lie:zeit Ausgabe 62

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polit:zeit

02/2018

Chefarztsystem und die Kooperation mit Chur unverzichtbar. Für die MN ist das bewährte Belegarztsystem die optimale Betriebsform. Die Kooperation mit Grabs war eine zwingende Konsequenz, da mit dem LLS keine Einigung erzielt werden konnte. Die MN fühlt sich ihrem Partner Grabs verpflichtet. Eine Kooperation mit Grabs entspricht letztlich auch dem Wunsch der Bevölkerung. Das Land hat eine Zusammenarbeit mit dem Kantonalen Spital Grabs ebenfalls institutionalisiert, indem Grabs die am LLS aufgegebene Geburtenstation ersetzt. Grabs ist traditionellerweise die erste Spitaladresse ausserhalb Liechtensteins.

Unterschiedliche «Kulturen» von LLS und Privatklinik Rein rechnerisch würde ein Zusammenschluss von MN und LLS den Verwaltungsaufwand reduzieren. Allerdings muss man berücksichtigen, dass eine am Schreibtisch geplante Fusion zu einem Chaos führt, wenn man zwei derartig unterschiedliche Kulturen unter ein Dach zwingen will. Friktionen zwischen den unterschiedlichen Kulturen machen den ökonomischen Gewinn einer EinSpital-Lösung schnell zunichte und gehen zu Lasten der Qualität. Im Jahre 2016 gab es rund 4‘300 stationäre Fälle in der Grundversorgung. Etwa die Hälfte wurde im Ausland behandelt. Man kann davon ausgehen, dass ein beträchtlicher Teil der im Ausland behandelten Patienten sich in Liechtenstein behandeln liesse, wenn die Politik das zulässt. Zu den Fällen der bisher in Liechtenstein geleisteten Grundversorgung kommen schliesslich durch eine Ausweitung des Angebots neue Fälle dazu. Da ist zum Beispiel die Kardiologie, die im Falle einer OKP-Zulassung für alle Patienten in Liechtenstein unabhängig von ihrem Versicherungsstatus ein

wichtiges Angebot darstellt und viele Behandlungsfälle vom Ausland nach Liechtenstein bringen könnte. Neben diesem ökonomischen Argument spricht die Tatsache, dass eine regionale kardiologische Betreuung lebensrettend sein kann, für dieses Angebot. Die Notwendigkeit einer Geriatrie ist unbestritten. Wie die Kardiologie ist auch diese ein neues Leistungsangebot mit Patienten, die bisher nicht in der Statistik der Grundversorgung in Liechtenstein aufscheinen.

«Die Erweiterung des Leistungsauftrags auf MN und Landesspital wäre eine grosse Chance für die Gesellschaft.» Dr. Hansjörg Marxer

Im vom Ministerium für Gesellschaft initiierten Seminar der UFL (Private Universität in Liechtenstein) zur Weiterentwicklung des Gesundheitswesens wurden weitere Angebote diskutiert, wie zum Beispiel ein Mutter-Kind-Zentrum. Das LLS will dieses Angebot realisieren. Ein weiteres Thema ist ein Therapiezentrum zur gemeinsamen Nutzung zentral gelegener Räume durch selbständig tätige Therapeutinnen und Therapeuten (Logopädie, Ergotherapie, Ernährungsberatung).

Gelegentlich wird auch die Palliativmedizin als wichtiges Angebot genannt. Allerdings ist die LAK schon in der LangzeitPalliativpflege aktiv, in diesem Bereich hochqualifiziert und bei Experten in der Schweiz hoch angesehen. Hier muss sicher kein neues Angebot geschaffen werden.

Optimale Versorgung zu einem vernünftigen Preis Eine umfassende Spitalstrategie hat das Ziel einer optimalen Versorgung zu einem adäquaten Preis. Anstatt einer für alle schädlichen Konkurrenzstrategie mit teurem Wettrüsten muss ein System komplementärer Angebote geschaffen werden. Liechtenstein hat ein sehr gut ausgebautes Angebot an stationären Leistungserbringern. Das zukünftige Konzept muss die Kernkompetenz sowie die vorhandene Infrastruktur in diesen Einrichtungen berücksichtigen, das heisst, optimale Qualität bei minimalem zusätzlichen Finanzaufwand anstreben. In dieser Neuaufstellung der spitalärztlichen Versorgung dürfte zum Beispiel der Notfall, allenfalls in einer neu zu definierenden Form, weiterhin zentral in Vaduz angesiedelt sein. Dazu gibt es verschiedene Ansätze. Als Eckpfeiler benötigen sicher beide Spitäler eine internistische Basis. Unabhängig vom Einweisungsgrund haben viele Patienten weitere Erkrankungen, die auch während der aktuellen Spitalbehandlung internistisch betreut werden müssen.

LLS und MN können zusammenarbeiten Von den technischen Ressourcen her bietet sich die MN vor allem für chirurgische und kardiologische Eingriffe an. In diesen Bereichen hat die MN schon beträchtliche Investitionen getätigt. Auf den ersten Blick sind die restlichen Bereiche, die noch für das LLS übrigbleiben, finanziell nicht so attraktiv wie die Chirurgie. Da es immer schwierig sein dürfte, die Leistungen so auszutarieren,

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dass beide Spitäler vergleichbare Verdienstmöglichkeiten haben, kann für den Staat ein tariflicher Ausgleich erfolgen, indem die MN bei der Basisrate nicht auf dem Niveau des LLS, sondern auf dem tieferen Niveau des Kantonalen Spitals in Grabs arbeiten könnte. Es ist zu berücksichtigen, dass die Politik Angebote fordern kann, für die es zu wenig Patienten für einen wirtschaftlichen Betrieb gibt. Der Notfall wird beispielsweise vom Staat aus souveränitätspolitischen Überlegungen gewünscht, obwohl er ein Minusgeschäft ist. Hier bezahlt der Staat dafür, dass dieses Angebot aufrechterhalten wird. Die Aussage, dass der Notfall für das Spital nicht rentiert, stimmt somit nicht, weil der Staat als Auftraggeber finanziell in die Bresche springt und das Spital via Notfälle viele Patienten aufnehmen kann. Das LLS erhält seit jeher vom Staat Zahlungen für vom Staat gewünschte Leistungen.

Erweiterung des Leistungsauftrags auf MN und LLS ist grosse Chance für die Gesellschaft Für die Gesellschaft ist eine Erweiterung des Leistungsauftrags auf MN und LLS eine grosse Chance, den Patienten eine qualitativ hochstehende, wohnortnahe Betreuung zu sichern, ein optimales stationäres Grundversorgungsangebot mit einem volkswirtschaftlichen Gewinn zu kombinieren und die staatlichen Ausgaben für den Spitalbereich besser kontrollieren zu können. Das LLS baut den ChirurgieBetrieb ab und profiliert sich als lokales oder gar regionales Gesundheitszentrum. Die Staatskasse profitiert vom privat geführten Leistungserbringer MN, der dem Staat seine Leistungen zu Festpreisen auf dem Niveau von Grabs und ohne Defizitrisiken anbietet.


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