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„ZUHÖREN, NICHT REDEN“

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Wie geht Frieden?

Wie geht Frieden?

Hardy Fenkart führt das Friseurgeschäft in dritter Generation. 1993 hat er den Salon Fenkart in Hohenems von seinen Eltern übernommen. Der heute 64-Jährige war bereits in jungen Jahren Mehrfachpreisträger bei internationalen Frisurwettbewerben, Mitglied im Österreichischen Nationalteam und 15 Jahre Salontrainer bei Hairdreams in den Niederlanden,Deutschland und der Schweiz. Mit der marie sprach der Mann mit dem langen ZZ-TOP-Bart und der getönten Brille über seinen Beruf, Psychologie, Corona und seine Pläne für die Pension.

War es von Anfang klar, dass Sie den Friseursalon irgendwann übernehmen werden?

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Für mich selbst schon. Aber meine Eltern haben niemals zu mir gesagt, dass ich das Geschäft leiten soll. Ich war schon als 12-Jähriger immer in Friseursalon. Mich hat die Arbeit fasziniert.

Worin bestand diese Faszination?

Ich hatte immer gerne mit Menschen zu tun. Zudem ist Friseur ein abwechslungsreicher Beruf. Du kannst deine Kreativität zur Entfaltung bringen.

Wer schneidet eigentlich Ihre Haare?

Das ist unterschiedlich. Je nachdem, wer von den Mitarbeiterinnen gerade Zeit hat. Ich habe zu allen vollstes Vertrauen. Sonst würden sie nicht bei mir arbeiten.

Ist es Ihnen schon einmal passiert, dass Sie einem Kunden die Haare verschnitten haben?

Nein. Aber es kann vorkommen, dass ich einem Kunden die Haare kürzer als gewünscht geschnitten habe. Das ist für mich aber nicht gleichbedeutend mit „verschnitten“, sondern vielmehr ein Kommunikationsproblem.

Hatten Sie nie Angst, dass eine Frisur daneben gehen könnte?

Nein, ich hatte schon während meiner Lehrzeit damit begonnen, bei Wettbewerben zu frisieren. Da war ich in ganz Europa unterwegs. Da arbeitest du immer auf Zeit und Genauigkeit. Du lernst relativ schnell, saubere Haarschnitte zu machen. Du wirst immer perfekter. Dadurch hatte ich nie das Gefühl, dass ich etwas nicht kann.

Wie waren Sie frisurtechnisch als Jugendlicher unterwegs?

Sehr unterschiedlich. Ich hatte alle möglichen Phasen. Von ganz langen Haaren bis Dauerwellen. Als ich in eine Zeit lang in Wien gelebt habe, waren meine Haare punkermäßig blaugefärbt.

Was bei Ihnen auffällt, ist der lange Bart. Wie kam es dazu?

Das weiß ich gar nicht mehr so genau. Ich trage ihn erst seit drei, vier Jahren so lang. Im Moment gefällt mir die Länge. Aber er kann in einem Monat auch wieder weg sein.

Ist die Pflege des Bartes nicht sehr zeitintensiv? Überhaupt nicht. Ich wasche und föhne ihn wie mein Kopfhaar.

Sie sind gelernter Damenfriseur, schneiden aber heute meist Herren die Haare. Sind Männer die einfacheren Kunden?

DA ERFÄHRT MAN MANCHMAL DINGE, DIE DER KUNDE NICHT EINMAL SEINER

EHEFRAU ERZÄHLT. DAS BEWERTE ICH

ALS SEHR GROSSES VERTRAUEN, DAS MIR ENTGEGENGEBRACHT WIRD.

Für mich gibt es da keine Unterschiede. Klar, Frisuren bei Männern sind meist einfacher. Frauen experimentieren mehr mit Farben oder Strähnen. Die Haare sind meist auch länger.

Welche Qualitäten muss ein Friseur, abgesehen vom handwerklichen Können, unbedingt mitbringen? Er muss auf jeden Fall kommunikativ sein, mit ganz unterschiedlichen Menschen umgehen können.

Muss ein Friseur manchmal auch ein wenig Psychologe sein?

Psychologe ist nicht ganz zutreffend. Wenn du einen Kunden hast, der regelmäßig zu dir kommt, um sich die Haare schneiden zu lassen, dann baut man ein gewisses Vertrauensverhältnis auf. Da bekommt man natürlich sehr viel Privates mit. Da erfährt man >> manchmal Dinge, die der Kunde nicht einmal seiner Ehefrau erzählt. Das bewerte ich als sehr großes Vertrauen, das mir entgegengebracht wird.

Reden Sie mit Ihren Kunden manchmal über ihre eigenen Probleme?

Ich tue das nie. Wenn ein Kunde zu mir ins Geschäft komm, geht es um seine Person, seine neue Frisur und nicht um meine privaten Befindlichkeiten.

Wollen manche Kunden von Ihnen auch einen persönlichen Rat?

Nein. Das Wichtigste ist das Zuhören und nicht das Reden. Und es gibt wenige Menschen, die das können. Das beobachte ich auch, wenn ich privat unterwegs bin.

Wie ist der Hardy Fenkart privat? Ich könnte mir vorstellen, dass er die Ruhe sucht und möglichst wenige Menschen um sich haben will.

Nein, überhaupt nicht. Ich bin, seit ich 14 bin, auch privat viel unterwegs und brauche den Kontakt zu anderen Menschen. Ich bin oft in Lokalen und auf Konzerten. Zudem spiele ich selbst seit 30 Jahren zusammen mit drei Kollegen in der Rockband „Schrott Rock“. Es gibt aber natürlich auch Abende, an denen die Couch mein bester Freund ist.

Friseure sind körpernahe Dienstleister. Auch Ihr Geschäft war deshalb während Corona monatelang geschlossen. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?

Am Anfang wusste ja niemand so richtig, was passiert. Alle fühlten sich wie vor dem Kopf gestoßen. Die ganze Gastronomie war geschlossen. Du durftest nicht mehr ins Freie. Das war eine Situation, die so niemand gekannt hat. Aber ich bin so gestrickt, dass ich Änderungen zunächst einmal zur Kenntnis nehme. Ich denke mir nicht: „Mein Gott, wie soll das jetzt weitergehen?“ Ich schaue immer vorwärts, nie zurück. Deshalb hat mich Corona auch nicht so belastet. Aber natürlich tut es einem weh, wenn der Umsatz von vier Monaten einfach fehlt. Wenn ich anfange, herumzujammern, dann ändert sich an der Situation nichts. Ich nehme es zur Kenntnis und schaue, wie es weitergehen kann.

Gibt es wirklich nichts, was Sie gestört hat? Doch. Was ich rückblickend als sehr negativ empfunden habe, war, dass Nachbarn Nachbarn bei der Polizei angezeigt haben. Und das auch nur, weil während des Lockdowns im Garten zwei miteinander geredet und gemeinsam ein Bier getrunken haben. Das fand ich das Allerschlimmste. Ich hatte damals das Gefühl, in der ehemaligen DDR zu leben.

Kommen wir nochmals zu Ihrer Profession zurück. Was auffällt, ist die geringe Zahl von Männern, die den Friseurberuf ergreifen. Das stimmt. Als ich in die Berufsschule gegangen bin, gab es drei Klassen mit jeweils 30 Schülern. Ich war der einzige Junge.

Haben Sie dafür eine Erklärung?

Der Friseurberuf gilt gemeinhin als feminin. Wenn ein Mann Friseur wird, dann waren es zuvor meist auch dessen Eltern. Das war auch bei mir der Fall.

Sie sind inzwischen 64 Jahre alt. Da ist nicht mehr weit zur Pension. Was macht Hardy Fenkart im Ruhestand?

Keine Ahnung. Ich stehe sicher nicht bis zum 80er am Friseurstuhl. Ich werde mit 65 definitiv in Pension gehen, aber zeitlich reduziert weiterarbeiten. Eines ist auch klar: Der Kunde sucht sich lieber einen jüngeren Friseur. Aber ich werde meine langjährigen Kundschaften sicherlich nicht im Stich lassen. Wenn du jemanden zehn Jahre kennst, dann quatscht du mit ihm auch gerne. Ich stehe in der Pension vielleicht nur mehr ein- bis zweimal im Geschäft. Mein Beruf ist dann mehr Hobby.

Genug vom Besten

Tarte mit Karamell, salzigen Nüssen und Schokolade

Zutaten für eine Tarte-Form (24 cm):

Mürbteig:

• 150 g zimmerwarme Butter

• 80 g Staubzucker

• 20 g Vanillezucker

• 250 g Mehl

• 1 Prise Salz

• 30 g geriebene Walnüsse

• 1 Ei

Zubereitung:

Karamell:

• 100 g Feinkristallzucker

• 20 ml Ahornsirup

• 25 g Butter

• 100 ml Rahm

• 100 g gesalzene, geröstete Erdnüsse Schokoladen-Crème:

• 240 g Schokolade (40 % Kakaoanteil)

• 150 ml Rahm

Für den Mürbteig Butter, Zucker, Mehl, Salz und Nüsse mit der Küchenmaschine oder den Quirlen des Handmixers verrühren. Ei dazuschlagen und Teig rasch verkneten. In Folie einschlagen und ein paar Stunden kühlstellen. Ausrollen, immer wieder mit etwas Mehl bestauben, damit nichts klebt. In die mit Butter ausgestrichene Tarte-Form legen, Seiten andrücken, überstehenden Teig abschneiden, mit einer Gabel den Boden mehrmals einstechen. Tarte-Boden mit einem runden Stück Backpapier auslegen und mit Hülsenfrüchten beschweren, im Ofen bei 160° Umluft 20 Minuten blindbacken. Papier und Hülsenfrüchte entfernen und Boden auskühlen lassen. Aus dem übrigen Teig steche ich immer Kekse und backe sie für gut 10 Minuten.

Für das Karamell Zucker in einem Topf bei mittlerer Temperatur erhitzen. Beginnt er zu schmelzen, den Ahornsirup dazugießen. Dann die Butter darin zerlassen und mit Rahm aufgießen. Unter Rühren 2 Minuten köcheln, in eine Schüssel gießen und abkühlen lassen. Karamell auf dem Tarte-Boden verteilen, gehackte Nüsse darüber streuen und im Kühlschrank fest werden lassen.

Für die Crème Schokolade hacken und in eine Rührschüssel füllen. Rahm erhitzen und über die Schokolade gießen, durchrühren und über die Karamellschicht füllen. Wieder im Kühlschrank fest werden lassen und mit Karamell-Fäden oder -Nüssen dekorieren.

Von Daniel Mutschlechner, probelokal.com

Heute gibt’s weder Vitamine noch Mineralstoffe. Und schon gar keine Belehrung in Sachen gesunder Ernährung. Diese Tarte ist quasi der alte, weiße Mann unter den Kuchen. Mit politisch korrektem Essen hat sie nichts zu tun.

Fettig ist sie, süß und salzig. Weder Zahnärztin noch Diätologe haben ihre Freude mit ihr. Aber ich! Und wie!

Schon klar, dass es diesen Kuchen nicht jede Woche gibt. Dafür schmeckt er zu gut. Doch in Zeiten, in denen Gejammer zum guten Ton gehört und schimpfende Populisten wieder einmal zum Höhenflug ansetzen, darf es zwischendurch ein richtiger Schmackofatz sein. Damit wir ja nicht vergessen, wie schön das Leben ist.

Die Tarte ist mir erst beim dritten Versuch optimal gelungen. Einmal wurde die Schokoladen-Crème zu hart und dann geriet das Karamell zu flüssig. Erstaunlich, dass die Begeisterung der Kinder von Mal zu Mal nachließ – war es am Anfang noch der sensationelle Kuchen, der wie eine Kombination aus Snickers und Daim schmeckte, mutierte er bei der dritten Version bereits zum Ladenhüter. Man bekommt eben vom Besten genug.

Musiktipp:

Beim rettenden, dritten Backversuch stand ich alleine in der Küche – das kommt im turbulenten Familienleben selten vor. Ich nutzte die Gunst der Stunde, drehte die Musikanlage auf und aktivierte die Zufalls-Funktion meiner Gute-Laune-Liste. Aus den Boxen donnerte „The Boy With The Thorn In His Side“ von The Smiths. Entzückt von seinem charakteristischen Spiel musste ich mir das Solo-Album von Smiths-Gitarrist Johnny Marr zulegen („Fever Dreams Pts. 1-4“).

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