Wirtschaftszeitung - das Unternehmerblatt der Leipziger Volkszeitung | März 2019

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Das Unternehmerblatt der Leipziger Volkszeitung

lvz .de/wirtschaftszeitung

Ausgabe 3

März 2019

Preis: 2,90 €

Unternehmer & Unternehmen

Theologe und Wirtschaftswissenschafler – sagt Managern, wie sie mit ihren Mitarbeitern umgehen sollen. Seite 3

Geld & Märkte

Unternehmen ächzen unter Bürokratie

Reint E. Gropp, Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle, fordert auf, an der Europawahl teilzunehmen. Seite 9

Leben & Stil

Komplizierte Formulare, unzählige Vorschriften, undurchschaubare Zuständigkeiten: Die Bürokratie raubt den mitteldeutschen Betrieben Zeit, Geld, Energie und vor allem Nerven. Trotz aller proklamierten Entbürokratisierung ist Deutschland von einer unternehmerorientierten Verwaltung noch weit entfernt. Von den Gesamtkosten und Aufwandfolgen, die sich aus Gesetzen ergeben, trägt die Wirtschaft 90 Prozent. Wenn die Firmen die gut 9 000 Dokumentations- und Meldepflichten erfüllen, kostet sie das bundesweit jedes Jahr 45 Milliarden Euro. Seite 12–16

Herrenausstatter David van Laak kleidet Manager ein. Seite 26

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Fotolia André Kempner
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Pater Justinus Pech – Ordensgeistlicher, katholischer André Kempner André Kempner
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TAGEN MIT ERHOLUNGSWERT

Inhalt

Von Mario Ohoven

Ein Sprichwort sagt: „Wer einen Sumpf trockenlegen will, darf nicht die Frösche fragen.“ Genau das geschieht jedoch gerade beim Bürokratieabbau. Anstatt auf die Betroffenen, sprich: die Millionen Mittelständler in unserem Land, zu hören, wollen Bürokraten die von ihnen selbst verursachte Bürokratie vom Schreibtisch aus bekämpfen. Das Scheitern ist damit praktisch programmiert. Wir reden hier über Riesensummen: Bürokratie belastet die deutsche Wirtschaft nach Angaben des Statistischen Bundesamtes mit 45 Milliarden Euro jährlich. Allein aus Bundesgesetzen resultieren 10 000 (!) Informationspflichten für den Mittelstand. Dazu kommen immer neue Gesetze, Bestimmungen und Auflagen. Fast kann man den Eindruck gewinnen, der Staat wolle die Schmerzgrenze der Unternehmen testen. Für Kleinbetriebe bedeutet mehr Bürokratie zusätzliche Nacht- und Wochenendarbeit, denn dort kümmert sich in der Regel die Inhaberin oder der Inhaber selbst um den Papierwust. Kein Wunder, dass in Unternehmerumfragen des BVMW der Bürokratieabbau seit Jahren mit weitem Abstand als die dringlichste Aufgabe der Politik genannt wird.

Die Bundesregierung hat das Problem erkannt und Besserung gelobt. So wurde im Koalitionsvertrag eigens ein Bürokratieabbaugesetz festgeschrieben. Abhilfe verspricht sich die Politik insbesondere von der Bürokratiebremse nach dem One-in-one-outPrinzip: Für jedes neue Gesetz soll ein bestehendes wegfallen. Diese und andere Maßnahmen hätten die Wirtschaft zwischen 2015 und 2017 um insgesamt 1,9 Milliarden Euro entlastet, heißt es im einschlägigen Jahresbericht.

Dass die Bilanz nicht besser ausfällt, hat sich die Große Koalition selbst zuzuschreiben. Mit dem Mindestlohngesetz und der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) hat sie neue Bürokratiemonster geschaffen. Laut „Mindestlohn-Dokumentationsverordnung“ müssen seit 2015 für rund zwei Millionen Beschäftigte und 6,7 Millionen Minijobber die täg-

lichen Arbeitszeiten minutiös festgehalten werden. Mit Arbeitsbeginn, -ende und Pausenzeiten. Und die DSGVO bedeutet nicht nur zusätzliche Arbeit, sondern auch Kosten – für mehr als die Hälfte der Mittelständler über 10 000 Euro.

Die Wirkung der Bürokratiebremse lässt ebenfalls zu wünschen übrig. Hauptgrund sind die vielen Ausnahmen. Sie greift beispielsweise nicht bei Bürokratie aus Brüssel. Doch allein 2017 summierte sich der Aufwand für 1:1-Umsetzungen von EU-Vorgaben auf 980 Millionen Euro. Übrigens „nur“ für Unternehmen, die Belastungen für Verwaltung und Bürger hierzulande sind darin noch nicht enthalten. Dazu passt, dass in der Statistik der Bürokratiebremse auch die Folgekosten des Mindestlohngesetzes fehlen.

Was tun? Es wäre viel gewonnen, wenn die One-inone-out-Regel nach britischem Vorbild zu einer Onein-two-out-Klausel erweitert würde. Dann würden der Bürokratiehydra nicht wie bisher für einen abgeschlagenen Kopf zwei neue nachwachsen. Die wirkungsvollste Lösung wäre die weitgehende Freistellung aller Mittelständler von Berichtspflichten, Auskunftsauflagen und sonstigen Anforderungen staatlich besoldeter Bürokraten. Dann könnten sich die Unternehmer endlich ihrer eigentlichen Aufgabe widmen: Wachstum und Wohlstand für unser Land zu sichern.

Impressum

Wirtschaftszeitung – Das Unternehmerblatt der Leipziger Volkszeitung

Kontakt: wirtschaftszeitung@lvz.de; www.lvz.de/wirtschaftszeitung

Für Fragen oder Hinweise zur Lieferung der LVZ Wirtschaftszeitung erreichen Sie uns kostenfrei unter 08002181-020. Wenn Sie Fragen zu einer Anzeigen-Buchung haben melden Sie sich bitte unter der Telefon-Nummer: 0341 2181-1909.

Redaktionsleitung: Ulrich Milde

Redaktion: Dr. Ulrich Langer, Frank Schmiedel, Simone Liss, Nannette Hoffmann, Thomas Bothe

Layout: Christiane Kunze

Vermarktung: Arne Frank

Projektleitung: Ilka Mareen Fischer

V.i.S.d.P.: Jan Emendörfer

Verlag und Herstellung: Leipziger Verlags- und Druckereigesellschaft mbH & KG Peterssteinweg 19, 04107 Leipzig. Geschäftsführer: Björn Steigert, Adrian Schimpf

Druck: Pressedruck Potsdam GmbH

Auflage: 20 000

Nächster geplanter Erscheinungstermin: Juni 2019

Preis: 2,90 Euro

Bitte beachten Sie die Informationen gem. Art. 14 DSGVO zur Herkunft und Verarbeitung Ihrer personenbezogenen Daten: www.madsack.de/dsgvo-info-art-14

Von Ulrich Langer Sanktion ist ein scharfer Schritt. Sie entlehnt sich vom Lateinischen sancire, was soviel heißt wie: etwas heiligen, durch Weihe unverbrüchlich festsetzen, bei Strafe verbieten. Dies führt zu empfindlichen Einschnitten. So auch im Falle der Sanktionen, die die Europäische Union gegenüber Russland verhängt hat als Reaktion auf den Konflikt Moskaus mit der Ukraine. Ihn zu brandmarken, als ungerecht einzuschätzen und in den politischen Dialog mit den Beteiligten zu treten – alles in Ordnung. Fraglich bleibt allerdings, ob wirtschaftliche Restriktionen das passende Lösungs-Mittel sind.

Sicher, ökonomische Hebel können schon einiges bewirken. Etwa bei der Kindererziehung: Um Verbote durchzusetzen wird im Zweifel der Geldhahn zugedreht. Indem beispielsweise das Taschengeld gekürzt oder gar ganz gestrichen wird, oder manches von der Wunschliste der Kleinen unerfüllt bleibt. Allerdings funktioniert das nur, wenn kein anderer dies torpediert, den erzeugten Druck mir nichts dir nichts außer Kraft setzt. Genau das jedoch passiert in der Wirtschaftswelt: Stoppt ein Land, eine Staatengemeinschaft wie die EU, Ausfuhren an den Sündenbock, springen postwendend neue Anbieter ein. Sie wittern ihre Chance, den Fuß in einen Absatzmarkt zu stellen, in dem sie noch nicht oder nur in begrenztem Maße Erträge generieren. So fallen die Sanktionen in sich

zusammen. Der zu Bestrafende lacht sich ins Fäustchen, bestellt das Nötige eben beim rettenden Engel aus anderen Regionen der Welt.

Das ist die Krux. Daher sind Exportbeschränkungen zur Beilegung politischer Konflikte untauglich. Am Ende wirken sie wie ein Bumerang. Die hiesigen Firmen und deren Beschäftigte ziehen den schwarzen

Peter: weniger Ausfuhren, weniger Umsatz, weniger Gewinn – und im schlimmsten Falle Job-Abbau. In Ostdeutschland schmerzt das doppelt. Immerhin gehen dadurch handfeste, langjährige, stabile Handelsbeziehungen nach Osteuropa flöten. Verlorenes wiederzugewinnen ist außerordentlich schwer, wenn nicht gar unmöglich. Der Sanktionsverhänger schneidet sich also meist ins eigene Fleisch.

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2 Unternehmer & Unternehmen Ein Pater liest der Wirtschaft die Leviten 3 Betriebswirt und Theologe lehrt an der HHL Unternehmensethik Der Weltmarktführer 4 Der Leipziger Maschinenbauer Schaudt-Mikrosa behauptet sich Der Hoffnungsträger 5 Götz Ahmelmann soll an den Flughäfen für Aufwind sorgen Vorzeigestandort 6 Chemiepark Bitterfeld-Wolfen hat den Umbruch nach der Wende gemeistert Blick über den Tellerrand 7 Was in den Kreisen passiert Geld & Märkte EU ist wahnsinniger Vorteil für Deutschland 9 IWH-Präsident Reint E. Gropp pro Europa Zwei Kämpfer für den ländlichen Raum 10 Landräte der Kreise Leipzig und Nordsachsen loben Infrastruktur Russland – ein attraktiver Markt für Sachsen 11 Arbeitgeberchef Jörg Brückner fordert Lösung des Konflikts Bürokratie Akten aus dem Backofen 12 Bäckermeister Wentzlaff kritisiert zunehmende Reglementierungen Bürokratie Vergeblicher Einsatz 13 Ex-FDP-Wirtschaftsminister Sven Morlok scheiterte Bürokratie Die Bürokrate-Bremser 14 Sächsischer Normenkontrollral prüft staatliche Gesetzesvorhaben Bürokratie Vorschriften über Vorschriften 15 Bauindustrieverbandschef Robert Momberg über Bestimmungwahn Bürokratie Für jede neue Pflicht eine andere abschaffen 16
Kirpal brandmarkt Wachstumshemnisse Forschung & Innovation Verweigerung ist keine ernsthafte Alternative 17 Fraunhofer-Chef Thorsten Posselt zur Digitalisierung Innovatives aus Wittenberg 18 Stickstoffwerke Piesteritz produzieren spezielle Dünger Willkommen im Hülsenreich 19 Start-up verschreibt sich Snacks mit Bohnen, Linsen und Kichererbsen „Wir leben im Überfluss und sind bequem“ 20 Professor Eugen Herzau bewertet Abfälle als wichtige Wertstoffe Neu am Markt: Simplaro – das Energievergleichsportal 21 Leipziger Get AG hält Verbraucherschutz für ein wichtiges Kriterium Neuer Weg für altes Öl 22 Wastx Oil erzeugt dezentral Kraftstoff aus Mineralölabfällen Thüringer Technologiekonzern Jenoptik gibt sich neue Ausrichtung 23 High-Tech-Unternehmen präsentiert sich als Spezialist für Photonik Starker Partner für Tauchaer Technologiefirma 23 Beteiligungsgesellschaft Harald Quandt hat die Mehrheit übernommen Leben & Stil Die richtige Technik zählt 25 Boxerin Sandra Atanassow sorgt beim MDR für reibunglosen Betrieb Männer-Mode für gehobene Ansprüche 26 David van Laak etabliert sich im Industriepalast Ein Patient ist kein klassischer Kunde 27 Kommunikationsstrategien in der Augenmedizin Warum Sie Querdenker im Management brauchen! 28 Tipps für Bosse und ihre Führungscrews Pelze aus Rötha erobern die Welt 29 Ex-Lehrling näht Jacken für Rapperin Stefflon Don Der Riesling spricht deutsch 30 Weintipps unseres Experten Uwe Köster Das Boss-Büro 31 NEL-Chef Uwe Teichert öffnet seine Tür Glashütter Original gewinnt Wahl zur Goldenen Unruh 32 Drei der begehrten Publikumspreise gehen erneut nach Sachsen
IHK-Präsident
lvz
Mario Ohoven (72), ist seit 1998 Präsident des Bundesverbandes Mittelständische Wirtschaft (BVMW). Ulrich Langer, ist Redakteur der LVZ-Wirtschaftszeitung.
Wenn Bürokraten Bürokratie abbauen
BVMW Christian Modla
Exportbeschränkungen –ein untaugliches Mittel
Kommentar

Ein Pater liest der Wirtschaft die Leviten

Betriebswirt und Theologe Justinus Pech

lehrt an der HHL Unternehmensethik

Mit „Pech, wie Glück“, stellt er sich zu Beginn des Gesprächs vor – der Mönch Justinus Christoph Pech. Dabei setzt er ein einnehmendes Lächeln auf und reicht freundlich die Hand zur Begrüßung. Seine Dienstkleidung ist der Habit, darin posiert er für den Fotografen. Die zweistündige Fachsimpelei zusammenzufassen, das Besprochene auf einen Nenner zu bringen, ist nahezu unmöglich. Denn der 46-Jährige sprudelt nur so voller Ideen und Gedanken und Anregungen. Aber etwas lässt sich doch feststellen: Faible für Leipzig, Fan von Bildung und ethischem Verhalten, Freund von Gin – all das trifft auf den Katholiken Pech zu.

„Ich liebe Leipzig. Es ist eine tolle Stadt“, schwärmt der gebürtige Hesse, der aus Bad Soden am Taunus stammt. Nach zwei Jahren Grundstudium der Ökonomie in Frankfurt am Main „wollte ich einfach wechseln, liebäugelte mit dem Ausland“. Dann sei er auf Leipzig gestoßen. „Diese Entscheidung, meinen Abschluss als Diplom-Kaufmann an der Handelshochschule (HHL) zu machen, habe ich nie bereut. In diese faszinierende Stadt komme ich immer wieder gern“, betont Pech, der inzwischen als Ordensgeistlicher im Kloster Stiepel in Bochum lebt. Was ihn an Leipzig reize – da platzt er regelrecht aus sich heraus. „Natürlich zuallererst die Handelshochschule, die sich mit der Wirtschaft vor Ort verbündet hat.“ Die Macher „wollten hier in Leipzig eine hervorragende Ausbildungsstätte erhalten, die geschichtlich schon so viel erlebt“. Dies zu bewahren nach der Wende, „ist herausragend. Die Eigenständigkeit zu erhalten, anstatt die Einrichtung dem Betriebswirtschaftsbereich der Uni Leipzig zuzuschlagen, kann nicht hoch genug geschätzt werden“, freut sich der Absolvent. Die Kaderschmiede ist über 100 Jahre alt, wurde im April 1898 als private Handelshochschule (HHL) auf Initiative der Leipziger Industrie- und Handelskammer und des Deutschen Verbands für das kaufmännische Unterrichtswesen nach den Ideen des Pioniers des Handelshochschulgedankens, Gustav von Mevissen, gegründet. „Es ist die Geburtsstätte der Betriebswirtschaft“, packt Pech noch eins drauf. Und legt gleich nach: Die Professoren, Dozenten und Assistenen kümmerten sich „über das normale Maß hinaus um uns. Wir wurden hier toll aufgenommen. Einfach fantastisch“.

Aber es sei längst nicht nur der gute und traditionsreiche Ruf der Ausbildungsstätte gewesen, der Pech an die Pleiße gezogen hat. „Klar verfehlt Leipzig auch als Kulturstadt nicht ihre Wirkung. Kurt Masur oder Herbert Blomstedt mit dem weltberühmten Gewandhausorchester erleben zu dürfen, das ist schon etwas Besonderes.“ Und so geschah es, dass sich der damals 23-jährige Student 1996 an der HHL einschrieb und nach 24 Monaten das Diplom in der Tasche hatte. „Diese zwei Jahre haben mich sehr stark geformt. Deshalb empfinde ich eine tiefe Dankbarkeit dieser Bürgergesellschaft gegenüber, die großen Weitblick beweist“, meint er und findet fast kein Ende des Lobes. „Die HHL ist eine wahre Markenbotschaft für den Standort und die Region, eine gewinnbringende Sache in jedem Falle“, fügt er hinzu und stellt schmunzelnd fest: „Ups, schon wieder ein ökonomischer Begriff“. Kein Wunder, kommt er doch aus dem Munde eines Wirtschaftswissenschaftlers, der zugleich Theologe ist.

Er ist von Bildung fasziniert

Bildung hat es dem Mann mit den dunklen, leicht gewellten, einfach nach hinten gekämmten Haaren angetan. Und lässt ihn mit hoher Wahrscheinlichkeit nie mehr los. Mit 34 Jahren setzt er sich den Doktorhut auf. Das Thema seiner Promotionsschrift, die er – wo sonst – natürlich an der HHL erfolgreich verteidigte, lautete „Die Bedeutung der Wirtschaftsethik für die Unternehmensführung“. Erste Schritte in diese Gedankenwelt liegen wohl schon länger zurück. Denn die beiden Jahre an der Uni Frankfurt von 1996 bis 1998 kombinierte er mit einem Philosophie-Studium

an der Jesuiten-Hochschule St. Georgen in der Main-Metropole. „Philosophie schult das Denken“, begründet er kurz und bündig diese Extra-Qualifizierung. Seit Platon stelle diese Wissenschaft die Grundfragen: „Woher komme ich, was darf ich hoffen, was treibt die Welt an?“ Für ihn sei es außerordentlich interessant und berauschend – diese Verbindung von Ökonomie und Philosophie.

Wird es wohl Zeit seines Lebens auch bleiben. Daran änderte selbst sein Trip in die wirtschaftliche Praxis nichts. Bei Procter & Gamble verdingte er sich im Bereich Marketing und Vetrieb nach dem Studium in Leipzig. Ein in 70 Ländern vertretener Konsumgüter-Konzern mit 95 000 Beschäftigten und Hauptsitz in Cincinnati im US-Bundesstaat Ohio. Bekannt mit Produkten wie Ariel, Blend-a-med, Head and Shoulders kommt er auf einen Jahresumsatz von knapp 58 Milliarden Euro sowie einen Gewinn von fast neun Milliarden Euro und liegt damit auf Platz 55 der weltgrößten Unternehmen. „Der internationale Aspekt ist dort schon sehr hoch“, erzählt Pech. Das sei durchaus sein Ding gewesen. Er gründete aber im Jahr 2000 mit einem ehemaligen HHL-Kommilitonen in Hamburg das Unternehmen Management Angels GmbH. „Irgendwann gärte in mir die Frage, ob das mein Leben lang so bleiben soll?“ Sein Wunsch zu promovieren, habe dann seinen Entschluss bestimmt, wieder nach Leipzig an die HHL zu gehen. Mit der Doktorschrift hat er offensichtlich seine Berufung gefunden – die Wirtschaftsethik. Dazu passt, dass er 2006 der Ordensgemeinschaft der Zisterzienser im Stift Heiligenkreuz bei Wien beigetreten ist und den Ordensnanem Justinus erhielt.

Er engagiert sich in päpstlicher Stiftung Bildung, Bildung, Bildung – das hat sich der Pater mehr denn je auf seine Fahnen geschrieben. Denn er studierte fortan noch katholische Theologie in Frankfurt, Dogmatik an der Gregoriana in Rom und errang dort den zweiten Doktortitel – diesmal in Theologie. Inzwischen darf er sich auch außerordentlicher Professor nennen – für Fundamentaltheologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Benedikt XVI. im österreichischen Heiligenkreuz (Wienerwald).

Seit 2017 ist er Gast-Professor für Leadership an der Leipziger HHL. Lehraufträge zu Dogmatik und Systematische Theologie an den Universitäten Bochum beziehungsweise Duisburg-Essen kommen hinzu. Dann agiert er noch als Leiter des Instituts für Führungsethik in Bochum, das Manager schult. Nicht zu vergessen sein Engagement für die Päpstliche Stiftung Centesimus Annus Pro Pontifice in Rom. Wie das alles zu schaffen ist? Seine Antwort kurz und knapp: „Das habe ich an der HHL gelernt“, er schaut dabei schelmisch drein.

In seinen Lehrinhalten spiegelt sich seine ureigene Ausbildung wieder: Er hat sich dem ethischen Verhalten in der Gesellschaft verdingt mit Blick auf wirtschaftliche Prozesse. „Mittel- und langfristig ist es immer besser, auf ethische Grundsätze zu bauen als auf kurzfristige Gewinnmaximierung zu schielen.“ Es gehe ihm vornehmlich um die Frage: „Wie erringe ich als Unternehmer das Vertrauen der Kunden und das meiner Mitarbeiter?“ Das schließe ein zu lernen, gut

und richtig in Krisensituationen zu handeln. Da fallen ihm spontan zwei Beispiele ein. Der Absturz einer Maschine der Lufthansa-Tochter Germanwings im März 2015 in Südfrankreich. Der Copilot verursachte diese Katastrophe aus Selbstmordabsicht bewusst und riss dabei 150 Insassen mit in den Tod. Pech faltet seine Hände ineinader als er betont: „Der Lufthansa-Chef Carsten Spohr hat sich damals bestens engagiert. Er übernahm für die Tragödie die Verantwortung, für das Leid der Betroffenen und für alle Mitarbeiter seiner Fluggesellschaft.“ Die Botschaft ist für Pech eindeutig: „Er war in diesem Moment das Gesicht dieses Unfalls. Er hat das sehr kommunikativ gemeistert.“

tige und Gute für die Gesellschaft? „Natürlich gibt es da Grenzfragen, wo ich nicht gleich weiß, was richtig und falsch ist. Das kann sich ja im Laufe der Zeit sogar ändern.“ Danach zu streben, es herauszufinden und danach zu leben – „darum geht es“. Das gelte für alle Menschen und zuvorderst für jene, die für andere Verantwortung tragen. Unternehmer beispielsweise. Und da bricht das Unverständnis über die riesigen Einkommensunterschiede zwischen den Obrigen und den Unteren aus dem Mönch heraus. „Das Gefährliche ist die Differenz zwischen Höchstgehalt und Mindestlohn. Ist es das Zehnfache wie früher in Deutschland? Oder das mehr 100-Fache wie heutzutage bei einigen Unternehmen?“ Die Frage, die er „gern gesellschaftlich diskutieren möchte: Wie ist das zu rechtfertigen?“ Für ihn steht die Antwort fest: „Wir müssen die Geringverdiener besser entlohnen.“ Sie würden immerhin über 90 Prozent ihres Einkommens konsumieren. „Von einem Euro mehr in der Tasche geben sie 90 Cent aus.“ Die Reichen hingegen würden 90 Prozent sparen. Davon habe die Wirtschaft, die Gesellschaft herzlich wenig. Es sei ein Diskurs nötig, „wie wir die Gesellschaft gestalten wollen, wie wir alle an dem teilhaben lassen, was diese Gesellschaft erwirtschaftet“. Er ergänzt diesen Gedanken mit den Worten: „Ein großer Bonus führt nicht messbar zu mehr Leistung.“

Er kreiert klösterlichen Gin

In seinem Institut für Führungsethik stelle er sich solchen Problemen. „Wie wirke ich als Manager auf meine Mitarbeiter? Bin ich als Chef gut – nicht nur aus mir selbst heraus, sondern wegen meiner Beschäftigten?“

Sensibilität für die Gemeinschaft, für das Umfeld müsse entwickelt werden. Wenn Manager ihn als Coach aufsuchen, dann kommen die Klienten oft auch mit solchen Fragen. „Der menschliche Faktor, Empathie ist ganz wichtig für Führungskräfte“, ist Pech mehr als überzeugt. Aber noch sei hier viel zu tun.

Ähnlich positiv sieht der katholische Wissenschaftler die Rolle von Nicola Leibinger-Kammüller. Die Chefin des Maschinenbauers Trumpf entließ keinen einzigen Mitarbeiter, als nach der Finanzkrise 2008 der Umsatz innerhalb von zwei Jahren um 40 Prozent wegbrach. Statt dessen setzte sie auf Weiterbildung ihrer Beschäftigten. Und die Unternehmerfamilie pumpte 75 Millionen Euro in die Firma, kürzte die Geschäftsführer-Gehälter um zehn Prozent. „Das ist doch ein Herangehen, das allen Betroffenen nützt“, urteilt Pech und zeigt sich zufrieden, dass es heutzutage noch solche Unternehmerpersönlichkeiten gibt.

Er stößt Debatte über Gehälter an Ethisches Handeln liegt ihm mehr als am Herzen. Darunter versteht der Freizeit-Schwimmer, -Läufer und -Radfahrer, „sich einzusetzen für Dinge, die den Menschen und der Gesellschaft nützen, ihnen zugute kommen.“ Er umschreibt das noch mit der Formulierung, „sich im Sinne der guten Sitten zu verhalten“. Es sei dabei immer die Frage zu stellen: Was ist das Rich-

Diese Sicht auf die Welt hat ihn letztlich den Schritt ins Kloster gehen lassen. „Wieso gibt es das Universum? War es ein zufälliger Urknall, der es hervorgebracht hat oder steht eine Kraft, ein Wesen dahinter? Ersteres war mir zu billig.“ So habe er entschieden, für die Idee Gott auch persönlich einzustehen. Nun lebt er mit 14 Mönchen in Bochum. „Wir praktizieren sozusagen Kommunismus im Kleinen. Allen gehört alles.“

Das Geld von seinen professoralen Auftritten und Vorträgen fließe natürlich in die Gemeinschaft. Aber nicht nur das. Sein Gin bringt dem Kloster ebenfalls einiges ein. „Seit November 2017 habe ich damit angefangen zu destillieren.“ Monastic Dry Gin steht auf dem schwarz-weißen Etikett der etwas gedrungenen Halb-Liter-Flasche. Und der Zusatz „Made in Silence“. Sein häufiges Im-Lande-Unterwegssein nutze er hin und wieder, um für den 42-prozentigen, etwa 40 Euro teuren Tropfen neue Absatzmärkte zu generieren. Letztens selbstverständlich auch in Leipzig. Mit Erfolg. „Bei Wein und Feines im Peterssteinweg ist er jetzt zu haben“, freut sich der Mönch.

Pech hat wirklich Glück. So zufrieden und dankbar wie er in die Welt schaut – das ist selten. Nach seinen Hobbys gefragt lacht er nur und meint: „Ist mein ganzes Leben denn nicht ein Hobby?“

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André Kempner
Pater Pech, Doktor der Theologie und Betriebswirtschaft, lebt als Mönch in Bochum und ist regelmäßig in Leipzig.
& Unternehmen Unternehmer
Kommt elegant daher – der klösterliche Gin. Von Ulrich Langer Ulrich Langer

Endspurt beim Unternehmerpreis

Der Wettbewerb um den Wirtschaftspreis „Sachsens Unternehmer des Jahres“ befindet sich in der heißen Phase. Nach dem Anmeldeschluss am 8. Februar wird nun von einer elfköpfigen Jury gründlich geprüft, welche Firma die pfiffigste Geschäftsidee hatte. Neben der Leipziger Volkszeitung sind auch die Sächsische Zeitung aus Dresden, die Freie Presse aus Chemnitz und der MDR beteiligt. Damit wird der wichtigste Wirtschaftspreis Sachsens, der bereits zum 14. Mal ausgelobt wird, nun erstmals von allen drei großen Tageszeitungen im Freistaat gemeinsam vergeben. Im Mittelpunkt stehen sächsische Erfolgsgeschichten: Personen, die mit Engagement, Kreativität und Mut alltäglich Sachsens wirtschaftliches Potenzial demonstrieren. Kluge Ideen, die sich zu einer nachgefragten Dienstleistung oder einem überzeugenden Produkt entwickeln. Bodenständigkeit und Verwurzelung, die in sozialem Engagement oder wegweisender Umweltarbeit gipfeln. Zwei Generationen, die erfolgreich den Weg in die Zukunft gehen. Das alles würdigt der Wettbewerb.

Der Preis ist nicht nur eine Initiative der genannten Medien sondern auch von Volkswagen Sachsen, der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft PwC, der LBBW und der Gesundheitskasse AOK Plus. Neben dem „Unternehmer des Jahres 2019“ wird auch der beste Newcomer mit dem Sonderpreis „Sachsen gründet – Start-up 2019“ geehrt.

„Die Leipziger Volkszeitung beteiligt sich in diesem Jahr zum ersten Mal an der Ausrichtung des Unternehmerpreises und zeigt damit Flagge in der Region“, sagt LVZ-Geschäftsführer Björn Steigert. „Es wurde Zeit, dass wir an dem Wettbewerb teilnehmen, denn die Wirtschaftsregion Leipzig ist ein Motor für ganz Sachsen. Nicht nur unsere Leuchttürme, wie Porsche, BMW und DHL, spielen eine wichtige Rolle, auch viele Mittelständler und immer mehr junge Start-ups tragen zum wirtschaftlichen Aufschwung der Region bei.“

Der Unternehmer des Jahres wird am 10. Mai 2019 auf einer Gala in der Gläsernen VW-Manufaktur in Dresden geehrt. Dort fällt dann auch die Entscheidung, wer den Start-up-Sonderpreis erhält. Hier trifft die Jury nur eine Vorauswahl, über den Sieger entscheiden dann die Besucher der Gala.

Silber-Label für Biosaxony

Der Weltmarktführer

Der Leipziger Maschinenbauer Schaudt-Mikrosa blickt auf 140-jährige Tradition

Produkten

Der sächsische Verband für Biotechnologie und Medizintechnik (Biosaxony) hat das Silber-Label der European Cluster Excellence Initiative (ECEI) für sein herausragendes Clustermanagement erhalten. André Hofmann, stellvertretender Vorstandsvorsitzender von Biosaxony: „Wir freuen uns sehr über die Zertifizierung mit dem Silber-Label. Sie zeigt, dass sich die Arbeit von und für den Verein in den vergangenen Jahren kontinuierlich verbessert hat.“ Die ECEI ist eine Initiative der Europäischen Kommission. Sie beinhaltet eine Reihe von Projekten und Initiativen, die darauf abzielen, die Qualität der Clusterpolitik in Europa zu verbessern.

Anhand einheitlicher Bewertungskriterien, bestehend aus inhaltlichen und organisatorischen Indikatoren, konnte der Biosaxony laut Hofmann überzeugen. Auch für die Zukunft hat er bereits konkrete Pläne: „Wir werden die zusätzliche Sichtbarkeit, die wir durch das Silber-Label erlangt haben, insbesondere zur Initiierung internationaler Kooperationen nutzen.“ Für eine Laufzeit von zwei Jahren trägt Biosaxony nun das Silber-Label und löst damit das Bronze-Label ab.

Biosaxony ist der gesamtsächsische Verband für Biotechnologie und Medizintechnik. Zu seinen Mitgliedern zählen Unternehmen, wissenschaftliche Einrichtungen sowie Interessenvertreter und Zulieferbetriebe der Branche.

PuLs – was heißt das? Puls der Zeit? Oder PulsSchlag? Oder Puls-ieren? Bei der sonderbaren Schreibweise scheinen alle diese Deutungen fehlzuschlagen. Und so ist es auch. „Präzision und Leidenschaft“ – dieser Anspruch verbirgt sich dahinter. Und bringt zugleich das Credo eines Weltmarktführers auf den Punkt – eines Ostdeutschen noch dazu. Das ist selten genug. Der Werkzeugmaschinenhersteller Schaudt Mikrosa hat nicht nur seinen Sitz in Leipzig, sondern zudem eine 140-jährige Tradition aufzuweisen. Wenige können das von sich behaupten. Aber es ist nicht das Alter, das das Unternehmen zu dem macht, was es heute ist, sondern die tagtägliche Arbeit mit höchsten Qualitätsansprüchen. Der Erfolg spricht für sich: „Das vergangene Jahr war eines der besten in der jüngsten Geschichte von Schaudt Mikrosa“, sagt Mathieu Jouan. Der Geschäftsführer strahlt dabei, als er auch für das laufenden Jahr Positives in Aussicht stellt: „Wir sehen zuversichtlich auf 2019. Die Auftragslage ist gut.“ Er hoffe, dass die tollen Resultate vom Vorjahr wiederholt werden könnten. Ein extrem ambitioniertes Ziel. „Immerhin haben wir im vergangenen Jahr beim Erlös und Ergebnis zweistellig zulegen können.“ Das sei sehr zufriedenstellend. „Wir sind überproportional gewachsen, haben den Branchentrend sogar übertroffen.“

Mehr verrät Jouan nicht. „Mit konkreten Zahlen halten wir uns traditionell eher zurück“, erklärt er. Da ist sie wieder – die altehrwürdige Tradition. Ein Begriff, der so für sich allein etwas nebulös daherkommt. Hinsichtlich der unternehmerischen Entwicklung hingegen spricht er Bände. Die sächsische Firma, deren Geschichte bis in das Jahr 1878 zurückreicht, als hier die Holzbearbeitungsmaschinenbau-Firma Kirchner & Co. gegründet wurde, hat so manche Höhen und Tiefen durchlebt und sich immer wieder durchgebissen. So wuchs die Anzahl der Mitarbeiter in Leipzig von 100 im Jahr 2006 auf nunmehr 190. Ihnen seien, so Jouan, vor allem die zuletzt zweistelligen Zuwachsraten zu verdanken. Ohne sie sei die führende Marktposition nicht zu halten. Dabei ist Leipzig in doppelter Hinsicht Spitze: Bei Nockenwellenschleifmaschinen der Marke Schaudt und bei den spitzenlosen Außenrundschleifmaschinen von Mikrosa. Das heißt, hier müssen die zu bearbeitenden Teile nicht wie beim herkömmlichen Außenrundschleifen zwischen zwei Spitzen eingespannt werden. Mit dieser Technologie glänzen die Leipziger seit 1949. Sie garantiere, so der aus Frankreich stammende und seit 20 Jahren in Deutschland lebende Chef, hohe Genauigkeit im Mikrometer-Bereich bei hoher Produktivität. Ein Freibrief für dauerhaften Erfolg ist dies dennoch nicht. „Unser Geschäft ist sehr zyklisch“, sagt

Jouan, der seit März 2017 Schaudt Mikrosa leitet. Er sieht bei den Abnehmern – vor allem Zulieferer der Autoindustrie und die Fahrzeugbranche selbst – „Investitionswellen“. Wenn es dort wegen Dieselgates oder anderen Unwägbarkeiten mit dem Absatz nicht so rund läuft wie erhofft, schlage das natürlich auf die Werkzeugmaschinenhersteller durch. „Das haben wir auch in der Vergangenheit immer wieder gespürt. Etwa 2008/09 – als die Finanzkrise ausbrach. Neun Monate lang waren bei uns so gut wie keine Aufträge reingekommen“, berichtet der 44-Jährige. Eine harte Zeit für das Unternehmen. „Hier hat auch die Zugehörigkeit zur United Grinding Group enorm geholfen.“

Zu der in der Schweiz ansässigen Gruppe gehören acht Unternehmensmarken, die mit weltweit rund 2500 Beschäftigten an mehr als 20 Produktions-, Service- und Vertriebsstandorten global aufgestellt ist. Sich gegenseitig zu helfen, sei ausgemachte Sache.

den Betrieb in der baden-württembergischen Landeshauptstadt dichtzumachen. 100 Beschäftigte waren seinerzeit davon betroffen. Und das, obwohl noch 2003/04 der sächsische Standort auf der Kippe stand. Er sollte geschlossen, die Produktion nach Hartmannsdorf bei Chemnitz verlagert werden. „Zum Glück ist es nicht dazu gekommen“, freut sich der Franzose. Stattdessen wurden später in das Leipziger Werk etwa vier Millionen Euro investiert, um die Produktivität am Standort deutlich zu erhöhen.

Die Zusammenführung mit Schaudt sei „ein richtiger und logischer Schritt gewesen“, meint der Chef. Leipzig profitiere von dem technischen Know-how beider Marken. Und die Vernetzung der United Grinding Gruppe „lässt uns global besser bestehen“. Ohne diese Verbindung wäre es deutlich schwieriger, „Leipziger Maschinen in Nordamerika und China zu verkaufen“, ist Jouan überzeugt. Zumal die Gruppe darüber hinaus unter anderem in Japan, Indien, Russland und Mexiko Niederlassungen betreibt.

„Wir denken als Gruppe“, fügt der Manager hinzu und erklärt zugleich am Beispiel, was er meint. Leipzig habe seinerzeit für ein Schwesterunternehmen, das an der Kapazitätsgrenze arbeitete, anderthalb Jahre lang Bauteile gefertigt. „Das ist uns zupassgekommen, denn wir durchlebten gerade eine Auftragsdelle.“

So sei den Leipzigern durch die Gruppenzugehörigkeit geholfen worden. „Wer nicht auf das zyklische Geschäft vorbereitet ist, läuft früher oder später in Probleme hinein“, sinniert Jouan.

Dem zu entgehen, hilft auch die Gleitzeitmethode, wie es bei Schaudt Mikrosa heißt. „Das sind im Prinzip Arbeitszeitkonten, die ein flexibles Agieren ermöglichen.“ In Zeiten von Auftragsspitzen wird länger geschuftet, in etwas flaueren Phasen können Überstunden abgefeiert werden. Letzteres sei aber im vorigen Jahr angesichts der guten Auslastung eher nicht der Fall gewesen. Dafür ist wahrscheinlich auch ein Ereignis aus dem Jahre 2009 verantwortlich.

Damals war beschlossen worden, die Stuttgarter Produktion (Marke Schaudt) nach Leipzig zu verlagern,

Obwohl die bisherige Entwicklung schwer zu toppen ist, stehen die Zeichen weiterhin auf Wachstum. „Natürlich wollen wir unsere starke Marktposition weiter ausbauen, die Adresse Nummer 1 in Sachen Qualität, Produktivität und Präzision bleiben“, schaut Jouan in die Zukunft. „Unser Erfolg kommt von unseren Kunden. Wir sind nur erfolgreich, wenn wir unsere Abnehmer voranbringen, sie zufrieden stellen.“ Zulegen bedeute aber auch, Konkurrenten Marktanteile abzunehmen. Gegenüber den Wettbewerbern sei das eine Herausforderung. „Aber der stellen wir uns mit Zuversicht“, gibt sich der Schaudt-Mikrosa-Chef selbstbewusst. Und untersetzt es mit Fakten. „Wir haben in moderne Technik investiert. Allein für eine komplett neue moderne Krananlage hat die Firma 200 000 Euro in die Hand genommen.“ Neu ist ebenfalls eine Reinigungszelle für Maschinenüberholungen. „Alte Maschinen unserer Kunden, die teilweise seit 20 Jahren im Drei-Schichtbetrieb laufen, werden dort vollständig auseinander gebaut und von Schmutz und Öl befreit.“ Dies sei Teil der „Komplettsanierung“ solcher Maschinen. Mit neuen Bauteilen und moderner Steuerungs-Elektronik versehen, werden sie dann wieder an den Kunden ausgeliefert. Aus alt mach neu – die Umwelt achtend, wird so ein zusätzliches Angebot für frühere Abnehmer. „Das gesamte Service-Geschäft mit Ersatzteilen, Wartungen, Schulungen, Überholungen und mehr macht immerhin schon ein Viertel unseres Umsatzes aus, die restlichen 75 Prozent entfallen auf Neumaschinen“, berichtet der Firmenchef. Diese Doppelstrategie ist ein wichtiger Trumpf der Schaudt-Mikrosianer, auf dem wesentlich ihre Zukunft basiert.

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& Unternehmer Unternehmen
Peter Endig/dpa
zurück und behauptet sich mit innovativen
Technik pur – beim Leipziger Maschinenbauer Schaudt-Mikrosa ist höchste Qualität gefragt. Von Ulrich Langer
„Wir sehen zuversichtlich auf 2019. Die Auftragslage ist gut.“
Mathieu Jouan Biotechnologie hat in Sachsen einen großen Stellenwert. Mikrosa/Thomas Eugster

baden-württembergischen LandesBeschäftigte waren obwohl noch der Kippe Produktion nach werden. „Zum freut sich der Leipziger um die Proerhöhen. „ein richder Chef. Know-how der United bestehen“. schwieriger, China zu die Gruppe Japan, Indien, betreibt. schwer zu topWachstum. Marktposition in Sachen bleiben“, schaut von unsewir unsere stellen.“ ZuleMarktanteile Wettbewerbern sei das wir uns mit Schaudt-Mikrosa-Chef Fakten. „Wir Allein für eine die Firma Neu ist ebenMaschinenüberholunteilweise laufen, werden von Schmutz „Komplettsanierung“ und moderwerden sie dann mach neu zusätzliches AngeService-GeSchulungen, schon ein restlichen 75 Proberichtet der Firwichtiger wesentlich

Der Hoffnungsträger

Götz Ahmelmann soll an den mitteldeutschen Flughäfen für Aufwind sorgen

Er ist bereits ordentlich vernetzt. „Viele von ihnen kenne ich schon“, sagte Götz Ahmelmann Mitte Februar auf einem Empfang, auf dem er als Chef der Mitteldeutschen Flughafen AG vorgestellt und das langjährige Vorstandsmitglied Markus Kopp verabschiedet wurde. Das verwundert nicht, denn der neue Hoffnungsträger der Airports Leipzig/Halle und Dresden hatte bereits Mitte Oktober seinen Dienst angetreten und die erste Zeit bereits genutzt, Land und Leute kennenzulernen. So war er aufmerksamer Zuhörer des jährlich in der Deutschen Bank stattfindenden Gesprächs der Spitzen der regionalen Wirtschaftsorganisationen mit Oberbürgermeister Burkhard Jung, nahm am Neujahrsempfang der hiesigen Wirtschaft in der Glashalle der Messe teil und besuchte die Vergabe der Leipziger Lerche durch den Unternehmerverein Gemeinsam für Leipzig in der Kuppelhalle der LVZ an den Star der hiesigen Herzchirurgie Friedrich-Wilhelm Mohr.

Häufig an Ahmelmanns Seite war Kopp, der gerne länger geblieben wäre, dessen Vertrag aber vom Aufsichtsrat nicht verlängert worden war. „Er hat mich toll unterstützt. Das ist nicht selbstverständlich“, hat Ahmelmann für Kopps Engagement ein dickes Lob parat, denn der sorgte maßgeblich dafür, dass der neue Stern am sächsischen Luftfahrthimmel rasch bekannt wurde. Ahmelmann selbst ist auch alles andere als kontaktscheu – kein Wunder, ist er doch ein Vertriebsmann durch und durch. Wie Kopp übrigens auch.

Kopp, der 2006 die Leitung der sächsischen Airports übernahm, wurde das ausbaufähige Passagiergeschäft angelastet. Im vorigen Jahr stellte der Flughafen in Schkeuditz zwar mit 2,6 Millionen Gästen einen neuen Rekord auf, zugleich waren das eine halbe Million Passagiere mehr als 2005, dem Jahr, bevor die rheinische Frohnatur Kopp den Chefsessel übernahm. Doch die Kapazität des Airports ist auf 4,5 Millionen Kunden jährlich ausgelegt. Es mangelt vor allem an Verbindungen in andere Metropolen. Zwar gab es zeitweilig mal diese (Paris), mal jene (Barcelona) neue Route, doch sie hielten sich nicht lange. Was nicht an Kopp lag, sondern am nach wie

Blick in die Mall des Zentralterminals am Flughafen Leipzig/Halle. Es ist für deutlich mehr Passagiere ausgelegt als bis jetzt erreicht.

früheren Leipziger Baubeigeordneten Engelbert Lütke-Daldrup geleitet wird, kommt ihm nicht über die Lippen. Die Erwartungen jedenfalls sind hoch. „Wir hoffen, dass künftig die Chancen und Potenziale der beiden Airports bei den Passagieren besser genutzt werden“, lautet die Vorgabe aus dem Aufsichtsrat. Das Gremium mit seinem Vorsitzenden Erich Staake, im Hauptberuf Chef der Duisburger Hafen AG, setzt auf die Branchenkenntnisse Ahmelmanns, der inzwischen in Leipzig wohnt. Jahrelang war er für die größte deutsche Fluglinie Lufthansa tätig. Nach Stationen im Produktmanagement und in der Konzernstrategie verantwortete er als kaufmännischer Leiter den Lufthansa-Hub in Frankfurt am Main. Anschließend war er als Vertriebsvizepräsident für 45 Länder und die Abfertigung an über 100 Flughafenstationen zuständig. Ein knappes Jahr lang, bis Mai 2015, arbeitete er als Vertriebsvorstand von Air Berlin, wechselte zur Muttergesellschaft Etihad aus Abu Dabi und kehrte zu Air Berlin zurück. Wenige Monate später musst die Airline allerdings Insolvenz anmelden.

stationiert. Bis Ende des Jahres soll die Flotte auf fünf Maschinen wachsen. Ziel ist, innereuropäische Expressdienste zu bedienen. Leipzig ist laut Cargologic-Manager Ulrich Ogiermann prädestiniert, weil Frachtflüge rund um die Uhr möglich sind. Ferner ist eine große Wartungsbasis von Volga-Dnepr bereits am Standort. Und Lufthansa Cargo ist mit einem Gemeinschaftsunternehmen mit DHL Express in Leipzig/Halle „sehr gut positioniert“, so ein Sprecher.

Ökonomisch betrachtet sind das gute Ausgangspositionen. „Mittelfristig wird der Flugverkehr stärker als die Weltwirtschaft zulegen“, heißt es in

einer vor Kurzem veröffentlichten Studie der Landesbank Hessen-Thüringen. „Hierfür müssen die Kapazitäten ausgebaut werden.“ Neue Start-und Landebahnen sowie Terminals würden an vielen Stellen benötigt. Diese Aussichten versprechen also mehr Flugverkehr und im Umfeld des Schkeuditzer Airports zahlreiche neue Jobs. Gegenwärtig sind rund um den Flughafen über 9000 Menschen beschäftigt. Da kommt auf Ahmelmann auch die Aufgabe zu, ansiedlungswillige Unternehmen mit ausreichend vorhandenen Fachkräften zu überzeugen.

Bildung ist das A und O? Falsch:

Es ist das I, H und K.

Götz Ahmelmann

vor schwachen wirtschaftlichen Umfeld des mitteldeutschen Raums. Billigtickets gingen zwar weg wie warme Semmeln, doch die teuren und für die Airlines so wichtigen Business-Class-Sitze verkauften sich zumeist nur schleppend. Denn hierzulande gibt es kaum Konzernsitze, zu wenig Forschungs- und Entwicklungsabteilungen. All das sorgt an anderen Standorten für eine rege Flugtätigkeit. Ahmelmann, ein gebürtiger Kieler, soll hier nun für Aufwind sorgen. „Leipzig/Halle ist vielleicht der in der breiten Öffentlichkeit am meisten unterschätzte Airport“, meint der 47-Jährige. Die Region sei dynamisch, im Passagiergeschäft gebe es also Wachstumspotenzial. Für den verheirateten Vater von zwei Kindern steht fest, dass er auf die Fluggesellschaften zugehen will unter dem Motto: „Die Zeit ist reif für Leipzig.“ Er werde dafür kämpfen, „dass Leipzig/Halle und Dresden Anschluss an die europäischen Metropolen bekommen“. Außerdem wolle er die Berliner Bevölkerung davon überzeugen, „dass unsere beiden Airports gute Alternativen sind“. Die unendliche Pannengeschichte des unvollendeten Hauptstadtflughafens, der seit einiger Zeit bekanntlich vom

Ahmelmann sei ein „ausgewiesener Branchenkenner“, verteilte der Aufsichtsrat Vorschusslorbeeren. So schwierig es nach Einschätzung von Branchenbeobachtern werden dürfte, das Passagiergeschäft in neue Höhen zu befördern, so vergleichsweise leicht dürfte das im Frachtgeschäft gelingen. Leipzig/Halle ist, maßgeblich getrieben vom europäischen Frachtdrehkreuz, das DHL betreibt, mit 1,2 Millionen Tonnen, die im vorigen Jahr umgeschlagen wurden, in der Bundesrepublik hinter Frankfurt die Nummer zwei und in Europa auf dem fünften Rang. Davon entfallen zehn Prozent nicht auf DHL. Der Airport ist bereits der größte Umschlagplatz für Amazon in Europa. Und der Online-Handel wächst ungebrochen weiter. Zudem hat die schwarz-rote Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag bereits beschlossen, den Frachtflughafen Leipzig/Halle auszubauen. Die Kohle-Kommission setzte vor wenigen Wochen noch einen drauf und plädierte für eine Vorfelderweiterung, neue Rollwege und den Aufbau des Adhoc-Chartergeschäfts, wobei es um einmalige Einfluggenehmigungen geht. Ein Flugzeug hat Cargologic Germany, eine Tochter der russischen Volga-Dnepr, schon in Schkeuditz

Warum, weiß die wirtschaft-bewegen.de/bildung

GRÖSSTER OPEN-AIR-BERUFSORIENTIERUNGSTAG IN MITTELDEUTSCHLAND

27. Aktionstag Lehrstellen am 11. Mai 2019

Beim Aktionstag Lehrstellen können Unternehmen n Schülerinnen und Schüler ab der siebten Klasse über ihre Ausbildungsberufe informieren, n sich als attraktiver Ausbildungsbetrieb präsentieren n und auf diese Weise wirkungsvoll um künftige Lehrlinge werben. Die große Ausstellungfläche unter freiem Himmel erlaubt aufwendige Standpräsentationen mit Maschinen und Fahrzeugen oder lebendigen Schauwerkstätten.

von 10 bis 14 Uhr im ZAW Zentrum für Aus- und Weiterbildung, Am Ritterschlösschen 22, 04179 Leipzig Unternehmen können sich bis 30. April 2019 online anmelden und einen Stand sichern unter: www.leipzig.ihk.de/lehrstellentag

Die Teilnahme am Aktionstag Lehrstellen ist für Unternehmen kostenfrei. Organisatoren des Aktionstages Lehrstellen sind die IHK zu Leipzig, die Handwerkskammer zu Leipzig, die Agentur für Arbeit Leipzig und das Landesamt für Schule und Bildung, Standort Leipzig.

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Peter Endig/dpa
„Leipzig/Halle ist vielleicht der in der breiten Öffentlichkeit am meisten unterschätzte Airport“
Von Ulrich Milde
Jürgen Weyrich
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Airport-Chef Götz Ahmelmann

Vorzeigestandort

Chemiepark Bitterfeld-Wolfen hat den Umbruch nach der Wende gemeistert

Segelboote und Ausflugsschiffe schippern auf dem Großen Goitzschesee. Spaziergänger, Wanderer und Radfahrer tummeln sich am Ufer. Im Sommer wird am Sandstrand in der Sonne gebrutzelt und gebadet. Restaurants laden zum Verweilen ein. Touristen wie Einheimischen wird so das Gefühl vermittelt, im sonnigen Süden auszuspannen. Tatsächlich aber sind sie in Bitterfeld, eine Stadt in Sachsen-Anhalt, die an eine 25 Quadratkilometer große Seenlandschaft angrenzt und vor zwölf Jahren mit der benachbarten Kommune Wolfen zusammengeschlossen wurde. Für jüngere Mitmenschen dürfte es kaum vorstellbar sein, dass Bitterfeld einst den zweifelhaften Ruf genoss, die schmutzigste Stadt in Europa zu sein.

Zu DDR-Zeiten drehte sich fast alles um die Chemie- und Kohleproduktion. Qualmende Industrieschlote, schlechte Luft, verseuchte Böden, durch den Braunkohle-Abbau zerstörte Landschaften prägten das Bild. Heute ist davon kaum noch etwas zu sehen. Gut 20 000 Hektar wurden durch die Tagebaue in Anspruch genommen. Neun Zehntel davon sind heute wieder nutzbar. Rund 320 Millionen Euro hat die öffentliche Hand seit der Wiedervereinigung zur Sanierung dieser arg geschundenen Landschaft spendiert. Es sei bemerkenswert, so drückte es kürzlich Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (65) aus, dass in der der Nachbarschaft moderner Chemieanlagen „durch die Flutung eines Braunkohletagebaus eine idyllische Seenlandschaft entstanden ist“.

Doch noch ist nicht alles Gold, was in dieser neuen Symbiose aus Industrie und Tourismus glänzt. Michael Polk (63) und Patrice Heine (46), Geschäftsführer der Chemieparkgesellschaft, die sich um die Infrastruktur des heute 1200 Hektar umfassenden Industrieareals und um Neuansiedlungen von Betrieben kümmert, wissen nur zu gut, dass es eher Jahrzehnte dauert, einen ramponierten Ruf aufzupolieren. „Das Klischee der Umweltzerstörung hängt der Region noch nach“, sagt Polk. „Die Realität passt nicht zu der immer noch vorhandenen Wahrnehmung in den Köpfen vieler Menschen, sie zu erreichen, ist keine leichte Aufgabe“, formuliert Heine.

Dabei hat die inzwischen 126 Jahre alte ChemieIndustrie in Bitterfeld-Wolfen nach der Wende eine nahezu beispiellose Umstrukturierung hinter sich gebracht. „Es war ein riesiger Bruch nach dem Mauerfall“, erinnert sich Polk. Im einstigen Chemiekombinat waren 17 500 Menschen beschäftigt, hinzu kamen 15 000 Beschäftigte des Filmkombinats Wolfen. Angesichts maroder Anlagen und kaum mehr wettbewerbsfähiger Produkte stand die Existenz auf dem Spiel. Die Treuhandanstalt legte ein Konzept vor, in dem alle notwendigen Dienstleistungen und Services

von einem Dritten, der Chemieparkgesellschaft, bereitgestellt werden sollten, damit die Unternehmen sich um ihr Kerngeschäft, die Fertigung, kümmern konnten.

Die Ansiedlung von bekannten Konzernen gelang. Teils freiwillig, um sich die vorhandene Kompetenz der Fachkräfte zu sichern, teils auf mehr oder weniger sanften Druck von Einheitskanzler Helmut Kohl. Er wurde massiv unterstützt von Hermann Rappe (89), dem damaligen Vorsitzenden der Industriegewerkschaft Chemie. Wer nicht im Osten investiere, sei ein vaterlandsloser Geselle, polterte der einflussreiche Arbeiterführer ebenso lautstark wie erfolgreich. Mittlerweile haben sich auf dem Gelände über 350 Firmen niedergelassen. Darunter sind Branchenriesen wie Bayer und Lancess, Heraeus und Evonik, Linde und Nouryon, ehemals Akzo Nobel. Daneben haben aber auch frühere Beschäftigte, die ihren Job verloren haben, den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt und gepackt. „Wir haben einen guten Mix aus Global Playern und Mittelständlern“, sagt Polk.

Zusammen beschäftigen die Firmen nach früheren Angaben 12 000 Mitarbeiter. Heine korrigiert diese

Zahl nach oben. „Es werden jedes Jahr mehr und dürften mittlerweile 13 000 Arbeitsplätze sein.“ Schließlich erweitern sich die am Standort ansässigen Betriebe stetig. Auf „regelmäßig über 100 Millionen Euro“ beziffert Polk das jährliche Investitionsvolumen. So gibt allein Bayer für die Pillen-Produktion – in Bitterfeld wird unter anderem die weltberühmte Schmerztablette Aspirin hergestellt – bis Ende nächsten Jahres 90 Millionen Euro für neue Anlagen aus. In unmittelbarer Nachbarschaft des Chemieparks will die Progroup für 370 Millionen Euro ein Werk zur Herstellung von Wellpappe hochziehen und weitere 140 Arbeitsplätze schaffen. Die Gesamtinvestitionen auf dem Gelände des Chemieparks dürften seit der Wende inzwischen bei mehr als fünf Milliarden Euro liegen.

Als Pluspunkt des Chemieparks gilt der stoffliche Verbund. Ausgehend von der Chloralkali-Elektrolyse hat sich ein komplexer Verbund zwischen Nouryon, Heraeus, Evonik und Linde herausgebildet. Das Chlor wird zu 70 Prozent von acht Firmen im Chemiepark weiterverarbeitet, 30 Prozent gehen an andere Standorte. Eine Besonderheit ist die Chlorproduktion ohne

„Die Realität passt nicht zu der immer noch vorhandenen Wahrnehmung in den Köpfen vieler Menschen.“

Rückstände. Nebenbestandteile werden in den stofflichen Kreislauf zurückgeführt. Calzium Carbonat etwa findet als Dünger in der Landwirtschaft seine Verwendung, Natrium Sulfat unter anderem in der Waschmittelherstellung.

Unternehmen können, müssen aber nicht die Dienstleistungen der seit 2013 zum Gelsenwasser-Konzern gehörenden Chemieparkgesellschaft in Anspruch nehmen. „Maximal Freiheitsgrade“ nennt das Heine, der auch die „hohe Verbundenheit der Bevölkerung“ zur Chemie lobt. Da die Unternehmen sich inzwischen auch vielfältig in Stadt und Region engagierten, gelinge es ihnen nach wie vor, über die Akzeptanz in der Bevölkerung freie Stellen in relativ rascher Zeit zu besetzen. Nicht zuletzt sei auch die Nähe zu den Großstädten Leipzig und Halle und zum Flughafen ein bedeutender Standortvorteil. „Internationalisierung ist für uns kein Fremdwort, sondern Alltag.“

Die Chemiebranche in Bitterfeld-Wolfen hat eine lange Tradition. Bereits 1893 gründete die AEG Berlin, angezogen von der günstigen Braunkohle, die Elektrochemischen Werke GmbH. Ihr folgte die Aktien Gesellschaft für Anilin-Fabrikation, kurz Agfa, mit der Gründung der Farbenfabrik und der Errichtung der Filmfabrik in Wolfen. Der weltweit erste Farbfilm und der Kunststoff PVC stehen für eine ganze Reihe von Erfindungen und Innovationen. Später, zu DDRZeiten, wurden im Chemiekombinat 4500 unterschiedliche Produkte hergestellt. Als „Apotheke der DDR“ wurde der Standort bezeichnet.

„Wir dürfen stolz sein auf diese Erfolgsgeschichte unserer Chemie am Goitzschesee“, meint Heine. „Wir sind ein Vorzeigestandort“, betont Polk. Doch ausruhen gilt nicht. Zum einen gibt es noch genügend Altlasten, etwa bei Deponien und beim Grundwasser. Zum anderen soll die Zukunft gestaltet werden. „Wir haben ein stetiges organisches Wachstum und Dynamik bei den Neuansiedlungen“, sagt Heine. Ziel sei, den Chemiepark weiterzuentwickeln „mit Ansiedlungen, die zu uns passen“, so Polk. Deshalb werde mit den 120 Hektar freien Flächen sorgsam umgegangen. Zudem „haben wir im vorigen Jahr auch erneut Flächen dazugekauft“, ergänzt Heine. Für ihn steht fest, dass die Chemie grüner werden müsse. Es gehe um einen vernünftigen Umgang mit den vorhandenen Ressourcen. „Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft sind angesagt“, betont Polk. „Wir bemühen uns intensiv um die Themen Halbleiter, Silizium und Batterien“, berichtet Heine. „Da wollen wir uns stärker profilieren.“ Grundsätzlich „sehen wir positiv in die Zukunft“, sagt Polk. Heine ist davon überzeugt, „dass wir die langjährige Geschichte des Standortes fortschreiben können.“

6 & Unternehmer Unternehmen
Von Ulrich Milde
Bertram
Imposant – was aus dem Chemiestandort geworden ist.
Kober / Chemipark
Heine
„Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft sind angesagt“
Michael Polk
Philipp Kirschner Chemiepark (2)

Blick über den Tellerrand

Vom Altenburger Glaser bis zur Waldheimer Kosmetik

Altenburger Glaser Niklas Backmann

heimst Preise ein

Das ist beileibe nicht alltäglich, dafür aber um so schöner: Wenn ein hiesiger Lehrling einen Bundespreis einheimst. Niklas Backmann aus Altenburg hat dies geschafft. Er gewann den Leistungswettbewerb des Deutschen Handwerks als Glaser in der Fachrichtung Verglasung und Glasbau. Darüber hinaus errang er den zweiten Platz im Wettbewerb „Die gute Form –Handwerker gestalten“. Obwohl er meint, diese Doppel-Ehrung sei ja nichts Besonderes, ist der 22-Jährige dennoch stolz darauf.

Backmann überzeugte die Jury mit seinem Gesellenstück: eine Glasvitrine mit eingeklebten Böden. Die Experten waren sich einig, dass dies keine leichte Arbeit gewesen ist – von den Entwürfen über den Zuschnitt der Glasscheiben bis hin zu den exzellent abgeschliffenen Seitenteilen und jeweiligen Einsätzen. Damit wurde er auch Landessieger beim Leistungswettbewerb in Thüringen, konnte dadurch automatisch auch am Bundesausscheid teilnehmen. In der Kategorie „Die gute Form“ ging es vor allem um die ästhetische Ausführung der Arbeit.

Schon seit seiner Kindheit wollte Niklas Backmann Glaser werden. Was Wunder: Immerhin betreibt sein Vater Hilmar Backmann in Altenburg das gleichnamige Glaszentrum. Der Junior wuchs praktisch mit Holz und Glas auf. Während sein Bruder Tim Tischler geworden ist, widmete Niklas sich lieber dem zerbrechlicheren Werkstoff. Nach dem Abitur startete er seine Lehre im väterlichen Betrieb. In Thüringen gibt es aufgrund zu geringer Azubizahlen keine Berufsschule für Glaser mehr. Daher muss Niklas Backmann jene in Schkeuditz besuchen. Aber die weiten Wege von Thüringen nach Nordsachsen haben sich gelohnt. Denn nach drei Jahren Lehrzeit schaffte er erfolgreich seine Gesellenprüfung.

Im Familienbetrieb mag er auch künftig bleiben. Das freut seinen Vater: „Beide Söhne im Familienbetrieb zu haben – das ist wirklich toll. So kann ich optimistisch in die Zukunft blicken.“

Bad Lausick: Reinigungsfirma zieht in leerstehenden Supermarkt

Was leer steht, muss nicht leer bleiben. Nach diesem Motto ist die Bad Lausicker Reinigungsfirma Reuter & Schreck vorgegangen. Der Chef und Inhaber des Unternehmens, André Schreck, hat nun sein Büro im ehemaligen Rewe-Markt aufgeschlagen. Nach gut einem Jahr waren die Umbauarbeiten unter Dach und Fach. Und nicht nur dem Geschäftsführer geht es jetzt in Sachen Arbeitsbedingungen besser. Auch die 180 Mitarbeiter freuen sich über ihren modernen Arbeitsplatz. Genügend Raum sei endlich für die Technik, die Putz- und Reinigungsmittel – im neu eingerichteten Lager. „Unser neues Haus erleichtert die Arbeit. Bisher mussten wir jede Palette Toilettenpapier von Hand abladen, ins Haus bringen und – wenn es zu den Kunden ging – wieder raus“, sagt er. Jetzt gebe es im einstigen Verkaufsraum ein befahrbares Lager. Die Waschmaschinen und Trockner für Wischmops und Lappen drängen sich nicht mehr im Keller.

Gute Arbeitsbedingungen und ein gutes Klima nennt André Schreck als wichtige Faktoren, die die in den vergangenen beiden Jahren um ein Drittel gewachsene Mannschaft zusammenzuhalten.

Zweieinhalb Jahrzehnte drängte sich das Unternehmen, das Vater Dieter Schreck und Christine Reuter in den letzten Monaten der DDR 1990 gründeten, auf der äußerst knapp bemessenen Fläche eines Einfamilienhauses. Weil die Zahl der Mitarbeiter von anderthalb Dutzend kontinuierlich und schnell anstieg, kam die Firma schon bald an ihre Grenzen. André Schreck, der die Firma seit 2010 allein führt, ist zufrieden: Das einstige Rewe-Objekt zu kaufen und umzubauen, sei

die richtige Entscheidung gewesen, so der 48-Jährige: „Wir haben vorgebaut für die Zukunft.“

Eine Zukunft, die erhebliche Umstellungen bringen werde, davon ist der Geschäftsführer überzeugt: „Die Gebäudereinigung verändert sich massiv. In wenigen Jahren sind es Roboter, die die großen Flächen, zum Beispiel in den Turnhallen, reinigen.“ Die Säuberung von Schulen, Hallen, Verwaltungen, Firmensitzen machen 70 Prozent des Umsatzes aus. Hinzu kommen Fenster- und Grundreinigungen, Hausmeister- und Wirtschaftsdienste.

Beim Automobilzulieferer Grammer in Schmölln droht Jobabbau

Unruhige Zeiten für die Mitarbeiter: Der weltweit agierende Grammer-Konzern, ein Automobilzulieferer, plant in seiner Schmöllner Niederlassung Stellenstreichungen. Zur Grammer Systems GmbH gehören auch Werke in Amberg, Bremen, Zwickau und Rastatt. Die Mitarbeiter bangen um ihre Jobs.

Zunächst wurde zwar die betriebsbedingte Kündigung von 13 der 226 Mitarbeiter in Schmölln angekündigt. Welche Beschäftigten konkret betroffen sind, soll in einer Sozialauswahl bis April festgelegt werden.

Die Belegschaft fürchtet allerdings, dass dies nur der Anfang einer noch größeren Entlassungswelle ist, für die es deutliche Signale gebe. So soll Grammer für Schmölln keine neuen Produkte geplant haben, so dass die jetzige Fertigung 2020 ersatzlos auslaufen könnte und das Werk damit überflüssig würde. Begründet wird der Fertigungsrückgang mit logistischen Nachteilen am Standort, fehlendem Fachpersonal und dem Kostendruck aus einem tschechischen Werk, das deutlich günstiger produziere. Schon im März 2018 waren in Schmölln 60 Arbeitsplätze weggefallen, als die Produktion der Mittelarmlehne für eine BMW-Reihe nach Tschechien verlagert worden

war. Derzeit wird in Schmölln die Mittelkonsole für den BMW X1 und die 2er-Reihe gefertigt. Grammer betreibt dazu zwei eigene Hallen, eine für die Spritzgießerei, die andere für die Endmontage. Gegründet wurde der Standort im Jahr 2007.

Grammer selbst wollte sich zu den Vorgängen und Plänen in Schmölln seinerzeit nicht äußern, bestätigte lediglich, dass im Werk in Schmölln eine Betriebsversammlung stattgefunden hatte.

Florena Waldheim – Garant für Aufschwung des Beiersdorf-Konzerns

An der guten Geschäftsentwicklung des Hamburger Kosmetik-Riesen Beiersdorf hat die Tochter Florena in Waldheim einen gehörigen Anteil. Für das vergangene Geschäftsjahr konnte die Mutter immerhin ein deutliches Umsatzplus ausweisen. Die Erlöse seien um 5,4 Prozent gestiegen, teilte das Unternehmen kürzlich mit. Insgesamt betrugen sie 7,233 Milliarden Euro. „2018 war ein gutes Geschäftsjahr für Beiersorf. Wir haben unsere Aufwärtsentwicklung fortgesetzt und unsere Ziele erreicht“, hieß es weiter. Beide Bereiche – Consumer und Tesa – hätten zum Geschäftsergebnis beigetragen. „Auf dieser Grundlage werden wir 2019 wichtige strategische Weichen stellen, um das zukünftige Potenzial von Beiersdorf zu heben und weiteres nachhaltiges Wachstum erzielen zu können“, sagte Stefan De Loecker, Beiersdorf-Vorstandsvorsitzender.

In welchem Umfang jedoch Florena konkret den Aufwärtstrend befeuert hat – dazu gibt es keine konkreten Aussagen. Nur soviel: Auch der Waldheimer Produktionsstandort ist an diesem geschäftlichen Erfolg beteiligt. Auch Einzelumsätze für Florena-Erzeugnisse werden vom Konzern nicht ausgewiesen. Fest steht jedoch: Für dieses Jahr hat Beiersdorf Investitionen in eine neue Fertigungslinie in Waldheim angekündigt. Sie soll noch in der ersten Jahreshälfte abgeschlossen sein.

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Auszeichnung für eine hervorragende Bonität

Creditreform Leipzig vergibt Zertifikat „CrefoZert“ an Unternehmen aus der Region

Die beste Bonität, also die Kreditwürdigkeit von Unternehmen, nützt nichts, wenn sie niemand kennt. Im Geschäftsalltag ist es jedoch häufig schwer, die eigene Kreditwürdigkeit offen und transparent nach außen darzustellen. Große Firmen lassen deshalb ihre Bonität von sogenannten Ratingagenturen bewerten. „Die ist allerdings sehr hochpreisig. Kleine und mittelständische Unternehmen können sich diese Leistung oftmals nicht leisten“, weiß Simone Polenz, Marketingbeauftragte bei der Creditreform Leipzig Niedenzu KG. Deshalb hat die Creditreform, speziell für die Anforderungen von Mittelständlern, 2009 das „CrefoZert“ entwickelt. Ein Prüfsiegel, das erst nach einem anspruchsvollen Zertifizierungsprozess durch die Creditreform vergeben wird. „Die Kriterien dafür sind sehr streng. Insgesamt erfüllen nur zwei Prozent aller deutschen Unternehmen unsere Bedingungen. Das macht die Auszeichnung auch so wertvoll und steht der Bewertung der Ratingagenturen in nichts nach“, betont Simone Polenz. Bundesweit wurden bislang rund 2500 Unternehmen mit CrefoZert ausgezeichnet – in der Region Leipzig waren es 20.

Mit dem „CrefoZert“ haben Unternehmen ein vollkommen neues Kommunikationsinstrument in der Hand.

Voraussetzungen und Prüfprozess Wichtigstes Kriterium für ein positives Ergebnis ist ein guter Bonitätsindex. „Diese Kennzahl ermittelt die Creditreform mit modernsten statistischen Methoden auf Basis von umfangreichen Informationsquellen. Je höher der Wert des Bonitätsindex ist, desto höher kalkulieren wir das Risiko des Unternehmens, seinen Zahlungsverpflichtungen nicht termingerecht und vollständig nachzukommen“, beschreibt die Marketingbeauftragte. „Das Bonitätsspektrum reicht von 100, einer sehr guten Bonität, bis 600 – in diesem Fall liegen harte Negativmerkmale vor.“ Neben dem Bonitätsindex prüft die Creditreform auch die aktuellen und vollständigen Jahresabschlüsse. „Ein Unternehmen, das die Auszeichnung beantragt, muss mindestens drei Jahre wirtschaftsaktiv sein und mindestens zwei vollständige Bilanzjahre lückenlos dokumentieren.“ Stimmen Bonitätsindex und Rating, befragt Creditreform das Unternehmen intensiv vor Ort zur aktuellen Situation sowie zu seinen Zukunftsperspektiven. Um den hohen Qualitätsstandard der Auszeichnung zu gewährleisten, folgt eine jährliche Prüfung und Neuvergabe des Zertifikats. „Unternehmen, die die Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, wird das Siegel nicht verliehen beziehungsweise auch wieder entzogen.“

CrefoZert signalisiert Sicherheit und Transparenz „Unternehmen wissen, dass die bescheinigte gute Bonität ihre Verhandlungsposition gegenüber Kunden, Lieferanten und Kapitalgebern stärkt“, so Anett Hesse, Vertriebsleiterin der Creditreform Leipzig. „Das Bonitätssiegel dokumentiert die Beständigkeit, wirtschaftliche Stabilität und positive Entwicklung der Unternehmen – das ist auch für die Mitarbeiter ein positives Signal.“ Das kann auch die Firma Fischer Haustechnik GmbH & Co. KG bestätigen. Sie ist im Sommer vergangenen Jahres durch die Creditreform ausgezeichnet worden. Das Zertifikat ist für das Unternehmen ein wichtiger Grund zur Mitarbeiterbindung und -gewinnung. „Viele Bewerber informieren sich vorab im Internet über uns als Arbeitgeber. Aus Sicht des Arbeitnehmers ist es häufig am wichtigsten, dass das Gehalt pünktlich gezahlt wird und das Geschäft eine sichere Zukunftsperspektive hat. Dass wir all diese Kriterien erfüllen, bestätigt das Bonitätssiegel – ein echter Vorteil im Kampf um die besten Arbeitskräfte“, betont Geschäftsführerin Melissa Fischer. Ähnlich sieht das auch die Wohnungsbau-Genossenschaft Kontakt e.G, die im Januar 2019 das Siegel erhielt. Sie signalisiert damit ihren Mitgliedern und zukünftigen Mietern, dass sie es

mit einem gesunden und soliden Unternehmen zu tun haben.

Wertvoll für die Eigenwerbung

Viele Unternehmen nutzen das CrefoZert natürlich auch, um ihr Image zu stärken, und stellen das Siegel in ihrem Außenauftritt deutlich heraus – auf der Website, in E-Mail-Signaturen, auf den Geschäftspapieren oder in Form einer Urkunde, die sie in ihren Geschäftsräumen oder bei internationalen Messen präsentieren. „Manche Firmen arbeiten über Jahre auf die Vergabe hin, andere wünschen sich das Zertifikat sogar in arabischer Sprache“, sagt Anett Hesse.

Creditreform Leipzig Niedenzu KG

Hahnekamm 1 | 04103 Leipzig

Telefon: 0341 9944­ 0 | Fax: 0341 9944­133

E­Mail: info@leipzig.creditreform.de www.creditreform­leipzig.de Mitarbeiter

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„CrefoZert schafft Vertrauen“

Fischer Haustechnik bereits mehrfach ausgezeichnet

Seit inzwischen 25 Jahren ist die Fischer Haustechnik als Komplexdienstleister für die Planung, Verlegung, Installation und Wartung von Hochfrequenz- und Lichtwellenleiter-Netzen sowie von Elektround Kommunikationsanlagen tätig. Führende Kabelnetzbetreiber, Energieversorger, Wohnungsgesellschaften und Industrieunternehmen aus ganz Deutschland schätzen die Leistungsfähigkeit und Kompetenz des renommierten Leipziger Fachbetriebs.

Die Geschäftsführer von Fischer Haustechnik Matthias Fischer (2.v.l.) und Tochter Melissa Fischer (M.) freuen sich über die CrefoZert-Auszeichnung.

Die Fischer Haustechnik GmbH & Co. Elektro-, Antennen- und Kommunikations KG hat das umfangreiche und strenge CrefoZert-Prüfverfahren bereits vier Mal mit großem Erfolg durchlaufen. 2018 wurde das Leipziger Unternehmen zuletzt mit dem Bonitätszertifikat ausgezeichnet, das für starke Finanzkraft und hervorragende Bonität steht. „Wir sind sehr stolz, dass wir diese Auszeichnung erhalten haben“, sagt Geschäftsführerin Melissa Fischer. Denn das Gütesiegel verfehle seine positive Außenwirkung nicht. „Wir profitieren definitiv davon. Vor allem Großkunden achten bei der Vergabe ihrer Aufträge darauf, wie liquide und wirtschaftlich stabil eine Firma ist. Dank des Zertifikats können wir glaubhaft belegen, dass wir gut wirtschaften, am Markt Bestand haben und ein zuverlässiger Partner sind. Das wirkt sich natürlich auch auf unsere Auftragslage aus.“

Verkabelt. Vernetzt. Verbunden!

Die Fischer Haustechnik aus Leipzig schafft Anschlüsse für die Zukunft. Als Komplexdienstleister für Fernseh- und Datennetze sowie von Elektro- und Kommunikationsanlagen arbeitet der Fachbetrieb seit 1994 deutschlandweit für führende Unternehmen.

Zum hohen Ansehen des Familienunternehmens tragen die qualifizierten Mitarbeiter wesentlich bei. Doch in Zeiten des Fachkräftemangels stehen Melissa Fischer und ihr Vater Matthias Fischer wie viele andere Firmen in der Region vor der Herausforderung, neues, geeignetes Personal zu finden. Dabei helfe das CrefoZert ebenfalls. „Viele Bewerber informieren sich vorab im Internet über uns als Arbeitgeber. Aus Sicht des Arbeitnehmers ist es häufig am wichtigsten, dass das Gehalt pünktlich gezahlt wird und das Geschäft eine sichere Zukunftsperspektive hat. Dass wir all diese Kriterien erfüllen, bestätigt das Bonitätssiegel – ein echter Vorteil im Kampf um die besten Arbeitskräfte“, betont die Chefin. Insofern liegt es nahe, dass sich die Fischer Haustechnik erneut um die jeweils nur ein Jahr lang gültige Auszeichnung bewerben will. „Wir sind auf jeden Fall bestrebt, auch für dieses Jahr wieder das Zertifikat zu bekommen – schließlich hat das nicht jeder.“

Fischer Haustechnik GmbH & Co. Elektro-, Antennen- und Kommunikations KG

Brahestraße 15 04347 Leipzig

Lieferanten Auskunfteien

• Vertrauensverhältnis zu Kunden und Geschäftspartnern stärken

• Verbesserung von Zahlungskonditionen bei Lieferanten

• Ausbau und Optimierung der Finanzierungsmöglichkeiten u. a. bei Leasinggesellschaften und Kreditversicherungen

• Bonität, Entwicklung und Benchmark zur Branche gegenüber dem Eigentümer dokumentieren

„Gesund und solide“

WBG Kontakt erhält Bonitätszertifkat zum zweiten Mal

Leipzig und dem direkten Umland. Dadurch sichert die Genossenschaft zudem 514 Arbeitsplätze in der Region (Quelle: Wertschöpfungsstudie Pestel Institut).

Bereits zum zweiten Mal in Folge wurde die Wohnungsbau-Genossenschaft Kontakt e.G. (WBG) am 24. Januar 2019 mit dem Bonitätszertifikat CrefoZert ausgezeichnet. Die Creditreform Leipzig Niedenzu KG bescheinigt dem Leipziger Unternehmen damit erneut eine außergewöhnlich gute Bonität und eine gute Geschäftsentwicklung. „Vor allem Mitglieder, potenzielle Interessenten und Geschäftspartner können so sicher sein, es mit einer gesunden und soliden Genossenschaft zu tun zu haben“, freut sich Jörg Keim, Vorstandsvorsitzender der WBG Kontakt e.G. Denn nur zwei Prozent aller deutschen Unternehmen erfüllen die strengen Kriterien für die Vergabe des CrefoZert, das nur ein Jahr gültig ist. Die WBG Kontakt zählt mit mehr als 15 000 Wohnungen in Leipzig, Böhlen, Zwenkau und Hartha zu den größten Wohnungsgenossenschaften der Region. Über 24 000 Menschen wohnen hier und profitieren von zahlreichen Serviceleistungen wie einem eigenem Sozialdienst und Hilfe beim Umzug. Aufgrund der starken regionalen Verwurzelung der Genossenschaft erhält die Region Leipzig jährlich einen wirtschaftlichen Impuls von über 44 Millionen Euro. Schließlich bleiben 70 Prozent der Ausgaben der Genossenschaft in

Mehr als 100 Handwerker des eigenen Regiebetriebs kümmern sich um Modernisierung und laufende Instandhaltung des Bestands. Ganz konkret heißt das: Neben umfassenden Modernisierungsarbeiten am Objekt in der Simon-Bolivar-Straße in Mockau wurde 2018 das neu gebaute Mehrfamilienhaus in Leopold-/Biedermannstraße in Connewitz fertiggestellt. Und es geht weiter: Das größte Modernisierungsprojekt der Genossenschaft werde in den nächsten Jahren die Umgestaltung der Wohngebäude An der Kotsche 43 bis 73 in Grünau sein. Durch den Einbau eines Wärmedämmungssystems wird die Fassade energetisch auf den neuesten Stand der Technik gebracht. Weiterhin werden hier 200 Wohnungen umgebaut, wovon einige durch auf Wohnebene haltende Aufzüge barrierefrei erreicht werden.

Sozial verantwortliches Handeln gehört seit jeher zu den Prinzipien der Wohnungsbau-Genossenschaft Kontakt e.G.. So ist auch die Unterstützung älterer Menschen bei einer aktiven Lebensgestaltung ein großes Anliegen. Die Beratung bei schwierigen sozialen Anliegen der Mitglieder unterstreicht das verantwortungsbewusste und zukunftsorientierte Handeln der Genossenschaft.

Sozialarbeiter sind Ansprechpartner, geben Hilfestellung und vermitteln bei Bedarf auch andere soziale oder medizinische Dienste.

Wohnungsbau-Genossenschaft Kontakt e.G. Eilenburger Straße 10 04317 Leipzig  0341 26750  info@wbg-kontakt.de  www.wbg-kontakt.de

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WBG Kontakt e.G. Verleihung des CrefoZert.

Herr Gropp, am 26. Mai wird das neue Europäische Parlament gewählt. Machen Sie von Ihrem Wahlrecht Gebrauch?

Natürlich. Ich möchte auch jeden ermutigen, das ebenfalls zu tun. Es ist eine wichtige Wahl. Ich hoffe, dass die Parteien, die Europa konstruktiv voranbringen wollen, weiterhin eine Mehrheit haben werden.

Das ist überhaupt keine Selbstverständlichkeit. Wir müssen diese Wahl sehr ernst nehmen.

Der Gegenwind für die Europäische Union (EU) ist heftig. Großbritannien will raus, auch in anderen Ländern gibt es ähnliche Bestrebungen. Zerfällt die EU?

Meine Gegenthese lautet: Der Brexit ist ein ganz großes stabilisierendes Element für Europa.

Wie das?

Das unendliche Chaos in Zusammenhang mit dem Brexit, die Planlosigkeit und dass jetzt auch dem Letzten klar geworden sein dürfte, dass es gar keinen vernünftigen Grund für den Ausstieg gibt, hat eher dazu geführt, dass sich die Tendenzen zur Desintegration in Europa abgeschwächt haben. Auch das Auftreten der EU gegenüber den Briten hat den Zusammenhalt gestärkt. Ich bin ja ein Fan der Theorie des abschreckenden Beispiels.

Was bedeutet das?

Sie besagt: Wenn die Menschen sehen, wie schrecklich es ist, aus der EU auszutreten, dann reduzieren sich die Anreize, auszutreten. Wenn ich an die intensiv diskutierten Stichworte gemeinsame Armee oder gemeinsamer Haushalt denke, dann deutet das auf einen größeren Zusammenhalt hin. Der Brexit schweißt die EU eher zusammen, als dass er sie auseinanderreißt.

Wie erklären Sie die auch in Deutschland existierenden europakritischen Strömungen?

Der Gegenpol zu europafreundlich lautet nationalistisch. Diese Leute halten die Nation für ein sehr wichtiges Element. Der Nationalstaat wird durch die EU natürlich eher geschwächt, da Kompetenzen etwa in der Handelspolitik abgegeben worden sind. Das passt diesen nationalistisch orientierten Populisten nicht. Was entgegnen Sie ihnen, welche Vorteile hat die EU?

Wir haben derzeit eine Welt, in der die USA international schwächeln. Das ist eher kurzfristig zu sehen, hat viel mit der Politik von Präsident Donald Trump zu tun.

Er versteht nicht, wie internationale Organisationen funktionieren. Es gibt mit China eine aufstrebende Macht, die zunehmend an Einfluss gewinnt, auch aufgrund der außerordentlich positiven wirtschaftlichen Entwicklung.

Dort wird aber von einer Abschwächung gesprochen. Schon, aber es sind immer noch sechs Prozent Wachstum. Ich kann mich nicht erinnern, wann Deutschland das letzte Mal eine derartige Wachstumsrate hatte… …das war zuletzt in Westdeutschland 1969 mit einem Plus von rund acht Prozent… ..und ist sehr, sehr lange her. China spielt inzwischen seinen Einfluss weltweit sehr stark aus. Daneben gibt es ein wiedererstarktes Russland. Deutschland alleine oder Frankreich alleine hätten weltweit eine eher unbedeutende Rolle.

Nur spielt die EU diese Rolle längst nicht entsprechend ihrer wirtschaftlichen Bedeutung.

Das ist richtig. Aber sie könnte und sollte eine wichtige Rolle spielen, um unsere Werte, die in China nicht, in den USA zum Teil nicht und schon gar nicht in Russland gelten, so weit wie möglich durchzusetzen.

Was bedeutet die EU wirtschaftlich?

Aus der deutschen Perspektive ist die EU ein wahnsinniger Vorteil. Die Bundesrepublik ist eine Exportnation, der Löwenanteil der Ausfuhren geht in die Europäische Union. Sie ist mit riesigem Abstand der größte Handelspartner. Da fallen die Wechselkursrisiken für die Unternehmen ebenso weg wie Zoll und Beschränkungen, es gibt einheitliche Standards für Produkte. All das ist für die deutsche Wirtschaft von existenzieller Bedeutung. Das gilt beim Außenhandel auch für den Euro.

Warum?

Er ist tendenziell niedriger bewertet als die D-Mark es wäre. Das stützt somit den Export. Dies ist ein Teil der Erklärung, warum es unserer Wirtschaft immer noch ganz gut geht.

Ein deutscher Austritt aus der EU würde also unsere Wirtschaft schwächen?

Massivst. Der deutsche Anteil an der Wirtschaftsleistung der EU beträgt rund 30 Prozent. Ohne uns könnte die EU nicht überleben. Wir hätten dann wieder eine eigene Währung, die kräftig aufwerten würde, mit allen Nachteilen für unsere Exporte, ganz abgesehen von vielen anderen politischen und wirtschaftlichen Nachteilen.

Die EU hat bei uns auch den Frieden gesichert. Vielleicht wurde das eine Weile zu sehr als normal betrachtet. Es gibt wieder sichtbare Bedrohungen, von

Russland bis zu terroristischen Gruppen. Frieden ist keine Selbstverständlichkeit. Wenn die EU, abgesehen von ihren ökonomischen Leistungen, etwas geschafft hat, dann für mehr als 60 Jahre den Frieden zu sichern. Das sollte anerkannt werden. Deshalb ist eine Politik der Nationalstaaterei, wie sie die AfD und andere Parteien in Europa betreiben, so gefährlich.

Wie sollte die EU reformiert werden, damit sie größere Akzeptanz erlangt?

Die EZB, die Europäische Zentralbank, hat durch ihre Geldpolitik in der Finanz- und Schuldenkrise viel Negatives verhindert. Aber es gab keine ergänzende fiskalische Institution, also keinen EU-Haushalt. Es wäre mit Blick auf nie auszuschließende neue Krisen wichtig, jetzt eine fiskalische EU einzuführen, einen EU-Haushalt. Selbst Deutschland sieht das immer mehr ein. Wenn wir den Erfolg des Euro wollen, dann müssen wir am Ende in den sauren Apfel eines EU-Haushalts beißen, wobei es dann zwischen den Ländern einen stärkeren Ausgleich geben wird.

Gegen diese Umverteilung gibt es in Deutschland jedoch Widerstand.

Es ist mir unverständlich, warum die Deutschen sich im eigenen Land sehr wenig gegen Umverteilung etwa von reich nach arm wehren, sie es aber für vollkommen unanständig halten, wenn es um eine ähnliche Umverteilung innerhalb der EU geht. Es ist auch nicht in Stein gemeißelt, dass Deutschland immer das Geberland sein wird.

Wie das?

Denken Sie an die Zeit um die Jahrtausendwende zurück. Damals war Deutschland der kranke Mann Europas und weit davon entfernt, wirtschaftlich so erfolgreich zu sein wie im Moment. Meine Erwartung ist, dass wir schon bald mit einer viel schwächeren wirtschaftlichen Situation in Deutschland rechnen müssen. Die Anzeichen häufen sich.

Woran machen Sie das fest?

Wenn man sich etwa die Entwicklung in der deutschen Automobilindustrie anschaut, kann man Zweifel bekommen, ob sie auf die disruptiven Entwicklungen wie Elektroautos ausreichend vorbereitet ist. Die deutsche Wirtschaft ist, gerade wenn man die Zulieferer mit einbezieht, stark von der Autoindustrie abhängig. Wenn die Autoindustrie in Deutschland einen Schnupfen bekommt… Wir könnten da eines baldigen Tages durchaus von einer Umverteilung innerhalb der EU profitieren.

Die Bundesbank lehnt eine gemeinsame europäische Einlagensicherung ab.

Das ist richtig. Der Hauptgrund sind Altlasten. Vor allem italienische Banken haben viele faule Kredite in ihren Büchern. Das Argument, der deutsche Steuerzahler könnte am Ende in einer Situation sein, wo er diese Institute retten muss, ist nicht völlig von der Hand zu weisen, allerdings ist das durchaus lösbar. In Spanien beispielsweise nimmt die Kreditvergabe wieder zu, seitdem die faulen Kredite aus den Bankbilanzen verschwunden sind. Da kann man nur der italienischen Regierung wünschen, dass sie diese Problematik in

Angriff nimmt. Leider sieht es im Moment viel zu wenig danach aus.

Brauchen wir eine große bundesrepublikanische Bank?

Wir haben ein international einmaliges Bankensystem mit den in etwa gleich starken Sparkassen, Volksbanken und Privatbanken. Der Anteil der Geschäftsbanken ist dramatisch kleiner als im Ausland. Bei den Sparkassen und insbesondere bei Volksbanken gibt es zwar einen Konsolidierungsprozess. Dennoch haben wir immer noch viel zu viele Geldinstitute. Deshalb verfügen unsere Geschäftsbanken nur über einen schwachen Heimatmarkt. Das macht es für sie sehr schwer, international entsprechend aufzutreten. Eine Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank wäre wie der Zusammenschluss von zwei Krücken. Das ergibt auch keinen, der schnell laufen kann.

Also?

Wichtiger wären Fusionen von Sparkassen oder Volksbanken mit Geschäftsbanken. Derartige Zusammenschlüsse über die Sektoren hinweg würden zur Konsolidierung führen. Außerdem sollte man darüber nachdenken, die Deutsche Bank mit einer starken internationalen Bank zu einem wirklich trans-europäischen Kreditinstitut zusammenzuführen.

Hat die Bundesrepublik in den konjunkturellen Hochzeiten zu wenig Schulden abgebaut?

Die Bundesrepublik hätte die Zeit der extremen Niedrigzinsen nutzen sollen, um in die digitale Infrastruktur und die im internationalen Vergleich strukturell unterfinanzierten Hochschulen zu investieren, anstatt die schwarze Null als Dogma zu verwirklichen. Das hätte langfristig eine große Rendite gebracht, vor allem für unser unterdurchschnittliches Produktivitätswachstum.

Ist die Finanzkrise schon längst vergessen?

Hoffentlich nicht. Wenn Menschen Krisen nicht erlebt haben, besteht die Gefahr, dass sie dieselben Fehler nochmal machen. Wir haben in vielerlei Hinsicht die richtigen Schlussfolgerungen aus der Krise gezogen, etwa durch eine schärfere Bankenaufsicht.

Welche Auswirkungen hat die Finanzkrise, vor allem die Nullzinspolitik der EZB?

Sie hat sehr wahrscheinlich dazu geführt, dass viele Unternehmen überlebt haben, die das bei höheren Zinsen nicht geschafft hätten. Sie sind im Markt geblieben und haben damit indirekt den Eintritt neuer Firmen verhindert. Diese Fehlallokation ist eine negative Konsequenz der lockeren Finanzierungsbedingungen.

Trotzdem war die EZB-Politik in der Finanzkrise grundsätzlich richtig?

Ich sehe keine sinnvolle Alternative. Wenn überhaupt, dann hat die EZB vielleicht zu lange gewartet, um die Zinsen auf null zu setzen. Der EZB-Geldpolitik kommen große Verdienste zu. Die Zentralbank hat das Auseinanderbrechen des Euro verhindert. Es ist ihr gelungen, durch das Anleihekaufprogramm die langfristigen Zinsen für Unternehmen auch in Krisenländern zu drücken und so die Konjunktur in diesen Ländern wenigstens etwas zu stützen.

Aber der deutsche Sparer wurde quasi enteignet? Diejenigen, die in Aktien und Immobilien investieren, profitieren wegen der vergleichsweise hohen Renditen von der Niedrigzinspolitk.

Was ist mit den Mietern und Geringverdienern?

Sie leiden unter dieser Geldpolitik. Es gab, das ist nicht zu bestreiten, eine Umverteilung von arm nach reich durch die EZB-Politik. Pro Haushalt ist diese Umverteilung aber relativ klein, liegt bei ein paar hundert Euro in fünf Jahren, also deutlich weniger als ein neues i-Phone kostet.

Die EZB hat das Anleihekaufprogramm beendet. Kommt jetzt die Zinswende?

Kleine Korrektur: Anleihen, die jetzt fällig sind, werden immer noch ersetzt. Vor einem halben Jahr hatte ich gedacht, dass die Zinsen spätestens Ende 2019 wieder steigen dürften. Inzwischen nehme ich nicht an, dass dies in diesem und im nächsten Jahr geschieht.

Woran liegt das?

Die geopolitischen Risiken haben sich verstärkt, siehe den Brexit oder die sehr seltsame Handelspolitik der USA. Folglich ist die EZB viel vorsichtiger geworden und schließt sogar ein neues Anleihekaufprogramm nicht aus. Die Niedrigzinsphase ist noch nicht vorbei.

Interview: Ulrich Milde

Reint E. Gropp (52) ist seit November 2014 Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Zugleich lehrt der Volkswirtschaftsprofessor an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Der gebürtige Bottroper studierte Volkswirtschaftslehre an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und an der University of Wisconsin, Madison. 1994 schloss er dort seine Promotion in Economics ab. Von 1994 bis 1999 war er für den Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington, D.C. sowie von 1999 bis 2007 in verschiedenen Positionen für die Europäische Zentralbank (EZB) tätig. Danach arbeitete Gropp als Professor an der European Business School und an der Goethe-Universität Frankfurt. Er ist Fellow des Center for Financial Studies, Frankfurt am Main, und Mit-Herausgeber des Review of Finance. Jüngst gelang ihm ein entscheidender Schritt zur Erweiterung des IWH, das 1992 als einziges wirtschaftswissenschaftliches Forschungsinstitut in Ostdeutschland gegründet worden war. Der Wissenschaftsrat als wichtiges wissenschaftspolitisches Beratungsgremium von Bund und Ländern hat sich für die Gründung einer vierten Abteilung am IWH ausgesprochen. Die neue Abteilung „Gesetzgebung, Regulierung und Faktormärkte“ soll im Jahr 2020 ihre Arbeit aufnehmen. In dieser sollen die Wechselwirkungen der staatlichen Regulierung von Finanz- und Arbeitsmärkten sowie deren Folgen für die Realwirtschaft untersucht werden. Nach Einschätzung des Wissenschaftsrates kann das Institut künftig eine Forschungslücke in der deutschen Finanzmarktforschung besetzen und auf diesem Gebiet ein Alleinstellungsmerkmal entwickeln.

„Die EU ist ein wahnsinniger Vorteil für Deutschland“
& Geld Märkte André Kempner 9
IWH-Chef Gropp sieht breites Spektrum an Aufgaben der Zentralbank und rechnet mit anhaltenden Niedrigzinsen.
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Zur
IWH-Präsident Gropp pro Europa

Zwei Kämpfer für den ländlichen

Raum

Landräte der Kreise Leipzig und Nordsachsen loben Infrastruktur

Die Befürchtungen sind schon seit Längerem vorhanden. In Mitteldeutschland stünden sehr dynamisch wachsenden Städten ländliche Räume gegenüber, die in einigen Regionen geradezu ausbluteten, sagte Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) bereits Ende 2016 auf der Jahreskonferenz der Europäischen Metropolregion Mitteldeutschland. Joachim Ragnitz, Forscher am Dresdner Ifo-Institut, wurde vor einiger Zeit drastisch: „Manche Dörfer sollten wir besser schließen“, hatte der Wirtschaftsprofessor angesichts wegziehender junger Menschen und stetig schlechter werdender Versorgung formuliert. Simone Hartmann, Vorsitzende des Wirtschaftsrates in Sachsen, hält es dagegen für wichtig, die ländlichen Wirtschaftsstandorte zukunftsfähig zu gestalten. „Mehr als drei Viertel des unternehmerischen Mittelstandes im Freistaat ist in ländlichen Regionen angesiedelt und wurde bisher nicht ernst genommen beziehungsweise vernachlässigt“, so vor wenigen Wochen die Chefin des der CDU nahestehenden Unternehmerverbandes.

Wachsende Dörfer

Erstaunlich gelassen blieben bei einem gemeinsamen Besuch in der LVZ-Wirtschaftszeitung zwei prominente Vertreter eben dieses ländlichen Raumes: Kai Emanuel (parteilos, 50), Landrat des Kreises Nordsachsen, und Henry Graichen (CDU, 42), Landrat des Kreises Leipzig. Sie sehen offenkundig nach wie vor eine gute Zukunft für die Dörfer. „Für die Menschen dort ist es ihre Heimat“, sagte Emanuel. „Die Menschen fühlen das grundsätzlich anders, sie richten sich darauf ein, dass es eben nicht mehr den Lebensmittelladen nebenan gibt“, betonte Graichen. Da gebe es zum Beispiel Getränke bei der Feuerwehr, und jede Familie habe einen Schlüssel für den Vorratsraum. Die kommunizierten Nachteile würden von den Menschen „anders empfunden“. Zudem, ergänzte der Emanuel, gebe es in den ländlichen Räumen einen größeren Zusammenhalt. Wichtig sei eine vernünftige Anbindung der Dörfer an den öffentlichen Personennahverkehr. Gefragt seien außerdem dezentrale Lösungen etwa beim Abwasser, um hohe Fixkosten für die Bevölkerung zu vermeiden. Und es dürften nicht alle Ortschaften über einen Kamm geschoren werden. „Es gibt auch wachsende Dörfer.“ Neben der zumeist gegenüber den Großstädten ruhigeren Lage und den günstigen Miet- und Immobilienpreisen komme als weiterer Pluspunkt das in der Regel stärker ausgeprägte Ehrenamt zum Tragen. Überhaupt: Wenn die Menschen sich im ländlichen Raum wohl fühlten, gerne dort lebten, dann bekämen sie den Kopf frei für ihre Arbeit in Leipzig. Die vorhandenen Nachteile würden mithin als lösbar angesehen. Die beiden Kreise sind zudem dabei, das für die vielen kleinen Betriebe größte Problem zu beheben: die flächendeckende Versorgung mit schnellem Internet. „Das hat eine immense Bedeutung“, sagte Emanuel. „Ende 2020 werden große Teile der weißen Flecken an das Glasfasernetz angeschlossen sein“, versprach er. Mit rund 94 Millionen Euro sei der Breitbandausbau die größte Investition in der Geschichte des Landkreises. Sie beende die chronische Unterversorgung und damit einen erheblichen Standortnachteil.

Eine gute Autobahnanbindung wie hier am Schkeuditzer Kreuz ist ein Pfund für die Wirtschaft.

Freuen sich über die LVZ-Wirtschaftszeitung: die Landräte Henry Graichen (links) und Kai Emanuel.

werde, mittelfristig gesichert werden könne. „Aber das von den Stadtwerken genannte Jahr 2023 als Ausstieg aus der Lippendorfer Versorgung ist vollkommen deplatziert.“ Es sei schließlich davon auszugehen, dass dieses Kraftwerk noch über diesen Zeitraum hinaus, bis Ende der 30er-Jahre, Strom und Fernwärme produziere. „Das ist nicht gerade ein Paradebeispiel für die interkommunale Zusammenarbeit in der Region“, sprang Emanuel seinem Kollegen bei. Es wäre sinnvoller gewesen, beide Seiten hätten vorher miteinander geredet.

Konstruktive Zusammenarbeit

Mit Blick auf das bevorstehende Aus für die Braunkohle bemerkte Graichen, es sei wichtig, „dass die davon betroffenen Unternehmen keine Probleme erleiden“. Das gelte etwa für Dow Chemical und Air Liquid. Entstehende Nachteile müssten ausgeglichen werden. Die industrielle Wertschöpfung müsse in seinem Landkreis auf jeden Fall erhalten bleiben, mahnte Graichen. Emanuel verwies darauf, dass struktureller Wandel zumeist die Eigenschaft habe, lange zu dauern. In Nordsachsen sei der letzte Tagebau 1993 geschlossen worden. „Man sieht, wie lange die Sanierung braucht, wir sind noch nicht durch.“ Hoffnungen setzt er auf den von der Kohle-Kommission für Torgau vorgesehen Glascampus. „Das hat Auswirkungen auf die gesamte Region. In Nordsachsen gebe es unter anderem mit dem Werk von Villeroy & Boch und der Flachglasfabrik in Torgau sowie dem Dämmstoffwerk von Ursa in Delitzsch mehrere Unternehmen, die davon profitieren könnten. „Der Campus bringt Innovationen und Arbeitslätze und kann die gesamte Region nach vorne bringen.“

Das Kraftwerk Lippendorf – Symbol für den Kohleausstieg.

Konstruktive Zusammenarbeit

„Wir dürften im zweiten Halbjahr 2019 wissen, wo wir unsere weiße Flecken haben“, betonte Graichen. Ziel sei, danach zügig in den Ausbau des Breitbandes zu investieren. Emanuel bezweifelte, dass es künftig keine unversorgten Ecken mehr gebe. „Wird wirklich jeder letzte Winkel im Wald erschlossen sein?“, fragte er. Die beiden Landräte bezeichneten die Zusammenarbeit mit der Stadt Leipzig als generell gut. „Sie ist konstruktiv“, meinte Emanuel, sowohl in den Planungsverbänden als auch beim öffentlichen Nahverkehr. „Ebenso beim Gewässerverbund – da sehen wir eine verstetigte Zusammenarbeit“, zeigte Graichen sich zufrieden. „Beide Seiten profitieren grundsätzlich voneinander“, sagte er. Leipzig biete viele Jobs, die Kreise hätten viele Arbeitskräfte. Laut jüngsten Zahlen pendeln 97 720 Menschen von ihrem Arbeitsort in Leipzig. Darunter sind sind 32 015 aus dem Kreis Leipzig, 18 423 aus Nordsachsen. Die gute Zusammenarbeit zeige sich nicht zuletzt bei der touris-

tischen Vermarktung. „Inzwischen werden wir auf Augenhöhe mit der Stadt behandelt.“ Emanuel meinte, dass es auch in wirtschaftlicher Hinsicht „nur gemeinsam“ gehe. So liege der Löwenanteil des Flughafens Leipzig/Halle auf dem Gebiet von Nordsachsen. Darüber hinaus sei bei Porsche oder DHL Kooperation angesagt. „Oder bei uns bei der Entwicklung des Freizeitparks Belantis“, pflichtete Graichen seinem Kollegen bei. Auch bei größeren Ansiedlungen dürften die Anstrengungen nicht an der Grenze von Stadt und Kreis enden, betonte Emanuel. „Das Umland ist nicht nur dafür da, Ausgleichsflächen zur Verfügung zu stellen.“ Kritik nicht verkneifen konnte Graichen sich an den Stadtwerken Leipzig. „Energiepolitisch wie klimapolitisch ist es unsinnig, neben dem Braunkohlekraftwerk Lippendorf ein Gaskraftwerk zu bauen“, sagte er. Dadurch werde schließlich zusätzliches CO2 verursacht. Natürlich sei es legitim, dass die Stadtwerke sich Gedanken machten, wie die Fernwärmeversorgung für Leipzig, die gegenwertig von Lippendorf garantiert

Als Vorteil bezeichneten die beiden Kreis-Chefs die vorhandene Infrastruktur. „Da haben wir große Vorzüge gegenüber anderen Metropolregionen in Europa“, behauptete Graichen. Für Emanuel ist zumindest bislang „sehr zukunftsweisend“ gedacht und geplant worden. So habe es am Anfang erheblichen Widerstand gegen den City-Tunnel gegeben. Heute „ist er das Rückgrat des Personennahverkehrs“ und sei ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Was nicht bedeutet, dass schon alle Wünsche und Vorstellungen erfüllt sind. Emanuel etwa schwebt der Ausbau der Straßenverbindung über Eilenburg in die Lausitz vor.

Fachkräftemangel bremst

Sorgen macht den beiden Kommunalpolitikern der sich abzeichnende Fachkräftemangel. „Fehlendes Personal ist der bremsende Faktor“, betonte Graichen. Das gelte für den gesamten Freistaat. 30 000 Schulabgängern jährlich stünden 60 000 Arbeitnehmer gegenüber, die in den Ruhestand treten. „Das erhöht den Druck auch auf unsere Betriebe.“ Die Region, ergänzte Emanuel, müsse sich nicht mehr in dem Maße wie früher um die Schaffung neuer Jobs kümmern. Vielmehr gehe es jetzt in erster Linie darum, die vorhandenen Stellen ordentlich wiederzubesetzen.

„Wenn der Schwarm auf Leipzig anhält, wird es auch uns gut gehen“, meinte Emanuel. Nicht nur den Städten wie Delitzsch und Eilenburg, Schkeuditz und Taucha, Borna und Grimma, Wurzen und Oschatz. Sondern auch den von manchen totgesagten Dörfern.

Pawel Sosnowski Das hatte stellt. Da hatte von Baker für Wirtschaftsprüfung, Unternehmensberatung, Sachsens eingeladen. wenige Stunden genberger ihn zu einer Regierungschef Minister. Oliver

Oliver

Unternehmerverbandspräsident Deutschbanker Ulrich Fischer Landesbank standort Sachsen geht offenkundig tagswahl im Dinner im gegeben.

Grafik: Christiane Kunze

Quelle: Statistisches Bundesamt (2019)

10 & Geld Märkt e
Von
Ulrich Milde
Patrick Moye Jan Woitas /dpa André Kempner

Landräte

Business-Class

Pawel Sosnowski

Frank Nickel

Das hatte Mario Hesse sich sicherlich anders vorgestellt. Da hatte der Chef der Leipziger Niederlassung von Baker Tilly, einem bundesweit tätigen Spezialisten für Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Recht und Unternehmensberatung, zum Business-Dinner mit Sachsens Ministerpräsidenten Michael Kretschmer eingeladen. Doch der Premier musste kurzfristig, wenige Stunden vor Beginn der Veranstaltung im Steigenberger Hotel, absagen, da Kanzlerin Angela Merkel ihn zu einer Besprechung nach Berlin gerufen hatte. Der Regierungschef schickte als Ersatz seinen StaatskanzleiMinister. Oliver Schenk lobte vor den Gästen – darunter Unternehmerverbandspräsident Hartmut Bunsen

Deutschbanker Markus Wägner, Mode-Unternehmer

Ulrich Fischer und Oliver Fern, Leipziger Statthalter der Landesbank Baden-Württemberg – den Wirtschaftsstandort Sachsen in den höchsten Tönen. Kretschmer geht offenkundig davon aus, dass er nach der Landtagswahl im September im Amt bleibt. Für das BusinessDinner im nächsten Jahr hat er bereits seine Zusage gegeben.

Allein die Zahlen sprechen für sich. Im Jahr 2012 exportierten die sächsischen Unternehmen Güter im Wert von 1,352 Milliarden Euro nach Russland, einem der wichtigsten Handelspartner. 2018 fielen die Ausfuhren auf den neuen Tiefpunkt von 0,538 Milliarden Euro. Sie haben sich also mehr als halbiert – eine Folge der vor knapp fünf Jahren von der Europäischen Union verhängten Sanktionen nach der russischen Besetzung der Ost-Ukraine. Schon zu DDR-Zeiten gab es enge Kontakte zwischen Sachsen und Russland. Das hat die Wendezeit überdauert. Die Handelsbeschränkungen treffen den Freistaat deshalb hart. Kein Wunder daher, dass es immer wieder Vorstöße von hier aus gibt, diese Beschränkungen zu lockern oder aufzuheben.

„Wir begrüßen und unterstützen den Vorschlag von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier nach einem neuen Dialog mit Russland“, sagt Sachsens Arbeitgeberpräsident Jörg Brückner der LVZ-Wirtschaftszeitung. „Wir haben ein großes Interesse daran, neues Vertrauen zu schaffen und den Konflikt auf vernünftiger Basis zu lösen.“ Denn nach wie vor sei Russland nicht nur strategisch ein wichtiger Partner, sondern auch ein attraktiver Markt.

lange Zeit verloren, weil andere Länder und Lieferanten diese Lücken mittlerweile besetzt haben und es zwangsläufig wieder zu einem Verdrängungswettbewerb kommt“, klagt Brückner. Gleichzeitig erfahre die russische Wirtschaft durch die Lokalisierung durch Konzerne sogar eine gewisse Belebung. „Unser Mittelstand, der meistens vor Ort produziert, bleibt von dieser Marktchance allerdings ausgeschlossen, weil er dafür weder das finanzielle noch das personelle Know-how hat.“ Dennoch werden auf vielen Ebenen weiter die Kontakte nach Russland gepflegt. Auf dem Leipziger Maschinenbaudoppel Z und Intec im Februar waren viele russische Delegationen zu Gast. Die Messegesellschaft veranstaltet regelmäßig in der russischen Hauptstadt eine Denkmal-Schau. Die Handwerkskammer Leipzig hat vor einem Jahr einen Kooperationsvertrag mit der Kammer in Moskau abgeschlossen. „Das Miteinander, persönliche Begegnungen und geschäftliche Kontakte tragen erheblich zur Normalisierung der Beziehungen bei“, meint Kammerpräsident Claus Gröhn. Brückner unterstützt diese Einstellung. „Ich bleibe dabei, dass es nicht zielführend ist, politische Kontroversen auf dem Rücken der Wirtschaft auszutragen“, erklärt er. Vielmehr könnten ökonomische Verflechtungen für einen gewissen Pragmatismus sorgen, „was sich schon oft als stabilisierender Faktor erwiesen hat“.

Fotostudio Stadthaus

Axel Viehweger

Axel Viehweger war Minister für Bauwesen, Städtebau und Wohnungswirtschaft im letzten Kabinett der DDR unter Ministerpräsident Lothar de Maizière. Seit 2002 ist der ehemalige Abgeordnete des sächsischen Landtages als Vorstandsmitglied des Verbandes Sächsischer Wohnungsgenossenschaften (VSWG) dessen Sprachrohr. Inzwischen ist die Nachfolge des gebürtigen Waldenburgers, der im November seinen 67. Geburtstag feiern wird, geregelt. Verbandsjustiziarin Mirjam Luserke wird am 1. Januar 2020 seinen Posten übernehmen. Zusammen mit Klaus-Peter Hillebrand Vorstandsmitglied für den Prüfungsbereich, wird sie dann die Geschäfte des Verbandes leiten. In ihm sind 210 Wohnungsgenossenschaften organisiert. Sie bewirtschaften zusammen gut 270 000 Wohnungen im Freistaat Sachsen, kommen also auf einen Marktanteil von 18 Prozent. Luserke ist seit 1996 im Verband tätig. Sie müsse von der Genossenschaftsidee und dem Genossenschaftsrecht „nicht mehr überzeugt werden”, kommentierte Viehweger die Personalentscheidung.

Arbeitgeberverbandschef Jörg Brückner fordert Lösung des Konflikts auf vernünftiger Basis Ausfuhren in Mio EUR 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 718 1216 1352 1331 1118 936 659 634 538 0 Automotive Maschinen Elektro Metalle Sonstige Industrie Sonstiges 500 1000 Entwicklung sächsischer Exporte nach Russland Quelle: Statistisches Bundesamt (2019) Grafik: Christiane Kunze Jörg Brückner Steffen Füssel

Hoffnungen auf einen Kurswechsel dürften sich nicht so schnell erfüllen. Kürzlich wurden die Sanktionen verlängert. „Die Lage bleibt schwierig“, meint Brückner. Auch die unterschiedliche Auslegung sorgt für Probleme. In Europa sind Produkte betroffen, in den USA Firmen. Die Vereinigten Staaten sind nach Brückners Angaben mit Ausnahmegenehmigungen für ihre Betriebe zudem „deutlich kulanter“. Durch die Sanktionen „sind Marktanteile für unsere Unternehmen womöglich

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Das sieht auch Jörg Kiesewetter so. Auf Initiative des CDU-Abgeordneten hat der sächsische Landtag im Haushalt für dieses und das nächste Jahr jeweils zwei Millionen Euro bereitgestellt. Damit sollen in Russland und in der Ukraine Regionalbüros des Freistaates zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zusammenarbeit eingerichtet werden. Nicht nur, aber maßgeblich geht es dem Parlamentarier aus Nordsachsen darum, auf diese Weise einen Beitrag zur Deckung des Fachkräfteproblems zu leisten. Jedoch sollten die Büros „auch Themen wie Außenwirtschaft, Tourismus und gesellschaftliche Kontakte einbeziehen“, sagt Kiesewetter. Er verweist darauf, dass Studien zufolge bundesweit bis zum Jahr 2060 jährlich 260 000 Menschen aus Drittstaaten für den deutschen Arbeitsmarkt benötigt würden. Wenn nicht, werde die Zahl der Arbeitnehmer in den kommenden Jahrzehnten um rund 16 Millionen Personen schrumpfen, also fast ein Drittel. Das von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte Einwanderungsgesetz sei „gut und richtig“, reiche aber nicht aus. Sachsen brauche nicht irgendeine Zuwanderung, „sondern Techniker, Akademiker und Fachkräfte, deren im Ausland erworbene Qualifikationen keine Fantasieprodukte sind, sondern mit denen in Deutschland vergleichbar sein müssen“, so Kiesewetter. Es wäre sinnvoll, wenn auf Russland und die Ukraine das Hauptaugenmerk gelegt würde. Die guten Kontakte und Beziehungen „bestehen seit vielen Jahrzehnten“. Ulrich Milde EADLeipzig GmbH Merseburger Str. 200 > 04178Leipzig Fon+49 (0)341–926430 > Fa x+49 (0)341–9264329 info@ead-leipzig.de www.ead-leipzig.de
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Helaba Landesbank Hessen-Thringen Auch in beruflich gesehen fortgeschrittenem Alter sind Karrieren in der Wirtschaft möglich. Der immerhin schon 58-jährige Frank Nickel ist neues Vorstandsmitglied der Landesbank für Hessen und Thüringen (Helaba) geworden. Er ist der Nachfolger von KlausJörg Mulfinger, der aus gesundheitlichen Gründen Ende des vorigen Jahres ausgeschieden ist. Im Führungsgremium der Helaba soll Nickel das Sparkassenkreditgeschäft und den Verbundservice sowie die Landesbausparkassse Hessen-Thüringen verantworten. Passend, denn Nickel kommt von der Sparkasse Werra-Meißner, deren Vorstandsvorsitz er seit 1999 war. Nach seiner Ausbildung zum Sparkassenkaufmann war Nickel für die Sparkasse Münden tätig, bevor er 1995 zur Helaba wechselte und dort die Niederlassung Kassel leitete. Mit Nickel bleibe die „starke Ausrichtung der Helaba auf die Sparkassen erhalten”, kommentierte Gerhard Grandke, früher Oberbürgermeister von Offenbach und jetzt geschäftsführender Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes Hessen-Thüringen. Von Ulrich Milde
Der Leipziger Hubertus Milke bleibt Präsident der Ingenieurkammer Sachsen. Er steht damit für vier weitere Jahre an der Spitze der Einrichtung. Zu seinen Vizepräsidenten wurden Siegfried Schlott (Klingenthal) und Hans-Jörg Temann (Leipzig) bestimmt. Der 56-jährige Milke, Professor für Wasserwirtschaft, Hydrologie und Siedlungswirtschaft an der Hochschule für Technik Wirtschaft und Kultur (HTWK) Leipzig, kündigte als Schwerpunkte seiner zweiten Amtszeit die „nachhaltige Sicherung der Wertschöpfungskette in Sachsen mit dem Schwerpunkt für die kleinen und mittleren Büros“ an. Damit verbunden sein sollte eine Vergabepraxis vor allem der öffentlichen Auftraggeber, „die sich an Qualität und Langfristigkeit“ orientiere. Damit einher gehe die Gewinnung von qualitativ gutem Nachwuchs im ingenieurtechnischen Bereich, sagte der Wissenschaftler, der von 2006 bis 2011 HTWK-Rektor war. Milke ist zudem Vorsitzender der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall in Sachsen und Thüringen.
Russland – ein attraktiver Markt für Sachsen

Scherz mit ernstem Hintergrund

Der Nagel

Mit welchem Aufwand befestigt die Wirtschaft 1960 und 2018 ein Hausschild?

Ein Bauherr äußert den Wunsch, ein Hausnummernschild an einen Holzpfahl zu nageln.

1960

Ein Bauarbeiter nagelt das Schild an, bedankt sich für eine dafür erhaltene Flasche Bier und geht.

Dauer: 20 Sekunden

1970

Bauarbeiter geht zum Polier. Der gestattet das Einschlagen des Nagels und nimmt wohlwollend die Flasche Bier und eine Leberkässemmel in Empfang.

Dauer: 20 Minuten

1980

Bauarbeiter geht zum Polier; der zum Bauleiter. Dieser bespricht die Problematik mit dem Bauherrn bei einem Mittagessen, das der Bauherr bezahlt.

Dafür verrechnet er dem Bauherrn nur eine Regiestunde sowie eine Schachtel Nägel.

Dauer 2 Stunden

1990

Bauleiter holt (nach dem Mittagessen) drei Offerten bei Subunternehmern ein. Vergibt den Auftrag an den Billigstbieter, schlägt 3 % Generalunternehmerzuschlag auf und legt dem Bauherrn eine Rechnung plus Mehrwertsteuer.

Dauer 2 Wochen

2000

Bauleiter informiert Firmenchef. Dieser holt fünf Angebote bei Einmanngesellschaften ein.

Den Zuschlag bekommt der Billigste, verrechnet wird der Teuerste plus 7% Generalunternehmerzuschlag .

Dauer 2 Monate

2018

Gleiche Prozedur wie 2000, jedoch zusätzlich:

Behördenbescheid, in dem ein statischer Nachweis verlangt wird sowie die Zustimmung des Architekturbeirates. Parallel dazu läuft eine Umweltverträglichkeitsprüfung an. Der Arbeitsvorgang wird in den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan der Baustelle eingearbeitet.

Sicherheitsfachkräfte werden tätig. Der Hammer wird CE-zertifiziert, der Nagel aus einer Liste EU-zugelassener Befestigungsmittel ausgewählt.

Der Arbeiter wird akademisch unterwiesen, wie der Nagel einzubringen ist. Er muss jedoch vorher noch zum Arbeitsmediziner, der seine geistige und körperliche Eignung für die Tätigkeit „Nagel einschlagen“ attestiert. Wenn alles gut geht, die Umweltverträglichkeitsprüfung positiv ausgeht und die Bedenken des Architekturbeirates abgeschmettert werden können, darf der Nagel eingeschlagen werden. Ein Ziviltechniker beobachtet mit Argusaugen den ordnungsgemäßen Vorgang und siegelt das Abnahmeprotokoll. Nagelstatik und Abnahmeprotokoll fließen in die „Unterlage für spätere Arbeiten“ ein. Der Generalunternehmerzuschlag wird auf 30% nachjustiert .

Dauer 2 Jahre

Das Datenblatt des Nagels, der Nachtrag des Planungsbüros werden dann mit den aktualisierten Revisionszeichnungen im Anlagebuch abgelegt.

2022 wie 2018

Nur findet man keinen Handwerker mehr, weil die auf den ganzen Sch... keinen Bock mehr haben...

Bürokratie

Akten statt Brotbacken

Sornziger Bäckermeister Wentzlaff kritisiert zunehmende Reglementierungen durch die Behörden

seit Längerem zwei Leute nur für den „Papierkram“ in der Spur: seine Frau Bärbel – von Haus aus Apothekerin – und sein Sohn Ronny. Kürzlich wurde für Dokumentationsaufgaben noch extra ein Mitarbeiter eingestellt, „der die ganzen Dinge exakt im Blick hat“, berichtet Tochter Jana (35), die im Unternehmen für die Leipziger Brotschule mit Café zuständig ist. „Alles allein kann mein Vater ja auch nicht stemmen“, sagt sie. Immerhin gehören zum Unternehmen 14 Filialen mit zusammen mehr als 100 Beschäftigten.

Mit den personellen Kräften, die das Abtragen der Bürokratie-Berge erfordern, schlagen weitere negative Folgen zu. 30 bis 40 Prozent der Gesamtarbeitszeit im Unternehmen gehen dem Chef zufolge für behördliche Auflagen drauf. „Auf 250 Stunden monatlich summiert sich das alles in allem.“ Mit Blick auf die Kosten der Bäckerei-Kette liege der Anteil bei 20 Prozent. Jährlich sammelten sich im Archiv bis zu zehn Meter Aktenordner, die zehn Jahre aufzubewahren seien. „Danach ist sachgerechte Entsorgung der Unterlagen angesagt“, erzählt Wentzlaff senior. „Aber selbst das hat nachweisbar zu erfolgen, nämlich, dass alles ordnungsgemäß vonstatten ging. Einfach unglaublich.“ Ein riesiges Auflagen-Paket laste auf den Firmen. Wie so oft im Leben: „Die Dosis macht das Gift.“

Zugegeben: Einen Stapel Aktenordner hat Peter Wentzlaff mit seinem Brotschieber noch nie in den Backofen befördert. Aber manchmal sei ihm danach, sagt der 59-jährige Chef der gleichnamigen Bäckerei-Kette, die ihren Stammsitz in Sornzig –zwischen Mutzschen und Döbeln nahe Mügeln – hat. Für das Foto hat er sich in seinem Firmenableger, der ersten Leipziger Brotschule, schon in dieser symbolträchtigen Pose aufnehmen lassen. „Bürokratie hemmt das Handwerk“, sagt er kurz und bündig. Vor allem dann, wenn die Ansprüche an sich selbst sehr hoch sind, wie bei Wentzlaff. Backen ist für ihn Kunst. „Brotbacken eine ganz besondere“, meint der gebürtige Wermsdorfer. „Eine Kunst, die einem alles abverlangt, wenn gute Qualität und tolle Vielfalt auf der Ladentheke landen sollen“, fügt der Chef hinzu. Gerade deshalb mache es ihn so fuchsig, dass die staatlichen Vorschriften, Verordnungen und Vorgaben in Deutschland inzwischen ein Ausmaß angenommen hätten, „wodurch Handwerker schon fast nicht mehr zu ihrer eigentlichen Arbeit kommen“.

Dieses Übermaß an Bürokratie töte bei vielen die Zuversicht in ihr eigenes Leben.

Danach gefragt, was ihn denn so alles aufrege, kommt er schnell in Rage. Zwar habe die Politik mitunter gute Vorhaben und nachvollziehbare Maßnahmen auf den Weg gebracht, aber bei der Umsetzung dann das Ziel aus den Augen verloren. Nicht selten würden die Dinge zu Hemmnissen, da vieles im Laufe der Zeit durch die gesellschaftliche Entwicklung überholt würde. Sich vollziehende Veränderungen müssten in den staatlichen Vorgaben entsprechend Eingang finden. „Tun sie aber häufig nicht, weil viele Beamte an ihrem Vorgehen festhalten, darin feststecken und sich sperren, veraltete Festlegungen über Bord zu werfen.“ Das führe zu Widersprüchlichkeiten und sei einfach lebensfremd.

Aber nicht nur das. Wentzlaff, der in einer Milchbauernfamlie groß wurde, bringt ebenso die deutsche Deklarationswut auf die Palme. „Alle und jede Zusatzstoffe müssen auf den Schildern vermerkt werden.“ Ein riesiger Aufwand, der oftmals von den Kunden gar nicht zur Kenntnis genommen werde. Das ist beileibe nicht alles. Wentzlaffs Liste der überbordenden staatlichen Auflagen ist nahezu unendlich. „Da mag das Statistische Landesamt entsprechende Zulieferungen von uns.“ Die einzuhaltenden Datenschutzvorgaben seien auch nicht von Pappe. Und ebensowenig die Dokumentationspflichten. „Die Temperatur im Produktionspozess ist kontinuierlich festzuhalten, und das Gewicht der Erzeugnisse, die Nachhaltigkeit der eingesetzten Rohstoffe“, stöhnt er. Und weiter geht es: Der Warenein- und -ausgang muss aufgezeichnet werden, die Verfallsdaten der Rohstof-

fe sind ständig zu überprüfen. Und die Hygienevorschriften! „Da werden ja sogar die Silikonfugen zwischen den Fliesen unter die Lupe genommen. Einfach irre“, schüttelt Wentzlaff den Kopf. „Außerdem ist das alles mächtig anstrengend.“ Es gebe ja schon gar keine Null-Fehler-Protokolle der Prüfer mehr. „Denn dann würde den Kontrolleuren unterstellt, sie hätten sich von uns mit einem Kaffee bestechen lassen, die Augen zugedrückt, mit uns gemauschelt“, ärgert sich Wentzlaff, der zwar Bäckermeister und Konditor ist, aber auch Abschlüsse als Diplom-Betriebswirt, Koch, Betriebs-, Mess-, Steuer- und Regelungstechniker vorweisen kann. „Meine Schwiegerelten hatten eine Bäckerei.“ Dadurch sei er schließlich zu seinem heutigen Beruf gelangt, habe diesen Schritt jedoch nie bereut.

Trotz allem nimmt er sich Zeit für seine Mitarbeiter. „Sie sind ein wichtiger Unterpfand für den Erfolg.“ Ihre Sorgen und Nöte nehme er sehr ernst. „Klar kommen sie mal und lassen Dampf ab, ihren Frust über vermeintlich zu geringe Wertschätzung“, erzählt der Chef. Mitunter sei es gefühlte Unzufriedenheit, steckten private Probleme dahinter. „Ein offenes Ohr macht da schon viel aus. Allein das auszusprechen, was einem auf der Seele liegt, hilft den Betroffenen.“ Seine Frau nennt ihn in solchen Momenten manchmal „Pater Peter“, wenn er sich mal wieder ausgiebig um die Probleme seiner Mitarbeiter kümmert. „Sich in seine Beschäftigten hineinversetzen zu können“, halte er für eine wichtige Aufgabe des Managements. „Der Mensch ist Produkt seines Umfelds“, kommt er gar philosophisch daher. Für ihn ist selbstverständlich: „Ich muss daran denken, dass viele Familien bei mir ihr Einkommen verdienen.“ Andererseits mache er seinen Leuten zugleich immer wieder ihre Verantwortung sich selbst gegenüber deutlich: „Das Leben ist die Summe der Entscheidungen, die wir für uns getroffen haben.“

Allerdings redet er nicht nur, sondern agiert entsprechend. Familienfreundliche Berufsbedingungen hält er für außerordentlich wichtig. „Gleitzeit ist bei uns angesagt.“ Viele wollten mehr Freizeit haben. Oder eben nicht nachts auf Achse sein, wofür die Bäckerzunft nach wie vor verschrien ist. „Bei uns ist das anders. Durch unser Arbeitszeitmodell sind wir flexibel.“ Ob von 5 bis 11 Uhr im Betrieb, von fünf bis 13, 11 bis 14 oder 13 bis 19 Uhr – alles ist machbar. Und seine Tochter, alleinerziehend mit drei Kindern, ergänzt ganz stolz: „Seit über 20 Jahren gibt es bei uns die Mutti-Schicht. Gleitende Regelungen etwa von sieben bis 15 Uhr oder bis 15.30 Uhr sind problemlos möglich.“ Darüber hinaus organisieren die Mitarbeiter sogar untereinander ihre Abläufe eigenständig nach dem Motto: „Mischa, kannst du heute Abend für mich mal einspringen, ich hab kurzfristig etwas vor.“

Natürlich ist mit der variablen Gestaltung der Abläufe zusätzlicher Aufwand für alle im Betrieb verbunden. „Diese sind allerdings aus meiner Sicht sehr wichtig“, ist der Geschäftsführer überzeugt. Dadurch entfällt zum Beispiel, früh in der Backstube stehen zu müssen. Die lange Brotteig-Reifezeit von bis zu 24 Stunden wird bei Wentzlaffs im Laufe des Tages absolviert. Der Bäcker gesteht allerdings zu: Solches Vorgehen sei nur möglich, wenn die Firma über relativ viele Beschäftigte verfügt. „Eine altehrwürdige Bäckerei mit vielleicht ein, zwei Angestellten ist dazu nicht in der Lage.“

Miese Laune bekommt er hingegen, wenn sich in den Reglementierungen der Behörden regelmäßig „Neuerungen“ breit machten, die seiner Auffassung nach ohne Sinn und Verstand sind. „Jedes Jahr werden Erfassungsformulare umgemodelt.“ Dadurch müssten jene schon im Firmen-Computer gespeicherten Versionen neu eingepflegt werden – „sprich wir machen die ganze Arbeit noch mal, obwohl sonst nur an den jeweiligen Stellen paar neue Zahlen einzugeben wären“. Wentzlaff ist überzeugt: 15 bis 20 Prozent des bürokratischen Aufwandes könnten durch Vereinheitlichung von Vorgängen eingespart werden.

Und das ist eine Menge. Denn um den Wust an Auflagen in den Griff zu kriegen, sind im Unternehmen

Zufriedenheit der Belegschaft ist ein wichtiges Pfund für Wentzlaff. Nicht zuletzt ihnen sei es doch zu verdanken, wenn es mit der Produktvielfalt und deren Qualität stimmt. „Wir sind im Premium-Segment zu Gange. Das Niveau wollen wir halten“, sagt der Geschäftsführer. Dafür seien die Kunden durchaus bereit, mehr zu zahlen. Wer nur Fastfood und Eingeschweißtes zu sich nehme, „isst konservierten Müll“, meint er kategorisch. Das komme bei ihm nicht in die Tüte – wie ein Spruch an einer Wand des Cafés in der Leipziger Brotschule verkündet: „Wenztlaff ist ein gutes Gefühl. Genuss, der vielfältig die Sinne berührt.“

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André Kempner
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Dirk Knofe (2)
Von Ulrich Langer Gute Miene zu bösem Spiel: Peter Wentzlaff schiebt symbolisch Akten in den Backofen. Peter Wentzlaff packt auch beim Verkauf mit an.

#PositiverBeitrag

Bürokratie

Vergeblicher Einsatz

Ex-FDP-Wirtschaftsminister Sven Morlok scheiterte mit Rückkehr zur alten Regelung bei der Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen

Sein Anti-Bürokratie-Einsatz war ebenso engagiert wie letztlich vergeblich. Sven Morlok (FDP, 56) hält es nach wie vor für ein großes Ärgernis, dass bei der Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge die Rückkehr zu einer früher geltenden Regelung offenkundig auf den St.-Nimmerleinstag verschoben wurde. Dabei hatte Morlok in seiner Zeit als sächsischer Wirtschaftsminister (2009 bis 2014) sogar eine entsprechende Bundesratsinitiative gestartet, die allerdings erfolglos blieb. „Wir waren damals leider die einzige Landesregierung mit FDP-Beteiligung, und CDU und SPD hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag auf die Plünderung der Rentenkasse verständigt“, sagt der Politiker gegenüber der LVZ-Wirtschaftszeitung. „Bei denen fehlte jedes Verständnis für die Situation der Unternehmen.“

Hintergrund: Wegen damals leerer Rentenkassen beschloss die rot-grüne Bundesregierung 2005, dass die Betriebe die abzuführenden Beiträge zu den Sozialversicherungen bis zum fünftletzten Banken-

arbeitstag des laufenden Monats zu überweisen haben. In Firmen, in denen, wie häufig im Handwerk, Stundenlöhne gezahlt werden, können die Summen zu diesem Zeitpunkt somit nur geschätzt werden. Die genaue Höhe muss dann am Anfang des Folgemonats ermittelt und nachgereicht werde. Damit wird jede betroffene Lohnabrechnung zweimal in die Hand genommen – doppelte Arbeit, doppelte Bürokratie.

Eine Regelung, die zudem hohe Kosten verursacht. Morlok erinnert sich, dass nach Berechnungen des sächsischen Wirtschaftsministeriums aus dem Jahr 2014 allein für die Korrekturarbeit und doppelte Buchung die Unternehmen im Freistaat mit jährlich 23 Millionen Euro belastet würden. Heute könnte das deutlich mehr sein, genaue Zahlen liegen nicht vor. Durch die Vorverlegung der Abführung sei den Betrieben außerdem einmalig Liquidität in Höhe von rund einer Milliarde Euro entzogen worden, berichtet Morlok. „Geld, das sie dringend für Investitionen zum Beispiel in die Digitalisierung benötigen.“

Der FDP-Politiker, der im Leipziger Stadtrat sitzt und stellvertretender Kreisvorsitzender ist, glaubt nicht, dass in absehbarer Zeit eine Änderung erfolgt. „Angesichts der Wahlgeschenke, die SPD und CDU gerade im Bereich der Rente verteilen, fehlt mir dafür momentan der Glaube.“ Das werde wohl nur klappen, wenn die FDP im Bund wieder mitregiere. „Wir kümmern uns auch um diejenigen, die das Geld erwirtschaften.“

Der Diplom-Kaufmann kritisiert, dass die Belastung der Wirtschaft mit Steuern und Abgaben sowie mit dem bürokratischen Aufwand weiter ständig zunehme. Ein Beispiel sei der Solidaritätszuschlag. „Obwohl der Solidarpakt in diesem Jahr ausläuft, wird der Soli weiter einkassiert.“ Das alles bei Steuereinnahmen auf Rekordhöhe. Auch zur SoliAbschaffung habe Sachsen unter seiner Verantwortung einen Vorschlag unterbreitet, der aber abgelehnt worden sei. Wie bei den Sozialversicherungsbeiträgen.

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André Kempner
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Von Ulrich Milde Sachsens früherer Wirtschaftsminister Sven Morlok (56). Anzeige

Bürokratie

Vorschriften über Vorschriften

Bauindustrieverbandschef Robert Momberg:

Allein 10 000 Bestimmungen beim Bau eines Einfamilienhauses

Es fällt auf, wie das Schwarzbuch der Bauwirtschaft daherkommt: in bunten Farben – blau, weiß, orange. Immerhin ist auf dem Titel der Broschüre mit schwarzen Buchstaben „Die Bauindustrie Ost“ zu lesen, ein Zusatz, der das stilisierte blaue Logo in Gebäude-Form komplettiert. Das ist aber nebensächlich für Robert Momberg. Der Hauptgeschäftsführer des ostdeutschen Bauindustrieverbandes legt viel mehr Wert auf den Inhalt des 44-seitigen Büchleins. Es listet nämlich bürokratische Lasten auf, mit der seine Branche zu kämpfen hat. „Dass unsere Publikation solch einen Umfang hat, spricht Bände“, so der 50-jährige Verbandschef. Trotz allem gehe es dem Bauhauptgewerbe in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Berlin und Brandenburg momentan mehr als gut. Hier wirken knapp 80 000 Bauleute und erwirtschafteten im Jahr 2018 über 14 Milliarden Euro Umsatz.

Wie ist denn die konjunkturelle Situation in den Baubetrieben des Ostens einzuschätzen?

Es läuft derzeit recht gut. Allein in Sachsen und Sachsen-Anhalt war das Plus im vorigen Jahr zweistellig. Dem Bauhauptgewerbe in Ostdeutschland insgesamt, einschließlich Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen, geht es mehr als gut. Hier wirken über 100 000 Bauleute und erwirtschafteten 2018 über 18  Milliarden Euro Umsatz.

Wie sehen die konkreten Zahlen aus?

Beim Umsatz legte die sächsische Baubranche um rund 13 Prozent zu. In Sachsen-Anhalt betrug der Wert 14,5 Prozent.

Nicht schlecht. Aber hält der positive Trend an?

Es deutet derzeit einiges darauf hin.

Woran machen Sie das fest?

Am Auftragseingang zum Beispiel. Hier kommt Sachsens Bau auf ein Plus gegenüber dem Vorjahr von knapp 10 Prozent, Sachsen-Anhalt gar auf 24 Prozent.

Das sind ja rosige Aussichten. Dann trägt Ihr Verband mit seinem Schwarzbuch, in dem die enormen Belastungen durch Bürokratie gebrandmarkt werden, offensichtlich zu dick auf.

Schön wär‘s, wenn wir übertrieben hätten. Das Gegenteil trifft leider zu.

Das sollten Sie konkretisieren.

Eine Umfrage unseres Verbandes unter unseren Mitgliedern hat ein erschreckendes Bild offenbart. Fast ein Viertel der Arbeitszeit geht in den Firmen für die Erledigung von bürokratischen Aufgaben drauf. Im Osten kostet das allein eine halbe Milliarde Euro – und zwar jährlich. In ganz Deutschland wird mit 9,6 Milliarden Euro fast die Zehn-Milliarden-Grenze erreicht. Ein großer Batzen Geld, mit dem viel gebaut werden könnte.

Also jegliche Vorschriften über Bord werfen?

Das ganz bestimmt nicht. Beim Arbeitsschutz zum Beispiel muss auf hohe Sicherheit für die Bauleute geachtet werden. Wenngleich hier ebenfalls Reserven schlummern, um Überregulierung zu verringern.

Wo drückt den Baufirmen der Schuh am stärksten?

Dass sie von staatlicher Reglementierung doppelt belastet werden.

Wie das?

Weil sie nicht nur die generellen bürokratischen Lasten zu schleppen haben, die auf alle Firmen in Deutschland drücken. Hinzu kommen zahlreiche Vorschriften zum eigentlichen Bauablauf. Allein um ein Einfamilienhaus zu errichten, müssen rund 10 000 Bestimmungen beachtet und erfüllt werden.

Spielt sich das nicht irgendwie im Laufe der Zeit ein?

Offensichtlich nicht. Immerhin hat unsere Umfrage ergeben, dass 82 Prozent der Unternehmen den bürokratischen Aufwand als zu hoch empfinden. Acht von zehn Firmen beklagen eine Zunahme der Bürokratiebelastung in den vergangenen fünf Jahren. Das ist doch kein Zufall.

Ein bisschen übertrieben sind die Meinungsäußerungen vielleicht doch.

Glaube ich nicht. Denn 65 Prozent der Betriebe sehen Bauabläufe durch massenhafte Auflagen behindert. Sie fühlen sich im engmaschigen Bürokratienetz eingeengt, nahezu gefangen, manche sogar gelähmt.

Wie sonst ist es zu erklären, wenn über die Hälfte, nämlich 55 Prozent der Firmen, sogar schon Projekte aufgegeben haben, weil die auferlegten Hürden zu hoch liegen.

Woran hapert es am meisten in Sachen Bürokratie?

Da kann ich eine ganze Latte aufzählen. Das beginnt an einem Übermaß an Dokumentations- und Nachweispflichten, geht weiter mit zu langen Bearbeitungszeiten in Behörden. Wenn sich dann Baugenehmigungen, die Erlaubnis von Schwertransporten, Zustimmung zu Sonntagsarbeit extrem lange verzögern, sind die Firmen oft am Verzweifeln. All das hat auch seine Ursache in aufgeblähten Vergabeverfahren bei öffentlichen Projekten.

Ist genau zu sagen, wie stark der bürokratische Kram die Firmen nervt? Knapp ein Zehntel der Ressourcen eines Bauunternehmens ist durch die Einhaltung von Bauauflagen und die Einholung behördlicher Genehmigungen und Zulassungen gebunden. Das zu beherrschen, kostet enorm Kraft.

Personeller Natur? Selbstverständlich. 2017 schlugen sich in unserem Verbandsgebiet etwa 17 000 Beschäftigte ausschließlich mit der Erledigung von behördlichen Aufgaben herum. Bundesweit waren es hochgerechnet fast 100 000.

Worin sehen Sie einen Ausweg? Wir plädieren für das Drei-V-Modell.

Wofür? Für Verringerung, Vereinfachung und Vernetzung. Es reicht nicht aus, einzelne Vorschriften zu entkrampfen, auszudünnen oder gar abzuschaffen. Es muss ein kompletter Geisteswandel in der staatlichen Verwaltung Einzug halten. Alles muss nach unserer Ansicht auf den Prüfstand.

Das heißt? Verringerung der Bürokratiepflichten als erstes. Genehmigungsverfahren müssen per se hinterfragt und nachgebessert werden.

Zum Beispiel?

Schwerlasttransporte sind in jedem Bundesland extra zu genehmigen. Es gibt kein digitales Kartenmaterial. Unternehmen müssen vorher die Strecke abfahren und alles entsprechend dokumentieren, erst dann setzt der Genehmigungsvorgang ein. Zudem sollte eine einmalige Erlaubnis reichen, selbst wenn die Fahrt durch mehrere Bundesländer führt. Das ist allerdings nicht der Fall.

In jedem der 16 Bundesländer gelten andere Vorschriften?

So ist es. Der Föderalismus führt dazu, dass für die meisten Abläufe 16 verschiedene Anträge, Formulare oder Verfahren existieren. Deshalb ist unsere zweite V-Forderung: Vereinfachung. Warum kann beim Wohnungsbau nicht in allen Ländern die gleiche Bauordnung gelten? Muss jeder Bauminister sein eigenes Süppchen kochen? Deshalb: Eine Vereinheitlichung der Vorschriften ist überfällig. Abgesehen davon sind manche bislang geltende Regelungen von Land zu Land sogar widersprüchlich. Und unsere Firmen, die ja nicht nur in ihren eigenen Bundesländern agieren, haben ständig Neues zu berücksichtigen.

Das heißt?

Bei größeren Bauvorhaben kann das schnell zu Mehrkosten in Höhe von mehreren Millionen Euro führen. Abgesehen davon, dass ja nicht überall und gleich in der Nähe Deponien vorhanden sind. Dann fallen noch Hunderte Transport-Kilometer an. Mit Umweltfreundlichkeit hat das weniger zu tun.

Bliebe noch das dritte V. Ja, die dringend nötige digitale Vernetzung der Behörden. Es gibt nach wie vor zu viele Medienbrüche.

Aha, und was bedeutet das?

Zwar werden beispielsweise Unterlagen digital zur Verfügung gestellt, sind aber per Hand auszufüllen und per Post zu verschicken. Warum kann nicht dieser gesamte Vorgang digital erledigt werden? Dazu ist allerdings die Kooperation aller staatlichen Ebenen –vom Bund über die Länder bis hin zu den Gemeinden – dringend geboten. Und ein gemeinsames Portal für sämtliche Bundes-, Landes- und Kommunalformulare wäre eine große Erleichterung.

Solange der Bürokratieberg so hoch ist, den die Firmen abtragen müssen, wird ja auch das Bauen nicht billiger. Leider ist es so. Um Vorschriften über Vorschriften zu bewältigen, sind Zeit und damit Geld gebunden. Deshalb bin ich mir ganz sicher: Eine Entbürokratisierungsinitiative wäre das beste Wachstumsprogramm für die Bauwirtschaft, und mit Sicherheit nicht nur für unsere Branche.

Interview: Ulrich Langers

Der Bauindustrieverband Ost

Der Bauindustrieverband Ost ist der Wirtschafts- und Arbeitgeberverband der bauindustriellen Unternehmen in den Ländern Berlin, Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Er vertritt die Interessen von 260 Unternehmen. Hervorgegangen ist er aus der Fusion der Bauindustrieverbände Berlin-Brandenburg und Sachsen/Sachsen-Anhalt am 23. August 2018.

2018 belief sich der Auftragseingang im sächsischen Bauhauptgewerbe auf 5,3 Milliarden Euro, was einem Plus von 9,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr entsprach. In Sachsen-Anhalt lag dieser Wert bei 2,6 Milliarden Euro (plus 24,4 Prozent).

Der Beamten-Apparat ist gewaltig. Da müsste alles doch viel rascher funktionieren. Wenn jedoch häufig die Zuständigkeiten ungeklärt sind, helfen viele Mitarbeiter in den Büros auch nicht weiter, fühlt sich doch dann keiner so richtig verantwortlich. Und: Noch viel zu wenig wird über moderne, zeitsparende Online-Verfahren geregelt. Erschwerend kommt hinzu, dass in den vergangenen Jahren die Bauverwaltungen stark ausgedünnt wurden. Das fällt uns jetzt auf die Füße.

Auch weil neue Verordnungen geboren werden? Sehr richtig. Ich mag an dieser Stelle nur die 16 verschiedenen Vorgaben zur Bauschuttentsorgung anführen. Hier wäre die diskutierte bundesweite Mantelverordnung wenigstens ein erster Schritt. Allerdings dürfen die bestehenden Grenzwerte nicht noch weiter verschärft werden. Sonst müsste der Bodenaushub, mit dem zur Zeit noch Flächen verfüllt werden dürfen, künftig auf der Deponie enden.

Der Verband vertritt die Interessen seiner Mitgliedsunternehmen gegenüber Politik und Öffentlichkeit in den vier Bundesländern. Darüber hinaus erbringt er Dienstleistungen, die die Arbeit seiner Mitglieder unterstützen. Hierzu gehören etwa juristische und fachlich-technische Betreuung, hochwertige Bildungsangebote, betriebswirtschaftliche Beratung, sowie statistische Dienste. Darüber hinaus ist der Bauindustrieverband Ost als Arbeitgeberverband die Vertretung der Mitglieder zum Abschluss von Tarifverträgen. Er ist Mitglied des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie und fördert in diesem Zusammenhang die gemeinsamen Interessen der Bauindustrie auf Bundesebene und in Europa.

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„Es muss ein kompletter Geisteswandel in der staatlichen Verwaltung Einzug halten.“
Bauindustrieverband Ost e. V. Fotolia 174425717
Robert Momberg

Die Bürokratie-Bremser

Sächsischer Normenkontrollrat prüft Sinn beziehungsweise Unsinn staatlicher Gesetzesvorhaben

Der Fall ist unwahrscheinlich, die Diskussion aber ernsthaft und intensiv. Laut einem Gesetzentwurf, der zur Begutachtung dem Sächsischen Normenkontrollrat vorgelegt worden ist, sollen im Falle eines radioaktiven Unfalles die JodTabletten zum Schutz der Bevölkerung über die Landkreise und die kreisfreien Städte ausgegeben werden. „Ein wichtiges Thema“, meint Hanjo Lucassen (74), langjähriger Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Sachsen. Zwar gebe es im Freistaat kein Kernraftwerk, wohl aber im benachbarten Tschechien. André Jacob (57) ist mit der Vorlage unzufrieden. „Wir brauchen dezentrale Lagerstätten, da wir auch große Flächenlandkreise haben“, meint das geschäftsführende Präsidialmitglied des Sächsischen Landkreistages. Wohl wissend, dass bei einer Tabletten-Lagerung an mehr Orten als vorgesehen der Aufwand steigen würde. Zumal es fraglich sei, ergänzt Ralf Leimkühler (52), stellvertretender Geschäftsführer des Sächsischen Städte- und Gemeindetages, ob auf gemeindlicher Ebene bereits jetzt die erforderlichen Lagermöglichkeiten zur Verfügung stünden. Mit diesen Anmerkungen versehen wird der Gesetzentwurf zurück an die Staatsregierung geben.

Zuständig ist der Normenkontrollrat, weil beim Einbringen von Gesetzen und Rechtsverordnungen der Erfüllungsaufwand zu ermitteln ist. Also der Zeit- und Geldbedarf, der durch die neue Vorschrift bei Wirtschaft, Bürgern und öffentlicher Verwaltung entsteht.

„Wir können im Rahmen unserer Prüfungen auch Vorschläge zur Reduzierung des Aufwandes unterbreiten“, berichtet Kontrtollrats-Vorsitzender Michael Czupalla (68). Der diplomierte Ingenieur war von 1990 bis 2015 Landrat zunächst des Kreises Delitzsch, der später um Torgau-Oschatz erweitert wurde.

Danach beschäftigt sich das Gremium, das an diesem Donnerstagmorgen zwei Stunden lang im Raum 336 im Dresdner Justizministerium tagt, mit einer Verordnung zum Schornsteinfegerwesen. „Ich hatte große Schwierigkeiten, das zu verstehen“, räumt Jacob ein. Michael Schefczyk (51), Dekan der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät an der Technischen Universität Dresden, pflichtet ihm bei. „Das ist intransparent für die Bürger“, meint der Professor. Die 2013 auf Druck der Europäischen Union in Kraft getretene Liberalisierung des Marktes hat zwar zum Wegfall des Monopols der früheren Bezirksschornsteinfeger geführt. Schätzungen zufolge kommt in 90 Prozent der Fälle der alte Bezirksschornsteinfeger weiter ins Haus. Und das durchaus doppelt. Einmal, um hoheitliche Aufgaben wahrzunehmen – erkennbar am Gebührenbescheid. Und dann, um Emissionsmessungen vorzunehmen und zu kehren. Dafür gibt es eine Rechnung. Für Lucassen, der heute in Wismar wohnt, aber das Geschehen in Sachsen interessiert begleitet, steht fest: „Wir sollten darüber nachdenken, dieses Thema dem Normenkontrollrat des Bundes vorzulegen.“

Allein in der Bundestagswahlperiode von 2013 bis 2017 gab es auf nationaler Ebene 548 Gesetzesvorhaben, die beschlossen und verkündet wurden. Zahllose Rechtsverordnungen und Erlasse kamen oben drauf. Nicht zu vergessen die Länder, die ebenfalls gesetzgeberisch tätig sind. Erlasse oberster Landesbehörden, etwa der Oberfinanzdirektion, sind ebenfalls zu berücksichtigen. Auf die Unternehmen wie die Bürger, aber auch auf die öffentlichen Verwaltungen kommen somit jedes Jahr viele zu beachtende Änderungen zu.

Und Verwaltungen machen es oftmals kompliziert. Als „bürokratisches Monster“ bezeichnete im vorigen Jahr Sachsens Bauernverband ein 44 Millionen Euro umfassendes Hilfspaket von Bund und Land für die dürregeplagten Landwirte. Danach hatten alle Betriebe, deren Ernte um mindestens 30 Prozent unter dem Durchschnitt der vergangenen drei Jahr lag, Anspruch auf Zuschuss. Nicht nur, dass detailliert ein Nachweis der Einkünfte gefordert wurde. Zweifelhaft auch, ob das Geld wirklich bei den bedürftigen Bauern ankommt. Denn: Wer wegen der Dürre Tiere verkaufen musste, weil er nicht genügend Futter ernten konnte, dem wird der Erlös nun als verfügbarer Geldzufluss zugerechnet, so dass er zumeist aus der Förderung fällt.

Um die Bürokratie, die Herrschaft der Verwaltung, zumindest ein wenig zu bremsen, wurde 2006 der Nationale Normenkontrollrat gegründet. Er hat sich einen Abbau der Bürokratie und eine bessere Rechts-

setzung auf die Fahnen geschrieben. Dem Gremium unter dem Vorsitz des früheren Ost-Beauftragten von Bundeskanzler Helmut Kohl, Johannes Ludewig (73), ist es gelungen, von 2015 bis 2017 durch die „One-in-one-out-Regel“ die Unternehmen unterm Strich um 1,8 Milliarden Euro zu entlasten. Diese Bürokratie-Bremse besagt, dass neue Belastungen nur in dem Maße eingeführt werden dürfen, wie bisherige abgebaut werden.

Als erstes Bundesland zog Sachsen mit einem Normenkontrollrat nach. „Das war eine sehr gute Entscheidung“, kommentiert Schefczyk. Es sei positiv, dass andere Länder wie Baden-Württemberg dies inzwischen ebenso getan hätten und Bayern sowie Schleswig-Holstein folgen wollten. Die konstituierende sächsische Sitzung fand am 3. Dezember 2015 statt.

„Wir wollen, wie im Bund, einen Beitrag zum Bürokratieabbau und für eine bessere Rechtssetzung leisten“, sagt Czupalla. „Es geht auch um eine größere Transparenz“, betont Leimkühler. Sachsen hat nach Lucassens Auffassung lange nicht erkannt, wie wichtig ein Abbau der Bürokratie sei. „Ein Zuviel führt zur Unzufriedenheit der Bürger“, so der Gewerkschafter. Auch viele Handwerker und kleinere Unternehmen seien von den Auflagen und Dokumentationspflichten überfordert. „Es gibt fast keine neue Förderrichtlinie, die nicht mit einer zusätzlichen Dokumentationspflicht verbunden ist“, hat Jacob beobachtet. Allein im sächsischen Förderwesen hätten sich die Formulare in den vergangenen zehn Jahren vervielfacht, berichtet Leimkühler.

Gleichwohl lassen sich die ehrenamtlich tätigen Mitglieder, die sich alle vier Wochen treffen, nicht entmutigen. Nach Czupallas Angaben wurden im vorigen Jahr 24 Stellungnahmen abgegeben. 13 Mal sei dabei um eine Änderung des Erfüllungsaufwandes gebeten worden, in neun Fällen sei das auch passiert. Bei einem Gesetzentwurf zur Änderung des Schulgesetzes habe das Kultusministerium dies abgelehnt.

Drei Entscheidungen seien noch offen. „Allein die Pflicht, die Kosten transparent darzustellen, ist ein großer Fortschritt“, meint der frühere Landrat. Allerdings ist der Erfolg noch bescheiden. Die Bilanz für 2018 besagt: Die jährlichen Kosten für Wirtschaft, Bürger und öffentliche Verwaltung allein durch die vom Rat geprüften Rechtsnormen sind um 3,8 Millionen Euro gestiegen. Bis 2023 erhöhen sie sich um weitere 3 Millionen Euro. Zudem entsteht ein einmaliger Aufwand in Höhe von 37,4 Millionen Euro. Dem steht eine geringe Entlastung der Wirtschaft im Volumen von 4300 Euro jährlich gegenüber. Die Ursache dieser Entwicklung liegt in der Umrüstung auf digitale Gebäudefunkanlagen bei Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz.

Kein Wunder, dass Czupalla feststellt, dass der Kontrollrat zwar auf einem guten Wege sei. Dennoch habe der erhoffte Kulturwandel „hier noch nicht stattgefunden“. Es handele sich bei der Tätigkeit „um das Bohren dicker Bretter in der Politik“, kommentiert Lucassen. Er fordert Hartnäckigkeit ein und spricht von einer Wächterrolle, der nachzukommen sei. Als Nachteil bezeichnet er, dass zwar die Kosten, nicht aber der Nutzen unter die Lupe genommen würden.

Für problematisch hält es Leimkühler, „dass wir bestehende Gesetze nicht aus eigenem Antrieb aufgreifen dürfen“. Da sei sicherlich noch erhebliches Potenzial. „Nur weil es ein Gesetz seit vielen Jahren gibt, muss es heute nicht zwingend effizient sein.“

Jacob verweist darauf, dass der Rat nur für Verordnungen, die das Kabinett passieren, zuständig sei, nicht aber für die der Ministerien. Letzteres sei die überwältigende Mehrheit. Schefczyk bemängelt, dass auch die Sächsische Aufbaubank nicht unter die Kontrollpflicht fällt. „Unser Prüfungsauftrag ist leider begrenzt“, sagt Czupalla.

Bei allen womöglich noch so kleinen Fortschritten: „Es ist schon wichtig, dass wir Signalgeber sind“, sagt Jacob. Immerhin wehe ein neuer Wind, meint Leimkühler. Es gehe um nicht mehr und weniger, als „das Vertrauen der Bürger in die staatlichen Institutionen zu stärken“, formuliert es Schefczyk.

Die sächsischen Bürokratie-Bremser (von links): Hanjo Lucassen, ehemaliger Vorsitzender des DGB Sachsen, André Jacob, Geschäftsführendes Präsidialmitglied beim Sächsischen Städtetag, Michael Schefczyk, Wirtschaftsprofessor an der Technischen Universität Dresden, Ralf Leimkühler, stellvertretender Geschäftsführer des Sächsischen Städte- und Gemeindetages, Michael Czupalla, langjähriger Landrat in Nordsachsen (Vorsitzender). Nicht auf dem Foto, da er an der Sitzung nicht teilnehmen konnte: Andreas Bösl, Präsidiumsmitglied der Vereinigung der Sächsischen Wirtschaft.

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So verständlich sind

Erlasse des Bundesfinanzministeriums

Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zur unionsrechtskonformen Auslegung des § 9 Nr. 7 GewStG; Folgen aus dem Urteil des EuGH vom 20. September 2018 in der Rechtssache C-685/16 (EV)

vom 25. Januar 2019

Der EuGH hat mit Urteil vom 20. September 2018, BStBl 2019 II S. …1, festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Kürzung nach § 9 Nr. 7 GewStG bei Gewinnen aus Anteilen an einer Tochtergesellschaft, die ihre Geschäftsleitung und ihren Sitz in einem Staat außerhalb der EU hat (Drittstaatensachverhalt), gegen die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 ff. AEUV verstößt.

Nach dem Ergebnis einer Erörterung der obersten Finanzbehörden der Länder ist die geltende Gesetzesfassung des § 9 Nr. 7 GewStG auf Drittstaatensachverhalte mit folgenden Maßgaben anzuwenden:

• Die Beteiligung von mindestens 15 % an der Tochtergesellschaft muss zu Beginn des Erhebungszeitraums bestehen, wenn die in § 9 Nr. 7 Satz 1 erster Halbsatz GewStG enthaltene Voraussetzung, nach der die Beteiligung seit Beginn des Erhebungszeitraums ununterbrochen bestehen muss, eine Kürzung ausschließen würde.

• Die besonderen Voraussetzungen für die Bruttoerträge, die von der Tochtergesellschaft bezogen werden, nach § 9 Nr. 7 Satz 1 erster Halbsatz GewStG müssen nicht erfüllt sein.

• Die besonderen Voraussetzungen für Gewinne aus Enkelgesellschaften, die über die Tochtergesellschaft bezogen werden, nach § 9 Nr. 7 Satz 4 bis 6 GewStG und die Nachweisvorschriften des § 9 Nr. 7 Satz 7 GewStG hierzu sind nicht anzuwenden.

Vorstehende Grundsätze gelten in allen offenen Fällen und bis zur Anwendung einer gesetzlichen Neuregelung des § 9 Nr. 7 GewStG.

Diese Erlasse ergehen im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen.

Bürokratie

„Für jede neue Pflicht eine andere abschaffen“

Kristian Kirpal, Präsident der Industrie- und Handelskammer zu Leipzig, brandmarkt Wachstumshemmnisse

Herr Kirpal, die Wirtschaft wird nicht müde, über ein Zuviel an Bürokratie zu klagen. Was genau ist das Problem?

Immer neue Nachweis-, Melde- oder Dokumentationspflichten in nahezu allen Bereichen binden wertvolle Ressourcen der Unternehmen.

Welche Konsequenzen sind damit verbunden?

Innovationen werden behindert, Förderprogramme aufgrund komplizierter und intransparenter Antragsverfahren nicht abgerufen. Und es gibt immer noch eine zu geringe Ausrichtung der Verwaltungsverfahren auf das E-Government.

Was ist daran so schlimm?

Anträge auf Papier müssen heute nun wirklich nicht mehr sein. Es würde in vielen Bereichen schon zu spürbaren Erleichterungen führen, wenn Informationen elektronisch übermittelt und Unterlagen online eingereicht werden können. Auch für die Behörden wird es einfacher, wenn zum Beispiel bereits vorliegende Daten elektronisch ausgetauscht werden.

Das heißt?

Auf dem heutigen Niveau jedenfalls ist Bürokratie ein großer Kostentreiber und eine echte Wachstumsbremse. Das ist nicht tragbar und gefährdet die wirtschaftliche Entwicklung in unserer Region.

Die Bundesregierung hat kürzlich ein „Arbeitsprogramm Bürokratieabbau“ beschlossen, das unter anderem Erleichterungen für die Wirtschaft vorsieht.

Das müsste Sie doch freuen.

Das Arbeitsprogramm enthält einige wohlklingende Absichtserklärungen. Mehr aber eben auch nicht.

Sind Sie da nicht zu pessimistisch?

Bereits vor 13 Jahren wurde ein Regierungsprogramm Bürokratieabbau beschlossen.

Mit welchem Ergebnis?

Tatsächlich wurden seither zwar punktuell Erleichterungen umgesetzt, gleichzeitig aber immer neue Regelungen mit neuen bürokratischen Lasten von teils erheblichem Ausmaß eingeführt. Könnten Sie das konkreter machen? Stichwort Mindestlohn, Entgelttransparenzgesetz oder allein im vergangenen Jahr die Datenschutzgrundverordnung, die Brückenteilzeit... Oder nehmen wir einmal die Sozialversicherung.

Was meinen Sie damit?

Weil die Beiträge seit 2006 schon im laufenden Monat fällig sind, muss jetzt die Abrechnung bei möglichen Abweichungen im Folgemonat nochmal korrigiert werden.

Doppelter Aufwand – das ist kontraproduktiv. Daher fordern wir schon lange die Rücknahme dieser Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge.

Und wenn dies geschieht, ist dann alles paletti? Nein. In Summe bleibt festzustellen: Statt weniger sehen sich die Unternehmen immer mehr bürokratischen Lasten gegenüber. Freude löst das ganz sicher nicht aus.

Was würde der Wirtschaft helfen? Wo sehen Sie einen Ausweg aus der vertrackten Situation?

Wenn die Politik ihren Ankündigungen auch Taten folgen lässt: in Form eines mutigen Gesetzes, das den Bürokratieaufwand der Unternehmen in allen Bereichen nachhaltig und spürbar senkt. Gesetze müssen mittelstandsgerecht gestaltet und systematisch in Bezug auf Alternativen und eine Reduzierung des Bürokratieaufwands geprüft werden.

Kleines Land beim Bürokratieabbau ganz groß

Estland hat das wettbewerbsfähigste Steuersystem aller 34 OECD-Staaten

Es ist nicht zu leugnen, Estland ist ein kleines Land. Der baltische Staat hat lediglich 1,3 Millionen Einwohner. Ein Drittel davon lebt in der Hauptstadt Tallinn. In Sachen Bürokratieabbau ist das Land, das seit 15 Jahren Mitglied der Europäischen Union ist, dafür dank der Digitalisierung ganz groß. Die Esten sind voll vernetzt, das Internet ist landesweit kostenfrei und inzwischen zum Grundrecht erhoben worden. Der flächendeckende Ausbau des Breitbandes in Deutschland wurde dagegen jahrelang verschlafen und scheint erst jetzt an Fahrt zu gewinnen.

Im Unterschied dazu ist in Estland bereits möglich, innerhalb weniger Stunden ein Unternehmen anzumelden. Gerade für Firmen ist die ausufernde Bürokratie in Deutschland lästig. Nicht selten müssen Notare den ganzen Vertragstext stundenlang vorlesen, viele Abläufe haben das Tempo einer Schnecke. Es vergehen Wochen, bis der Betrieb etwa im Handelsregister eingetragen ist. Es kann Monate dauern, bis ein Start-up in Deutschland die Steuernummer bekommt.

In der Baltenrepublik dagegen lässt sich die neue Firma online anmelden. Dafür verfügen die Bürger über eine digitale ID, eine kleine Karte, mit der sie sich identifizieren können. Auch ausländischen Investoren

wird das verhältnismäßig leicht gemacht. Alle wichtigen Informationen finden sich auf einer englischsprachigen Website.

Aber nicht nur das. Mit seiner ID-Karte kann der Este auch zum Arzt gehen und seine Steuererklärung online abgeben. Das bieten nunmehr zwar auch deutsche Finanzämter an. Nur: In Estland dauert das Erstellen der Steuererklärung drei Minuten, hier zumeist mehrere Stunden. Ganz kompliziert wird das für Betriebe. Der ehrenwerte Beruf des Steuerberaters ist in Estland weitgehend unbekannt. Nach fünf Tagen erhält der Bürger dann seinen Steuerbescheid. Hierzulande dauert es oft Wochen, wenn nicht gar Monate.

Nebenbei: Bei der Einkommensteuer gilt im Baltenland ein Pauschalsatz von 20 Prozent, auch die Unternehmenssteuern sind niedrig. Einer Studie zufolge hat Estland das wettbewerbsfähigste Steuersystem aller 34 OECD-Staaten.

Auch wer in Estland wählen will, muss die eigenen vier Wände nicht verlassen. Ein Computer reicht. Im Browser wird die Website der estnischen Verwaltung geöffnet. Der Personalausweis kommt in das Kartenlesegerät, jetzt muss nur noch eine Pin eingegeben werden, um sich einzuloggen. Die Software erkennt, wo der Wähler wohnt, zeigt ihm die entsprechenden

Kandidaten. Eine zweite Pin schließt den Wahlvorgang ab.

In Deutschland dagegen muss das Wahllokal aufgesucht werden. Alternativ ist es möglich, seine Stimme per Briefwahl abzugeben. Sich ummelden, einen neuen Ausweis beantragen – auch das geht in Estland online.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sieht Estland da durchaus als Vorbild an. Während die Balten vor gut 20 Jahren begonnen hätten, alle Verwaltungsleistungen elektronisch zur Verfügung zu stellen, „kämpfen wir immer noch mit einem Wust von

Aber die Welt verändert sich, da geht es mitunter nicht ohne neue Regulatorien ab. Für jede neue Pflicht muss mindestens eine andere abgeschafft werden. Oder noch einfacher: Wird ein Antrag gestellt und die Behörde widerspricht nicht, gilt das Vorhaben als genehmigt.

Ihrer Meinug nach sind offensichtlich die Bearbeitungszeiten zu langwierig.

Die derzeitige Verwaltungspraxis muss überall auf den Prüfstand – wir brauchen kostengünstige, rechtssichere, bürokratiearme und wirtschaftsfreundliche Verfahren. Erste richtige Ansätze hierfür gibt es durchaus.

Was meinen Sie konkret?

Zum Beispiel war auf sächsischer Ebene die Einrichtung einer Kommission zur Evaluation von Planungsund Genehmigungsverfahren ein richtiger Schritt, um exemplarisch auf bestimmten Gebieten, wie etwa dem Immissionsschutzrecht, Regelungen auf den Prüfstand zu stellen und Optimierungspotenziale zu heben. Die Empfehlungen dieser Expertengruppe müssen dann auch rasch umgesetzt werden.

Formularen auf Papier rum und zwingen Leute, Zeit auf einem Amt zu verbringen“. FDP-Chef Christian Lindner sieht das offenbar ähnlich. „Besonders Gründer leiden unter bürokratischen Hürden – für sie sollte ein bürokratiefreies Start-Jahr gelten“. Dadurch hätten sie mehr Zeit, an ihrer Geschäftsidee zu feilen. „Wir müssen weg vom Papier hin zu einheitlichen digitalen Standards und Formaten“, heißt es in der SPD-Bundestagsfraktion. Auch schnellere Betriebsprüfungen im Steuerrecht sind nötig, um rasch Rechtssicherheit zu erreichen. Ulrich Milde

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Kristian Kirpal (45), Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Leipzig. Volkmar Heinz Pixabay.com Blick auf Tallin, die Hauptstadt von Estland.

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einheitlichen digitalen

SPD-BunBetriebsprüfungen Rechtssicherheit Ulrich Milde

Herr Posselt, Digitalisierung und künstliche Intelligenz dürften die Megatrends der Wirtschaft sein. Was bedeutet das für die Unternehmen?

Das sind in der Tat die zwei wesentlichsten Trends der Zukunft. Auf uns kommt ein kompletter Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft zu. Für die Wirtschaft ist von zentraler Bedeutung, dass sich viele jetzige Prozesse, Branchen, Geschäftsmodelle fundamental ändern können.

Haben Sie ein Beispiel parat?

Der Handel, er hat sich drastisch geändert. Gut zehn Prozent aller Waren werden inzwischen online gehandelt. Das ist ein massiver Umbruch. Vor Kurzem gab Otto den letzten Versandkatalog heraus. Neue Geschäftsmodelle entstehen also?

Ja, und sie halten Einzug auch in anderen Branchen. Dadurch verändern sich die Vermögensbestände der Unternehmen. Heute sind 80 Prozent aller Vermögenswerte der börsennotierten Gesellschaften nicht greifbar. Vor 30 Jahren waren es noch 50 Prozent. Das heißt: Wir haben deutlich weniger Grundstücke, Maschinen, Bürotische und so weiter in den Börsenwerten.

Die 80 Prozent sind vor allem Daten?

Nicht nur. Es geht auch um Markenwert, Innovationswert.

Daten sind der neue Rohstoff der Wirtschaft?

Genau. Wenn man sich die Top zehn der US-Firmen anschaut, dann sind die Hälfte davon Unternehmen, deren Geschäft auf dem Internet basiert. In Deutschland fällt einem da fast nur SAP ein. Der Konzern hat den größten Börsenwert in der Bundesrepublik. Das sind alles Firmen, die mit Daten und Innovationen zu tun haben. Die Digitalisierung greift schon heute in bestimmten Branchen, siehe den Handel. In anderen Bereichen werden die Umbrüche kommen, etwa bei Banken und Versicherungen; überall dort, wo man Prozesse leicht digitalisieren kann. Aber man kann durch Software auch kreative Dinge erzeugen lassen, etwa in der Musik und der Kunst. Das ist ein wahnsinnig breites Spektrum.

Wie gut sind die Betriebe Mitteldeutschlands auf die Digitalisierung vorbereitet? Wer nicht mitmacht, hat damit ja praktisch sein eigenes Todesurteil unterschrieben.

Das stimmt. Verweigerung ist keine ernsthafte Alternative. Es gibt eine Trennlinie zwischen großen und kleinen Unternehmen. Oft haben die großen Firmen die Ressourcen, um die Herausforderungen zu erkennen und richtig zu investieren. Je kleiner die Firma ist, umso schwieriger wird es, das zu erkennen. Oben drauf kommt: Die Eigenkapitaldecke der Ost-Unternehmen ist nicht so ausgeprägt wie bei vergleichbaren Wettbewerbern im Westen. Folglich ist hier auch die Finanzierung der Digitalisierung eine Herausforderung.

Gibt es weitere Barrieren für hiesige Betriebe?

Ja, das Know-how-Problem. Wir beobachten häufig im Dialog mit den mittleren Unternehmen, dass sie sehr wohl die Bedeutung des Themas erkannt haben. Aber es ist für viele von ihnen schwierig, den richtigen Einstieg zu finden. Die Frage lautet immer, ob Firmen in die eigenen Prozesse investieren, in die Schnittstellen zum Kunden und Lieferanten, oder ob sie möglicherweise neue Geschäftsmodelle auflegen.

Die dann in Konkurrenz zu den alten Geschäftsmodellen treten.

Das sind zusätzliche Herausforderungen. Da stehen beide Geschäftsmodelle nebeneinander. Die Identifikation der Belegschaft liegt beim alten Modell. Diesen Prozess der Konkurrenz im eigenen Haus gilt es, vernünftig zu organisieren. Wir werden in bestimmten

& Innovation Forschung

„Verweigerung ist keine ernsthafte Alternative“

Fraunhofer-Chef

Thorsten Posselt zu den Chancen der Digitalisierung

Branchen wahrscheinlich eher kleinere, evolutionäre Entwicklungen sehen.

Wo?

Der Maschinenbau kann, im Gegensatz zum traditionellen Handel, nicht verschwinden. Eine herkömmliche Bank oder Versicherung kann verschwinden, der Autobau nicht. Er kann jedoch sehr wohl durch neue Geschäftsmodelle revolutioniert werden, siehe Tesla.

Was meinen Sie konkret? Elektroautos bieten inzwischen auch deutsche Hersteller an. Tesla hat seine Kunden aufgefordert, eine Anzahlung über 1000 Dollar zu leisten. In vier Jahren bekommen sie dafür ein Auto, von dem Tesla noch nicht weiß, wie es aussieht. Aber es werde etwas Revolutionäres sein, so das Versprechen. Die deutsche Autoindustrie hätte das niemals gemacht unter dem Motto: So irrationale Kunden haben wir nicht. Wir erleben Innovationen also nicht nur in der Technik und im Produktionsprozess, sondern eben auch im Geschäftsmodell.

Wie können Sie mit dem Fraunhofer-Zentrum für Internationales Management und Wissensökonomie dabei dem hiesigen Mittelstand unter die Arme greifen?

Wir haben ein sehr großes Forschungsprojekt gemeinsam mit der Universität Leipzig mit dem Namen Data Mining und Wertschöpfung. Wir gehen aus vom Wert der Daten und der Frage, was man damit machen kann. Da laufen viele Gespräche mit der lokalen Wirtschaft, um Entwicklungspotenzial auszumachen beziehungsweise um zu erheben, ob die Firmen diese Herausforderungen überhaupt auf dem Schirm haben.

Gibt es erste Ergebnisse?

Unsere ersten Beobachtungen laufen in die Richtung,

dass ein hohes Bewusstsein besteht. Aber es wird noch wenig in die Umsetzung geführt.

Warum?

Das hat mit der nötigen Kulturänderung im Unternehmen zu tun, aber auch mit den erforderlichen Investitionen. Drittens brauche ich einen hinreichend großen Pool an Daten, wenn ich das Neue nutzen will. Die Schlagkraft der US-Internetkonzerne resultiert daraus, dass sie über ein paar hundert Millionen Daten von Menschen verfügen. Unsere Maschinenbauunternehmen etwa benötigen die Daten mindestens der Hälfte ihres Marktes. Die haben sie aber nicht.

Den hiesigen Forschungsinstituten wird generell vorgeworfen, zu wenig für die heimischen Unternehmen da zu sein. Das ist bei uns anders. Wir sind dezidiert darauf ausgerichtet, in die Praxis hineinzuwirken. Die eine Ebene ist zu erkennen, wie sich die Welt verändert, die andere, den Unternehmen daraus konkrete Hinweise zu geben.

Hat Sachsen ausreichend qualifizierte Manager für die Digitalisierung? Der Wille ist da. Der Pool an Fachkräften reicht jedoch nicht aus, um das Erforderliche zu leisten. Das gilt aber gesamtdeutsch. Im Übrigen: Auch in der Wissenschaft haben wir im Bereich der Digitalisierung und der Künstlichen Intelligenz mehr offene Stellen als Bewerber. Dieses Know-how ist ein knappes Gut.

Müssen zur mittelfristigen Abhilfe die naturwissenschaftlichen Schulfächer stärker in den Mittelpunkt gerückt werden?

Ich glaube ja. Wir hier am Fraunhofer-Institut schauen sehr stark aus der Anwenderperspektive. Um den Sprung ins Geschäft zu wagen, brauchen wir eine Mischung aus Informatikern, Betriebswirten, Volkswirten, Kulturwissenschaftlern, Politologen, Psychologen…

…warum das?

Weil sich auch das Verhalten der Menschen verändert. Man sollte also in den Unternehmen versuchen zu antizipieren, inwieweit die Kunden sich auf andere Formen der Bestellung oder der Dienstleistung einlassen. Dazu sind Psychologen sehr hilfreich. Kurzum, man braucht für den Gesamtblick ein interdisziplinäres Team mit der IT als Basis.

Stichwort Künstliche Intelligenz. Maschinen werden von alleine immer besser. Das erhöht zwar tendenziell die Produktivität, hat aber auch Grenzen? Ohne Zweifel. Ein Beispiel: Was passiert, wenn eine Versicherung einem Kunden kündigt mit der Begründung, das habe der Algorithmus so ergeben. Stand heute gibt es keine Erklärung dafür, weil das Rechenkonstrukt so komplex ist, dass es sich nicht mehr zurückverfolgen lässt. Kann die Gesellschaft so etwas akzeptieren? Da dürfte es Grenzen geben, dass die Gesellschaft manche vermeintlichen Fortschritte nicht möchte.

Da muss die Gesellschaft sich entscheiden. Ja genau. Wir müssen als Gesellschaft wissen beziehungsweise entscheiden, wie wir es gerne hätten. Daran arbeiten wir am Fraunhofer Institut für Management und Wissensökonomie angetrieben von unserem Forschergeist. Wir stellen uns der Zukunft stetig mit der Frage: What‘s next? im Gepäck.

Interview: Ulrich Milde

WARUMSTR ATEGISCHES DENKEN WACHST UM UNDERFOLGBRINGT

EinklugerMannsag te: „UmmeinUnternehmenzuent wickeln, muss ichauf denB aumklettern, um in dieZukunft blickenzukönnen–leiderlaufe ichmeist drumherum.“

Genau dasist aber gerade vielenFührungskräften nichtmöglich,weilsie zu sehr im Tagesgeschäf t(Operativ- Geschäf t) eingebundensind. Sietragen Verant wortungfür die Abläufe und haben garnichtdie Zeit, sich aufstrategische Ziele zu fokussieren.Somit wird es schwer, aufVeränderungen am Marktzu reagieren.Dazukommennoch Thematiken wieF inanzierungs-

fragen,Mitarbeitergewinnung undbürokratische Herausforderungen.All dashemmt die zukunftssichereAusrichtung eines Unternehmens.

Deshalbsollteein wichtiges Bestrebensein, sich aufseine Kernkompetenzenzubesinnen, seineAufgabenund die Mitarbeiter klar zu definieren,Stärken erkennen und entsprechendeinzusetzen, Partnerzufinden,die

in denDingenunterstützen, die nichtzuden Kernkompetenzen desUnternehmensgehörenund sich Zusammenhängesichtbar zu machen. Erst dannkannman Ziele klar definierenund strategischumsetzen.

Unddafür alle derTag nur 24 Stundenhat,machtesSinn, sich EINEN Partnerfür alldiese Themen an die Seitezuholen,

dervon außendie komplexe Situationbetrachtenund mit Spezialistenwissen beurteilen kann

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Dirk Knofe
Wirtschaftsprofessor Thorsten Posselt (57) ist der Leiter des Leipziger Fraunhofer-Zentrums für Internationales Management und Wissensökonomie. Anzeige

Innovatives aus Wittenberg

Stickstoffwerke Piesteritz produzieren spezielle Düngemittel

Alter bedeutet nicht, dass Innovationen ausbleiben. Das stellte jetzt die Stickstoffwerke Piesteritz GmbH aus dem Wittenberger Stadtteil Piesteritz unter Beweis. Das Reichsschatzamt beauftragte im März 1915 die Bayerische Stickstoffwerke AG mit der Errichtung einer entsprechenden Fabrik in Piesteritz. Nach sehr kurzer Bauzeit von März bis Weihnachten 1915 nahm das Kalkstickstoffwerk zum Jahreswechsel den Betrieb voll auf. Jetzt wurde das Unternehmen mit dem Sonderpreis für innovative Düngemittelspezialitäten von der Umweltallianz ausgezeichnet. Außerdem wurde der Betrieb für 20 Jahre EMAS (Eco Management and Audit Scheme) geehrt. Das Umweltmanagementsystem ist ein freiwilliges Instrument der Europäischen Union, das Unternehmen und Organisationen jeder Größe und Branche dabei unterstützt, ihre Umweltleistung kontinuierlich zu verbessern.

SKW Piesteritz hatte die neuen Stickstoffdüngerspezialitäten im Düngejahr 2017/2018 eingeführt. „Wir haben in den letzten Jahren intensiv daran geforscht, unsere Düngemittel noch effizienter zu machen“, sagt

Carola Schuster, Zentralbereichsleiterin Forschung und Entwicklung der SKW Piesteritz. Im Ergebnis seien zwei Produkte entstanden, mit der die Auswaschung von Nitrat in den Boden und die Emissionen von Lachgas und Ammoniak in die Luft signifikant verringert werden könnten. Dies sei nicht nur vor dem Hintergrund sich verschärfender Gesetzgebung im landwirtschaftlichen Bereich wichtig, sondern auch hinsichtlich extremer werdender Witterungsbedingungen von enormer Bedeutung. Die neuen Düngerspezialitäten trügen substanziell zu einer umweltfreundlicheren und nachhaltigeren Mineraldüngung bei.

teritz vor allem Grundlagenforschung in den Bereichen Pflanzenbau und Düngung.

präsidenten des Landes Sachsen-Anhalt Reiner Haseloff.

Übergabe des Umweltpreises.

Das Wittenberger Unternehmen besitzt eine Industrieforschung, die weit über die Grenzen SachsenAnhalts ihresgleichen sucht. Über 60 Mitarbeiter dieses Bereichs entwickeln neue Produkte, passen die Anwendungsempfehlungen kontinuierlich an oder analysieren Produktionsabläufe, um die Qualität aus Piesteritz weiter zu verbessern. Die unternehmenseigene landwirtschaftliche Anwendungsforschung auf 145 Hektar in Cunnersdorf bei Leipzig ist ein anerkannter Treffpunkt für akademischen Austausch, den internationale Gäste ebenso aufsuchen wie Studenten oder Praktiker. Mit dem Agrochemischen Institut Piesteritz, einem An-Institut der Martin-LutherUniversität Halle-Wittenberg, unterstützt SKW Pies-

Leipziger Ideen für kommunalen Klimaschutz

Der Preis der Umweltallianz Sachsen-Anhalt stand unter dem Motto „Ressourcen schonen – effizient wirtschaften“ und griff die wachsende Relevanz dieser Themen für eine erfolgreiche unternehmerische Entwicklung auf. Die Vergabe erfolgte in den Kategorien „Rohstoffeffizienz“, „Energieeffizienz“ und „Sonderpreis Umweltallianz“. Ausgezeichnet wurden sachsen-anhaltische Unternehmen, die durchdacht mit Rohstoffen, Materialien und Energie umgehen, auf ressourceneffiziente Produkte und Technologien setzen, Produktionsstrukturen verbessern oder Stoffkreisläufe schließen und so Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit fließend miteinander kombinieren.

Die Jury unter Vorsitz von Bernd Meyer, Professor und Direktor des Instituts für Energieverfahrenstechnik und Chemieingenieurwesen und von 2008 bis 2015 Rektor der Bergakademie Freiberg, hat aus insgesamt 40 Bewerbungen in jeder Kategorie drei besonders hochkarätige Wettbewerbsbeiträge ausgewählt.

Die Umweltallianz Sachsen-Anhalt gibt es seit 1999. Über 250 Wirtschaftsunternehmen, Verbände, Kommunen und die Landesregierung arbeiten in der freiwilligen Partnerschaft zusammen. Das Bündnis steht unter der Schirmherrschaft des Minister-

VNG-Tochter Viertelenergie macht energetische Sanierung durch Begrünung sichtbar

Die Energiewirtschaft ist im Umbruch. Auch wenn es zunächst um das Aus der Kohleverstromung geht, ist auch die Leipziger Verbundnetz Gas AG (VNG) davon betroffen. Perspektivisch will der Konzern mehr in grüne, regenerative Gase gehen, also in Biogas und grünen Wasserstoff. So soll die Zahl der Biogasanlagen deutlich erhöht werden. Ferner sollen über die Tochter Viertelenergie GmbH dezentrale Energielösungen für Wohnquartiere und Industriegebiete offeriert werden. Zudem will sich die Gruppe als Anbieter sicherer Datendienste etablieren. „Das ist ein anspruchsvoller Weg und nicht ohne Risiken“, hatte Vorstandschef Ulf Heitmüller vor wenigen Monaten eingeräumt.

Viertelenergie hat dabei jetzt einen Erfolg errungen. Das hundertprozentige Tochterunternehmen hat die Jury des Ideenwettbewerbs „RE:frame Energieeffizienz: Neue Ideen für klimafreundliche Gebäude“ mit ihrer Idee zum energetischen Bauen und Sanieren überzeugt. Im Fokus der Idee mit dem Titel „Grüne Viertel, glückliche Bürger“ steht, Gebäude, die energetisch saniert werden, gleichzeitig zu begrünen, um damit die Klimaschutzmaßnahmen zu verstärken und sichtbar zu machen. „Wir freuen uns sehr über den Preis und die damit verbundene Anerkennung. Die Auszeichnung unterstreicht das Potenzial unserer Idee, energetische Sanierung durch Begrünung sichtbar zu machen“, sagte Viertelenergie-Geschäftsführer Andreas Franke. Es gehe aber nicht nur um das Äußere. Grüne Fassaden und Dächer verstärkten die Sanierungsmaßnahmen, indem sie beispielsweise die Dämmung intensivierten und als Luftfilter und Temperaturregulierer fungierten. Insgesamt wollen Vier-

telenergie einen Nachahmungseffekt anstoßen und einen äußerlich wahrnehmbaren Beweis für die positive Veränderung eines Viertels bieten. Dabei spielten auch zahlreiche Förderprogramme eine wichtige Rolle, mit denen die Sanierungen für die Kommunen so kostengünstig wie möglich gestaltet werden könnten. Viertelenergie konnte die Jury in den drei Kriterien Strahlkraft der Idee, Umsetzbarkeit und Zielgruppeneignung überzeugen: „Die ungewöhnliche Kombination unsichtbarer technischer Lösungen mit der ökologischen Aufwertung eines Stadtteils überzeugt

durch ihre Nachhaltigkeit“, urteilten die Juroren. Begrünte Stadtviertel trügen zu einem guten Mikroklima bei, sie filterten die Luft, böten Lebensraum für Vögel und Insekten. Begrünte Gebäude schützten vor Sommerhitze. Vor allem sei ein grünes Viertel ein echter Hingucker, der Aufmerksamkeit für ein unsichtbares Thema schaffe. Es setze damit ein starkes Zeichen und rege zur Nachahmung an.

Der Ideenwettbewerb, ausgelobt vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit sowie dem Bundesministerium des Innern,

Die SKW Stickstoffwerke Piesteritz GmbH ist der größte Hersteller von Ammoniak und Harnstoff in Deutschland. Das Produktportfolio umfasst ein breites Spektrum an Spezialitäten der Agro- und Industriechemie. In der Agrochemie gehört die Firma zu den bedeutendsten Produzenten von Stickstoffdüngemitteln in Europa. Im Bereich Industriechemikalien sind die Wittenberger Lieferant von Grundchemikalien wie Ammoniak, Harnstoff und Salpetersäure. Außerdem unterhält das Werk eine der größten Forschungseinrichtungen der mittelständischen Chemie-Industrie. Vor allem die Landwirtschaftliche Anwendungsforschung genießt international höchste Anerkennung.

SKW Piesteritz beschäftigt an den Standorten Piesteritz in Wittenberg und in Cunnersdorf bei Leipzig über 850 Mitarbeiter, davon alleine mehr als 60 in den Bereichen Chemische Forschung, Landwirtschaftliche Anwendungsforschung und Analytik. Der südliche Teil des Werksgeländes in Piesteritz wurde Anfang der 1990er-Jahre fast völlig beräumt. Bislang haben sich über 30 Unternehmen angesiedelt, darunter die Borealis Agrolinz Melamine Deutschland GmbH mit der bundesweit größten Melaminanlage, Louis Dreyfus mit einer kombinierten Biodieselanlage mit Ölmühle und das Biomasseheizkraftwerk der Stadtwerke Leipzig.

für Bau und Heimat, ist Teil des Aktionsplans Klimaschutz 2020 der Bundesregierung. Dieser hat als langfristiges Ziel einen klimaneutralen Gebäudebestand, unter anderem durch die energetische Quartiersentwicklung sowie eine höhere Energieeffizienz im Gebäudebereich. „Gemeinsam mit unserem Partner Tilia GmbH bieten wir nachhaltige Quartierslösungen von der ersten Idee bis zur Umsetzung und Inbetriebnahme an“, sagte Franke. Tilia ist ein mittelständisches Beratungsunternehmen in Leipzig mit über 50 Ingenieuren und verfüge über Erfahrung im Bereich lösungsoffener und nachhaltiger Energiedienstleistungen. In enger Zusammenarbeit mit den Kommunen, regionalen Wohnungsbaugesellschaften und Stadtwerken würden individuelle Konzepte für die Versorgung und Entwicklung von Quartieren erarbeitet, beispielsweise über innovative Erzeugungskonzepte und Nahwärmenetze. „Damit unterstützen wir Kommunen dabei, ihre CO2-Emissionen zu reduzieren“, so Franke.

Viertelenergie bringt eine über 60-jährige Erfahrung bei Planung, Errichtung und Betriebsführung von Energieinfrastrukturen ein. Ihre Expertise ergibt sich auch aus ihrer Beteiligung am Umbau der ostdeutschen Energiewirtschaft in den 1990er-Jahren. VNG ist ein europaweit aktiver Unternehmensverbund mit mehr als 20 Gesellschaften. Der Konzern mit Hauptsitz in Leipzig beschäftigt rund 1200 Mitarbeiter und erzielte im Geschäftsjahr 2017 einen Umsatz von rund 10,3 Milliarden Euro. Entlang der Gaswertschöpfungskette konzentriert sich VNG auf die drei Geschäftsbereiche Handel & Vertrieb, Transport und Speicherung. mi

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Die Stickstoffwerke Piesteritz beschäftigten 850 Mitarbeiter.
SKW Stickstoffwerke Piesteritz pixabay (4)
SKW Piesteritz/Kay Herschelmann
„Das ist ein anspruchsvoller Weg und nicht ohne Risiken.“
André Kempner

Reiner HaGmbH ist der Harnstoff in ein breites Industriechezu den beStickstoffdüngemitteln Industriechemikalien sind die Grundchemikalien wie AmAußerdem unterForschungseinrichtunVor allem Anwendungsforschung geStandorten Piesbei Leipzig 60 in den Landwirtschaftliche südliche Teil Anfang der haben sich die Boreamit der bunDreyfus mit eiÖlmühle und das Leipzig.

Willkommen im Hülsenreich

Start-up aus Sachsen-Anhalt hat sich Snacks mit Bohnen, Linsen und Kichererbsen verschrieben

Weiteren Schub erhofft sich das Trio vom Gewinn des diesjährigen Hugo-Junkers-Preises für Forschung und Innovation des Landes Sachsen-Anhalt. In der Sonderkategorie „Ernährungswirtschaft“ hat das Hülsenreich-Projekt die Jury mit Kichererbse & Co. überzeugt. „Man könnte nun denken: Muss naschen, knabbern und snacken wirklich auch gesund, nachhaltig und umweltschonend sein? Nimmt das nicht allen Spaß?”, fragte Franziska Krüger vom Wirtschaftsministerium in ihrer Laudatio. Und gab dann auch gleich die Antwort: „Hülsenreich hat die eher verkannte Hül-

senfrucht aus dem Dornröschenschlaf geweckt, durch den Einsatz innovativer Technologien und Verfahren einen Snack entwickelt, der nicht nur gesund ist, sondern auch besonders lecker. Ein Snack, der Spaß macht.“ Seitdem wird noch intensiver an Schwarzen Tortilla-Chips auf der Basis von Schwarzen Ackerbohnen und Rezepturen für Dips wie Kichererbsen-Süßkartoffel-Jalapeno oder Rote-Linse-Tomate-Chili und Weiße-Bohne-Spinat-Sesam entwickelt. „Aktuell experimentieren wir mit einer avocadofreien Guacamole“, erzählt Wegner.

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Hülsenfrüchte wie Kichererbsen und Bohnen sind reich an pflanzlichen Proteinen und wertvollen Ballaststoffen. Meist landen sie aber nur in der Suppe. Mit Bio-Snacks auf Basis von Bohnen bereichert nun ein junges Start-up namens „Hülsenreich“ aus Sachsen-Anhalt die Welt der Knabbereien um ein innovatives und gesundes Produkt.

geboren. In Simon Vogt und Gunnar Schulze fand Wegner Mitstreiter, die ihre Kompetenz in Wirtschaftswissenschaft und Marketing in das gemeinsame Start-up einbrachten. „Das war meine persönliche Deadline: Wenn ich es schaffe, andere zu überzeugen mitzumachen, dann werden wir Hülsenreich in Angriff nehmen“, erinnert sich Wegner.

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Schmackhafte Snacks mit einem hohen Anteil an Hülsenfrüchten wie Bohnen, Linsen oder Kichererbsen gibt es, zumindest in Deutschland, noch nicht. Das junge Start-up Hülsenreich aus Sachsen-Anhalt will diese Lücke schließen; genau genommen wollen die Wissenschaftler aus Halle die Nische des gesunden Snack-Markts im Biobereich besetzen, wie Emilie Wegner sagt. Die 23-jährige Gründerin von Hülsenreich ist optimistisch, dass dies gelingt: „Eine gesunde Ernährung ist immer mehr Menschen sehr wichtig. Sie achten stärker auf die Inhalte der Nahrung. Und Snacks bilden da keine Ausnahme.“

Herkömmliche Chips und Flips haben wegen ihrer Inhaltsstoffe eher einen schlechten Ruf. Wegner hält mit ihren neuartigen Snacks auf der Basis von Hülsenfrüchten, der wohl gesündesten Pflanzengruppe der Welt, dagegen. Sie sind reich an pflanzlichen Proteinen und wertvollen Ballaststoffen. Genau dies brachte die Ernährungswissenschaftlerin auf die Idee, daraus etwas Leckeres zum Naschen zu entwickeln: Snacks aus Kichererbsen, Bohnen, Linsen oder anderen Hülsenfrüchten – bio, vegan und glutenfrei. Das ist gut zwei Jahre her. Wegner studierte damals an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Für ihren Foodblog, in dem sie ihre eigenen Rezeptideen veröffentlicht, ist sie irgendwann auch auf die Kichererbse gestoßen. Im Bio-Handel bestellte sie einen Zehn-Kilo-Sack Kichererbsenmehl. „Eine kleinere Portion war nicht zu bekommen, und so musste ich das alles irgendwie verarbeiten“, erzählt sie. Heraus kamen herzhafte Puddings, Quiches und Cracker. Die Snacks wurden ein großer Erfolg bei Freunden und Bekannten. Und schnell tauchte die Frage auf: Wieso kann ich so etwas nirgendwo kaufen?

Die Antwort war einfach: Weil es Snacks mit einem derart hohen Anteil an Hülsenfrüchten bisher nicht gab. Und so wurde der Plan vom eigenen Hülsenreich

Mit einer Dose ihrer Kichererbsen-Cracker in der Hand stellte die Studentin 2016 ihre Idee schließlich beim Gründerservice der Martin-Luther-Uni vor – und überzeugte. Die Studenten erhielten die Unterstützung, die sie bei der Gründung von Hülsenreich benötigten. Es gelang schließlich auch, nach dem Studium eine Vorgründungsförderung aus EU-Mitteln einzuwerben: Wegner und ihr Team sind derzeit als wissenschaftliche Mitarbeiter an der Universität angestellt. „Dadurch können wir uns ohne Druck um unser Projekt kümmern“, sagt sie.

Im Technologiepark Weinberg Campus in Halle entwickelt das Trio unter dem Motto „Willkommen im Hülsenreich!“ seine Ideen. Der Weinberg Campus ist der Innovationsstandort für die Life-Sciences- und Material-Sciences-Branche in Sachsen-Anhalt. Mit 134  Hektar ist er der Zweitgrößte in Ostdeutschland. Rund 200 Start-ups haben hier seit der Gründung 1993 beste Bedingungen gefunden. Die Hülsenreich-Snack-Entwickler nutzen zum Beispiel einen Doppelschnecken-Extruder, der im universitären Inkubatorteil des Weinberg Campus steht. In dieser Maschine verarbeiten sie die vorher entwickelten Rezepturen unter hohem Druck und Hitze beispielsweise zu Chips. „Der Druck ist dabei 300 Mal höher als in einem Schnellkochtopf“, erklärt Ernährungswissenschaftlerin Wegner.

Eines ist ihr klar: Die neuartigen nährstoffreichen Snacks auf Hülsenfrucht-Basis haben nur dann eine Chance, sich gegen die konventionelle Chip-Konkurrenz zu behaupten, wenn sie auch schmecken. Nicht zuletzt deshalb tüfteln die Hülsenreich-Gründer ständig an neuen, leckeren Rezepten. Die erste Entwicklung ist inzwischen abgeschlossen: Für alle Fans von Knabbereien sollen geröstete Kichererbsen im nächsten Jahr als erstes Hülsenreich-Produkt als eine leichtere und ballaststoffreichere Alternative zu gesalzenen Nüssen auf den Markt gebracht werden.

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„Willkommen im Hülsenreich“. Ein Start-up aus Sachsen-Anhalt entwickelt gesunde Snacks aus Erbsen, Bohnen und Linsen. Marco Warmuth

m 1. Januar ist in Deutschland ein neues Verpackungsgesetz in Kraft getreten. Der Experte für Verpackungstechnologie Eugen Herzau, Professor an der Leipziger Hochschulte für Technik, Wirtschaft und Kultur, sieht es als einen Schritt, der den Gedanken „Abfälle sind Wertstoffe“ konsequenter verfolgt. Dennoch markiert er ein Problem: „Wir leben im Überfluss und wir sind bequem.“

Verpackungen sind in unserem Leben allgegenwärtig. Fast kein Produkt, so scheint es, kommt ohne sie aus. Doch für viele Menschen sind Verpackungen einfach nur Abfall, der erst Ressourcen verbraucht und danach die Umwelt belastet. Was ändert sich mit dem seit Jahresbeginn geltenenen neuen Verpackungsgesetz?

Hersteller werden stärker als bisher in die Produktverantwortung genommen – und zwar nicht nur für ihre Ware, sondern auch für die Verpackung.

Inwiefern?

Die Recyclingquoten werden erhöht und recyclinggerechte Verpackungen „belohnt“. Das heißt, es soll zukünftig weniger thermisch verwertet, also verbrannt und dafür mehr recycelt werden. Das Ziel des neuen Verpackungsgesetzes ist es, die Umwelt mehr als bislang zu schonen. Deutschland nimmt mit dem neuen Gesetz europa- und weltweit eine Vorreiterrolle ein, denn Verpackung ist eben nicht gleich Müll und damit lästig. Abfälle sind Wertstoffe. Das ist ein alter Gedanke, der nun konsequent weitergedacht und gesetzlich noch besser verankert wird.

Was heißt das konkret?

Die Hersteller sind nach dem Verursacherprinzip gefordert.

Was ist darunter zu verstehen?

Als Hersteller gelten alle „Inverkehrbringer“ – und damit übrigens auch Online-Händler – verpackter Waren. Sie müssen sich zunächst bei einer neu geschaffenen Stelle registrieren lassen, der Stiftung „Zentrale Stelle Verpackungsregister“ mit Sitz in Osnabrück. Diese wird fachlich durch das Umweltbundesamt beaufsichtigt.

Und wer sich dort nicht meldet?

Ohne eine Registrierung dürfen Hersteller seit Jahresbeginn keine Produkte mehr in Umlauf bringen. Die registrierten Hersteller werden online veröffentlicht, damit ist Transparenz für alle gegeben. Außerdem müssen sie sogenannte Beteiligungs- beziehungsweise „Lizenzentgelte“ bezahlen, damit sie sich überhaupt an dem Entsorgungs- beziehungsweise Rückholsystem beteiligen dürfen. Und wie bisher auch schon müssen Hersteller an einem oder mehreren Rückholsystemen teilnehmen – neu ist aber, dass diese Lizenzentgelte auch nach ökologischen Kriterien vergeben werden. Wie das?

Hersteller sollen noch mehr Anreize haben, Verpackungsmaterialien zu nutzen, die zu einem hohen Prozentsatz recycelt werden können oder weniger Rohstoffe verbrauchen. Wer etwa weniger Kunststoffe für seine Verpackungen verwendet, muss auch weniger zahlen. Kurz gesagt: Wer Ware verpackt in Umlauf bringt, muss die Verpackung auch wieder entsorgen. Das funktioniert nur über finanzielle Anreize.

Wozu ist ein strengeres Gesetz erforderlich?

In Deutschland herrscht – vor allem im LebensmittelHandel, wo mit am meisten verpackt wird – ein extremer Wettbewerb. Und der wird über den Preis und über die Verpackung geführt. An der Preisschraube kann man nicht unendlich drehen, aber über die Verpackung erreichen Hersteller die Aufmerksamkeit des Kunden und potenziellen Käufers zuerst. Und zumindest in Westeuropa hat der Kunde ein Qualitätsbewusstsein, das sich nicht nur auf das Produkt, sondern auch auf die Verpackung erstreckt: für ihn steht die Verpackung für den Inhalt. Sprich: ist die Ware hochwertig verpackt, muss der Inhalt ja auch hochwertig sein.

Das animiert ja geradezu zu einer Art Verpackungswettlauf.

Die Hersteller übertreffen sich gegenseitig. Die derzeit alte Verpackungsverordnung gab es übrigens erst seit 1991 – vorher war nichts geregelt. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Aber eine Verordnung ist letztlich auch erstmal nur eine Empfehlung – es braucht aber Nachdruck.

Daher das neue Gesetz?

Es wird noch mehr regulieren und Unternehmen stärker als bisher in die Pflicht nehmen. Man kann ja nicht die ganze Verantwortung beim Endverbraucher abladen, auch wenn der letztlich die Verpackung mitbezahlt.

Die sozialen Medien sind voll vom Thema Verpackung, es gibt Facebookgruppen wie „Plastikfrei leben“ und ähnliche – Verpackung und Müll sind Trendthemen. Wie erklären Sie sich das?

Das ist ein sehr emotionales Thema. Vielleicht, weil wir täglich damit konfrontiert sind – beim Einkaufen, aber auch an der Mülltonne. Oder wenn Fotos von Meerestieren inmitten von Plastikpartikeln verbreitet werden – markantes Beispiel: die Schildkröte mit dem Plastikstrohhalm in der Nase. Das sind starke Bilder, die hängenbleiben.

Beeindruckende Fotos als Ursache für mehr Augenmerk in Sachen Verpackungsmüll?

Nicht nur deswegen ist das Ganze so emotional. Wir müssen uns vielleicht auch fragen, womit die Verpa-

Eugen Herzau ist Experte für Verpackungstechnologie an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur in Leipzig. Seit 1992 leitet der Professor das Fachgebiet Verpackungstechnologie. Dabei geht es vor allem um die ingenieurtechnische Beschreibung der Vorgänge in verpackungsmittelherstellenden Maschinen und in Abpackmaschinen. Seinen berufliche Laufbahn startete Herzau mit der Ausbildung zum Facharbeiter für Betriebsmeß-, Steuerungs- und Regelungstechnik in den Jahren 1975 bis 1978. Danach studierte er ab 1980 an der Technischen Hochschule (ZH) Leipzig. Er schloss das Studium 1984 als Diplomingenieur für Automatisierungsanlagen ab. 1990 folgte die Promotion zum Thema „Wissensbasierte Technologiebestimmung – ein Beitrag zur rechnergestützten Projektierung polygrafischer Anlagen“.

ckungsflut eigentlich begonnen hat. Ich sage: Die meisten Lebensmittel, also die klassischen Waren des täglichen Bedarfs, werden heute verpackt, ohne dass der Verbraucher dabei ist. Er sieht es nicht mehr oder nur noch selten, so wie früher vielleicht im Tante Emma-Laden. Verpackungen sind einfach da. Außerdem möchte der Kunde alles frisch und hygienisch verpackt haben, und unterschiedliche Waren stellen überdies unterschiedliche Anforderungen an die Verpackungen. Senf gibt es zum Beispiel in Gläsern, in Bechern, in Tuben und in Flaschen. Die Verpackungsvielfalt nimmt ständig zu.

Muss das sein? Wer braucht 30 Sorten Senf?

Es verkauft sich. Das reguliert der Markt. Ursache sind wir, die Kunden, letztlich selbst – wir leben im Überfluss, kaufen die Waren und sind bequem. Wir möchten zum Beispiel eine wiederverschließbare Verpackung, einen Sprühknopf auf dem Putzmittel, aber wir möchten nicht so gern den Müll aufwändig trennen. Wer nimmt es schon auf sich, mit wiederbefüllbaren Gläsern und Flaschen in „Unverpackt“-Läden zu gehen?

Da gibt es schon umweltbewusste Verbraucher, die dies tun.

Es ist aber eine Minderheit, auch wenn sie zurzeit vielleicht wächst, denn es kostet Mühe und Zeit. Vieles Verpackte ist auch deswegen preiswert, weil es automatisiert hergestellt wurde. Da kann kein Tante-Emma-Laden mithalten. Automatisch verpackt und transportiert ist oft billiger als von Hand vor Ort produziert. Das wird genau kalkuliert. Nicht zuletzt lässt sich Verpacktes oft auch besser stapeln und transportieren. Lebensmittel bleiben so länger haltbar –und damit vermeidet man ja auch die Verschwendung von Ressourcen.

Diese Entwicklung führt aber auch dazu, dass Verpackung mit Müll gleichgesetzt wird.

Man muss sicherlich differenzieren zwischen sinnvollen, notwendigen Verpackungen und den „Auswüchsen“ wie dem geschnittenen Obst in Plastikfolie oder der Zahnpastatube mit bedruckter Umverpackung. Letztere dient allein Werbezwecken, der Präsentation – man kann sie einfach besser bedrucken als eine Tube. Aber auch hier gilt: Irgendjemand kauft auch das geschnittene Obst in der Plastikhülle. Sonst würde es nicht mehr angeboten, weil es sich schlicht nicht rechnen würde.

Klar, auch die Kunden tragen Verantwortung. Jeder von uns kann sein Konsumverhalten hinterfragen und sich dazu entschließen, bewusster einzukaufen. Der Kunde hat Macht und kann sie wahrnehmen. Ich selbst kaufe zum Beispiel ausschließlich Wasser in Mehrweg-Glasflaschen, Nägel und Schrauben bei meinem Eisenwarenhändler im Papierbeutel, und ich nutze Kunststoff nur, wo es mir sinnvoll erscheint. Strohhalme verwende ich generell nicht. Damit produziere ich diese Art Abfall auch nicht.

Und wenn der eine oder andere doch noch nicht so weit ist wie Sie?

Was jeder selbst wirklich ganz leicht tun kann: Verpackungsmüll immer tatsächlich auch zu trennen, und zwar alle Teile und alle Stoffe. So sind sie viel besser sortierbar.

Wie werden die Studieninhalte rund um das Thema Verpackung an die neuen Inhalte und Anforderungen angepasst?

Wir tragen der gesellschaftlichen Entwicklung Rechnung, indem wir mehr als bisher die Nachhaltigkeit zum Studieninhalt machen und die Studierenden damit besser auf das Berufsleben vorbereiten. Ja, sie fordern dieses Thema ein. Deswegen werden wir ab dem Wintersemester 2019/20 in den Studiengang „Verpackungstechnologie und Nachhaltigkeit“ (bisher: Verpackungstechnik) immatrikulieren.

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Patrick Pleul & Forschung Innovation
„Wir leben im Überfluss und sind bequem“
Eugen Herzau, Professor an der Leipziger Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur, bewertet Abfälle als wichtige Wertstoffe
AHerzau Zur Person Verpackungsaufkommen in Tausend Tonnen 0 5000 10000 15000 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Glas Weißblech Aluminium Kunststoff Papier, Pappe, Karton Sonstige Verbunde Papierbasis Feinblech, Stahl Holz Sonstige Verpackungen 15620,3 14989,1 14024,7 14118,5 13979,8 13644,4 13730,7 14090,2 14678,6 15121,1 15017,8 15434,7 15465,8 15516,9 15470,5 16132,8 16112,5 16044,8 15052,1 16002,6 16486,2 16586,6 17126,9 17777,7 18153,1 18161,8 Verpackungsaufkommen 1991 – 2016 Quelle: Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung mbH, Grafik: Christiane Kunze
Prof. Eugen

Neu am Markt: Simplaro –das Energievergleichsportal

Leipziger Get AG hält Verbraucherschutz für ein wichtiges Kriterium

Mit Simplaro startet ein neues Vergleichsportal für Strom- und Gastarife. Das Portal wurde von den Leipziger Energiemarkt-Experten der Get AG gegründet. Das teilte das Unternehmen mit. Das Portal sei intuitiv zu bedienen, schaffe neue Transparenz auf dem VergleichsportalMarkt. „Statt Dumping-Angeboten, die nur im ersten Jahr billig sind, bietet Simplaro ausschließlich kundenfreundliche, transparente Tarife mit Preisgarantien von seriösen Anbietern und orientiert sich dabei an den Empfehlungen des Verbraucherschutzes“, verspricht das Unternehmen. Für Energieanbieter als Partner schaffe Simplaro die Möglichkeit eines fairen Wettbewerbs und langfristiger Kundenbeziehungen. Die Get AG gehört eigenen Angaben zufolge zu einem der führenden Informationsdienstleister für die Energiewirtschaft in Deutschland. Verbraucherschützer fordern schon länger mehr Transparenz. Viele Tarife auf Energie-Vergleichsportalen sind laut Unternehmen Lockangebote, die mit hohen Bonusangeboten auf häufige Wechsler abzielten. Diese Kosten würden im zweiten Beitragsjahr meist deutlich teurer. „Auf herkömmlichen Portalen werden solche Tarife oft wegen der hohen Boni oben gelistet; welche Konditionen jedoch genau dahinterstehen, ist für den Kunden nicht auf den ersten Blick nachvollziehbar“, heißt es bei den Leipzigern.

Nicht nur für Kunden, sondern auch für Versorger seien diese Mechanismen nicht sinnvoll: Für Versorger bedeuten Neukunden, die nach dieser Portallogik gewonnen werden, zunächst Verluste. In vielen Fällen dauere es Jahre, bis sich diese „Kundengewinnungs-

kosten“ amortisierten – wenn der Kunde überhaupt solange bleibe und nicht nach Ablauf der Vertragslaufzeit kündige, um den Anbieter erneut über ein Portal zu wechseln. „Bei Simplaro wird es deshalb keine Tarife mit Boni geben, um sich von diesen Mechanismen abzugrenzen“, beteuert die Firma.

Was hat der Verbraucher von Simplaro?

Laut Unternehmensangaben listet das Portal ausschließlich Angebote von bonitätsgeprüften Anbietern, um Verbraucher vor „schwarzen Schafen“ zu schützen. „Hierbei arbeiten wir mit der Creditreform Leipzig Niedenzu KG zusammen“, so das Unterneh-

men. Zugleich lege Simplaro dem Nutzer alle Kriterien des Tarif-Rankings offen. „Da es keine Werbung innerhalb des Rankings gibt, kann dieses dadurch nicht verfälscht werden. Dies entspricht den Richtlinien des Verbraucherschutzes.“

Simplaro biete nur Tarife mit maximal zwölf Monaten Vertragslaufzeit sowie Preisgarantien für die gesamte Mindestvertragslaufzeit oder länger an. Darüber hinaus bestehen kurze Kündigungsfristen. „Außerdem wird es keinen Neukunden-Bonus bei den auf Simplaro angebotenen Tarifen geben, um von vornherein auszuschließen, dass Verträge keine tragfähige Preisgestaltung bieten. Auch mit diesen Vorgaben folgt Simplaro Empfehlungen des Verbraucherschutzes.“

Was hat der Energieanbietervom Portal?

Es schließe von vornherein Lockvogelangebote aus, also Tarife, bei denen der Preis niedriger ist als die Summe aus Netzentgelten, Steuern, Abgaben, Umlagen und Beschaffungskosten, verspricht Get. Durch nachhaltige und für beide Seiten faire Tarife hätten Energieanbieter eine höhere Chance auf langfristige und positive Kundenbeziehungen. Jeder Partner zahle bei Simplaro die gleiche Gebühr für den Abschluss von Verträgen statt individuell ausgehandelter Provisionen. Simplaro liste aktuell Energietarife von relevanten Partnern aus der Energiebranche auf. Das Angebot werde sukzessive durch Tarife weiterer Anbieter ergänzt. Michael Teigeler, Geschäftsführer der Stadtwerke Heidelberg Energie GmbH, zur Teilnahme bei Simplaro: „Die Stadtwerke Heidelberg stehen für Offenheit und Transparenz und schätzen daher das Konzept der fairen Vergleichbarkeit der Tarife. Deshalb sehen wir es sehr positiv, wenn sich ein Vergleichsportal an den Richtlinien des Verbraucherschutzes und an den Bedürfnissen des Kunden ausrichtet. Am Ende bedeutet dies eine Win-WinSituation für alle Beteiligten.“

Positiv sieht auch Katja Steger, Geschäftsführerin von E Wie Einfach, die Kooperation mit Simplaro: „Mit Simplaro wurde eine Plattform entwickelt, die die Chance für langfristige und positive Kundenbeziehungen bietet. Die gelisteten Tarife sind für beide Seiten nachhaltig und fair gestaltet. Dies ist auch unser Anspruch an Kundenbeziehungen. Deshalb freuen wir uns sehr auf die Zusammenarbeit mit Simplaro.“

Über soviel Zuspruch freut sich natürlich GetVorstand Lars Quiring: „Wir haben ein neuartiges Vergleichsportal entwickelt, bei dem der Verbraucherschutz wichtigstes Kriterium ist. Simplaro bietet faire, transparente und vergleichbare Strom- und Gastarife.“

Die Get AG sieht sich als einer der maßgeblichen Informationsdienstleister in der Energiebranche in der Bundesrepublik. Christian Backmann und Lars Quiring stehen dem Unternehmen bereits seit dem Jahr 2000 vor und waren an der Firmengründung beteiligt. Lars Quiring ist zudem Mitglied im Clusterboard Energie & Umwelttechnik der Stadt Leipzig und Sprecher des Clusters Händler und Dienstleister. Anzeige

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Lars Quiring
„Wir haben ein neuartiges Vergleichsportal entwickelt, bei dem der Verbraucherschutz wichtigstes Kriterium ist.“
Lars Quiring

Neuer Weg für altes Öl

Biofabrik erzeugt dezentral

Kraftstoff aus Mineralölabfällen

Eine kompakte Maschine, die aus Altölen oder verunreinigtem Diesel und Heizöl wieder Kraftstoff herstellt, mit dem sich Fahrzeuge betanken oder Strom erzeugen lassen – das klingt auf den ersten Blick eher nach Science Fiction. Doch das Unternehmen Biofabrik Technologies aus Sachsen bietet mit Wastx Oil genau so eine dezentrale Aufbereitungslösung an. Über ein Partnermodell können Entsorger aus Mineralölabfällen Dieselkraftstoff gemäß DIN EN 590 herstellen.

In einem Pilotprojekt der in Dresden ansässigen Biofabrik Technologies GmbH betankt eine Spedition in Hoyerswerda inzwischen täglich ihren Fuhrpark mit Kraftstoff, der von einer Wastx Oil aus Mineralölabfällen gewonnen wurde. Für den chinesischen Markt wurde außerdem eine Kooperation mit dem Institute of New Energy Wuhan (INEW) geschlossen und dort bereits eine Anlage in Betrieb genommen.

Weltweit werden täglich 80 Millionen Barrel Rohöl verbraucht – Tendenz steigend. Etwa die Hälfte davon fließt in den Bereich Transport und Logistik, wird also als Treib- und Schmierstoff für den Betrieb von Verbrennungsmotoren genutzt. Dabei fallen große Mengen von Altöl an – pro Jahr geschätzt 25 Millionen Tonnen. Nur ein Bruchteil der Menge wird wiederverwertet, der Großteil verbrannt, deponiert oder landet schlimmstenfalls in der Umwelt, wo er Böden und Gewässer verseucht. Dabei kann Altöl mit speziellen Raffinerie-Verfahren wiederaufbereitet und den bestehenden Stoffkreisläufen zur erneuten Nutzung zugeführt werden. Denn in jedem verschmutzten Liter Diesel oder Heizöl stecken mehr als 90 Prozent wiederverwertbarer Kraftstoff, heißt es bei Biofabrik. In Industrienationen wie Deutschland wird Altöl heute zu 80 Prozent wiederverwertet. Altöle gelten

hier als Sonderabfall, für dessen fachgerechte Entsorgung es strenge Richtlinien gibt. Entsorger und Sammelstellen erzielen dafür aber nur sehr geringe Margen. Genau da setzt das Modell von Biofabrik an: Partner wie Entsorger, Sammelstellen oder Kommunen betreiben eine individuell dimensionierte, kompakte Anlage auf der Grundfläche von etwa zwei Euro-Paletten, mit der sie die bei ihnen anfallenden Altöle direkt vor Ort in Kraftstoff aufreinigen. Die Dresdner Technologie basiert dabei auf einem speziell von Biofabrik entwickelten Verfahren. Der Ausgangsstoff wird in einem patentierten Verfahren destilliert. Dabei sorgt ein spezielles Energieein-

„Wir können weltweit die erste dezentrale, vollautomatische Komplettlösung zur nachhaltigen Verwertung ölhaltiger Abfälle liefern.“

Oliver Riedel

Thüringer Häuser für Namibia

Das Unternehmen Polycare Research Technology aus Gehlberg hat eine Produktionsstätte bei Windhuk eröffnet

st-Unternehmen sind nicht zwangsweise nur auf dem heimischen Markt aktiv. Auch im Auslandsgeschäft sind Erfolge an der Tagesordnung. So die Polycare Research Technology GmbH & Co. KG aus dem thüringischen Gehlberg. Sie hat in Brakwater nahe der namibischen Hauptstadt Windhuk kürzlich eine neue Produktionsstätte eröffnet. Namibias Vizepräsident Nangolo Mbumba und Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee waren dabei.

In der Pilotfabrik von Polycare Namibia werden nun Bauteile für Fertigteilhäuser produziert. Insgesamt haben 30 Namibier dort einen Job gefunden und stellen Steine für ein komplettes Haus her. Damit leistet Polycare einen wesentlichen Beitrag zur Umsetzung des Hausbauprogramms der namibischen Regierung. In dessen Rahmen sollen bis zum Jahr 2030 mehr als 100 000 Häuser für die ärmsten Bevölkerungsteile errichtet werden.

„Ich freue mich, dass dieses Projekt, an dem wir gemeinsam seit 2016 intensiv arbeiten, jetzt endlich realisiert werden kann“, sagte Tiefensee. „Das ist ein Beitrag dazu, die Lebensverhältnisse in Namibia deutlich zu verbessern, und es ist so fair kalkuliert, dass mit einer vergleichsweise überschaubaren Investition eine große Wirkung erzielt werden kann.“ So liegt der Preis für ein komplettes Haus bei knapp 20 000 Euro. Die Herstellung der einzelnen Blöcke eines Polycare-Hauses beruht auf einer in Thüringen – gemeinsam mit der

herstellen.

tragsystem im Hauptreaktor für die Erhitzung des Rohstoffes innerhalb weniger Millisekunden. Diese schnelle und trotzdem sehr schonende Verfahrensweise trennt die Störstoffe ab und überführt die Ölfraktion in die Gasphase. Anschließend wird die Gasphase in einem bisher der Schwerölindustrie vorbehaltenen Spezialrektifikationverfahren in vordefinierte und kontrollierte Fraktionen von Schwer- bis Leichtsiedern getrennt. So entstehen verschiedene Destillatqualitäten. Motortaugliche Kraftstoffe werden ausgeschleust, unsaubere Fraktionen wiederholen den Prozess, bis auch sie vollständig in nutzbare und Abfallbestandteile aufgetrennt sind. Die Anlagen laufen vollautomatisch und produzieren pro Einheit bis zu 2000 Liter Kraftstoff aus verschmutzten Altölen pro Tag.

Die im Reinigungsprozess abgetrennten Reststoffe –sie umfassen circa zehn Prozent – können herkömmlich entsorgt werden. Je nach Menge des angelieferten Altöls kann die Zahl der Anlageneinheiten entsprechend skaliert werden. Der aus Mineralölabfällen produzierte Kraftstoff entspricht der DIN EN 590 für Diesel. Aus einem Sonderabfall wird so ein marktfähiges Produkt.

Beim konkreten Anwendungsfall bereitet eine Anlage derzeit täglich lokal in und um Hoyerswerda gesammelten verschmutzten Diesel oder Heizöl zu Kraftstoff auf. Die Spedition Bresan GbR Transporte und Baustoffe, ein Unternehmen mit 40-Tonnen-Sattelschleppern aus

Hoyerswerda, tankt wöchentlich bereits ein Viertel ihres Fuhrparks mit 5000 Litern Kraftstoff aus Gasölabfällen. Und dies zu einem Preis, der immer deutlich unter dem aktuellen Marktpreis für Diesel an der Tankstelle liegt.

So entsteht eine klare Win-Win-Situation für alle Seiten: Der Entsorger bekommt deutlich mehr für seine aufbereiteten Mineralölabfälle als früher, als diese als Sonderabfall deklariert wurden. Der Abnehmer wiederum spart Kosten für Treibstoff ein. Das sind im Fall einer Spedition oder eines Busunternehmens schnell fünfstellige Summen pro Monat. Dazu kommt noch die Einsparung der Transportkosten, die beim Entsorger früher für den Transport des Altöls zur zentralen Aufbereitungs- oder Verwertungsanlage wie einer Großraffinerie angefallen sind. Der dritte Gewinner ist die Umwelt, da durch die dezentrale Aufbereitung bis zu 93 Prozent des transportbedingten CO2 eingespart werden können.

„Wir können weltweit die erste dezentrale, vollautomatische Komplettlösung zur nachhaltigen Verwertung ölhaltiger Abfälle liefern”, erklärt Oliver Riedel, Gründer und Geschäftsführer der Biofabrik. „Besonders Länder, in denen auf der einen Seite Energie gar nicht oder nur sporadisch und zu hohen Preisen verfügbar ist, die aber auf der anderen Seite große Probleme mit der Entsorgung ihres Altöls haben, profitieren von unserer Technologie.“

Bauhaus-Universität Weimar – entwickelten Technologie, verwendet werden jeweils lokal verfügbare Materialien, in Namibia gehört Wüstensand dazu. Daraus werden unter Verwendung von Gießharz Polymerbeton-Bauteile gegossen, die nach spätestens 24 Stunden komplett ausgehärtet und härter als Beton sind, außerdem feuer- und wasserbeständig, umweltfreundlich und recyclebar. Verarbeitet werden die Teile wie Lego-Bausteine. Das heißt, sie werden einfach ineinandergesteckt und verschraubt.

Ein erstes Modellhaus war im November 2016 in Windhuk offiziell von Tiefensee an Namibias Staatspräsidenten Hage Geingob übergeben worden.

Vier Polycare-Mitarbeiter hatten das Haus innerhalb von zwei Tagen komplett aufgebaut. Polycare hatte damit sein Angebot zum Bau von insgesamt 14 auf seiner Technologie beruhenden Produktionsanlagen

und zur Schulung von Mitarbeitern abgegeben, die die Häuser bauen sollen. Die Investitionskosten je Produktionsanlage liegen bei rund 1,1 Millionen Euro. Für seine Aktivitäten hat Polycare bereits mehrere inländische Kooperationspartner gewonnen, darunter die Firmen KL Construction und Namibbeton sowie Guinas Investment.

Seine Aufgabe sei es, bei der namibischen Staatsregierung als „Türöffner“ für dieses und andere Projekte zu werben, sagte der Wirtschaftsminister. Dabei komme Thüringen zugute, dass Namibia derzeit eine engere Zusammenarbeit mit verschiedenen deutschen Bundesländern anstrebt. Dabei ist mit jedem Bundesland ein spezielles Sachthema als Schwerpunkt der Zusammenarbeit vereinbart worden – Thüringen ist als Hauptpartner für das Hausbauprogramm der namibischen Regierung vorgesehen.

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Die spektakulären Gebäude des Institute of New Energy Wuhan in Form einer Blüte. So sieht ein Teil der Anlage der Dresdener Firma aus. In Namibia werden Häuser für die Armen aus Wüstensand gebaut. Die Technik soll in Namibia Slums in echte Wohnsiedlungen verwandeln.
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Das Unternehmen Polycare kann aus Wüstensand Bausteine PolyCare/ Stefan Redecker / snowballstudio.com (3)

ein Viertel aus Gasölimmer deutlich Diesel an der Win-Win-Situation für alle mehr für seine diese als Abnehmer wiedesind im Fall Busunternehmens schnell kommt noch die Entsorger zentralen Aufeiner GroßGewinner ist die Aufbereitung bis zu eingespart dezentrale, vollautonachhaltigen VerwerOliver Riedel, Biofabrik. „BesonEnergie gar Preisen verfügProbleme profitieren von

Thüringer Technologiekonzern Jenoptik gibt sich neue Ausrichtung

High-Tech-Unternehmen präsentiert sich als Spezialist für Photonik

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Neue Besen kehren bekanntlich gut. Stefan Traeger, seit Mai 2017 Vorstandschef des Thüringer Technologiekonzerns Jenoptik AG, stellt das jedenfalls unter Beweis. Sein Vorgänger Michael Mertin hatte das Unternehmen als Sanierungsfall übernommen und erfolgreich auf Wachstumskurs getrimmt. Das vergangene Jahr schloss Jenoptik mit seinen 4000 Beschäftigten mit neuen Bestmarken ab. Der Umsatz kletterte um zwölf Prozent auf 834 Millionen Euro. Der operative Gewinn vor Zinsen und Steuern legte um 22 Prozent auf 95 Millionen Euro zu. Traeger, ein in Jena geborener promovierter Physiker, sorgt nun für eine Schärfung der Ausrichtung.

Im Rahmen der Strategie 2022, die erstmals im Februar 2018 vom Vorstand verkündet wurde, hat Jenoptik Anfang 2019 eine neue Unternehmensstruktur, neue Werte und eine neue Marke etabliert. Diese drei Kernelemente wurden in der kurzen Zeit von nur zehn Monaten erfolgreich auf den Weg gebracht.

So präsentiert sich Jenoptik seit einigen Wochen unter dem Motto „More Light“ als Spezialist für photonische Technologien. Die Thüringer haben mit drei

klar positionierten photonischen Divisionen eine neue Konzernstruktur, die das künftige Wachstum unterstützen soll. Die drei Divisionen richten sich jeweils am Geschäftsmodell sowie einem ähnlichen Marktund Kundenverständnis aus: Light & Optics für das globale Erstausrüster-Geschäft, Light & Production für das Industriekundengeschäft sowie Light & Safety für das Geschäft mit öffentlichen Auftraggebern. Das mechatronische Geschäft von Jenoptik wurde im Herbst 2018 unter der Marke Vincorion zusammengefasst und ist bereits erfolgreich mit viel positivem Kundenfeedback gestartet.

Der neue Unternehmensauftritt unter dem Motto „More Light“ wurde mit mehr Farbe und einem offenen Design komplett überarbeitet, das die neuen Werte „open“, „driving“ und „confident“ widerspiegelt. Die neue Markenpositionierung sowie die neuen Werte, die die Strategie 2022 unterstützen sollen, wurden in einem unternehmensweiten Projekt in den vergangenen Monaten erarbeitet. Basis waren zunächst umfassende Analysen und Umfragen unter Mitarbeitern und Kunden. „Für uns war es wichtig, zuerst zuzuhören und all jene zu Wort kommen zu

lassen, die das Unternehmen am besten kennen. Interessanterweise waren die Einschätzungen der Mitarbeiter zur Jenoptik heute und den Hinweisen, wo Änderungen notwendig sind, über alle Standorte hinweg weltweit sehr ähnlich“, berichtete Traeger zum intensiven Prozess der vergangenen Monate. „Es gilt nun, das Erarbeitete im Unternehmen wirklich zu verankern und die Jenoptik so fit zu machen für die kommenden Jahre“, so Traeger weiter.

Starker Partner für Tauchaer Technologiefirma

Beteiligungsgesellschaft Harald Quandt hat die Mehrheit übernommen

Da sage noch einer, Firmen im Osten sind für den Westen uninteressant. Wer innovative und zukunftsweisende Produkte im Portfolio hat, stößt auch in der alten Bundesrepublik auf Interesse – und mehr.

So hat die Harald Quandt Industriebeteiligungen GmbH aus Bad Homburg die Mehrheit an der Tauchaer Procilon-Gruppe erworben.

Das hiesige Unternehmen bietet seinen Kunden Softwarelösungen für die sichere digitale Kommunikation, Identifikation und Aufbewahrung von vertraulichen Informationen. Kern des Angebots bilden dabei die selbstentwickelten kryptologischen Software-Applikationen. Firmengründer Steffen Scholz, der sich operativ bereits vor ein paar Jahren aus dem Geschäft zurückgezogen hat, wird dem Unternehmen als aktiver Gesellschafter erhalten bleiben. Die Geschäftsführung aus Torsten Rienaß und Jürgen Vogler bleibt unverändert bestehen. Über weitere Einzelheiten der Transaktion vereinbarten die Parteien Stillschweigen.

„Vor dem Hintergrund zunehmender Cyber-Angriffe auf sensible digitale Daten sind die Themen Informationssicherheit und Datenschutz heute aktueller denn je“, begründet Gregor Harald May, Geschäftsführer der Quandt-Industriebeteiligungen, den Kauf. Procilon sei als ein führender Full-Service Anbieter in Deutschland hervorragend positioniert, um von diesem Trend zu profitieren. Zusätzlich biete die aktuelle Vereinheitlichung der europäischen Regulierung interessante Wachstumspotenziale. „Gemeinsam mit dem bestehenden, erstklassigen Management-Team und Gründer Steffen Scholz wollen wir den Wachstums-

kurs von Procilon fortsetzen, indem wir die erfolgreiche Geschäftsstrategie konsequent weiterverfolgen und das Portfolio durch komplementäre Technologien erweitern.“ Dabei werde auch auf anorganisches Wachstum gesetzt.

Mit dem neuen Mehrheitseigentümer werde Procilon den nächsten Schritt der Erfolgsgeschichte gehen, sagt Steffen Scholz, Gründer der Unternehmensgruppe. „Gemeinsam möchten wir unser Kerngeschäft mit Fokus auf den öffentlichen Dienst sowie Stadtwerke, Energieversorger und Berufskammern erfolgreich weiterentwickeln.“ Darüber hinaus sehe er attraktive Wachstumschancen in neuen industriellen Anwendungsbereichen und im europäischen Ausland.

Er sei sich sicher, dass Procilon von dem unternehmerischen und langfristigen Investitionsansatz und dem industriellen Netzwerk der Familie Harald Quandt profitieren werde, so Scholz. Ziel sei, Procilon zu einem europäischen Branchenprimus für digitale Informationssicherheit zu entwickeln.“

Die Harald Quandt Industriebeteiligungen GmbH ist eine Beteiligungsgesellschaft der Familie Harald Quandt sowie einer kleinen Anzahl ausgewählter (Industrie-)Familien und Partner. Die Gesellschaft investiert in kleine und mittelständische Unternehmen im deutschsprachigen Raum, die in etablierten, zukunftsorientierten und technisch anspruchsvollen Sektoren mit attraktiven Wachstumspotenzialen aktiv sind. Als Industrieholding werde ein langfristiger und nachhaltiger Beteiligungsansatz verfolgt, der keinen Laufzeitbeschränkungen oder befristeten Halteperioden unterliege.

Neben der Verankerung der Werte und der gemeinsamen Marke innerhalb des Konzerns stehen im laufenden Geschäftsjahr 2019 vor allem die operative Exzellenz in der Fertigung, eine Innovationen fördernde Prozesslandschaft sowie der Ausbau des asiatischen Geschäftes im Fokus.

Die Geschichte von Jenoptik reicht bis ins Jahr 1846 zurück, als Carl Zeiss in Jena seine optische Werkstatt eröffnete. Der dort eingetretene Ernst Abbe wurde nach dem Tod von Carl Zeiss alleiniger Inhaber und gründete die Carl-Zeiss-Stiftung Jena, in deren Eigentum später die Firma Carl Zeiss und das Glaswerk Schott übergehen. 1948 wurden das Zeiss-Werk und das Glaswerk Schott in Volkseigentum überführt. Mitte der 1950er-Jahre ließ Carl Zeiss Jena die Marke Jenoptik ins Register eintragen. Nach der Wende übernahm die Treuhandanstalt das Kombinat VEB Carl Zeiss Jena. Aus dem Jenaer Stammbetrieb wurde zunächst die Carl Zeiss Jena GmbH gebildet, die ab 10. September 1990 als Jenoptik Carl Zeiss Jena GmbH firmierte. Die Gesellschaft bestand damals aus 13 Betrieben und beschäftigte 30 000 Menschen. Daraus ging ein Jahr später die Jenoptik AG hervor.

Procilon-Mitarbeiter kümmern sich um Software-Lösungen.

Harald Quandt erbte gemeinsam mit seinem Halbbruder Herbert 1954 ein Konglomerat an Firmenbeteiligungen, unter anderem an BMW und Varta. Harald Quandt starb 1967 bei einem Flugzeugabsturz.

Procilon mit seinen gut 60 Beschäftigten hat vor Kurzem einen neuen Großauftrag gewonnen. Berlins Verteilnetzbetreiber – die Stromnetz Berlin GmbH –hatte sich für eine Zusammenarbeit mit der SIV AG entschieden, einem Software- und Beratungshaus in Roggentin bei Rostock. Diese Firma wiederum greift auf die kryptologische Expertise von Procilon zurück. Für die Cloud-Plattform von SIV zur Abrechnung der 2,4 Millionen Messlokationen der Vattenfall-Tochter in Berlin werden die Tauchaer die notwendigen Komponenten für die verschlüsselte

Marktkommunikation liefern. Ein entsprechender Auftrag an das Unternehmen aus Leipzig wurde erteilt.

Möglich wurde das durch die bereits 2016 vereinbarte Partnerschaft mit SIV, die insbesondere die Entwicklung von gemeinsamen Cloud-Angeboten zum Inhalt hat. Überzeugen konnte Procilon durch die Ergänzung der Prozessexpertise von SIV mit dem Wissen um Verschlüsselung und elektronischer Signatur. Zum Einsatz kommt eine speziell für den Energiemarkt konzipierte Procilon-Lösung. Diese Technologie sorgt dafür, dass die von der Bundesnetzagentur definierten strengen Anforderungen zum verschlüsselten Datenaustausch im Energiemarkt erfüllt werden.

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Im Applikationslabor von Jenoptik. Optik-Fertigung bei Jenoptik in Jena.
Jenoptik Jenoptik
Jeibmann Photographik Von Ulrich Milde
„Es gilt nun, das Erarbeitete zu verankern.“
Stefan Traeger
Martin Schutt/dpa Olaf Barth

131 Mitarbeiter

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Als Mediaberater sollte man vorallem eines: Augen undOhren offen halten. Denn nurwer weiß, wo dem Kunden der Schuh drückt, findet für ihn auch das passende Werbefor mat.

Das Berufsbild der Mediaberaterin/des Mediaberaters in einem Unternehmen wie der Leipzig Media GmbH ist vielschichtig. Zum einen geht es um die großen Medienbereiche Print und Digitales. Zum anderen geht es um kleine Ladengeschäfte ebenso wie um Großunternehmen, echte Global Player.Klassische Printwerbung zu verkaufen, ist eine Aufgabe der Mediaberaterin/des Mediaberaters. Langfristige Strategien und maßgeschneiderte Medienkonzepte mit dem Kunden gemeinsam zu entwickeln ist heute in einer komplexen Medienweltjedoch wichtiger denn je. Über allem steht die Lust am Beraten und Verkaufen. Mit allen Ausgaben erreichen die Leipziger Volkszeitung unddie Anzeigenblätter Rundschau und SachsenSonntag jeden Tagrund 1,2 Millionen Leser.Eine beeindruckende Wirkung. Man stelle sich eine prall gefüllte Red Bull Arena mit 43.000 Zuschauerinnen und Zuschauern vor und multiplizieredies mit dem Faktor 28 –sovielen Menschen präsentieren sich Kunden mit ihrer Printwerbung. Diese dichte, regionale Abdeckung verleiht der Tageszeitung und den Anzeigenblättern nach wie vor ein Alleinstellungsmerkmal und eine Stärke, die weder anderePrintmedien noch digitale Plattformen in unserer Region erreichen.

sein. Auch reine Imagekampagnen gehören zum

Portfolio: Möglicherweise will ein Unternehmen seine öffentliche Wahrnehmung verbessern oder sich als attraktiver Arbeitgeber präsentieren –ein Faktor,der angesichts des massiven Fachkräftemangels immer wichtiger wird.

Mediaberater/innendenken imSinneihrer Kundinnen und Kundenauch an die Zielgruppen in derLeserschaft, die alleinschon in der Nutzung derTageszeitung, derAnzeigen–und Wochenblätter, der Sonderbeilagenund der digitalen Plattformen wielvz.de sehr unterschiedlich sind.

Dieses vielschichtige Denken zeichneterfolgreiche

„UNSERE MEDIABERATER SIND VOR ALLEM EINES: GUTE BEOBACHTER UND ZUHÖRER. DENN NUR WER WEISS, WO DEM KUNDEN DER SCHUH DRÜCKT,KANN AUCH MIT DEN PASSENDEN WERBEFORMATEN PUNKTEN.”

Arne Frank, Geschäftsführer Leipzig Media GmbH

Mediaberater/innen aus. Es gehtnicht darum, dem Werbetreibenden schnell zu einer großen Werbemaßnahme zu überreden, sonderndarum einesorgsamaufgebaute Partnerschaftzuunterstützen und langfristig zu beiderseitigem Nutzen zu festigen. In einem klugen Miteinander sorgen Mediaberater/ innen dafür,dass ihr Kundeden für ihn optimalen Produktmix aus Printund Digital erhält und dasMaximale für sein Geld erreicht

zu erarbeiten. Werauch das immer lukrativer werdende Feld der digitalen Medien als Chance versteht, rennt bei Leipzig Media offene Türen ein. Auch für die Vermarktung weiterer digitaler Produkte, wie Websites, Social Media-Kampagnen oder Verticals wie sportbuzzer.de und reisereporter.de sucht Leipzig Media Spezialistinnen und Spezialisten.

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Mit weitem Blick

Moderne Medienberater/innen verfügen über einen breiten Blickwinkel, um die Branchenvielfalt zu erfassen. Sie überschauen mehrereFaktoren gleichzeitig: Sie haben den Jahreslauf im Sinn, die Bedürfnisse und individuelle Entwicklung ihrer Kunden sowie deren realistisch verfügbares Budget. Sie verstehen, was die Auftraggeber erreichen wollen –und das muss nicht immer der maximale Verkauf einer Ware oder Dienstleistung

Neue Kollegen gesucht Für diese spannende Aufgabe sucht die Leipzig Media GmbH neue Kolleginnen und Kollegen in Voll-oder Teilzeit. Dabei sind „alte Hasen“ genauso willkommen wie Neueinsteiger/innen, dieselbstverständlich geschult und fit gemacht werden für die kommenden Aufgaben. Wersich also interessiert für einen Wechsel oder in diesen Beruf neu einsteigen will, wirdnicht allein gelassen, sondern von erfahrenen Kolleginnen und Kollegen eingearbeitet und begleitet. Gesucht werden Menschen, die gerne verkaufen und denen es Spaß macht, in fairen Gesprächen gemeinsam mit Kunden die bestmögliche Lösung

LÖ SUNGEN SUCHEN UND FINDEN Mediaberater zu sein, bedeutet wesentlich mehr,als „Anzeigen zu verkaufen“.Esgeht immer um das Suchen undFinden einer bestmöglichenLösung für alle Beteiligten. Sie interessieren sich für diese spannende Aufgabe?Dann melden Sie sich bei uns!

Matthias Ritz

LeiterPersonal

Tel: 0341/2181-1307, E-Mail: m.ritz@lvz.de

WeitereInfos: www.leipzig-media.de

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Matthias Fäller (4)

Die richtige Technik zählt

Profiboxerin Sandra Atanassow sorgt als Diplom-Ingenieurin für reibungslosen Sendebetrieb

Egal, ob in ihrem ersten oder in ihrem zweiten

Leben: Bei Sandra Atanassow (34) geht es um die richtige Technik. Die HTWK-Absolventin sorgt in einem Medienunternehmen mit ihrem Team für einen reibungslosen Sendebetrieb. Das Ziel: Ruhepuls für Regisseure, Cutter und Moderatoren. Ihr eigenes Herz dagegen schlägt außerdienstlich manchmal 180 Mal pro Minute. Denn die Diplom-Ingenieurin ist Profiboxerin, weltweit Nr. 13 in ihrer Gewichtsklasse. Lassen wir zunächst einfach Zahlen sprechen.

Muskelpartien, die sie alle erfolgreich trainieren muss. Während andere Menschen gar nicht wissen, dass es die gibt, geschweige denn wie sie heißen. Trotzdem: Die Vermutung, die 34-Jährige hätte dickere Arme als andere Leute Oberschenkel, erweist sich als falsch. „Nee! Beinarbeit und die gesamte Athletik verbunden mit dem Körpergewicht – darum geht es. Selbst Armlänge ist nicht entscheidend. Hier im Ring – das ist die reinste Physikstunde!“ Dazu Technik und Taktik: „Erfahrung schlägt Kraft“, sagt Sandra. Jüngeren

Gleich setzt’s was:

Gemeinsam mit ihren Betreuern posten Liliana Martinez (Dominikanische Republik, links auf dem linken Foto) und Sandra Atanassow vor dem Kampf im Februar 2018 in Leipzig für die Kameras. Das Klagelied können wohl viele Sportler anstimmen, deren Typ medial kaum oder nur bei Events wie WM oder Olympia gefragt ist. „Ich trainiere am Stützpunkt mit neunfachen Weltmeistern – die völlig unbekannt sind“, bedauert sie.

Live-Pannen und Langzeit-Projekte

8-0-1

So liest sich Sandras Performance als Profiboxerin („Kampfrekord“). Acht Siege, ein Unentschieden. Seit 2015. Ihre Kämpfe im olympischen Boxen und für die deutsche Nationalmannschaft mitgerechnet, stehen nach zehn Jahren rund 120 Kämpfe zu Buche.

1,0

Das ist Sandras studentischer „Kampfrekord“, ihre Abschlussnote 2009. Für ihre Diplomarbeit gab es seinerzeit den Preis des Fördervereins: Jahrgangsbeste der Fakultät. Merke: Wer im Ring Titel holt, scheidet im akademischen Leben nicht als Titelaspirant aus. „Boxerin gleich doof, das denken viele“, sagt die HTWK-Absolventin genervt. Auf ihrer Website erzählt sie daher gern und stolz von ihrem anderen Leben: dem erfolgreichen Studium, dem anspruchsvollen Job. Sandras erster Boxerfolg ist übrigens ein akademischer: Deutsche Hochschulmeisterin 2008, kurz vor dem Abschluss.

40 Stunden

Ihre Arbeit ist ein Full-Time-Job im Zwei-SchichtSystem. Was mit einer Profi-Boxkarriere kaum vereinbar ist. Denn Training ist täglich. Nicht werktäglich, nein, täglich. „Mir würde sonst etwas fehlen. Und auf dem Level darf ich mir das auch nicht leisten“, sagt Sandra und zeigt so ein bisschen an sich herum, auf diverse

Boxerinnen (und, ja, auch Boxern!) sei sie meist überlegen, weil sie weiß, wann es Verzögerung und Rehabilitation braucht.

57,153 Kilogramm

So viel darf Federgewicht Sandra beim Kampf wiegen. Gewichtsklassen gibt es hier viele, Boxverbände und Titel auch. Wichtige und unwichtige. Im Februar 2018 hat sie den Welttitel „International Champ“ des bedeutenden Weltverbands WBC (World Boxing Council) erkämpft. Das ist der dritthöchste WBCGürtel. Das verbandsunabhängige Ranking „Boxrec“ listet sie derzeit als Nr. 13 der Welt.

15 000 Euro

So viel musste das ambitionierte Atanassow-Team („Vier im Kern, zig im erweiterten Team, dazu zahlreiche großartige Helfer, unter anderem aus meinem Verein Boxring Atlas Leipzig“) ungefähr aufbringen, um in Leipzig den Kampf um den Gürtel zu finanzieren.

Zum Geldverdienen taugt Boxen nur in Top-Gefilden. „Vor allem im Frauenboxen fehlt uns die mediale Anerkennung unserer Leistung. Leider!“ Seit Sandra Profi ist, wird „Erfolg“ nicht nur im Ring gemessen, sondern auch in Akquise von Sponsoren. Dieses Ungleichgewicht sorgt dafür, dass sie sich hinsichtlich ihrer Karriere nicht aus dem Fenster lehnen mag. Profi-Boxen und Vollzeitjob, dieses Doppel hat Grenzen. Welche, weiß die Sportlerin noch nicht genau.

Auf Arbeit hat sie sich nach ihrem Studium bis zur Teamleiterin qualifiziert. Das Medientechnik-Studium sei dafür unverzichtbarer Baustein gewesen. Hin und wieder stößt sie beim Sender auf andere Alumni, auch in ihrer 15-köpfigen Truppe gibt es HTWKAbsolventen. Sandras Team ist Problemlöser in technischen Fragen: Wenn in der Nachrichtensendung der Beitrag nicht startet, wenn das falsche Bild eingeblendet wird, wenn die Regie umgebaut wird oder Schnittplätze eine neue Software bekommen sollen. Von der Live-Panne bis zum Langzeit-Projekt – die Produktionstechniker beackern viele verschiedene Felder, sind vor allem präventiv gefragt, betreuen auch Radio- und Online-Produktionen.

Kopf hinhalten mal anders:

Als Teamleiterin ist die Boxerin in der Fernsehproduktion für den störungsfreien Sendeablauf zuständig. Parallelen in Job und Sport gebe es zuhauf: „Im Ring ist es wie auf Arbeit – ich muss treffsicher Schwachstellen finden, ich muss schnelle Entscheidungen treffen und die Konsequenzen daraus verantworten“, sagt Sandra Atanassow. Der Sport habe sie auch auf Arbeit leistungsfähiger gemacht. „Trainerin im Boxclub und Teamleiterin – auch da ist manches ähnlich. Hier wie da geht es darum, fair zu führen, mit der nötigen Resolutheit und trotzdem gelassen. Ich will, dass mich meine Mitmenschen als jemanden schätzen, der sie voranbringen will.“

Das kann schon mal ans Auge gehen: Schmerzfreie Siege gibt’s nicht, sagt die Boxerin. „Auch wenn man gewinnt, ist man hinterher einfach tagelang platt. Wer glaubt, dass ich dann einfach nach Hause gehe und feiere, der irrt gewaltig.“

Zahlen Stand Sommer 2018

Kopf hinhalten mal anders: Als Teamleiterin ist die Boxerin in der Fernsehproduktion für den störungsfreien Sendeablauf zuständig.
& Stil Leben 25 Matthias Fäller (4)
Das kann schon mal ans Auge gehen: Schmerzfreie Siege gibt‘s nicht, sagt die Boxerin.
„Vor allem im Frauenboxen fehlt uns die mediale Anerkennung unserer Leistung. Leider!“
Mehr Informationen  www.sandra-atanassow.com  @sandra.atanassow

Männer-Mode für gehobene Ansprüche

David van Laak etabliert sich im Leipziger Industriepalast

Die Lage ist für ein Modegeschäft ungewöhnlich. Die Brandenburger Straße in Leipzig ist Teilstück der Bundesstraße 87 östlich vom Hauptbahnhof. In jede Richtung verlaufen zwei Fahrspuren. 30 000 Fahrzeuge nutzen im Schnitt täglich diese Durchgangsstraße, um auf den Ring abzubiegen oder nach Norden zu brausen. David van Laak sieht das ganz anders. „Wir haben eine hohe Sichtbarkeit“, sagt der Inhaber des Herrenausstatters David van L. GmbH im Industriepalast. Den Standort hat der 47-Jährige also ganz bewusst ausgesucht. „Ein Laden in der Größe ist in der Innenstadt unbezahlbar“, sagt er. Zudem „haben wir keine Laufkundschaft“. Kunden kämen gezielt, Beratung und Verkauf erfolgten in einer „ruhigen, entspannten Atmosphäre“ auf 400 Quadratmetern.

Der Unternehmer verfolgt damit ein Konzept, das anders ist als bei vielen anderen Händlern. Nicht nur die Lage fällt aus dem Rahmen, sondern auch die Öffnungszeiten sind anders. Sonnabends ist von 10 bis 16 Uhr geöffnet, von montags bis freitags von 14 bis 20 Uhr. „Auch das reduziert unsere Kosten“, betont der Vater von drei Söhnen, der sich in Leipzig wohl fühlt und Wurzeln geschlagen hat. Ihm ist es gelungen, das vor knapp vier Jahren eröffnete Geschäft als eine der ersten Adressen für Herrenmode zu etablieren. „Unsere Kunden kommen aus ganz Mitteldeutschland“, berichtet er.

zeigten aber zumeist Geduld und Gelassenheit. Später holte er das Fachabitur nach und leistete seinen Zivildienst in der Altenpflege. Ein Studium der Textilbetriebswirtschaftslehre im baden-württembergischen Nagold an der dortigen Akademie für Mode-Management schloss sich an. „Ich habe von der Pike auf gelernt“, sagt der Hobby-Windsurfer, der gegenwärtig dabei ist, den Angelschein zu erwerben. Während des Studiums arbeitete er als Aushilfe im Sindelfinger Geschäft des 1881 gegründeten Moderiesen Breuninger, dessen Stammhaus sich in Stuttgart befindet. Später war er als Trainee einer der Nachwuchsführungskräfte bei Quelle und hatte schon zur damaligen Zeit Kontakt nach Leipzig. Hier hatte der Versandhandelsriese, der 2009 den Insolvenzantrag einreichte und später abgewickelt wurde, in der Nähe der neuen Messe ein 2,2 Millionen Quadratmeter großes Versandzentrum hochgezogen. Es ging 1995 in Betrieb, kostete eine Milliarde D-Mark und war eines der großen Investitionsprojekte in den neuen Ländern.

Herz schlägt für stationären Handel

Van Laak arbeitete später wieder für Breuninger, „denn mein Herz schlug und schlägt für den stationären Handel“. Er war unter anderem in Würzburg und Nürnberg tätig, übernahm in Erfurt die Verantwortung für sein erstes Haus der Gruppe und wechselte später nach Leipzig. Danach nahm er ein Angebot aus der Schweiz an und leitete den Flagship-Store des Mode-Einzelhandelsunternehmens Schild AG in Zürich. „Doch ich wollte zurück nach Leipzig“, berichtet er. „Hier bin ich sozialisiert.“

Aber diesmal nicht als Angestellter, sondern als Unternehmer. „Ich wollte meine Ideen umsetzen.“ Und das besagt: „Wir konzentrieren uns auf das Wichtigste.“

„Der Handel profiliert sich in der Regel zu sehr über den Preis“, meint der Mode-Experte. Rabatte und Aktionen seien an der Tagesordnung. Dabei werde der Kunde außer Acht gelassen. Bei ihm werde der potenzielle Käufer individuell und ausführlich beraten, die Anprobekabinen seien nicht, wie oft üblich, eng und muffig, sondern großzügig gestaltet. Dagegen „haben wir noch nie reduziert oder rabattiert“. Daneben haben die Männer auch die Möglichkeit, sich für einen luxuriösen Maßanzug zu entscheiden. Die Sakkos, und Hosen, Mäntel, Schuhe und Strümpfe werden dabei unter dem Label David van L. verkauft. Hinzu kommt auch eine Auswahl an dem, was Experten Casual Wear nennen, also lässige Freizeitkleidung wie Baumwollhosen. Eine davon trägt Volksbank-Vorstand Christoph Kothe auf einem großen, im Geschäft hängenden Plakat. Die Bandbreite des Angebots macht auf einem ebenfalls angebrachten Poster Schauspieler Michael Meindl in einem Maßanzug deutlich. Van Laak empfiehlt Managern, sich immer angemessen zu kleiden, auch aus Respekt den anderen gegenüber. „Man kann nicht gut genug aussehen.“ Was nicht automatisch bedeute, dass es immer der Anzug sein müsse.

Expansion nicht ausgeschlossen

Ohne Besorgnis beurteilt van Laak, der die Bundesliga-Handballer des SC DHfK ausgestattet hat, den zunehmenden Online-Handel. „Den Distanzhandel gibt es schon seit vielen, vielen Jahren“, spielt er auf das früher oftmals übliche Bestellen per Katalog bei Quelle oder Neckermann an. Der stationäre Einzelhandel habe massiv daran gearbeitet, die eigene Existenzberechtigung zu verlieren, da er die Bedürfnisse des Kunden nicht ernst nehme. Wer das aber berücksichtige, der werde sich selbst gegen den Online-Handel behaupten.

David van Laak wurde in Münster geboren, verbrachte als kleines Kind zwei Jahre in Nigeria, wo seine Eltern in der Entwicklungshilfe tätig waren. Später zog die Familie an den Niederrhein. Er brach die Schule ab und begann eine Lehre im Einzelhandel.

„Ich war ein schwieriger Lehrling“, erinnert er sich.

Seine Ausbilder hätten es nicht leicht mit ihm gehabt,

Der Kunde stehe im Mittelpunkt, er sei Gast. Männer auf der Suche nach einem neuen Outfit stellten häufig fest, dass die passende Größe nicht da sei. Dabei müsse der Anzug beim ersten Mal sitzen. Wenn die Hose eine andere Größe als das Sakko habe, dann sei das kein Problem, denn „wir bieten unser gesamtes Sortiment im Baukastensystem im gehobenen Segment an“. Zudem seien praktisch alle Größen verfügbar. Die hohen Stückzahlen, die im Geschäft vorhanden sind, „führen zu einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis“.

Wie offenbar van Laak, der jährlich über 2000 Anzüge im wahrsten Sinne des Wortes an den Mann bringt. Deshalb spielt er auch mit dem Gedanken, das Geschäft auszuweiten. „Ich bin davon überzeugt, dass unsere Philosophie auch an anderen Standorten erfolgreich sein kann.“ Da er aber ein sehr konservativer Kaufmann sei, „werden wir nicht bloß der Expansion halber weitere Stores eröffnen.“ Es müssten die nötigen Rahmenbedingungen vorhanden sein. Wie an der Brandenburger Straße.

26 & Leben Stil
André Kempner (4) Von Ulrich Milde Fühlt sich sichtlich wohl in seinem Geschäft: David van Laak.
„Wir konzentrieren uns auf das Wichtigste.“
David van Laak

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Patient ist kein klassischer Kunde“

Kommunikation in der Medizin ist anspruchsvoll und muss den Patienten anders abholen als im klassischen Dienstleistungsmarketing. Für uns bedeutet dies vor allem, den Menschen und seine Bedürfnisse in die Inhalte unserer Kommunikation einzubeziehen. Das ist zugleich eine wunderbare Art, eng mit Patienten und Kliniken zusammen zu arbeiten und dabei nahbares Marketing zu gestalten. Wir werben nicht für ein Produkt, sondern gehen eine weit größere Verantwortung ein: wir informieren über medizinische Themen in der Augenheilkunde und klären über Behandlungsmöglichkeiten auf. Wir stellen uns der Aufgabe, Vertrauen zu schaffen und Problemlösungen aufzuzeigen. Maßnahmen im Bereich klassischer Werbung wie bspw. Radiowerbung, Plakate und Anzeigen sind Grundpfeiler für die klassische Leadgenerierung. Doch davon allein könnten wir im medizinischen Bereich nicht lange überleben. Ein Patient ist kein klassischer Kunde, der sich zurücklehnt und sich von attraktiven Angeboten „verführen“ lässt. Er ist tatsächlich von etwas mehr oder weniger Ernsthaftem betroffen und steht unter einem gewissen Leidensdruck. Somit agiert er aktiv und sucht nach Produk-

ten, die auf ihn zugeschnitten sind. Eine deutlich wichtigere Rolle kommt im Medizinbereich somit dem Inbound Marketing zu, im Besonderen dem Online und Content Marketing.

Durch gezieltes Suchmaschinenmarketing werden zielgruppengerechte Informationen bereitgestellt und mit relevantem, neutralem und glaubwürdigem Content ist es uns möglich, für den Patienten eine Vertrauensbasis zu schaffen. Neukunden beziehungsweise Neupatienten erkundigen sich im Web, recherchieren, lesen Artikel und vergleichen Angebote.

Wenn wir die richtigen Themen bedienen, haben wir schon viel erreicht. Doch am Ende zählen oft auch die Erfahrungen von Freunden und Bekannten. Das Empfehlungsmarketing übernimmt daher eine zentrale Rolle in unserer Kommunikationsstrategie.

Nicht allein die Stimme aus dem Unternehmen heraus wirkt vertrauensbildend, sondern vor allem authentische und reale Patientenerfahrungen bieten Möglichkeiten unserer Zielgruppe nah zu kommen.

Zu zeigen, was tatsächlich dahintersteckt, wie in Praxis und Klinik gearbeitet wird und was den Patienten erwartet, sind essentielle Ansätze, den Kontakt aufzubauen und die Kommunikation zu gestalten.

Daher arbeiten wir neben den gängigen Bewertungsportalen seit geraumer Zeit mit Influencern zusammen. Sie sind Profis im stark frequentierten Social Media Umfeld und sind es gewohnt, ihre Follower an ihrem Leben teilhaben zu lassen. Die Nutzer verlassen sich auf die ehrlichen – und teils kritischen – Statements und Empfehlungen. Gleichzeitig bieten die Plattformen, auf denen diese Content Kampagnen veröffentlicht werden, großzügigen Spielraum für neue Medieninhalte und Bewegtbildformate. Die Wirkung ist enorm und die Interaktion spricht für sich. Wir können so die kommunikative Auseinandersetzung mit unserem Thema begleiten, ohne selbst Initiator zu sein. Wir schätzen diesen Weg als zukunftsorientiert und bauen ihn Stück für Stück aus.

Zur Person

Sabine Schildhauer hat Kommunikations- und Medienwissenschaften, Soziologie und Psychologie in Leipzig und Paris studiert. Schwerpunkt lag im Bereich PR und Öffentlichkeitsarbeit. Erste berufliche Erfahrungen sammelte sie in unter anderem in einer PR-Agentur in Berlin und im E-Commerce-Marketing eines Online-Fachhandels. Ihre Spezialisierung im Online Marketing – und hier vor allem im Bereich Suchmaschinen- und Social Media Marketing sowie im Projektmanagement fand in einer langjährigen Agenturerfahrung in Leipzig statt. Die unterschiedlichen Herangehensweisen bei verschiedensten Kunden und Projekten prägten neben einer starken Kundenkommunikation ihr Verständnis für facettenreiches Marketing. Die Übernahme der Marketingleitung von Smile Eyes – einem Verbund aus 13 Augenkliniken und -zentren in Deutschland und Österreich mit Spezialisierung auf die refraktive Augenchirurgie – bedeutete den Wechsel auf Unternehmensseite. Die intensive Betreuung der einzelnen Standorte sowie die Weiterentwicklung der übergreifenden Marke sind seit drei Jahren ihr Wirkungsfeld, dem sie sich mit viel Verantwortung widmet.

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27 & Leben Stil
Coaching
André Kempner
„Ein
Anspruchsvolle Kommunikationsstrategie in der Augenmedizin nötig

tellen Sie sich zwei Manager (die männliche Form schließt die weibliche selbstverständlich mit ein) vor, die für die Produktentwicklung und das Innovationsmanagement im Unternehmen verantwortlich sind:

Eine Person hat einen sogenannten „linearen“ Denkstil. Das bedeutet, sie setzt bei der Ideenfindung und der Ideenentwicklung auf konventionelle Methoden und Denkrichtungen. Die andere Person denkt quer und sucht nach ungewöhnlichen Einfällen, aus denen radikale Innovationen beziehungsweise disruptive Innovationen entstehen könnten. Beide möchten einen neuen Fruchtsaft auf den Markt bringen und suchen nach der richtigen Mischung.

Die Person mit ungewöhnlichen Einfällen überlegt, eine neuartige Frucht einzusetzen und testet diese mit Konsumenten. Die ersten Reaktionen sind ernüchternd.

„Schmeckt scheußlich.“

„Sehr saftig ist die nicht. Und auch nicht sehr erfrischend.“

„Also so zum roh essen schmecken die ja gar nicht.“

Keiner der Befragten möchte die Fruchtsorte, aus der gerade eine neue Limonade entstehen soll. Die Interviewer fragen weiter.

„Würde Sie etwas interessieren, was nach dieser Frucht schmeckt? Zum Beispiel ein Erfrischungsgetränk?“

„Ich würde darauf verzichten.“

Warum Sie Querdenker im Management brauchen!

Tipps für Bosse und ihre Führungscrews

„Da gibt es Früchte, die sich eher eignen.“

„Würde ich mir nicht kaufen.“

Zur Person

Innolytics

Jens-Uwe Meyer ist Geschäftsführer der Leipziger Firma Innolytics. Er gehört zu den innovativsten Wirtschaftsvordenkern im deutschsprachigen Raum. Er ist Software-Architekt und Internet-Unternehmer und Top-Managementberater. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ nennt ihn „einen der führenden Experten für Innovation in Deutschland“. Er ist Autor von zehn Büchern (unter anderem „Digitale Disruption“, „Erfolgsfaktor Innovationskultur“, „Genial ist kein Zufall!“) und mehr als zweihundert Fachartikeln zum Thema. Er promovierte an der Leipzig Graduate School of Management (HHL) über die Innovationsfähigkeit von Unternehmen und gehört zur exklusiven Riege der Meinungsmacher beim „Manager Magazin“. Mit seinem Unternehmen Innolytics ist er einer der Treiber der Digitalisierung: Er entwickelt cloudbasierte Innovationsund Community-Software für Unternehmen.

So ungewöhnlich wie seine Denkweise ist auch sein Lebenslauf. Er war Polizeikommissar in Hamburg, wo er unter anderem auf der Hamburger Davidwache und bei der Rauschgiftfahndung im Einsatz war. Später wechselte er zum Fernsehen: Er war Pro-SiebenStudioleiter in Jerusalem und Washington. Als Chefreporter berichtete er live aus mehr als 25  Ländern. Managementerfahrung sammelte er als Chefredakteur beim Mitteldeutschen Rundfunk und als Programmdirektor beim privaten Radiosender Antenne Thüringen.

Nicht einmal hübsch ist die Frucht: Wie „ein hässlicher Apfel“, urteilt eine Konsumentin. „Erinnert mich so ein bisschen an mein erstes Auto. Mit den Dellen und so.“

Linear denkende Manager gehen anders an die Befragungen heran. Sie untersuchen in einer repräsentativen Stichprobe, welche Obstsorten die größte Zustimmung finden. „Erdbeeren“, antworten die meisten Befragten. Kirschen und Bananen finden ebenfalls Zustimmung.

Was tun vernünftige Manager in dieser Situation?

Die neue Fruchtsorte kommt niemals auf den Markt. Stattdessen setzt das Unternehmen auf solche, die Menschen mögen. So wie Erdbeere, Kirsche oder Banane.

Linear denkende Manager entwickeln Produkte, die ihre Kunden wollen, versehen sie mit Marketingbotschaften, die Konsumenten akzeptieren und erfüllen alle Erwartungen. Linear denkende Menschen bringen Erdbeerlimonade auf den Markt und bewerben sie mit einem Plakat, das alle Gesetze des Marketings befolgt. Sie verwenden einen Slogan, der zum Produkt passt. Auf dem Plakat ist ein hübsches Model zu sehen. Der Slogan lautet: „Erdbeerlimonade. Zeit für mich.“ Und weil linear denkende Manager ganz auf Nummer sicher gehen, testen sie das Plakat so lange, bis es allen Kunden gefällt. Grundsätzlich ist dagegen nichts einzuwenden. Allerdings sind Marktentwicklungen in Zeiten des digitalen Wandels und der digitalen Disruption schwerer vorhersehbar. Mit dem klassischen linearen Denken können Unternehmen alle Regeln der Marktforschung beachtet haben und doch daneben liegen.

Es gibt einen anderen Typus Manager: Querdenkende. Wenn die Marktforschung nicht die gewünschten Ergebnisse liefert, lautet ihre Aussage: „Wir tun es trotzdem!“ So wie es Bionade in den Anfängen der Produktentwicklung tat. Das Unternehmen brachte eine Limonade auf den Markt, deren Hauptbestandteil eine Frucht mit dem Namen „Quitte“ war. Bionade verstieß gegen alle Gesetze der Marktforschung und hatte Erfolg.

„Natürlich wäre es einfacher gewesen, Apfel oder Birne zu verkaufen, aber wir haben von Anfang an bewusst auf ungewöhnliche Geschmackssorten gesetzt“, sagte der damalige Bionade-Geschäftsführer

Peter Kowalsky. Nach wenigen Wochen war das Getränk ausverkauft. „Spirit of Georgia“, das Konkurrenz-

produkt von Coca Cola, und viele andere Getränke, die laut Marktforschung eigentlich hätten funktionieren müssen, hatten es deutlich schwieriger.

Durch die Möglichkeiten des Internets ist es heute einfacher als jemals zuvor, Querdenken im Unternehmen zu fördern und Innovationsnetzwerke zu etablieren. Durch Methoden wie Open Innovation und Co-creation werden Konsumenten direkt in den Entwicklungsprozess von Produkten und digitalen Geschäftsmodellen integriert. Unternehmen können die Schwarmintelligenz von Kunden und externe Expertise nutzen.

Software-Plattformen wie die Innolytics Ideenmanagement Software und Innovationsmanagement Software unterstützen gleichermaßen den Aufbau einer Open Innovation Community und interner Innovationsnetzwerke. Unternehmensintern werden bereichsübergreifende Arbeitsgruppen gebildet. In diesen Arbeitsgruppen werden gleichermaßen konventionelle Ideen zur Verbesserung von Prozessen als auch quergedachte Ideen für disruptive Innovation verfolgt. Die Innolytics-Software erlaubt es Unternehmen, außergewöhnliche Ideen zu verfolgen und zielgerichtet umzusetzen.

Querdenker im Management stellen Regeln auf den Kopf, statt sie blind zu befolgen. Sie glauben an visionäre Ziele – häufig ohne sich konkrete Maßnahmen in Hunderten von Tests bestätigen zu lassen. Sie haben den Mut, ihre Kunden zu irritieren. Und die anderen?

Sie sind Manager, die es perfekt gelernt haben, Märkte und Kennzahlen in Powerpoint-Folien abzubilden, konventionelle Strategien zu entwickeln und Prozesse aufzusetzen.

Querdenker haben Prinzipien, die in vielen Managementetagen als kühn gelten. Es sind ungewöhnliche Prinzipien, durch die sie Ungewöhnliches erreichen können. Prinzipien, die Unternehmen und ihren Führungskräften helfen, kreativer zu werden.

Querdenker leben in Visionen. Sie kreieren nicht irgendein neues Getränk, sondern wie es Bionade zu Beginn tat „das offizielle Getränk einer besseren Welt“. Sie produzieren – wie der Spülmaschinenhersteller Hobart – nicht einfach nur die nächste Gerätegeneration, sondern sie stellen eine mutige Vision auf: „Spülen ohne Wasser.“ Sie kämen niemals auf den Gedanken, andere im Markt zu kopieren. Sie verfolgen Philosophien wie der Kosmetikhersteller Kenzo: „Don’t follow consumers.“

Konventionelle Denker haben ihre Intuition weitgehend ausgeschaltet und beauftragen die Marktforschung, Segmente für dieses neue Getränk zu erkunden. Sie fragen Konsumenten, welche Werbesprüche sie gerne hören möchten. Ihre Philosophie lautet: „If you follow consumers you can’t be wrong.“

Querdenker bleiben Rebellen, auch wenn sie Krawatte tragen. Sie sind Pioniere. Für Querdenkende ist Arbeit das größte Abenteuer, das es gibt – für viele andere ist es nur ein sicherer Job.

„Oh ja, das wäre toll. Das wäre fantastisch. So viel Mut hätte ich auch gerne, aber bei uns geht das nicht.“ Das ist eine häufige Aussage, die man im Management hört, wenn es um neue Ideen geht. Eigentlich würden sie gerne Pioniere sein, doch sie sind in Systemen gefangen, die allenfalls kleine Ausflüge zulassen: Einem Unternehmen voller Mitarbeiter, die ähnlich denken und ähnlich entscheiden.

Machen Sie einmal folgendes Gedankenspiel: Sie entwickeln eine Idee für ein innovatives Geschäftsmodell. Sie sind von der Idee begeistert – trotz Kritik aus der Geschäftsführung. Sie befragen Ihre Kunden, ob sie das Geschäftsmodell gut finden würden. Die Antwort: „Wissen wir nicht genau.“ Sie befragen die verschiedenen Abteilungen in Ihrem Unternehmen: Marketing, Verkauf, Einkauf. Sie bekommen weder klare Zustimmung, noch klare Ablehnung. Sie setzen sich für die Idee ein, weil Sie persönlich von ihr überzeugt sind. Sie kämpfen und Sie erhalten ein Budget. Aber die Idee funktioniert nicht wie erwartet. Ein halbes Jahr später steht die Entscheidung für die nächste Karrierestufe an. Wer wird zuerst befördert? Lineare Denker, die mit bewährten Methoden kleine Erfolge erzielen konnten und dabei keine Fehler gemacht haben? Oder Sie als Querdenker? Als Belohnung dafür, dass Sie innovativ und kreativ denken – auch wenn nicht alles funktioniert? Wenn Sie zu der ersten Antwort tendieren, wissen Sie, warum es Querdenker im Management so schwer haben. Sie scheitern häufiger. Wenn linear denkende Manager scheitern, dann tun sie es, weil die Marktforschung falsche Ergebnisse geliefert hat, weil die Berater schlecht beraten haben oder die Werbeagentur versagte. Aber nicht, weil die Denkwege verkehrt waren. Wenn Querdenker scheitern, dann tun sie das, weil sie spinnen. So jedenfalls wird es in vielen Unternehmen gesehen.

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& Leben Stil Pixabay.com André Neumann
Von Jens-Uwe Meyer

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Gedankenspiel: Sie

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Es ist ein Klischee, aber ein wahres: In der Musikszene des Hip Hop und des Rap wird Reichtum gern zur Schau gestellt. Die Künstler, ob Mann oder Frau, zeigen sich gern mit dicken Autos, glänzendem Schmuck und in Pelzen. Ein junger Mann und aufstrebender Modedesigner, der in Rötha das Kürschnerhandwerk gelernt hat, möchte da jetzt gern mitmischen.

Pelze aus Rötha erobern die Welt

Ex-Lehrling ist zurück in der Kürschnerei Meinelt und näht Jacken für Rapperin Stefflon Don

Am Ende 2018 waren seine Kreationen auf großer Bühne zu sehen. Die britische Rapperin Stefflon Don trug auf ihrer Tournee in Großbritannien und Neuseeland Mäntel und Jacken aus Pelz, die Wesley Petermann (24) in der Kürschnerei Meinelt in Rötha genäht hat. Der in Brasilien geborene und in der Schweiz aufgewachsene junge Mann hatte 2014 die Lehre im Betrieb von Udo Meinelt (77) begonnen. 2016 wurde er fertig und orientierte sich beruflich neu. Er arbeitete als Schneider erst ein Jahr in einem Berliner Hotel, dann vier Monate auf dem Kreuzfahrtschiff MS Europa. Auch äußerlich veränderte sich Wesley Petermann. War er vor vier Jahren noch ein Exot mit extrem hoher Fönfrisur, auffälligen Sachen und bestickten Schuhen, so wirkt er jetzt eher bürgerlich und trägt das feinlockige Haar kurz. Aus dem flippigen Stylisten ist ein seriöser Designer geworden. Udo Meinelt erkannte ihn trotzdem gleich wieder, und er freute sich, als der umtriebige Designer mit eigenem Modelabel namens Wisly Fashion wieder an seine Tür klopfte. Seit Oktober ist Petermann jetzt angestellter Geselle. „Ich habe das Handwerk vermisst, und ich habe den Chef vermisst“, begründet der Schweizer, der in Leipzig wohnt, seine Rückkehr nach Rötha. „Ich fühle mich hier wohl.“

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Hier kann er sich mit dem Segen des Chefs sowohl im Dienste der Firma als auch privat verwirklichen. 2017 wurden seine Kreationen – darunter auch in Rötha gefertigte Pelze – auf einer Modenschau im schweizerischen Nobelskiort Zermatt gezeigt, wo er Kontakt zu einem angesagten DJ bekam. Jetzt könnte es für Petermann noch einen Schritt weiter nach vorn gehen.

Vor über einem Jahr schrieb eine Stylistin den jungen Designer an, fragte, ob er Stefflon Don ausstatten wolle. Die war damals noch weit weniger berühmt als jetzt, Petermann kannte sie noch nicht. Erst 2017 hatte die Künstlerin mit dem Titel „Hurtin’ me“ die Top 10 der englischen Singlecharts erreicht.

Petermann ließ sich auf die Sache ein, traf das Stylistenteam in London und übergab eine Tasche mit einer bunten Pelzjacke. Stefflon Don gewann 2017 den Mobo Award, den britischen Musikpreis für schwarze Musik in der Kategorie Frauen. Bei der Verleihung sollte sie die Jacke tragen. Tat sie aber nicht. Wesley Petermann vermutet: „Größere Geldgeber waren stärker.“

Kurz darauf kam er zum Zug. Auf einem Konzert des Streaming-Dienstes Spotify wirbelte die Künstlerin mit Petermanns in Rötha genähter Jacke aus Resten recycelter Pelzmäntel, aus Stücken von Kaninchen, Fuchs, Ziege und Lamm über die Bühne.

Für die kommenden Konzerte hat der Designer fünf Jacken genäht. Maß nehmen konnte er nicht, er hat Stefflon Don, die mit bürgerlichem Namen Stephanie Victoria Allen heißt, noch nie persönlich getroffen. Beim Design hat er weitgehend freie Hand. „Mir wird mitgeteilt, was sie darunter trägt“, außerdem bekommt er Namen von Künstlerinnen, an deren Mode er sich orientieren soll.

Ende November vorigen Jahres bekam Wesley Petermann den Star in seiner Mode bei Konzerten in Glasgow und in Leeds erstmals direkt zu sehen. Er hat ihre Auftritte gewiss mitgefeiert. Denn Hip Hop und Rap sei tatsächlich auch die Musik, die ihm gefalle. Und ja, sagt er, das Klischee von Geld, Schmuck und Pelz stimmte. „Es ist ein Statement. Die Künstler zeigen damit, man hat es aus dem Ghetto nach oben geschafft hat.“

Nach oben will es auch Wesley Petermann schaffen. Möchte seine Mode nicht nur auf der Hip-Hop-Bühne, sondern gern in reich ausstaffierten Serien platzieren. Immerhin ist die Schweizer Millionärsgattin Irina Beller schon seine Kundin. Vorläufig lebt er in Leipzig noch in einer kleinen Wohnung und kommt ohne eigenes Auto aus. Nach Feierabend nimmt ihn der Chef mit, der ebenfalls in Leipzig zu Hause ist.

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Stefflon Don in Pelzen von Wesley Petermann Peter Krischunas André Neumann
„Es ist ein Statement.“
Wesley Petermann

Der Riesling spricht deutsch

Eine Episode beim Besuch eines namhaften

Weinguts in Südafrika. Probiere mich durch das Sortiment, bin begeistert. Will schließlich auch noch den Riesling kennenlernen, der auf der Karte steht. Doch den verweigert mir die nette Dame mit dieser Begründung: „Sie kommen aus Deutschland. Sie haben so tolle Rieslinge, da können wir nicht mithalten. Sie wären enttäuscht, und das will ich nicht.“

Ja, Riesling Made in Germany hat einen großartigen

Ruf und eine große Fangemeinde. Denn die Diva unter den Rebsorten – die besten Lagen und Böden sind ihr gerade gut genug – zeigt in vielen verschiedenen

Stilarten ein schönes Gesicht: Von knochentrocken, mineralisch über fruchtig-verspielt bis hin zu üppigen, geradezu barocken großen Gewächsen ist so vieles möglich – und immer noch mehr. Es gibt keine andere Rebsorte in Deutschland mit so vielen Weinen auf so hohem Niveau. Die Rebsorte trägt den Titel Königin zu Recht.

Auch wenn jeder auf den schon jetzt als „Jahrhundert-Jahrgang“ angekündigten 2018-er wartet – bei 2017 macht man bei Riesling keine Fehler. Bin mir nämlich nicht so sicher, ob die fehlende Säure wegen der Trockenheit des Hitze-Sommers 2018 den Rieslingen wirklich gut getan hat. Der 2017-er Jahrgang hat diesen Mangel nicht. Ein Spaziergang im RieslingHimmel.

Stars von der Saar

Mir scheint, bei den 2017-er Rieslingen kommen die Stars von der Saar. Forstmeister Geltz-Zilliken zum Beispiel, 2017 vom Gault&Millau zum Winzer des Jahres gekürt. Durchgängig hohes Niveau: Der Riesling GG Rausch mit präsenter Säure und viel Charisma, dann Kabinett, Spätlese, Auslese. Überall eine tolle Balance zwischen Restzucker und Säure, wunderbare Weine. Die Krönung: Riesling Auslese Goldkapsel, 145 Gramm Restzucker und 11,4 Gramm Säure, großartig.

Oder Von Othegraven, ein sicherer Tipp. Auch hier die Riesling-Spätlese und -Auslese vom Altenberg in Kanzem schön balanciert. Sehr gut gefallen hat auch der Kabinett Altenberg. Von Othegraven-Besitzer Günther Jauch kann stolz sein, diese Weine haben ganz und gar nichts mit den missglückten JauchWeinen zu tun, die bei Aldi im Regal stehen.

Weiter an der Saar. Klein, aber fein das Weingut Piedmont aus Konz-Filzen, VdP-Gründungsmitglied, nur 4,5 Hektar Rebfläche. Aber blitzsaubere Rieslinge, filigran, elegant und angenehmer Trinkigkeit. Und dann ist da natürlich Egon Müller-Scharzhof. Egon Müller ist international der berühmteste deutsche Winzer, Legende schon zu Lebzeiten. Sein Riesling Kabinett und die Auslesen erzielen Höchstpreise, sie sind halt auch einfach toll. Nicht mehr und nicht weniger gibt es dazu zu sagen. Ob der Kabinett nun fünfmal besser schmeckt (weil fünfmal teurer) als der von den Nachbarn an der Saar, ist eine andere Frage. Die Frage ist vielmehr: Bekommt man die Weine überhaupt noch?

Weingut Peter Lauer aus Ayl an der Saar hat noch nicht ganz den großen Namen, das kann sich aber ändern. Die trockenen Rieslinge von den Großen Lagen Feils und Schönfels, dort von über 90 Jahre alten Reben, sind mit ihrer Mineralität echte Charaktere. Aber an Mosel und Saar werden die Winzer halt am Kabinett gemessen. „Kabinett ist die schwierigste Disziplin“, sagt Florian Lauer. Nun, er hat sie bestens gemeistert. Sein Kabinett Ayler Kupp Fass 5 mit satten 58 Gramm Restzucker und toll balancierter Säure ist famos, die Spätlese Ayler Kupp Fass 23 genauso. Mit den Auslesen geht es auf hohem Niveau weiter. Weinkritiker geben Lauers Weinen 95, 97 oder noch mehr Punkte, ich sage mal ganz einfach: Klasse Weine!

Aber auch von der Mosel kommt viel Gutes, natürlich. Die Rieslinge von Clemens Busch verdienen das Prädikat Weltklasse, haben eine tolle Mineralität. Die GG Marienburg, Marienburg Rothepfad und Marienburg Fahrlay haben fast die gleiche Herkunft –und sind doch so verschieden. Fritz Haag hat mit der Juffer Sonnenuhr eine Top-Lage und bringt deren Vorzüge zuverlässig sicher in die Flasche. Ganz individuell die Weine von Heymann-Löwenstein. Sein Uhlen „Blaufüsser Lay“ ist umwerfend und ein tolles Beispiel, wie man Terroir ins Glas bringt. Schaffen auch seine Rieslinge vom Kirchberg, Stolzenberg und Röttgen – stilistisch eine Linie, aber jeder für sich eine eigene Persönlichkeit.

An der Mosel kommt man an Joh. Jos. Prüm nicht vorbei. Die Lagen Graacher Himmelreich oder Wehlener Sonnenuhr sind weltberühmt, die Weine auch, und sie enttäuschen nicht.

Von Nahe bis Pfalz

Riesling ist nicht nur Mosel/Saar, auch von der Nahe kommen schöne, stilistisch jedoch ganz anders. Die von Hermann Dönnhoff haben maximal fünf Gramm Restzucker, extremer Kontrast zu den üppigen Spätlesen und Auslesen von der Mosel. Doch Dönnhoffs Große Gewächse vom Felsberg oder Dellchen machen pure Freude. Mein Favorit ist der Riesling Krötenpfuhl mit seiner markanten Säure. Auch die Rieslinge von Kruger-Rumpf sind zu loben. Ob Dautenpflänzer, Scharlachberg oder Im Pitterberg – alle haben einen schönen Trinkfluss.

Ein Star in der Pfalz ist Philipp Kuhn – auch er kann exzellent Riesling, im Grossen Garten, Schwarzer Herrgott und seinem Paradestück Kirschgarten. Letzterer ist ein kleines Kunstwerk: Schlank, aber extraktreich, schönes Säurespiel, aber voller Harmonie. Toll auch Theo Minges (Hölle, Schäwer), unfiltriert, spontan vergoren, echte Persönlichkeiten. Gilt auch für die Rieslinge von Ökonomierat Rebholz (Lagen Sonnenschein, Ganz Horn und Kastanienbusch), schon lange eine sichere Bank in der Pfalz. Alle haben weniger als ein Gramm Restzucker pro Liter, dafür eine wunderbare Frische, Lebendigkeit und Harmonie.

Kein Geheimtipp mehr: der Osten

Dass auch die Winzer im Osten Riesling können, ist längst kein Geheimnis mehr. Der Riesling Hohe Gräte von Uwe Lützkendorf (Saale-Unstrut) hat schon lange seine Fans. Einen Tick noch besser gelungen finde ich den Riesling Edelacker von Bernard Pawis mit seiner schönen Säure-Harmonie. Viel Spaß macht auch der sehr schöne feinherbe Riesling von der so idyllischen Großen Lage Pillnitzer Königlicher Weinberg von Klaus Zimmerling aus Sachsen, so zart, seidig – das ist schon Kunst.

Bis jetzt ist noch gar nicht von den Rheingauern die Rede. Auch von dort schaffen es nicht wenige Weine in den Riesling-Himmel. Aber nach dutzenden RieslingProben ist mal ein Rotwein fällig. Oder ein Bier. Deshalb – Rheingau ein anderes Mal.

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Sicherer Tipp Mosel
& Leben Stil
André Kempner Eine der besten und idyllischsten Riesling-Lagen Deutschlands: Graacher Himmelreich an der Mosel.
Uwe Köster (4) Pixabay.com

Das Boss-Büro

NEL-Chef Uwe Teichert

Die Möbel in seinem Büro sehen gepflegt aus. Von Modernität ist allerdings wenig zu spüren. Kein Wunder: „Ich habe die Einrichtung 2001 mitgenommen, als wir von der Kurt-Eisner-Straße hierher in den Leipziger Norden gezogen sind“, sagt Uwe Teichert. Der Gesellschafter und Geschäftsführer der Neontechnik Elektroanlagen GmbH – bekannt unter dem Kürzel NEL – legt offenkundig mehr Wert auf Funktionalität denn auf übertriebenes Repräsentieren. Das Büro des 57-Jährigen liegt im Erdgeschoss. Das soll einerseits Bodenständigkeit ausdrücken, zum anderen hat der studierte Wirtschaftswissenschaftler über die Fenster (fast) alles im Blick. Ich schaue auf unsere Glasbläserei und den Hof, sehe also zum Beispiel, wenn Lieferanten kommen“, berichtet er. Seine Tür steht so gut wie immer offen. „Dadurch habe ich auch den Blick auf unseren Kundenempfang.“ Jeder Arbeitstag ist also ein Tag der offenen Tür – zumindest für die 70 Mitarbeiter des Unternehmens. Es steht für LED-, Licht- und Neonwerbung, Architektur- und festliche Beleuchtung, Leit- und Orientierungssysteme im Innen- wie im Außenbereich. Mit dem Mediensystem erhalten Kunden alles Erforderliche für den Einsatz bewegter Bilder oder der digitalen Kommunikation. Die Firma liefert die Hardware, entwickelt aber darüber hinaus die passenden Inhalte. Kurz gesagt: Seit der Gründung 1961 bringen die Leipziger Werbung zum Leuchten.

Auf dem Schreibtisch selbst fällt ein Adress-Rondell auf. „Auf den Visitenkarten mache ich mir manchmal Notizen”, verrät der Geschäftsführer. Natürlich gibt es die Anschriften und Telefonnummern auch digital im Computer. Weiter auf dem Tisch sind eine dicke Terminmappe und eine Unterlage aus Papier. Sie nutzt er, um sich rasch etwas aufzuschreiben, was er nicht vergessen darf, „oder um Berechnungen des Computers zu überprüfen“.

Analog und digital geben sich in Uwe Teicherts Chef-Büro sozusagen die Hand. mi

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Telefa x: 03 41-4 80 0199

E-Mail:

info@autohaus petri.de

Homepage: ww w. autohaus petri.de

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& Leben Stil
Die Schreibtischunterlage nutzt er für Notizen. Eine Collage der Löffel-Familie von Rainer Schade. Kann vom Büro aus auf den Hof blicken. Das Adress-Rondell mag er nicht missen.
Osten
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Glashütter Original gewinnt

Wahl zur Goldenen Unruh

Drei der begehrten Publikumspreise gehen erneut nach Sachsen

Bereits zum fünften Mal in Folge siegte eine Uhr von Glashütte Original bei der renommierten Uhrenwahl zur Goldenen Unruh. Die Senator Cosmopolite belegte mit großem Abstand den ersten Platz in der Kategorie der Uhren bis 25 000 Euro. Ebenso wie bereits 2018 konnte sich Glashütte Original auch in diesem Jahr über zwei weitere Auszeichnungen freuen. In der Kategorie über 25 000 Euro ging der zweite Platz an die Senator Tourbillon –Edition Alfred Helwig. Und in der Kategorie bis 10 000  Euro kam die Senator Excellence Panoramadatum auf den dritten Platz. Die feierliche Preisverleihung fand im Februar in München statt.

Wie in den Jahren zuvor waren zunächst die Leser des Uhren-Magazins und von Watchtime.net aufgerufen gewesen, mit ihren Stimmen die jeweils zehn besten Kandidaten in den fünf Preiskategorien für Präzisionsarbeit ist bei Glashütte Original gefragt.

Historisches

Die Wurzeln der Manufaktur reichen bis ins Jahr 1845 zurück. Ferdinand Adolph Lange gründete im sächsischen Müglitztal das erste Uhrenunternehmen. Durch die versiegenden Silberfunde brach große Arbeitslosigkeit über den Ort herein. Mit einem Darlehen der sächsischen Landesregierung begann Lange in Glashütte, Strohflechter und Bergarbeiter zu Uhrmachern auszubilden, um eine Verbesserung der Lebensverhältnisse herbeizuführen. Es begann die Entwicklung einer prosperierenden Uhrenindustrie. Mit dem Zweiten Weltkrieg wurde die Uhrenproduktion um kriegswichtige Güter wie Zeitzünder erweitert. Nach Kriegsende demontierte die sowjetische Besatzungsmacht sämtliche Fabrikationseinrichtungen. Ab 1945 wurden die Betriebe

der Uhrenindustrie enteignet und verstaatlicht. 1951 fusionierte man nahezu alle bis dahin eigenständigen Betriebe der Uhrenindustrie zu einem Großbetrieb, die bedeutendsten waren die UROFA und UFAG sowie A. Lange & Söhne. Der VEB Glashütter Uhrenbetriebe (GUB) hatte die Aufgabe, die DDR und später auch die Staaten des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) mit Uhren verschiedener Art zu versorgen. Am bekanntesten ist die Produktion von Armbanduhren geworden, die auch in großen Stückzahlen in die Bundesrepublik exportiert wurden. Eine Besonderheit der historischen Produktion in der Stadt Glashütte waren die Marinechronometer, deren Fertigung bis ins 19. Jahrhundert zurückreicht. Die Herstellung und Weiter-

entwicklung dieser mechanischen Schiffschronometer wurde bis 1976 im VEB GUB fortgeführt. Nach der Wiedervereinigung 1990 wurde aus dem VEB Glashütter Uhrenbetriebe die Glashütter Uhrenbetrieb GmbH als Rechtsnachfolger aller früheren Unternehmen der Glashütter Uhrenindustrie. Danach stellte die Firma mechanische Armbanduhren unter dem Markennamen „GUB“ und dem Markennamen „Glashütte Original“ her. Während unter dem Markennamen „GUB“ zugekaufte Schweizer Uhrwerke (ETA) verbaut wurden, kam mit dem Markennamen „Glashütte Original“ gleichzeitig das erste wieder in Deutschland hergestellte mechanische Manufakturkaliber mit der Bezeichnung GUB 10-30 zum Einsatz. Zunächst baute „Glashütte Original“

den Endausscheid zu nominieren. Dieser fand anschließend auf Focus Online statt und kürte die diesjährigen Preisträger.

Insgesamt beteiligten sich mehr als 10 000 Uhrenliebhaber an der Abstimmung.

Mit der Senator Cosmopolite wählten die Teilnehmer in der Kategorie bis 25 000 Euro einen Zeitmesser auf Platz 1, der nach Angaben des Herstellers im Bereich der Weltzeituhren Maßstäbe setzt und durch seine Verbindung von Funktionalität, Innovationskraft und traditioneller Uhrmacherkunst überzeugt.

Ausgestattet mit einem intelligenten Zeitzonenmechanismus ermögliche es die Uhr dem Reisenden, die Zeiten zweier Zeitzonen gleichzeitig anzugeben, wobei jede der aktuell gültigen 35 Zeitzonen ausgewählt werden kann. Die Mechanik erlaube es sogar, auf die Schaffung neuer oder den Wegfall bestehender Zeitzonen zu reagieren. „Bis zu 96 unterschiedliche Zeiten sind so theoretisch möglich“, heißt es in der Mitteilung des Unternehmens.

Optisch präsentiert sich der komplexe Zeitmesser seit 2018 auch in Edelstahl und reduziertem Design. Dunkelblau und Weiß prägen das Gesamtbild, das von schwarzen Details akzentuiert wird. „Die feinen Veredelungen des anspruchsvollen Manufakturwerks, wie der elegante Glashütter Streifenschliff, die handgravierte Unruhbrücke und die gebläuten Schrauben, können durch einen Saphirglasboden bewundert werden.“

einfache Armbanduhren mit der Anzeige von Stunde, Minute, Sekunde und Datum.

Nach 1994 gestalteten die neuen Besitzer Heinz W. Pfeifer und Alfred Wallner die Produktpalette um und steigerten die Gehäusequalität. Zudem entwickelte die Firma neue Uhrwerke: Das Kaliber GUB 12-50 (Handaufzug) und das Kaliber GUB 10-60 (Automatik-Chronograph). Bestehende Uhrwerke wurden weiterentwickelt und neue Werke kamen hinzu, um Komplikationen wie Mondphase, Gangreserveanzeige oder ewigen Kalender in den Uhren anbieten zu können.

Im Jahr 2000 kaufte die Swatch Group AG die Glashütter Uhrenbetrieb GmbH.

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Glashütte Original
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