4 minute read

Den Übertritt schaffen

Next Article
Stadt, Land, Stutz

Stadt, Land, Stutz

Manche Schülerinnen und Schüler büffeln richtig viel, um den Übertritt an ihre Wunschschule zu schaffen.

Bilder: Keystone

Welche Sorgen haben Kinder und Eltern?

Für viele Familien ist die Zeit des Übertritts aufregend. Manche Eltern denken: Jetzt gilts ernst! Entweder öffnen sich für mein Kind die Türen zu einem erfüllten Leben, oder es landet auf dem Abstellgleis. Kinder stresst in der Regel der soziale Aspekt am meisten. Sie fragen sich: Was, wenn ich nicht mit den Freunden in die Klasse komme? Messen Eltern dem Entscheid eine riesige Bedeutung bei, spüren Kinder den Druck.

Relativieren: Beim Wechsel an die Oberstufe erfolgt eine erste Einteilung. Korrekturen in alle Richtungen sind dank des durchlässigen Bildungssystems noch möglich.

So gelingt der Übertritt an die Oberstufe

Im Frühling werden für viele Primarschülerinnen und -schüler Weichen für ihre Schulkarriere gestellt. Die Tipps für nervöse Kinder – und die Eltern.

Text: Monica Müller

Welche Rolle spielen die Erwartungen an die Kinder?

Die meisten Eltern wünschen sich, dass ihre Kinder einen Weg einschlagen wie sie selbst – oder Chancen nutzen, die ihnen selbst verwehrt geblieben sind. Dann heisst es zum Beispiel: «Bei uns in der Familie haben alle studiert.» Oder manchmal vielleicht auch: «Mach etwas Gescheites, eine Lehre, und nicht so etwas Verkopftes.» Solche Erwartungen verunsichern Kinder. Studien belegen, dass diejenigen, die in der Familie als Erste einen akademischen Weg einschlagen, häufiger an Prüfungsangst leiden und ihre Wahl oft hinterfragen. Auf der anderen Seite fühlen sich Akademikerkinder oft genötigt, eine Matura zu machen und zu studieren, auch wenn ihnen dieser Weg überhaupt nicht liegt.

In sich gehen: Geht es mir als Vater oder Mutter wirklich um das Wohl des Kindes oder um das Bild nach aussen? Sich bewusst sein: Für die Kinder ist es enorm schwierig, sich gegen den Weg zu stellen, den die Eltern für richtig halten.

Dem Kind signalisieren: Es geht darum, eine Schule zu finden, die zu dir passt.

Was tun, wenn ein Kind es nicht ans Gymi oder in die Sek A geschafft hat – so sehr es das wollte?

Im ersten Moment bricht für viele eine Welt zusammen, und sie zweifeln an sich. Oft haben Schüler und Schülerinnen auch Angst, ihre Eltern oder Lehrpersonen zu enttäuschen oder gar als Versager dazustehen. Es hilft ihnen, wenn die Eltern die Enttäuschung des Kindes zulassen und Verständnis zeigen. Vielleicht haben sie

etwas Ähnliches erlebt und können davon berichten?

Dem Kind klar zeigen: Der Misserfolg ändert nichts am Bild der Eltern vom Kind oder an ihrer Zuneigung.

Anerkennen, dass es für das Kind langfristig wohl besser ist, wenn es in einer Schule ist, die seinem Lerntempo entspricht. Ist ein Kind immer das langsamste und muss ständig bangen, nicht versetzt zu werden, nagt das am Selbstvertrauen und Selbstwert.

Lösungen suchen: Bleibt das Kind traurig, hat sich aber etwas gefangen, kann man gemeinsam herausfinden, was es genau belastet. Sind es die Freunde, bei denen man nicht bleiben kann? Dann kann man besprechen, wo sich ausserhalb der Schule Möglichkeiten bieten, diese Freundschaften weiterhin zu pflegen. Oder ist es ein Berufswunsch, der (vermeintlich) geplatzt ist? Hier können Eltern mit dem Kind klären, ob ein anderer Weg zum Ziel offensteht, oder nach Alternativen suchen, die den Interessen des Kindes auch entsprechen.

Und wenn ein Kind sein Potenzial gar nicht ausschöpfen will?

Für Eltern ist das schwer mitanzusehen. Aber: Begabung und Intelligenz verpflichten nicht zu einer akademischen Karriere. Manche Kinder sind zwar sehr clever, haben aber eine grosse Abneigung gegen schulisches Lernen. Vielleicht ist das Kind auch einfach noch nicht reif, so viel Zeit ins Lernen zu investieren. Diese Kinder erfüllt es manchmal mehr, früher in die Berufswelt einzutauchen und sich eventuell später weiterzuqualifizieren.

Ein offenes Gespräch mit dem Kind führen: Was machst du gerne? Wo liegen deine Interessen und Stärken? Welche Ziele für die Zukunft möchtest du erreichen? Was ist dir dabei wichtig? Darauf folgen Abklärungen: Welche Wege führen ans Ziel? Welche Vor- und Nachteile hätten die verschiedenen Schulen? Dabei gilt es, geduldig zu sein. Es ist in diesem Alter sehr herausfordernd, Antworten auf solche Fragen zu finden.

Oft stresst der soziale Aspekt am meisten: «Was ist, wenn ich nicht mit meinen Freunden in die gleiche Klasse gehen kann?» Gut zu wissen

Egal, wo es in der Oberstufe weitergeht: Ein Übertritt bedeutet immer auch Abschied nehmen – von der Klasse, von Lehrpersonen und der Schule.

Eltern haben häufig das Gefühl, als «gute Eltern» müssten sie ihr Kind in die bestmögliche Schule bringen. Das ist aber weder ihre Aufgabe, noch liegt es in ihrer alleinigen Kontrolle. Vielmehr sollten sie mit den Lehrpersonen herausfinden, welche Schulform am besten zum Kind passt, und reagieren, wenn es über- oder unterfordert ist.

Der Versuch, Kinder durch Schreckensszenarien zu motivieren, bewirkt meist das genaue Gegenteil. Statt zu sagen «Gibst du jetzt nicht Gas, sehe ich schwarz», arbeitet man besser an einem positiven Szenario, etwa «Das würde dir die Chance geben…».

Auch leistungsstarke Kinder, die neu an eine anspruchsvollere Schule kommen, sind häufig zuerst verunsichert. Man spricht vom «Fischteicheffekt»: Sie realisieren, dass sie nicht mehr der grösste Fisch im Teich sind, sondern auch mal schlechter abschneiden können.

Mit Kindern lernen leicht gemacht

Im wissenschaftlich evaluierten Onlinekurs «Mit Kindern lernen» erfahren Eltern in zwölf Lektionen und Kurzvideos gratis, wie sie die Kinder bei Lernen und Hausaufgaben entspannt begleiten. Von der Mitentwicklerin Stefanie Rietzler, Psychologin und Lerncoach, stammen auch die Tipps dieses Artikels.

This article is from: