Gemeinden Europäisches Jahr der Freiwilligkeit:
Feuerwehren am Prüfstand Das Jahr der Freiwilligen N
un bemüht sich auch die EU um die Freiwilligen und unbezahlbaren Dienstleister für die Allgemeinheit. Erwin Pröll hat das schon vor einem Jahr viel eindringlicher und direkter in seinem Land ausgelobt. Finanzminister Josef Pröll hat nunmehr auch zugestimmt, Spenden an Feuerwehren und sonstigen Freiwilligen abschreibbar zu machen. Ohne die Freiwilligen würde nämlich nichts gehen. Besonders bei den Einsatzorganisationen wie Feuerwehr, Rettungsdienst, Katastrophen-und Zivilschutz sowie Bergrettung. Rund drei Millionen der über 15-jährigen Österreicher sind laut Statistik Austria bei helfenden Organisationen freiwillig tätig. Das sind 44% der Bevölkerung und doppelt soviel wie im EU-Durchschnitt. Warum machen die das eigentlich? Tja, eine gute Frage. Außer den oft gefährlichen Einsätzen organisieren sie auch noch Geld für ihre Ausrüstung, Feuerwehren müssen etwa ein Drittel ihrer Geldmittel selbst aufbringen. Freiwilligkeit beantwortet aber auch die Frage nach Kultur. Maßgebend ist hier die Freiwilligkeit bei Initiativen wie Sport und Religion, Chöre und Seniorenclubs aber auch die große Bürgerinitiative zur Dorferneuerung, in Niederösterreich schon 1990 verwirklicht. Nur Gutes tun, das ist weniger Ansporn als das Erlebnis der Kameradschaft und Anerkennung, manchmal auch „Action und Spaß“ haben. Eine tiefe Befriedigung vermitteln aber auch Sozialdienst und Altenpflege. Szenen des Sterbens, aber auch das neuen Lebens sind zum Beispiel bei den Rettungsdiensten tägliche Herausforderungen. Wir Österreicher sind nicht nur Spenden-Weltmeister, wir zeigen der Welt auch unsere Verantwortung mit Freiwilligkeit dem Nächsten gegenüber, meint Ihr Helmut Gillinger
Land wählten die Feuerwehren Niederösterreichs in geheimer Wahl Ieinemihreganzen Führungsmannschaft. Was am Beispiel Kirchschlag in der Buckligen Welt klare Sache war, ist bei manchen Wehren im Land zunehmend ein Pro-
blem. Es finden sich immer weniger Helfer, die Berufsleben und Dienst für die Allgemeinheit in Einklang bringen können. Trotzdem ist Österreich europaweit einsame Spitze!
337.004 ehrenamtliche Helfer begründen das Feuerwehrwesen in Österreich. In Niederösterreich sind das mehr als 75.000 Florianijünger mit 1.648 Wehren, Tendenz fallend. Franz Resberger vom N.Ö. Landesfeuerwehrkommando in Tulln: „Eine Feuerwehr im Waldviertel hat bereits zugesperrt, 15 weitere kämpfen ums Überleben.“ Und Landeskommandant Josef Buchta appelliert: „Wir brauchen zusätzliche Frauen und Männer für die Freiwilligen Feuerwehren.“ So soll das „Pensionsalter“ der Florianijünger auf 70 Jahre angehoben werden, um die Nachwuchssorgen der Wehren zu lindern.
Feuerwehren sind Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens Wirkliche Brände sind heute eher Seltenheit. Die Wehren rücken überwiegend bei technischen Dienstleistungen wie Fahrzeugbergung, Unfällen, aber auch bei Naturkatastrophen aller Art aus. Die Bucklige Welt hat erst 2010 eine derartige durch Überschwemmungen erlebt. Abgesehen von ihren Einsätzen, wo Freiwillige oft ihre Gesundheit riskieren, sind die Feuerwehren gerade in kleinen Orten das letzte Kommunikationszentrum. Den Ersthelfern kommt also auch große kulturelle Bedeutung zu. Sind die Feuerwehren doch in der Organisation von Festen – auch um Mittel für ihre Ausrüstung zu sammeln – wahre Weltmeister. Keine andere Organisation kann die Jugend so begeistern, auch immer mehr Frauen melden sich zum aktiven Feuerwehrdienst. (Anteil bereits 4%). Und trotzdem ist das Freiwilligen-Prinzip immer schwieriger zu halten. Viele pendeln zur Arbeit tagsüber aus, alle sind vom guten Willen des Dienstgebers abhängig, wenn die Sirene heult.
Kirchschlags Wehren können sich glücklich schätzen Auch in Kirchschlag in der Buckligen Welt wurde das Kom-
Klaus Mayer (links) ist neuer Kommandant in Kirchschlag. Bgm. Franz Pichler-Holzer und Mag. Dr. HR Klaus Heissenberger scheiden aus, bleiben der Feuerwehr aber erhalten
Erstmals eine Frau im Kommando: Neuer Kommandant Klaus Mayer, Heidrun Pichler-Holzer als Stellvertreterin, Theresia Haubenwallner und Sarah Merschitz, die weibliche Verstärkung der Feuerwehr Kirchschlag. mando neu gewählt, durchaus mit einem gravierendem Personenwechsel. Aber es sind, auch in den Katastralgemeinden, genügend Freiwillige vorhanden und willens, den Dienst zu versehen. Gleich 57 „Feuerwerker“ kamen zur geheimen Wahl, darunter drei Frauen. Kirchschlag unterhält auch in seinen Außenbezirken Lembach, Stang, Aigen und Ungerbach aktive Wehren mit eigenem Kommando. Bgm. Franz Pichler-Holzer gab nach 20 Jahren das Kommando an seinen bisherigen Stellvertreter Klaus Mayer ab. Als Stellvertreterin wurde mit Heidrun „Heidi“ Pichler-Holzer erstmals eine Frau in das Kommando gewählt. Mag. Dr. Hofrat Klaus Heissenberger gab das Amt des Leiters des Verwaltungsdienstes per geheimer Wahl an Franz Iser weiter. Auch das Abschnittskommando wird mit Mitte März 2011 neu besetzt, designierter Nachfolger ist Rudolf Freiler aus Krumbach. Sowohl Heissenberger als auch Pichler-Holzer bleiben der FF Kirchschlag als Ehrenmitglieder erhalten.
Die Freiwilligen sind durch nichts zu ersetzen Ganze sechs Berufsfeuerwehren gibt es in Österreich, darunter eine in Wien. Alles andere bewerkstelligen die 4.863 freiwilligen Feuerwehren mit knapp 340.000 Kameraden. Sie retteten 2009 5.442 Menschen, 28.540 Tiere und bargen 364 Tote. 1.150 Freiwillige wurden dabei verletzt, drei kamen zu Tode. Alles zum Nulltarif. Die Finanzierung von Gerät und Ausrüstung liegt bei den Gemeinden, dazu kommen Feuerschutzsteuer und der Katastrophenfonds. Etwa die Hälfte der Mittel erarbeiten die Freiwilligen aber selbst. Geldnot der Gemeinden infolge der Wirtschaftskrise und Abwanderung dezimieren das Heer der Freiwilligen. Selbst der Rechnungshof kritisiert die Sinnhaftigkeit mehrerer kleiner Feuerwehren pro Gemeinde, was die Motivation „freiwillig zu helfen“ weiter sinken lässt. Bleibt nur noch die Kameradschaft und die Gewissheit, helfen zu müssen. Einfach so. Helmut Gillinger
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03.02.2011 10:56:04 Uhr