2.3 Folgen des Strukturwandels Die Unterbrechung der Kleinhüningerstrasse (Abb. 15) hatte eine Neuordnung der Strassenhirarchie und der damit verbundenen Anfangs- und Endpunkte zur Folge. Wie ihr Name beschreibt, führte sie an dem einen Ende seit ihrer Existenz ins Zentrum von Kleinhüningen. Am anderen Ende führte sie an den Rhein und weiter am Ufer entlang stadteinwärts. Die direkte Verbindung von Kleinhüningen mit dem Zentrum der Altstadt war folglich nicht mehr gegeben. Kleinhüningen wurde in seiner eigenständigen Präsenz, die es trotz seines Status als Aussenquartier der Stadt noch hatte, dadurch geschwächt und noch stärker von der Stadt getrennt. Auch wenn es nur Namensgebungen sind, spielen die Strassennamen in dieser Hinsicht eine wichtige Rolle. Dadurch dass die Kleinhüningerstrasse nach ihrer Unterbrechung nicht mehr ins Stadtzentrum führte, war vermutlich auch deren Existenz den Bewohnern der Kernstadt weniger bewusst. Parallel zur Kleinhüningerstrasse entstand die Gärtnerstrasse (Abb. 16), die bis an die Wiese und dort über die Brücke führte, die im direkten Verlauf der Kleinhüningerstrasse lag. Als nach 1928 eine neue Brücke und Strasse in der Verlängerung der Gärtnerstrasse in Richtung Deutschland entstand, wurde der Dorfkern von Kleinhüningen von dieser neuen Hauptverkehrsachse abgehängt und seitlich umfahren. Zusätzlich zur unterbrochenen Kleinhüningerstrasse bewirkte diese neue Strassenverbindung eine Abgrenzung des Dorfkerns, aber gleichzeitig auch eine Integration der ehemaligen Dorfstruktur in das Gesamtnetz der Stadt. Auch die Funktion der Klybeckstrasse (Abb. 17) ist für das Quartier nicht mehr dieselbe wie früher. Zu ihrer Entstehungszeit führte sie zum Klybeckschloss und weiter zur Klybeck-Insel. Heute trifft sie an ihrem Ende auf den Altrheinweg, der die Grenze zu den Geleisen der Hafenbahn bildet. Grundsätzlich ist dieser letzte Abschnitt der Klybeckstrasse seit dem Bau der Hafenanlage eher zu einer Seitenstrasse inmitten der Blockrandstruktur geworden. Ihre eigentliche Fortsetzung findet sie vor ihrer Abzweigung seither in der Gärtnerstrasse - heute in einer Form, als wäre sie es schon immer gewesen. In der Verlängerung der Gärtnerstrasse bildet die Kleinhüningeranlage zusammen mit dem Hafen eine Klammer um das ursprüngliche Kleinhüningen. Vor allem der Hafen hat das ehemalige Dorf physisch begrenzt und vom Rhein getrennt. Obwohl der Hafen in Kleinhüningen eine grosse Fläche in Anspruch nimmt, ist er auf Grund seiner peripheren Lage an einer Krümmung des Rheins in der Stadt nicht präsent. Auch wegen seiner beschränkten Zugänglichkeit, wurde das Hafenareal für Kleinhüningen hauptsächlich zu einer stadträumlichen Grenze. Strukturell zerstörte der Bau des Hafens nach und nach einen Grossteil der baulichen Dorfsubstanz, was zu einem direkten Nebeneinander der kleinmassstäblichen Dorfstruktur und der grossmassstäblichen Hafenanlagen führte. Im ursprünglichen Dorfkern ist diese Kleinteiligkeit heute noch vorhanden, jedoch in nächster Nähe zu später hinzugekommenen strassenbegleitenden Zeilenbauten, die den Ort heute strukturell stark mit der Stadt verbinden. Die Identität hat sich mit der Inbetriebnahme des Hafens mitverändert, weil Kleinhüningen dadurch mit einem Element versehen wurde, das einen internationalen Charakter aufwies und dabei viele neue Hafenarbeiter und Seemannsleute in die Gesellschaft brachte. Dagegen ist im Klybeckquartier das grosse Industrieareal seit seiner Existenz das dominierende Merkmal. Die Identität des Quartiers hängt zum grössten Teil an dieser Industriebebauung und der damit verbundenen Arbeiterschaft, die hier täglich ein und aus ging. Zudem bot das Klybeckquartier wegen seiner durch die Industrie belasteten Umgebung günstigen Wohnraum, der von bestimmten gesellschaftlichen Gruppen auch in Form von Genossenschaften genutzt wurde und das Leben im Klybeckquartier prägte.
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