NO PLACE TO BE Das alte Büro der Sozialistischen Jugend (SJ) Place war Vereinslokal und Freiraum für die St. Pöltner Jugend zugleich. Seit dessen Aus klafft ein Loch im Leben der Innenstadt – für Jugendliche und den SPÖ-Nachwuchs gleichermaßen.
E
s ist bittere Ironie des Schicksals. Was früher die St. Pöltner Räumlichkeiten der Sozialistischen Jugend waren, gehört heute René Benko. Schießen Linke auf Österreichs Mächtige, trifft es schnell den Immobilienmogul und nun (ver)fällt der Altbau zwischen Café Roma und Leiner inklusive ebendiesen in Benkos Besitz. Bald wird hier ein Komplex mit Hotel, Wohnungen und einem Möbelgeschäft stehen. Dieser von langer Hand geplante Verkauf der Stadt steht für zwei größere Probleme. Eines nagt an der Sozialdemokratie und das andere am Lebenswert der Landeshauptstadt für Jugendliche. Wie fast überall ringt die SPÖ auch hier um Nachwuchs. Zeitgleich verschwinden die letzten Freiräume für Jugendliche aus der Innenstadt. Wer verstehen
MEHR ALS STANGELN UND PARTY. Im Place fanden regelmäßig Themen abende statt. 44
OFFENE TORE. Von außen war das Place selten einladend. Die weißen Eingangstore waren aber stets offen.
möchte, was dieses Place war und warum seine Geschichte so bezeichnend für Genanntes ist, muss dabei gewesen sein oder diejenigen fragen, die es waren. „Das Place war eine Institution. Ein Freiraum für junge Menschen, der gleichzeitig politisch aufgeladen war“, beschreibt es Marie Chahrour. Sie war Co-Vorsitzende der St. Pöltner Stadt-SJ, als sie die rote Tür ihrer Räumlichkeiten endgültig schließen mussten. Seit Beginn der zweiten Republik war die SPÖ hier eingemietet, Eigentümer war die Stadt. In den letzten Jahrzehnten sei es ein Ort von und für junge Menschen gewesen. Niederschwellig und ohne Konsumzwang, dafür links-politischer Diskurs. Zumindest in der Theorie standen seine Tore jedem offen. „Zu meiner Zeit war es keine Mitgliederschmiede“, sagt Chahrour, „wir hatten Che Guevara an der Wand, das Branding war klar, aber was wir geleistet haben, war jungen Men-
schen einen Raum zu geben, in dem sie feiern, diskutieren und einfach sein konnten.“ Immer wieder kamen Jugendliche durch Zufall oder als Mitbringsel. Sie erhielten einen Freiraum, um sich auszuleben und die SJ Sympathisanten und Mitglieder. Das äußere Erscheinungsbild entwickelte sich entsprechend der Offenheit des Hauses. Im Boden Mulden so groß wie Autoreifen, beschmierte Wände und alte Sofas. Es roch nach kaltem Rauch, die Schuhe blieben wegen verschüttetem Bier am Boden kleben. Einen gewissen rustikalen Charme hätte man dem Place an dessen Ende nicht absprechen können, erinnert sich Max Wallner. Der SPÖ-Gemeinderat war von 2002 bis 2007 Vorsitzender und einer der Vorgänger von Chahrour. Damals renovierte Wallner die Räumlichkeiten, riss den alten Teppichboden raus und brachte das Place auf Vordermann. Über die Jahre wirtschaftete die SJ den Raum wieder runter, allge-