lie:zeit Ausgabe 20

Page 6

lie:zeit

Lebensentwürfen treu bleiben Von Jnes Rampone-Wanger / Isabella Maria Wohlwend

: Wie stellen sich junge Menschen ihre Zukunft vor? Lässt sich das hartnäckige Gerücht, dass sich Frauen wieder ausschliesslich in die traditionelle Rolle als Mutter und Hausfrau zurücksehnen, halten? Wollen Frauen wirklich nur versorgt werden und Männer nur Sex? Die deutsche Soziologin Jutta Allmendinger ist diesen Fragen während einer langen Forschungsarbeit nachgegangen.

Am Freitag, den 25. Oktober hat die Wissenschaftlerin ihre Forschungsergebnisse, im Rahmen eines Vortrages des Liechtenstein Instituts, in Gamprin vorgestellt. Im Gespräch mit Prof. Jutta Allmendinger Ph.D. erkärte sie, wie junge Männer und Frauen doch ganz ähnlich denken, wir unseren Lebensplänen treu bleiben, aber uns intensiv mit dem Thema Zeit befassen sollten.

ist. Sie wollen deshalb weniger Stunden in der Woche im Beruf arbeiten. Ihre ideale Arbeitszeit liegt bei 32 Stunden in der Woche, während Männer auf 39 Stunden zielen.

lie:zeit Frau Professorin Allmendinger, wie sind Sie auf die Idee für die Studie «Lebensentwürfe heute» genau gekommen? Was ist die Basis für diese Forschungsarbeit?

Ich verstehe unter Retraditionalisierung, dass sich Frauen und Männer von ihren ursprünglichen Lebensentwürfen entfernen und wieder eine klassische Rollenteilung anstreben. Frauen wollen dann von den Männern versorgt werden, die Männer wollen nichts von der Kindererziehung wissen. Unsere Ergebnisse zeigen einen solchen Sinneswandel nicht. Frauen wie Männer bleiben ihren Vorstellungen treu. Die Frage ist dann, ob sie ihre Lebensentwürfe auch umsetzen. Auch das kann man bejahen, allerdings mit Abstrichen. Männer fühlen sich von ihren Arbeitgebern nicht ernst genommen, wenn sie in Teilzeit arbeiten oder Auszeiten für die Kindererziehung nehmen, zumindest wenn diese länger als zwei Monate geht. Und Frauen wird bewusst, dass mit einer 32-Stunden-Woche keine Karriere zu machen ist. Mehr Stunden können und wollen sie aber nicht im Beruf arbeiten. Wir wollen ja doch auch die Kinder aufwachsen und sich entwickeln sehen und Freundschaften weiter pflegen. Ein Land reagiert auf diese

Jutta Allmendinger: Die Idee, junge Frauen über ihre Lebensentwürfe zu befragen, hat Andreas Lebert, damals Chefredakteur der Zeitschrift ‚Brigitte’, im Jahr 2006 an mich heran getragen. Andreas Lebert und ich diskutierten in der Folge viel über das Design. Stark verkürzt könnte man sagen: Er war an Frauen, ich an Männern interessiert. In dem gemeinsamen Projekt haben wir dann über 2000 junge Frauen und Männer befragt. Die Ergebnisse waren so aufschlussreich, dass wir uns entschlossen haben, diese jungen Frauen und Männer über die Jahre hinweg zu begleiten. Unsere Kernfragen waren: Bleiben sie ihren Wünschen treu? Ändern sich ihre Lebensentwürfe, wenn sie im Beruf sind oder wenn sie Kinder bekommen haben? Eine vergleichbare Untersuchung gibt es im deutschsprachigen Raum noch nicht.

Retraditionalisierung ist ein aktuelles Thema, vor allem in der Kinderbetreuungspolitik, auch in Liechtenstein. Wie sehen Sie die Tendenz tatsächlich und wie reagiert ein Land darauf am besten?

Wie unterscheiden sich Lebenspläne- und wünsche zwischen den Geschlechtern? Die Ähnlichkeiten zwischen den Lebensplänen von Männern und Frauen sind verblüffend - und sie sind viel grösser als die Unterschiede. Frauen wie Männer suchen Nähe und Unabhängigkeit. Sie pflegen Freundschaften und die Beziehung zu ihren Eltern.

Sie wollen eine gute Ausbildung, sie wollen in ihrem Beruf Karriere machen. Das eigene Geld gibt ihnen die Unabhängigkeit, die sie sich wünschen. Auch der Kinderwunsch unterscheidet sich zwischen Frauen und Männern nur minimal. Auffallend ist allerdings, dass Frauen viel klarer als Männer sehen, dass all dies bei einer kontinuierlichen VollzeitErwerbstätigkeit nicht zu haben


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.
lie:zeit Ausgabe 20 by Medienbüro Oehri & Kaiser AG - Issuu