MFG - Das Magazin / Ausgabe 78

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SO EIN WIRBEL! Wenn Christoph Ransmayr am 7. Oktober im Stadtmuseum den diesjährigen „Blätterwirbel“ eröffnet, mag man gar nicht so recht glauben, dass besagtes Literatur- und Theaterfestival schon ins 16. Jahr geht, also sich gleichsam mitten in der Pubertät befindet.

U

nd obwohl sich der „Blätterwirbel“ frisch wie eh und je präsentiert, darf man inzwischen durchaus von einer lieb gewonnen Tradition sprechen, die auch die St. Pöltner Bevölkerung jedes Mal mit sehr guten Auslastungen und ebensolcher Stimmung quittiert. Angefangen hat’s, ja wie so oft, im Wirtshaus – im damals noch existierenden EGON, um genau zu sein, an einem lauschigen Augustabend des Jahres 2005. Eine Gruppe, bestehend aus Kunstschaffenden und -vermittlern, sollte hier auf Anregung des ehemaligen St. Pöltner Kulturchefs Thomas Karl einen Kulturentwicklungsplan (KEP) für den Bereich Literatur/Theater schmieden.

VERLUST. Der heuer verstorbene Hugo Schöffer war Seele des Blätterwirbel. 36

Gesagt, getan. Doch stand der Gruppe, zu der maßgeblich auch die damalige Intendantin des Landestheaters Niederösterreich Isabella Suppanz und der zeitlebens äußerst umtriebige und in diesem Jahr leider verstorbene Hugo Schöffer zählten, nicht der Sinn nach grauen Theoriepapieren für amtliche Schubladen. Man entwickelte, gleichsam als „Kollateralnutzen“ und ausgehend von der Landesbuchausstellung, die Idee eines unkonventionellen, Spielstätten und Ausdrucksformen übergreifenden Literaturfestivals, den „Blätterwirbel“. Von Anfang an lag die Intention des Festivals in der Förderung zeitgenössischer regionaler und überregionaler Literatur auf der Grundlage unterschiedlicher Vermittlungsweisen, vom Poetry Slam über Autorenlesungen, Literaturverfilmungen, dramatisierter Prosa bis hin zu Workshops mit Jugendlichen und Kindern. Stadt und Land zeigten sich interessiert – und so gestaltete die „EGON-Runde“ im Oktober 2006 unter der Ägide des Landesthe-

aters die erste derartige literarische Woche der Stadt. Und die war ein Riesenerfolg. Und ging in Serie. Renate Kienzl, ebenfalls Blätterwirbel-Urgestein, erinnert sich an den vor Kurzem erst verstorbenen Hugo Schöffer, den sie seit Jahrzehnten kannte und schätzte und ohne den es wohl keinen „Blätterwirbel“ in der Form, wie wir ihn kennen, gegeben hätte. „Er vermittelte, er war der geborene Mediator, er spielte sich nie in den Vordergrund, konnte zuhören, konnte erklären, konnte seine Meinung schlüssig darlegen und konnte lachen. Seine Meinung galt viel und sein umfangreiches Wissen zu allem, was mit BUCH zu tun hatte, war beeindruckend. Hugo hielt Wort, nicht selbstverständlich heutzutage. Wenn er sagte: ‚Mach ich. Ich bin da. Ich kümmere mich darum.‘ Dann wusste ich, wir kriegen das hin, er hilft mir. Ein Fels im Blätterwirbel.“ Kienzl, selbst Autorin und Kunstvermittlerin, ist nach wie vor eine


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