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Blinde sichtbar machen

«Viele sehen mich, aber sie schauen vorbei»

Lenthe Basant sorgt dafür, dass Sehbehinderte die Apps und Websites der Migros nutzen können. Er ist selbst blind und wünscht sich, von seinen Mitmenschen mehr wahrgenommen zu werden.

Text: Marlies Seifert Bilder: Gian Marco Castelberg

Nur, husch, die Packung Milch holen, die beim letzten Einkauf vergessen ging. Einen Zahnpastafleck vom Hemd wischen. Mit dem Tram zur Arbeit fahren. Alles ganz selbstverständliche Tätigkeiten? Nicht für Lenthe Basant. «Wenn man sehbehindert ist, muss man sein ganzes Leben organisieren», sagt der 55-Jährige. Es bleibt wenig Platz für Spontaneität, weil ich für fast alles Unterstützung brauche.» Alles muss geplant sein, «sonst passiert es einfach nicht», resümiert Basant und zieht dabei die Augenbrauen hoch. «Auch das musste ich lernen», meint er und zeigt auf sein Gesicht.

Sehende Menschen kommunizieren zu einem grossen Teil nonverbal. Sie gestikulieren mit den Händen, blicken sich an, schütteln den Kopf. «Ich kann das auch, weil ich es geübt habe – trotzdem verpasse ich diesen Teil der Kommunikation und merke es eben zum Beispiel nicht, wenn jemand in einer Sitzung auf meinen Zahnpastafleck starrt», erklärt Basant. Er muss sich seinen Mitmenschen über Worte mitteilen. «Dadurch kann mich sehr gut und sehr genau ausdrücken. Wege kann ich bis ins Detail beschreiben. Nur fragt mich

Lenthe Basant arbeitet als Costumer Experience Specialist beim MigrosGenossenschafts-Bund. Er ist sehbehindert.

leider nie jemand danach!» Als Customer Experience Specialist beim Migros-Genossenschafts-Bund stellt er immerhin sicher, dass Menschen online die richtige Abzweigung finden. «Ich bin dafür verantwortlich, dass die Websites und Apps der Migros auch für Sehbehinderte zugänglich sind.» Wichtigstes Werkzeug hierfür ist der sogenannte Screenreader, eine Software, die vorliest, was auf einem Handy- oder Laptopbildschirm sichtbar ist. «Ist etwas unklar, kann ich es auch auf meiner Blindenschrifttastatur nachlesen.» Dabei stösst Basant immer wieder auf Fehler und Stolpersteine, die er mit dem Entwicklerteam bespricht. «Unser Ziel ist, dass ich das Angebot genauso nutzen kann, wie Sehende.» Weshalb das so wichtig ist? «Weil es mir Unabhängigkeit gibt», so Basant.

Ärztliche Hilfe kam zu spät Seit seiner Kindheit ist Basant auf die Unterstützung anderer angewiesen. Als er fünf Jahre alt ist, verliert er aufgrund einer angeborenen Krankheit allmählich sein Augenlicht. «Ich bin in Suriname aufgewachsen, und wir lebten damals mitten im Amazonasgebiet.» Er erinnert sich an Kopfweh und schmerzende Augen. Als ärztliche Hilfe ankommt, ist es zu spät: Lenthe ist fast vollständig erblindet. Damit er besser versorgt ist, schicken ihn seine Eltern in eine Schule für Sehbehinderte in die Niederlande. «Ich habe früh gelernt, andere Menschen um Hilfe zu bitten und mich nicht dafür zu schämen.»

So kann er auch seinem liebsten Hobby nachgehen, dem Laufen: «Es hält mich nicht nur fit, sondern gibt mir auch ein Gefühl von Freiheit», sagt Basant. Seit sechs Jahren trifft er sich einmal pro Woche mit der Migros-Kollegin Gisela Meier zum Joggen. «Das Vertrauen zu ihr war von Anfang an da. Sie passt wirklich gut auf, und ich kann mich auf

Für Lenthe Basant ein unabdingbares Werkzeug: die Blindenschrifttastatur Unten: Basant läuft mit seiner Kollegin Gisela Meier. Sie führt ihn über ein Band.

ihre Anweisungen verlassen.» Als Blindenguide muss Meier jeden Randstein im Blick haben, Hindernisse antizipieren und ihre Kommandos klar formulieren. Über ein Band in ihren Händen sind die beiden verbunden. «Manchmal laufe ich auch ganz frei, dann konzentriere ich mich nur auf das Geräusch unter Giselas Füssen und kann in meinem eigenen Takt laufen. Das ist einfach wunderschön!» Solche

«Ich würde mich freuen, wenn Menschen auf mich zukommen würden, ohne dass ich sie darum bitten muss.»

Lenthe Basant Momente würde Basant sich häufiger wünschen: «Ich würde mich freuen, wenn Menschen auf mich zukommen würden, ohne dass ich sie darum bitten muss.» Zum Beispiel, wenn er an der Haltestelle steht und nicht weiss, welches Tram gerade einfährt. Oder im Kühlregal zwischen all den identischen Verpackungen die Biomilch sucht. Jedes Hilfsangebot sei für ihn auch eine Möglichkeit zur Interaktion. «Manchmal fühle ich mich, als wäre ich in einer anderen Welt. Viele sehen mich zwar, aber sie schauen an mir vorbei. Doch auch ich möchte wahrgenommen werden.» MM

Hans Uster

Neben seiner Arbeit für die Migros ist der Grafiker auch privat als Künstler tätig. Sein Schaffen umfasst unter anderem Gemälde, Grafiken, Skulpturen und Comicbände, die er im Eigenverlag publiziert hat. Hans Uster lebt mit seiner Frau in Zürich Höngg.

Künstler etwas verlegen: «Dass sie noch immer so vielen Menschen gefallen, lässt mich staunen.»

Die Glaces seien ihm ein liebes Projekt gewesen, aber eins von vielen. Rund 25000 Entwürfe zeichnete er bei der Migros gemäss eigenen Schätzungen. Hans Uster legt zwei schwere Arbeitsmappen auf den Tisch, die sein Schaffen dokumentieren. Mit seinem Zeichenstift verhalf er zig Produkten zu einem schönen Auftritt: von Fertigsuppen über Schokolade bis zu Strumpfhosen und Staubsaugern. «Wenn unsere neuen Verpackungen in die Läden kamen, legten wir uns manchmal auf die Lauer und schauten, wie sie bei den Leuten ankamen», erinnert er sich. Noch heute haben MigrosKunden Usters Designs im Kühlschrank: So wird beispielsweise Milch in einer von ihm entworfenen Verpackung verkauft, die einen roten oder weissen oder blauen Krug mit weissen Punkten zeigt.

Neues Tier gesucht Der Grafiker ist seit 1991 pensioniert, aber auch im Ruhestand sprudeln bei ihm die Ideen. In seinem Wohnzimmer erzählen Bilder, Skulpturen und Installationen lustige und dramatische Geschichten. Auch der Zeichentisch steht, wo er soll: am Fenster mit Blick ins Grüne. «Ein Künstler geht nie in Pension», sagt Hans Uster.

So passte es gut, als ihn vergangenes Jahr die Delica anrief. Das MigrosUnternehmen stellt in Meilen am Zürichsee die Kultglaces her. Ob er für eine neue Sorte ein weiteres Tier zeichnen würde? Seine Antwort: «Selbstverständlich!»

In den darauffolgenden Wochen war Usters Zeichenstift im Dauereinsatz. Der Künstler entwarf Tiere in vielfacher Ausführung – wie damals von Hand und auf Papier. Sie tanzen, balancieren und trompeten einander zu. Der Elefant, der nun die Packung schmückt, war längst nicht der einzige Anwärter. «Für mich persönlich kam der ganze Zoo infrage. Es hätte auch ein Känguru oder ein freundliches Krokodil das Rennen machen können.» MM

Illustrationen und Bild: zVg Elefant Rahm-Glace Caramel, 12×57ml Fr.7.20

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