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New York. 130 Bands spielen am Rand der Strecke, überall stehen jubelnde Menschen und es war für die beiden ein unvergleichliches Erlebnis, dabei sein zu dürfen.
Der Mann mit dem Hammer In der Bronx, bei Kilometer 32, erwischte es Marco Büchel. Der berüchtigte «Hammermann» machte ihm zu schaffen. Das bedeutet, dass der Körper den grössten Teil der zur Verfügung stehenden Kohlenhydrate verbrannt hat und nun beginnt, direkt Fett zu verbrennen. Dies erhöht den Sauerstoffverbrauch, als Folge daraus nimmt das Tempo ab. «Und ausserdem tut es weh», fügt Marco Büchel hinzu.
Frieren, Einwickeln und heissen Kaffee trinken um die fünf Stunden bis zum Start zu überbrücken: Marco und Doris Büchel zusammen mit Christian Seifert.
Liechtenstein Florida - New York Schliesslich haben sich die beiden auf den Weg gemacht, das Abenteuer NY Marathon zu erleben. Allerdings sind sie erst einmal nach Florida geflogen und haben sich mit leichtem Training vorbereitet. Fünf Tage vor dem Rennen sind Doris und Marco Büchel in New York eingetroffen. «Am 4. November war mein Geburtstag. Wir haben uns mit unserem Freund Christian Seifert getroffen, der auch beim Marathon mitgelaufen ist, und sozusagen gefeiert. Eine Flasche Wein zu dritt und um 22 Uhr ins Bett», grinst Marco Büchel. Die Zeit zu feiern war noch nicht gekommen: Das Rennen startete am 6. November, für die Büchels um 5.20 Uhr in der Früh. «Wir waren um sechs Uhr am Start. Und dann haben wir erst einmal gewartet. Es war saumässig kalt, aber wir haben uns in Decken gewickelt und heissen Kaffee getrunken», erzählt er. Der New York Marathon ist der grösste der Welt und startet in verschiedenen Wellen: Als erstes starten die Rollstuhlfahrer, dann die Profis. Die übrigen Läufer starten je nach der für sie möglichen Laufzeit, die sie in der An-
meldung angegeben haben, in drei Wellen. Marco und Doris Büchel sind in Welle drei, Sektor blau gestartet. Die ersten fünf Kilometer wird das Rennen auf unterschiedlichen Strecken gelaufen, damit sich die Masse der Läufer wenigstens etwas verteilen kann. Der Start wird zelebriert: nach der amerikanischen Landeshymne erklingt traditionsgemäss und passend Frank Sinatras «New York, New York». «Da sind mir echt die Tränen in die Augen gestiegen», erzählt Marco Büchel, «so beeindruckt und bewegt war ich.»
Stau am Start Es war etwa elf Uhr, als die Büchels endlich über den Start gingen. Allerdings nicht besonders weit. «10 Meter joggen, anhalten. Wieder zehn Meter, wieder anhalten», erzählt Marco Büchel. «Die Menschenmassen sind unbeschreiblich.» Endlich hatten sich die vielen Läufer so weit verteilt, dass richtig gerannt werden konnte. Die Büchels hatten abgemacht, dass, wer von ihnen beiden schneller sei, einfach vorauslaufen dürfe, aber sie waren gleich auf und genossen die ersten Kilometer in der unvergleichlichen Atmosphäre der Stadt
Er riss sich zusammen und lief einfach weiter. Als er sich bei Kilometer 34 in Harlem immer noch nicht besser fühlte, erzählte er Doris vom mitlaufenden Hammermann. «Doris war super. Ihr ging es gut, aber sie ist nicht vorausgelaufen, wie ich es ihr gesagt habe, sondern ist bei mir geblieben und hat mit mental gezogen, mich sehr unterstützt. Sonst hätte ich wohl aufgegeben», sagt Marco Büchel.
«Vier Kilometer bis zum Bier» Vier Kilometer vor dem Ziel ging es am Central Park entlang, leider aufwärts. «Ich sah an der Strasse die vielen jubelnden Menschen stehen. Da stand ein Schild: Vier Kilometer bis zum Bier. Und ich habe nur noch gedacht: Ich will sofort anhalten und ich will ein Bier», lacht Marco Büchel. Aber er hat durchgehalten und ist mit einer Zeit von 4 Stunden, 38 Minuten und 55 Sekunden zusammen mit Doris über das Ziel gelaufen. «Und dann waren wir gerührt und haben ein paar Tränen verdrückt, weil wir so stolz waren, dass wir es geschafft haben. Ich wollte eigentlich stehen bleiben, aber das ging nicht, weil die Menschenmassen hinter uns waren und der stetige Strom von Läufern uns vorwärts trieb», erzählt Marco Büchel.
Die Feier zum Abschluss Es folgte das ewig lange Anstehen nach den Kleidern, die sie am Start abgegeben hatten, und es war 17.30 Uhr, bis die beiden zurück in ihrem Hotel waren. «Es war natürlich kein Taxi zu bekommen, die U-Bahnlinie, die am Ziel vorbei führte, war nicht die richtige für uns und so sind wir den letzten Kilometer zum Hotel zurück gelaufen. Ich war fix und foxi», sagt Marco Büchel. «Als wir endlich in unserem Zimmer waren, sind wir unter die Dusche und danach auf der Stelle an die Bar, wo ich endlich mein eisgekühltes Bier trinken konnte.» Ausklingen liessen die beiden erfolgreichen Tag in einem Steakhouse zusammen mit Christian Seifert und feierten das besondere Ereignis ausgiebig. Wird Marco Büchel wieder einen Marathon laufen? «Nein. Ich habe meinen Rücktritt bereits bekannt gegeben. Zumindest keinen normalen Marathon mehr. Vielleicht den LGT Alpin Marathon? Wir werden sehen...»
Der ING New York Marathon 47438 Läuferinnen und Läufer starteten am diesjährigen ING New York Marathon, fünf davon kamen aus Liechtenstein. Doris Büchel war die einzige Frau aus Liechtenstein, die in diesem Jahr teilnahm. Der erste New York Marathon fand 1970 statt und war damals eine eher bescheidene Veranstaltung. Heute ist der Wettkampf der grösste Marathon der Welt und Vorbild für alle City-Marathons. Jährlich treffen sich hunderttausende Menschen an der Rennstrecke, 130 Bands spielen entlang ihres Verlaufes und der Volksfestcharakter der Veranstaltung zieht immer mehr Menschen in ihren Bann. Teilnehmer können sich entweder durch die gelaufene Zeit qualifizieren oder müssen sich über ein Länderkontingent einkaufen.