46
Wirtschaft
aufwendiger geworden. Gewisse Kündigungen wurden wegen Corona zurückgezogen oder verschoben.
Thomas Eigenmann, HEV Verwaltungs AG, St.Gallen: Die Vermieter zeigen grosses Verständnis für die schwierige Situation, in der sich einzelne Mieter befinden. Das bedeutet nicht, dass Mieten einfach so erlassen werden, sondern dass sie gestundet und keine Mahnungen verschickt werden und man das Gespräch sucht. Wir gehen nicht aktiv auf die Mieter zu; Anfragen nehmen wir aber sehr ernst und versuchen, rasche und unkomplizierte Lösungen zwischen den betroffenen Parteien zu erarbeiten. In den letzten Tagen gingen die Anfragen sowohl nach Wohneigentum als auch nach Mietwohnungen zurück. Das führe ich auf die hohe Verunsicherung in der Bevölkerung zurück. Kurz- bis mittelfristig, könnte dieser Ausnahmezustand aber einen positiven Impact auf den Wohnungs- und Häusermarkt haben: Vielleicht gewinnen die eigenen vier Wände künftig noch mehr an Bedeutung.
Florin Köfeler, Goldinger Immobilien AG, Frauenfeld: Wichtig ist die Unterscheidung zwischen Mietminderung (aufgrund eines Mangels, Stundungen und Erlasse. Eine Mietminderung ist derzeit rechtlich nicht zulässig, da aufgrund der aktuellen Situation kein Mangel am Objekt besteht. Bei Gewerbemietern verweisen wir zuerst auf Kurzarbeit und den Bezug des Überbrückungskredites. Bei Wohnungsmietern bieten wir in den meisten Fällen die Möglichkeit einer Stundung an. Die Haltung hierzu differiert bei unseren Eigentümern stark. Wir prüfen deshalb jede Anfrage individuell und sprechen diese mit dem Eigentümer ab. Die Nachfrage nach Mietwohnungen hat dezent abgenommen, und die nach Eigentum ist seit Mitte März um 6070 % zurückgegangen. Bei 10-15 % von bereits getroffenen Entscheidungen, also Verkäufe, die kurz vor Beurkundung stehen, sind die Käufer nochmals ins Überlegen gekommen. Einzelne haben schon abgesagt.
Florian Meier, Sproll & Ramseyer AG, St.Gallen: Bei jeder Anfrage nehmen wir mit dem entsprechenden Eigentümer Kontakt auf und behandeln die Thematik einzeln. Sie kontaktieren uns, wir gehen nicht proaktiv auf die Mieter zu. Mit den neuen Hilfspaketen ist die ganze Situation ein wenig entspannter geworden. Ob wir wegen der Coronakrise ein Nachlassen der Nachfrage nach Miet- oder Kaufimmobilien merken? Nein, im Gegenteil, die Menschen haben Zeit und möchten Besichtigungen durchführen. Beim Kauf ist der ganze Prozess aber sehr verlangsamt und schwieriger geworden, weil Besichtigungen nicht oder nur sehr umständlich möglich sind und die Grundbuchämter z. T. sehr reduziert arbeiten. LEADER | April 2020
Patrick Thoma, Thoma Immobilien Treuhand AG, Amriswil: Insbesondere in der Gastro-Branche haben wir individuelle Anpassungen getroffen. Wir sind gesprächsbereit und versuchen situativ, eine für beide Seiten passende Lösung zu finden. Es muss ein Härtefall vorliegen. Auch berücksichtigen wir das aktuelle Mietverhältnis bzw. die Zusammenarbeit in der Vergangenheit. Schlussendlich suchen wir jedoch für jeden Mieter die individuelle Lösung. Die Nachfrage nach Besichtigungsterminen ist im Miet- wie auch im Eigentumsbereich deutlich geringer. Die strikte Einhaltung der BAG-Vorschriften ist uns sehr wichtig. Aus diesem Grund sind gewisse Besichtigungen nicht mehr möglich, ausser unter Berücksichtigung aller Vorsichtsmassnahmen.
Ivo Furter, Furter & Furter AG, St.Gallen: Einzelne Eigentümer haben uns von sich aus Mietzinssenkungen angeboten. Die restlichen Ladengeschäfte erhalten vorerst eine Mietzinsstundung. Weitere Erlasse prüfen wir von Fall zu Fall. Wir werden versuchen, die mit den Zahlungen des Bundes abzustimmen. Nachfrage und Angebot haben sich zumindest bis anhin aus unserer Sicht wenig verändert. Allerdings sind wir natürlich bei den Besichtigungen/ Vorzeigungen der Objekte eingeschränkt, v. a. bei noch bewohnten Mietwohnungen oder Verkaufsobjekten.
Sonja Brändle, F. Brändle Immo AG, St.Gallen: Wir haben etliche Gastgewerbebetriebe. Einige von diesen können durchaus in eine Existenzkrise gelangen. Wir gehen nicht automatisch auf die Gewerbetreibenden zu, haben aber schon mehrere Anfragen für Mietzinsreduktionen erhalten. Da sehen wir uns zu Kompromissen bereit. Den Gewerbemietern wollen wir möglichst ermöglichen, ihren Betrieb bis nach der Krise aufrecht erhalten zu können. Liegenschaften mit Gewerbeanteilen sind momentan sicher nicht gefragt. Auch dürften die Preise vermutlich wesentlich nachlassen.
Elias Zürcher, Fortimo AG, St.Gallen: Kein Vermieter hat die Möglichkeit, die durch die behördlichen Verbote bewirkte Störung des Betriebes des Mieters zu beseitigen. Darf beispielsweise ein Coiffeur keine Kunden mehr empfangen, liegt das nicht am Mietlokal,