Magazin Mittendrin Juli 2021

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Foto: Sabine Braungart

Festakt 375 Jahre Lengericher Conclusum Die Stadt Lengerich wollte im vergangenen Jahr am 10. und 11. Juli 2020 an das Jubiläum zum 375. Jahrestag des Lengericher Conclusum erinnern, was Corona bedingt um 1 Jahr verschoben werden musste. Um die Bedeutung dieses Ereignisses für den Abschluss und das Ende des Dreißigjährigen Krieges (1618 – 1648) richtig einzuordnen, erlauben Sie uns einen Blick in die Geschichte.

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er Dreißigjährige Krieg begann zunächst als religiöser innerdeutscher Konflikt, der sich durch das Eingreifen anderer Mächte zu einem europäischen Krieg ausweitete mit furchtbaren Begleiterscheinungen. Durch jahrelange Feldzüge und Kriege, Seuchen und Hungersnöte waren ganze Dörfer und Siedlungen entvölkert. Marodierende Truppen, die seit Jahren kein Sold mehr erhalten hatten, drangsalierten die Bevölkerung auf unvorstellbare Art und Weise. Nach über 20 Jahren kriegerischer Auseinandersetzungen, bei denen kein Ende absehbar war, wurde 1641 der Beschluss gefasst, an zwei Orten, nämlich in Münster für die katholische Seite und in Osnabrück für die reformierte Seite, Friedensverhandlungen durchzuführen. Da damals die reformierte Grafschaft Tecklenburg sich neutral verhalten hatte, waren die Zerstörungen

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nicht so groß wie in anderen Regionen. Lengerich war deshalb ein geeigneter Verhandlungsort zwischen den Städten Münster und Osnabrück, weil er an einen uralten Handelsweg liegt, der von Münster aus kommend die Ems bei der Schifffahrt überquert und danach östlich von Greven vorbei über Ladbergen, Lengerich und Hasbergen nach Osnabrück fährt. In der damaligen Zeit benötigte man für die Strecke zwischen Münster und Osnabrück eine Tagesreise mit Kutsche und Pferd. Deshalb machte man immer eine Rast in Lengerich, weil der Ort etwa auf halber Strecke lag. Für den Kongress wurde die eben erwähnte Strecke in das Netz der Thurn-und-Taxis-Post übernommen und man weiß aus Aufzeichnungen, dass die meisten Gesandten, der etwa 100 Delegationen, die in Münster und Osnabrück tagten, wenigstens

einmal in Lengerich Station machten. Nachdem andere Orte wegen zu großer Zerstörung als ungeeignet bewertet wurden, tagten am 11. Juni 1644 die kaiserlichen Delegationen und die Spanier in Lengerich. Der Ort wurde anschließend von den Vertretern der Kurfürsten von Köln und Bayern als Unterstützer der kaiserlichen Delegation als geeignet angesehen. Nachdem auch die Kurfürsten von Mainz und Brandenburg ebenfalls mit dem gemeinsamen Verhandlungsort Lengerich einverstanden waren, konnten die Verhandlungen beginnen. Warum das Lengericher Conclusum als Durchbruch und Wegbereiter zum Westfälischen Frieden wurde lässt sich relativ leicht darstellen. Das Reich setzte sich damals aus mehr als 100 Grafschaften, Fürstentümern und Reichsstädten zusammen, an deren Spitze der von den 7 Kurfürsten ge-

wählte Kaiser stand. Am 10. Und 11. Juli 1645 kamen erstmalig alle vier kurfürstlichen Delegationen, die am Friedenskongress teilnahmen, in Lengerich zusammen. Aus Münster kamen die Kurfürsten von Köln und Bayern und aus Osnabrück die Kürfürsten von Mainz und Brandenburg. Allein die Tatsache, dass seit diesem Treffen alle Verhandlungen schriftlich protokolliert wurden, zeigt, dass diese Konferenz als konstituierende Sitzung aller weiteren Friedensverhandlungen angesehen werden kann. Noch bedeutender war der gefasste Beschluss, der als Lengericher Conclusum vereinbart wurde. In drei langen Sitzungen – am Morgen und am Nachmittag des 10. und am Morgen des 11. Juli 1645 wurde intensiv darum gerungen ob und auf welche Weise die Reichsstände an den Friedensverhandlungen beteiligt werden sollten.


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