Die Jacob Sisters: Trio mit vier Pudeln

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Die Jacob Sisters


Stets die „Gute-Laune-Schwestern“ spielen, das ist harte Arbeit. Hinter den Kulissen knatscht es oft gewaltig. „Aber wir können nicht ohne einander“, sagt Eva, „wir haben doch nichts, außer uns dem Gesang. Auf der Bühne sind wir zu Hause.“



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Sie sind seit 50 Jahren im Geschäft - und Johanna (70), Rosi (68) und Eva (66) geben immer noch Vollgas. Die quirligen Jacob Sisters sind stolz auf ihre Karriere: „Wir haben die ganz Großen kennen gelernt: Josephine Baker, Zarah Leander, Marlene Dietrich, Jack Lemmon“, erzählt Rosi

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Die Jacob Sisters:

Trio mit vier Pudeln

Sie sind seit 50 Jahren im Geschäft. Sie haben alle Höhen und Tiefen erlebt, die das Showbiz mit sich bringt. Die Jacob Sisters trafen Legenden wie Sammy Davis Jr., sie arbeiteten mit Siegfried und Roy und sie begeisterten Tausende Japaner auf ihren Reisen durch Japan. Immer auf Achse, immer fröhlich, immer gemeinsam. Vier Leben für die Bühne. Eines davon endete vor einem Jahr abrupt: Die jüngste Schwester Hannelore starb unerwartet an Herzversagen. Ein Schock, der Johanna (70), Rosi (68) und Eva (66) verstummen ließ. Sie trauerten – getrennt, jede für sich „Wir haben uns im letzten Jahr selten gesehen“, sagt Eva. Bis jetzt. Die Schwestern wollen wieder auf die Bühne. Sie müssen wieder auf die Bühne. „Wir haben doch sonst nichts“, sagt Eva, mit 68 Jahren das Nesthäkchen des Träller-Trios.

Zurück in die Öffentlichkeit. Bekanntheit allein bringt keinen Lebensunterhalt. Deshalb wollen die drei Vollgas geben – und werden zu Werbestars: Für einen Autohersteller drehten die Jacob Sisters einen Internet-Spot. Die Idee: Die Jacob Sisters im Cabrio, oben ohne durch die Waschanlage – ihre Markenzeichen, die weißen Pudel dabei immer auf dem Schoß. Quietschvergnügt –quirlig wie man die Damen eben kennt. Gedreht wird an einem Sonntag in einem Autowaschcenter in Wiesbaden. Morgens um zehn soll es los gehen, Aufnahmeleiterin und Regisseurin sind bereit. Das Team wartet. Eine Stunde verspätet kommen die drei schließlich am Set an – so ein bisschen Diven-Attitüde sind sich Eva, Johanna und Rosi wohl schuldig. Wer mit Duke Ellington auf der Bühne stand, darf zu einem Auftritt in einer Waschanlage gern mal zu spät kommen. Zehn Minuten nach ihrer Ankunft herrscht Chaos. Hektisch wuseln die Jacob Sisters in ihrer improvisierten Garderobe, einem Hinterraum der Waschanlage, durcheinander. Schimpfend, zeternd, aufgekratzt. „Du fickerige Ente“, 9




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Mit dem Cabrio durch die Waschstraße - eigentlich sollten Schaufensterpuppen die Schwestern dabei doubeln. Aber die Damen saßen tapfer selbst im Wagen

geht Johanna ihre Schwester Rosi ganz undamenhaft an, „du hast mir nicht gesagt, dass wir hier geschminkt werden. Es ist unerträglich, unerträglich!“ „Johanna, reiß dich zusammen, was sollen die Leute von uns denken!“, ruft Rosi zurück. Was die Leute denken? Vermutlich das: Wie haben es die drei mehr als 50 Jahre so eng miteinander ausgehalten? Die Schwestern stammen aus dem sächsischen Örtchen Schmannewitz, wo die Eltern das „Café Jacob“ betrieben. „Da haben wir angefangen“, so Eva. „Die Leute kamen in Bussen, um bei uns Kaffee zu trinken. Damit sie sich nicht langweilten, haben wir Schwestern Lieder gesungen und kleine Auftritte eingeübt.“ Der geschäftstüchtige Vater der vier erkannte das Talent seiner Töchter früh, als „Schmannewitzer Heidelerchen“ wurden die Mädchen im Osten bekannt. Nachdem sie 1960 in den Westen übergesiedelt waren, ging es auch hier mit der Karriere schnell voran – der „Gartenzwerge Marsch“ zum Beispiel stürmte 1963 die Hitparaden. Von 1964 an waren sie drei Jahre in New York und Las Vegas auf Tournee 14

– plötzlich waren die Mädchen aus Sachsen internationale Stars. „Wir haben die ganz Großen kennen gelernt: Josephine Baker, Zarah Leander, Marlene Dietrich, Jack Lemmon“, erzählt Rosi stolz. Alle Erfolge feierten die Mädchen unter dem strengen Regiment des Vaters. „Vati hat auf uns aufgepasst“, so Rosi, „da lief nichts mit Jungs. Höchstens mal ein schneller Kuss an der Tür. Aber auch das hat der Papa sofort gemerkt. Wie ein Hund, er hat das gerochen!“ Der Vater war Aufpasser, Manager und Familienoberhaupt – bis zu seinem Tod 1985 hörte alles auf sein Kommando. Der „Big Brother“ der Jacob Sisters, gewissermaßen. „Manchmal wären wir schon gern ausgegangen, wenn wir zum Beispiel in Japan auf Tournee waren“, sagt Eva. Doch der Papa war ein unbestechlicher Tugendwächter. Die Mädchen durften zwar sexy in kurzen Kleidchen auftreten – aber wenn die Show vorbei war, ging es brav ins Hotelzimmer. Wenn die Damen heute von ihrem Vater erzählen, klingt das respekt- und liebevoll, aber nie kritisch. „Der Papa, der war immer lieb zu uns“, sagt Johanna. Und manchmal scheint es, als würden sich die drei Damen im Rentenalter auch heute


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„Das ist ja lecker“, freuen sich die Schwestern - und langen kräftig zu. Pizza, Marzipanhörnchen, Schokoriegel, die kleinen Damen haben großen Appetit. „Aber wenn wir hier fertig sind, gehen wir noch schick essen“, sagt Rosi, „und dann gibt es Champagner!“

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Erinnerungen an eine aufregende Vergangenheit: Die damals noch vier Schwestern sogar Alfred Hitchcock, waren in den Fünfzigerund Sechzigerjahren in der ganzen Welt unterwegs. 1968 spielten sie in dem Film „Quartett im Bett“ mit Ingo Insterburg und Karl Dall

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Unverwüstlich fröhlich: Auch der stundenlange Dreh auf einer Wiese außerhalb von Wiesbaden schlägt den drei Damen nicht auf die Laune. „Wir sind doch Profis“, sagt Eva.


Nur untereinander gibt es immer wieder Kabbeleien. „Du fickerige Ente“, schimpft Johanna gegen ihre Schwester, „ich habe hier keine Lust mehr!“ Doch wenn die Kamera an ist, knipsen alle drei ihr Lächeln an. Profis, eben.

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Das Filmteam

noch einen Papa wünschen, der auf sie aufpasst – und für Ruhe sorgt. „Wären wir keine Familie, dann wären wir schon längst nicht mehr zusammen“, sagt Eva. „Wir streiten, aber wir können uns gar nicht trennen. Wir gehören ja zusammen, ob wir wollen oder nicht!“ Heute vormittag in der Waschanlage scheinen die Momente, in denen die Jacob Sisters nicht zusammengehören wollen, zu überwiegen. Die Damen kabbeln und beschimpfen sich, schnaufen empört und drohen damit, alles hinzuschmeißen. Die einzigen, die komplett entspannt und ruhig bleiben, sind die vier Pudel. Frisch gebadet, fluffig-weiß liegen sie abwartend auf einem Stuhl oder lassen sich brav-ergeben herumtragen. „Den ersten bekamen wir 1967 geschenkt“, so Johanna. Mittlerweile lässt sich die vierte Generation der pefekt getrimmten Tierchen von den Jacob Sisters auf den Arm nehmen. „Sie bekommen immer frisches Hühnchen und manchmal Leber“, erklärt Eva. Das scheint das Geheimnis eines langen Hundelebens zu sein: Alle Pudel wurden weit über 15 Jahre alt. „Wir hatten immer nur Hündinnen“, 24

sagt Johanna noch. Mit männlichen Wesen scheint es bei den Damen auch im zwischenmenschlichen Bereich schwieriger zu sein. Eva und Rosi haben je zwei Kinder, waren verheiratet – Rosi ist verwitwet, Eva geschieden. Das Damentrio ist auf sich gestellt. Und nach einer guten Stunde Warmlaufzeit schnurrt der familiäre Harmonie-Motor wieder. Die drei singen, ein gutes Zeichen: „Männer, Männer, Männer, wir sind bereit“, tönt es aus dem roten Cabrio, „Männer in the Evening, Männer in the Night!“ Dann rollen sie langsam ein Stück in die Waschstraße, Wasser spritzt, für die Schwestern Schonwaschgang. Es spritzt, es schäumt, dann ist die Szene im Kasten. Unterbodenwäsche und Heißwachs bleiben den Damen erspart. Ein bisschen nass sind die Löckchen aber doch, Johanna, Rosi und Eva tragen es mit Fassung – und schmettern noch ein Liedchen. Die Hunde rollen sich wieder zusammen und schnarchen leise. Bei solchen Frauchen hilft eben nur Gelassenheit.


Nach sechs Stunden Dreh, 6 Marzipanhörnchen, vier Quarkschnitten, diversen Schokoriegeln, belegten Brötchen und einer XXL-Pizza haben die drei Schwestern es geschafft. „Jetzt gehen wir schön was essen!“, schlägt Eva vor. Natürlich ins beste Haus am Platz, die Damen sind ja nicht irgendwer. Eine halbe Stunde später landen Jacob Sisters und Jacob Pudel im Restaurant Käfer, ein Kompromiss. Dunkles Holz, dezente Gäste, die Gespräche gedämpft – mit der Ruhe ist es vorbei, als die blondgelockten Ladys einmarschieren. Das Singen verkneifen sie sich (noch), dafür schnattern sie aufgeregt, die Pudel springen auf die gepolsterte Sitzbank – die Familie vom Nebentisch, Touristen aus den USA, blickt irritiert auf. Crazy Germans. „Das ist doch schick hier, das gefällt uns, so, was bestellen wir?“, ruft Johanna. Die drei genießen die Aufmerksamkeit der anderen Gäste. Und die der Mitarbeiter. Sous-Chef Birger Klemcke kommt an den Tisch, bittet um ein Autogramm. „Bist du alleinstehend?“, fragt Johanna mit hochgezogenen Brauen. Rosi lächelt, Evas Augen funkeln. Der junge Mann aus der Küche wird fast ein bisschen rot, räuspert sich und fragt schnell:

„Was darf ich Ihnen zu trinken bringen?“ – „Geh du schon mal vor an die Bar und überlege dir, was du uns spendieren möchtest. Wir kommen gleich nach“, antwortet Johanna keck. Alle drei flirten wie junge Mädchen – alle drei sind alleinstehend. „Ich hatte in meinem Leben nur zwei Männer“, gesteht Rosi. „Ich würde mich schon gern noch mal verlieben ...“ Bedingung: Der Mann, der ihr Herz zum Klingen bringt, muss jung und vital sein. „Ich bin ja keine Krankenschwester, ich brauche keinen alten Mann“, sagt sie. Inzwischen hat Birger Klemcke die Rosé-Champagner serviert. Die Schwestern nippen an ihren Gläschen, freuen sich aufs Essen (Spargel und Schnitzel) und wirken richtig zufrieden. An diesem Tag konnten sie sich wie Diven fühlen. Endlich mal wieder.

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MK2 Miriam Kaefert Journalistin Mobil 0176 - 61 58 99 94 mk@miriamkaefert.de Martin Kath Fotografie Mobil 0171 - 642 17 17 mk@martinkath.de www.martinkath.de Seilerstraße 20 20359 Hamburg St. Pauli Telefon 040 - 69 64 39 50 Fax o40 - 69 64 64 18

Die Reportage in dieser Form ist ein reines Angebot – also vollkommen variabel in Länge, Layout und Aufbau. Fotos und Text gibt es auch jeweils einzeln und unabhängig voneinander. Weitere Fotos sind vorhanden, Homepage des Fotografen: www.martinkath.de Weitere Textproben/Veröffentlichungen von Miriam Kaefert (Bild, FHM, blond, Frau im Spiegel etc) gern auf Anfrage. Andere Aufträge zu anderen Themen auch gern, auch auf Anfrage!

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