fankyzine Art Special

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Was würdest du gerne mal besprühen, wenn du weltweit die freie Wahl hättest? Du könntest selbst die Freiheitsstatue auswählen. Da bin ich nicht festgelegt. Das Schönste zum Malen sind Orte, die einen Kontrast zu Graffiti bilden. Ein leerstehendes Haus oder eine Halle zu finden, macht für mich den Charme von Graffiti eigentlich erst richtig aus. Als wir damals in Thailand waren, fanden wir ein totes Dorf, wo nur einige Hütten übrig waren. Dort zu malen, war total beeindruckend. Das Gleiche habe ich mal in Spanien erlebt. Da war mitten in den Bergen ein komplett ausgestorbenes Dorf. Sowas macht am meisten Spaß und an solche Aktionen erinnert man sich noch lange, da es etwas Besonderes ist. Hast du einen liebsten Graffiti-Film? Nein. Was mich sehr prägte, waren die Graffitifilme »Dirty Handz«. Ob sie zu meinen liebsten Filmen zählen, weiß ich nicht, aber es ist eine Verbindung zu meinen Anfangszeiten. Hättest du Bock, dein gesamtes Schaffen in einem eigenen Buch oder in einem Film verewigt zu sehen? Durch das legale Malen wäre ein Film über mich langweilig. Wir setzen aber gerade mit der ABS-Crew ein Buch um. Grundsätzlich ist Graffiti nun einmal vergänglich. Legale Bilder verschwinden oft recht schnell. Sie festzuhalten und somit zu verewigen, ist für alle Beteiligten schön. Ein Buch über meine privaten Graffitis kann ich mir für meine Freunde und mich schon vorstellen. Ein Buch zu verkaufen hingegen ist immer super schwer. Das wäre aktuell nichts für mich. Du hast neulich den Heimat + Hafen verschönert. Wirst du für deine kommerziellen Auftragsarbeiten auch kritisiert? Grundsätzlich gibt es die Kritik in der Szene an kommerziellen Auftragsarbeiten. Einige nennen es beispielsweise »Graffiti-Ausverkauf«. Das kann ich sogar ab und zu nachvollziehen. Die Arbeit am Heimat + Hafen ist für mich ehrlich gesagt gar kein Graffiti. Dazu müssten Buchstaben der Schwerpunkt sein. Wandmalerei trifft es eher. Ich sehe es als Job. Andere gehen beispielsweise bei einer Werbeagentur arbeiten und verdienen dort ihr Geld. Ich trenne mein Hobby Graffiti und meinen Beruf der Wandmalerei. Klar hatte ich in der Vergangenheit manchmal Skrupel. Aber inzwischen frage ich mich, warum ich einen Job ausüben sollte, der mir weniger Spaß macht. Das Malen war schon immer meins. Mein ganzes Leben dreht sich darum: Hobby, Beruf, Workshops, die hoch2wei Arbeit, ... Ich habe sogar meine Diplomarbeit darüber geschrieben.

Wessen Feedback bedeutet dir am meisten? Von Freunden und Sprühern, die ich sehr schätze, und natürlich von meiner Freundin. Sie sprüht zwar nicht, aber trotzdem kennt sie sich aus, weil ich ihr seit Jahren meine Sachen vorlege. Mir ist vor allem ehrliches Feedback wichtig. Wenn Leute immer nur loben, hört man das selbstverständlich gerne, keine Frage. Aber wenn ein guter Freund mich lobt und gleichzeitig Verbesserungsvorschläge macht, ist mir das viel mehr Wert, weil ich daraus lernen kann. Durch ständiges Lob entwickelt man sich weniger weiter. Hast du schon einmal einen Auftrag abgelehnt? Ja, aus ethischen beziehungsweise politischen Gründen kam das vor. Auch wenn Leute etwas 1:1 nachgemalt haben möchten, lehne ich das meistens ab. Hinter meinen Aufträgen muss ich stehen können. Ich probiere mich gerne in verschiedenen Stilen aus, dennoch muss meine Handschrift erkennbar sein. Am allerschönsten ist es, wenn ich auf einer Fläche einfach loslegen darf. Sponsor nur dezent auftaucht. Wenn die Werbung im Fokus wäre, wäre es schwer für mich. Wenn du einen Wunsch für die Zukunft von Graffiti frei hättest, wie würde er lauten? Es gibt viele kleine Sachen, die ich mir wünsche, zum Beispiel viel mehr positiven Austausch untereinander und mehr Zusammenhalt in der Szene. Was ich außerdem wichtig finde, ist, dass die Menschen anders über Graffiti denken. Viele stempeln es als Schmiererei oder Kinderkram ab. Sie wissen gar nicht, was dahinter steckt. Sie beschweren sich über Graffitis, tolerieren aber blöde Werbung. Gerade Bielefeld ist voller Werbung für irgendeinen Mist und wird toleriert, aber es wird geschimpft, wenn an einem Brückenpfeiler ein neues Bild zu finden ist. Wie kann das Menschen stören?

»LIEBER BUNT ALS GRAU.« Lieber bunt als grau. Das versuche ich auch, in meinen Workshops zu vermitteln. Jugendliche sollen wissen, dass sie ihr Umfeld genauso mitgestalten können wie Erwachsene. Graffiti bietet hierzu die Möglichkeit. Bei Graffiti geht es um Raumaneignung. Die Stadt wird unter anderem gestaltet von der Industrie und Menschen, die Geld für Werbung haben. Jeder Bürger und jede Bürgerin hat das Recht, dafür zu sorgen, dass die Stadt nicht trist bleibt, sondern bunter wird. Ob es dann legal oder illegal ist, ist jedem selbst überlassen. Ich versuche es, mit vielen legalen Projekten umzusetzen. Ich kann aber auch Leute verstehen, die nachts losziehen, um alles bunt zu machen. Das finde ich genauso wichtig.

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