Waves 03 Online Mag

WIND UND WEITE > N°003 > Dezember 2017 > WAVES-MAG.DE WAVES MAGAZIN > WASSER,

WOHNEN AUF DEM WASSER >UM DIE WELT, RETRO-STYLE >MARTINIQUE >DESIGN ODER NICHT-SEIN wavesmagazin | 1

Leise rieselt der Schnee… …und wohin zieht es uns? Natürlich aufs Wasser! Das Leben und Genießen auf dem Wasser, in allen seinen Facetten, das ist wie immer in WAVES auch hier wieder unser Thema.

Große Geister lassen sich vom Wetter, ja selbst durch die Jahreszeit, nicht von ihrem Thema ablenken. Der alte Schwede Pelle Petterson ist ein genialer Designer, vor allem, aber nicht nur von Booten. Seine Karriere begann mit dem Entwurf eines Autos, das heute als Klassiker gilt. Das, als Stilikone, in jedem Automobil-, aber auch Kunstmuseum parken könnte: Der Volvo P 1800. Dann besann er sich doch noch und wandte sich den Booten zu. Die von ihm in den 1970er Jahren kreierten „Maxi“-Yachten waren die weltweit ersten reinen Serienboote, die maßgeblich dabei halfen, das Segeln zum Breitensport zu machen. Denn Pelle Petterson ist beides: Industrie- und Yachtdesigner.

Und er ist ein hervorragender Segler, selber Jahrelang auf Regatten, auch olympischen, erfolgreich.

Ein faszinierender Mann, hier portraitieren unsere Fotografen und Autoren ihn: ab Seite 28.

Ein anderer großartiger Pionier des Bootsbaus lebte und arbeitete an der französischen Atlantikküste: Henri Jeanneau, technikverliebter Tüftler und einer der europäischen Pioniere des Kunststoff-Bootsbaus. Die von ihm vor 60 Jahren gegründete und noch immer nach ihm benannte Werft war stets vorneweg, wenn es um Neues ging. Auch darum gehört sie heute zu den ganz Großen der Welt. Die wesentlichen, sehr vielfältigen Meilensteine dieser bemerkenswerten Geschichte stellen wir hier vor: ab Seite 48.

Photo: Katrin Storsberg

Passend zum Winter erzählen wir die Geschichte der wunderschönen, tropischen Blumeninsel Martinique. Wo man jetzt, aber auch durchaus im Sommer, noch einen ziemlich perfekten Insel- und Bootsurlaub verbringen kann wie ich finde (Seite 78). Vom Frankreich in den Tropen wenden wir uns dann dem Frankreich im Mittelmeer zu: Ein Chartertörn in korsischen Gewässern, das geht ganz tief unter die gebräunte Haut.

Meint mein Kollege Stefan Detjen. Seite 60.

Was aber bleibt einem Wassermenschen im Winter im Norden? Klar: Ein Hausboot. Die sind meistens auch winterfest, ebenso übrigens wie ein richtiges Wohnschiff. Über beide schreibe ich in meinem jüngst erschienenen Buch „Hafenjahre“, über eher festliegende Hausboote hier ab Seite 84.

Herzlich, Ihr Detlef Jens

waveseditorial | 3

30

84 36 4 | wavesinhalt

56

PEOPLE

30 Pelle Petterson

70 Susie Goodall

MOTOR

36 Invictus 370 GT

SEGEL

42

42 Jeanneau 51

TRAVEL

60 Charter Korsika

78 Martinique

STORY

48 60 Jahre Jeanneau

56 Der Weg ist das Ziel

HAUSBOOT

84 Wohnen auf Wasser

MEHR…

70

03 Editorial

06 Click

08 Wavesmix

14 Literatur

16 Media

20 Wissen

22 Waves Style

28 10 Fragen: Pelle Petterson

89 Impressum

90 Meade Gougeon

94 Navigation: Azoren

98 Das Bordrezept

WAVES Magazin – Wasser, Wind und Weite!

www.waves-mag.de wavesinhalt | 5

wavesclick

6 | wavesclick

wavesclick | 7 Porto Montenegro

Die Erde im Magnetsturm

Schlechtes Wetter kennt man auch im Weltall. Das sogenannte Weltraumwetter wird von der Sonne und ihrer Aktivität bestimmt.

Eruptionen auf der Sonne („koronaler Massenauswurf“ wie der Experte sagt) lösen Sonnenstürme aus. Dabei jagen gewaltige Wolken von Röntgenstrahlen und energetische Protonen durchs All. Geht diese Ladung Richtung Erde los, schützt uns zwar unser Magnetfeld, doch in den Polarregionen ist dessen Schutzwirkung abgeschwächt – als sichtbares Zeichen entstehen dort Polarlichter. So faszinierend dieses Lichterschauspiel ist, desto verheerender kann die Wirkung sein. Der aufprallende Magnetsturm führt zu Störungen in den Handy- und Stromnetzen und das GPS-System zum Erliegen bringen.

Die 20 000 Kilometer von der Erde entfernt kreisenden Telekommunikationssatelliten und die des Navigationssystems GPS sind nicht gegen das Strahlenbombardement gefeit. Da die moderne Luft- und Schifffahrt weitgehend von GPS-Signalen abhängig ist, werden Flüge über die Polarregionen bei heftigen Sonnenstürmen umgeleitet.

2015 legte ein Sonnensturm die Radarsysteme und GPS-Systeme in Schweden lahm, so dass kein Flugverkehr mehr stattfinden konnte.

2003 hatte es in Malmö sogar einen Stromausfall von einer Stunde

8 | wavesmix

geben – Ursache waren gleich zwei Stürme, die nacheinander die Erde trafen. 1989 kam es in der kanadischen Provinz Quebec wegen eines Sonnensturms zum Blackout, sechs Millionen Menschen hatten für mehrere Stunden keinen Strom.

Anfang September kam es auch in unseren Breitengraden zu Handyund GPS-Störungen. Wer also gerade mit seiner Yacht in einem heiklen Revier unterwegs ist, tut gut daran, nach alter Väter Sitte den Kurs auf Papierkarten abzustecken und seine Position nachzuführen.

Sicher ist sicher…

WELTALL-STURMVORHERSAGE

Zum Redaktionsschluss war am 18. September 2017 der letzte Sonnensturm. Vorhersagen sind schwer, bei einer Sonneneruption bleiben uns auf der Erde 12 Stunden Zeit, um die nötigen Vorkehrungen zu treffen. Die Magnetsturm-Vorhersage findet man unter www.spaceweatherlive.com/de/berichte/3-tagesvorhersage

Mit „I Care“ gegen Einwegplastik Pro Kopf werden in Deutschland jährlich 2.5 kg PET-Flaschen und über 4 kg an Einwegbechern für Kaffee und andere Take-AwayGetränke verbraucht. Der verschwenderische Umgang ist nicht nur ein Ressourcenproblem, sondern stellt auch eine immense Umweltbelastung dar. Neben den fünf hinlänglich bekannten Müllteppichen gilt das Mittelmeer unterdessen als sechster Müllstrudel. Die Plastiksuppe im Mittelmeer besteht vor allem aus Fragmenten von Flaschen, Verschlusskappen, Taschen und Verpackungen. Plastik wurde in den Mägen von Fischen, Vögeln, Schildkröten und Walen gefunden.

Wir alle können, sollen und müssen handeln

Um die Öffentlichkeit für die Problematik zu sensibilisieren und zum Handeln anzuregen, ruft OceanCare die Mitmach-Bewegung „I Care“ ins Leben. Auf der dazugehörigen Kampagnenseite kann jeder und jede ein oder mehrere Versprechen abgeben, um den eigenen Einwegplastikgebrauch zu reduzieren. Ein Rechner zeigt die Auswirkungen der verschiedenen Versprechen auf das Ausmass an konsumiertem Plastik an. Damit will OceanCare vor Augen führen, dass selbst kleine Verhaltensänderungen im Alltag einen wesentlichen Beitrag zur Minderung des Plastikmüllproblems leisten.

Prominente Unterstützung durch ITCHY

Die deutsche Rockband ITCHY setzt sich seit Jahren in Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen für den Umwelt- und insbesondere den Meeresschutz ein. Für die „I Care“-Kampagne veröffentlichte sie den Kampagnensong „The Sea“, in dessen Musikvideo die Verschmutzung an Stränden und im Meer auf unerwartete Art und Weise aufgezeigt wird.

Zudem geht ITCHY mit gutem Beispiel voran und verzichtete bei den Verpackungsmaterialien des neuen Albums wo immer möglich auf Plastik. So wurden bei der Vinyl-CD zu 100% recyceltes PVC eingesetzt und die Plektren nicht in Plastik, sondern in Papier verpackt.

Merchandise-Artikel wie Shirts und Pullover bestehen zum grössten Teil aus recycelter Baumwolle und Plastikmüll, der aus den Ozeanen geholt wurde. www.oceancare.org

wavesmix | 9

Pont13 Nirgends ist es auf dem Autodeck einer Fähre schöner als hier. „Pont 13“ heißt das Schiff nun, aber es fährt nicht mehr, sondern liegt, etwas abseits, am Haparandadamm fest. Jahrzehntelang brachte die 1927 als Dampfer gebaute Fähre Autos und Passagiere über die Ij bei Amsterdam. 1956 wurde sie umgerüstet und mit Elektroantrieb ausgerüstet, in den späten 1990ern ausgemustert, verkauft und um ein Haar verschrottet, wäre sie nicht zu der unglaublich coolen Bar und Restaurant umgebaut worden, die sie heute ist. Täglich außer montags kann man hier kühle Drinks und nette Snacks genießen, in

10 | wavesmix

Ruhe seine Zeitung lesen oder ein bisschen am Laptop arbeiten, dazu liefert das kreative Küchenteam sehr leckere Speisen zum Lunch oder Abendessen. Ein toller Ort im „Houthaven“ von Amsterdam, den man per Bus (Linie 22 und 48) oder Taxi vom Hauptbahnhof erreicht, oder, am besten, natürlich mit dem eigenen Boot das man gleich nebenan festmachen kann.

Infos und Tischreservierungen unter Pont13.nl

Yachtsport Resort Brissago Hotel & Bootsplätze Das in Brissago ansässige Yachtsport Resort am Lago Maggiore ist auf der weltgrössten Indoor-Boatshow boot zum ersten Mal mit einem eigenen Stand vertreten. Zu finden ist die Crew der Schweizer Marina & Sailing Base in Halle 13 (Stand 13F33.2) auf der Travel World.

SWISS QUALITY ITALIAN DESIGN

Beworben wird das zum Resort gehörende Holiday Hotel. Mit dem professionellen Angebot wendet man sich an anspruchsvolle Aktivurlauber, die für ihre Ferien eine Destination direkt am Wasser suchen, um dort Bootssport zu betreiben und gepflegt zu relaxen.

Dank der eigenen Bootsfahr- und Segelschule werden dem potentiellen Feriengast komplette maritime Urlaubspakete einschliesslich Segelkurs und Bootscharter angeboten; für „Trailerkapitäne“ gehört dazu auch ein Bootsliegeplatz direkt vor dem Hotelzimmer.

Für die anderen aus der Schweiz vertretenen Aussteller, vor allem für Werften und Bootshändler, ist das Yachtsport Resort durch seine neu entstehende Marina ein interessanter Partner, da diese ihre Kaufinteressenten mit einem Liegeplatz im Traumrevier Lago Maggiore beglücken können. www.yachtsport-resort.com

7

Seestrasse 5 / CH 8712 Stäfa Tel +41 44 926 60 61 info@schuchter.ch

www.esseboats.ch

WAVES surft digital – aber als Heft!

Dies ist das Beste aus beiden Welten: Die animierte Blätterversion im gewohnten Zeitschriftenlayout für hochwertige Lesegenuss, ohne die bisherigen Lesegewohnheiten umstellen zu müssen. Einfach hinund her blättern und Seitenweise lesen, wie im gedruckten Heft, nun aber auf dem stationären oder mobilen Endgerät Ihrer Wahl.

Denn das hat sich, nach den ersten beiden Ausgaben von WAVES, gezeigt: Auch bei Ihnen, sehr verehrte Leserinnen und Leser, überwiegt ganz offenbar die Gewohnheit, die Lieblingsmedien mit Vorliebe auf mobilen Endgeräten zu speichern um sie dann unterwegs, an Bord, oder wo auch immer in Ruhe zu lesen. Lesen Sie es online, gibt es

dazu noch Animationen und Direktlinks zu verschiedenen Angeboten im Heft. Denn das möchten wir erhalten: Die gewohnte Anmutung und das schöne Layout eines gedruckten Heftes, auch wenn es nun in einem anderen technischen Medium als auf Papier gedruckt transportiert wird und zu Ihnen kommt. Wir wünschen wie immer viel Spaß mit der neuen, alten WAVES! PS: Wenn Sie trotzdem ein Printmagazin bevorzugen, empfehlen wir Ihnen unsere etablierte Schwesterpublikation WAVE. Schreiben Sie einfach eine Mail an abo@fullwave.ch oder ordern Sie Ihr Abo auf www.wave-mag.ch

Ins Jens Book.qxp_Layout 1 16/06/17 10:05 Pagina 1

Hinterm Horizont geht’s weiter…

Neu aus dem KJM Buchverlag

Jetzt bestellen auf www.literaturboot.de

Photo: Juergkaufmann.com

The SwiSS

Stand Up Paddle Brand

High End Hollow Carbon Boards — Swiss Design — Made in Croatia www.indiana-sup.ch

Schöner lesen mit Literaturboot.de

Ist dies cool – oder verrückt?

Eine junge Familie auf zwei sehr alten Schiffen – wie geht das? Es lebt sich gut an Bord. Trotz aller Abenteuer, Pannen und Probleme die vor allem dann auftreten, wenn man rund 100 Jahre alte, aber noch fahrtüchtige Museumsschiffe bewohnt. Sechs Jahre auf zwei verschiedenen Wohnschiffen in einem kleinen Hafen an der Elbe, eben außerhalb Hamburgs: In diesem Buch geht es darum, was man dabei erleben kann, wie es geht und was andere daraus lernen können. Spannende und lustige Erzählungen von dieser ungewöhnlichen, aber sehr reizvollen Art zu leben sowie, im zweiten Teil des Buches, ganz praktische Überlegungen und Tipps für alle, die vielleicht auch einmal so leben wollen. Handfeste Infos also aus der Praxis eines Schiffsbewohners mit Familie, immer wieder durchsetzt mit unterhaltsamen und humorvollen Anekdoten aus dem Schiffsalltag.

14 | wavesliteratur

Kurzum, ein echtes Lesevergnügen und gute Unterhaltung, bei der man eine Welt kennenlernt, die quasi direkt vor unserer Haustür liegt und doch sehr weit weg scheint. Illustriert mit vielen Fotos.

Sehr empfehlenswert!

Wie cool ist das denn?

„My Cool Houseboat“ zeigt genau das – sehr coole und ungewöhnliche und auf unterschiedliche Arten tolle Hausboote, zum Wohnen, als Büros oder Läden oder Restaurants, in Häfen und Gewässern in ganz Europa und der Welt: Berlin, London, Amsterdam, Paris, Prag, Australien, New York und so weiter. Überall, so die frohe Botschaft, gibt es nette Ecke an und auf dem Wasser und kreative, offene Menschen, die diese Ecken mit Leben erfüllen. Gegliedert ist das Buch in thematische Kapitel: Architektur-Hausboote, Geschäfte auf dem Wasser, Moderne Hausboote, romantische Hausboote und so weiter.

Ganz große Klasse. Vor allem lebt das Buch natürlich durch die qualitativ hochwertigen Fotos, die zum Träumen und, vielleicht, auch Nachmachen anregen. Eine großartige Inspiration ist es in jeden Fall und das für jeden, ob die Leser nun Landmenschen sind, die hier erstmals mit dieser bunten, vielfältigen Welt der Wasserbewohner in Kontakt kommen, oder ob sie selber vielleicht schon lange an Bord leben oder sich zumindest mit dem Gedanken beschäftigen. Die Texte sind kurz und knapp und informativ und daher auch, obwohl Englisch, für die allermeisten wohl leicht verständlich. Wirklich sehr empfehlenswert! Gefunden haben wir dieses Buch, natürlich, an Bord: Auf der ebenfalls im Buch gezeigten „Book Barge“, einem schwimmenden Buchladen in London den wir auch hier im Heft und auf Literaturboot.de schon vorgestellt haben.

Urlaub auf Mallorca ist uncool?

Das Buch dazu ist jedenfalls schlau und nachdenklich und unterhaltsam und verdammt gut geschrieben. „Es gibt dann noch ein paar bescheidene und ein paar bessere Ferienhotels, und bleiche Urlauber ziehen im Ort Frauen und Kinder hinter sich her, als sei auch dieser Urlaub, wie alles andere daheim in Deutschland, vor allem etwas, das bewältigt werden muss.“ Das ist nicht schlecht. Und das ist erst der Anfang. Es wird noch viel besser. Bissige Beobachtungen, meine Art von Humor, auch viele Beobachtungen weit beiderseits vom Thema.

Ach ja, das Thema. Dazu hier die Worte vom Verlag: „Gibt es sie wirklich, die Traumorte unserer Kindheit? Nach mehr als 30 Jahren Abwesenheit kehrt Alexander Gorkow ins Paradies zurück; in das Dorf Canyamel, an die Nordostküste Mallorcas. Gemeinsam mit Mutter, Schwester und Vater – einem gütigen wie exzentrischen Patriarchen – verbrachte das Kind hier prägende Urlaube. Nun reist Alexander Gorkow wieder an, als preisgekrönter Reporter und vom Leben gezeichneter Familienvater. Eine moderne Tragikomödie nimmt ihren Lauf, über unsere Urlaube, damals und heute, die Menschen unseres Lebens – und unsere ewige Sehnsucht nach dem Meer.“ Ein Buch mit Herz und Witz über das komplizierte Gebilde „Familie“.

Mehr Infos und portofreies Bestellen auf www.Literaturboot.de

wavesliteratur | 15

Ozean

buch Über Die beDrOhung

Der Meere

Frau Gonstalla, Atom, Klima und nun Ozean, wie kamen Sie auf diese Buchreihe?

Ich bin in Braunschweig aufgewachsen, unweit dem zukünftigen Atommüll-Endlager „Schacht Konrad“. Das absaufende Forschungsendlager „Asse“ war auch gleich in der Nähe. Dadurch entwickelte ich schon in meiner Kindheit ein grosses Interesse für die Atomthematik. Besonders weil ich immer wieder feststellte, dass so wenig Menschen über dieses schwer greifbare, fast unsichtbare Thema bescheid wissen. Ein paar Jahre später habe ich mir dann im Rahmen meiner Diplomarbeit überlegt, wie ich die Atomproblematik der breiten Masse zugänglich und verständlich machen kann. So entstand das Konzept der Infografikbücher.

16 | wavesmedia

Alle guten Ding sind drei: Nach den erfolgreichen Werken „Das Atombuch“ und „Das Klimabuch“ veröffentlichte der oekom verlag Anfang August nun das dritte im Bunde: „Das Ozeanbuch – Über die Bedrohung der Meere“. Darin veranschaulicht die in Französisch-Polynesien lebende Autorin und Grafikerin Esther Gonstalla in fünf Kapiteln und anhand von 45 Infografiken, wie sehr Konsum und Industrie unsere Weltmeere verschmutzen, welchen Umweltproblemen wir ins Auge blicken sollten und welche Möglichkeiten wir haben, um das Ruder herumzureißen.

Der Klimawandel und die Übersäuerung der Meere sind akuter und offensichtlicher denn je.

Wieso gerade ein Ozeanbuch?

Wie waren die Reaktionen auf das Ozeanbuch?

Wenn man sich mit dem Klimawandel auseinandersetzt, stößt man irgendwann automatisch auf den Ozean. Außerdem liebe ich es im Wasser zu sein, surfe und tauche für mein Leben gern – deswegen auch Französisch-Polynesien als Wahlheimat. Es war schon immer mein Herzenswunsch, etwas über Ozeane zu machen. Und je mehr ich mich informiert habe, wurde mir klar, dass ein Buch her musste, das nicht nur aus schwarz-weißer Textflut besteht. Ich wollte die Problematik so herunterbrechen und aufbereiten, dass sie wirklich jeder versteht, selbst wenn man sich vorher noch nie mit dem Thema auseinander gesetzt hat.

Bisher habe ich durchweg positives Feedback erhalten. Das Ozeanbuch ist gerade erst erschienen und hat schon mediales Interesse geweckt. Ich hatte unter anderem Interviewanfragen von der Deutschen Welle und dem SWR. Sogar für Kinder ist es verständlich genug. Als ich es einem sechsjährigen Mädchen gezeigt habe, war sie sehr interessiert und am Ende wirklich mitgenommen, weil ihr die Fische, die sie sonst aus Filmen wie Nemo und Co kennt, Leid taten. Im Gegensatz zu uns Erwachsenen sind Kinder noch nicht so abgestumpft, sondern viel sensibler, wenn einem lebendigen Wesen Schmerzen und Leid zugefügt werden.

Wie kam es zur Zusammenarbeit mit dem oekom verlag?

Wie sind Sie beim Erstellen des Ozeanbuches vorgegangen?

Normalerweise verlegt der oekom verlag nicht so großformatige und aufwendige Grafikbücher wie meine. Damit wir das Ozeanbuch trotzdem gemeinsam realisieren konnten, wurde die Crowdfundingplattform oekom crowd ins Leben gerufen. Das Ozeanbuch war das Pilotprojekt und wäre selbst dann verlegt worden, wenn das finanzielle Ziel von 3500 Euro nicht erreicht worden wäre. Doch wir hatten Erfolg, neben Privatpersonen haben auch Firmen und Initiativen aus dem Nachhaltigkeitsumfeld gespendet. Insgesamt waren es 140 Unterstützer. 10 Prozent des Erlöses gingen an Boyan Slats Projekt The Ocean Cleanup, das mir sehr am Herzen liegt.

Am Anfang habe ich sehr viele populärwissenschaftliche Beiträge gelesen, um mir einen Überblick zu verschaffen. Als ich ein grobes Konzept erstellt hatte und wußte, dass ich das Buch thematisch in die fünf Bereiche Klimawandel, Biodiversität, Überfischung, Industriegebiete und Verschmutzung aufteilen möchte, habe ich mich Kapitel für Kapitel mit den jeweiligen Experten besprochen, welche der zur Verfügung stehenden Studien für das jeweilige Thema am besten geeignet sind.

wavesmedia | 17

Welches unserer „Vergehen“ schadet dem Ozean am meisten?

Grundsätzlich ist es natürlich ein Zusammenspiel mehrerer Aspekte, doch der gravierendste ist wohl der Klimawandel. Studien zufolge ist die Erwärmung der Meere das Hauptproblem, denn sobald die berühmte 2-Grad-Grenze erreicht ist, sind alle Warmwasserkorallenriffe abgestorben. Sie bleichen schon ab einer Erwärmung von 1,5 Grad Celsius aus. Das Absterben der Riffe wäre der Anfang einer riesigen Kettenreaktion und würde als unmittelbare Folge das Artensterben nach sich ziehen. Insgesamt hängen 25 Prozent aller Meereslebewesen direkt von den Korallen ab (z.B. zur Fortpflanzung, Jagd). Indirekt wirken sie sich auf die gesamte Nahrungskette bis hin zum Thunfisch auf unseren Tellern aus. In Äquatornähe ist die 2-Grad-Grenze bereits erreicht, wodurch schon über 50 Prozent der Riffe ausgeblichen und abgestorben sind. Neben den längst ausgestorbenen und somit gar nicht erfassten Arten, stehen auf der „Roten Liste“ insgesamt 77.000 bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Davon sind 23 000 als „gefährdet“ bis zu „vom Aussterben bedroht“ eingestuft. Vor 20 Jahren waren es noch weniger als die Hälfte.

Gibt es noch andere Übeltäter?

Alles was wir als CO2-Fussabdruck in die Atmosphäre entlassen, unter anderem Abgase und unseren Müll, landet letztlich im Ozean.

Mit der Vegetation an Land ist das Meer die grösste CO2-Senke, das heißt, es nimmt das meiste CO2 auf, was wiederum zum Ansteigen des Säuregehalts im Wasser führt. Die Versauerung, welche zusätzlich zur Erwärmung hinzukommt, stresst die Ökosysteme ungemein.

Besonders Schalentiere brauchen einen bestimmen ph-Wert im Wasser, damit der Kalkbildungsprozess ihres Panzers naturgemäss ablaufen kann. Wenn das Meer versauert, ist dieser Prozess nicht gewährleistet. Die Panzer sind instabil und zu weich, sodass die Tiere letztlich sterben.

Welche Rolle spielt unser Müll dabei?

Natürlich sollten wir alles daran tun, unsere Umwelt weniger zu „vermüllen“. Dennoch meine ich, dass der Klimawandel und die Überfischung für unsere Weltmeere bedrohlicher sind. Das Problem ist, dass die Vermüllung der Ozeane viel plakativer und leichter zu kommunizieren ist, als die abstrakte Erwärmung und Versauerung der Meere. Sie sind medial viel schwieriger darzustellen als Müll, der für alle sichtbar ist. Sobald man an den Strand geht, sieht man ihn – es sei denn, es ist ein Hotelstrand, der ständig gereinigt wird.

Welche Konsequenzen hat der Müll für den Menschen?

Eine Studie hat ergeben, dass jeder Europäer bei durchschnittlichem 18 | wavesmedia

099

Verschmutzung

Die fünf großen Müllstrudel Durch den Menschen verantwortet, durch die globalen Strömungen und Winde geformt: die fünf »Müllstrudel«, in denen sich der auf den Meeren treibende Plastikmüll konzentriert und sich langsam in immer kleinere Teile zersetzt.

Angeschwemmter Plastikmüll wird heute in allen Teilen der Ozeane gefunden, er verteilt sich durch das komplexe System der Meeresströmungen bis in die entlegensten Winkel der Erde.

Der Plastikmüll im Ozean wird momentan auf 150 Millionen Tonnen geschätzt, das entspricht etwa einem Fünftel des Gewichts aller Fische.

Schon in naher Zukunft, in 2025, erwarten Forscher, dass je 3 Tonnen Fisch in etwa 1 Tonne Plastik in den Meeren treibt. Wenn wir unseren Plastikkonsum nicht drastisch reduzieren, wird es 2050 vom Gewicht her mehr Plastik als Fische in den Ozeanen geben.

Jede Minute gelangt ein ganzer Mülltransporter voll Plastikmüll irgendwo auf der Welt in die Meere.

Acht Millionen Tonnen Plastik jährlich. Bei gleichbleibender Verschmutzung könnte sich bis 2050 diese Menge vervierfachen.

dpazifisch N or

er Wirbel

r che Nordatlantis

Sü

din

Sü

l discher Wirbe

warme Meeresströmungen

kalte Meeresströmungen

zifische dpa

r Wirbel

el rb Wi

da t

Ich bin seit Jahren auf der Suche nach einem unangetasteten und ursprünglichen Korallenriff. Bisher habe ich es leider nicht gefunden, weder in der Karibik, den Grenadinen, noch auf Martinique oder Hawaii. Auch in der Südsee sind die Riffe bereits stark angegriffen, denn überall, wo Menschen leben, werden Schadstoffe in die Meere geleitet. Erst wenn man richtig weit auf das offene Meer hinaus fährt, zu den Austral-Inseln oder dem Tuamotu-Archipel, wo fast keine Menschen leben, sollen die Korallenriffe noch richtig schön sein. Da muss ich also unbedingt noch hin.

n la

r che tis

Wirbel

Sü

Was hat Sie nach Französisch-Polynesien verschlagen?

Müllstrudel

Quellen: Eriksen et al. (2014), IPRC (2008), WEF (2016)

Fischverzehr bis zu 11 000 Mikroplastikteilchen pro Jahr aufnimmt.

Was damit im Körper geschieht, ist bislang noch nicht erforscht.

Dass toxische Mikroplastikteile allerdings nicht gesund sein können, ist einleuchtend. Je mehr ich über die Verschmutzung der Meere erfahren habe, desto weniger Lust hatte ich auf Fisch. Mittlerweile esse ich seit vier Jahren keinen mehr.

Sollte man Fisch also gar nicht mehr essen?

Fisch muss kein Tabu sein, doch sollte man darauf achten, wo er herkommt. Industrielle Aquakulturen sind vielleicht besser als Fischfang mit riesigen Schleppnetzen, da man dabei keinen Beifang tötet. Allerdings kann man sie mit der Massentierhaltung von Geflügel oder Schweinen gleichsetzen. Aquakultur-Fische leben auf engstem Raum, werden mit Antibiotika und Antiparasitenmedikamenten gefüttert, damit sich in den Tankanlagen keine Krankheiten ausbreiten. Die Abwässer der Kulturen überdüngen Flüsse und Buchten. Eine nachhaltigere Alternative ist der Aquaponik-Kreislauf, bei dem das Abwasser der Fischtanks zum Bewässern von Tomaten oder Ähnlichem verwendet wird. Bei der Aufnahme der für sie wichtigen Nährstoffe reinigen die Pflanzen das Wasser, welches daraufhin zu den Fischen zurück geleitet wird. In Deutschland existiert bereits ein solches Projekt unter dem Namen „Tomatenfisch“. Eine andere Möglichkeit sind die sogenannten Integrierten multitrophischen Aquakulturen (IMTA), bei denen überschüssiges Fischfutter und die Ausscheidungen der Fische von Seegurken gefressen werden, die sich in einem Käfig unterhalb der Fische befinden. Dieses Pilotprojekt gibt es bereits in Kanada und Frankreich.

Sollten wir uns über den Streit zwischen Nordkorea und den USA hinaus Sorgen um ABC-Waffen machen?

Es ist erstaunlich, wie viele chemische Waffen (u.a. Arsen, Blei, Cyanid, Senfgas, Quecksilber) und radioaktive Abfälle im Laufe der letzten 100 Jahre einfach so im Meer versenkt wurden – frei nach dem Motto „Aus den Augen, aus dem Sinn“. In der Ost- und Nordsee wurden zwischen 2009 und 2013 nahezu täglich chemische Waffen gefunden. Die Aufzeichnungen über die versenkten Kampfmittel sind lückenhaft, sodass man nicht genau nachvollziehen kann, welche Schadstoffe, wo auf uns lauern. Wenn man wirklich Pech hat, hatte der Thunfisch, den man auf dem Teller hat, nicht nur Kontakt zu chemischen Schadstoffen, sondern auch zum radioaktiv verseuchten Meeresboden.

Wieso ist Fisch überhaupt so wichtig?

023

Klimawandel

Die Thermohaline Zirkulation

Meereströmungen in Aufruhr

Konvektionsgebiete

Grönlands Eisschilde schmelzen schneller als erwartet. Sommerliches Schmelzwasser wird in riesigen Flüssen unter dem Eis Richtung Ozean transportiert. Gletscher kalben, und Eisberge schmelzen im offenen Ozean. Das Resultat sind eine Beschleunigung des Meeresspiegelanstieges und ein Rückgang des Salzgehaltes im Nordmeer.

Mehr Niederschlag in Polarregionen, verursacht durch den Klimawandel, reduziert den Salzgehalt des Ozeans und damit die Oberflächendichte.

Oberflächenströmung

... auch »das Förderband« genannt, ein komplexes Netz aus Oberflächen-, Tiefen- und Bodenströmungen, angetrieben durch Temperatur- und Salzgehaltsunterschiede sowie Winde. Die thermohaline Zirkulation treibt beispielsweise den Golfstrom an, wenn er als Nordatlantikstrom Richtung Island fließt.

Tiefenströmung Bodenströmung Strömungsrichtung Absinkbewegung Auftriebsbewegung

Was schlagen Sie vor?

Wir müssen uns dafür einsetzen, dass die Meeresschutzgebiete in den europäischen Hoheitsgebieten ausgeweitet werden. Aktuell stehen nur vier Prozent der weltweiten Ozeangesamtfläche unter Schutz. Dafür kann sich jeder Einzelne ohne großen Aufwand einsetzen, z.B. durch das Starten einer Online-Petition. Wir sollten die Aufmerksamkeit auf das Problem richten, bevor es zu spät ist.

warmes Salzwasser kaltes Salzwasser kaltes Süßwasser

100 m Das einst warme Oberflächenwasser aus dem Süden kühlt nahe Grönland im Konvektionsgebiet ab, wobei es durch die höhere Dichte (Salzgehalt) schnell in die Tiefe sinkt.

Dieses Phänomen wirkt wie eine riesige Umwälzpumpe.

Eisschilde bestehen aus Süßwasser. Dieses ist leichter als das dichtere Salzwasser des Ozeans.

Je mehr Süßwasser sich durch schmelzende Eisschilde mit dem Salzwasser vermischt, desto mehr wird die Absinkgeschwindigkeit insgesamt verlangsamt.

Salzhaltiges Wasser ist schwerer und sinkt dadurch schneller ab als das leichtere mit Süßwasser geschmolzener Gletscher vermischte Wasser.

3000 m

25 %

Das kalte Tiefenwasser strömt langsam, angetrieben von der Thermohalinen Zirkulation, mit etwa 1 bis 3 Kilometern pro Tag.

Das Förderband bringt in Aufstiegsgebieten Nährstoffe von der Tiefsee in die oberen Wasserschichten, die primäre Nahrungsgrundlage für fast alle Lebewesen im Ozean.

Das Bodenwasser vermischt sich durch den hohen Dichteunterschied nur langsam mit dem Tiefenwasser darüber.

weniger Umwälzbewegung bis 2100

Für eine Milliarde Menschen ist Fisch eine grundlegende Nahrungsquelle. Durch unsere Lebensweise berauben wir uns allerdings dieser Nahrungsgrundlage und somit auch der Ozeane. Ich glaube, dass die Menschheit noch nicht verstanden hat, wie die Nahrungsketten eigentlichen zusammenhängen, welche Auswirkungen fehlende Glieder haben könnte und wie viele Glieder wirklich fehlen müssten, damit das ganze System kollabiert. In einigen Gebieten hat sich die Artenvielfalt seit der Industrialisierung bereits um 65 bis 90 Prozent verringert. Auf Martinique ist mir das besonders aufgefallen. Kaum einer der rund 2000 einheimischen Fischer konnte vom Fischfang leben und die meisten mussten Arbeitslosengeld beziehen, um über die Runden zu kommen. In Afrika gibt es mittlerweile Projekte, die Fischer dazu anregen, im Meer herumschwimmende Geisternetze und Plastikmüll zu fangen und diese an NGOs zu verkaufen. Das Sammeln von Müll ist für sie lukrativer als ihr eigentlicher Beruf als Fischer – paradox, oder?

Quellen: Maribus (2010), NASA (2012), Rahmstorf (2015)

Wie ernst ist es denn?

063

Überfischung Aquakultur im Meer Die Käfge werden mit Netzen bespannt, um die Fische vor Seevögeln zu schützen. Gefüttert wird durch Futtermaschinen in der Mitte des Käfgs.

Industrielle Aquakultur

Weitere Arten An langen ins Wasser gehängten Leinen werden Muscheln und Seetang gezüchtet. Die Organismen nehmen Nährstofe aus dem umgebenden Meerwasser auf bzw. fltrieren Planktonorganismen aus dem Wasser. Dadurch muss nicht zusätzlich gedüngt oder gefüttert werden.

Künstliche Fortpflanzung Die Eier werden künstlich befruchtet, dann im Labor überwacht und aussortiert.

Wenn die Jungfsche 30 Tage alt sind, kommen sie aus den Brutschalen in ein erstes Aufzuchtbecken.

Aufzucht in Tankanlagen Wegen des Stresses, der durch die Enge und den Lärm der Wasserpumpen entsteht, fressen Fische weniger, wachsen langsamer und sind anfälliger für Krankheiten. Antibiotika werden oft als vorbeugende Maßnahme mitgefüttert, da sich Krankheiten schnell in den Tanks ausbreiten.

Partikelflter

Sauerstofanreicherung

Traditionell

Alternativen

Fischöl

Soja / Rapsöl

Fischmehl

Insektenlarvenmehl

Standortwahl Die Käfge werden in geschützten Buchten eingesetzt, wo sie schnell mit dem Boot zu erreichen sind und keine starken Strömungen oder Winde herrschen. Nicht gefressenes Futter und die Fäkalien der Fische sammeln sich unterhalb der Käfge an und führen so zur Überdüngung der Bucht. Auch Rückstände von Antibiotika gelangen ins Wasser und können das Ökosystem und die Bewohner schädigen.

Wasserreinigung In mehreren Durchläufen wird das Wasser erst grob, dann mit einem Bioflter feiner gefltert, mit Sauerstof angereichert und mit UV-Lampen sterilisiert, bevor es zurück in die Fischtanks gepumpt wird.

Das Wasser im Fischtank ist so ständig in Bewegung.

UV-Sterilisator

Schlammflter

Aquakultur ist die Aufzucht von aquatischen, also im Wasser lebenden Organismen wie Fischen, Muscheln, Krebsen und Algen.

Aquakultur hat Vor- und Nachteile. Sie stillt den Welthunger nach Proteinen und kann, wie zum Beispiel bei der extensiven Teichwirtschaft (unter anderem Tilapien, Karpfen), tier- und umweltfreundlich sein. Es gibt aber auch viel Kritik: Die Aquakultur wird oft mit der Massentierhaltung von Geflügel verglichen, denn die Enge stresst die Tiere, sie können sich nicht ihrer Art gerecht bewegen, werden hochgezüchtet und überleben nur mit Antibiotika. Die Abwässer der Kulturen überdüngen Flüsse und Buchten (sind aber im Gegensatz zu den pestizidhaltigen Abwässern aus der Landwirtschaft gering).

Eine Kombination von Fisch- und Muschelzucht in der marinen Aquakultur kann negative Efekte teilweise ausgleichen: Muscheln fltern durch eingebrachte Nährstofe stärker wachsende Algen aus dem Wasser und können so Überdüngungsefekte reduzieren. Allerdings lagern sie so auch im Plankton angereicherte Schadstofe und zum Beispiel Antibiotika in ihrem Gewebe ein.

Quellen: Maribus (2013), FAO (2014)

011

Einleitung

Der Mensch…

…und das Meer Wie der Mensch die Meere stetig bedroht:

Wir profitieren von den Meeren und machen sie uns zunutze, als:

Wie wir zum Meeresschutz beitragen können:

Die Ozeane leisten einen großen Beitrag, sie sind:

nahrungsmittel-Lieferant Fisch, Algen und Muscheln stellen die Lebensgrundlage für viele Menschen dar.

Klimaregulator In ständigem Austausch mit der Atmosphäre steuern sie Wetter und Klima.

Klimawandel Konsum ändern

armutsbekämpfer In Entwicklungsländern ist Fisch oft die einzige erschwingliche Proteinquelle.

energie- und rohstofflieferant Von Erdöl bis zur Nutzung von Offshorewindenergie.

Verschmutzung

Mehr recycling, weniger Plastik

Lebensraum Sie schaffen biologisches Gleichgewicht durch komplexe Nahrungsketten.

Weniger cO2-ausstoß

industrialisierung

cO2

cO2 cO2

arbeitgeber Bis zu 12 % aller Erwerbstätigen weltweit hängen von der Fischindustrie ab.

Weniger Fisch essen

Schu t z UN T ER

Überfischung

20 %

Klimaschützer Sie erzeugen eine »Pufferwirkung« durch die Aufnahme von CO2 und Wärmeenergie.

sauerstoffversorger Sie wandeln unser CO2 um und produzieren unter anderem Sauerstoff.

O2

cO2

Ziel

Mehr schutzgebiete

Transportweg Milliarden von Waren werden jährlich über die Ozeane verschifft.

Medikamente-Lieferant Aus dem Meer gewonnene Stoffe stellen die Grundlage für einige Medikamente dar.

erholungsoase Die Strände und Küstenregionen sind beliebtes Freizeit- und Urlaubsziel.

Quelle: HBS (2017)

stabilisator Mithilfe von biologischer Vielfalt sorgen sie für stabile Ökosysteme.

Kinderstube Korallenriffe sind ein sicherer Ort für Fortpflanzung und Artenvielfalt.

Küstenschützer Mangroven schützen die Küsten vor Erosion und Überschwemmungen.

Der Kollaps wird uns nicht im Schlaf treffen, das heißt, der Ozean kippt nicht plötzlich um und stirbt. Das passiert schleichend. Im Bezug auf klimatische Veränderung spricht man auch von sogenannten Kipppunkten. Wenn zum Beispiel der Säuregehalt der Meere im Jahr 2100 wirklich 170 Prozent höher sein sollte als zu vorindustriellen Zeiten, würde es zu einem Massensterben führen, das wir uns gar nicht vorstellen können. Gleichzeitig befürchtet man, dass die Meere sich durch den erhöhten CO2-Ausstoss bis 2050 so stark erwärmen, dass sämtliche Korallen absterben. Wenn man so will, stehen wir um kurz vor 12 an der Klippe und verhalten uns trotzdem noch so, als gäbe es endlose Ressourcen.

Dürfen wir uns auf ein weiteres Buch freuen?

Für die nächste Zeit habe ich mir eine Projektpause auferlegt.

Danach möchte ich mich etwas Positiverem zuwenden. Es wird zwar wieder um das Thema Umwelt gehen, doch diesmal möchte ich zeigen, welche erfolgreichen großen und kleinen Umweltschutzprojekte es bereits gibt – ein Mutmachprojekt sozusagen. Mir ist wichtig, den Menschen anhand von Beispielen zu zeigen, dass auch sie etwas bewirken können – unabhängig von Alter, Wissen oder Herkunft.

Ein Kurzfilm zum Buch: www.youtube.com/watch?v=z-

T ANNA KAROLINA STOCK

pimGD5qdQo&feature=youtu.be

F ANTHONY BOSQUET/ESTHER GONSTALLA

wavesmedia | 19

MAORI SYMBOLE Die Kultur der Ureinwohner Neuseelands ist einer der ältesten im Raum Polynesien und wie bei allen Naturvölkern sind Körperschmuck und Bemalung meist ein Ausdruck für körperliche Stärke, (Stammes-) Zugehörigkeit und familiäre Verhältnisse. Viele Tatoos enthalten die Symbole, die für die Natur stehen: Die Sonne und das Meer bestimmen den täglichen Ablauf vieler polynesischer Völker. Die Sonne im Tribal steht für Reichtum, Erhabenheit, manchmal auch für Herrschaft.

Das Meer ist in der Kultur der Maori mit dem Jenseits gleichzusetzen.

Daher wird es sowohl als Symbol des Todes als auch mit Leben und Nahrung verbunden, da das Meer ihre Hauptnahrungsquelle ist.

20 | waveswissen

HEI MATAU

HEI-TIKI

KORU

Ein aus Knochen oder Pounamu (einer neuseeländischen Jade) gefertigtes Objekt in der Form eines sehr stilisierten Angelhakens. Es symbolisiert Kraft, Land, Fruchtbarkeit und sichere Reise über das Wasser. Der „Hook“ verkörpert auch die grosse Bedeutung der Fischerei und wird von Maori-Frauen und -Männern als Taonga getragen (Bezeichnung für materielle und ideelle Kulturschätze).

Der erste Mensch in den Legenden der Nordinsel Neuseelands ist eine Frau. In anderen erschuf Täne (Gott des Waldes) zuerst einen Mann, Tiki, und dann eine Frau für ihn. In manchen Versionen der Westküste war Tiki selbst ein Sohn der göttlichen Eltern Rangi und Papa, Täne erschuf dazu die erste Frau.

In jedem Fall ist Tiki eng verbunden mit dem ersten Zeugungsakt.

Dies ist das Symbol für das sich entrollende Wedel des Silberfarns und steht für die Reinheit in dieser Welt, jedoch gleichzeitig als Identifikation mit Neuseeland. Traditionell wird es von den Einheimischen und ebenso vielen Nicht-Maori in Schnitzereien, Schmuckherstellungen und Tatoos, aber auch in Firmenbezeichnungen verwendet.

TA MOKO Die Gesichtsverzierung wurde früher mit Schab- und Kratzwerkzeugen aufgetragen, heute wird klassisch tätowiert. Die verschiedensten Symbole bezeichnen den sozialen Status (praktisch alle hochrangigen Maori-Männer und Frauen trugen Moko) oder auch Lebensabschnitte wie der Übergang ins Erwachsenensein. Meist aber beinhaltet es eine Art Code, der Aussagen über Herkunft und Rang des Trägers zulässt.

waveswissen | 21

WAVES STYLE BOOK

Le Caban Der Kulani The Pea Coat 22 | wavesstyle

DIE JACKE DER HELDEN Wer in der kühleren Jahreszeit stilvoll unterwegs sein will, zieht sich einen Caban über, oder einen Kulani, wie er an unseren Küsten heißt. Wie es sich für einen modischen Klassiker gehört, gibt es ihn heute in vielen Formen und Längen. Und trotz seines militärischformalen Ursprungs war er in seiner Geschichte auch immer Uniform von Rebellen und U ­ nangepassten.

Der Doppelreiher ist ein ­moderner Klassiker: ­praktisch, zu allem kombinierbar und wohl deshalb unbeirrbar auf Kurs in allen modischen ­Strömungen. Leinwandhelden wie Steve McQueen und Robert Redford tragen ihn so gern wie singende Enfants terribles à la Gainsbourg oder wie Frontman Liam ­Gallagher von Oasis. Selbst der stilbewusste ­Commander Bond geht auf Nummer ­Sicher und tritt seinem Boss M in der eleganten Ausführung des Marinemantels unter die strengen Augen.

heit zu tun. Caban soll vom sizilianischen „cabbanu“ abstammen, das wiederum arabische Wurzeln hat. Denn die Urform sollen W ­ üsten-Beduinen erfunden haben.

Sie trugen einen umhangartigen Baumwollmantel, der wesentlich leichter war als ­bisherige Mäntel. Deshalb nannte man dieses leichtere Kleidungsstück „Gaba“, was so viel wie „fehlend, abwesend sein“ bedeutet.

Von Piraten nach Europa ­gebracht, wurde der Gaba ab dem 15. Jh. von europäischen Fischern und Matrosen adaptiert.

Ebenso typisch für eine Legende: es ranken sich um den Caban, alias Kulani, viele verschiedene Versionen seiner Entstehung.

Niederländer, Franzosen, Engländer – wer hat’s ­erfunden? Mit Sicherheit waren es Seefahrer, von welcher Nation auch immer.

Fischer in der Bretagne trugen die Jacken ursprünglich im natürlichem Weiss der Wolle. Bei ihnen heisst er „Kap Gwenn“, was soviel wie „weisser Stoff“ bedeutet. Der ­geläufige französische Ausdruck „Caban“ hat ­direkt mit der vielgereisten Vergangen-

Auf holländischen Ursprung könnte die angelsächsische Bezeichnung „Pea Coat“ (oder Jacket, je nach Länge) hin. “Pijjekker” benennt der Niederländer eine grobe Wollart. Englisch ausgesprochen klingt der Wollname nach der heutigen Bezeichnung.

Vielleicht war es auch noch einfacher und die coolen “Pilots” (Lotsen) trugen diese Jacken, wenn sie Schiffe aus verzwickten Situationen in den sicheren Hafen manövrierten. Der P(ilot)-Coat war also das passende ­Outfit dieser Helden des Seefahrer-Alltags.

wavesstyle | 23

„Der Caban ist ein moderner Klassiker: Er ist praktisch, man kann ihn zu allem tragen und er kommt nie aus der Mode.“

Das funktionelle Stück mit der heroischen Aura stand auch den Midshipmen (­ Reefer) der Royal Navy gut und trat so anfangs des 18. Jahrhunderts seine militärische Karriere an. War der Mantel kurz wie eine Jacke, wurde er ­Reefer Jacket genannt.

Bald schon reiste die praktische Jacke über den grossen Teich und wurde ab 1881 zum festen ­Bestandteil der US Navy Uniform. In Deutschland wurde die Jacke Ende des 19.

Jahrhunderts von der Kieler Schneiderei «Berger & Colani» für die Kaiserliche Marine gefertigt und daher unter dem Namen Colani, oder eben auch Kulani, bei uns bekannt.

Blau und bequem

In seinen Anfangszeiten wurder der Caban von seinem Träger seetauglich ­gemacht.

Mithilfe eines speziellen Primers – bestehend aus Teer, Talg und Terpentinöl – wurde die Wolljacke wasserdicht gemacht. ­Dieser Zeit verdankt der Caban seinen Ruf als 24 | wavesstyle

funktionelle, warm haltende, wasserdichte Jacke. Der Caban war zu Napoleons Zeiten die traditionelle Seemannstracht (1853).

Seine besondere Form erhielt der Caban im Laufe des 18. Jahrhunderts: hüft- bis schenkellang mit einem breiten Kragen, schräge Taschen auf Hüfthöhe und eine doppelreihige Knopfleiste mit Ankern dekoriert von sechs bis acht Knöpfen. Die Doppelreihen-Verschlusstechnik war wohl durchdacht, denn sie ­erlaubte es den Matrosen, den Mantel in beide Richtungen zu schliessen, je nach Windrichtung.

Die Farben des Caban waren dunkel, zumeist schwarz oder ­marineblau. Bei der US Navy war das ­Dunkelblau genau definiert: Blue3346 hiess der Farbcode für den militärisch korrekten Auftritt.

Typisches Kennzeichen des Cabans sind seine Knopfmotive: ­stilecht sind Anker mit verschlungenem Tau in Bakelit. Die

Goldknopf-Version war nur den Offizieren vorbehalten, deren Modell hiess „Bridge Coat“ und wies auch Schulter-Epauletten für die Rangabzeichen auf.

C’est chic

Salonfähig für die Dame wurde der Cabanstil dank Yves Saint Laurent. 1962 defilierte das Goldknopf-Modell auf dem Pariser Laufsteg.

Die YSL-Version wurde rasch ein Hit unter den eleganten Pariserinnen wie Catherine Deneuve, der Muse von Yves Saint Laurent, und ihrer Schwester Françoise Dorléac. Doch die Weltumsegler-Jacke besass neben ihrer praktischen Seite noch ein zusätzliches Plus: den Duft von Freiheit, von Weite und Weltoffenheit. Und so traf man auch den unangepassten Serge Gainsbourg mit Sangespartnerin Jane Birkin im Caban an – das passende Outfit für das Skandalpaar des Stöhnehits “Je t’aime –moi non plus”.

Rebell-Ikone James Dean war ebenso im Caban unterwegs wie Actionpainter Jackson Pollock und Songwriter Bob Dylan. Beste Werbung für den textilen All­­rounder machten Leinwandhelden wie 1935 James Cagney mit einer extrem kurzen Version. Später trugen ihn Steve McQueen in “Canonboat on the Yangtse-Kiang” oder Robert R ­ edford in “Three Days of the Condor”. Wer also einen stilsicheren und ­zuerlässigen Schutz für kühle bis kalte Tage sucht, findet in einem guten Caban einen treuen und kombinierfreudigen Begleiter. ­Heldentaten inbegriffen.

sein. Hosenmässig geht alles, von Jeans zu gebügelten Flanelhosen, von Chinos bis zu weissen Jeans. Warum nicht?

Copyright Filmfotos THE SAND PEBBLES STEVE McQUEEN, RICHARD

Tabu sollten Holzfällerhemden und allzu elegante Schuhe sein. Eine Matrosenmütze sollte man nur tragen, wenn man wirklich in der Navy ist. Und die Wollmütze mit Ponpon ist stilistisch auch eher ein Fauxpas…

ATTENBOROUGH (1966) © 20TH CENTURY FOX / THE KOBAL COLLECTION QUANTUM OF SOLACE DANIEL CRAIG, DAME JUDI DENCH (2008) © COLUMBIA/DANJAQ/EON / THE KOBAL COLLECTION THREE DAYS OF THE CONDOR ROBERT REDFORD (1975)

Was passt zu ihm?

© PARAMOUNT / THE KOBAL COLLECTION

Als Kopfbedeckung passt bestens eine Wollmütze (Beanie), wie z.B. von G-Star oder Carhart.

Darunter trägt man T- oder Matrosen-Shirts, Jeans- oder Chambray-Hemden. Krawatte (siehe James Bond) kann, muss aber nicht

T REGINA DETJEN F WIKICOMMONS/ZVG

wavesstyle | 25

< Qualitativ hochstehende Modelle bieten Armor Lux und Saint James an – die französischen ­Modelle sind etwas länger geschnitten. www.armorlux.com www.boutique-saint-james.fr www.manufactum.ch

> Modische Variationen gibt es von einer grossen Anzahl von bekannten ­Herstellern wie­ Burberry, Hugo Boss, Valentino, G-Star usw.

Auch in engen (skinny) und kurzen Variationen.

WO GIBT ES IHN? < Wer es militärischer mag, kauft im Online-Shop von Schott’s NYC ein. Der auf Funktionsbekleidung spezialisierte US-Hersteller hat zwar nie offiziell seine Pea Coats an die Navy geliefert, aber seine Modelle sehen so aus wie. www.schottnyc.com Schließlich gibt es den Kulani auch im Hamburger Traditionsausrüster Steinmetz + Hehl www.steinmetz-hehl.de

26 | wavesstyle

BAVARIA NAUTITECH 46 FLY

MACHT JEDEN TÖRN ENTSPANNED. Konzipiert für Menschen, die das Reisen auf dem Meer lieben: die BAVARIA NAUTITECH 46 FLY. Mit einer großzügigen Flybridge, auf der man die Blicke schweifen lassen kann. Auch sonst bietet dieser Katamaran alles für entspannte Tage und Wochen. Maximaler Komfort trifft modernstes Design und bietet Raum für bis zu 8 Personen: Wählen Sie zwischen einer 3- und 4-KabinenVersion. Kommen Sie an Bord: www.bavariayachts.com

wavesmagazin | 27

28 | wavespeople

10 FRAGEN AN

PELLE PETTERSON Portraitiert von Jürg Kaufmann

Geboren 1942 in Stockholm. Als Starboot-Segler gewann er 1964 in Tokio olympische Bronze, 1972 die Silbermedaille.

1969 wurde er Weltmeister in der Star-Klasse, dreimal holte er sich den WM-Titel in der Sechser-Klasse. Er nützte seine Popularität und sammelte 6 Millionen Kronen für eine schwedische AC-Teilnahme. Er konstruierte die Herausfordereryacht, die er auch skipperte. Als Industriedesigner machte er sich auch in der nautischen Branche einen Namen.

Neben Segelbooten und –yachten sind besonders seine Entwürfe für die Marken Nimbus und Maxi bekannt.Erwähnenswert auch die C55 und der Schwedische Match Racer 40, den er mitsamt Transportcontainer entwickelte.

01

WAS WAR IHR ERSTES EIGENES BOOT? Ich begann auf dem klassischen schwedischen Juniorenboot Stjärnbåt

02

IHR LIEBSTER HAFEN? Kullavik in Schweden - weil dort mein Boot liegt.

03

WO SEGELN SIE AM LIEBSTEN? Mein Lieblingsrevier liegt direkt vor meiner Haustür: die schwedische Westküste und die Provinz Bohuslän

04

IHRE LIEBSTE HAFENBAR? Die befindet sich in Göteborg, es ist die Seglarkrogen an der Långedrag. Schöne Aussicht, gutes Essen, schöne Weine, was will man mehr?

05

MIT WEM WÄREN SIE GERNE EINMAL AN BORD? Mit meinem Sohn, aber das geht leider nicht – vor ein paar Jahren ist er viel zu früh von uns gegangen.

06

WAS WAREN SIE IM LEBEN VORHER? Ganz bestimmt ein Automobil-Designer

07

IHRE LEBENSWEISHEIT? Schau nicht zurück, die Zukunft liegt woanders

08

WELCHE CHARAKTERISTIKEN SCHÄTZEN SIE AN SEGLERN? Fairness und Teamgeist

09

WER WIRD DEN NÄCHSTEN AMERICA’S CUP GEWINNEN? Kein Zweifel: Artemis Racing aus Schweden

10

WASSERSPORT IST… Freiheit

wavespeople | 29

30 | wavespeople

Den Segler Pelle Petterson muss man nicht mehr vorstellen.

Er ist bereits zu Lebzeiten eine Legende und in seiner Heimat Schweden so etwas wie ein Nationalheld. Es sind nicht nur seine olympischen Medaillen, die unzähligen Welt- und Europameistertitel oder seine Werke

DER

als Designer, auf denen seine Bekanntheit basiert. Beim treffen mit ihm imponiert vor allem seine positive Einstellung, seine Freundlichkeit – und sein stetiges Streben nach Perfektion.

design-doyen Yachttest der Maxi RM 1200 in Palma de Mallorca. Ideale Bedingungen: Strahlend blauer Himmel, 12 Knoten Wind, keine Welle und mit an Bord der Designer selbst.

Man plaudert, scherzt und geniesst die Seele des Segelns auf Pelle’s neuster Kreation.

Dann überlässt man dem Designer für ein Foto das Steuer und der gute Mann verwandelt sich vom freundlichen Mitsegler in einen hochkonzentrierten Steuermann mit Tunnelblick. Er verschenkt keinen Zentimeter an Höhe, kitzelt das Letzte an Bootsspeed aus der Maxi-Yacht heraus.

Dieser Mann ist ehrgeizig und immer auf der Suche nach dem Besseren. Als Industriedesigner kann er auf eine umfassende Anzahl von Projekten zurückblicken. Motor- und Segelyachten, Besteck, Geschirr, Möbel,

Telefone, WC – es gibt fast nichts, was er nicht verbessert und neu in Form gebracht hat. Ein frühes Glanzstück war der Volvo P 1800, ein Sportcoupé, das noch heute zu den Ikonen des Automobildesigns gehört.

Gezeichnet vom jungen Pelle, der mit seinen 25 Jahren so jung war, dass Volvo den Designer anfangs geheim hielt. Er arbeitete damals bei der italienischen Designschmiede Frua, sein anonym eingereichter Entwurf begeisterte den Volvo-Vorstand. Als man erfuhr, wer der Designer war, hatte man bei Volvo ein Kommunikationsproblem. Die sinnlich-südlichen Linien des P1800 sollten vom Reissbrett eines skandinavischen Designers stammen? Petterson, der sich später auch im Ralleysport auf einem NSU Prinz versuchte, hätte gut beim Autodesign

bleiben können, denn bereits sein Vater hatte während der Prohibitionszeit der US-Polizei geholfen, deren Autos für die Jagd auf Alkoholschmuggler schneller zu machen – mit Motoren, die mit Knallgas liefen.

Rund 200 Boote stammen aus seiner Feder, er hat zahlreiche Designpreise abgeholt, sein Lebenswerk wurde bereits 2004 von der Königlich Technischen Hochschule Stockholm ausgezeichnet.

Dabei war er längst noch nicht fertig mit seinem Schaffen. So erhielt er 2010 den königlichen Orden für herausragende Leistungen im Segelsport und als Designer.

Und nochmals fünf Jahre später sitze ich neben dem wachen Achtzigjährigen auf der hohen Kante seiner neusten Kreation.

wavespeople | 31

Petterson am heimischen Reissbrett Waves: Pelle, hast du neben den Serienbooten auch One-Off-Yachten entworfen?

stoff gebaut, gehörte sie dank Serienfertigung zu den preiswerten Booten.

Und da sie natürlich auch ziemlich gut segelte, wurde sie schon bald zu einem absoluten Erfolgsmodell.

Petterson: Ja klar. Die Gebrüder Bassani hatten bei mir eine Regattayacht bestellt.

Luca hatte im Anforderungskatalog auch die Bootsfarbe festgelegt: Ferrari-Rot. Als ich das Boot am Genfersee auslieferte, fuhr Luca Bassani mit seinem Ferrari vor und kontrollierte am Steg, ob es auch wirklich der Originalfarbe entsprach.

Ich habe gelesen, Du warst schon als Junge ein angefressener Skifahrer?

Das stimmt und ich bin es immer noch.

Skifahren, und früher sogar Skispringen, gehört neben dem Segeln zu meinen Hobbies. Deshalb wurde die Pelle-PettersonKleiderkollektion, die meine Tochter Cecilia kreiert, zuerst für den Skisport konzipiert.

Arbeitest Du mit Computer und 3D-Designprogrammen?

Ich zeichne noch viel von Hand. Mein Assistent digitalisiert dann die Zeichnungen und erstellt daraus die Konstruktionspläne.

So lassen sie sich auch nachträglich viel einfacher ändern und ich kann bis zum Schluss an Verbesserungen arbeiten.

Seit mehr als 40 Jahren zeichnest Du die Maxi Yachten. Irgendeine spezielle Erinnerung?

Als meine erste Maxi Yacht 1971 präsentiert wurde, gab es nicht nur Komplimente. Die meisten fanden das Boot eher hässlich 32 | wavespeople

(lacht). Damals mussten Yachten schlank sein und einen niedrigen Aufbau sowie lange Überhänge haben. Meine Maxi 77 war eher kompakt und hoch.

Klingt nach ziemlich viel Platz unter Deck?

Genau. Sie hatte sogar einen Salon und ein WC, war also familienfreundich. Aus Kunst-

PELLE PETTERSON

Design des Volvo P1800.

1957

1964 Holt in Tokio die Olympia-Bronzemedaille im Segeln der Starboot-Klasse.

Weltmeister im Star.

Sein Nimbus-Motorbootdesign verhilft dem Boot zur Yacht des Jahres (1970).

Er konzipiert den Swedish Match Racer 40: Ein AC-Cupper im Pocketformat, der im Container transportiert werden kann.

1969

2004

1977 Er sammelt 6 Mio. Kronen für die schwedische America’s-Cup-Beteiligung.

Petterson konstruiert und skippert die Challengeryacht „Sverige“.

2015 Maxi 1200: Der neuste Wurf des unermüdlichen Designers.

wavespeople 33 wavepeople | 15

Gibt es noch anderes für Dich neben Segeln und Skifahren?

Golfspielen! Dieser Sport fasziniert mich bereits seit ich 11 Jahre alt bin. Ich bin zwar nur ein mittelmässiger Player geblieben, dafür spiele ich liebend gern auf den schönsten Golfplätzen rund um den Globus und auch in der Schweiz. Das Masterturnier in Verbier ist immer ein Highlight der Saison.

Segelst Du noch Regatten?

Nein, das überlasse ich den Jüngeren. Ich habe eine Maxi 1300, mit der ich quasi vor der Haustüre ablegen kann. Die neue Maxi

34 | wavespeople

RM 1200 ist auch dank den Erfahrungen mit meinem eigenen Boot entstanden, ich segle auch gerne allein. Mein Lieblingsgebiet ist die Inselwelt der Schären, da muss ich nicht weit segeln und es ist immer abwechlsungsreich.

Ein sportlicher Erfolg, auf den Du sehr stolz bist?

Ich war mit 12 Jahren schwedischer Meister im Seifenkistenrennen!

PS: Einen Volvo P 1800 hat Petterson übrigens nie bessessen…

Hast Du eigentlich auch etwas für Dich selbst entworfen?

Ja, um mein persönliches Golf-Handicap zu verbessern: einen Putter zum Einlochen.

Eine echte Einzelanfertigung nach meinen Plänen.

T STEFAN DETJEN F PELLE PETTERSON/ZVG

sophis&cated superb superior – a class on it’s own

www.seriousyachts.ch

INVICTUS 370 GT

Mit ihrem italienischen Charme und dem modernen Design haben die Sportboote von Invictus den Markt in kurzer Zeit erobert. Waves konnte dem Topmodell 370 GT vor Mallorca auf den Zahn fĂźhlen.

36 | wavesmotor

Love You Tender

M

an nehme das Know-how einer erfolgreichen Werft (wie Aschenez, die im süditalienischen Borgia Superyachten und Sportboote fertigt), einen Designer mit viel Geschmack und guten Ideen (wie dem aus Parma kommenden Christian Grande) und fokussiere sich auf eine Produktgruppe: Mit diesen Zutaten ist es Invictus Yacht gelungen, sich innerhalb von drei Jahren als Hersteller qualitativ hochwertiger Sportboote auf dem Markt zu etablieren.

Die ursprüngliche Geschäftsidee des Werftbesitzers Rosario Alcaro und Designer Christian Grande war, sportliche Tender für Super­­ yachten zu bauen, um mehrere Personen zu befördern und auch einmal kernig durch die Buchten zu düsen. Für die auffällig hübsch geschnittenen Boote wurde bewusst der untere und mittlere Größenbereich bis elf Meter ausgewählt. Dabei ist es den Italienern gelungen, in kurzer Zeit eine breite Palette an Booten auf den Markt zu bringen, die in fünf Modellreihen aufgeteilt sind: vom Einstiegsmodell 190 FX mit knapp über sechs Metern bis hin zu den neueren Booten wie die 240 SX oder die 370 GT mit stattlichen 11,4 Metern. war eingeladen, das Topmodell im Rahmen des Best of Boat Awards auf Mallorca in Porto Adriano zu testen.

wavesmotor | 37

BELLA FIGURA

Der negative Steven am Bug, der erst kurz unter dem Anker nach hinten abfällt; die geschwungene Seitenwand, die das 3,4 Meter breite Boot viel voluminöser aussehen lässt; die dunkel abgesetzten Kabinenfenster und die Entlüftungen des Motorraums, die harmonisch in die Seitenwand integriert sind: Die 370 GT ist ein wahrer Hingucker!

Bei den Rumpffarben stehen vier Varianten

38 | wavesmotor

zur Auswahl: Vanilla Sea ordern rund drei Viertel der Käufer, gefolgt von Attack Gray (wie unser Testboot) sowie Dark Wood und Personal White. Das Testboot, das übrigens von einem Österreicher erworben wurde, ist mit einem optionalen Carbon-Hard-Top ausgestattet, das mit den Alustützen nicht einmal 100 kg auf die Waage bringt. Die Mittelstrebe vorne ist der Stabilität geschuldet und stört nicht wirklich die Sicht nach vorne. Über eine großzügige Badeplattform gelangt man an der Backbordseite vorbei an der achterlichen Sonnenliege zum mittig platzierten Steuerstand mit drei Sitzen, der eine sehr gute Übersicht über das Boot bietet. Zwei große Garmin-Monitore liefern alle gewünschten Infos, die diversen Schalter und Knöpfe für Bugstrahlruder und Trimm sind in guter Griffnähe.

Ein Trittbrett unter dem Steuerstand ermöglicht eine gemütliche Sitzposition bei längeren Fahrten und gute Stabilität bei rauer See. Unter genau diesen Bedingungen bietet die verstärkte Umrandung der Wind-

Invictus 370 GT Länge ü. a.

11,4 m

Breite max.

3,4 m

Gewicht

6’900 kg

Zuladung

1’250 kg

Personen 10 Höchstgeschwindigkeit Motor

43 kn

2x300 cv Volvo Penta

Kühlschrank Inhalt

200 l

Tankinhalt

900 l

Frischwasser

180 l

Material Fiberglass Design

Christian Grande

Werft

Cantieri Aschenez

Preis netto ab

€ 319.000.–

IINVICTUS Importeur für Deutschland bodenseenautic busse GmbH Ph. +49 (0) 7533 80 30 997 post@bodenseenautic.de

schutzscheibe perfekten Halt. Gleich hinter den Sitzen des Steuerstandes befindet sich die Wetbar mit Herdplatte, Wasch­­becken und viel Stauraum darunter, in dem auch leicht ein zusätzlicher Kühlschrank Platz finden könnte. Die Sitzecke mit dem Tisch dahinter bietet bis zu acht Personen Platz.

Mit einem netten Detail wartet die achterliche Sonnenliege auf: Eine Fußstütze am Ende bietet auch bei höheren Wellen oder rasanter Beschleunigung festen Halt beim Sonnenbad.

SCHÖN SCHNELL

Angetrieben wird die 370 GT von zwei Volvo Penta D4-Motoren mit je 300 PS, die das Boot bis auf gut 65 km/h beschleunigen. Die Wellen werden dank mehrstufiger Rumpfgeometrie sanft geschnitten, die „Unbesiegbare” liegt satt im Wasser. Kurze Richtungswechsel sind etwas träge, was aber auch mit dem schwergängigen Steuerrad zu tun hat.

Man gewöhnt sich jedoch schnell daran. Eng gefahrene Kurven meistert die 370 GT brav und liegt dabei sehr stabil im Wasser.

Für Yachties, die mehr Power wünschen, steht noch ein 370 PS starker Mercruiser-Motor im Portfolio, der dem Boot mehr Punch geben, aber die Performance insgesamt nicht wesentlich erhöhen würde.

wavesmotor | 39

3 FRAGEN AN CHRISTIAN GRANDE

oder die Key Largo-Modelle von Sessa.

Christian Grande, Chefdesigner bei Invictus Yachts. Er ist eigentlich Zivil-Architekt und Innendesigner, hat aber schon über 100 Boote designt. Wie zum Beispiel für San Lorenzo

Sie haben eine neue Motorbootmarke auf dem Markt etabliert …

Das war gar nicht so leicht, man beginnt quasi bei Null. Aber es hat Spaß gemacht, viele Dinge völlig neu anzudenken und eben anders umzusetzen. Ohne die Erfahrungen der Werft Aschenez hätte das nicht so toll funktioniert.

Was war ihre Vision für die Marke?

Wir haben versucht, ein Produkt auf den Markt zu bringen, das sich in puncto Optik deutlich von den Mitbewerbern abhebt.

Erstmals auch Design-orientierte Boote mit bis zu elf Metern Länge. Das ist uns gut

gelungen, zudem arbeiten wir ausschließlich mit hochwertigen Materialien und bieten clevere Detaillösungen. Primär wollen wir ja auch höchste Qualität verkaufen – es geht uns nicht um hohe Stückzahlen, sondern um qualitativ hochwertige Boote im gehobenen Preissegment.

Was ist in der Zukunft werftseitig von Invictus zu erwarten?

Einige Ideen sind bereits in der Umsetzung.

So wird es beispielsweise eine kleinere Version der 370 GT geben und auch noch eine etwas Größere, die 420 GT. Über ElektroAntrieb denken wir derzeit nach, da braucht es aber ebenfalls noch neue Ansätze.

„Die Zutaten wurden perfekt gemischt, herausgekommen sind edle Boote mit Top-Fahrleistungen.“ Links vom Steuerstand geht es hinunter in die Kabine, in der vier Personen verteilt auf Bug und dem Raum unter dem Steuerstand schlafen können. Eine Designer-Nasszelle mit Toilette und Dusche ergänzt das Angebot, das das Boot zum eleganten Weekender macht. Gleich neben dem Niedergang befindet sich ein aufgeräumtes Elektro-Schaltpaneel mit den wichtigsten Anzeigen für Batterie, Wasser, Licht und dem Fusion-Radio. Über drei angenehm breite Stufen auf beiden Seiten gelangt man auf die geräumige Bug-Sonnenliege, wo auch der Ankerkasten zu finden ist (bedingt durch die Buggestaltung sieht man beim Ankern nicht, wie viel Kette gefallen ist, das kann aber laut Invictus-Techniker über eine digitale Anzeige am Display gelöst werden).

Hier fällt der farblich abgestimmte und gepolsterte Übergang von der Liegefläche zum Steuerstand auf, wo das Invictus-Logo (mit Schild, das an die Kreuzritter erinnern soll, und dem Wappen von Parma, der Heimatstadt von Designer Christian Grande nachempfunden ist) und die Typenbezeichnung sehr prominent platziert sind. Die beiden Edelstahl-Lautsprecher sind nicht nur hinsichtlich Sound von bester Qualität,

40 | wavesmotor

sondern heben sich auch im Design sehr gefällig vom Mainstream ab.

Boote mit Top-Fahrleistungen”, sagt Andreas Buße von bodenseenautic, Invictus-Händler für Deutschland.

EDLE MISCHUNG

Invictus-Yachten haben vieles gemeinsam: Speed, edles Material, Spitzenverarbeitung, das Walk-around-Konzept sowie die unverkennbare Handschrift von Designer Christian Grande. „Diese Zutaten wurden perfekt gemischt und herausgekommen sind edle

T BERND HOFSTÄTTER F INVICTUS, BERND HOFSTÄTTER

VERTRAUEN SIE DER WELTWEITEN

GARANTIERTES EINKOMMEN AUF DER MOORINGS 433PC: bis 9% pro Jahr

NR.: 1 IN SACHEN YACHTEIGNERPROGRAMM GARANTIERTES MONATLICHES EINKOMMEN Sie erhalten jeden Monat ein fixes garantiertes Einkommen.

KEINE BETRIEBSKOSTEN Wir kümmern uns um Liegeplatzgebühren, Wartung und Versicherung.

PROFESSIONELLE WARTUNG Ihr Boot wird durch unser professionelles Team (ganz auf unsere Kosten) gewartet.

EIGNERNUTZUNG Sie können bis zu 12 Wochen pro Jahr auf Ihrer Yacht oder auf einem Schwesterschiff an unseren weltweiten Basen fahren.

FINANZIERUNG Ihr Moorings Berater präsentiert Ihnen die verschiedenen Optionen (Kaufoption, klassische Kredite, etc.) und begleiten Sie durchweg.

DAUER Unser Programm dauert 5 oder 6 Saisons je nach gewähltem Ziel.

Hier vereinen sich Qualität und Komfort.

Durch ausgezeichnete Fahreigenschaften und hervorragenden Service verbringen Sie die schönsten Wochen des Jahres auf diesem Boot!

www.yachteignerprogramm.de yachteigner@moorings.com +49 (0)6101 55 791 557

JEANNEAU 51

Cannes, die europäische Hauptstadt des Savoir-vivre: Das ist die passende Bühne für die Jeanneau Yachts 51.

La vie en rose und auch ein wenig bleu. Entspannt und sonnig ist das Leben, wie segeln mit einem großen Gennaker, quer durch die Bucht von Cannes, zwischen Théoule und den Iles des Lérins, bei schöner Brise.

GENIESSEN LEICHT GEMACHT 42 | wavesyacht

wavesyacht | 43

D

ie Cockpitpolster liegen draußen, Elektrowinschen erleichtern die Manöver, Getränkehalter in der Armlehne passen auf unsere Gläser auf wenn wir mal die Hände frei haben müssen zum Segeln. Warme Sonne, kühler Roséwein, frischer Wind. Schöner kann es nicht werden.

Das Boot segelt ohne zu mucken geradeaus und das gar nicht mal so langsam. Totale Zufriedenheit an Bord. Verschwenderischer Platz auch unter Deck. Ein schwimmendes, durchaus gut segelndes Apartment. Gemacht für ein anspruchsvolles Paar, das nur ab und an auch mal Kinder oder Freunde mit an Bord nehmen möchte.

Dass Janneau auch anders kann, zeigt die französische Werft, die in diesem Jahr ihr 60. Jubiläum feiert, mit der Sun Fast Reihe.

Und das von diesen schnellen Regattaboten auch etwas auf die Fahrtenyachten abfärbt, kann nur von Vorteil sein. Jedenfalls an Deck. Natürlich wissen die Entwickler und Designer bei Jeanneau, wie es dort aussehen muss, damit auch ein Schiff dieser Länge, immerhin 15,38 Meter, von ein bis zwei Personen sicher und einfach gesegelt

44 | wavesyacht

werden kann. Die Schotwinschen sind gut positioniert, auch von der Steuerperson erreichbar. Die Steuerstände selbst sind optimal, bieten besten Überblick, die Bänke sind gerade eben breit genug, dass man auch mal zu zweit dort sitzen kann – wenn man sich mag. Das Cockpit vor den Steuerpulten und innerhalb des Sülls bleibt frei von Fallen, Schoten oder Streckern, die etwas weite vorne auf dem Cockpitsüll stehen, vor sich jeweils eine Reihe Fallstopper. Sauber gelöst und so, dass man sich auch beim Segeln genüsslich auf den eingangs erwähnten Polstern räkeln kann, ohne irgendwie im Weg zu sein. Besonders einladend in dieser Hinsicht sind die zwei „Sessel“, beiderseits des Niedergangs, wo man sich herrlich hinein „verkeilen“ kann und das Geschehen ringsum zwar hautnah, aber auch ohne irgendwem im Weg zu sein verfolgen kann.

Dieses Cockpit funktioniert bestens, auf See und beim Segeln ganz genauso gut, wie vor Anker oder im Hafen. Der große Tisch in der Cockpitmitte hat auch noch Platz, um die Rettungsinsel und einen Außenkühlschrank aufzunehmen, abgesehen von den erwähnten Winschen stören keine Leinen.

Die Großschot verläuft vor dem Niedergang auf dem Kajütsdach und wird, beidseitig, zu den Hauptwischen bei den Steuerständen geführt. Für das Großsegel ist ein In-Mast Furling Standard, was hier durchaus Sinn macht. Der Baum befindet sich so hoch, dass er beim Segeln keinerlei Gefahr darstellt.

Aber nach dem Segeln kommt man ohne Akrobatik eben auch nicht wirklich gut heran, um das Segel aufzutuchen. Und das das Schiff hauptsächlich für eine Zweiercrew konzipiert ist, wurde das Rollgroßsegel eben von vornherein als Standard vorgesehen. Konstrukteur Philippe Briand hat für langsame Schiffe nicht viel übrig und dass Rollsegel, bei gleicher Mastlänge wie ihre durchgelatteten Gegenstücke durchaus für Leistungseinbußen sorgen, ist nicht nur ihm bekannt. Also wurde hier gleich ein etwas höherer Mast spezifiziert, um das auszugleichen. Das ist natürlich der Vorteil, wenn man vom Rollsegel als Standard ausgeht und das durchgelattete Großsegel als Extra anbietet, wie hier, statt, wie sonst oft üblich, andersherum. Dazu gibt es ein 110-Prozent Vorsegel als Kreuzfock, was gleich viel mehr Power gibt als eine, ebenfalls erhältliche, Selbstwendefock.

Das Deck ist klar und aufgeräumt. Lobenswert ist die stabile Schanz, die zusätzliche Sicherheit vermittelt. Die voluminösen Fender verschwinden nach dem Ablegen in Stauräumen im Buig und achtern unter den Steuerbänken. Hier gibt es noch eine Eigenheut der Jeanneau 51: Diue ausklappbare Terrasse über dem Meer. Tatsächlich ist dies viel mehr, als nur der übliche, ausklappbare Spiegel, hier sind sogar zwei Sonnenliegen fester Bestandteil der Bade-Terrasse. Dies ist eine wunderbare Fläche, vor Anker, aber auch im Hafen um sehr bequem über das Heck an und von Bord zu gelangen. Dank der Fernbedienung kann man das Heck sogar verschließen, wenn alle an Land sind, und wieder vom Steg aus Öffnen wenn die Crew zurück kommt.

Machbar war dies, weil die Entwickler bei Jeanneau der Idee widerstanden, auf einem Schiff dieser Größe schon unbedingt eine Dinghigarage im Heck unterzubringen.

So können das Cockpit und die Terrasse entsprechend tiefer liegen; andererseits gibt es auch deutlich mehr Platz in den Achterkabinen unter Deck. Doch wohin nun mit dem Beiboot? Ganz traditionell in Davits

am Heck. Wobei, so ganz traditionell geht es auch hier nicht zu. Herkömmliche Davits sehen meist ziemlich brachial aus, müssen sie doch besonders stabil sein. Hier entschied man sich für die ebenso festen, doch wesentlich graziler und eleganter wirkende, ausziehbaren Davits.

Unter Deck erwartet uns ein heller, moderner Lebensraum. Die „Jeanneau Yachts“-Reihe, die derzeit vier Modelle von 15 bis 20 Meter Länge umfasst, bietet auch hier schon mehr Luxus und Auswahloptionen als die einfacheren Sun Odyssey Schiffe. Allerdings, da diese 15-Meter Yacht eigentlich für nur für ein Paar gemacht ist, gibt es sie auch nur in zwei- oder dreikabinen-Versionen. Diesen Ansatz kennen wir auch von Motoryachten: Eine sehr luxuriöse Eignerkabine und eine, oder zwei, kaum weniger behagliche Gästekabinen: Die Gäste, ja meist Freunde oder Geschäftspartner des Eigners, sollen schließlich nicht in der Backskiste wohnen.

Ob man, als Paar, wirklich eine 51-Fuß Yacht benötigt ist freilich eine Frage, die uns hier nichts angeht und die jeder für sich entscheiden muss, aber angesichts eines gewissen Trends zum Downsizing wirkt

dies geradezu erfrischend hedonistisch und unorthodox.

Da passt es ins Bild, dass das Interieur von Andrew Winch entworfen wurde. Zu Beginn seiner Karriere, in den frühen Achtzigerjahren, hat er einige mutige und wegweisende Einrichtungen für Nautor entworfen, seither ist er eher bei den Superyachten zuhause.

Interessant also, was er hier einbringt, nämlich ein zwar einerseits traditionelles Layout, aber andererseits mit vielen cleveren und praktischen Details und Stylingelementen. Vor allem, wen wundert es bei der Schiffsgröße, gibt es viel Licht und Luft und Raum. Sowie so schöne Dinge wie einen „Hauswirtschaftsraum“ für Waschmaschine, Trockner und andere Gerätschaften. Oder, dies ist immerhin eine französische werft, einen Weinkeller in der Bilge, also trockne Stauräume mit Flaschenhalterungen, gut zugänglich durch leicht zu öffnende Bodenbretter, oder auch Körbe für weiteren Stauraum. Allerdings passt es nicht ganz zum Stil, dass die Bodenbretter einfach verschraubt sind und die Schraubenköpfe wiederum einfach sichtbar an der Oberfläche stecken.

wavesyacht | 45

JEANNEAU 51 Länge ü. a.

15.38 m

Rumpflänge

14.98 m

Rumpfbreite

4.70 m

Verdrängung leer

14400 kg

Dieseltank

240 l

Wassertank

640 l

Kabinen

2/3

CE-Kategorie Preise

A12 / B14 / C16 / D16 Ab 335.937 Euro inkl. MwSt

Jeanneau Alle Jeanneau-Händler in Deutschland unter www.jeanneau.de

Dafür sind die Kabinen ausgewachsen und vorbildlich. Die Eignerkabine im Vorschiff hat ein Inselbett auf der Schiffsmittellinie, viel Stauraum und ein eigenes Bad. Aber auch die zwei Gästekabinen achtern sind wirklich nicht beengend, mit viel Höhe über den Betten und ebenfalls viel Platz und Stauraum.

Der Rumpf wird von Hand laminiert, massiv, also ohne Sandwichkern, was die thermische Isolierung nicht unbedingt verbessert.

Das Deck hingegen wird in zwei Formen im Vakuum-Infusionsverfahren gebaut, fest und leicht und mit glatten Innenflächen.

Insgesamt ist das Wohnambiente hier an Bord bemerkenswert angenehm und vermittelt durchaus schon das Feeling eines noch größeren Bootes.

Währenddessen segeln wir weiter unseren Kurs in der Bucht von Cannes. Der Speed ist in Ordnung, wenn auch nicht Rekordverdächtig – aber dies ist ja auch eine komfortable Fahrtenyacht, wo man auch das Wohnen an Bord genießen kann. Auch bei leichter Brise wenden wir durch knapp neunzig Grad, wobei es etwas Zeit braucht bis das Schiff nach der Wende wieder auf Geschwindigkeit ist. Kein Rennschiff, wie gesagt, aber sehr einfach zu segeln und allemal schnell genug, um die Meilen auch einer längeren Passage zuverlässig abzuspulen.

Vor allem aber ist sie hier in ihrem Element, an diesem schönen Sommertag vor Cannes.

46 | wavesyacht

T DETLEF JENS F GILLES MARTIN-RAGET

THOMAS COVILLE, PROFESSIONAL SAILOR AND OCEAN ADVENTURER

HELLY HANSEN CATWALK

Scandinavian Design is the cornerstone in all Helly Hansen gear. The optimal combination of purposeful design, protection and style. This is why professional athletes, patrollers and discerning enthusiasts choose Helly Hansen.

HELLYHAN SEN . CO M

JEANNEAU - JUBILÄUM

60 JAHRE

INNOVATION Die Geschichte der französischen Werft Jeanneau ist gleichzeitig auch eine Reise durch die Yachtbaugeschichte von 1960 bis heute – in der Zeit also, in der die größten Innovationen stattgefunden haben und noch immer stattfinden. Die Werft von Henri Jeanneau war stets dabei, wenn es um mutige

J

Neuentwicklungen geht, produzierte und produziert vor allem aber auch viele wirklich bewährte und solide Motor- und Segelboote.

eanneau ist Trendsetter, schon immer gewesen. Während alle anderen noch mühsam aus Holz ihre Boote bauten, fing man an der französischen Atlantikküste schon mit einem neuen Werkstoff an – GFK. Aus der Geschichte der Werft

Jeanneau lässt sich auch ein Stück Bootsbaugeschichte

ableiten – weil die Werft immer schon ein so breit gefächertes Programm an ganz unterschiedlichen Booten gebaut hat, wie noch heute: Segel- und Motorboote, dazu, zeitweilig in einer speziellen Werft, auch Hi-Tech Rennyachten allermodernster Bauart.

Technik faszinierte ihn, ebenso wie alles, was schnell war: beispielsweise Flugzeuge oder Motorräder. Seine Berufung entdeckte er vielleicht eher nebenbei: Henri Jeanneau war einer der ganz großen Pioniere des Kunststoff-Bootsbaus. Die Segelboote aus den frühen Jahren der Werft gelten heute als Klassiker. Begonnen hatte jedoch alles mit einem kleinen, schnellen Motorboot, dass er sich, noch aus Holz, 1957 in der Werkstatt des Vaters baute um an den „Sechs Stunden von Paris“ teilzunehmen, damals dem wichtigsten Motor-

48 | wavesmagazin

bootrennen Frankreichs. Im Rennen schlug er sich wacker, lag auch eine Weile vorn, doch Jeanneaus wahre Begeisterung galt eher dem Bootsbau an sich. Dennoch, oder vielleicht gerade deswegen, war sein erstes Boot ein solcher Erfolg, dass die Dinge ihren bekannten Lauf nahmen. Mehr und mehr Leute wollten sich ein Boot von ihm bauen lassen. Henri Jeanneau, als Techniker und Tüftler stets innovativ und Neuem gegenüber immer aufgeschlossen, interessierte sich gleich von Anbeginn für den Kunststoffbootsbau. Das erste Kunststoffboot laminierten er, sein Werkstattleiter und die beiden Ehefrauen in nur einer Nacht. Seitdem gab es für Jeanneau, den Mann und seine Werft, kein Halten mehr.

Schon bald bauten Henri Jeanneau und seine wenigen Mitarbeiter drei Motorboote in der Woche. Das Modell war ein Rundspanter, als Form diente jeweils ein Boot aus Holz und das Deck war noch ganz klassisch aus Holz. Bald danach entstand dann die Mirage, das erste Boot, welches ganz aus Kunststoff gefertigt wurde. Nun konnten hunderte von Boote aus einer einzigen Form gebaut werden.

wavesmagazin | 49

Die frühen Segelboote

Getragen von der Begeisterung der Franzosen für das Segeln, vor allem dank Eric Tabarly, der 1964 völlig überraschend das OSTAR Einhand-Atlantikrennen gewonnen hatte, entschloss Henri Jeanneau sich bald auch dazu, Segelyachten in Serie zu fertigen. Er trug seinen Teil dazu bei, dass Segeln endgültig zum Volkssport wurde – durch das kleine Kajütboot „Alizé“, vor allem aber mit seinem Erfolgsmodell „Sangria“ von 1967, von der an die 3000 Stück gebaut wurden.

Die „Sangria“, entworfen von Philippe Harlé, brachte Jeanneau damals an die Spitze beim Bau von Serienbooten. Harlé segelte schon als Kind, war als 17-jähriger als Segellehrer zur legendären Segelschule auf den Iles des Glénans gekommen und entwickelte dort die Ideen für seine Entwürfe. Sein erster Entwurf, der nur 6,50 Meter lange Sperrholzkreuzer „Muscadet“, wurde ein riesiger Erfolg. 1979 segelte Harlé nur zum eigenen Vergnügen auf einer „Muscadet“ das Mini-Transatlantikrennen mit und wurde prompt vierter. Da war sein zweiter großer Wurf, eben die von Jeanneau gebaute „Sangria“, schon eine etablierte Bootsklasse. Übrigens war Philippe Harlé auch ein Genießer und Weinkenner und benannte alle seine Entwürfe nach Weinen oder anderen alkoholischen Getränken…

auch, wie man zwischen den Wettfahrten frisch gefangene Makrelen am Strand grillt. Ein richtig französisches Barbecue! Heute hat das ja auch der Rest der Welt entdeckt… Aber ich erinnere mich auch daran, wie wunderbar das Boot war. Das erste richtige Segelboot von Jeanneau, und dann gleich so ein guter Entwurf!“ Der erste Kabinenkreuzer

Das beliebteste Familienmotorboot jener Zeit war die 1965 eingeführte „Amazone“, ein sechs Meter langer Kabinenkreuzer mit Außßenbordmotor, natürlich aus GFK in Serie gebaut: Dies war einer der ersten kleinen Kabinenkreuzer überhaupt. Mit diesem Boot wurde bei Jeanneau auch die dann später übliche V-Form des Vorschiffs erstmals eingeführt, die zu einem trockneren und bequemeren Fahren führen sollte. Bald folgten weitere Motorboote, für damalige Verhältnisse außergewöhnlich war die elf Meter lange „America“, die 1972 vorgestellt wurde. Das Schiff setzte Maßstäbe in Sachen Komfort und Raumangebot und legte in gewisser Weise das Fundament, auf dem, Jahrzehnte später, beispielsweise der Erfolg der Jeanneau Prestige Motoryachten aufgebaut wurde.

Legendäre Gin Fizz

Die 7,60 Meter lange „Sangria“ jedenfalls hatte einen Nerv der Zeit getroffen. Bruno Troublé, erfolgreicher Regattasegler, Erfinder des Louis Vuitton Cup und jahrelang Drahtzieher hinter den Kulissen des America’s Cup, erinnert sich wehmütig an seine jungen Jahre und das knuffige Boot: „Als ich damals die Sangria segelte, lernte ich

50 | wavesmagazin

Der nächste Meilenstein wurde zunächst 1976 erreicht, mit der Einführung der Segelyacht „Gin Fizz“. Wieder eine wirklich innovative Yacht, die vor allem durch ihr enormes Raumangebot neue Maßstäbe setzte. Dennoch verfügte und verfügt dieser Typ auch über sehr gute Segeleigenschaften. 2010 segelte die damals 14-jährige Laura Dekker

mit ihrer „Gin Fizz“ alleine um die Welt. „Ich liebte meine Gin Fizz für ihre Seetüchtigkeit und weil sie so einfach zu segeln war und weil es Spaß machte“, sagte Laura später. „Mein Boot und ich haben uns perfekt verstanden!“ Die Rennyachten

Ein anderes aufregendes Kapitel der Werftgeschichte begann in den 1980er Jahren, als Fleury Michon, die größte Firma der Region Vendée in der ja auch Jeanneau beheimatet ist, die Werft bat, den Segler Philippe Poupon zu sponsorn. Der brauchte einen neuen Hochseerenner für ein Transatlantikrennen, doch bei Jeanneau zögerte man – die Werft hatte genug damit zu tun, die Wünsche ihrer Kunden nach komfortablen Familienschiffen zu erfüllen. Doch dann stellte Fleury Michon den Segler und Rennbootsbauer Jean-François de Prémorel bei Jeanneau vor, und die Chemie stimmte sogleich.

Einmal mehr trat die innovative Seite der Werft in den Vordergrund, de Prémorel wurde angeheuert um das Projekt eines neuen Fleury Michon Extremrenners zu managen und dazu gründete man gleich eine neue Firma: Jeanneau Techniques Avancées (JTA) begann 1983 und baute in den folgenden Jahren an die 50 bemerkenswerte, und erfolgreiche, Hochseerenner, vor allem gigantische Trimarane und Katamarane, in modernster Hi-Tech Bauweise. Die hier gewonnene Technologie fand natürlich auch Eingang in die Serienproduktion „normaler“ Boote bei Jeanneau.

Noch eine Erfolgsgeschichte begann bei JTA. 1985 wurden hier die ersten Lagoon-Katamarane gebaut, zunächst für den Chartermarkt, dann zunehmend auch für private Eigner. Lagoon gilt heute als meistverkaufter Katamarantyp überhaupt, diese Boote der ersten Generation sind heute gesuchte und hoch geschätzte Klassiker. Erst als 1986 die Beneteau-Gruppe auch Jeanneau übernahm, wurde die Katamaranproduktion zur ebenfalls zu Beneteau gehörenden CNBWerft in Bordeaux verlegt.

Neben dem Kernprogramm aus praktischen Familienbooten und luxuriösen Fahrtenyachten blieb man bei Jeanneau auch immer den „schnellen Wurzeln“ verbunden. Ein weiteres Beispiel dafür ist die Sun Fast Reihe erfolgreicher Offshore-Regattayachten. Begonnen hatte dies 2008 mit einem Boot für die populäre „Transquadra“ Regatta, für Amateursegler über 40, die mit Mannschaft und auf Serienbooten ihre eigene Atlantikregatta segeln. Und die dafür entworfene Sun Fast 3200 fand schnell ihre Fans und wurde quasi zum Standard für die Transquadra und viele andere Offshore-Regatten. Von diesem Erfolg beflügelt, brachte Jeanneau 2013 noch die vielseitige und sehr schnelle Sun Fast 3600 heraus, die sich seither vielfach auf den unterschiedlichen Rennen bewährt und etliche Siege eingefahren hat.

Der Standard: Sun Odyssey

Im Bereich der Segelboote ist jedoch die Reihe der Sun Odyssey Yachten heute die wichtigste Modellreihe. Eingeführt wurde sie bereits in

wavesmagazin | 51

den Achtzigerjahren, als solide und moderne Fahrtenyachten, auch für den damals rapide wachsenden Chartermarkt. Das Flaggschiff war lange Zeit die SO 45.2, die in den Jahren von 1997 bis 2003 etwa 600mal gebaut wurde – bemerkenswert für ein Schiff dieser Größe. „Die Sun Odyssey verkörpert bei Jeanneau die Perfektion im Segeln.

Entworfen zum Familiensegeln, blieben die folgenden Generationen immer elegant, vielseitig und zuverlässig, während der Komfort und die innovativen Ideen an Bord stets zunahmen. Die aktuelle, achte Generation ist der lebende Beweis dafür!“, sagt Philippe Briand, international bekannter Yachtkonstrukteur, der seit 1978 mehr als 60 Segelyachten für Jeanneau entworfen hat. Im Falle der Sun Odyssey ist es schon fast eine Liebesgeschichte unter Seglern, die zwar beständig ist, die sich aber doch auch immer weiterentwickelt.

Für 2018 gibt es eine Reihe neue Features bei der Sun Odyssey 440 und der Sun Odyssey 490. Dazu wird es bald ein lang erwartetes Einsteigermodell, die neue Sun Odyssey 319 von zehn Meter Länge geben. Kompakt, aber mit ähnlichen Ansprüchen an Komfort, Segelspaß und Zuverlässigkeit.

Diese jüngste Generation dieser legendären Fahrtenyachten, entworfen von Philippe Briand und Jean-Marc Piaton, wurde vor allem im Hinblick auf Sicherheit und Komfort konzipiert. Die Decks sind frei begehbar, ohne Hindernisse, und die Cockpitsülls geradezu revolutionär – die hohen geschützten Lehnen lassen sich im Hafen oder vor Anker ganz einfach zu einer Erweiterung der Liegefläche umwandeln. Die Seitendecks sind nach Achtern bis zu den Steuerständen abschüssig, so dass man ohne Kletterei von dort an Deck

52 | wavesmagazin

und wieder zurückkommt. Auch die Wanten sind so angeordnet, dass man an Deck gut durchkommt: Die Oberwanten ganz außen an der Bordkante, die Unterwanten sind jedoch weit innen an Deck befestigt um den freien Durchgang nach vorne zu ermöglichen.

Vielseitig auch der feste Cockpittisch, in dem sich ein herausnehmbares Kühlfach und ein ebenso portables Barbecue befinden: Beides lässt sich an Bord nutzen oder, für das Picknick am Strand, mit an Land nehmen.

Von den Segeleigenschaften her sind die neuen Sun Odyssey Yachten klar auf Höchstleistung getrimmt. Ein markanter Knickspant über der Wasserlinie für Formstabilität und eine geringere benetzte Fläche unter Wasser, Doppelruder für stets perfekte Kontrolle, ein Bugstrahlruder zum Einziehen beim Segeln, ein kräftiges und großzügiges Rigg, der hydrodynamisch optimierte Kiel und der integrierte Bugspriet für Anker und Gennaker sprechen eine deutliche Sprache.

Unter Deck ist das Ambiente zeitgemäß großzügig und von angenehmer Wärme, dank der klug durchdachten und liebevoll ausgeführten Einrichtungen voll cleverer Ideen: Ein wandelbares Sofa, eine Pantry mittschiffs, ein wirklich großer Kartentisch mit mehreren Plätzen, um nur einige zu nennen. Es ist wirklich erstaunlich, wie sich ein solch bewährtes Schiff immer noch wieder optimieren lässt.

wavesmagazin | 53

Innenborder und Außenborder

Merry Fisher 1095

Gleiches gilt für die Motorboote von Jeanneau. Wie in einem großen Labor hat Jeanneau während der ersten 30 Jahre experimentiert und entwickelt, mit neuen Materialien, neuen Rumpfformen, neuen Funktionen der Boote für deren Eigner. Dieser kreative Ansatz ist heute immer noch vorhanden. Bei den Motorbooten geht es dabei zum Beispiel um eine möglichst kluge Kombination von Boot und Antrieb. Dazu arbeitet man bei Jeanneau auch konstant an der Verbesserung der Rümpfe und auch an der Einrichtung; bei gleichbleibender Bootsgröße ist hier das Bestreben, energiesparsame, Raum ausnutzende, modular entworfene Boote zu produzieren. Das betrifft Boote mit Innen- und Außenborder gleichermaßen, wobei neue Technologien, wie Pod-Motoren, mehr Raum an Bord und neue Möglichkeiten beim Design schaffen. Diese andauernde Suche nach dem optimalen Verhältnis von Gewicht zu Power zu Komfort ist wohl der Kern des Erfolges der Jeanneau Motorboote, besonders deutlich wird dies an der neuen Merry Fisher 1095 und der NC33: Ein virtuoser Innovationszyklus.

Das neue Flaggschiff der bekannten und bewährten Merry Fisher Serie wird jetzt die Merry Fisher 1095 sein, die alle Vorteile des Außenbord-Antriebes perfekt nutzt. Bis jetzt schien es unmöglich, ein Boot von über zehn Meter mit Außenbordern zu fahren, doch hier ist es möglich. Das Konzept verspricht einfaches Fahren und höchste Leistung mit zwei Motoren von jeweils maximal 300 PS an einem Rumpf, der genau für diese Art von Antrieb entworfen wurde.

Ein gut und sicher begehbares Seitendeck mit hoher Schanz, bis zu drei Kabinen plus Salon im Steuerhaus und große Schiebetüren aus Glas sind nur einige der besonderen Merkmale dieses Bootes.

54 | wavesmagazin

NC33

Die neue Serie NC wurde 2011 eingeführt und ist bis heute einzigartig auf dem Markt. In diesem neuen Konzept werden die besten Einflüsse skandinavischen und mediterranen Designs miteinander verbunden. Vor allem aber sind diese Yachten entworfen, um das Leben an Bord auf einer Ebene zu genießen und dabei auch perfekte Ausblicke nach draußen zu bieten.

Das jüngste Boot dieser Innenborder-Reihe ist die NC33. Das Boot mit der Terrasse auf dem Wasser, einem großen Cockpit auf einer Ebene mit dem Salon, aber auch mit direktem Zugang zur Badeplattform und dem Wasser. Der Wohnbereich ist lichtdurchflutet, dazu gibt es zwei große Doppelkabinen. Die Seitendecks sind auch hier geschützt und sicher begehbar und über dem Salon und Fahrstand befindet sich ein großes Glas Schiebedach. Mit anderen Worten: Echtes Savoir-vivre auf dem Wasser.

Das allerdings könnte man ganz zutreffend über alle Jeanneau Boote und Yachten sagen. www.jeanneau.de

by designboats.ch

Kompromisslos sportlich, elegant … und voll elektrisch!

powered by

WWWW.DESIGNBOATS.CH

wavesmagazin | 55

Der

Weg ist das

Ziel

56 | wavesmagazin

D

ie Surfer Philipp und Marlena zog es natürlich immer ans Meer, schon mit ihrem alten Volkswagen T2 Bus, einem Klassiker immerhin. Wie es dann zum nächsten Schritt kam, beschreibt der damalige Architekturstudent Philipp so: „Während unserer Reisen mit dem Bus habe ich wirklich erkannt, was ich unterwegs möchte und was ich brauche. Man braucht wenig, um glücklich zu sein. Zurück in der Uni wurde die Sehnsucht, mit meinem Bus zurück ans Meer zu fahren, immer überwältigender.

Der einzige Ausweg war es für mich, meine Liebe zum Reisen und meine Kreativität als Architekturstudent zu verbinden. So schrieb ich dann meine Abschlussarbeit über das Thema: Wohnmobile – Zuhause unterwegs.

Daraus entwickelte sich denn auch das Konzept eines demontierbaren Aufbaus für Lieferwagen. Der Aufbau enthält die wichtigsten Dinge, die man beim Reisen benötigt; fast wie das berühmte Schweizer

Land Cruising – das muss gar nicht so ganz anders sein, als das Reisen zu Wasser: Die Reise ist das Ziel und überall, wo der Camper steht (oder der Anker liegt), ist ja bekanntlich das Zuhause... denn egal, ob auf Rädern oder dem Wasser, die Idee ist es, die eigene Unterkunft stets dabei zu haben. Schon im späten 19 Jahrhundert wurde die Idee der mobilen Behausung gedacht, die es dem Reisenden ermöglicht, fast überall zu übernachten und ein erhebliches Maß an Unabhängigkeit zu genießen.

Armeemesser: Alle Teile auf ihre essentiellen Elemente reduzieren und damit dann alle notwendigen Funktionen zu bieten.“ „Als ich meine Abschlussarbeit geschrieben hatte, wurde ich immer öfter gefragt, ob ich meinen Entwurf denn auch bauen würde; einige meiner Freude waren sogar so begeistert, dass sie am liebsten selber solch einen Camper gehabt hätten. Klar, dass ich das Projekt nun auch realisieren musste!“

fortsetzen zu können. Wir entdeckten Orte, von denen wie nie geglaubt hätten, so etwas zu finden. Morgens im Bus aufwachen, die Tür öffnen und das wunderbare Meer sehen, im Sonnenaufgang. In einer Gemeinschaft mit Menschen leben, welche die gleichen Interessen und Leidenschaften verbindet.

Das ist unglaublich. Vor allem, weil wir das alles auch noch zu zweit erleben konnten – Reisen, im Bus leben und Surfen!“

Vorher jedoch gingen Philipp und Marlena noch einmal ausgiebig auf Reisen, in ihrem alten T2. Es wurde einige Monate, die sie an den Küsten von Portugal, Spanien und Frankreich verbrachten. „Unser Weg führte immer direkt ans Meer“, erklärt Philipp. „Wir brauchen ja auch die Wellen zum Surfen.

Ich liebe diese Art des Reisens. Immer in der Natur, dabei interessante Menschen treffen und doch auch immer die Möglichkeit haben, die Reise jederzeit einfach

wavesmagazin | 57

Dann aber ging es irgendwann doch daran, den eigenen Entwurf eines etwas anderen Campers zu bauen. Schnell stellte sich die Frage nach dem geeigneten Material, denn zu schwer durfte die Konstruktion nicht sein: Holz wiegt ja ziemlich viel und die meisten Lieferwagen haben eine begrenzte Zuladung.

Als Surfer hatte Philipp nicht nur die Verbindung zum Wasser, sondern kannte auch einen Tischler, der mit Bootsbaumaterialien

58 | wavesmagazin

vertraut war. Denn auch hier kommt es ja immer wieder auf das bestmögliche Verhältnis von Festigkeit und Isolierung auf der einen und Gewicht auf der anderen Seite an.

So entschlossen die beiden sich, den Aufbau aus DuFLEX Balsaplatten zu bauen, die genau die gewünschten Eigenschaften mitbrachten: „Mit diesem Material wurde der Camper Wetterfest, stabil und leicht!“ Diese strukturellen Sandwichplatten bestehen aus einem Kern, in diesem Fall aus Balsa-Hirnholz, sowie jeweils zwei Lagen Epoxy-Lami-

nat. Die Haltbarkeit wird noch durch eine zusätzliche Lage Epoxidharz verstärkt, die nach der Montage aufgebracht wird. „Um den Holzcharakter zu erhalten, entschloss ich mich zu einer Klarlackierung“, berichtet Philipp. Außerdem entwickelte er seinen Entwurf weiter, damit er auf verschiedenen Typen von Lieferwagen passt.

Dann ging es an die praktische Umsetzung.

Das verlief ganz nach dem Motto „learning by doing“, aber zumindest konnte Philipp seinen Camper in einer Tischlerei bauen und bekam dort viel Hilfe. Dabei entwickelte er nach und nach ganz neue Fähigkeiten und war dennoch heilfroh, als der Rohbau fertig war – doch nun ging es an die Details: Wie die Fenster und klappen einbauen, dass sie auch Wasserdicht sind? Welche Art von Regalen und Schränke sind am besten

geeignet? An welchen Stellen genau müssen all die Beschläge angebaut werden?

Nach vielen Höhen und Tiefen stand der „Kahloa Camper“ endlich auf seinen vier Rädern: „Es ist unglaublich, etwas wachsen zu sehen und am Ende mit den eigenen Händen kreiert zu haben, was man so lange vorher geplant hat“, sagt Philipp. Und: „Das Beste daran ist, dass ich nun jedes Teil und jede Schraube in- und auswendig kenne, so dass ich den Camper, sollte es nötig sein, jederzeit ganz alleine reparieren kann!“

Die ersten Reise mit dem Kahloa Camper verliefen glücklich: 112 Tage und fast 10.000 Kilometer. Und schon werden die nächsten Reisen geplant…

Info über Material und Bau: www.vonderlinden.de

wavesmagazin | 59

KORSIKA

60 | wavestravel

„Leinen los“ ist einer der schönsten Befehle, den ich gebe. Vom Heck kommt die Bestätigung in doppelter Ausführung: Siamo liberi! Leinen klar, also keine Gefahr für die Schiffschrauben, aber auch im doppelten Sinne: wir sind frei! Gleiches Prozedere auf dem Vorschiff, wo die Skipperfrau die Mooringleine versenkt. Langsam schiebt sich unser Mahé 36 Katamaran von Fountaine Pajot aus der Box, genießerisch langsam verlassen wir die Marina von Solenzara an der Ostküste in der Mitte von Korsika.

wavestravel | 61

Yacht Katamaran Mahé 36 Evolution von Fountaine Pajot. Das Eignerschiff von Dream Yacht Charter war unser perfektes Transportmittel, unsere Ferien- und Badeinsel.

Musik I Muvrini heisst eine korsische Gruppe um die Brüder Bernardini, die seit den Achtzigerjahren mit polyphonischen (A-capella-Gesang) Songs unterwegs sind.

Experimentierfreudig und offen für andere Einflüsse standen sie bereits mit vielen unterschiedlichen Kollegen (Sting, Stephan Eicher, Renaud, Sarah Brightman usw.) auf der Bühne und nahmen erfolgreiche Hits auf. Das hat ihnen zwar etwas Kritik von puristischen Korsen eingebracht, aber der Erfolg und ausverkaufte Konzerthallen geben ihnen Recht. Jeden Sommer touren die Muvrini durch Korsika und durch den “continent” (mit Konzerten auch in der französischen Schweiz). Dank ihrer Popularität geben sie ihrem gesellschaftskritischen und politischen Engagement eine stärkere Wirkung. www.muvrini.com

62 | wavestravel

D

amit ist unser erster Wunsch in dieser Woche bereits in Erfüllung gegangen: gleich nach dem Einchecken auslaufen. Wer das Gewusel an den Charterbasen kennt, weiß, dass dies nicht immer der Fall sein kann. Aber unsere Familiencrew hat bereits auf dam Anfahrweg eingekauft, die Übernahme verlief reibungslos, der Katamaran mit Baujahr 2013 ist gut im Schuss und ohne Schaden.

Fender und Gangway haben wir ganz unten verstaut, denn wir haben uns ein zweites Ziel auf die Fahne geschrieben: wir wollen keine Marina oder Hafen anlaufen, sondern nur in Buchten ankern. Die Idee dazu entstand während der Woche zuvor, die wir an Land in einem Ferienhaus im Norden Korsikas verbrachten. Was als Slow downing und Akklimatisierung gedacht war, entwickelte sich bald zu einer langweiligen Baderoutine. Sehnsuchtsvoll starrte die ganze Familie auf die weißen Segel, die am Horizont vorbeizogen. Wir waren den Sonnenschirmen, dem bunten, aber lauten Strandgewusel und den Autotransfers vom und zum Strand ziemlich überdrüssig. Genug der Zuvilisation, jetzt hieß es Kurs Süd auf einsame Buchten und ungebundenes Piratendasein!

Was für ein Leben

Etwas mehr als eine Stunde später gräbt sich unser Anker auf dem sandigen Grund der Anse de Favone ein. Motoren aus… Stille herrscht. Wir genießen die Langsamkeit des Bordlebens, unser Kat ist unserer kleine Welt. Apéro, Abendessen, der Anblick der Bucht verändert sich ständig im Abendlicht. Vor dem letzten Drink noch schnell den Wetterbericht für die nächsten Tage prüfen: grand beau, régime de brise. Die Nacht bricht herein, nach etwas Sternegucken, dann geht es ab in die Kojen, wo wir von einer butterweichen Dünung sanft in den Schlaf spediert werden.

Am nächsten Morgen dann die nächste Challenge: wir haben uns vorgenommen, den Tag frühmorgens mit einem Sprung in türkisfarbiges Wasser zu beginnen. So treffen sich Herr Lindt und Frau Sprüngli (alias Herr und Frau Skipper) an Deck und zelebrieren ihr Ritual.

Anse Favone: Farbtest Türkis erfüllt. Und das Schöne daran: weit und breit keine Quallen, die hatten uns nämlich das Badevergnügen während der ersten Woche im Norden etwas getrübt.

wavestravel | 63

Wein Korsischer Wein bietet ein paar ganz feine Tröpfchen. Unsere Lieblinge (ob weiß, rosé oder rot) kamen fast allesamt aus dem Patrimonio-Anbaugebiet im Daumen der Insel. Von den acht Weingebieten wurde Patrimonio als erstes mit de AOC-Gütesiegel ausgezeichnet. Nielluccio, die dominierende Rebsorte, wird mit roten Sciaccarellu verschnitten, das ergibt den lokaltypischen Roséwein. Empfehlens- und probierwert sind Lazzarini, Orenga de Gaffory , Leccia und Montemagni.

Sehenswert Wenn man Segeltörn das Wetter nicht mitspielt, Korsika hat mehr zu bieten als nur Strand und Meer. Wer sich für die frühe Geschichte interessiert, findet auf der Insel mit ihren Menhiren, Dolmen und Castelli eindrückliche Zeugen der Megalithkultur.

Korsikakenner Martin Lendi bietet auf seiner Website viel Informatives. www.paradisu.de

Celui q n’est j

Laisser faire, laisser aller

Eine einzige Woche Segelferien mag kurz erscheinen, doch wenn man in einem Revier kreuzt, wo lohnenswerte Anlaufpunkte nahe beieinander liegen, kann man das Ganze locker angehen. Man darf sich nur nicht zu einer allzu ambitiösen Routenplanung hinreißen lassen.

Natürlich hätten wir es theoretisch bis Capo Testa (an der Nordwestecke von Sardinien) und zurück geschafft, aber wer will sich schon stressen? Der Wind bestimmte unsere Route, unsere Faulheit die Tagesetappen. Wir lassen selbst Porto Vecchio und Bonifacio links (auf der Seekarte rechts) liegen und verzichten auf diesem Törn auf die absoluten Must-See-Stops.

Viel lieber widmen wir uns der Ostküste und nehmen Buchten unter die Lupe, die wir nur vom Vorbeisegeln kannten. Das Wetterglück ist mit uns, die ganze Woche über herrscht ein “Régime de brise” über der Schwarzkopf-Insel, wir machen so manchen Schlag von der Küste weg und freuen uns, wie munter unsere Gecko IV (ein Mahé Katamaran von Fountaine Pajot) unterwegs ist. Gegen Ende des Nachmittags steuern wir die Bucht von Santa Giulia an, nicht unbedingt ein Geheimtipp – aber auch hier erleben wir unser blaues Wunder. Das Bojenfeld im Südteil der Giulia-Bucht liegt über türkisfarbigem Wasser, in Schwimmweite lockt ein pittoresker Steingarten mit rund geschliffenen Felsformationen vor dunkelgrüner Vegetation – mit etwas Fantasie wähnt man sich auf den Seychellen.

Nach dem morgendlichen Spring- und Farbtestritual gönnen wir uns ein Petit déjeuner auf der Veranda des Moby Dick Strandhotels, gefolgt von Dinghy-Discorvery der felsigen Uferzone. Schwimmen, dann auf dem Netz von Gecko Sonne tanken – so hatten wir uns das vorgestellt. Trotzdem geben wir der Versuchung nicht nach, noch eine weitere Nacht zu bleiben und setzen nachmittags unseren Bummeltrip in den Süden fort.

G t

Es kommt noch schöner

Damit die weitere Beschreibung der Schokoladenseiten von Kalliste (die “Schöne”, so nannten die Griechen Korsika) nicht monoton wird, gebe ich auch ein paar Enttäuschungen zu Protokoll. Die Bilderbuchtbucht der Rondinara hatte unsere hochgeschraubten Erwartungen nicht erfüllt. Zu umtriebig, Zuvielisation, zuviele Strandbars – als ich das letzte Mal dort war, standen nur ein paar Kühe am Strand herum. Zugegeben, dass ist wirklich schon eine ganze Weile her… Plastik und Abfall in der Cala Giunco werfen einen Schatten auf die ansonsten tadellosen Iles Lavezzi.

iCh kön mit ve auGen am du

64 | wavestravel

ui retourne jamais parti I Muvrini

Ghjè avà Chì tuttu s’inizia I Muvrini

nnte korsika erbundenen uft erkennen Napoleon I.

wavestravel | 65

Wandern WAVES-Tipp für Wissenswertes rund um Korsika: Korsika MM-Wandern. Das korsische Gebirge und die ausgedehnten grünen Nadel- und Kastanienwälder können glücklicherweise auch in Tageswanderungen entdeckt werden. Die 35 Vorschläge von Christoph Berg reichen vom gemütlichen Familienspaziergang bis zur anspruchsvollen Gipfelbesteigung auf fast 3000 m. Strandwanderungen gehören ebenso dazu wie die Besteigung des höchsten Inselbergs Monte Cinto.

Die Routen führen zu geheimnisvollen Geisterorten, spektakulären Wasserfällen, glasklaren Bergseen, vorbei an erfrischenden Badegumpen, durch tiefe Schluchten und liebliche Täler, über Schneefelder und schmale Grate.

Und mit etwas Glück begegnet man sogar wilden Pferden und Bergziegen.

Berg, Christoph, 168 Seiten plus Karte (Leporello), 2. Auflage 2016, farbig ISBN 978-3-95654-339-5.

Einfach auf www.literaturboot.de bestellen.

66 | wavestravel

Der beste Ankerplatz, Cala Lazzarina im Süden der Insel, ist am Wochenende hoffnungslos überfüllt. Auch unter der Woche liegt man dicht an dicht, trotzdem findet ein “Local“ oder ein kreativer italienischer Skipper noch eine Liegemöglichkeit, die einem CCS-Ausbilder den Angstschweiß unter die Arme treiben würde. Wir erwischen für unsere Lavezzi-Nacht den Vollmond und messen abends mit dem Handlog 30 Zentimeter mehr Wassertiefe, als wir bei unserer Ankunft ein paar Stunden vorher unter dem Kiel hatten. Frühmorgens haben wir die Strände dieser einzigartigen, unter naturschutz stehenden Insellandschaft ganz für uns.

Bevor die Touristen mit den Ausflugsbooten ankommen, machen wir unsere Fischskulptur aus Schwemmholz fertig, streifen durch die Insel und schnuppern den Duft von Lavendel, Myrte, Ginster, und Thymian.

Und wir gedenken den 773 Opfern des Schiffsunglücks des Dreimasters «La Sémillante», die im Februar 1855 auf ihrer Reise zum Krimkrieg auf den südlichen Klippen strandete. Die wilden Lilien des Strandes haben längst Einzug in den ummauerten Friedhof gefunden und verschönern die Gräber der Soldaten, die nie an ihren Einsatzort ankamen. Seltsames Schicksal, wenn man dem Tod schon früher begegnet als auf dem Schlachtfeld. Und die Krim-Halbinsel steht ja 160 Jahre später schon wieder im Brennpunkt.

Dass die Klippen selbst mit modernsten Navigationsmitteln immer noch eine Gefahr darstellen, hören wir zurück an Bord via Funk. Die Motoryacht “Look at me” setzt einen Notruf ab, sie sitzt auf den Felsen. Über den Leuchtturm Lavezzi wird die CrossMed alarmiert, die später den Havaristen in Sicherheit bringt.

Wir lichten wenig später den Anker und segeln Richtung Norden. Einkaufen ist angesagt, die Bordvorräte speziell der korsische Roséwein gehen zur Neige. Auf der Privatinsel Cavallo, wo sich bereits die Römer ihre Granitsteine besorgten, wollen wir einkaufen gehen. Getreu unserem Motto “No harbour” steuern wir jedoch nicht die Marina an, sondern laufen die Cala Palma an der Ostseite der Nobelinsel an. Die Bucht ist von XXL-Villen gesäumt, die diskret versuchen, sich in der Landschaft und Vegetation wegzuducken. Per Dinghy geht es ans Land, nach einem kurzen Spaziergang betreten wir den kleinen Laden am Hafen. Das süße Shoppingerlebnis wird durch die gesalzenen Preise etwas gedämpft, aber der Besitzer hat nur die Sommermonate, um Kasse zu machen. Auch kämen die Insel-Vips wie Caroline von Monaco fast nie persönlich zum Einkaufen vorbei und wer weiß, wer sich seinen Proviant sogar via Privatflugzeug einfliegen lässt. Denn die einzig bewohnte Insel des Archipels verfügt auch über eine Landepiste. Bei der Weinauswahl lasse ich mich vom Chef beraten, er hat viel Zeit und plaudert gerne. Er zerstört auch den Mythos der Eselssalami, die so typisch für Korsika sein soll. Alles nur die Schuld von Astérix und Obelix.

wavestravel | 67

Dort sei sie als korsisches Klischee aufgetaucht und halte sich jetzt hartnäckig wie eine urbane Legende. Esel seien in Korsikas unwegsamen Geländes als Transportmittel immer besonders wertvoll gewesen – viel zu wichtig, als sie zu Dauerwurst zu verarbeiten. Auch bei vielen Produits Corse sei Vorsicht zu genießen – das meiste würde speziell für die rund eine Million Touristen hergestellt – in modernen Industriebetrieben irgendwo “sur le continent”.

Unter einem tiefblauen Himmel kreuzt unsere «Gecko» mit vollen Laderäumen weiter Richtung Norden. Der Skipper analysiert verzweifelt die Seekarte, auf der Suche nach einer weiteren Bucht. Die Anforderungslatte der verwöhnten Crew liegt bereits so hoch, das ist schwer zu toppen. «Gecko» nutzt einen Winddreher an der Punta di u Capicciolu und segelt in den Golf von Santa Manza ein. Der Revierführer erwähnt die große Bucht nur am Rande.

Doch die beiden Superyachten, die weiter innen liegen, schüren Erwartungen. Denn auch dort sind anspruchsvolle Gäste an Bord. Hart für die dicken Pötte, aber so nah ans Ufer, wie wir mit unserem Cat kommen, das schaffen sie nur mit den Beibooten. Hinter jeder Yacht liegt eine ganze Flotte verschiedener Watertoys und eine aufblasbare Riesenrutschbahn vom dritten Yachtdeck aus gehört anscheinend zum “dernier cri” in dieser Kategorie.

Wir genießen den Luxus, unseren Anker vor der spektakularen Kulisse der weißen Kreidefelsen von Capu Biancu fallen zu lassen. Die Szenierie ähnelt der von Bonifacio, einfach ohne Stadt. Keine Häuser, keine Zufahrtswege, einfach nichts. Natur pur. Das Wasser ist unwirklich klar und transparent, fast möchte man es trinken. An Bord lockt die trinkbare Version, ein gepflegter Rosé aus dem Patrimoniogebiet. Das Glas beschlägt, ich lecke das Salz von meinen Lippen, der Blick schweift über die Bucht. Aus den Bordlautsprechern tönen die schwermütigen Songs der Muvrini. Oh Korsika… das geht ganz tief unter die gebräunte Haut.

T STEFAN DETJEN F REGINA DETJEN

68 | wavestravel

SIMPLY SUPERIOR

™

Die innovativen Axiom Multifunktionsdisplays von Raymarine definieren die Navigation an Bord neu. Mit einer schnelleren Performance, intuitiven Bedienung und richtungsweisender Technologie wird der Tag auf See zu einem unübertroffenen Erlebnis.

• Ausgestattet mit der neuen, schnellen LightHouse 3 Bedienoberfläche • Erhältlich mit integriertem RealVision™ 3D Sonar • Superschnelle Quad-Core Performance • 4-in-1 CHIRP Sonargeber für eine große Bandbreite • Robustes und schlankes Glass-BridgeDesign, passend für jeden Steuerstand

NEU Touch-Screen Multifunktionsdisplays in drei verschiedenen Displaygrößen erhältlich www.raymarine.de Foto: Courtesy SeaRay Abbildungen dienen ausschließlich der Illustration

GOLDEN GLOBE RACE

Einmal Rund, Retrostyle Wie wäre es wohl, einmal alleine nonstop um die Welt zu segeln – wie vor 50 Jahren? Ohne GPS, iPad und Internet? Susie Goodall hat sich vorgenommen, genau das herauszufinden.

70 | wavespeople

wavespeople | 71

72 | wavespeople

S

egeln ist ihr Leben. Schon seit sie drei Jahre alt war. Susie Goodall, 28, ist die jüngste und einzige weiblichen Teilnehmerin an einem epischen Rennen, das 2018 nach genau 50 Jahren zum zweiten Mal gestartet wird. Es geht ganz einfach einmal um die Welt, alleine und nonstop. Das ist an sich zwar immer noch eine gigantische Herausforderung an jede Seglerin, an jeden Segler, wäre heute aber vielleicht dennoch nicht weiter sensationell. Dies aber ist anders: Retro. Rau. Roh. Und: Romantisch.

Auf jeden Fall ohne die Samtverpackung aus moderner Technik, ohne die Seglerinnen und Segler in heutiger Zeit gemeinhin nicht mehr aufs Meer gehen, geschweige

denn alleine um die Welt. In, nach heutigen Maßstäben, kleinen Booten traditionellen Entwurfes, also eher schweren und nicht besonders schnellen Fahrtenyachten. Ohne Navigation per GPS oder Kartenplotter, ohne Radar und Satellitentelefon und AIS, ohne elektrische Winschen an Deck und Entertainmentsystem unter Deck und was nicht noch alles.

Es begann 1968. Zwei Jahre zuvor, 1966, war Francis Chichester zu seiner Weltumsegelung aufgebrochen: In nur 229 Tagen reiner Segelzeit umrundete er mit seiner Gipsy Moth V alleine den Globus, mit einem Zwischenstopp in Sydney. Der damals 28-jährige Marineoffizier Robin Knox-Johnston erkannte daraufhin ganz richtig, dass man diese Leistung nur noch durch eins toppen könnte: Eine Weltumsegelung, alleine, und nonstop. Chichester war auch durch die ausführliche Berichterstattung in der englischen Sonntagszeitung »Sunday Times« berühmt geworden. Jetzt nahm die Zeitung die Idee einer Solo-Nonstop-Weltumsegelung begeistert auf, legte noch eins obendrauf und machte daraus ein Rennen. Stiftete einen für damalige Verhältnisse hohen Geldpreis von 5000 Pfund und schon begannen etliche Segler, das verrückte Unternehmen zu planen. Ein solches Unterfangen, alleine und ohne Hilfe nonstop in einer kleinen Yacht um die Welt zu segeln, kam damals in seiner Ungeheuerlichkeit einer Reise zum Mond gleich – tatsächlich landete Apollo 11 auch erst im Jahr 1969 auf dem Mond.

wavespeople | 73

Der Rest ist Geschichte. Neun Segler starteten, nur einer schaffte es: Robin Knox-Johnston wurde zum ersten Menschen, der zumindest „offiziell“ alleine nonstop die Erde umsegelte. Sein ärgster Konkurrent, der Franzose Bernard Moitessier, segelte nicht ins Ziel, sondern stattdessen gleich eineinhalb Mal um die Welt, nämlich vom Kap Horn aus geradeaus bis in die Südsee weiter, noch einmal ums Kap der Guten Hoffnung herum, bis er endlich in Tahiti vor Anker ging. „Weil ich auf See glücklich bin. Und vielleicht auch, um meine Seele zu retten“, wie er es in einer per Katapult auf die Brücke eines Frachters geschossenen Nachricht der erstaunten Welt mitteilte. Jahre später scherzte Moitessier über sich selbst und sagte zu James Wharram, einem weiteren Pionier der Hochseesegelei: „Bei dem Gedanken, dass mich nach dem Sieg womöglich unser Präsident, General de Gaulle, geküsst hätte, ist mir Speiübel geworden. Da musste ich einfach weiter segeln!“ Nun startet die Neuauflage, 50 Jahre später.

Ein halbes Jahrhundert, in der sich die Welt, auch die Welt des Segelns, fundamental verändert hat. Dass Einhand-Weltrennen „Vendée Globe“ findet alle vier Jahre statt, dort segeln Profis in hochmodernen Booten mit Hightech Ausrüstung in atemberaubender Geschwindigkeit alleine und nonstop um die Welt. Ganz „normale“ Segler schippern jedes Jahr zu Hunderten um die Welt, mit Satellitennavigation, Internet und jeglichem Komfort an Bord. Doch die Ankündigung, noch einmal wie damals, unter den gleichen erschwerten Bedingungen, um die Welt zu segeln, löste eine große Resonanz aus. Warum traf dies, wo doch heute alles so einfach geworden ist, offenbar einen Nerv?

Die junge Seglerin Susie Goodall sagt dazu: „Ich bin ja sozusagen ein Millenium-Kind und habe diese Art von Abenteuer verpasst.

Ich wollte schon immer einmal um die Welt segeln, und ich liebe die Einfachheit her.

Langsam, in wirklich soliden, ozeantauglichen Booten und eben vor allem ohne viel Technik. Segeln ist mein Leben, das Meer ist mein Zuhause, hier fühle ich mich wirklich wohl. Ich weiß, dass es eine Art Fatal Attraction ist, die See kann so grausam und brutal sein, aber dennoch komme ich immer wieder zurück und will mehr. Du bist hier so

74 | wavespeople

unmittelbar in der Natur wie man es überhaupt nur sein kann und das liebe ich.“

Atlantik gesegelt und immer die richtigen Inseln gefunden!“

Dazu gehört für sie auch die Art, zu navigieren: „Ohne GPS um die Welt zu segeln, finde ich großartig! Ich habe schon viel astronomische Navigation gemacht, nach den Sternen seine Position und seinen Weg zu finden ist faszinierend und wunderbar. Wie überall im Segeln gibt es immer noch viel zu lernen und zu verbessern und das gilt auch für meine astronomische Navigation, aber ich habe in meinem Boot schon 8000 Seemeilen im

Gibt es denn überhaupt etwas, was ihr bei diesem Unternehmen Angst macht? „Ja, alles das, was außerhalb meiner Kontrolle ist. Mutter Natur kann sehr hart sein, außßerdem schwimmen im Ozean so viele Dinge herum, die dort nicht hingehören und die man nicht sehen, wohl aber rammen kann.

Es gibt heute auch so sehr viel mehr Schiffsverkehr, auch das beunruhigt mich, kann ich aber nicht ändern. Und das Wetter ändert

Grenzen des Alltags aufzuheben ist leicht, wenn man den Horizont vom Wasser aus betrachtet. Die Reflexion des Wassers erinnert uns daran, dass Leben Veränderung heißt. Und der feste Boden unseres Hauses sagt uns, dass ein Zuhause zeitlos ist.

Floating Homes – grenzenlos wohnen.

www.floatinghomes.de

sich. Schwere Stürme sind einfach häufiger geworden. Und es wird noch schlimmer.“ Das Boot, welches sie hat, ist dieser Herausforderung jedenfalls gewachsen. „Ja. Ich wollte eine Rustler 36 haben, weil die am oberen Ende der Skala dessen ist, was für das Rennen an Schiffsgröße erlaubt ist. Es gibt das bisschen mehr an Platz, an Stauraum und so weiter. Ich habe wie gesagt schon eine Rundtour um den Atlantik damit gesegelt und kenne das Schiff daher gut.

Nun wurde es noch einmal komplett überholt und auch an vielen Stellen modifiziert.

Der Mast ist jetzt durchgesteckt und steht auf dem Kiel und nicht, wie im Original, an Deck. Die Fenster habe ich zu laminiert und durch sehr kleine, stabile Bullaugen ersetzt.

Neue Schotten wurden eingebaut, die alten verstärkt, die komplette Elektrik erneuert, das stehende Gut, es sind unendlich viele Jobs, die am Boot zu tun waren und noch sind.“

76 | wavespeople

Das hört sich ja nach einem Vollzeitjob an, das Rennen bestimmt über eine längere Zeit dein Leben. Wie kann man das hinbekommen? „Ja, am Ende werde ich mich drei Jahre vorbereitet haben und dann erst starten – das ginge natürlich nicht ohne die Hilfe und Unterstützung der Familie und Freunde, aber auch nicht ohne meinen Sponsor DHL. Dies ist zwar ein Rennen, das man alleine segelt, aber man könnte es wohl kaum schaffen, alleine an den Start zu kommen.“ Dann hat sich das Rennen gegenüber dem Original doch geändert? „Sicher. Damals hieß es: Segele alleine um die Welt und halte nicht an. Das war’s. Heute gibt es schon viele Regeln und es ist auch nicht mehr so einfach für jeden zugänglich. Die meisten Teilnehmer mussten sich ein Boot für das Rennen kaufen, weil ja nur bestimmte Typen zugelassen sind. Damals nahmen Robin Knox-Johnston und andere einfach das Schiff, welches sie ohnehin schon hatten.

überhaupt noch, wenn wir keine gesunden Ozeane mehr haben?“ Susie, und nicht nur sie natürlich, wäre jedenfalls Heimatlos. Segeln ist, wie sie sagt, ihr Leben: „Das ist das, was ich mache!“ Bevor sie sich auf dieses Abenteuer einließ, arbeitete sie als Segellehrerin (schon als 17-jährige) und als Crew verschiedener Schiffe und Yachten. Am besten gefiel es ihr an Bord eines Expeditionsseglers, mit dem sie bis Spitzbergen, Grönland, Island war. Der Ozean, das ist sicher, liegt ihr am Herzen. Aber was könnte nach einem Rennen wie dem Golden Globe für sie denn überhaupt noch kommen? Susie lacht: „Ist doch klar. Das gleiche. Nur schneller!“ Könnte sie sich also auch eine Teilnahme an der „Vendée Globe Challenge“ vorstellen? „Ja“, meint sie, „das könnte ich. Wenn ich jemals die Gelegenheit dazu bekomme…“ Bis dahin wird sie nicht ganz so schnell um die Welt segeln. Etwa acht Monate rechnet sie als reine Segelzeit, alleine auf See, für das Golden Globe. Immerhin ist das schon schneller, als Robin Knox-Johnston. Der benötigte für seine Weltumrundung noch 312 Tage… www.goldengloberace.com

Jetzt ist es schon ein anderes Rennen aber ich sehe es als eine Art Hommage an das Original.“ Billig ist solch ein Unternehmen natürlich auch nicht. „Nein, man muss sich ja drei, vier Jahre lang damit beschäftigen und ein Einkommen haben. Dazu kommt der Bootskauf, plus Proviant und Ersatzteile, das ist ein Riesenbatzen Geld. Ich musste mir dafür einen Sponsor suchen. Man könnte es auch billig machen, sich vielleicht eine Nicholson 32 für zirka 20,000 Euro kaufen, dann muss man aber sich noch einmal mindestens 50,000 in das Schiff investieren und dann kommen alle anderen Ausgaben dazu, das werden am Ende dann auch 150,000 bis 200,000 Euro und das wäre ein sehr knappes Budget.“ Was hat sich noch geändert gegenüber damals? „Der Ozean selbst! Es ist herzzerreißend traurig und tragisch, all den Müll im Ozean zu sehen. Also ich von Antigua zurück

zu den Azoren segelte, sah ich unterwegs mehr Müll als irgendeine Form des Tierlebens. Es ist so viel schlimmer, als wir uns das an Land vorstellen können, weil wir es von hier aus nicht sehen. Es ist unbeschreiblich, tausende von Seemeilen vom Land und man sieht nur Müll! Aber was bleibt uns

T DETLEF JENS F DHL

wavespeople | 77

MARTINIQUE

Re g at t en, R um und R egen w ald Martinique ist ein kleines Stück Europa in den Tropen.

Aber auch eine faszinierende Insel mit geheimnisvollem Regenwald, exotischen Stränden, einer turbulenten Geschichte und viel versprechenden Zukunft.

U

nter dem Gejohle der Zuschauer werden die schmalen, doch mehr als neun Meter langen Jollen mit kräftigen Holzstangen ins Wasser geschoben, der Steuermann hält sich an sein Paddel, zwei Männer im Boot holen die Schot dicht, die anderen turnen herein, schieben die Stäbe in ihre Halterungen, klammern sich außenbords daran fest. Der Balanceakt kann beginnen, die Boote werden im frischen Passatwind schneller und halten aus der Bucht hinaus auf die Karibische See. Schäumende Gischt auf tiefblauem Wasser, dicht an dicht segeln die offenen Jollen mit ihren riesigen, fast quadratischen und knallbunten Spritsegeln, schmal und kippelig und verdammt schnell; wer auf dem Kurs nicht kentert hat schon halb gewonnen. Dies sind die Rennen der berühmten Yoles Rondes, die «runden Jollen», ein Zuschauerspektakel, im lokalen Fernsehen übertragen und in der Presse gefeiert und hoch gesponsert von Inselfirmen. Die Regatten dieser Boote finden im Sommer statt und sind Ereignisse, die von den Martiniquais leidenschaftlich gefeiert werden; die erfolgreichen Steuerleute sind auf Martinique berühmt: Félix Lagier, Frantz Ferjule, Gabriel Mélidor, Charles Exilie, Désiré Lamon sind solche Helden der Yoles Rondes, die auf ihrer Insel wie Stars verehrt werden.

Schon die Ureinwohner, die Indianer der Arawak, fischten in offenen Einbäumen. Gehauen waren diese aus einer speziellen Art des Gummibaums aus den tropischen Regenwäldern Martiniques, daher ihr

78 | wavestravel

Name: Gommiers. Diese Gommiers waren Jahrhundertelang in gebrauch und gelten als der Ursprung der Yoles Rondes. Denn auch in den Gommiers, die, anders als die «runden Jollen», einen abgeflachten Boden hatten um zumindest für ein Minimum an Stabilität zu sorgen, wurden während spezieller Festtage schon Rennen gesegelt.

Doch nach Jahrhunderten wurden die Gummibäume für diese Boote rar; die neuen Jollen werden von Bootsbauern aufwendiger gebaut und in Rundspantform; eben die Yoles Rondes.

Keine Insel ohne Seefahrer. Zwar waren die Arawak eher Bauern, lebten in dörflichen Kommunen und bauten Getreide und Süßkartoffeln an, doch die ersten Seefahrer kamen bald – und brachten nichts als Ärger. Erst die kriegerischen Kariben-Indianer, die vom Südamerikanischen Festland aus auf die idyllischen Inseln der Karibik kamen; dann zu allem Überfluss auch noch Kolumbus. Dessen Ankunft war bekanntlich der Anfang vom Ende der Indianer. Arglos boten die

Arawak den unbekannten Weißen noch an, ihre Waren mit ihnen zu teilen; keine hundert Jahre spanischer Conquistadora später waren sie, ebenso wie die Kariben, in der Karibik und anderswo auf dem Mittelamerikanischen Festland ausgerottet. Die meisten kamen in der Versklavung um, viele andere begingen aber auch angesichts einer immer aussichtsloser werdenden Lage Massensuizide. Da die Indianer als Sklaven ungeeignet waren – die Arawak für die unmenschlich harte Arbeit nicht widerstandsfähig genug, die Kariben zu stolz und zu rebellisch – begannen die europäischen Seemächte Spanien, Frankreich und England schon bald mit dem berüchtigten Dreieckshandel: Billiger Tand und Schmuck aus Europa nach Westafrika, von dort Sklaven zu den karibischen Inseln und von hier wiederum Gewürze, Zucker und Rum zurück nach Europa.

Französisch ist Martinique seit Beginn dieser Kolonialzeiten, wenn auch nicht ohne Unterbrechungen. Dreißig Jahre nach Kolumbus kamen die ersten französischen Siedler unter Führung von Pierre d’Esnambuc und landeten im Nordwesten der Insel. Dort bauten sie ein kleines Fort und eine Siedlung, die später zur Hauptstadt von Martinique und zur elegantesten und größten Stadt der südlichen Karibik wurde: St. Pierre. Leider lag es etwas ungünstig am Fuße des mächtigen und aktiven Vulkans Mont Pelée, und ein verheerender Ausbruch im Jahre 1902 legte die Stadt buchstäblich in Schutt und Asche.

wavestravel | 79

Das hatten selbst die Erzfeinde aus England rund 100 Jahre vorher nicht geschafft. Während der Napoleonischen Kriege war auch Martinique heiß umkämpft. Der schroffe und zerklüftete Basaltfelsen Le Rocher du Diamant, der nur gut eine Seemeile südöstlich des Pointe du Diamant an der Südküste von Martinique immerhin 175 Meter hoch aus dem Meer ragt, ist nicht nur eine unverwechselbare Landmarke und einer der besten Tauchspots der Insel, sondern, historisch gesehen, auch wie kein anderer Fleck Symbol der britisch-französischen Kämpfe um Martinique. 1804 schaffte es ein Trupp britischer Seesoldaten und Seeleute, den Felsen zu besetzen und sogar zu einer kleinen Batterie auszubauen. Fast unvorstellbar für jeden, der heute am Diamond Rock vorbei segelt; gibt es doch keinen wirklich geeigneten Landeplatz, keine auch nur ansatzweise geschützte Anlegestelle. An einem der seltenen, windarmen und ruhigen Tagen hatten die Briten, unter dem Kommando von Kommodore Samuel Hood, es tatsächlich geschafft, Menschen, Proviant, Wasser und schwere Kanonen samt Munition in einer ebenso mühevollen wie waghalsigen Aktion auf den Felsen zu bringen – mit den Segelschiffen des 18. und 19. Jahrhunderts und schwerfälligen Ruderbooten, in denen sie das Material von Bord der Schiffe aus zum Felsen brachten und dort an langen Taljen in die Höhe hievten.

Ganze 17 Monate lang hockten die Engländer auf dem Felsen und behinderten mit ihren Kanonen den Schiffsverkehr nach Martinique zum Teil empfindlich – wer, von Süden kommend, um den Kanonen auszuweichen zu weit nach See hinaus hielt, kam meist nicht mehr oder nur sehr mühevoll gegen den Passatwind in die Bucht von Fortde-France hinein gekreuzt. Voll diebischer Freude ließ Hood den Felsen sogar als HMS Diamond Rock in das Schiffsregister der Navy eintragen, als eine «unsinkbare Sloop mit vier Kanonen».

Bis zu 120 Männer waren hier stationiert. Geschlafen wurde in Höhlen, Regenwasser in Zisternen gesammelt und der Proviant, der von Schiffen aus mit Leinen und Taljen auf den Felsen gebracht wurde, durch einige Ziegen und Hühner ergänzt, die sich von der mageren Vegetation auf dem steilen Felsen so gerade eben ernähren konnten. In einer weiter unten, kurz über dem Meeresspiegel gelegenen Höhle richteten die Engländer sogar ein Lazarett ein, wo Seesoldaten und Seeleute sich von Fieberschüben oder Verletzungen erholen konnten. Doch eines Nachts, als die britische Besatzung der Batterie größtenteils schlief, kam ein Trupp französischer Seeleute in zwei großen Ruderbooten längsseits und eroberte den Felsen für Napoleon zurück.

Napoleon selbst war kein Seemann und hat auch Martinique nie besucht, dennoch hat die Insel sein Schicksal in weiten Teilen bestimmt, nämlich in Person der hübschen, 1763 in Trois Islets am Südufer der Bucht von Fort-de-France geborenen Marie Josephe Rose de Tascher de la Pagerie, in die Geschichtsbücher eingezogen als Josephine, Kaiserin von Frankreich und Ehefrau von Napoleon. Dabei war es eine unglückliche Liaison zwischen dem zwar heißblütigen und leidenschaftlichen, doch in Dingen der Liebe auch eher schlicht und naiv gestrickten Korsen und seiner raffinierten,

80 | wavestravel

wunderschönen und so gar nicht treuen Dame aus Martinique, die, als Tochter eines reichen Pflanzers und Plantagenbesitzers, frühzeitig den französischen Adligen de Beauharnais geheiratet hatte. Der wanderte leider, in den Wirren der Revolution, wie so viele seiner Standeskollegen unter die Guillotine; Josephine entging diesem Schicksal nur knapp und nur deswegen, weil Robespierre selbst einige Wochen vor ihr hingerichtet worden war und das große Köpferollen damit zumindest vorübergehend beendet wurde.

Den eher linkischen und darüber hinaus arbeitslosen General Bonaparte lernte sie in der Pariser Gesellschaft kennen, in der sie bestens vernetzt war. Warum es letztendlich zur Heirat kam, ist nicht ganz geklärt; in einer Version wird kolportiert dass ein ranghoher Politiker, dessen Mätresse sie gewesen war, sie gerne loswerden wollte und Napoleon, quasi als Hochzeitsgeschenk, das Kommando über die Alpenarmee der Republik versprach wenn er sie nahm.

Das wiederum war der Beginn einer weltberühmten Karriere, auf deren Höhepunkt Napoleon sich und seine Frau als Kaiser und Kaiserin von Frankreich krönen ließ. Tatsächlich soll Napoleon seine Josephine mit an Wahnsinn grenzender Leidenschaft geliebt haben;

Tatsache ist auch dass sie ihm dank ihrer Beziehungen in die Politik die ersten, entscheidenden Schritte auf seinem Weg ermöglicht hat und dass er diese aufgrund seiner Herkunft und gesellschaftlichen Stellung alleine nie hätte schaffen können. Abgesehen davon hat sie ihn leider nicht so sehr geliebt und sich während seiner Feldzüge immer mal wieder Liebhaber gegönnt, so dass Kaiser und Kaiserin am Ende doch noch geschieden wurden.

Auch in ihrer Heimat Martinique ist die schöne Josephine nicht unumstritten. Während der Revolution wurde in Frankreichs Kolonien die Sklaverei abgeschafft, doch weil die Plantage ihres Vaters ohne Sklaven wohl kaum wirtschaftlich betrieben werden konnte, bewegte sie ihren Mann angeblich dazu, die Sklaverei schon 1802 wieder einzuführen. Erst 1848 wurde die Sklaverei in Frankreich endgültig abgeschafft, dank der unermüdlichen Bemühungen von Victor Schoelcher, damals der für die französischen Überseebesitzungen verantwortliche Minister in Paris. Seine adligen Zeitgenossen und vor allem die Plantagenbesitzer mögen ihn dafür gehasst haben, doch heute wird er vor allem auf Martinique als einer der ganz großen Helden der jüngeren Geschichte verehrt. wavestravel | 81

Und die Plantagen überlebten auch das Ende der Sklaverei. Bis heute sind Bananen und Rum die größten Exportartikel der Insel.

Rhumeries produzieren den begehrten Martinique-Rum, der so anders schmeckt als die billigen Jamaika-Verschnitte. Die Franzosen haben ihrem Rhum aus Martinique sogar das Siegel des «Appellation d’Origine Controlée» verliehen, welches sonst nur französischen Weinen und Käse von solider Qualität und eben einem kontrollierten Ursprung reserviert ist. Die Destillerien liegen verstreut über die ganze Insel; die meisten davon kann man besichtigen und deren Produkte verkosten. Im Norden befindet sich bei Sainte-Marie die Destillerie St. James, dessen «Musée du Rhum» eine zusätzliche Attraktion ist. An der Ostküste bei Le François kann man die Domaine Acajou aus dem 18. Jahrhundert besichtigen und den hier hergestellten Rhum Clément probieren. Weitere Destillen sind Bally, Depaz, Dillon, JM Crassous de Medeuil, La Mauny, Neisson und Trois Rivières.

Dabei hängt die Inselökonomie nicht nur an Bananen, Rum und Tourismus. Martinique ist, wie andere ehemalige Kolonien auch, ein französisches Überseedépartement; es gehört zu Frankreich und damit zu Europa. Im vergangenen Vierteljahrhundert hat Paris, mal mehr und mal weniger intensiv, seine Überseeprovinzen gezielt gefördert vor allem durch den Ausbau der Infrastruktur; nicht nur im Verkehrswesen, sondern auch in Bildung und Forschung.

82 | wavestravel

Martinique, als zweitreichste Insel der Karibik (hinter Barbados), verfügt über eine junge und überdurchschnittlich gut gebildete Bevölkerung. Als geografische Schnittstelle zwischen Europa und Mittel- und Südamerika befindet sich hier beispielsweise ein großes Forschungszentrum für Technologietransfer; auch die chemische Forschung wird hier gezielt gefördert.

Der Mann, der zu alledem mit beigetragen hat, wurde 1913 in Basse Pointe, Martinique, geboren. Aimé Césaire besuchte zunächst einfache Schulen auf der Insel, bekam dann aber ein Stipendium und studierte erst am Lycée Schoelcher in Fort-de-France, bald darauf, in den 1930er Jahren, auch in Paris. Dort gründete er 1939 gemeinsam mit einem senegalesischen Studenten das Magazin «L’Etudiant Noir» (Der Schwarze Student), das sich mit Frankreichs kolonialer Vergangenheit und Rassendiskriminierung, aber auch mit der kreolischen Kultur und schwarzer Identität beschäftigte. Césaire war ein zutiefst überzeugter Humanist und einer der wichtigsten Intellektuellen seiner Zeit wenn es darum ging, sich mit dem französischen Kolonialerbe auseinanderzusetzen. Dank seiner Schriften und Vorträge trug er mit dazu bei, dass die ehemaligen französischen Kolonien in Überseedepartements umgewandelt und von Frankreich entsprechend gefördert wurden. Außerdem machte er sich einen Namen als Schriftsteller und Poet, letzteres vor allem in seiner Heimat Martinique.

Info Die Regatten der Yoles Rondes finden meist im Juni und Juli statt, bis Ende Juli ist es auch eine gute Zeit, um in den Gewässern um Martinique zu segeln. Charteryachten sind dann sehr viel günstiger als in der Hauptsaison im Winter, ebenso wie Flüge und Hotels. Charteryachten in Martinique werden in großer Zahl und Typenvielfalt von den großen Agenturen wie Argos Yachtcharter, Scansail Yachts und anderen angeboten, die meisten Yachten sind im Süden der Insel, in Le Marin, stationiert. Man kann in einer oder auch zwei Wochen gut einmal um Martinique herumsegeln; anders als bei den kleineren Inseln gibt es hier auch auf der Luvseite, der Ostküste, geschützte Häfen und Ankerplätze hinter ausgedehnten Riffen.

Die, bei aller Modernität, auch immer noch ihre romantischen, karibisch-ursprünglichen Orte hat. Im Norden der Insel ist dies der mittlerweile geschützte Regenwald rund um den 1395 Meter hohen Mont Pelée; im Osten die Atlantikküste mit ihren vielen Buchten und vorgelagerten Riffen; vor allem aber ist es die auch auf der Insel so genannte Küste der Karibik, die malerischen Palmenbuchten südlich von Fort-de-France: Les Anses d’Arlet, zwei Buchten und zwei Dörfer wie aus dem karibischen Bilderbuch fernwehkranker Metropoleuropäer. Die Zutaten: Je eine Ankerbucht mit einer Handvoll Yachten und Fischerboote, einen langen, geschwungenen Strand unter Palmen, in der Mitte davon das Dorf mit Beachbar, Krämerladen, Restaurant, und Tauchshop; als Unterkunft am Strand hölzerne Bungalows mit Himmelbett unterm Moskitonetz, durch die der kühlende Passatwind streichen kann. Fertig ist das tropische Idyll, in dem man so herrlich und unbehelligt chillen kann wie man es nur wünscht.

Jeden Sonntagabend gibt es dazu im «Ti Sable» am Ende des Strandes Grande Anse d’Arlet eine Party mit Livemusik, falls es einem dann doch all zu ruhig werden sollte.

werden die Jollen ins Wasser geschoben und es ist mit entscheidend für den Verlauf des Rennens, so frühzeitig wie möglich zwischen den anderen Booten heraus zu kommen. Die Menge feuert jetzt die Segler an, die jedoch rasant schnell nach See hin verschwinden, auf dem Weg zur ersten Wendemarke.

Auch das Ende einer Wettfahrt wird mit ohrenbetäubendem Lärm gefeiert und die Diskussionen um die Manöver oder Kenterungen der einzelnen Boote werden oft bis spät in den Abend hinein geführt.

Kein Zweifel, die Regattawoche der Yoles Rondes, jedes Jahr am Beginn der Regenzeit und am Ende der Touristensaison, ist die größte Fete der Insel. Die allermeisten Touristen sind dann schon weg, aber das macht gar nichts, denn dies ist sowieso eine Affaire Locale, ein Fest der Martiniquais.

T DETLEF JENS F DREAMSTIME, DETLEF JENS

Die größte Party aber findet statt, wenn die Yoles Rondes ihre einwöchige Regattatour einmal um die Insel feiern. Im Ort des Geschehens werden bunte Stände am Strand aufgebaut, die Fans fachsimpeln und schließen Wetten ab, während die Crews und ihre Helfer die Boote am Strand aufreihen, auftakeln und vorbereiten. Musik, Gelächter und der Rauch der Barbeques füllt die Luft. Je näher der Start rückt, desto angespannter wird die Stimmung. Die Skipper checken zum hundertsten Mal ihre Boote, die Fans leeren und füllen ihre Rumgläser in rasender Geschwindigkeit, die Musik dröhnt hektisch. Dann ertönt eine Sirene, die Menge rast zum Strand, wo ein letztes Mal der Kurs erklärt wird. Der Start erfolgt vom Strand aus, beim Signal

wavestravel | 83

HAUSBOOT

Wohnen auf Wasser Das schöne Leben auf dem Wasser – für viele ein Traum, der aber immer öfter auch in die Realität umgesetzt wird.

84 | waveshausboot

D

as Schönste ist die Terrasse auf dem Wasser. Das war mir schon im Sommer aufgefallen, beim Einlaufen nach Marina Minde mit meinem Schiff. Als ich an einem „Floating House“ vorbeifuhr, winkten mir von einige offenbar sehr zufriedene Menschen von eben dieser Terrasse zu.

Gerade eben noch vor dem Gewitter war ich in den Hafen gekommen, die Blitze zuckten schon aus der dunklen Wolkenwand draußßen auf der Flensburger Förde und die ersten Böen fegten übers Wasser. Die entspannten Urlauber auf dem schwimmenden Haus saßen auf ihrer geschützten, überdachten Terrasse und betrachteten das aufziehende Schauspiel wie in einem gigantischen Freilufttheater.

Und nun hier, auf der Havel bei Berlin, an einem sonnigen Spätsommertag. Es ist der gleiche Haustyp, doch hier genutzt als schwimmendes Büro. Die hölzerne Terrasse eben über dem Wasser ist verlockend, eine Badeleiter führt direkt ins kühle Nass, auf dem ein paar kleinere Segelboote und SUP-Paddler vorbeiziehen. Welch wunder-

barer Arbeitsplatz, denke ich, wo ich doch selber sehr oft an Bord meines eigenen Bootes arbeite, auch diese Zeilen schreibe.

Hier, im Südosten Berlins, treffe ich einen der zwei Männer hinter den „Floating Houses“. Ulf Baither, der, gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Ulf Sybel, in den vergangenen 17 Jahren schon an die 100 solcher schwimmenden Häuser gebaut und verkauft hat. Die Häuser liegen in Seen, auf Flüssen und in Yachthäfen an vielen Orten in Deutschland. Baither und Sybel sind hierzulande die Pioniere solcher schwimmenden Häuser, und sie sind auch in anderer Hinsicht Entwickler: Die Liegeplätze zu finden ist die eigentliche Herausforderung.

Dafür betätigen sich die beiden oftmals noch als Scouts, denn Liegestellen für Hausboote müssen einige Anforderungen erfüllen; sowohl von der Geografie her, als auch von den Gegebenheiten an Land und dem vorliegenden Bebauungsplan und Vorschriften. Das entsprechende Genehmigungsverfahren kann schon mal kompliziert werden und sich einige Jahre in die Länge ziehen, da ist es durchaus hilfreich, dass Ulf Baither eigentlich Jurist ist.

waveshausboot | 85

Allerdings, anders als in den Anfangsjahren müssen Baither und Sybel heute nicht mehr Klinken putzen. „Wir bekommen immer öfter Hinweise von Interessenten auf möglicherweise geeignete Liegestellen.

Und auch Anfragen von Kommunen, die sich entwickeln wollen und sich vorstellen können, solch eine Anlage von schwimmenden Ferienhäusern an ihrer eigenen Wasserfront zu installieren.“ In dieser Hinsicht habe sich in den vergangenen 17 Jahren enorm viel bewegt.

Die Idee, aufs Wasser zu gehen, wurde anfangs ausgerechnet durch eine wenig hilfreiche Baubehörde initiiert. „Hausboote hatte ich damals in Vancouver und Seattle gesehen“, erzählt Baither, „und war fasziniert davon. Dann sprach mich der Geschäftsführer der damals neuen Marina in Kröslin an, der in seinem Hafen neben den normalen Liegeplätzen für Sportboote mehr Leben haben wollte, denn es gab dort auch noch eine Bar, ein Restaurant und mehr. Feriengäste sollten also her und dafür

86 | waveshausboot

wollten wir Ferienwohnungen an Land bauen. Die zuständige Behörde zeigte sich von unseren Ideen wenig angetan und man sagte uns wörtlich: Das, was sie vorhaben können sie vergessen. Aber hinter den Klohäuschen können sie bauen, was sie wollen!“ Das wollten sie natürlich nicht, und Baither fielen die in Vancouver gesehenen Hausboote ein. „Also bauten wir Schiffe für die Liegeplätze im Hafen, die wie Häuser aussahen!“ Diese schwimmenden Häuser in Kröslin sind bis heute bei Feriengästen enorm beliebt, aber: „Vor allem kamen am Anfang viele Architekten und Bauunternehmer, die sich das einmal ansehen wollten“, schmunzelt Baither. Ein Trend war geboren.

Da er nun einmal Jurist ist, entwickelte Ulf Baither ein Genehmigungsverfahren, welches ihm half, weitere schwimmende Häuser in Kröslin, aber auch an anderen Orten mit behördlichem Segen zu bauen. Es folgten weitere Projekte, am Rhein, an der Mosel, auf der Flensburger Förde, in Rib-

nitz-Damgarten an der Ostsee und, sogar, im Goitzschesee bei Bitterfeld, der einst durch den Braunkohleabbau entstanden war, in einer industriellen Mondlandschaft – durch Renaturierung und anderer Maßnahmen ist daraus ein wunderschönes Erholungsgebiet geworden.

Einen Bebauungsplan für neue Projekte zu erstellen dauert drei bis vier Jahre, also ist das wie beim Jonglieren, wo stets Bälle in der Luft sein müssen, damit andere in der Hand sind: „Wir haben immer neue Ideen für Projekte am Laufen, damit wir jedes Jahr konkret etwas realisieren können.“ Einfach ist das anscheinend nicht: „Von zehn Projekten, die uns angeboten werden, kann man am Ende über zwei reden“, meint Baither. „Und in 19 von 20 Fällen sprechen wir über Ferienwohnungen, obwohl die Anfragen nach schwimmenden Häusern zur dauerhaften Eigennutzung steigen. Aber das ist nicht ganz einfach, denn das verlangt nach einem ganz anderen B-Plan.“ Zumal Ferienanlagen den Kommunen ja einen erkennbaren

Mehrwert bieten, was bei Privathäusern so nicht der Fall ist.

Einige der „Floating Houses“ sind auch als Sportboote gebaut und zertifiziert, vor allem natürlich immer dann, wenn sie in Yachthäfen liegen sollen. Zumal so eine Sportbootzulassung für den Kunden vorteilhaft ist, um nämlich eine Basis zu haben aufgrund derer die Standards für den Bau festgelegt werden. „Auf irgendeinen vernünftigen Standard muss man sich ja einigen“, so Ulf Baither. „Die Europäische Sportbootrichtlinie ist dafür gut geeignet.“ Ob Sportboot oder Immobilie, die Frage entscheidet schon mit über das „Fundament“ des schwimmenden Hauses. Möglich sind Schwimmkörper aus seewasserbeständigem Aluminium oder aus Beton. Beide Materialien haben ihre Vorteile, beide sind so gut wie wartungsfrei. Für die Sportboote muss es schon Aluminium sein, auch ist ein Betonschwimmer für manche Steganlagen zu schwer – letztendlich ist das, wie so

waveshausboot | 87

vieles andere auch, immer eine Frage der jeweiligen Gegebenheiten und muss individuell beantwortet werden. Überhaupt ist vieles eine Frage der individuellen Lösung – technisch machbar ist ja fast alles. Die meisten Häuser sind zum Beispiel fest an das Ver- und Entsorgungsnetz an Land angeschlossen, denn das ist für die Bewohner am unkompliziertesten: „Die Urlauber möchten zwar auf dem Wasser sein, aber mit dem gewohnten Komfort eines normalen Hauses.

Also so lange duschen, wie sie möchten, sich keine Gedanken um das Auffüllen des Wassertanks oder Entleeren des Abwassers machen, und so weiter!“ Das heißt allerdings nicht, dass nicht auch moderne Technik eingesetzt wird: Geheizt wird zum Beispiel mit einer Luft-Luft Wärmepumpe. „Das funktioniert hier in Berlin auch im Winter bei minus zehn Grad Außentemperatur sehr gut“, erklärt Baither.

88 | waveshausboot

Die Häuser entstehen in Zusammenarbeit mit dem Berliner Architekturbüro BEP und so sind, neben den „gängigen“ schwimmenden Ferienhäusern, auch ganz und gar individuelle Lösungen möglich. Baither und sein Team haben auch schon Pläne für schwimmende Hotels, Restaurants und anderes projektiert, doch: „unser Brot und Butter sind die schwimmenden Ferienanlagen“.

Wasser. So gesehen ist ein schwimmendes Ferienhaus, vielleicht festgemacht in einem Yachthafen, das Beste aus zwei Welten.

Kann es doch kaum schöner sein, als auf der großen Dachterrasse des Hauses den Sundowner zu genießen, während rundherum die Boote in den Hafen kommen und die Dämmerung über dem Wasser heraufzieht.

Das ist das schöne Leben auf dem Wasser!

Die sind beliebt, bei den Urlaubern ebenso wie bei den Investoren. „Einige haben zwei oder bis zu fünf dieser Boote in verschiedenen Orten, freuen sich über Rendite und Wertzuwachs. Die Häuser sind robust und komfortabel, eben gemacht für Leute, die sonst vielleicht ein Ferienhaus an Land mieten“, erklärt Baither. In jedem Fall trifft es anscheinend einen Nerv, als idealer Kompromiss vielleicht auch zwischen einem Landurlaub und einem Bootsurlaub auf dem

Weiterführende Infos, auch über Kauf oder Miete, auf www.floatinghouse.de

T DETLEF JENS F FLOATING HOUSE

IMPRESSUM 03_2017

erscheint alle zwei Monate im Verlag Fullwave Publishing als Online-Magazin.

VERLAG Fullwave Publishing GmbH

Via Caroni 2

CH-6862 Rancate/Mendrisio www.fullwave.ch HERAUSGEBER Detlef Jens, Regina Detjen regina.detjen@fullwave.ch CHEFREDAKTEUR Detlef Jens detlef.jens@fullwave.ch ANZEIGEN Deutschland: Karin Banduhn

Tel. + 49 40 81 992 934

Cell + 49 171 5 303 768 karin.banduhn@fullwave.ch

Schweiz: DENEO

Tel. + 41 91 605 42 71

Cell + 41 79 320 28 51 anzeigen@deneo.ch VERLAGSBERATUNG Stefan Detjen

stefan.detjen@fullwave.ch

6X IM JAHR WIND, WASSER UND WEITE

MITARBEITER DIESER NUMMER Karin Banduhn, Regina Detjen, Stefan Detjen, Jürg Kaufmann, Anna Karolina Stock GRAFIK Fullfactory GmbH

CH-6862 Rancate/Mendrisio

Andrea Rossi, Samy Boutefah,

Roberto Gandolfi www.fullfactory.ch TITELBILD

Jerome Kelagopian

1 Abo = 1 Ausgabe gratis 6 Ausgaben WAVE kosten im Abonnement nur EUR 62

WAVES und alle in der Online-Zeitschrift enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Eine Verwertung ohne die Einwilligung des Verlages ist strafbar. Die Redaktion behält sich Kürzungen und auch Bearbeitungen von Beiträgen vor. Gerichtsstand und Erfüllungsort ist Mendrisio/Schweiz.

Abo-Bestellung per Mail an

abo@wave-mag.ch

BOOTSBAU

Er brachte

das Epoxidharz

in den Bootsbau:

Meade Gougeon

E

r war ein Pionier in der Entwicklung und Anwendung von Epoxidharzen im Bootsbau und anderswo, er war ein herausragender Segler und einer der drei Gründer von „Gougeon Brothers, Inc.“, den „Erfindern“ der WEST SYSTEM Epoxidharze.

Meade Gougeon, geboren am 25. September 1938 in Bay City, Michigan, verstarb eben dort im Alter von 78 Jahren. Noch im Frühjahr nahm der 78-jährige an der 300-Seemeilen langen „Everglades Challenge“ teil, in einem Ausleger-Segelkanu mit dem Namen „Elderly Care“. Die Regatta war, in diesem Jahr, die wohl härteste der vergangenen 15 Jahre: „Drei Tage Starkwind von vorne und raue Seen“, sagte er später darüber. Von den 105 Startern kamen gerade 51 ins Ziel, unter ihnen Meade Gougeon als zweiter in seiner Klasse. Die Welt der Boote und des Segelns waren seine Liebe und Leidenschaft.

90 | wavesbootsbau

In den 1960er Jahren bauten Meade und sein Bruder Jan DN-Eisyachten und segelten damit sehr erfolgreich Regatten. Ihre Eissegler waren steifer und fester als die der Konkurrenz, denn schon damals hatten die beiden das noch völlig neue Epoxidharz entdeckt.

Ihre DN-Segler waren so gefragt, dass sie diese einige Jahre lang kommerziell bauten und zum größten Hersteller von Eisyachten in den USA avancierten. Aber die Möglichkeiten des Epoxidharzes und so konzentrierten sich die beiden darauf, mit finanzieller Hilfe ihres mittleren Bruders Joel, das Harz für Anwendungen im Bootsbau (und in anderen Bereichen) zu optimieren. Ein große Hilfe war dabei auch ihr Segelfreund Herbert Dow, Enkel des Gründers von Dow Chemical. Herbert brachte die Gougeons mit Chemikern aus dem Epoxid-Labor von Dow Chemical zusammen um Harze und Härter zum Kleben und als Beschichtung im Bootsbau zu optimieren.

Als die Gougoens die neue Epoxidtechnologie für andere Bootsbauer zugänglich machten, lösten sie damit eine wahre Revolution im Bootsbau aus, vor allem im Holzbootsbau, der ja eigentlich schon im Niedergang begriffen war. Doch mit dem Epoxy der Gougeons, das bald unter dem Markennamen WEST SYSTEM bekannt wurde, konnte man moderne, also vor allem leichte und sehr feste Holzboote bauen und viele der in den 1970er Jahren mit WEST SYSTEM gebauten Rennyachten segeln heute noch. Auch bei Multihulls, die aufgrund der höheren Belastungen strukturell anspruchsvoller zu bauen sind, leitete die moderne Bauweise mit Epoxidharzen eine Wende ein. Der 1970 von Meade und Jan in nur sechs Monaten gebaute Trimaran „Adagio“ war komplett mit Epoxid verklebt und kam ohne andere Befestigungen aus. Bis heute segelt er auf den großen Seen und ist noch immer ein heißer Kandidat bei den Mackinac Rennen.

Doch die von den beiden Gougeons vorangebrachte Epoxidtechnologie ging bald über den Bootsbau hinaus, 1987 bauten die beiden Prototypen für das Windenergieprogramm der NASA. Im gleichen Jahr wurde in Deutschland der Takelladen, betrieben von Marga von der Linden, Agent für die ostenglische Werft Whisstock’s Boatyard, deren Baukastenboot, der neun Meter lange Halbtonner „Naja“, ab Ende 1978 mit WEST SYSTEM Epoxid gebaut wurde, nachdem Werftchef George Whisstock in Amerika war und die Gougeon Brothers kennen gelernt hatte. Im Jahr darauf veröffentlichten die Gougeons das Standardwerk über den modernen Holzbootsbau, „The Gougeon Brothers on Boat Construction“, das später von Fritz Hartz und Helge von der Linden ins Deutsche übersetzt wurde.

1979 stellte der Takelladen die erste „Naja“ auf der Messe „boot“ in Düsseldorf aus, im Jahr darauf dann den Baukasten, schon gemeinsam mit WEST SYSTEM, für die die Firma von der Linden 1981 Distributor wurde.

In den darauffolgenden Jahren entwickelten sich enge geschäftliche, aber vor allem auch freundschaftliche Beziehungen zwischen beiden Familien, auch dank diverser Meilensteine auf dem gemeinsamen Weg. Bis vor kurzem noch blieb Meade Gougeon der Cheftester neuer Epoxidprodukte seiner Firma, die in ihrem Hauptsitz in Bay City etwas mehr als 50 Fachleute beschäftigt. 1987 ging Helge von der Linden zu den Gougeons nach Bay City und arbeitete dort unter anderem an dem berühmten Formula 40 Katamaran „Adrenalin“ mit, der mit dem damals neuen Gougeon Laminierharz gebaut wurde.

Während die Gougeon-Brüder ihre wirklich wegweisende Firma auf- und ausbauten, war es vor allem Meade, der intuitiv begriff wie wichtig es war, das Unternehmen im kommunalen Umfeld zu verankern und seinem Heimatort, der ihm stets wichtig war, etwas zurückzugeben. So brachte er auch eine philanthropische Einstellung in das Unternehmen und seinen Mitarbeitern nahe. Etwa 15 Jahre nach Gründung führte er ein Bonuspro-

92 | wavesbootsbau

gramm mit Firmenanteilen für die Mitarbeiter ein. Diese entschieden dann, wie viel vom erwirtschafteten Gewinn für gemeinnützige Zwecke in ihrer Region gespendet würden.

Im Laufe der Jahre wurden auf diese Weise viele lokale Projekte unterstützt.

Der von Meade Gougeon entworfene, innovative Katamaran G32 kam 1993 heraus, in Deutschland wurde ein G32 von Helge von der Linden und Ewald Brzoska gesegelt. Dieser leichte und schnelle Kat gewann etliche Rennen und diente aber vor allem dazu, das Gougeon Laminierharz weiterzuentwickeln und zu demonstrieren. Dieses kam ab 1994 unter dem Markennamen PRO SET Epoxid in die Serienfertigung.

2009 wurden in Bay City mit einem rauschenden Fest 40 Jahre Gougeon Brothers gefeiert, mit vielen Freunden und Geschäftspartnern aus der ganzen Welt und natürlich auch der Familie von der Linden. 2015 schließlich wurden Meade und Jan Gougeon in die „National Sailing Hall of Fame“ der USA aufgenommen, als erste aus Michigan, in Anerkennung ihrer großartigen seglerischen Erfolge und ihrer Pionierarbeit für den Bootsbau. Etliche meist sehr erfolgreiche und immer innovative Rennyachten wurden von

den Gougeons selbst gebaut, aber insgesamt müssen es wohl Tausende Boote und Yachten sein, die mit WEST SYSTEM und anderen Materialien von den Gougeons gebaut wurden und werden – vom Kanus über die America’s Cup Katamarane von Oracle bis hin zu ausgewachsenen Großseglern.

Einen Tag bevor Meade Gougeon verstarb fand die „Great Lakes Multihull Regatta“ in der Saginaw Bay, dicht bei Gougeons Haus in Killarney Beach, statt. Die Veranstalter verlegten die Bahn so, dass Meade das Geschehen von seinem Haus aus verfolgen konnte – eine letzte Regatta. Zurückgelehnt im Liegestuhl sprach er an diesem Tag seine letzten Worte: „Die Brise kommt auf. Sagt den Jungs sie können das Rennen starten!“ PS – Die „Naja“ segelt heute wieder, mit Helge von der Linden und seiner Familie ist das im Sommer meistens auf der Ostsee unterwegs. Dabei blitzt und glänzt es wie neu und ihre fast 40 Jahre sieht man ihr wahrhaftig nicht an!

Alle Informationen rund um das WEST SYSTEM Epoxid sowie praktische Hilfe für Anwender gibt es bei von der Linden in Wesel: www.vonderlinden.de

cocomu.ch

SPORTLICHKEIT UND ELEGANZ AUF DER GANZEN LÄNGE DIE OVATION 7.6

Die OVATION 7.6 –- Motorisierungen bis 430 PS, 7,6 Meter Länge und 2,5 Meter Breite

Ein Exklusives Meisterwerk: Made in Switzerland.

ELOVATION 6.8 electro

OVATION 7.6 open

LÄNGE BREITE GEWICHT LEISTUNG

LÄNGE BREITE GEWICHT LEISTUNG

6,8 M 2,35 M 900-1600 KG 6-100 KW

7,6 M 2,5 M 2300 KG 300-430PS

2016

Ganz Boats GmbH Bellerivestrasse 264 CH-8008 Zürich +41 (0)44 422 77 77 info@ganzboats.ch www.ganzboats.ch

NAVIGATION

ATLANTIC ISLANDS

Im Atlantik liegen etliche Inseln, von denen einige von Europa aus noch einigermaßen einfach zu erreichen sind. Die Azoren zum Beispiel, ein weit verstreuter Archipel etwa 800 Meilen westlich von Lissabon und 1900 Meilen östlich von Amerika. Dank dieser strategischen Lage als Zwischenstopp auf Atlantiküberquerungen vor allem von West nach Ost wurden die Inseln schon immer von Seefahrer besucht; 1493 zum Beispiel machte Kolumbus auf der Rückreise von seiner ersten Entdeckungstour hier Halt, hatte jedoch Pech da man ihn zunächst für einen Seeräuber hielt und einsperrte. Allerdings

94 | wavesnavigation

klärte sich dieses Missverständnis dann offenbar irgendwann auf, denn von ihm war ja in den folgenden Jahren noch oft die Rede.

Trotzdem hat sich vor allem Horta auf der Insel Faial schon in den 1950er Jahren als Treffpunkt der Blauwassersegler etabliert, auch machten hier die frühen Transatlantik-Flieger Station, um nachzutanken. Noch mehr: Selbst die ersten Transatlantikkabel wurden hier „verknotet“; 1893 wurde ein Kabel von Lissabon aus hierher und erst dann weiter nach New York verlegt, 1900 dann von Greetsiel in Ostfriesland aus.

te spielt auch der Tourismus eine immer größere Rolle, zu diesem Wirtschaftszweig werden auch die vielen Segler gezählt, die Jahr für Jahr hier Station machen. Als vergleichsweise stabil hat sich denn auch die Beliebtheit einer wirklichen Institution erwiesen: Peters Café Sport in Horta wurde 1918 eingeweiht und erfreut sich heute, 100 Jahre danach, ungebrochener Beliebtheit.

Bekannt waren die Inseln schon früh, Münzen aus dem 4. Jahrhundert vor Christus, die 1749 auf Corvo entdeckt wurden, lassen vermuten, dass schon die Phönizier dorthin gesegelt waren. Auf Seekarten tauchte das Archipel dagegen erst auf den italienischen „Portolan“-Karten des 14. Jahrhunderts auf. Offiziell wurden die Inseln 1427 von dem Portugiesen Diogo de Silves angesteuert und für Portugal in Besitz genommen. Bei diesem Vorhaben störende Eingeborene gab es offenbar nicht, ab Mitte des 15. Jahrhundert begann die Besiedlung der Inseln durch Portugiesen und Holländer. Letztere, weil Isabella von Portugal, Schwester von Heinrich dem Seefahrer, mit Philipp von Burgund verheiratet war, in dessen Herrschaftsbereich wiederum auch die Niederlande fielen. Komplizierte Verhältnisse, die andauerten: 1580 wurde Philipp II von Spanien auch König von Portugal. Die Portugiesen auf den weit im Atlantik liegenden Inseln jedoch wollten das nicht einfach hinnehmen und kämpften verbissen gegen die Spanier: Eigensinnige Insulaner, eben…

Vor allem die Mitglieder des 1954 in England gegründeten „Ocean Cruising Club“ OCC kehrten regelmäßig bei „Peter“ ein. Im gleichen Jahr segelte das OCC Gründungsmitglied Humphrey Barton (nicht Bogart!) seine legendäre Reise, mit einem hölzernen Boot vom Typ „Vertue“, gerade mal siebeneinhalb Meter lang, von England nach New York und wieder zurück. Er, ebenso wie der Bootstyp, wurden damit berühmt – noch immer tragen viele „Vertues“ ihre begeisterten Eigner über die Weltmeere.

Auch wirtschaftlich ging es auf den Inseln immer mal wieder turbulent zu. Zuckerrohranbau, später auch Orangenplantagen und andere landwirtschaftliche Erzeugnisse bildeten die frühe Basis der Inselökonomien, später kam der Walfang hinzu, dann die Lage als Versorgungsstation für Schiffe und Flugzeuge im Atlantik. Heu-

wavesnavigation | 95

Und das Café Sport wurde zum inoffiziellen Clubhaus des OCC mitten im Atlantik. Klar, dass der Club sich zum 100-jährigen etwas Besonderes hat einfallen lassen: Eine „Verfolgungsrally unter Segel“ nach Horta.

Die Teilnehmer können überall starten, vorausgesetzt, sie sind mindestens 500 Meilen weit entfernt. Ziel ist es, möglichst so nah um 12 Uhr mittags am 18. Juni 2018 wie möglich in Horta einzulaufen.

Dann folgen sechs Tage feiern, Spaß und Party. Eine begrenzte Anzahl Yachten aus anderen Clubs kann ebenfalls teilnehmen, aber weil es in der Marina von Horta nur begrenzt viele Liegeplätze gibt, wird die Teilnehmerliste geschlossen sowie alle Plätze vergeben sind. Nähere Einzelheiten gibt es von den Veranstaltern per Mail: AzoresRally2018@oceancruisingclub.org.

Ein Törn zu den Azoren lohnt sich in jedem Fall. Obwohl jedes Jahr viele Yachten quasi „durchreisen“, ist das Revier im Archipel weitgehen unentdeckt und noch ein echter Geheimtipp. Die meisten Einrichtungen für Yachten gibt es in den Häfen von Horta, Ponta Delgada, Angra dp Heroismo, Praia da Vitoria und Santa Maria. Auf Flores gibt es außerdem die neue, sehr freundlich geführte Marina in Lajes. Ansonsten gibt es viele Buchten und Ankerplätze. Das Klima wird vom Azorenhoch bestimmt und ist im Sommer warm und oft schwachwindig, während es im Winter durchaus mal ziemlich nass und windig werden kann.

96 | wavesnavigation

Diese und andere atlantische Inseln wurden jetzt völlig neu kartografiert von den Hydrografen von NV-Charts: Der neue Seekartensatz „Atlantic Islands“, auch als Atlas erhältlich, enthält Übersichts- und Detailkarten von den Azoren, aber auch von Madeira und seinen Nebeninseln, den Kanaren und den Kapverden. Erhältlich ab Ende Februar, ist dieser neue Kartensatz schon zum Planen und Träumen ideal. Denn 2019 startet auch das nächste „Azores and Back Race“, von Falmouth zu den Azoren und wieder zurück, welches vor allem bei Amateuren und Fahrtenseglern enorm beliebt ist. www.Nvcharts.com

SCHNELL REINIGEN, PFLEGEN, SCHÜTZEN Alle Kunststoffflächen, Fenstern und Luken – für Zuhause, für Auto, Boot, Wohnmobil…

WWW.VUPLEX.DE WWW.BOATYARD-SOLUTIONS.COM

Rezept Nr. 03 – Ernesto Menegotto

DER MENSCH LEBT NICHT VOM BOOT ALLEIN

Der Mensch lebt nicht vom Boot allein

In unserer Rubrik wavesCOOK kreieren kreative Köche und Köchinnen Rezepte für die Bordküche.

Ihre Auflage: Die Gerichte müssen mit beschränkten technischen Mitteln kochbar sein.

Denn eine typische Bordküche besteht ja in der Regel aus weniger Arbeits- und Kochfläche als zu Hause.

R I S OT TO R I VA B E L L A ZUBEREITUNG Einen Risotto nur mit Olivenöl zubereiten, nach 3/4 der Kochzeit zu je 2/3 und 1/3 teilen.

Den größeren Teil mit dem Melonenfleisch und den kleineren Teil mit Philadelphia und Schnittlauch fertig kochen. Auf dem Teller getrennt anrichten – unten den Melonen-, oben den hellen

Risotto. Die Scampi kurz anbraten, mit Pfeffer und Olivenöl würzen und auf dem Risotto platzieren. Mit einem passenden Werkzeug Melonenkugeln ausstechen und den Teller dekorieren. Kaviar mit einem Esslöffel formen und in der Mitte des Tellers anrichten.

Vor dem Servieren mit Gartenkresse dekorieren.

ZUTATEN 280 gr Reis Acquerello 150 gr reife Netzmelone 0,6 l Gemüsebrühe 12 Garnelenschwänze 40 g Kaviar 50 gr Philadelphia-Frischkäse 20 gr Olivenöl Schnittlauch Gartenkresse

(oder etwas Ähnliches)

Koch

Restaurant

Ernesto Menegotto

Residenza Rivabella www.rivabella.ch

98 | wavescook

CONFIGURE YOUR TIMEPIECE CONFIGURE YOUR TIMEPIECE

arminstrom.com arminstrom.com

Kramgasse 19, 3011 Bern, Tel: +41 (0) 31 318 01 18, info@uhrsachen.ch, www.uhrsachen.ch