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Die gute Stube. Neue Wege im Bregenzerwald

Was „Die Gute Stube“ leben lässt Auf dem Weg von Egg nach Andelsbuch sticht einem kurz vor dem Ortszentrum auf der rechten Seite ein großes Gebäude ins Auge: Im Haus Landammann wurde einst gerne eingekehrt, viele Hochzeiten wurden gefeiert, dann aber wurde es still im beliebten Hotel- und Restaurantbetrieb. Bis 2014 die Offene Jugendarbeit Bregenzerwald der Immobilie neues Leben einhauchte: Die entstandene Gute Stube ist ein eindrucksvolles Beispiel, wie Leerstand mit Offenheit, Mut, Eigeninitiative und handwerklichem Geschick kreativ und sinnstiftend bespielt werden kann.

Von Sabine Barbisch

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Aktuelle Themen und Bedürfnisse von Jugendlichen aufzufangen, diese in Projekte zu gießen und junge Menschen auf ihrem Weg ins Erwachsenenleben zu unterstützen, das sind die Kernaufgaben der Offenen Jugendarbeit Bregenzerwald (OJB). „Vor sechs Jahren bemerkten wir aber, dass es trotz größerer Projekte immer schwieriger wird, junge Menschen anzusprechen und sie für Veranstaltungen und Projekte zu motivieren“, erinnert sich Agnes Hollenstein, OJB-Geschäftsführerin, zurück. „Parallel zu dieser Entwicklung haben wir gesehen, wie vielfältig die Talente der Jugendlichen sind und wie groß ihre Lust ist, selbst etwas zu gestalten. Unsere Idee war, mit diesen Gegebenheiten zu arbeiten und dafür Raum und Struktur anzubieten. Dazu kam das Thema Leerstand, das im Bregenzerwald omnipräsent ist.“ Das alles wollten die OJB-Vertreter zusammenführen und im Idealfall eine leerstehende Immobilie für die Umsetzung der kreativen Ideen der jungen Generation nutzen. Die Objektsuche war trotz bekannter leerstehender Immobilien nicht einfach. „Die Bregenzerwälder Gemeinden sind generell sehr aufgeschlossen“, weiß Hollenstein, trotzdem habe es eine gewisse Skepsis gegeben, weil nicht vorhersehbar war, was bei diesem Projekt genau passieren wird. Durch einen spontanen Einfall rückte das Haus Landammann in Andelsbuch ins Zentrum der Überlegungen: 1954 wurde es als Hotel erbaut, Einheimische und Gäste kehrten gerne in dem renommierten Hotel- und Restaurantbetrieb ein, und es war eine beliebte Hochzeitslocation im Bregenzerwald. In den 1980-er Jahren wurde das Gebäude um einen Bettentrakt erweitert, später verkauft, und einige Zeit stand es leer, bis die Gemeinde Andelsbuch die Immobilie 2011 erwarb. „Es wurden keine Interessenten für die Fortführung des Betriebs gefunden, durch gute Gespräche und die Offenheit des Bürgermeisters wurde uns das Haus Landammann zur Verfügung gestellt“, berichtet Hollenstein von der Initialzündung. Von da an ging es ganz schnell, den Umbau und die Renovierung übernahm die OJB mit Jugendlichen und Ehrenamtlichen in Eigenregie, weitere Unterstützung gab es von der Regio Bregenzerwald und dem Land Vorarlberg – im November 2014 wurde die Gute Stube eröffnet und auch das Büro der OJB dorthin verlegt.

Was Leben in die Gute Stube bringt

Im Juni 2016 kam die OJB mit der Idee, einen Designmarkt zu veranstalten, auf Simone Angerer zu. Im September desselben Jahres wurde der Finest Designmarkt in der Guten Stube aus der Taufe gehoben. Parallel dazu konnte die OJB-Geschäftsführerin Mittel aus dem LEADER-Programm der Europäischen Union lukrieren. Damit werden innovative Aktionen im ländlichen Raum gefördert. Das ermöglichte die Einrichtung einer Teilzeitstelle in der Guten Stube – mit Simone Angerer war die richtige Person bereits gefunden.

Im Rahmen der Guten Stube hat die OJB den Anspruch, die Jugendarbeit mit unkonventionellen Projekten weiterzudenken. Die Programmgestaltung bleibt dabei bewusst offen, wie Angerer erklärt: „Der Fokus unserer Arbeit liegt natürlich auf den jungen Leuten, aber für gute regionale Strukturen braucht es auch die Erwachsenen und einen guten Dialog zwischen den Generationen. Das Programm, das wir kuratieren, ist unser Werkzeug, um zu zeigen, was in einem ehemaligen Leerstandsobjekt möglich ist. Wenn jemand eine Idee hat, die in unser Konzept passt und einen Mehrwert schafft, dann bieten wir die 1

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Das Programm in der Guten Stube ist bunt – und reicht vom Newcomerband-Abend über den Designmarkt bis hin zu Workshops zu verschiedenen Themen und Handwerkstechniken.

Das „alte“ Haus Landammann

Zur Person SABINE BARBISCH Redakteurin Thema Vorarlberg Infrastruktur an und setzen das Projekt gemeinsam um – das lässt die Gute Stube leben!“ So wurde zum Beispiel durch die Initiative der jungen, selbstständigen Fotografin Nina Bröll ein Workshop für analoge Fotografie auf die Beine gestellt, danach können die Teilnehmer die Infrastruktur des in der Guten Stube eingerichteten analogen Fotolabors nutzen.

Erstes Bregenzerwälder Coworking-Space im „Stuben-Style“

Die Gute Stube ist aber auch erste Bühne und Sprungbrett für junge Musiker und neuerdings für Jungunternehmer. Im oberen Geschoss des Hauses Landammann wurden schon vor längerem sogenannte Kreativsuiten in den ehemaligen Hotelzimmern eingerichtet. Niklas Hugo Schwärzler und Thomas Stanglechner haben als Jugendliche hobbymäßig in der Guten Stube fotografiert, jetzt sind sie beruflich selbstständig tätig. „Als Thomas und Niklas fragten, ob sie eine der Kreativsuiten als Büro für ihr Bewegtbild-Kollektiv nutzen können, machten wir das in Kooperation mit der Regio Bregenzerwald möglich“, erzählen Hollenstein und Angerer von den Anfängen des ersten Coworking-Space im Bregenzerwald. Renoviert wurde selbst, die Jungunternehmer sollten alles bekommen, was sie für ihre Selbstständigkeit brauchen, eine Projektförderung gab es vom Land Vorarlberg. „Vom Idealzustand eines Hochglanz-Coworking-Spaces haben wir uns trotzdem verabschiedet, wir bieten hier ein Coworking in unserem einzigartigen Stuben-Style“, schmunzeln die beiden. So wurde aus echtem Bedarf und zwei alten Hotelzimmern ein Coworking-Space mit vier Arbeitsplätzen, einer Küchenzeile, offenem Austausch und viel Eigenverantwortung. Daneben gibt es ein Besprechungszimmer, ein zweiter Raum mit weiteren Arbeitsplätzen ist am Entstehen. Auch Pia Bereuter hat bereits einen der Arbeitsplätze im Coworking zu ihrem gemacht. Die junge Bregenzerwälderin wagt gerade den Schritt in die Selbstständigkeit und fühlt sich in diesem Prozess in der Stuben-Community wohl.

Die vielfältigen Initiativen und Projekte der Guten Stube zeigen eindrucksvoll, was in einem Leerstandsobjekt mit Leidenschaft, Offenheit, Mut, Eigeninitiative und handwerklichem Geschick der Verantwortlichen und Freiwilligen alles möglich ist. Agnes Hollenstein und Simone Angerer betonen: „Wir geben hier allem, was wichtig ist, Raum: Es gibt Tage, an denen der Vorstand tagt, eine Band probt und ein Keramikworkshop stattfindet – die vielen unterschiedlichen Menschen bringen Leben ins Haus! Oft kommen dann Leute vorbei und wollen einkehren, das ist wunderschön zu sehen.“ Sie werden wohl noch immer vom besonderen Flair des alten Hauses Landamann angezogen ... AGNES HOLLENSTEIN ist seit 2011 die Geschäftsführerin der Offenen Jugendarbeit Bregenzerwald. Außer dem ist sie als Supervisorin, Mediatorin und Coach selbstständig. 1

SIMONE ANGERER arbeitet in Teilzeit für die Gute Stube. Hauptberuflich ist sie selbstständige Grafik designerin und setzt auch größere räumliche Gestaltungen um. Daneben betreibt sie mit „Klunkar“ ihr eige nes Schmucklabel. 2

VOM TISCHLER ZUM KRANKENPFLEGER Andreas Sparr studiert „Gesundheits- und Krankenpflege“ an der FH Vorarlberg.

„ D iese Ausbildung ist wie ein Baum, der sich in alle Richtungen verzweigt“, verdeutlicht Andreas Sparr, wie vielseitig das Bachelorstudium Gesundheits- und Krankenpflege an der FH Vorarlberg ist. Der 26-Jährige studiert im dritten Semester und ist als Quereinsteiger in eine neue Welt eingetaucht. Aufgewachsen in Sonntag, absolvierte er zunächst die HTL in Rankweil im Zweig Elektronik. Nach dem Abschluss der vierjährigen Fachschule entschied sich Sparr, eine Lehre als Tischler zu absolvieren. Danach war er einige Jahre im Fensterbau tätig und absolvierte die Berufsmatura.

Quereinsteiger

„Die Motivation für einen Berufswechsel kam durch meine Schwester, die als diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin arbeitet. Dadurch erhielt ich einen Einblick in den Berufsalltag der Pflege sowie diverse Krankheitsbilder, die mich sehr interessiert haben“, blickt der Wahl-Brandner zurück. Klettern, insbesondere Bouldern, ist seine Leidenschaft. Daher rührt sein großes Interesse für den Sport und für den Bewegungsapparat. Er besuchte den Infoabend, um sich über die Studienmöglichkeiten an der FH Vorarlberg zu informieren. „Ich

Hemmungen, auf Patienten zuzugehen. Ich mache mit ihnen genauso manchmal ein Späßchen, wenn es passt“, meint er.

Andreas Sparr schätzt den hohen Praxisbezug im Studium an der FH Vorarlberg.

war erstaunt und erfreut zugleich, dass Gesundheits- und Krankenpflege akademisiert wird. Unter mehr als 60 Bewerbungen wurde ich ausgewählt, das war schon sehr cool.“ Mit dem Studium betrat er absolutes Neuland. Im vergangenen Jahr hat sich auch sein eigener Bezug zur Gesundheit verändert. „Ich habe mit dem Rauchen aufgehört, weil mir bewusst wurde, wie ungesund es ist und welche Effekte es im Körper auslöst“, erläutert er.

Aktives Lernumfeld

Das Studium verbindet Theorie und Praxis auf ideale Weise. Innovative Lehr- und Lernmethoden wie praktische Übungen, Fallstudien, Projekte und Planspiele bieten ein aktives Lernumfeld. Nach Abschluss des Studiums sind AbsolventInnen mit wissenschaftlich fundierter beruflicher Handlungskompetenz ausgestattet. „Wir profitieren vom Know-how der DozentInnen, einem wertvollen Netzwerk und spannenden Exkursionen.“ Das Studium hat einen hohen Praxisbezug. Sein erstes Praktikum absolvierte Sparr auf der Unfallchirurgie in Feldkirch, das zweite folgte auf der Internen in Bludenz. Er freute sich über das positive Feedback: Er könne gut mit Menschen umgehen. „Ich denke, dass das eine Schlüsselqualifikation im Pflegebereich ist. Ich hatte keine Vielseitige Berufsmöglichkeiten

Die Tätigkeitsfelder im Gesundheitswesen sind breit gefächert. AbsolventInnen sind nach Abschluss des Studiums in Krankenhäusern, Senioren- und Pflegeheimen, Hospizen, in Tages- und Nachtkliniken, Tageszentren, in Ambulanzen, Palliativteams, Gesundheits- und Sozialzentren, Gesundheitsförderungsorganisationen usw. tätig. Sie profitieren von besten Berufsaussichten, denn sie sind gefragte Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt.

Gesundheits- und Krankenpflege, BSc Verknüpft mit der Berufsberechtigung in der Gesundheits- und Krankenpflege FH Vorarlberg Studiendauer: 6 Semester Vollzeit

INFORMATION UND BERATUNG

Mag. Petra Lichtenwallner und Mag.(FH) Birgit Hofer +43 5572 792 5900, gkp@fhv.at Info und Anmeldung: www.fhv.at/gkp

Informations-Portal zur dualen Ausbildung www.lehre-vorarlberg.at

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