLERstraße, beide mit voraussichtlichem Baubeginn 2024, bei beiden ist die Finanzierung „in Arbeit“. Der Direktor der Allgemeinen Gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaft erhofft sich außerdem weniger Bürokratie: „Man braucht Geduld und es dauert.“ Ähnlich argumentiert Isabella Stickler, Obfrau der Wohnungsgenossenschaft Alpenland: „Die rasche und unbürokratische Abwicklung von Wohnbaugeldern wäre wünschenswert für uns Wohn-
ADEN
STILLSTAND. Die freie Fläche in der Fuhrmannsgasse wartet mit NV Immobilien
„Ich hoffe, dass das Geld bis zu uns durchkommt, wir brauchen wirklich Unterstützung der politisch Verantwortlichen für unsere 12.000 Mitglieder, um leistbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen“, sagt Willi Gelb. Auf der Homepage der Genossenschaft finden sich mehrere Projekte, die in Planung sind, zum Beispiel „Wohnen am Anger“ in der Stifterstraße oder in der Ließfeld-
baugenossenschaften.“ Denn die Wohnbauförderung war seit Bestehen der Gemeinnützigkeit in Zeiten gestiegener Zinsen und teurer Finanzierungen das wohnbaupolitische Instrument, um leistbaren Wohnraum für viele Menschen zu ermöglichen. „Wir wissen jetzt schon, dass wir in den nächsten Jahren nicht genug Angebot an unbefristeten und kostendeckenden Wohnungen haben wer-
den, es wird zu einer Verknappung des Wohnungsangebots kommen“, befürchtet Stickler und bekräftigt, dass Alpenland die Bautätigkeit auch unter schwierigen und herausfordernden Rahmenbedingungen fortsetzt. In Vorbereitung ist aktuell ein Wohnprojekt in Oberwagram, ein Projekt mit gemischter Nutzung in der Wiener Straße ist in Planung. „Weiters läuft ein Architektenwettbewerb für ein Wohnquartier in Viehofen und nicht zuletzt beteiligen wir uns im Zuge der Pionierstadt St. Pölten mit einer Liegenschaft in der Trautsonstraße an der Mission ‚Klimaneutrale Stadt‘“, so Stickler.
Für die leere Fläche am Neugebäudeplatz, wo vor einigen Jahren die „Eierspeisburg“ geschleift wurde, schaut’s auch gut aus: Die WETgroup will dort ab 2025 ein Wohn- und Bürogebäude errichten. „Wir sind noch in der Planung“, meldet WET-Sprecherin Julia Leitner-Christ.
Problem für die Bauwirtschaft Bauträger, die sich auf den Bau von Eigentumswohnungen spezialisiert haben, stehen vor einem weiteren Hindernis: „Es schlagen nicht nur die Zinsen und die gestiegenen Bauund Grundstückskosten durch, die erforderliche Eigenkapitalquote hat den Käuferkreis erheblich eingeschränkt“, spielt Domus-Chefin Eva Czirny auf die KIM-Verordnung der Finanzmarktaufsicht an, die einen Wohnkredit für viele unerschwinglich macht. Die fehlende Bautätigkeit wird zum Problem für die Bauwirtschaft und die Bauträger werden. Eva Czirny: „Gleichzeitig wird diese Situation mittelfristig fast zwingend zu einem Engpass auf der Angebotsseite führen, das wird wiederum die Mietpreise weiter erhöhen und die Inflation weiter ankurbeln.“ Wie aber könnten Insolvenzen in der Bauwirtschaft ver-
INTERVIEW GEORG EDLAUER
Immobilienmakler und Gerichts-Sachverständiger, Universitäts-Lektor, ehemaliger Obmann des Fachverbands der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der WKO.
Es schwirren derzeit so viele Expertenmeinungen durch die Medien, was Bauen und Wohnen betrifft. Zum Beispiel: Eigentum ist nicht mehr leistbar, Mietwohnungen werden zu wenige gebaut. Stimmt das?
In den letzten beiden Jahren ist die Nachfrage nach Miete stark gestiegen, da Eigentum von Wohnungen und Häusern für viele, insbesonders für junge Leute, fast unerreichbar geworden ist. Die Gründe sind vielfältig: Die KIM-Verordnung fordert hohe Eigenmittel und normiert strenge Obergrenzen bei der Rückführung der Darlehen. Übersehen wird dabei, dass sich die finanzielle Situation gerade von Jungfamilien in der Regel nach wenigen Berufsjahren doch entspannt und damit die Darlehen immer leistbarer werden. Nur, was nützt es: Diese Familien bräuchten ihre Wohnungen oder Reihenhäuser oder Einfamilienhäuser jetzt.
Natürlich leisten auch die gestiegenen Zinsen und die hohen Baukosten ihren Beitrag zur derzeitigen Situation. Die 30-Prozent-Steigerung bei den Baukosten in den letzten beiden Jahren muss sich naturgemäß unmittelbar auf die Kaufpreise niederschlagen. Zudem ist es die hohe Inflation, die bei Kaufinteressenten für Verunsicherung bei einem Blick in die eigene Zukunft sorgt. Gestiegen sind auch in vielen Gebieten im Großraum St. Pöltens die Grundkosten. Das war aber keine Überraschung, da St. Pölten jahrzehntelang neben Eisenstadt die billigsten Baugründe hatte. Unsere aktuellen Grundpreise bewegen sich auch derzeit erst im unteren Bereich des Rahmens vergleichbarer Städte. Die Schere zwischen verfügbarem Haushaltseinkommen und den Preisen von Eigentum geht jedenfalls sehr rasch auf. In St. Pölten hatten wir bis vor einigen Jahren ein sehr hohes Bauvolumen, welches den Markt kurzfristig gesättigt, teilweise sogar übersättigt hat. Aktuell sehen wir, dass die Nachfrage nach Miete sehr gut ist und das derzeitige Neubauvolumen vom Markt gut aufgenommen wird.
Die Bautätigkeit der Gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaften und der Wohnbauträger stoppt aber offensichtlich gerade. Warum?
Trotz der gegebenen Brisanz gibt es noch immer keine zielgerichteten Förderungsmaßnahmen. Denkbar wäre beispielsweise eine Abschreibungsmög lichkeit im Rahmen von Sonderausgaben für die Anschaffung von Wohnraum – wie bereits in der Vergangenheit gehabt; eine Entlas tung bei der Grunderwerbssteuer – immer hin 3,5% vom Kaufpreis; eine Entlastung bei der Eintragungsgebühr ins Grundbuch – das wird derzeit von der Regierung zumindest an gedacht, liegt aber nur bei 1,1%, Förde rung von thermischen Maßnahmen und alternativen Energiekonzepten. Aber gerade dieses letzte Thema der Förderung ist weder von der
Gemeinnützigen Wohnungswirtschaft und schon gar nicht von privaten Bauträgern zu lösen, welche im Übrigen in Niederösterreich noch immer de facto von größeren Förderungen für den Wohnungsneubau ausgeschlossen sind. Diese Themen sind ausschließlich von der Politik, und zwar rasch, zu lösen. Aufgrund der derzeitigen fehlenden attraktiven Förderungen und der hohen Baukosten und den daraus resultierenden Miethöhen ist jedoch zu befürchten, dass es einen weiter anhaltenden annähernden Stillstand bei Neubauten, vor allem im genossenschaftlichen Bereich, geben wird. Auswirkungen werden wir aber erst 2025/26 zu spüren bekommen, weil die Einreichungen von Bauprojekten derzeit größtenteils ausbleiben. Es ist hier nicht auszuschließen, dass die Miet- und Kaufpreise von Neubauwohnungen durch diese Verknappung steigen, was aus aktueller Marktsicht nicht wünschenswert ist.
Als Alternative zum Neubau werden jetzt immer wieder Sanierung von Altbau und Nachverdichtung von Städten genannt. Was bringt’s?
Sanierung und Nachverdichtung, insbesonders vertikale Nachverdichtung, sind natürlich nach wie vor wichtige und richtige Ansätze. Aber auch hier vermisse ich durchgreifende und durchdachte Ideen der Politik. Auch überbordender Bürokratismus bremst entsprechende Aktivitäten. Du musst dir zum Beispiel nur einmal ansehen, wie oft sich Investoren im Kreis drehen müssen, um endlich Gefallen vor dem Gestaltungsbeirat zu finden. Das ist schlichtweg kontraproduktiv. Bei Sanierungen und Nachverdichtungen schlagen die hohen Baukosten und Finanzierungskosten ebenfalls spürbar durch. Auch hier fehlen seit Jahrzehnten entsprechende und durchdachte finanzielle Anreize durch die Politik.
Fehlen Wohnungen in St. Pölten? Oder: Ab wann wird Wohnraum in St. Pölten fehlen?
Vielleicht eingangs noch ein paar Zahlen aus Wien: Der Wohnungsmarkt ist dort schmerzhaft eingebrochen. Wurden 2022 noch mehr als 15.000 Wohnungen gebaut – bei einem Bevölkerungswachstum pro Jahr von rund 50.000 Menschen – werden es im Jahr 2024 nur mehr rund 13.000 Wohnungen und 2025 überhaupt nur mehr weniger als 10.000 Wohnungen sein. Für 2026 ist die Prognose überhaupt desaströs: Nicht einmal 6.000 Wohnungen werden dann fertig gestellt. Und das bei einem unverändert hohen Zuzug.
Es ist nicht abzuschätzen, ob sich in St. Pölten ein ähnliches Schicksal abzeichnet. Auszuschließen ist es aber seriöserweise nicht. Wenn die Politik also nicht endlich hrend agiert, ist es bei den Wahlen im Herbst schon 5
mieden werden, wie der Wohnbedarf in St. Pölten, der am schnellsten wachsenden Stadt Österreichs, weiter gedeckt werden? „Raus aus dieser Falle kommen wir nur, wenn die Zinsen fallen“, ist Immobilienmakler und -verwalter Mario Winkler überzeugt, der die große Nachfrage nach Mietwohnungen bestätigt.
Eva Czirny sieht die Politik gefordert: „Investitionsanreize wie Investitionsfreibeträge auch für die Sanierung von Wohngebäuden und vorzeitige Abschreibung wären in der aktuellen Situation geeignete Maßnahmen, um trotz negativem Umfeld Anreize für Sanierungen im Althausbereich zu schaffen und Altbauten wieder fit für neue Bewohner zu machen, damit nicht Boden neu versiegelt werden muss.“
Polit-Reaktionen
Und die Politik reagiert. Wegen der hohen Zinsen und Baukosten hätten sich einige Wohnbauträger veranlasst, trotz Förderzusage des Landes NÖ Projekte zu verschieben oder abzusagen, heißt es aus dem Büro der zuständigen Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister. Niederösterreich liege im Bunderländervergleich auf Rang 2 bei den geför-
derten Wohnungen: „2023 wurden über 2.700 Neubauwohnungen und 870 Sanierungen im großvolumigen Wohnbau mit Mitteln der NÖ Wohnbau fertiggestellt. Aktuell befinden sich in Niederösterreich über 4.400 Wohneinheiten in 205 Projekten in Bau“, betont Teschl-Hofmeister, dass das Land NÖ für den geförderten Wohnbau mehr Geld als je zuvor in die Hand nimmt: „Mit der neuen Wohnbauförderung stellen wir sicher, dass trotz der schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse eine Planbarkeit für Mieter, Wohnbauträger und das Budget des Lan-
Investitionsanreize auch für Sanierungen wären geeignete Maßnahmen gegen neue Bodenversiegelung. EVA CZIRNY
des geschaffen werden kann.“
Auch die Stadt St. Pölten reagiert auf die Malaise am Bau und unterstützt mit einer Gemeinderatsresolution die Forderung des Städtebunds, der von der Regierung einen Milliardenboost verlangt, der die lokale Wirtschaft in den Städten und Gemeinden ankurbeln soll: „Dieses Kommunalinvestitionspaket muss noch vor der kommenden Bausaison geschnürt werden.“ Denn die Angelegenheit ist dringlich, begründet Bürgermeister Matthias Stadler: „Städte und Gemeinden sind der Motor der lokalen Wirtschaft. Wenn sie die Möglichkeit haben zu investieren, profitieren davon nicht nur die lokale Wirtschaft, sondern vor allem auch die Bürger und Bürgerinnen. Kommunen sind daher die besten Stellschrauben, um die Bauwirtschaft anzukurbeln.“
EIN PKW KAUFT NICHT EIN
Der Wandel unserer Gesellschaft macht auch vor den Innenstädten nicht halt. Da wird hitzig diskutiert, über Frequenzzählung und leerstehende Geschäftslokale, aber auch über pulsierende Markttage und volle Tiefgaragen. Immer mit auf der Agenda: das Parken in der Innenstadt. Ein Streifzug über verlorene Stellplätze, errichtete Tiefgaragen und die Frage, was wir vom wertvollen öffentlichen Gut erwarten dürfen.
Es scheint, als liege den St. Pöltnerinnen und St. Pöltnern ihre Innenstadt am Herzen. Egal, ob man das Aussterben in der Fußgängerzone beklagt oder das bunte Treiben in der Innenstadt lobt, jeder hat eine Meinung. Wir sprechen im St. Pöltner Rathaus mit Jens de Buck und Manuel Hammel, beide arbeiten in der Stadtplanung und erklären, welche Gedanken und Zielsetzungen hinter den aktuellen Entwicklungen rund um den Verkehr stecken. Der Gemeinderat als „Stadtparlament“ beschließt grundsätzlich die entsprechenden Planungsaufträge an die Stadtverwaltung, diese führt sie dann im Einklang mit den Gesetzen aus. Erste intensive Pläne zur verkehrstechnischen Entwicklung entstanden in den 1980er-Jahren, ein Generalverkehrskonzept sieht sei jeher vor, dass der motorisierte Individualverkehr in der Kernstadt reduziert werden soll. Ein wesentlicher Schlüssel war dabei die Herstellung eines äußeren Rings rund um die Stadt: Schulring, Schießstattring, Daniel-Gran-Straße, Kerntangente Nord. Seit dieser im Jahr 2016 vollständig geschlossen wurde, konzentriert man sich auf die Innenstadt.
Ring, Ring!
Ein großer Punkt ist dabei die Attraktivierung des Inneren Rings. Bahnhofbereich, Julius-Raab-Promenade und derzeit insbesondere die Karl-Renner-Promenade mit einem Ausläufer bis hin zum Europaplatz. Mit dem „Grünen Loop“ wurde ein breiter und transparenter Prozess umgesetzt: Ideen der Bevölkerung sammeln und einbinden, mittels Planer-Wettbewerb die beste Gesamtlösung finden. Die Neugestaltung basiert auf Grundgedanken, die durchaus zeitgemäß sind: Mobilität braucht nicht zwangsläufig ein Auto. Fußgänger, Radfahrer, Busse wollen ebenso berücksichtigt werden. Grünräume sind nicht nur gut fürs Klima, sorgen für Beschattung und damit Abkühlung, sie laden auch zum Verweilen ein. Der neue Promenadenring soll nicht
einfach eine neuasphaltierte Straße sein, sondern ein öffentlicher Raum für alle, nicht zuletzt für Anrainer der Innenstadt, die verkehrsberuhigte Grünräume erwarten dürfen – mit Spielplätzen, Schanigärten, konsumfreien Räumen. Will man all diese Funktionen fördern, muss man Parkraum reduzieren.
Somit sind wir bei der anderen Seite der Medaille. Kaum wer beschwert sich über breitere Rad- und Gehwege, mehr Grünflächen mit Regenwassermanagement, dass es frischgepflanzten Bäumen erlauben soll, über Jahrzehnte auch wirklich zu wachsen. Aber wenn dann keine Parkplätze mehr über sind, um in diese schöne Innenstadt zu kommen, ist dann nicht auch ein Teil der Übung in die Hose gegangen? Im Jahr 2007 gab es Überlegungen die Kurzparkzonen auszuweiten. Was heute als Parkpickerl in Wien und anderswo Anrainer glücklich macht und sich bewährt hat, war damals noch nicht umsetzbar. Zu jener Zeit aber wurde ein Stellplatzkonzept in Auftrag gegeben, in der etwas weiteren Kernstadt zählten die Studienautoren rund 15.000 Stellplätze auf öffentlichem Gut. Wie viele sind davon noch erhalten geblieben?
Zahlen, bitte?
Eine Zahl können die Rathausexperten nicht nennen, es sei schlichtweg nicht bekannt, wie viele Parkplätze weggefallen sind. Doch in der Wahrnehmung des Problems scheinen die Fachleute einen entspannteren Zugang zu haben: Das öffentliche Gut in der Kernstadt hat einen immens hohen Wert, der Platz lässt sich einfach nicht erhöhen, man kann nur die Nutzung verändern. Und der öffentliche Wert soll für alle Bürger der Stadt möglichst hoch sein, nicht nur für einen Autobesitzer, als Stellplatz. „Wir nutzen den gewonnenen Parkraum für mehr Qualität und Attraktivität im öffentlichen Raum“, hält de Buck fest. Zudem ist er überzeugt, dass St. Pölten im Hinblick auf Parkplätze ohnehin super aufgestellt ist. Neue Tiefgaragen wie die Park-
garage Karmeliterhof würden das Angebot an attraktiven Parkplätzen erhöhen. Das Parkhaus Cityparken beim Bahnhof sei ein lichtdurchflutetes oberirdisches Parkhaus – also gerade für jene bestens geeignet, die aus welchen Gründen auch immer nicht in eine Tiefgarage fahren wollen. Dass damit Parkende vom öffentlichen Grund in die Garagen privater Betreiber gelenkt werden, stört im Rathaus nicht. Denn, siehe oben: Der öffentliche Grund habe wertvollere Funktionen, als nur einem Auto als Stellplatz zu dienen.
Heiß umstritten in dieser Frage ist der Domplatz. Seit jeher war klar, eine Tiefgarage ist nicht möglich, der historische Platz ist ein geschütztes Bodendenkmal, da kann man nicht zwei Parkgeschosse tief reingraben und Autos parken, wenn drunter archäologische Schätze der Römer liegen. Im Rathaus hatte man ohnedies andere Pläne für den neugestalteten Platz, als dass man ihn wieder mit weißer Farbe bemalen und als großen Parkplatz nutzen wollte. Rund 130 Oberflächen-Stellplätze sind so verloren gegangen.
Eine Anzahl, die laut Jens de Buck doppelt kompensiert wurde, zumindest, wenn man Stellplätze in Hochund Tiefgaragen gelten lässt. Eine weitere Tiefgarage ist derzeit in der finalen Planung und soll als Domgarage ein zentrales Projekt der Innenstadtentwicklung werden. Zudem werden Park-and-Ride-Anlagen saniert und ausgebaut, etwa in der Goldeggerstraße, deren Anbindung an die Innenstadt und den Bahnhof noch verbessert werden soll.
Handel und Wandel?
Doch gerade das Fehlen von „einfach“ erreichbaren, preiswerten Oberflächenparkplätzen in zentraler Lage wird oft als Fehlentwicklung der Innenstadt kritisiert – häufig auch in Zusammenhang mit Geschäftsschließungen im Handel. Wer sich eine neue Brille kaufen möchte, der fährt halt dann gleich zum Optiker im Traisenpark und kauft dort noch fürs Wochenende ein, anstatt in der Innenstadt ein Parkhaus auf-
zusuchen und dann minutenlang im Regen von A nach B zu laufen. „Der PKW geht nicht einkaufen“, heißt es dazu im Rathaus. Es seien die Menschen, die konsumieren – im Handel, aber auch bei Dienstleistern und Gastronomiebetrieben. Und die Mobilität der Menschen hat sich in den letzten Jahren massiv verändert. Fünf Millionen Fahrgäste zählte der LUP-Stadtbus im Jahr 2023. Von 2022 auf 2023 haben sich die Ausleihen der Nextbike-Fahrräder fast verdoppelt – obwohl aufgrund von Lieferengpässen das Angebot erst 2024 ausgebaut werden kann, wie Manuel Hammel betont.
Mehr Menschen sind mit dem Rad unterwegs, das Zu-Fuß-Gehen ist Teil eines gesunden Lebensstils geworden. Natürlich, nicht jeder ist gut zu Fuß und bei Einschränkungen braucht es spezielle Lösungen, aber generell sei Mobilität nicht mehr nur durch die Brille der PKW-Fahrer zu sehen. Gerade stellt man im Rathaus einen Bericht über das Leit-
konzept Aktive Mobilität (LAMOB) fertig. Im Sinne der Partizipationskultur einer modernen, integrierten Stadtverwaltung hat man über unterschiedliche Kanäle Anregungen und Wünsche der Bürgerinnen und Bürger zur Mobilität erhoben und so einen Handlungsleitfaden für die nächsten Jahre erarbeitet.
Platz, da!
Zudem wächst die Stadt. Bei den Hauptwohnsitzern geht man in Richtung 60.000, für die Stadtplanung ein Thema, an dem intensiv gearbeitet wird. St. Pölten hat wesentlich mehr Einpendler als Auspendler, die Kernstadt mehr Frequenz als früher. 20.000 Personen zählt man am Beginn der Kremsergasse in der Fußgängerzone an einem durchschnittlichen Werktag in der Früh, ein Großteil davon Schülerinnen und Schüler. Die meisten sind also ohne Auto unterwegs, auch für sie hat die Stadt- und Verkehrsplanung Voraussetzungen zu schaffen.
Wie schwierig das in der Praxis ist, zeigt sich dieser Tage rund um die Schneckgasse. Rund 1.000 Schülerinnen und Schüler besuchen täglich das Schulzentrum Mary Ward. Besonders für die Jüngsten, die Volksschüler ist der Schulweg oft noch eine Herausforderung. Ganz im Sinne der Pädagogik wird dann oft appelliert, man möge auf Eltern-Taxis verzichten und die Kinder nicht bis vors Klassenzimmer chauffieren. Desto weniger Autos auf einer Straße vor der Schule fahren, desto sicherer ist die Straße für die Kinder. Doch nicht jedes Kind kann zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem Bus kommen. Manche Kinder werden eben mit dem Auto gebracht. Hier hat die Stadtplanung in allen Städten das gleiche Problem: Ist der Schulweg unsicher, bringen noch mehr Eltern die Kinder mit dem Auto zur Schule – und vergrößern so das Problem. Schon jetzt ist der Bereich zwischen Europaplatz und Schulring vor Schulbeginn eine unübersichtliche Stauzone. Verschärft wird das Chaos durch die umfangreichen Bauarbeiten in der KarlRenner-Promenade.
Am besten beamen!
Viele Eltern umgehen den Stau in der Schneckgasse und lassen ihre Kinder in der Linzerstraße aussteigen, dort führt ein Hintereingang ins Schulzentrum. Doch ab April soll dieser Straßenabschnitt für den Verkehr gesperrt werden, nur die LUP-Busse dürfen Richtung Rathausplatz weiterfahren, alle anderen müssen in die Schneckgasse abbiegen. Hunderte Eltern gaben nach Bekanntwerden der Pläne mittels Fragebogen Feedback an die Elternvertreter, damit im Rathaus eine taugliche Lösung gefunden wird. Gefordert wird etwa eine Kiss-andRide-Zone in sicherer Nähe zur Schule. Also ein Ort, an dem Kinder aussteigen können und ohne Gefahr die letzten Meter zur Schule allein gehen. Geradezu skurril wirkt dabei, dass derzeit die Parkplätze beim XXXLutz am Europaplatz oder dem ehemaligen Betten-Reiter in der
Josefstraße frühmorgens zugeparkt sind – weil die Eltern einfach keinen vernünftigeren Platz finden, um ihre Schützlinge in die Nähe der Schule zu bringen. In der Stadtverwaltung sieht man die Aufregung entspannt: Verkehrsteilnehmer würden sich rasch und gut auf geänderte Rahmenbedingungen einstellen – und eben einen anderen Weg wählen.
Wir nutzen gewonnenen Parkraum für mehr Qualität und Attraktivität im öffentlichen Raum.
JENS DE BUCK, STADTPLANER
Kunstumleitung!
Die Sperre der Linzerstraße wurde – wie so vieles in diesem Jahr – mit dem Gegenwartsfestival Tangente begründet. Ein Festival-Info-Center sei dort geplant und da müsse man eben den Verkehr reduzieren. Nun wünscht man der Linzerstraße und der Tangente ganz viel Frequenz, aber ob dafür eine Straßensperre Not tut? Es dürfte auch Ideen geben, Kunst auf den öffentlichen Raum zu tragen – sprich auf die Straße. Manche sehen gar einen Testballon und erwarten, dass die Ausweitung der Fußgängerzone auch nach dem Oktober 2024 beibehalten bleibt. Im Rathaus wollen die Stadtplaner davon nichts wissen. Es gehe wirklich nur um die Tangente und danach werde man evaluieren, ob die Verkehrsberuhigung positive Effekte hatte.
Dass die Straße nachhaltig aufgewertet wird, dass also die Stadt Geld in die Hand nimmt, um den öffentlichen Grund attraktiver zu machen, hängt auch immer an der Bereitschaft der Liegenschaftseigentümer, dass diese auch in ihre Objekte investieren – Stichwort: Fassadengestaltung. Generell macht die Linzerstraße derzeit einen eher desperaten Eindruck, ein bisschen „Little Berlin meets Lower Austria“. Viele Geschäftslokale stehen leer, attraktive
Wohnhäuser sind Mangelware, Einzelkämpfer bestehen vielmehr trotz, nicht wegen des Standorts. Spannend an der Linzerstraße ist auch, dass sie eben noch nicht von der Stadt attraktiviert wurde. Es fehlt also an allem Schönen, was Parkflächen reduziert hätte. Die Oberflächen-Stellplätze sind somit noch da, die Handelsbetriebe dennoch vielfach verschwunden.
Rettet die Straße?
Marco Fuxsteiner betreibt seit bald zehn Jahren das MacLarens Pub in der Linzerstraße. Ältere Semester kennen das Lokal noch als „Salzamt“. Schon zuvor war er in der Linzerstraße aktiv, zwischen Schneckgasse und Karl-Renner-Promenade betrieb er das Madhouse bzw. Batcave. (Welches zuvor als Glasnost bekannt war.) Der Gastronom blickt zuversichtlich auf die anstehenden Pläne: „Ich bin guter Dinge und begrüße es, dass sich nun in der Linzerstraße endlich was tut und es eine Fußgängerzone wird. In meinen gut 18 Jahren in dieser Straße als Gastronom habe ich schon viel gesehen und gehört – auch viele Versprechungen. Aber ich glaube daran, dass die Linzerstraße super wird! Ich sehe es als Chance, wenn nicht sogar als letzte Chance, dass man die Straße noch retten kann. Dazu muss halt die Stadt mitspielen und die Straße attraktiver machen – etwa so wie in der Schreinergasse. Aufgerissen wurde die Linzerstraße schon oft genug, Leitungen unten sind erneuert, jetzt könnte man Pflastern. Und dann kommen vielleicht gleich wieder mehr attraktive Geschäfte. Man muss in der Straße alles auf eine Karte setzen, schlechter kann’s nicht mehr werden“, hofft Fuxsteiner. Ob die temporäre-TangentenSperre der Anstoß zum Aufschwung für die Linzerstraße ist, wird sich wohl erst weisen. Dass die städtische Verkehrsplanung weiterhin polarisieren wird, steht hingegen fest. Was man aber auch als positives Zeichen sehen sollte: Es verändert sich etwas – und das muss ja nicht zwangsläufig zum Schlechten sein.
DOMINIK MESNER
STRATEGISCHE REDUKTION
Wie sehen Sie den Wegfall von Parkplätzen in St. Pöltens Innenstadt?
Die öffentlichen Oberflächen in einer modernen Innenstadt sind nicht dafür bestimmt, dass stundenlang darauf geparkt wird. Das zeigen viele Beispiele in anderen erfolgreichen Städten. Aus diesem Grund stehe ich einer strategischen und sukzessiven Reduktion generell positiv gegenüber, beispielsweise entlang des Grünen Loops der Promenade oder am Domplatz. Werden diese Flächen dann auch noch anspruchsvoll und hochwertig ausgebaut, etwa mit breiten Radwegen und Gehsteigen, mehr Grünflächen, Begegnungszonen oder Versickerungsflächen, so ist das im Sinne einer nachhaltigen Innenstadtentwicklung sehr zu begrüßen. Generell sorgen gerade attraktive Radfahranlagen in der ganzen Stadt immer mehr dafür, dass nur noch mit dem Auto in die Innenstadt gefahren wird, wenn es unbedingt erforderlich ist.
Es scheint, als wäre verkehrstechnisch sehr viel im Umbruch. Ein Paradebeispiel für das moderne Neu-Denken der Innenstadt ist die Ausweitung der Fußgängerzone in die Kremsergasse und Brunngasse. Damals wollten manche vor dem Umbau die Politik und Stadtplanung steinigen – heute ist diese Fußgängerzone nicht mehr wegzudenken und viele Geschäfte profitieren enorm davon.
Viele sehen Parkmöglichkeiten in der City weniger werden.
Dominik Mesner ist Obmann der Plattform St. Pölten. Rund 360 Mitgliedsbetriebe unterschiedlicher Größen und Branchen, verschiedene Vereine und Institutionen sowie Hausbesitzer der Innenstadt werden von ihm vertreten – ein sehr breites und bei weitem nicht einheitliches Meinungsbild, das er zu bündeln versucht. Dabei versteht sich die Plattform laut Mesner immer „als Ermöglicher von guten Projekten in der ganzen Stadt und als Übersetzer und Vermittler zwischen Behörden, Wirtschaft und Innenstadtbürgern – und wir sind sicher auch ein sehr gutes ‚schlechtes Gewissen‘ für die Politik!“
Meiner Wahrnehmung nach gibt es an vielen Stellen rund um die Innenstadt eine große Anzahl an freien Stellplätzen in Tiefgaragen. Ich beobachte auch, dass viele Autofahrer paradoxerweise sehr auf die Rathausgarage fixiert sind. Diese Garage ist somit oft vollbesetzt, obwohl sie objektiv gesehen nicht wirklich attraktiv und gut zu befahren ist. Mit der Karmeliterhof-Garage, der Promenaden-Garage, der Frühwald-Garage, den Garagen am Europaplatz, den ÖBB-Parkhäusern, der Metropol-Garage, der Forum-Garage und bald auch der Domgarage stehen sehr viele Stellplätze zur Verfügung. Das Argument „ich fahre nicht gern in eine Tiefgarage“ sollte langsam überwunden sein. Viele langjährige Nutzer fahren immer in ihre Stammgarage und wissen meist nicht, dass es schöne Alternativen gibt.
Wie kann man diese Einstellungen ändern?
Als Plattform St. Pölten sehen wir hier auch von unserer Seite eine Bringschuld. Eine klare Forderung von unserer Seite ist, die gesamte „Garagen-Landschaft“ St. Pöltens dringend zu harmonisieren. Dazu gibt es schon viele Ideen und Ansätze. Wir wünschen uns etwa eine Wertkarte, eventuell sogar als Jahreskarte, mit der man in jeder Garage zu einem möglichst einheitlichen Tarif parken kann. Oder dass man für den Einkauf in den Innenstadt-Geschäften Rabatte als Dankeschön für das Parken in einer St. Pöltner Innenstadt-Garage erhält. Eine weitere Idee wäre eine App, die Menschen schnell und komfortabel zum nächsten freien Parkplatz – oberirdisch und unterirdisch – navigiert und zwar zielgerichtet
Wir wünschen uns eine Wertkarte, eventuell sogar als Jahreskarte, mit der man in jeder Garage zu einem möglichst einheitlichen Tarif parken kann.DOMINIK MESNER, PLATTFORM ST. PÖLTEN
durch die unkomplizierte Eingabe des Geschäfts oder der Institution, wo man hinmöchte. Für den Handel wäre auch eine Idee, dass man auf moderne, „pflaster-geeignete“ Innenstadt-Einkaufswagerl setzt, die leicht und barrierefrei in die Tiefgaragen mitgenommen werden können. Zudem sollten große, digitale Anzeigetafeln an den Einfahrtsstraßen als Garagen- und Parkplatz-Info dienen. Um die Menschen besser zu informieren, stellen wir uns vor, dass ein Infofolder zum Thema „Parken in St. Pölten“ an jeden Haushalt in der gesamten Hauptstadtregion geschickt wird und dass wir als Platt-
form auch eine Infoveranstaltung abhalten.
Jahrelange drehte sich die politische Diskussion vorrangig um die Frage, wie man die Parkplätze vom Domplatz ersetzen kann. Greift das zu kurz?
Geredet wird immer nur über den Bau der Domgarage, was jedoch absolut noch fehlt, ist ein weiteres Parkdeck auf der Nordseite des Bahnhofes mit direktem Zugang in die Innenstadt und zu den Bahn-
VERNETZT. Der Obmann sieht die Plattform auch als Übersetzungshilfe zwischen Behörden, Wirtschaft und Anrainern.
steigen, sodass sich kein St. Pöltner mehr Sorgen machen muss, ob er dort einen Parkplatz bekommt, wenn er in die Fußgängerzone geht oder mit der Bahn Richtung Wien oder Linz fahren muss. Weiters ist die alte P&R-Garage in der Goldegger-Straße nahe dem Stadt-Feuerwehr-Areal dringend zu modernisieren und braucht auch unbedingt einen direkten Zugang zur Innenstadt und den Bahnsteigen. Dahingehend ist man ja mitten in der Umsetzung. Erforderlich ist aus unserer Sicht auch eine Garage in der Nähe des Landhauses, da aktuell die Gegend rund um das Regierungsviertel von vielen Mitarbeitern zugeparkt wird, die wohl aus Kostengründen und Platzmangel nicht die Garage im Regierungsviertel benützen wollen. Ein wirklich zukunftsträchtiges Signal ist das neue Parkhaus „Quartier Mitte“ beim Kreisverkehr Willi Gruber-Straße mit modernster Photovoltaik-Energiegewinnungsanlage am Dach und den vielen unterschiedlichen Solarpanelen auf der Fassade als künstlerischer Beitrag zur Energiewende.
Viele haben die Sorge, dass die Innenstadt ohne ausreichend attraktiven Parkflächen den Kampf gegen die Einkaufszentren am Stadtrand verliert. Wie steht es um die Innenstadt? Sehr positiv für die Innenstadt ist die Tatsache, dass Paket-Lieferdienste kaum noch einfahren dürfen. Das war zeitweise eine Zumutung, insbesondere für die Bewohner der Innenstadt. Der hier in der CoronaZeit entstandene Wildwuchs wurde erfreulicherweise behördlich stark eingeschränkt. Hier setzt die Stadt sehr zielgerichtet auf die Ausweitung eines Angebotes der „letzten Meile“, die Bereitstellung von PaketAbhol-Zentren und die aktive Zusammenarbeit mit dem Fahrradkurier. Aber ja, speziell für Geschäfte und Betriebe in der Innenstadt, die auf Parkplätze direkt vor dem Geschäftslokal angewiesen sind, ist die aktuelle Übergangssituation sicher schwierig, denken wir nur beispiels-
REGELLOS
Es ist erschreckend, wie wenig ganz viele darüber wissen, wie unser Zusammenleben geregelt ist. Wenn irgendwo irgendwas gebaut wird, zum Beispiel, gibt’s garantiert einen Aufschrei: „Die Stadt muss das verhindern!“ Ja, geht’s noch? Das Irgendwas wird auf einem Grundstück gebaut, das jemandem gehört. Und dieses Grundstück ist gewidmet – als Grünfläche, Agrarfläche, Gewerbegrund oder eben Baugrund. Und darauf darf der Eigentümer bauen, wenn er sich an die Regeln, also an die Bauordnung und die städtischen Baubestimmungen hält. Das kann ihm der Bürgermeister nicht untersagen, da muss der Gemeinderat zustimmen, das sind Gesetze in unserer Demokratie. Wie würden sich all die Aufgeregten erst erregen, wenn sie kein Carport im Garten errichten dürften – weil das eben vom Gesetz her nicht möglich ist. Oder wenn sie nicht den Dachboden ausbauen dürften, weil die Bauordnung das so vorgibt. Immer mehr Mitbürger sind überzeugt, dass Regeln in der Gesellschaft nicht für sie gelten. Das macht mir Angst. Und noch mehr Angst macht mir, dass sich so viele Alte und Junge nicht dafür interessieren, wie das Land, wie die Stadt funktioniert – wer wofür verantwortlich ist, wer was bestimmen kann, welche Gesetze unser Zusammenleben strukturieren. Sie alle sind leichte Beute von Einflüsterern, Demagogen, Polemikern. In deren Geschreibsel ist meist zu lesen, was diejenigen lesen wollen, die die meisten Clicks bringen – das muss ja nicht unbedingt wahr und wirklich und aktuell sein. Wählen dürfen sie alle, auch die Unwissenden – und das ist ein richtig gruseliger Gedanke.
In vielen Diskussionen fällt mir auf, dass die fehlenden Parkplätze am Domplatz weniger ein faktisches Problem darstellen als vielmehr ein emotionales.
DOMINIK MESNER, PLATTFORM ST. PÖLTEN
weise an Ärzte und Dienstleistungen für gehbehinderte Personen oder die Abholung schwerer Teile. Da brauchen wir individuelle und intelligente Lösungen, die einerseits den Bewohnern der Innenstadt weiterhin eine einfache und sichere Zufahrt ermöglichen und andererseits auch Dienstleistern wie etwa Handwerkern die Einfahrt unkompliziert erlaubt. Es darf uns zukünftig nicht mehr passieren, dass erforderliche behördliche Ausnahmegenehmigungen nur sehr kompliziert und mit praxisfremden Wartezeiten erlangt warten können. Sonst verärgert man viele Menschen, die sehr gerne in der St. Pöltner Innenstadt arbeiten, wohnen und leben. Ein Vorbild ist hier beispielsweise die Hauptstadt Sloweniens Ljubljana, die mit digitalen Einfahrtsgenehmigungen und vollautomatischen Pollern eine hohe Lebensqualität für Bewohner und Besucher geschaffen hat.
Überrascht es Sie, dass über dieses Thema so intensiv diskutiert wird? In den sozialen Medien vergeht gefühlt kein Tag ohne Domplatz-Diskussion. In vielen persönlichen Diskussionen fällt mir auf, dass die derzeit
fehlenden Parkplätze am Domplatz weniger ein faktisches Problem darstellen als vielmehr ein emotionales. „Jeder“ darf mitdiskutieren, ungeachtet des Grades der persönlichen, unmittelbaren Betroffenheit. Es geht rein um persönliche Befindlichkeiten und die verfälschte Wahrnehmung subjektiver Entfernungen in unserer kleinen und feinen Innenstadt. Sicher ist es begrüßenswert, wenn am Domplatz an ausgewählten Stellen Behindertenparkplätze geschaffen werden und auch an Sonn- und Feiertagen die Möglichkeit bestünde, einige Stellplätze zeitlich begrenzt zu erlauben, insbesondere für ältere Besucher. Auch die Öffnung der Parkgarage unter dem Musikkonservatorium wäre ein hier weiterer positiver Schritt. Und die uneingeschränkte Zufahrt für unsere Marktbeschicker sehe ich sowieso als selbstverständlich an. Hier sind die Verantwortlichen für gute und konstruktive Ideen sicher offen. Jedenfalls ist für das langfristige „Gelingen“ des Domplatzes der Bau der Domgarage zwingend erforderlich! Wir alle müssen hier den Blick auf das große Ganze schärfen und die vielen Potenziale dieses großen und sehr würdigen Platzes erkennen.
WIRD DAS WAS, MIT DER DOMGARAGE?
Walter Benda und Erwin Spiel vertreten die „Domgarage Liegenschaft GmbH“.
Dieser Zusammenschluss aus zwei Immobilien-Entwicklern plant nach Eigendefinition eines der „bedeutendsten innerstädtischen Bauvorhaben, das einen wesentlichen Beitrag zur Erschließung und Belebung der Innenstadt leisten wird“. Die Rede ist von der vieldiskutierten Domgarage.
Bekanntlich war ja eine Tiefgarage unter dem Domplatz nicht möglich, da die historischen Funde unter dem Platz diesen in ein „Bodendenkmal“ verwandelt haben. Nach jahrelangen Ausgrabungen und der Neugestaltung des Domplatzes ist dieser nicht mehr als Parkfläche konzipiert, rund hundert Parkplätze fielen weg. Seit jeher gibt es daher die Forderung nach „Ersatzparkplätzen“. Diese sollen nun in Form einer neuen „Domgarage“ entstehen. Vorangegangen war eine Einigung zwischen Stadt und Diözese, welche vorsieht, dass die Tiefgarage auf einem Grundstück der Diözese in
der Klostergasse („Bischofsgarten“) errichtet werden soll. Im April 2023 wurden die Errichter der Garage präsentiert, die „BENDA Immobilien Gruppe“ von Walter Benda und die „DaVinci Group“ von Erwin Spiel sind je zur Hälfte an der Errichtungsgesellschaft beteiligt. Rasch wurde im Mai 2023 dann auch mit den archäologischen Grabungsarbeiten begonnen, als möglicher Eröffnungstermin wurde damals Ende 2025 genannt.
Falsche Gerüchteküche?
Ein Jahr später kursieren derzeit Gerüchte, der Betreiber sei abgesprungen, das Projekt hänge am seidenen
Faden, mit erheblichen Verzögerungen sei zu rechnen. Blödsinn, wie Walter Benda versichert. Beide Gesellschafter seien nach wie vor an Bord und die Planungsarbeiten fast abgeschlossen. Wenn sich keine längeren Verzögerungen aufgrund der Grabungsarbeiten ergeben, wäre eine Inbetriebnahme Ende 2025 zwar ambitioniert, aber möglich. Aus aktueller Sicht geht man auch davon aus, dass die budgetierten Nettokosten von 12,5 Millionen Euro halten werden.
Glanz für die Grenzgasse
Auch ein Architekturwettbewerb ist am Laufen, Ende April will man das siegreiche Projekt präsentieren. Entwickelt wird nämlich nicht nur eine unterirdische Tiefgarage unter dem Klostergarten, sondern auch ein Neubau auf den Grundstücken Grenzgasse 6 bis 8. Diese Häuser werden von der Sparkasse an die Entwickler verkauft, ein lichtdurchfluteter Neubau wird errichtet, im Erdgeschoss soll ein Gastronomiebetrieb einziehen, in den Obergeschoßen entstehen Eigentumswohnungen. Modern, aber zum historischen Umfeld passend, so die Vorgabe an die Architekten. Der Durchgang von der Grenzgasse zum Domplatz soll deutlich aufgewertet werden. Für diese Wohnungen wird eine Privatgarage entwickelt, in die man über die bestehende „Frühwald“-Garage zufahren wird. Die öffentliche „Domgarage“ wird man über eine eigene Einfahrt in der
Wir planen eine zukunftsweisende Garage, welche ihresgleichen suchen wird.
WALTER BENDA, ERRICHTER DOMGARAGE
Klostergasse erreichen, der Verkehr wird über die Doktor-Ofner-Gasse abgeleitet. Auch eine Verkehrsberuhigung bzw. Ausdehnung der Fußgängerzone bis zur Garagen-Einfahrt steht im Raum.
Reines Privatvergnügen
Das wirtschaftliche Risiko tragen die privaten Entwickler. Die Diözese erhält über einen Baurechtsvertrag regelmäßige Einnahmen für etwas, das sich unter ihrem Klostergarten abspielt. Die Stadt erhält eine weitere Tiefgarage als Teil-Lösung der
unendlichen Parkdiskussion in der Innenstadt. Finanziert wird der Bau aber ausschließlich privat, an der Errichtung sind weder Gemeinde, noch Diözese beteiligt, auch Förderungen gäbe es für Tiefgaragen keine. Die Baukosten refinanzieren sich über die Erträge des Garagenbetreibers, verrät Walter Benda. „Aus heutiger Sicht wird die Garage von einem externen Betreiber betrieben werden. Die diesbezüglichen Gespräche sind weit fortgeschritten.“
Wird das Projekt entsprechend der aktuellen Vorstellungen umge-
setzt, verspricht es eine deutliche Aufwertung der Parkplatz-Situation. Benda: „Es gibt die Überlegung, die Gesamtstellplatzanzahl durch die bauliche Ausgestaltung eines dritten Geschosses zu erhöhen, die Garage wird jedoch mindestens 280 Stellplätze auf zwei Ebenen aufweisen. Wir planen eine zukunftsweisende, sehr nutzerfreundliche Garage, welche in Bezug auf Optik, Technik und Anwenderfreundlichkeit ihresgleichen suchen wird.“
Generell scheint es, als ob das Entwickler-Duo in St. Pölten auf den Geschmack gekommen ist. Man sehe eine dynamische Stadtentwicklung und könne sich vorstellen, auch zukünftige Projekt in St. Pölten in Angriff zu nehmen.
KUNST IST FAD
Vielleicht ist es Ihnen ja schon aufgefallen: Kunst darf derzeit gar nicht viel. Dank Cancel Culture, forcierter Wokeness und exzessiver Political Correctness hat sich Kunst (zumindest die offiziell subventionierte) aus der öffentlichen Diskussion rauskatapultiert und es sich in einem weichen Bett der gegenseitigen ideologischen Schulterklopferei gemütlich gemacht. Zwar behaupten die Akteure das Gegenteil, nämlich Diversität und Diskursivität auf ihre Regenbogen-Fahnen geheftet zu haben – in der Praxis haben wir es leider oft mit Einschränkung, Intoleranz und künstlerischer Selbstherrlichkeit zu tun, die jeden abweichlerischen Gedanken sofort ins rechte DeppenEck stellt: Dort ist bekanntlich das ultimativ Böse zuhause, das keine Gnade kennt und allen Gegnern am liebsten das Tanzbein brechen würde (umgekehrt würde sowas ja nie vorkommen, wie wir alle wissen).
DZUSÄTZLICHER BLÄTTERWIRBEL
In St. Pölten ist also nun die Tangente angetreten, um via Kontextualisierung urbaner Gegenwartskultur ein Forum zu bieten, namentlich Demokratie, Erinnerung, Ökologie. Nun ist gegen all das im Prinzip nix zu sagen, als Themenvorgabe ist’s halt ein bissl mau. Die Plakate sind flächendeckend (selbst in Linz wird groß auf unseren klein geratenen Domplatz-Florian hingewiesen), die inhaltliche Ausrichtung entspricht dem, was seit einigen Jahren in Berlin, Wien und sonst wo abgefrühstückt wurde; und die durchaus ersehnten Auftritte von John Zorn hätte man wahrscheinlich auch ohne ein mehrköpfiges Kuratorium hingekriegt. Aber vielleicht wird’s ja doch noch spannend – im Wald spazieren gehen und ein Buch lesen geht ja im worst case immer noch.
er Blätterwirbel ist St. Pöltens traditionelles Literaturfestival im Herbst. Heuer wird es aber im Zuge der Tangente auch „Blätterwirbel Spezial“-Veranstaltungen geben, wie Renate Kienzl, Miterfinderin und Mitorganisatorin des Blätterwirbels, verrät: „Blätterwirbel Spezial lotet aus, was Literatur zu den Tangente-Schwerpunkten Ökologie, Erinnerung und Demokratie zu sagen hat. Alle drei Abende finden im Festivalzentrum St. Pölten Linzerstraße statt!“ Zum 1. Termin am 8.
Mai haben sich Mariken Heitman aus den Niederlanden mit ihrem Roman „Wilde Erbsen“ sowie LiteraturShootingstar Julia Jost mit „ Wo der spitzeste Zahn der Karawanken in den Himmel fletscht“ angesagt. Moderieren wird Stefanie Jaksch „sodass es nicht nur eine Lesung ist, sondern wirklich viel mehr in die Tiefe gehen kann!“, so Kienzl, die schließlich die Relevanz von Lesen und Literatur mit einem Zitat von Vivienne Westwood unterstreicht. „If you want to get a life you have to read!“
MIX DUR
27 Jahre lang begeisterten Brigitte Hutterer, Angela Köstler, Riki Reckenzain, Margarete Dienstl, Charly Riegler und Franz Griesler als Vokalensemble Mix Dur ihr Publikum, oftmals begleitet von Roland Lensch am Klavier. Nun laden sie am 5. Mai zum großen Abschiedskonzert in die Werksküche von Lilienporzellan in Wilhelmsburg, um noch einmal ihr Motto zu zelebrieren: „Wer sich gut versteht, kann auch gut miteinander singen.“ Und wie sie das konnten: Ihr Repertoire umfasste über 100 Songs, legendär v. a.
ihre Interpretationen von Route 66, I Got Rhythm, Tuxedo Junction oder Oh happy Day. Letzteren haben sie dem Publikum oft beschert, weshalb sie unvergessen bleiben. Danke!
FRÜHLINGSERWACHEN
WORUM GEHT`S?
Ein kabarettistisches Oktoberfest im Frühling: Christine Eixenberger sorgt mit ihrem Solo-Programm „Einbildungsfreiheit“ (22.03.) für – im wahrsten Sinn des Wortes – ausgezeichnete Stimmung. Die bayerische Kabarettpreisträgerin erzählt pointenreich von Bürgern und Burgfräulein, der Macht der Märkte und dem ominösen Dahoam. Rockmusiker und Kardiologe Georg Ringsgwandl (23.03.) packt in der Bühne im Hof seinen Therapiekoffer aus und erfreut mit Ironie, feinster Musik und viel Balsam für die Seele. Mit dem genialen Kopfkinokabarett von BlöZinger (06.04.) ist ganz klar das Ziel im Weg!
12 APRIL 2024
Fouad Boussouf Fêu Tanz
30 APRIL/01 MAI 2024
Milo Rau . Hèctor Parra . Tonkünstler-Orchester JUSTICE Oper
04 MAI 2024
The Notwist Alien Disko Musik/Festival
16 MAI 2024
Ankathie Koi Musik/Pop
Chris Lohner und Erwin Steinhauer geben einen berührenden Einblick in die fesselnde Brieffreundschaft zweier tief verbundener Künstler:innen-Seelen: Marlene Dietrich und Friedrich Torberg (07.04.). Bissig, böse, scharfzüngig und ein YouTube-Kanal mit über 60 Millionen Views: Eure Mütter vereint drei Männer in Schwarz mit einem Mix aus genialen Songs, skurrilen Skatches und absurden Performances. Mit ihrer Comedy-Show „Frisch Fromm Frisör“ stürmen sie am 13.04. die Bühne im Hof!
www.buehneimhof.at
Justice
Musiktheater
Milo Rau, Hèctor Parra, Fiston Mwanza Mujila, Tonkünstler-Orchester
HAWI D’EHRE BEI DEN SOMMERSPIELEN MELK
Die Sommerspiele Melk reisen im Sommer mit dem Sprechstück „Die Borgias – Spiel der Macht“ in die römische Renaissance. Intrigen, Machtspiele und aufsehenerregende Gerüchte ranken sich um die Familie von Rodrigo Borgia, der als Papst Alexander VI die Fäden zog. Die Musikrevue „Simply the Best“ nimmt das Publikum mit auf eine wilde Verfolgungsjagd rund um den Globus. Spannende Abenteuer warten auf „Friedi Fröhlich“ und ihre schicke Ferienbande in der Musikrevue für Kinder. Abgerundet wird das Programm mit einer feinen Auswahl heimischer Kabarett- und Musikstars, interessanten Kulturausflügen, Vorträgen und Theaterworkshops für Kinder und Jugendliche.
„Hawi D’Ehre“ Live
Gabi Hiller, Philipp Hansa und Paul Pizzera füllen mit ihrem Hawi D’Ehre Podcast nicht nur die Wiener Staatsoper, sondern auch die Melker Wachauarena. Mit viel Schmäh reden sie einfach drauf los und lassen ihren Gedan-
VOM DU ZUM WIR.
ken freien Lauf – so auch am 15. Juli bei den Sommerspielen Melk.
Zwa Zwidane und viel Humor Ihr Programm nennt sich zwar „Die zwidan Zwa“, doch wenn Songwriter-Legende Ernst Molden auf Popgigant Christopher Seiler trifft, ist ein stimmungsvoller Abend vorprogrammiert. Gemeinsam mit dem Frauenorchester bringen die beiden Vollblutmusiker von ihnen neu interpretierte Hits mit nach Melk. Bei der zweiten Ausgabe von „Kabarett unter Sternen“ aus der Wachauarena Melk versammelt Gerald Fleischhacker mit Angelika Niedetzky, Benedikt Mitmannsgruber, Lydia Prenner-Kasper und weiteren Gästen wieder seine „Tafelrunde“, um aktuelle Geschehnisse auf‘s Korn zu nehmen.
Kontakt und Tickets: office@wachaukulturmelk.at
Tel.: +43 2752 540 60 sommerspielemelk.at
Er verteilte René Blankoschecks an Passanten für die individuelle Insolvenz, versteigerte 54 ausgewählte „Heisl“ vor dem Wiener Signa Gebäude oder ließ Politiker schmieren. donhofer., Aktionskünstler und Maler, geht es bei seinen Aktionen darum, einen gesellschaftlichen Diskurs anzustoßen und auf Missstände hinzuweisen. Zuletzt hat er einen eigenen Rotton, in dem sein eigenes Blut vermischt wird, patentieren lassen.
MIR GEHT ES IN MEINER KUNST UM EIN STATEMENT, UM DEN DISKURS, UM DIE FRAGE, WAS PASSIERT MIT UNSERER GESELLSCHAFT?
STATEMENT DAS KUNSTWERK
Ein starker Kontrast zieht sich durch das Studio von donhofer., Rot sieht sich bei seinen neuen Kunstwerken im Gegensatzpaar mit Weiß konfrontiert. Ein Besuch im Atelier des Künstlers in der Nähe von Karlstetten offenbart sofort sein aktuelles Projekt, die „SIGNATURE COLLECTION“. Dafür mischt er seine Lieblingsrot-Töne mit eigenem Blut. Das so entstehende donhofer. Rot® hat einen Anteil von 4–5 % seines eigenen Blutes, wurde 2022 beim Deutschen Patentamt und beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum angemeldet.
Eigenblut
„Ein befreundeter Arzt kommt zu mir, entnimmt mir Blut, das ich sofort in die Farbe mische“, erzählt donhofer. Warum Rot? „Weil Rot für mich die interessanteste Farbe ist. Ich fühle mich gleichzeitig von ihr angezogen und abgestoßen. In Rot steckt alles drin, Liebe, Hass, Leben und der Tod. Es ist eine sehr polarisierende Farbe, einerseits sehr totalitär, aber auch positiv konnotiert. Sie steht für Vitales, Herausforderndes, hat nichts Stilles an sich“, so der Aktionskünstler, der für seine Hinwendung zur monochromen Malerei mit speziellem Rot zwei Jahre Entwicklungsprozess hinter sich hat. „Mir war bewusst, dass ich, bevor ich diesen Schritt wage, mir diesen gut zu überlegen habe. Wie werde ich monochrom malen, wie erzeuge ich Tiefe?“ donhofer. hat für sich einen guten Weg gefunden, verwendet sein spezifisches „Blut“-Rot, um seine Signatur, das gemalte donhofer.Logo zu implementieren und in den Bildern Räumlichkeit zu erzeugen. Dabei bleibt er auch in den gegenwär-
tigen Gemälden seinem engagierten Kunstcredo treu.
Etwas bewirken
„Ich verwende bewusst starke Kontraste, spiele gerne mit Provokation, möchte den Betrachter herausfordern, sich selbst eine Meinung zu bilden. Ich möchte ganz bewusst mit Kunst etwas bewirken. Kunst fungiert dabei als Kommunikation, Ausdrucksmittel, um Dinge in der Gesellschaft zu verhandeln“, gibt sich der Künstler, der sowohl performativ als auch malerisch agiert, kämpferisch. Dabei führt donhofer. gerne einen Diskurs mit Menschen, fordert sie auf, nicht alles hinzunehmen. Speziell bei seinen Performances und Aktionen versucht er pointiert und überspitzt, Menschen für Themen, die gesellschaftlich dringend zu diskutieren und zu hinterfragen sind, zu erreichen. Das war im
Jänner dieses Jahres so, als er René Blanko/Nationalbankrottschecks an die Bevölkerung verteilte, um jedem auch seine eigene unfassbare Insolvenz zu ermöglichen – wie dem Vornamensgeber der Schecks, dem Politdarling und ehemals reichstem Immobilienmagnat Österreichs. Und das war auch bei der Nachfolgeaktion „Das große Geschäft“ vor dem Signa-Hauptquartier, wo er 54 „Heisl“, sprich Wasserklosetts versteigern ließ. „Ist das das schon die Signa-Versteigerung?“, wollten viele vorbeikommende Passanten wissen. Ja, der Grad zwischen Realität und Kunstaktion ist mitunter sehr schmal. donhofer. geht bei seinen Aktionen sehr akribisch vor, studiert vorher die rechtlichen Voraussetzungen, plant auch das Worst-CaseSzenario ein. „Ich überlege mir vorher genau, was ich dem Publikum zumuten kann, ich möchte die Leute nicht traumatisieren oder triggern.“
Eine Aktion, wie die 2014 im Stephansdom performte, als er mit 35 schwarz vermummten Darstellern das Zölibat zu Grabe tragen ließ, würde er heute nicht mehr machen,
AKTIONISMUS. Bei seinen Performances lenkt donhofer. die Aufmerksamkeit auf gesellschaftlich relevante Themen.
STATEMENT ALS
weil das nach den Terroranschlägen vielleicht Menschen traumatisieren oder retraumatisieren könnte. „Damals war sie schon richtig. … Ich denke gesellschaftliche Entwicklungen mit“, wie er in einem Interview mit dem Spiegel formuliert.
Fleisch auf den Rippen
Denn, auch wenn er und sein Team aus Freunden, Fans und Leuten aus der Kreativbranche in den vorausgeplanten Performances im öffentlichen Raum agieren, gibt es ja noch immer den unbekannten Faktor X, das Publikum. „Wie reagiert es? Ich sehe das Publikum als integralen Bestandteil meiner Aktionen, die Menschen sind Teil des Kunstwerkes. Die Reaktionen des Publikums finde ich immer am spannendsten“, so donhofer., der einen bewusst niederschwelligen Zugang zu seinen Aktionen und Malereien wählt. „Ein 11-jähriges Kind muss die Message realisieren, ich bin kein Freund von 10 A4-Seiten Einführung, jeder soll gecatched werden, um dann später in die Tiefe gehen zu können“, umreißt er sein Kunstgedankenspiel. Er weiß aber nur allzu gut, dass Kunstwerke „Fleisch“ haben müssen, um nicht belanglos zu sein. donhofer. macht keine Performance um der Performance wegen. Er möchte Aufmerksamkeit für ein gewisses Thema generieren und zugleich Freiraum für Interpretationsspielraum geben.
Neuer Wiener Aktionismus Da sieht er sich durchaus in der Tradition des Wiener Aktionismus. „Ich arbeite bewusst mit Elementen der Aktionisten, aber es ist ein neuer Wiener Aktionismus“, so der Künstler, der sich nicht kategorisieren lassen will. Sein Studio im ländlichen Raum könnte genauso gut in New York sein. Es geht letztendlich um die Werke, um das künstlerische Anliegen. Kunst, ohne auch gesellschaftliche Missstände aufzuzeigen, zu produzieren, das ist nicht sein Ding. Überhaupt hat er mit der Begrifflichkeit der Produktion so seine Schwierigkeiten. „Wenn Artefakte anlässlich einer Aktion aus sind,
Die Farbe Rot ist für mich die interessanteste Farbe. Ich fühle mich gleichzeitig von ihr angezogen und abgestoßen. In Rot steckt alles drin, Liebe, Hass, Leben und der Tod. donhofer.
dann produziere ich nicht nach.“ Auch wenn er Kunst als Wirtschaftszweig sieht, ist er dem Terminus „Kunst kreieren“ zugeneigter. Diesem steht seines Erachtens der Begriff „Kunst verkaufen“ diametral entgegen, obwohl er dafür auch einen gangbaren Weg für sich entdeckt hat. donhofer.-Werke gibt es zum Quadratmeterpreis, so kann sich jeder ein Original leisten. „Es ist für mich eine faire Möglichkeit, Kunst zu verkaufen.“
Seit 2010 übt der ehemalige St. Pöltner Gymnasiast und FH-Absolvent Kunst professionell aus. Alexander Donhofer fungierte auch bis 2016 als „Werbemensch“, entschied sich dann ausschließlich für die Kunst. „Beides ist nicht möglich. Jetzt hat mein anderes Ich, der Alexander, nur mehr einen Kunden, nämlich donhofer.“, so der Künstler, der sehr präzise, engagiert und überlegt seinen künstlerischen Weg verfolgt. Wenn er etwa zwei Baumärkte
leerkauft, um an 54 WCs für seine Performance zu gelangen, und den dritten um alle WC-Bürsten erleichtert. „Manche Projekte haben eine Vorlaufzeit von zwei Jahren, aber am Ende zählt, einem kunstfernen Publikum den Zugang zu Themen, die in unserer Gesellschaft dringlich sind, zu verschaffen.“
Vor Kurzem hat donhofer. auch einen Bildband mit kurzen Texten zu signifikanten Werken herausgebracht, er nennt ihn „Collezione Uno“ in einer Reihe aus vier Bänden. „Es ist ein Querschnitt der letzten zehn Jahre und zeigt meinen künstlerischen Frühling, aber mittlerweile bin ich im Sommer angekommen“, so der Künstler, der keine Deko-Objekte produzieren will. „Da sind meine Kunstwerke das Falsche, mir geht es um ein Statement, um die Frage, was passiert mit unserer Gesellschaft?“ Und da gibt es momentan eine Überfülle an Themen.
Sein neues Projekt „SIGNATURE COLLECTION“ wird donhofer., dessen Kunst u. a. in Wien, Basel, Köln, New York, Warschau und Berlin gezeigt wurde und Teil von privaten und öffentlichen Kunstsammlungen ist, bei einer Ausstellung in Washington zeigen, mit Publikumsinvolvierung und noch vor der US-Wahl. Dann wird die von donhofer. gelebte Kunstthese, wonach ein Kunstwerk für sich selbst sprechen und etwas im Betrachter bewirken soll, garantiert wieder vortrefflich umgesetzt werden.
EINE BEWEGENDE AUSSTELLUNG
Anhand von 25 Objekten erzählt die neue Ausstellung „Auf der Flucht“ im Haus der Geschichte in St. Pölten Geschichten von Krieg, Flucht und Vertreibung.
Was haben eine Babypuppe, eine Holzkassette, ein Opernglas oder eine Kinderzeichnung gemeinsam? Die Zahl der Menschen, die weltweit vor Kriegen, Konflikten, Verfolgung und unerträglichen Lebensbedingungen fliehen müssen, war noch nie so hoch wie heute. Doch das Thema durchzieht die Menschheitsgeschichte wie ein roter Faden.
„Auf der Flucht – 25 Objekte erzählen“ präsentiert dazu Geschichten aus biblischen Zeiten bis in die Gegenwart. Im Fokus jedes Fallbeispiels steht ein Objekt, das eine persönliche Fluchtgeschichte greifbar macht. Eine Landkarte illustriert die jeweilige Fluchtroute.
Politische Rahmenbedingungen, Fluchtrouten und Transportmittel mögen sich ändern. Gewisse Muster wiederholen sich aber: Men-
schen müssen ins Unbekannte aufbrechen, sie haben meist wenig Zeit, um sich darauf vorzubereiten und können nur einen Bruchteil ihrer Habseligkeiten mitnehmen. Was dabei mitgenommen oder zurückgelassen wird, ist eine schwerwiegende Entscheidung, vor allem wenn es um Gegenstände mit emotionalem Wert geht. Die mitgenommenen Objekte vermitteln Kontinuität und stellen eine Verbindung zur Heimat, zum Leben vor der Vertreibung oder zu geliebten Menschen her. Aber auch praktische Dinge wie Taschen und Decken können auf der Flucht zusätzliche Bedeutung gewinnen. Für die Geflüchteten sind sie untrennbar mit den äußeren Umständen der Flucht, mit körperlichen wie seelischen Belastungen und den Erinnerungen daran verbunden, die ein Leben lang nachwirken. Viele Menschen überleben die Flucht jedoch nicht. Auch an ihre Geschichten, ihre Ängste und Hoffnungen möchte diese Ausstellung erinnern.
„Auf der Flucht – 25 Objekte erzählen“
Haus der Geschichte im Museum Niederösterreich
Kulturbezirk 5, 3100 St. Pölten
Di bis So und Ft: 9:00 bis 17:00 Uhr, an Wochenenden bis 18:00 Uhr
www.museumnoe.at
Regionalfernsehen Niederösterreich
P3-Kabel-news GmbH
3100 St. Pölten, Josefstraße 5/1
p3@p3tv.at
+43 2742 72840
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LIEBLINGSP EIN MIT ERINNERU
Mit der Jubiläumsausstellung „RENAISSANCE einst, jetzt & hier“ feiert die Schallaburg nicht nur eine bis in die Gegenwart hoch-wirksame Kulturepoche, sondern auch sich selbst. Denn vor einem halben Jahrhundert wurde das Baujuwel revitalisiert und gleichzeitig die Idee eines Ausstellungszentrums implementiert.
Eine visionäre Betrachtung von Rupert Feuchtmüller, dem Leiter der ersten Ausstellung 1974, ist mittlerweile erfolgreiche Realität geworden. Vor 50 Jahren nahm er die Entwicklung der Schallaburg als ein in der (nieder-) österreichischen Kunst- und Kulturszene nicht mehr wegzudenkendes Ausstellungszentrum vorweg: „Die Ausstellung könnte für die Schallaburg eine neue Epoche einleiten. Dieses großartige Schloss soll in seiner ganzen Bedeutung erkannt werden, es soll Forum
eines regen geistigen Gedankenaustausches werden, ein Ort kultureller Präsentation, der auch die lebendige Gegenwart mit einbezieht.“
Tatsächlich ist die Schallaburg 50 Jahre später zu einem international hochgeschätzten Ausstellungsort herangewachsen, der gleichzeitig Erlebnis-, Entdeckungs- und Vermittlungswelt in einem ist. Wie formuliert es Peter Fritz, der ehemalige Geschäftsführer, so treffend: „ … Fenster in vergangene Kulturen
LATZ NGSWERT
und ferne Länder wurden geöffnet, Einblicke in Zeitgeschichte und kulturgeschichtliche Erörterungen getan, vergangene Lebenswelten aufbereitet, Bezüge zur unmittelbaren Gegenwart der Gäste hergestellt.“
Nun, 50 Jahre nach der ersten Ausstellung „Renaissance in Österreich“, die am 21. Mai 1974 im renovierten Haus feierlich eröffnet wurde, setzt man sich wieder mit der Kulturepoche, die der Schallaburg die schönsten Bauelemente anheimstellte, auseinander. Mit der Jubiläumsausstellung „RENAISSANCE einst, jetzt & hier“ wird in diesem besonderen Festjahr von 13. April bis 3. November 2024 von einer Welt im Umbruch erzählt, die nach wie vor sehr wirkmächtig in unserer heutigen Gesellschaft ist.
Warum feiern wir?
belastendes Material finden und verschwinden, bevor ihr erwischt werdet.“
So zeigt sich die Schallaburg im Jubiläumsjahr 2024 als Gesamterlebnis, „als ein Markenzeichen im Kulturland Niederösterreich, ein Lieblingsplatz, der in Erinnerung bleibt!“, wie das Team rund um Erwin Klissenbauer, dem neuen Geschäftsführer der Schallaburg Kulturbetriebsgesellschaft, verspricht.
RENAISSANCE
einst, jetzt & hier
Öffnungszeiten
13. APRIL BIS 3. NOVEMBER 2024
Maren Waffenschmid zitiert in einer Betrachtung der 50-Jahr-Feierlichkeiten den Autor Stefan Heidenreich, der in seinem 2018 erschienenen Buch „Geburtstag“ fragt: „Wie es kommt, dass wir uns selbst feiern?“ Darin entdeckt er neben dem Kalender und schriftlich notierter Erinnerung in Form von Geburtsurkunden auch das wichtigste Element des Feierns von Jubiläen: Das ICH als modernes Subjekt zu erkennen. Und welche Epoche spiegelt das Erkennen der eigenen Persönlichkeit, das sich etwa in den Selbstbildnissen eines Albert Dürers so trefflich zeigt, besser wider als die Renaissance, der Beginn der Neuzeit. Und so werden Alchemisten und Humanisten, Genies und Gescheiterte, Machtmenschen und Stubengelehrte als erstes Hauptthema der Jubiläumsausstellung die Schallaburg bevölkern. Ein weiteres wird die Schallaburg selbst als eindrucksvolle Vertreterin der Renaissance sein. Das dritte Thema markiert die Erforschung der Welt – von der Astronomie bis zum Buchdruck. Viel an Erbe der Renaissance steckt noch in uns: der große Wert, den umfassende Bildung oder Sprache besitzen, die Bedeutung des Humanismus ebenso wie
die mitunter toxische Sicht des männlichen, weißen Europäers auf den ihn umgebenden Lebens- und Weltkontext.
Auf noch etwas darf man sich heuer freuen. „2024 wird es erstmals möglich sein, Schallaburg-Orte zu besichtigen, die vorher nicht zugänglich waren“, so Gabriele Rath, Ausstellungskuratorin 2024. Dabei wird sich die Schallaburg wie immer als Bühne für das jeweilige Jahresthema verstehen. Sie wird sozusagen ihr gesamtes Areal zur Verfügung stellen, um zu erkunden, zu verstehen und zu erleben, um Geschichte und ihren Gegenwartsbezug zu begreifen.
Interaktion wird im wunderbaren Renaissanceensemble aus Schloss und Außenanlagen, eingebettet in eine wunderbare Kulturlandschaft, großgeschrieben. Im Gesprächslabor „Jetzt läuft’s!“ wird dargestellt, dass in Gruppen und Teams jeder und jede Einzelne eine wertvolle Rolle spielt, wenn Geniales entstehen soll. Im neuen Escape Room – Mission: Goldener Panther – taucht man in die Renaissance ein und löst abwechslungsreiche Rätsel. Das Motto: „Eure Aufgabe als Spionagetrupp: Zugang zu den Arbeitsräumen des verdächtigen Burgherrn erhalten,
Montag bis Freitag 9:00 bis 17:00 Uhr An Samstagen, Sonn- und Feiertagen: 9:00 bis 18:00 Uhr. Kein Ruhetag –Kassaschluss & letzter Einlass jeweils eine Stunde vorher
Kontakt & Buchung
+43 (0) 2754 6317-0
buchung@schallaburg.at
www.schallaburg.at
DIE SERIENTÄTERIN
Eine Bestandsaufnahme der St. Pöltner Literaturszene hatte die Herausgeberin der Anthologie „ungebunden“, Corinna Bergmann, 2023 im Sinn. Dass diese gleichsam alljährlich in Serie gehen würde, hatte sie damals noch nicht auf dem Radar. Doch Potenzial gibt es genug. So erscheint 2024 „ungebunden II“. Und wie bei jedem guten Jahrgangs-Sampler ist ein Ende nicht abzusehen.
Langweilig ist ihr derzeit nicht. Wenn sie nicht grad in der Buchhandlung Schubert steht und Kunden berät, für die NÖN Texte lektoriert oder Kulturveranstaltungen organisiert, dann arbeitet sie schon an der kommenden Anthologie, die erneut die ausnehmend lebendige St. Pöltner Literaturszene abbilden wird. Dass sie Zeit findet, heute das Café im Palais Wellenstein für ein Interview aufzusuchen, grenzt schon an ein kleines Wunder. Doch von Hektik keine Spur. Die Herausgeberin und Autorin wirkt völlig entspannt – nur ihre Begeisterung für das, was sie tut, lässt sich schwer zügeln. Und das ist gut so. So ist man als Interviewer in der glücklichen Lage, auf kurze Fragen umfassende Antworten zu erhalten.
Wie es zur Anthologie „ungebunden“ kam? „Die Idee kam von
Peter Kaiser und mir. Es gab da ein Treffen mit dem Kulturamtsleiter Alfred Kellner, bei dem es ursächlich eigentlich um die Literaturzeitschrift ‚Die Brache‘ ging. Im Laufe des Gesprächs entstand dann die Idee einer Anthologie, die vorerst noch eine Art literarischer St. Pölten-Almanach sein sollte. Peter und ich haben daraufhin, gleichsam im Auftrag der Stadt, ein Konzept entwickelt und es dann Alfred Kellner präsentiert, der schließlich Theresia Radl, die neue Leiterin der Stadtbücherei, mit ins Boot geholt hat.“ Bergmann ergänzt: „Eine Ausschreibung für alle Interessierten sollte es werden. Noch vor der offiziellen Ausschreibung habe ich als Erstes allerdings schon etablierte Autorinnen und Autoren gefragt, ob sie Lust und Zeit hätten, mitzuwirken.“ Denn die, etwa Zdenka Becker, Mario Kern, Althea
Müller oder Michael Ziegelwagner, zögen dann die noch nicht so bekannten mit. Aus den ursprünglich angedachten zwanzig präsentierten Texten wurden dann jedoch bedeutend mehr, da ein repräsentativer Querschnitt ansonsten nicht möglich gewesen wäre. Insgesamt neunzig Werke wurden eingereicht, wobei Themen, Stil, Bekanntheitsgrad, Geschlecht und Alter, wie gewünscht, kräftig variierten. Eine Jury, der unter anderem auch die Autorin Doris Kloimstein und Literaturkenner Lukas Bärwald angehörten, wählte daraus Einiges aus, sodass „ungebunden“ letztendlich fünfzig Beiträge unterschiedlichster Machart aufzuweisen hatte.
Geboren wurde Corinna Annemarie Bergmann 1972 in St. Pölten, wo sie immer noch lebt. „Ich wuchs in einer großen Familie mit Hunden und Katzen auf.“ Katzen besitzt sie
LITERATUR. Corinna Bergmann gibt Autoren in „ungebunden“ und „Die Brache“ eine Plattform, zudem greift sie selbst zur Feder.
VIELFALT. Spannende Literatur aus und über St. Pölten bietet die Anthologie „unbebunden“. Heuer erscheint bereits der zweite Teil.
jetzt noch, wobei „besitzen“ wahrscheinlich das falsche Wort ist, „sie machen ja sowieso, was sie wollen.“ Mit Mitte zwanzig studierte sie Skandinavistik und Sprachwissenschaft. „Geschrieben habe ich schon seit der Volksschule, mit dreizehn dann schon etwas ernster zu nehmende Texte.“ Einiges davon publizierte sie in den verschiedensten Anthologien. Im Verlag am Rande veröffentlichte sie mit „Das Unheil geschehe“ einen Band mit ziemlich fiesen Horrorerzählungen und war 2019 Gewinnerin des „Ingeborg Flachmann-Preises“. Überhaupt ist sie ein großer Horrorfan, ob in der Literatur, im Film oder in der Serie. Man kann mit ihr stundenlang über erlesene Scheußlichkeiten des einschlägigen Genres reden – es fällt ihr garantiert noch etwas ein, was man auch als Afficionado noch nicht kennt. Nicht umsonst zeichnet sie auch regelmäßig für die (Vor) Halloween-Veranstaltungen im Café Opfestrudl verantwortlich, welches dann regelmäßig aus allen Näh-
ten platzt. Doch damit nicht genug: „Seit Mai 2022 arbeite ich gemeinsam mit Johannes Schmid, Peter Kaiser, Jonathan Perry und Antonia Leitner an der ‚Brache – Magazin für Poesie‘ mit und veröffentliche dort auch meine eigenen Texte. Dort lasse ich meine poetische Ader raus.“ Demnächst, genauer gesagt am 20. März, findet eine von ihr organisierte Lesung im Palais Wellenstein statt, mit Lesenden, die im ersten „ungebunden“ vertreten sind.
Doch: „So sehr mir das alles taugt, möchte ich wieder mehr selbst schreiben. Ist halt eine Zeitfrage.“ Denn jetzt steht einmal das nächste „ungebunden“ ins Haus, das dann, so wär’s geplant, alljährlich erscheinen soll. Diesmal in Zusammenarbeit mit der Tangente, was natürlich zur Folge hat, dass die diesmaligen Themen von dieser vorgegeben werden, d.h. „Demokratie“, „Erinnerung“ und „Ökologie“. Diese Kontextualisierung durchzieht ja in diesem Jahr im Grunde nahezu das komplette (Gegenwarts)Kulturleben
St. Pöltens, wobei es durchaus Stimmen gibt, die Zweifel am tatsächlich segensbringenden Wirken der Tangente hegen und das Ganze eher als Einschränkung, erdacht von woken Bobos für woke Bobos, denn als eine über den eigenen Tellerrand zielende Bereicherung empfinden.
Doch dürfen wir davon ausgehen, dass Bergmann mit ihrer Jury, der diesmal unter anderem auch Michael Ziegelwagner angehört, wieder ganze Arbeit leistet. Denn eins ist auch klar: „Sind wir uns ehrlich: Manche Texte sind mitunter nicht ganz ausgereift ... da wär ein Lektorat hilfreich. Und man sollte konstruktive Kritik annehmen können. Mir hat das jedenfalls immer geholfen.“ Doch setzt sie sogleich einen Aufruf nach: „Traut euch, nehmt eure Sachen aus den Schreibtischladen!“ Die Ausschreibung ist schon angelaufen – und auch diesmal sind garantiert wieder jede Menge Perlen dabei. Corinna Bergmann wartet schon drauf. Und lässt das Ganze in Serie gehen.
RUND 1.400 ACTS ERWARTEN DIE ST. PÖLTNER:INNEN IM KULTURJAHR
Zeitgenössisch, vielfältig und kulturell pulsierend präsentiert sich die Stadt 2024. Mit dem Schwerpunkt auf Kultur werden Tradition und Weltoffenheit miteinander verbunden.
ERÖFFNUNG EHEMALIGE SYNAGOGE
Nach den umfassenden Renovierungsarbeiten ist die Ehemalige Synagoge auf allen Ebenen barrierefrei zugänglich. Damit sind die Tore sowohl für zeitgemäße Geschichtsvermittlung als auch für eine lebendige Veranstaltungskultur geöffnet. Somit wird nicht nur das Jugendstiljuwel nachhaltig erhalten, sondern laut Martha Keil, der Leiterin des Instituts für jüdische Geschichte, auch ein großer Vermittlungsort für die nächsten Generationen.
ERÖFFNUNG TANGENTE FESTIVAL FÜR GEGENWARTSKULTUR
Justice – Katalog der Vögel – Kunstparcours – Alfa Romeo Theater
Ende April startet das große Tangente-Festival. Bildende Kunst, Theater, Performances, Musik, Literatur, Wissenschafts- und Diskursformate stehen mit Themenschwerpunkten zu Ökologie, Erinnerung und Demokratie im Blickpunkt. Das neue Festivalzentrum in der Linzer Straße, neue Infrastrukturprojekte sowie Kultur- und Bildungseinrichtungen werden zum Schauplatz nationaler und internationaler Kunstprojekte.
ERÖFFNUNG AUSSTELLUNG VON STEINEN UND BEINEN
Stadtmuseum – Domplatz – Augmented Reality
Die Sonderausstellung erzählt die wechselvolle Geschichte eines Platzes, der keiner war. Präsentiert werden nicht nur Originalfunde vom Domplatz, sondern erstmals auch Untersuchungsergebnisse, die tiefe Einblicke in die Lebensbedingungen der damaligen Bevölkerung geben. Dank modernster Augmented Reality-Methoden entstehen aus den Mauerresten Gebäude – in digital rekonstruierter Form.
18. APRIL
30. APRIL
2. MAI
HEER ON TOUR AM DOMPLATZ
BAROCKFESTIVAL
JEWISH WEEKENDS
Militärmusik und Geräteschau des Bundesheeres
Das Österreichische Bundesheer präsentiert sich mit einer Staatsvertragsfeier, Konzerten, Geräteschau und Gulaschkanone. Ab 8:30 Uhr gibt es für Jung und Alt eine große Geräteschau mit Ausstellung. Mit dabei sind u. a. ein Cyber-Escape Room, ein Flugsimulator, ein Sturmboot sowie Jagdkommando und Heeressport. Ab 15 Uhr spielen mehrere Militärmusiken Platzkonzerte und zeigen ihr Repertoire.
15. MAI
25. MAI BIS 9. JUNI
Verena Altenberger – Company of Music –Peter Kogler – Alois Mühlbacher – Maddalena del Gobbo Das Kulturjahr 2024 war Anlass, das über die Jahre zum Fixpunkt des St. Pöltner Festivalsommer gewordene Festival neu zu gestalten. Dies übernahm der junge und international gefragte Countertenor Alois Mühlbacher. Unter den vielen namhaften Künstler:innen sind unter anderen Verena Altenberger, Peter Kogler oder Michael Maertens.
7. BIS 9. & 14. BIS 16. JUNI
Freiraum
13. April
Tales From The Moshpit
26. April
Roul Starka
17. Mai
The Burning Flags / Stevo & the Shotlights / The Zsa Zsa Gabors / Nothing Beyond
Ehemalige Synagoge
Die Jewish Weekends sind ein Festival für jüdische Kultur in der neueröffneten Ehemaligen Synagoge und präsentieren ein breites Spektrum fern abseits von Klischees. Von jüdischer Renaissance- und Barockmusik über Klassik bis zu Singer/Songwriter, Jazz und Avantgarde hält das Programm österreichische Erstaufführungen internationaler Ensembles und Werke von heimischen Künstler:innen bereit.
Festspielhaus
15. April
Tonkünstler-OrchesterStrauss/Mozart/Brahms
19. April
Canadian Brass – „All you need ist love“-Tour
16.Mai
Ankathie Koi
Landestheater
20. April
Die Physiker – Premiere
24. Mai
Theater mit Horizont: Alice im Wunderland – Premiere
Theater des Balletts
16. und 22. März
Frühlingsgala
www.facebook.com/stpoelten www.instagram.com/st.poelten
Weitere Veranstaltungen finden Sie unter events.st-poelten.at
7. und 8. Juni
Dornröschen
Ab 28. Juni
Schwanensee
Stadtmuseum
13. Juni
Ausstellungseröffnung: Blick in den Schatten – St. Pölten im Nationalsozialismus
www.twitter.com/st_poelten
KULTURELLE BILDNERIN
Mona Jas, internationale Kuratorin, Wissenschaftlerin und Künstlerin, ist für die Realisierung eines besonderen Projekts von Berlin nach St. Pölten gezogen – und sie fühlt sich sehr wohl hier.
MONA JAS
WAS verlockt eine angesehene Wissenschaftlerin, Hochschulprofessorin, Kulturvermittlerin bei der Biennale, nach St. Pölten zu kommen? „Ein Projekt, das einzigartig ist in Europa“, sagt Mona Jas. Die gebürtige Niederländerin ist künstlerische Leiterin des KinderKunstLabor, das im Sommer eröffnet. „’Träume für Räume’ werden wahr. Denn all die Wünsche der Kinder, die uns, das Team des KinderKunstLabor, und mich, die künstlerische Leiterin, bei der Gestaltung der Räume und des Parks inspiriert haben, werden dann auf vielfältige Weise erlebbar“, freut sich Mona Jas auf ein besonderes Fest Ende Juni, mit Rundgängen durch den Park und seine Skulpturenausstellung, mit Werkstätten, Gesprächen, Filmen. Und mit einem „Kletternetz“ der japanischen Künstlerin Toshiko Horiuchi zwischen dem 2. und 3. Stock, das die jungen Besucher:innen dann erstmals erklettern können.
WIE aber wurde Mona Jas auf das Projekt aufmerksam? Die bekannte
MONA JAS
Künstlerische Leiterin des KinderKunstLabor
Prof. Dr. phil. Mona Marijke Jas ist Künstlerin, Kuratorin, Wissenschaftlerin und Hochschullehrende. Seit 2021 ist sie künstlerische Leiterin des KinderKunstLabor.
Mona Jas war u.a. 2017 Mitglied der faculty der documenta 14 in Kassel und Athen und leitete die (Ver-)Mittlung der 10. Berlin Biennale 2018. An der weissensee kunsthochschule berlin vertritt Mona Jas seit 2015 mit einer Honorarprofessur den Bereich Kunstvermittlung und Kulturelle Bildung. Bis 2021 leitete sie außerdem das Forschungsprojekt Künstlerische Interventionen in der Kulturellen Bildung am Institut für Kulturpolitik der Uni Hildesheim und vertrat dort die Professur für Kulturelle Bildung.
In ihrer freien Zeit liebt sie Lesen, Laufen, Geschichten-Hören, ihre drei eigenen erwachsenen Kinder, Zeichnen, Träumen, Tanzen, Freund:innen treffen, Ausstellungen anschauen …
KINDERKUNSTLABOR
Das KinderKunstLabor am Schulring 24 im Altoonapark zeigt zeitgenössische Kunst für und mit einem jungen Publikum und stellt diese zur Diskussion. Die Eröffnung unter dem Titel „Träume für Räume“ ist am Samstag, 29. und Sonntag, 30. Juni jeweils von 10 bis 17 Uhr.
Kuratorin war vom Team des KinderKunstLabor angeschrieben worden und sofort begeistert. „Ich habe zum ersten Mal von solch einem Konzept gelesen, in welchem internationale zeitgenössische Kunst mit Kindern – also einem jungen Publikum – zusammengedacht wird. Das ist einmalig.“ Kinder können dort mit Künstler:innen aus der ganzen Welt aufwachsen. Besonders berührt war Jas auch von der Geschichte des Standortes: Das KinderKunstLabor wurde auf einem Grundstück gebaut, auf dem vorher eine Waffenfabrik die berühmten Gasser-Revolver produzierte. „Das hat für mich einen großen symbolischen Wert in unserer aktuellen Weltlage“, so Jas.
Kultur & Natur in St. Pölten
WARUM Mona Jas ihre neue Wohnstadt mag, hat mit der Lebensqualität in St. Pölten zu tun: „Ich wohne im Zentrum, kann alles zu Fuß erreichen. Gleichzeitig kann ich jederzeit in die Natur, um mich zu erholen.“ Die leidenschaftliche Le-
serin liebt die Buchhandlung in der Wiener Straße – „eine Buchhandlung ist für mich wie das Herz der Stadt“ – und sie schätzt die wunderbaren regionalen Lebensmittel, „nicht nur auf dem Markt, sondern auch rund um die Uhr bei Mazzetti, großartig!“ Die KinderKunstLaborLeiterin ist schon seit einiger Zeit St. Pölten-Bewohnerin, weil sie die künftigen Besucher:innen des Kunstprojekts intensiv kennenlernen wollte: „Das ist für mich sehr wichtig für die Gestaltung des Programms und des Hauses.“ Apropos Programm: Vom hochwertigen und breit aufgestellten kulturellen Angebot in der Stadt ist die Kunstexpertin begeistert: „Also, ich langweile mich hier niemals! Und an den St. Pölter:innen gefällt mir, dass sie mich so warmherzig und offen aufgenommen haben, ich habe daher einen schönen Freund:innenkreis und einen wunderbaren Austausch.“
Zeitgemäße Kulturvermittlung
WODURCH aber könnten mehr Menschen mit Begeisterung für Kunst und Kultur „angesteckt“ werden, wie könnte unser Bildungssystem Kunst und Kultur nachhaltiger vermitteln? Klar, durch Institutionen wie das KinderKunstLabor, in denen die Erfahrungen und Perspektiven der Nutzer:innen im Zentrum stehen, erklärt Mona Jas. Aber auch durch eine fehlerfreundliche Haltung, die die Erfahrung der Mitwirkenden ernst nimmt. Und durch fächerübergreifende Ansätze, in denen Geistes- und Naturwissenschaften verbunden und künstlerisch vermittelt werden. „Kunst und Kultur spielt in alle Felder und Fächer hinein, hier gilt es die jeweiligen künstlerischen Aspekte zu stärken“, weiß Jas. In Physik unterstützt Performance, in Chemie zum Beispiel die Dunkelkammer und Fotografie, in Mathematik Konzeptkunst. „So könnte über künstlerische Erfahrungen und eigenes Tun ein enormes Wissensspektrum lebendig und nachhaltig vermittelt werden.“
AUFPASSEN
Aufpassen bei Menschen, die in hässlichen Schlapfen neben einem Esel herumgehen und die Wahrheit verkünden. Sie haben schon viel Unheil gebracht. Aufpassen bei Menschen, die hauptberuflich mit Zertifikat das Leben erklären, sie haben keines. Aufpassen bei Menschen, die auf Inch und Zentimeter genau die Diagonale ihres Fernsehers kennen. Aufpassen bei Menschen, die dir sagen: „…und darum ist es halt schon sehr wichtig, dass man…“. Aufpassen bei Menschen, die Zähne putzend durch die Wohnung gehen. Aufpassen bei Menschen, die sagen: „Irgendwie hab ich einen Hunger.“ Sie hatten noch nie einen. Aufpassen bei Menschen, die in deiner Wohnung den Tisch abräumen helfen wollen, nach deinem „Nein, danke, geht schon!“ sich entschuldigen und es dann trotzdem tun. Aufpassen bei Menschen, die etwas endlich wieder mal gern machen würden. Mariazell, Dürnstein oder Ötschergräben. Aufpassen bei Menschen, die dir die Schaltjahre erklären wollen. Aufpassen bei Menschen, die angeblich eine glückliche Kindheit hatten. Aufpassen bei Menschen, die Wiener Schnitzel auf Küchenpapier abtropfen lassen. Aufpassen bei Frauen, denen die hohen Schuhe so weh tun. Ihnen tut alles weh. Aufpassen bei Männern, die sich nicht erinnern können, mit wie vielen Frauen sie Sex hatten. Es waren fünf, davon sind zwei gelogen. Sei gnädig mit Menschen, die zu Geburtstagen Gedichte verfassen. Sie haben sich wirklich Mühe gemacht und müssen bei manchen Stellen sehr weinen.
Doch wenn jemand das Wort „nachhaltig“ sagt, lauf um dein Leben.
MARIA EMHART DAS SCHAUSPIELPROJEKT DES NÖ KULTURFORUMS
Ein einzigartiges Projekt hat nach zweijähriger Vorbereitungszeit das NÖ Kulturforum nun umgesetzt, und das mit außerordentlich großem Erfolg: „Maria Emhart ,Von der Rädelsführerin zur Vizebürgermeisterin“. Das ist der Titel eines Einpersonenstücks, das vom NÖ Kulturforum in Kooperation mit dem Portraittheater Wien realisiert worden ist. Die Schauspielerin Anita Zieher, auf die Darstellung bedeutender Frauenpersönlichkeiten spezialisiert, bringt unter der Regie von Margit Mezgolich in einzigartiger Weise das Leben von Maria Emhart auf die Bühne, jener sozialdemokratischen Politikerin, die es von der Hilfsarbeiterin in der St. Pöltner Glanzstoff-Fabrik und Gemeinderätin in St. Pölten, der jahrelangen Vizebürgermeisterin von Bischofshofen zur ersten weiblichen Landtagsabgeordneten Salzburgs und angesehenen Natioanalratsabgeordneten gebracht hat.
Am 12. Februar fand die erfolgreiche Uraufführung dieses Stückes im Rathaussaal in St. Pölten statt. Exakt an jenem Tag, an dem sich zum 90. Mal der Widerstand der Sozialdemokraten gegen die Zerstörung der Demokratie
V.l.n.r.: Wissenschaftlicher Berater Thomas Lösch, Hauptdarstellerin Anita Zieher, Landesrätin Ulli Königsberger-Ludwig, Kulturforum Obmann Ewald Sacher.
der I. Republik durch die austrofaschistische Diktatur jährte.
Von der Widerstandskämpferin zur Nationalrätin
Maria Emhart wird am 27. Mai 1901 in Pyhra bei St. Pölten geboren. Sie wächst als ältestes von fünf Kindern der Landarbeiterin Maria Kreuzer und des Eisenbahners Johann Raps auf. Sie besucht die Volks- und Bürgerschule. 1915 beginnt sie nach schwerer, entbehrungsreicher Kindheit in der Glanzstoff-Fabrik St. Pölten als Hilfsarbeiterin zu arbeiten. 1918 tritt sie der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei bei. 1921 heiratet sie den Eisenbahner Karl Emhart.
In der Glanzstoff wird sie in den 1920er-Jahren Betriebsrätin, 1931 Vorsitzende des Frauenkomitees in St. Pölten und 1932 in den Gemeinderat gewählt. 1934 ist sie in führender
Funktion in die Februarkämpfe in St. Pölten involviert. Sie wird verhaftet und entgeht nur knapp einer standrechtlichen Hinrichtung – ein Schicksal, das zahlreiche führende sozialdemokratische Widerstandskämpfer wie z. B. den steirischen Nationalratsabgeordneten Koloman Wallisch ereilt. Nach 17 Wochen Gefängnis wird sie dank einander widersprechender Zeugenaussagen und den klugen Aussagen von Kampfgefährten freigesprochen. Fortan arbeitet sie für die Revolutionären Sozialisten, der im Untergrund agierenden nunmehr verbotenen Sozialdemokratie und all ihrer Nebenorganisationen wie z. B. auch der Volkshilfe-Vorgängerorganisation Societas.
1935 wird sie nach der Brünner Konferenz der verbotenen Sozialdemokratie von einem Spitzel verraten und in Wien erneut verhaftet. Sie sitzt gemeinsam ein mit Angeklagten wie Bruno Kreisky oder Franz Jonas. Im März 1936 steht sie als eine der Hauptangeklagten im „Großen Sozialistenprozess“ vor Gericht. Jenem Verfahren, in dem der junge Bruno Kreisky durch eine bemerkenswert kämpferische Verteidigungsrede europaweit Anerkennung findet. Emhart wird zu 18 Monaten Kerker verurteilt, kommt aber durch eine Amnestie im Juli 1936 frei. Ihretwegen wird ihr Mann, der Eisenbahner Karl Emhart, nach Bischofshofen strafversetzt. Beide ziehen sie in diese Stadt, wo sie bis an ihr Lebensende bleiben wird.
Ab 1945 arbeitet sie in der Stadt Bischofshofen aktiv am Wiederaufbau der Gemeinde und der Region mit, ab 1946 als Vizebürgermeisterin. Aufgrund des Alters und Gesundheitszustandes des 1934 abgesetzten und nun wieder amtierenden SPÖ-Bürgermeisters lenkt sie maßgeblich die Geschicke der Eisenbahnerstadt. Bei der ersten Landtagswahl nach dem Krieg wird sie im November 1945 als erste und einzige Frau in den Salzburger Landtag gewählt und bleibt dort 12 Jahre lang Abgeordnete. Im Jahr 1953 wird
„Diese Theaterproduktion haben wir vom NÖ Kulturforum mit wirklicher Begeisterung veranlasst!“, so Ewald Sacher. Zahlreiche Gäste zeigten sich begeistert.
Maria Emhart, deren Laufbahn in Niederösterreich begonnen hat, nun als Salzburger Frau in den Nationalrat gewählt. In dieser Zeit begründet sich eine anhaltende, enge Freundschaft und Gemeinsamkeit mit der legendären Rosa Jochmann, die als politisch Verfolgte des NS-Regimes das Konzentrationslager überstanden hat und nun führende SPÖ-Frauenvertreterin im Parlament ist. 1965 erkrankt ihr Mann Karl schwer, weshalb Maria Emhart aus dem Parlament ausscheidet, um ihn in seiner letzten Lebensphase zu begleiten. Ihre Ehe ist kinderlos geblieben. Hohe Auszeichnungen würdigen die Leistungen der Widerstandskämpferin, überzeugten Demokratin und Frauenpolitikerin Maria Emhart, u. a. das Ehrenzeichen für Verdienste um die Befreiung Österreichs. Nach ihr werden Straßen und Plätze benannt: In St. Pölten die
Maria-Emhart-Straße, in Bischofshofen der Maria-Emhart-Platz, in Wien ein Maria-Emhart-Weg.
Am 9. Oktober 1981 stirbt Maria Emhart im 81. Lebensjahr in Bischofshofen.
Anita Zieher als Maria Emhart Ergreifend und unglaublich persönlichkeitsnah stellt Anita Zieher als Ich-Erzählerin Maria Emhart, diese große Frauenpersönlichkeit, dar. Der Text wurde von Zieher selbst nach Originalaufzeichnungen Emharts , jenen von Zeitgenossinnen, Korrespondenzen Emharts u. a. mit Rosa Jochmann sowie Gesprächen mit Familienangehörigen erarbeitet. Zur wissenschaftlichen Begleitung und Beratung hat Mag. Thomas Lösch, Mitarbeiter des Kulturamtes der Stadt St. Pölten und Vorstandsmitglied des NÖ Kulturforums, Idee und Be-
Unter den Gästen fanden sich zahlreiche Vertreter der Sozialdemokratie, unter ihnen mit Prof. Siegfried Nasko (r.) etwa auch Persönlichkeiten, die Maria Emhart noch persönlich kennengelernt hatten.
ratung beigetragen. Regisseurin Margit Mezgolich gelingt es, die Darstellerin so zu führen, dass man meint, Maria Emhart stehe selbst auf der Bühne – wie auch etwa die ehemaligen St. Pöltner Stadträte Rieder sowie Dr. Siegfried Nasko, die Emhart persönlich noch gekannt hatten, nach der Aufführung bestätigten.
Das Portraittheater bringt immer wieder das Leben außergewöhnlicher Frauenpersönlichkeiten auf die Bühne, um ihr Werk und Wirken dem Publikum näher zu bringen. So wurden etwa auch schon Marie Curie oder Rosa Luxemburg portraitiert.
Prof. Ewald Sacher, Obmann des NÖ Kulturforums, über die Hintergründe des Engagements: „Diese Theaterproduktion haben wir vom NÖ Kulturforum eingedenk unseres Leitbildes ‚Kultur vor der Haustür‘ im Rahmen unseres Schwerpunktes Literaturförderung und als Förderer regionaler Initiativen und Projekte mit wirklicher Begeisterung veranlasst!“
Vorstellungen
Am 22. März finden um 10 Uhr sowie um 18 Uhr zwei weitere Aufführungen im Cinema Paradiso in St. Pölten statt Uhr. Exakt am Geburtstag Maria Emharts wird das Stück im Kultursaal Bischofshofen im Auftrag der Stadt Bischofshofen und der Volkshilfe Salzburg, der Maria Emhart sehr nahegestanden ist, am 27. Mai 2024 aufgeführt.
IM KOKON
Mit 26 Jahren bin ich weder alt noch jung. Aktuell empfinde ich diesen Zustand überwiegend als unangenehm – mein Körper spielt nicht mehr mit wie früher. Diese Phase der Liminalität birgt aber auch die letzte Chance, einen Kommentar über junge Menschen zu schreiben, ohne mir dabei allzu blöd vorzukommen. Das möchte ich mir nicht entgehen lassen. Eine Umfrage des Instituts für Jugendkulturforschung hält jungen Menschen gerade den Spiegel vor, mutmaßlich partyfaul zu sein. „Am Wochenende richtig Party machen“, interessiert sie nicht mehr. Das sagen die Menschen in der Umfrage selbst. Bis ich etwa 19 Jahre alt war, bin ich oft und exzessiv fortgegangen. Das war prägend, emotional und physisch gleichermaßen. Mittlerweile feiere ich immer noch gern in Clubs, mache es aber deutlich seltener, weil „meine Musik“ zwar gerade irgendwie trendet, sie aber kaum aufgelegt wird. Interessanter ist, dass junge Menschen spätestens seit der Pandemie gerne zuhause feiern. Selten habe ich einen Satz so sehr gefühlt. Fürs Dating gibt es Apps, Bars und Homepartys, warum also jemand völlig fremden im Club kennenlernen? Um gute Musik zu hören, reichen Boxen und ein billiges Mischpult. Trinken im Wohnzimmer ist um Welten billiger als anderswo und wer übers Ziel hinausschießt, kann einfach schlafen gehen. In jeder Wohnung liegt zumindest irgendwo eine Matratze am Boden. Was ich damit sagen möchte: Vielleicht haben junge Leute nicht das Feiern verlernt, sondern Clubs schlichtweg nicht mehr die Möglichkeit (oder Kreativität) attraktiver als ein Rausch zuhause zu sein.
POP AM DOM
Im Vorjahr gastierte sie noch beim erstmaligen Lido Sounds in Linz, heuer verschlägt es die britische Senkrechtstarterin Arlo Parks, mittlerweile von London nach Los Angeles übersiedelt, am 7. Juli zu „POP am DOM“ in St. Pölten. Vom Spiegel schon mal als „Gefühls-Chronistin der Generation Z“ gefeiert, bescherte ihr ihr erstes Album „Collapsed in Sunbeams“ gleich eine Grammy-Nominierung. Im Vorjahr legte sie mit „Soft Machine“ nach.
Eine Fraktion cooler und elektronischer vom Sound her kommt die Schwedin Karin Dreijer in ihrer In-
Gkarnation Fever Ray daher. Während das Spiel mit fließenden (Geschlechter)Rollen an Granden wie Bowie erinnert, vermeint man in Songs wie „Shiver“ schon einmal Björk herauzuhören – eine gemeinsame Klammer zu Arlo Parks, welche die Isländerin als eines ihrer Vorbilder outet für Künstler, „die sich ständig verändern und immer wieder Neues probieren.“ Neben den zwei Damen sollen noch weitere Acts folgen, wie die Veranstalter versprechen.
Infos unter
www.tangente-st-poelten.at
BULLSHIT BINGO
eorg Wandl ist einer der längstdienenden Kreativen der Stadt. Wenn der „Herr Fessor“ nicht gerade mit den Jumpers [re]loaded für Improviastionstheater vom Feinsten sorgt oder mit „Perpetuum“ auf der Bühne steht, greift er schon einmal zur Gitarre – oder tut es wieder. In grauer Vorzeit schon als van DELL musikalisch erfolgreich, hat er im Vorjahr nämlich damit begonnen, einige seiner alten Nummern zu remastern. Dabei scheint Wandl wieder Lunte gerochen zu haben, denn zuletzt stellte er auch zwei ganz neue
Songs auf die handelsüblichen Streamingdienste wie spotify. „Einer handelt über Phrasendrescherei, der andere ist eine Ode an unsere kaputte Kaffeemaschine.“ Willkommen bei Bullshit-Bingo! Reinhören lohnt!
COME AS YOU ARE
„Ich dachte immer, das Internet vergisst nie!“, witzelt Warhouse-Clubleiter Steve Ponta, als er auf der Suche nach altem Content aus dem Jahr 2004 nicht gleich fündig wird. Ist aber vielleicht ohnedies schlüssiger, rechnet man in Sachen Erinnerungsvermögen bei Clubs doch eher mit FALCOS
Ausspruch „Wer sich an die 80er (in unserm Fall die frühen 2000er) erinnern kann, war nicht dabei!“. Anlässlich 20 Jahre Warehouse haben wir es trotzdem probiert und die Warehouse-Urgesteine Norbert „Pauli“ Bauer, Steve Ponta und Geli Gottschall zum kollektiven Erinnerungshappening versammelt.
Als wir in den Club in der Rödlgasse eintreten, macht unser Fotograf – in Jugendzeiten selbst oftmaliger Besucher des Etablissements – ein Aha-Erlebnis: „Bei Tag sieht das ja ganz anders aus!“ Es fühlt sich auch tatsächlich anders an, weil sozusagen das Leben, die Seele fehlt: Keine wabernden Songs aus den Boxen, keine schwitzend-stampfenden Kids am Dancefloor, kein hard working DJ
on the turntables, keine Red Bulls & Wieselburger, die an guten Tagen in Strömen fließen. Stattdessen beschauliche Ruhe, gedämpftes Licht, verwaiste Bier- und Getränkekisten auf der Theke, die bereits auf den nächsten „Einsatz“ am Wochenende warten, und dieser ganze eigene Geruch, wie er nur Fortgehtempeln zu eigen ist. Nach einem kurzen Fotoshooting ziehen wir uns aber, wie es Clubgründer Norbert „Pauli“ Bauer
formuliert, in die „Katakomben“ zurück – also in den Backstagebereich, wo Büros und Künstlertrakt liegen und wo auch des Tags für die Nacht gearbeitet wird. Vordergründig stinknormale Arbeitsplätze, über die aber dank Plakaten und Devotionalien legendärer Gigs eine sanft-mythische Patina liegt, unterschwellig von einem ein Hauch des Anarchistischen begleitet. Die Brandschutztür zum Bühnenraum ist etwa mit zahlreichen Stickern übersät, von legendären Formaten und Veranstaltungen bis hin zu SternschnuppenLabels. „‚I love my penis‘ kommt am öftesten vor“, lacht Norbert, und wir alle sehen uns wissend an, weil wir den Mastermind dahinter kennen. Daneben Plakate – ein angerissenes vom NUKE Festival 2005, wo noch Seeed zu lesen ist, daneben Wanda, Parov Stelar, aber auch Aktuelles wie Anna-Sophie oder FYS.
BACKSTAGE. Die Warehouse-Urgesteine Gründer Norbert „Pauli“ Bauer gemeinsam mit Angela Gottschall und Clubleiter Steve Ponta (v.r.n.l.)
Once upon a time
Die Geschichte des Warehouse beginnt indirekt eigentlich bereits Ende 2003. Damals sucht Pauli – zu dieser Zeit bereits als Macher des Jesters in Ober-Grafendorf sowie des Club Maquie in Pottenbrunn eine absolute Szene-Ikone – für eine große Vorweihnachtssause ein Ausweichquartier und findet es schließlich im VAZ. „Dort hat uns René Voak von NXP eine Lagerhalle zur Verfügung gestellt“, erinnert er sich und fügt hinzu. „Zu René hatte ich ja beste Bande. Tatsächlich war ich der erste Konzertveranstalter im VAZ unter seiner Ägide und habe dort im März 2002 Fettes Brot durchgeführt!“
Das Dreitages-Clubfest mit Kapazundern wie HEINZ, Benji und Sam Ragga schlägt jedenfalls, wie man so schön sagt, voll ein. Die logische Konsequenz: Pauli und René beschließen, eine fixen Club im VAZ zu etablieren, zumal das Jesters in OberGrafendorf keine Zukunft mehr hat. Voak gibt den Herbergsgeber, Pauli ist Betreiber und mietet sich ein. Bereits knapp einen Monat später, am 4. Februar 2004, sperrt das Warehouse auf. „Bis dahin haben wir die Lagerhalle so gut wie möglich adaptiert“, erinnert sich Pauli, manch Hoppala inklusive. „Am letzten Tag ist uns etwa ein großer Steiger eingegangen, der mitten im Lokal gestanden ist – den haben wir nicht mehr rechtzeitig rausbekommen. Daher haben wir ihn einfach mit Stoff umwickelt und stehen lassen“, lacht er. Für die Kids eine vermeintlich coole Deko, in Wahrheit aber Essenz dessen, was das Warehouse bis heute ausmacht und in seiner DNA, weil auch in jener Paulis angelegt, steckt: Improvisationskunst. Die Köpfe der ersten Stunde, die dem Baby quasi das Laufen beibringen, sind neben Pauli sein Kumpel Josef Schmid, „der eigentlich hauptberuflich Bauarbeiter war, bei uns aber Mädchen
für alles“, Marco König als Techniker sowie Christian Lakatos, „der als Praktikant begonnen hat“ und späterhin als Mastermind von Urban Art Forms Festivalgeschichte schreiben sollte. Die Gastro schupft in den Anfängen mit Valentin Kopatz ebenfalls kein Unbekannter. Außerdem bereits in der Anfangsära im Dunstkreis unterwegs, wenn auch noch in anderer Rolle, sind Steve Ponta als Veranstalter mit seinem Kollektiv „Boomarang Sound“ und als DJ Selecta Weasel sowie Geli Gottschall, die späterhin mit der langjährigen Clubleiterin Manuela Hiegesberger den Laden schmeißen wird. „Manu hat wahrscheinlich die meisten Nächte im Warehouse verbracht“, schätzt Pauli. Weitere WarehouseLegenden im Laufe der Jahre sind Michael Kietreiber, Johannes König und Julita Sporidis, gern als Seele des Clubs bezeichnet.
Der Eingang in den Club erfolgt damals noch über das alte, rote Tor über die Kelsengasse, vorbei an einem Aquarium öffnete sich dahinter quasi der erste Floor „der heutige Klogang, wo darüber ein DJ-Pult aufgestellt war“, schmunzelt Steve. Danach gings weiter in den Loungefloor – also den großen Barbereich. Bereits 2005 erfolgt ein erster großer Umbau, weil die Behörde eine Lüftungsanlage vorschreibt. Damals rückt auch der Haupteingang an seine heutige Position in der Rödlgasse. Einige Jahre später wird im Rahmen eines weiteren Umbaus dann noch „The Garage“, ein zweiter fixer Floor, etabliert, sonst bleibt das Raumkonzept über all die Jahre ziemlich gleich.
There’s a new kid in town
Wenn man Pauli, Steve und Geli nach dem Spirit der Gründungsphase fragt, beginnen ihre Augen zu leuchten „Es herrschte einfach eine unglaubliche Energie und Aufbruchsstimmung, weil es so etwas wie das Warehouse in St. Pölten bis dahin noch nicht gegeben hatte“, ist Geli überzeugt, und Pauli präzisiert: „Damals ist ja gerade FM4 aufgekommen, mit Musik abseits des
Mainstreams. Im Grunde genommen war das Warehouse so etwas wie die Musik von FM4 im Clubformat. Jeden Tag wurde bei uns etwas anderes gespielt.“ Das Warehouse bildet damit auch einen Kontrapunkt zu klassischen Discos „wo es Dresscodevorschriften und ähnliches gab. In die Nachtschicht oder später ins La Boom bist du etwa mit einem Kapperl oder weißen Schuhen gar nicht reingekommen – bei uns schon, und das war genau das Besondere: Du bist so angenommen worden, wie du bist, frei nach dem Motto ‚Come as you are!‘“, so Geli.
Diese neue Freiheit, die Möglichkeit, sich individuell auszudrücken, steht auch den Kulturschaffenden offen. „Als ich im Warehouse zu veranstalten begonnen habe, habe ich Pauli das erste halbe Jahr gar nicht zu Gesicht bekommen“, lacht Steve. „Was ich damit sagen möchte: Die haben uns einfach machen lassen, ohne große Vorschriften und Vorgaben.“ Auch Quotendruck ist damals noch ein Fremdwort, erlaubt ist sozusagen, was gefällt – vielleicht ist gerade deshalb die Hütte regelmäßig brechend voll. „Und wenn bei einem Format einmal nur 30 Leute gekommen sind, wars auch völlig okay“, betont Geli. „Was es ausmachte, war schlicht die Mischung, die Vielfalt!“
I want to break free
Das sieht in der Praxis dann in etwa so aus: Einmal sind die Skater an den Turntables, am nächsten Tag gibt’s Reggae & Ragga, dann wieder Alternative-Musik. Später avanciert der Club zur Drum’n‘BassHochburg und Electronicmusic-Pilgerstätte, „dazwischen konnte aber auch Rockabilly vorkommen bis hin zu Kabarett. Genau diese Mischung machte es aus“, so Geli. Gerade die Unterschiedlichkeit ist zugleich das verbindende Element. „Wir waren wie eine Familie, sowohl die Gäste, als auch die Mitarbeiter untereinander. Das war, wie wenn du jeden Tag jemand anderen in dein Wohnzimmer einlädst – extrem spannend!“
Wie die gesamte St. Pöltner Szene selbst, die damals von einem extremen Gestaltungsdrang geprägt ist. „Da war eine Aufbruchs- und Umbruchstimmung. Jeder wollte etwas tun, das war unsere Plattform zum Austoben und keiner ist da gestanden und hat mit erhobenem Finger
gemeint‚ das darfst du nicht, so geht das nicht!“, erinnert sich Steve. Das Warehouse bringt daher auch im Laufe der Zeit manch Künstler hervor „die sich eigentlich bei uns getroffen haben, um Spaß zu haben, woraus sich in Folge aber echte Karrieren entwickelt haben“, konstatiert Geli. Allen voran fallen einem da ad hoc etwa Camo & Krooked ein. „Zudem ist das Warehouse geistiger Geburtsort der damals größten Electronicmusicfestival-Formate Österreichs, des Urban Art Forms sowie des Beatpatrol Festivals“, ergänzt Pauli. Dass er auch bei Kultmarken wie NUKE oder Frequency Festival seine Finger mit im Spiel hatte, sei nur am Rande erwähnt. Jedenfalls trägt Pauli – was vielleicht nie so ganz wahrgenommen und dementsprechend gewürdigt wurde – nachhaltig zur Weiterentwicklung St. Pöltens und seiner Jugendkulturszene bei, sorgt für Urbanität und Coolness. Zum einen, indem er der indigenen Szene eine Plattform gibt,
wo sie sich in all ihrer Vielfalt ausdrücken kann, zum anderen, indem er zahlreiche „fette“ Acts von außen bringt. Manchmal werden dann so viele Karten verkauft, „dass wir unter dem Claim ‚warehouse extended‘ ins benachbarte VAZ übersiedelt sind. Tatsächlich ist ja das bislang bestbesuchte Konzert in der VAZGeschichte ever, nämlich Seiler &
Speer, eine warehouse extended Veranstaltung gewesen!“, verrät Pauli. Und Steve stimmt schwelgend zu: „Es ist schon ein Wahnsinn, wer hier schon aller aufgetreten ist. Ich kann mich etwa noch gut erinnern, als ich einmal genau hier, wo wir jetzt gerade sitzen, mit Marco Wanda zusammengesessen bin, und er hat mir sein Leid geklagt, weil ihn die weiblichen Fans immer bis in die Dusche verfolgen“, lacht er. Und Wanda ist nur ein Beispiel von vielen: Sportfreunde Stiller, MIA., Cro, Parov Stelar, Skazi, Pendulum, Camo & Krooked, The Wailors, Drahdiwaberl, K.I.Z, Großstadtgeflüster, Turbobier und viele mehr sind im Warehouse aufgetreten „oder Sido, damals noch mit Maske“, erinnert
IN THE YEAR OF 04. Im Februar 2004 war es soweit – das Warehouse öffnete seine Pforten und sorgt seit dem für good vibes im St. Pöltner Nachtleben. Oben: legendärer 1. Eingang in der Kelsengasse.
sich Pauli, „der die Crowd fragte ‚Wer will beim Arschficksong [der heißt wirklich so, Anm.] auf die Bühne, und plötzlich reckten sich alle Hände in die Höhe“, lacht er und unterstreicht damit die ausgelassene Partystimmung im Haus.
The times are changing
Die Post geht noch immer ab im Warehouse, wenn aktuell auch seltener. Wenn man die drei „Urgesteine“ zu den grundlegenden Unterschieden zwischen heute und Gründerzeit fragt, landet man unweigerlich bei einem Philosophicum über Jugendkultur an sich. „Die 90er und 2000er Jahre waren davon geprägt, dass die Kids ihr Ding machen wollten, dass sie selbst aktiv und kreativ waren. Communities wurden gegründet, Bands, DJ-Kollektive, Party-Formate, jeder hat mit jedem irgendetwas aufgestellt. Wir haben auch das ganze Drumherum selbst abgewickelt – Flyer gestaltet, diese in der Stadt verteilt, Deko gebastelt etc. – das ist schon sehr zurückgegangen“, konstatiert Steve, wobei Pauli auch auf den Wandel in Sachen Musikkonsum verweist „Ende der 90er fand in Österreich im Musiksektor so etwas wie eine Emanzipation statt, weil man im Gegensatz zur Großraumdisco-Ära davor, deren Musik die Plattenindustrie vorgab, jetzt selbst seine Sachen aussuchte – und danach auch die Clubs und Festivals, die damals aufkamen. Tatsächlich landete mit ‚leichter‘ Ver-
LEGENDÄRE WAREHOUSE FORMATE
Whatever Happened To The 80ies City of Bass
WARhouse Fight Night
Urban Art Forms
Cottage Club
Electronic Night
Toasted
Viermalvier
Manshee vs Hennes Skank & Twist
AKTUELLE FORMATE
FYS - Fasten your Seatbelts 90er Klub
Super Trouper
Anziehungskraft
Trap Hell
Gestern war‘s Schöner
Rock Out
X-Mas Session
Schools Out Party
Remember Bob Marley
spätung“, fügt er ironisch hinzu „der Geist von Woodstock in St. Pölten.“
Das Internet habe dann in Folge einen massiven Wandel eingeleitet „Es ist vielleicht nicht gleich der Tod der Jugendkultur gewesen, aber es hat aus vormaligen Aktivisten zunehmend passive Konsumenten gemacht“, ist Pauli überzeugt, wobei Steve die Sache differenzierter sieht: „Umgekehrt hat das Internet aber auch unglaublich vielen Dingen, die vorher Randthemen oder auch Randmusik waren, eine Plattform gegeben, hat also neue Möglichkeiten geschaffen, so dass sich vormals kleine Gruppen verbreitert haben.“ Für Pauli nur bedingt eine positive Entwicklung insofern „weil die ‚alternative‘ Musik dadurch selbst zum Mainstream geworden ist. Und ich feiere deshalb ja auch nicht aktiv mehr Party, nur weil ich mir jetzt auf spotify meine eigene Playlist zusammenstellen kann. Dadurch brauche ich Clubs, die ‚meine‘ Musik spielen, eigentlich noch weniger.“
Geli sieht die Entwicklungen pragmatischer. „Jugendkultur ist immer im Wandel begriffen, und das ist eben der aktuelle Zeitgeist. Es haben sich einfach die Prioritäten verschoben, auch weil heute das Angebot, auf allen Ebenen um ein Vielfaches größer ist als noch zu unserer Zeit. Mag sein, dass die Jugendlichen in dem Sinne heute in gewisser Weise gesättigter sind, aber eines muss man schon auch fairerweise hinzufügen: All das, wofür wir gebrannt und gekämpft haben, was es sozusagen noch zu erobern und aufzubauen galt – etwa so eine Einrichtung wie
ANGESAGT. Im Laufe der Jahre treten Größen wie Parov Stelar, MIA., Wanda, Sportfreunde Stiller, CRO uvm. auf.
das Warehouse – das gibt es heute eben schon.“
Corona-Comeback
Worin sich alle drei einig sind, ist der Befund, dass Corona der Clubszene definitiv geschadet hat und an den Jugendlichen nicht spurlose vorübergegangen ist. „Mir kommt schon vor, dass Corona manchen noch immer in den Knochen steckt und die Jugendlichen teils ängstlicher sind als früher“, ist Geli überzeugt. „Zum anderen sind sie auch schlichtweg anders sozialisiert – diese ganze Fortgehkultur, die uns so wichtig war, dass du im Club Kontakte knüpfst, neue Leute kennenlernst, deine Musik hörst, abtanzt – das hat diese Generation teils gar nicht kennengelernt. Die mussten zuhause sitzen und haben sich dann eben mit Homepartys geholfen – und dieser Trend ist geblieben.“
Wobei Steve allmählich wieder „ein Erwachen und Aktivwerden“ ausmacht. „Wir haben sogar wieder Nachwuchs DJ‘s und Veranstalter in dieser Altersgruppe.“ Die traditionellen Schülerveranstaltungen funktionieren ohnedies, und den Kontakt zu Schülervertretern von Borg, Gym, HAK & Co. habe man sowieso nie verloren. Fad wird’s also sicher nicht im Jubiläumsjahr. „Wir werden heuer jeden Monat einen besonderen Schwerpunkt setzen, und im Herbst warten ein paar feine Konzerte!“ Zum Schluss schließt er auch eine Einladung an die Szene an: „Wir haben den Platz für euch und eure Ideen, im Warehouse könnt ihr sie umsetzen!“
In diesem Sinne: Come as you are!
Was macht eine Stadt urban und trendig? Ihr Angebot. Diesbezüglich kann St. Pölten ab Sommer dieses Jahres endlich einen heißersehnten Punkt auf der AngebotsHabenseite abhaken: In einer Halle der ehemaligen Glanzstoff-Fabrik eröffnet eine Boulderhalle. Wir baten den St. Pöltner Standortleiter von „boulderbar“ Gregor Stein zum Gespräch.
ALLES IM GRIFF
Vielleicht mal zum Grundsätzlichen: Wir erleben seit geraumer Zeit einen regelrechten Boulderhype. Was hat ihn ausgelöst, warum lieben die Leute bouldern – und wann seid ihr auf diesen Zug aufgesprungen?
Boulderbar hat 2012 die erste kommerzielle Boulderhalle mit farbreinen Routen in Österreich eröffnet und strebt seit dem an, Maßstäbe im Bouldern in Österreich zu setzen. Was die Attraktivität ausmacht? Der Einstieg ins Bouldern ist im Vergleich zu manch anderen Sportarten – u. a. auch Klettern – sehr niederschwellig. Man kann sofort und ohne Einführung damit starten und benötigt quasi keine Ausrüstung. Bouldern kann man alleine, aber die meisten Personen kommen über Freundinnen und Freunde zum Sport und finden Anschluss in der vielseitigen BoulderCommunity, wodurch sie sich auch emotional an den Sport binden. Als Anfängerin und Anfänger macht man sehr schnell Fortschritte und ist motiviert, dranzubleiben. Zusätzlich werden jede Woche neue Routen gesetzt, um immer wieder Abwechslung in allen
Schwierigkeitsgraden und Levels zu bieten. Last but not least hat Bouldern mit der Einführung von Sportklettern als Olympische Disziplin nochmals an Bekanntheit und Beliebtheit gewonnen.
Ihr betreibt schon Boulderbars in Wien, Linz und Salzburg. Nun gesellt sich St. Pölten dazu – welche Überlegungen waren dafür ausschlaggebend?
Neben der Nähe zu Wien und der guten Verkehrslage an der Westbahnstrecke spricht das schnelle Wachstum der Stadt für sich. Spannende Bestrebungen in Richtung Kunst und Kultur, die Stadtentwicklung, die FH etc. lassen die Stadt modern und innovativ wirken und machen sie für unser Projekt attraktiv. St. Pölten ist außerdem bisher die einzige große Stadt rund um Wien sowie die einzige Landeshauptstadt Österreichs ohne große kommerzielle Kletter oder Boulderhalle. Aufgrund der diversen Klettergebiete in der Umgebung ist allerdings sehr wohl eine Affinität für die Sportart vorhanden.
Welche Rolle spielt der Standort in einer ehemaligen Fabrikshalle
und einem Areal, das – wenn auch noch Zukunftsmusik –einmal Teil eines komplett neuen Stadtteils werden wird?
Der Charme der alten GlanzstoffHallen hat uns sofort in Bann gezogen und überzeugt hoffentlich in Zukunft auch unsere Besucherinnen und Besucher. Der nachhaltige Aspekt, ein Bestandsgebäude zu nutzen sowie Motor zur Wiederbelebung eines alten bzw. dann neuen Stadtteils zu sein, passt zudem perfekt zu unserer Vision, ein sozial, ökologisch und wirtschaftlich nachhaltiges BoulderErlebnis für alle zu bieten. Zusätzlich haben wir mit der DOMUS Liegenschaftsverwaltungs Gesellschaft m.b.H. einen starken und motivierten Partner gefunden, um unser Projekt umzusetzen. Und schließlich haben der Rückhalt und die Unterstützung durch die Stadt sowie durch den Bürgermeister sowie die Gelegenheit, das Areal der Glanzstofffabrik aktiv mitzuge
stalten, die Entscheidung für das Objekt leicht gemacht.
Weil Sie die Besucher angesprochen haben – wer sind eure Zielgruppen?
Grundsätzlich kann fast jeder, jede bouldern, und wir wollen eine Umgebung schaffen, in der sich alle wohlfühlen. Die BoulderCommunity ist sehr vielfältig, divers und heterogen. In Wien zählen viele Studierende zu unserem Stammpublikum, begeisterte OutdoorKletternde, aber auch Personen, die nur Indoor klettern wollen oder Bouldern als Ergänzung zu anderen Sportarten betreiben. Der Großteil unserer Kundschaft ist zwischen 18 und 35 Jahren alt, aber es finden sich zahlreiche Boulderbegeisterte zwischen drei bis über 70 Jahre unter unseren Besuchern. Viele nutzen den Sport als Ausgleich zum Alltag. Eine wichtige Zielgruppe sind zudem Familien, die Bouldern als gemeinsame
Freizeitbeschäftigung sehen oder die Vorteile von Klettern für Kinder nutzen wollen.
Boulderst du auch selbst?
Sicher – alle Gründer von boulderbar ebenso wie der Großteil unserer Mitarbeitenden sind begeisterte Boulderer. Wir verbringen tatsächlich sehr viel Zeit in unseren Hallen.
MAWEV SHOW 2024 10.-13.
DANK
WILD CARD AM BESTEN WEG ZUM HEIMISCHEN
BASKETBALL-THRON
Nach dem Grunddurchgang der Basketball Frauen Superliga sieht alles nach einer Finalserie zwischen den heimischen Giganten St. Pölten und Klosterneuburg aus. Beide verbuchen 13 Siege und nur eine Niederlage. Die „Wölfinnen“ haben als bestes Team im Halbfinale gegen UBSC Graz („Best-of-Three“-Modus) und im Finale („Best-of-Five“-Modus) ab 30. März im etwaigen Entscheidungsspiel Heimrecht.
Wenn wir jetzt alle Heimspiele gewinnen, sind wir Meister und Cupsieger“, sinniert Andreas Worenz und wirkt dabei fast ein wenig erschrocken, „das ist ja gar nicht so unrealistisch.“ Der Sportliche Leiter der SKN St. Pölten Basketball Frauen ist nach dem Ende des Grunddurchgangs mehr als zufrieden mit seinen Spielerinnen und Head Coach Lana Petrovic. Von 14 Partien haben Nina Krisper (im Schnitt 18,6 Punkte pro Spiel), Inga Orekhova (7,3 Rebounds), Michaela Wildbacher (4,8 Assists) und ihre Kolleginnen 13 gewonnen.
Lediglich beim großen Rivalen BK Klosterneuburg bissen sich die „Wölfinnen“ einmal die Zähne aus (50:61). „Dort waren wir richtig schlecht“, sagt Worenz. Verdammt gut waren die SKN-Frauen aber im Rückspiel und fegten die saisonübergreifend 49 Meisterschaftsspiele in Folge siegreichen Klosterneuburgerinnen mit 81:57 aus der bet-athome-Arena im Sportzentrum NÖ. Dabei haben Worenz und Co. ihr Rudel erst letzten Sommer zusammengestellt und durften nur dank einer „Wild Card“ als neu gegründeter Verein gleich in der höchsten heimischen Spielklasse „Superliga“ starten. Auch, weil mit Klagen-
LEITWÖLFIN. Nina Krisper gehört zu Österreichs besten Werferinnen und macht als Mentalitätsspielerin auch ihre Kolleginnen besser.
furt ein Klub zurückgezogen hatte. „Großer Dank gebührt Wilfried Schmaus“, hält Worenz auch gleich fest. Der Obmann der SKN-Fußballerinnen gilt als der „Mastermind“ des Projekts.
Im August machte er im Beisein der Fußballerinnen, Basketballerinnen und Eishockey-Spielerinnen des SKN gleich die kühne Ansage, dass bei den Dreien „in Summe nicht mehr als Platz fünf“ herauskommen soll. Möglicherweise servieren sie dem „Schmausi“ – wie ihn im Verein viele nennen – am Ende aber gar ein 1+1+1-Festmenü – nämlich drei Meistertitel.
Krisper hat noch eine Rechnung offen
Der österreichischen BasketballTeamspielerin Nina Krisper würde zunächst einmal der Cupsieg so richtig gut schmecken. Die Steirerin stand mit UBI Graz nämlich schon drei Mal im Finale und hat dort ebenso oft verloren. „Einmal davon genau hier“, sagt Krisper im Gespräch mit dem „MFG-Magazin“ in der Halle im Sportzentrum NÖ und zeigt seufzend auf einen der Körbe. Das war 2021 gegen Klosterneuburg und mit 55:57 denkbar knapp. Heuer bei den St. Pöltnerinnen ist freilich alles anders.
Die Wölfinnen haben im Endspiel (am 17. März) Heimrecht zugelost bekommen und „da sind wir gefühlt tausend Mal besser“, lacht Krisper wieder und erklärt auch gleich warum, „wir sind ein ‚Wurfteam’, konzentrieren uns viel auf die Würfe von außen und da spielt es uns schon in die Karten, dass wir die Heimkörbe und die Halle bestens kennen. Schließlich trainieren wir bis zu zehn Mal die Woche hier.“ Das sei auch schon der größte Unterschied zu den Grazer Verhältnissen. „Dort hatten wir bestenfalls einmal in der Woche in der Früh ein Training in der Halle. Hier können wir theoretisch 24 Stunden, sieben Tage die Woche für Basketball leben, haben eine super Infrastruktur und stets eine medizinische Betreuung verfügbar.“
Die Hallenzeiten seien „tatsächlich eine große Challenge“ gewesen, gibt Worenz zu. Neben den A-Teams der Frauen und Männer werfen dort auch noch die U19- und die U16Auswahlen der „Wölfe“ regelmäßig auf die Körbe.
Die U19-Wölfinnen tun dies in Herzogenburg beim Kooperationsklub UBBC. Langfristig soll es aber auch bei den SKN-Mädchen eine U12-, eine U14- und eine U16-Auswahl mit Spielerinnen vornehmlich aus der Region geben. „Ein gesunder Verein braucht auch immer einen gesunden Nachwuchs“, weiß Worenz.
Nur zwei Legionärinnen
Im A-Team greifen die St. Pöltnerinnen mit den Bulgarinnen Anna und Maria Kolyandrova aktuell auf zwei Legionärinnen zurück. Die Zwillingsschwestern freuten sich nach Engagements in verschiedenen Ländern nun in St. Pölten wieder gemeinsam spielen zu dürfen. Für Inga Orekhova, die in der nordamerikanischen Profiliga „WNBA“ Körbe warf, ist es eine Heimkehr. Die Tochter der ukrainischen Basketballgrößen Svetlana und Serguei übersiedelte als Kind mit ihren El-
tern nach Österreich und spielte schon als Jugendliche an der Seite ihrer Mutter für Herzogenburg an der Bundesliga-Spitze mit. Aber erst als Wildbacher und Krisper für den SKN unterschrieben haben, trauten sich Worenz und Co. mit ihrem Vorhaben an die Öffentlichkeit zu gehen: „Damit war jedem klar, dass wir es ernst meinen.“
Dass es gleich im ersten Jahr in St. Pölten so gut läuft, hat auch Krisper, die nebenbei Lehramt Deutsch und Ernährung studiert, überrascht. „Ich hatte damit gerechnet, dass wir, weil wir viele gute Spielerinnen haben, unter den Top vier, Top drei landen. Aber jetzt sind wir schon so ein starkes Team geworden, dass wir tatsächlich zwei Titel holen können.“
Mittelfristig möchte die 23-Jährige nach ihrem Engagement bei ION Waregem (2021/22) wieder ein Auslands-Abenteuer in einer „etwas stärkeren Liga“ wagen. Aus St. Pölten werde sie gegebenenfalls viel mitnehmen können: „Ich habe mich hier enorm weiter entwickelt. Wieviele Fans wir hier schon gewonnen haben, ist megacool. Vielleicht haben wir ja bald einiges gemeinsam zu feiern.“
ZUM HÖREN
Manshee | mikeSnare | Thomas Fröhlich | Thomas Winkelmüller | Rob.STP | Maximilian Reichl (von links nach rechts)
LETTER TO SELF SPRINTS
In den vier Jahren seit ihrer ersten Single haben sich Sprints den Ruf der nächsten großen PostPunk-Hoffnung erarbeitet und übertreffen mit ihrem ersten Album die hohen Erwartungen. Ihr Sound vereint britischen PostPunk mit 90er-Jahre-Indie und dem Wave der 80er. Ein energiegeladenes und ruppiges Garagen-Punk-Album, das als Botschaft mehr Selbstakzeptanz vermitteln möchte. Schon jetzt das Highlight des Jahres.
NEW LAST NAME COURTING
Zwei Jahre nach ihrem Debüt „Guitar Music“ fusioniert die Liverpooler Indie-Rockband Courting auf ihrem zweiten Album „New Last Name“ Post-Punk und Hyperpop – eine Mischung, die eigentlich gar nicht funktionieren sollte, es aber trotzdem tut. Nostalgische Gitarrenriffs und Autotune führen Mal besser Mal schlechter durch ein Album, dessen Sound man in Zukunft noch öfter hören wird.
ZUM SCHAUEN
Manshee | C. Schumacher
ANDREA LÄSST SICH SCHEIDEN
JOSEF HADERAndrea ist Polizistin und möchte ihre Ehe mit Andy beenden. Als Andy nach einer feuchtfröhlichen Geburtstagsfeier vor Andreas Auto läuft, wird die Situation vertrackt. Im Schock begeht sie Fahrerflucht, um kurze Zeit später zum Tatort zurückzukehren. Dort stellt sie fest, dass sich der abgehalfterte Lehrer und ehemalige Alkoholiker Franz für den Täter hält.
BACK TO BLACK
SAM TAYLOR-JOHNSONZu Beginn der 2000er Jahre macht eine junge und talentierte Sängerin auf sich aufmerksam. Mit ihrer außergewöhnlichen unverwechselbaren Stimme begeistert sie Musikfans auf der ganzen Welt. Die Rede ist von Amy Winehouse, deren Leben, Erfolge, Leiden und auch der tragische Absturz in „Back to Black“ auf beeindruckende Weise nacherzählt werden.
TWO STAR & THE DREAM POLICE MK.GEE
Als wäre es zwischen zwei Zeitreisen aus den Kassettendecks eines gewissen Deloreans gefallen, beschwört MK.Gees Debutalbum die Essenz der College-R‘n‘B Balladen der 80er. Doch Vorsicht: Inmitten dieser unwiderstehlichen Mischung aus vernudelten Synths, halligen Vocals, kernigem Gitarreneinsatz und einem trefflichen Spürsinn für Melodie ist man in Kürze in dieser Zuckerwatte gefangen.
NO TOMORROW
CAMO & KROOKED, MEFJUS
Weil´s schon länger her und die Konkurrenz momentan weit abgeschlagen ist, muss man einfach wiedermal einen Camo&Krooked und Mefjus Tune besprechen, und zwar „No Tomorrow“. Die hypnotisierenden Vocals der fantastischen Sophie Lindinger verbinden sich in diesem, im Vergleich zum Original etwas minimaler angelegten Remix von Whiney mit dem messerscharfen Flow von P. Money zu einem musikalischen Meisterwerk.
ZUM SPIELEN
Christoph Schipp
HELLDIVERS 2
ARROWHEAD GAME STUDIOS
„Helldivers 2“ ist ein echter Überraschungshit, der sich nur wenigen Kritikpunkten stellen muss. Die nervenzerfetzenden Schlachten, das glaubwürdige Waffenhandling und das unkomplizierte Spielprinzip machen die wilde Koop-Action zu einem unglaublichen Spieleerlebnis. Mehr Spaß hatte man in diesem Jahr zusammen vor den Bildschirmen auf jeden Fall noch nicht.
LAST EPOCH
ELEVENTH HOUR GAMES
Wer ein Fan von Hack‘n‘SlayGames ist, sollte „Last Epoch“ unbedingt eine Chance geben. Eine vor allem im späteren Verlauf schön designte Welt, interessante Loot-Mechaniken und ein hervorragendes Crafting-System, sorgen für Abwechslung. Alles in allem befindet sich „Last Epoch“ auf dem richtigen Weg, auch wenn noch die ein oder anderen Fehler behoben werden müssen!
THE SOLO WORKS OF SYD BARRETT
SYD BARRETTEr war Gründungsmitglied von Pink Floyd und wohl der kreativste Kopf in der Frühzeit der Band. Er lebte die psychedelische Ära wie kaum ein zweiter und lieferte Geniestreiche sowie musikalischtextliche Verrücktheiten, die ihresgleichen suchten. Nun gibt’s erstmals sein komplettes Solo-Werk im Box-Set, das an „traumhaft“ sperriger Versponnenheit keine Wünsche offen lässt.
VULTURES 1
KANYE WEST, ¥$Das neue Kollabo-Album des umstrittenen Rappers Kanye West und Ty Dolla $ign ist ein HipHop Meisterwerk, das melodische Beats mit Gangster Rap kombiniert und auch mit spannenden Features aufwartet, etwa mit Playboi Carti auf „Carnival“, der bereits mehr als 160 Millionen Streams auf Spotify chartet! Inhaltlich bisweilen jenseitig jeglicher Provokation, musikalisch aber top und daher ein Muss für alle Rap-Fanatiker.
ZUM LESEN
H. Fahrngruber | M. Müllner
DAS EINZIG WAHRE FAKTENCHECKBUCH
BASTIAN SCHLANGEWie erzielt man mit Fake News und Desinformation größtmögliches Durcheinander im öffentlichen Diskurs? Trollfabriken mit Fake-Accounts und „Thinktanks“ fluten die Bevölkerung systematisch mit Halbwahrheiten und Lügen. Gehen politische Reiz-Themen auf social media viral, interessieren trockene Faktenchecks im digitalen Gebrülle niemanden mehr.
VIRTUA
Daniel bewirbt sich bei einem führenden Konzern, der künstliche Intelligenz entwickelt. Als er den Job tatsächlich bekommt, ist er anfangs fasziniert, besonders von der jüngsten Entwicklung namens Virtua. Nach einem Hackerangriff entstehen Zweifel, ob die KI noch kontrollierbar ist. Hochaktueller, realistischer Thriller über Gefahren künstlicher Intelligenz.
KARL OLSBERGHIGHLIGHT
VAZ St. Pölten
THE ELTON SHOW
25. APRIL The Elton Show bietet einzigartige Unterhaltung und ist daher mehr als nur eine „optische“ Nachahmung. Der international gefeierte Sänger und Songwriter C.J. Marvin aus Australien spielt gemeinsam mit seiner Band die größten Hits von Elton John. Vor allem aber legt er dieselbe feurige Energie an den Tag wie das Original. Die Show deckt vier Jahrzehnte unglaublicher Musik ab: vom zeitlosen „Your Song“ und Rocktiteln wie „SaturdayNight’s All Right for Fighting“ über „I’m Still Standing“, „Can you feel the love tonight?“, bis zu den letzten Aufnahmen vom Hitalbum „The Captain & the Kid“.
COVER KARUSSELL
23. MÄRZ Zwei bekannte St. Pöltner Musikgrößen, Pianist Alexander Greiml und Sängerin Barbara Zidar-Willinger, laden nach einigen Jahren Pause erneut lokale Musikerinnen und Musiker zum „Cover-Karussell“ in den Freiraum. Dabei interpretieren sie Songs von Toto, Kansas, The Police, Alanis Morissette uvm. Eintritt: Freie Spenden.
FREIRAUM | KONZERT
DIE PHYSIKER
16. MAI Friedrich Dürrenmatts berühmtestes Stück entstand 1961 vor dem Hintergrund der atomaren Aufrüstung im Kalten Krieg. Seine Warnung vor dem Missbrauch wissenschaftlicher Erkenntnisse durch die Mächtigen und die Frage nach der Verantwortung der Naturwissenschaftler erlangt auch in der heutigen angespannten weltpolitischen Situation Relevanz.
LANDESTHEATER | THEATER
THE RIDIN‘ DIDES
7. JUNI Die Ridin´ Dudes präsentieren in ihrem neuen elektrisierenden Konzert-Programm „Best of Rock & Soul“ gemeinsam mit der großartigen Big Band „The Schütz Pepe Allstar Horns“ sowie Goldstimme Tini Kainrath die größten Hits der 50er-, 60er- und 70er-Jahre, von „When a Man Loves a Woman“ über „Knock on Wood“ bis hin zu „I Saw Her Standing There“.
VAZ ST. PÖLTEN | KONZERT
LOHNER & STEINHAUER
7. APRIL 1946 trifft Marlene Dietrich in New York auf Friedrich Torberg. Daraus entsteht eine magische Brieffreundschaft, die über 30 Jahre anhält und dabei voller Widersprüche steckt. Chris Lohner und Erwin Steinhauer schlüpfen in die Rollen der beiden Stars und versuchen, dem Geheimnis dieser besonderen Seelenverwandtschaft auf die Spur zu kommen.
BÜHNE IM HOF | THEATER
VIVA VIVALDI
1. JUNI Nicht nur im Hauptwerk des Abends „Nisi Dominus“ von Antonio Vivaldi, sondern auch in ausgewählten Opernarien Vivaldis wie z. B. „Ah, ch`infelice“ aus der Kantate „Cessate, omai cessate“ kann der Countertenor Alois Mühlbacher eine breite Palette an Klangfarben mit seiner unverwechselbaren Stimme zur Geltung bringen.
EHEMALIGE SYNAGOGE | KONZERT
JOSS STONE
17. JULI Joss Stone bringt im Rahmen ihrer „Ellipsis“-Tour das Wiener Konzerthaus mit ihrer unverwechselbaren Stimme und tiefgründigen Musikalität zum Leuchten. Die britische Soul- und R&B-Sängerin, bekannt für ihre gefühlvollen Interpretationen und ihr breites musikalisches Spektrum, lädt zu einem unvergesslichen Abend voller Leidenschaft und Seele.
WIENER KONZERTHAUS | KONZERT
4. MAI The Notwist ist weltweit für ihren melancholischen wie experimentierfreudigen IndieRock bekannt. Unter dem Titel „Alien Disko“ lädt die Gruppe Künstler aus aller Welt ins Festspielhaus ein. Auf der großen Bühne sowie an anderen Orten des Hauses entsteht ein Paralleluniversum aus selten oder noch nie gehörten Klängen, Konstellationen und Experimenten.
14. MAI Zum beschwingten Ausklang der diesjährigen Meisterkonzerte liest Karl Markovics Texte von Großmeistern der heiteren österreichischen Literatur: Alfred Polgar, Josef Roth, Anton Kuh, Friedrich Torberg, Ernst Jandl, Karl Kraus und andere. Den prominenten Schauspieler begleiten musikalisch die Oberösterreichischen ConcertSchrammeln.
PARKEN IN THE CITY –DIE UNENDLICHE GESCHICHTE
GEORG RENNER
Der Wilhelmsburger ist freier Journalist bei der Wiener Zeitung und DATUM.
Ich verstehe das alles nicht.
Ich muss Ihnen ein Geständnis machen: Ich, als Außenstehender, verstehe die St. Pöltner Innenstadt-Strategie nicht wirklich. Ich verstehe nicht, warum die Promenade von zwei Spuren auf eine reduziert wird – es war schon bisher ein fantastischer Fußgänger- und Radler-Highway, ich verstehe nicht, warum man vom Europaplatz kommend nicht mehr Richtung Stadt auf die Josefstraße einbiegen darf und ich verstehe auch nicht, welches Problem diese nicht-euklidische Verbindungsstraße vom Europaplatz Richtung Linzertor lösen soll.
Das wird schon alles seinen Sinn haben. Für jemanden, der die Stadtpolitik nur kursorisch verfolgt, erklären sich diese Änderungen aber nur sehr bedingt. Ich stehe da regelmäßig vor den im Monatstakt wandernden Baustellen wie bestellt und nicht abgeholt.
Während ich gespannt bin, welche neuen Änderungen da entlang der früheren Stadtmauer noch auf uns zukommen, kann ich aber auch sagen, was ich sehr gut verstehe: Was der Obmann der „Plattform St. Pölten“ in dieser Ausgabe zu sagen hat nämlich. Dass es nicht so wichtig ist, ob es Parkplätze jetzt am Domplatz gibt oder in einer Tiefgarage; dass die Stadt in puncto Parkhäusern durchaus Potenzial hat, das ehebaldigst zu heben wäre: In Form der geplanten Domgarage, aber auch in der Erweiterung der Park&Ride-Flächen nördlich der Westbahn. Und zwar, idealerweise, gepaart mit einer App oder zumindest einem intelligenten Leitsystem, das weiträumig ausweist, wo gerade geeignete Stellplätze frei wären.
Das erschließt sich mir durchaus – was ich dann aber wieder nicht verstehe, ist der Zeitplan des ganzen: Wenn diese Garagenpläne ohnehin schon konkret sind: Warum staffelt man das nicht so, dass die Garagen zumindest zeitgleich mit dem Rückbau der Freiluft-Parkplätze zur Verfügung stehen? Warum kommt man erst nach getaner Tat darauf, dass bei den Mary Ward-Schulen Kiss&Ride-Bedarf besteht? Und warum spart man sich so nicht zumindest eine Menge völlig absehbarer Proteste?
JAKOB WINTER
Aufgewachsen in St. Pölten, emigriert nach Wien, Redakteur beim „profil“.
Was St. Pölten von Wien und Tulln lernen kann.
Ein Learning von der großen für die kleine Stadt: Kaum jemand weint heute noch den verlorenen Parkplätzen in der Wiener Begegnungszone Mariahilferstraße nach. Dabei war die verkehrsberuhigte Einkaufsmeile anfangs heftig umstritten, lokale Unternehmer liefen Sturm und Boulevardmedien prognostizierten neben einem Verkehrschaos auch ein Geschäftesterben.
Die Warnungen waren unbegründet, die Umgestaltung wurde zum Erfolg.
Soll heißen: Gut, dass sich die Stadt St. Pölten nach langem Zaudern zu einer Ausweitung der Fußgängerzone durchgerungen hat, das kann der Lebensqualität nur gut tun und wird das Zentrum attraktiveren. Möglicherweise könnten davon sogar triste Ecken wie die Linzer Straße profitieren, sie hätten es bitter nötig.
Warum aber wecken solche Projekte so viele negative Emotionen? Die Beharrungskräfte sind so stark, weil die Verbesserungen, die Veränderungen mit sich bringen können, oft außerhalb unserer Vorstellungskraft liegen. Aber stellen Sie sich vor, heute würden noch Autos um die Pestsäule am Rathausplatz kurven. Absurd, oder?
Das beste Argument gegen die Parkplatzsorgen sind jedenfalls funktionale Alternativen – und da gäbe es durchaus noch Luft nach oben: neben Parkhäusern unter- und außerhalb des Zentrums und einem Ausbau der Radwege, lohnt ein Blick nach Tulln. Dort testet die Stadt mit finanzieller Unterstützung des Landes ein innovatives Pilotprojekt: Drei vollelektrische Kleinbusse kurven sieben Tage die Woche ganztags durch die Stadt, um auf Bestellung Fahrgäste an ihr Ziel zu bringen. Ja, auch in St. Pölten gibt es Anrufsammeltaxis, aber die fahren – anders als in Tulln – nur in der Nacht.
Das sogenannte Lisa-Shuttle in Tulln verspricht mehr Flexibilität als Busse und soll dazu motivieren, das eigene Auto öfter stehen zu lassen. Pendler können damit auch zum Bahnhof kommen.
Jetzt weiß ich schon: rote Stadt und schwarzes Land, das ist oft schwierig. Aber so ein Lisa-Shuttle für St. Pölten, das wär doch was.
SpezialEinsatz in St. Pölten!
INFLATIONÄR: Die Inflation grassiert mittlerweile auch in unerwarteten Sphären. So lief zuletzt die Eintragungsfrist für gleich 14 (!) Volksbegehren für oder – meist – gegen quasi eh alles. Nicht alle sind vom gar üppigen Sprießen vermeintlich direkter Demokratie begeistert …