ENOUGH 02: LOVE

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CHRISTA RIT TER

Rainer Langhans und Jutta Winkelmann in Indien

LESEN SIE DAS 1. KAPITEL DES BUCHES „STYX: DIE REISE BEGINNT“ VON CHRISTA RITTER. DARIN BESCHREIBT SIE EINE DRAMATISCHE INDIEN-REISE MIT DEM HAREM UM RAINER LANGHANS. MEHR ÜBER DIE AUTORIN AUF WWW.ENOUGH-MAGAZIN.DE

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privat

mmer wieder totschlagen! Wie die Furien ackerten wir in unserem Labor der Selbsterfindung, dem Münchner Harem, und vernichteten über die letzten Jahrzehnte alles, was uns vom richtigen Leben abhielt. Nur gefühlt alles: Denn alles muss raus! Motto: Bei uns werden keine Zärtlichkeiten ausgetauscht, sondern Grobheiten. Denn wenn eine Frau aus der Komfortzone ins Himmelreich will, muss auch sie durch die Hölle gehen. Vorwärts sterben lernen der Liebe wegen. Oder so.

Ein Rolls neben dem leprakranken Bettler, ein Fünfsternehotel, daneben Hüttenruinen, bedeckt von zerfetzten Lumpen. Alles schillert doppeldeutig: Das Luxushotel erscheint wie ein hässliches Versprechen, die Hütte als erleuchtete Bescheidenheit. Neonbeleuchtetes Takeaway-Sweet-Dreams-Lokal neben einem uralten, zerbeulten Alutrog auf einem dreibeinigen Stuhl schwankend, in dem Chai für die Nachbarschaft (nur Männer!) stundenlang geköchelt wird. Jutta: „Mit uns finde ich es schon jetzt verdammt schwierig. Immer bin ich der Trottel, der vorgeführt werden soll. Diese ständige Konkurrenz unter uns: Ich sitze gestern mit meinem kaputten Rücken im Taxi eingequetscht oder kann hinter allen nur mühsam hertrotten. Niemand hilft mir.“

Juttas Krebs ist zurück. Diesmal nicht wie vor zehn Jahren als Brust-, sondern als fortgeschrittener Knochenkrebs. Warum meine Harems-Sista, warum überhaupt, was will ihr der Krebs sagen? Was bedeutet diese tödliche Zellen-Explosion auch für mich? Plötzlich war Jutta entschlossen: nach Indien reisen, um zurück zum größeren Leben zu finden. Rainer an ihrer Seite, Brigitte und ich als ihre Sterbebegleiterinnen. Neu-Delhi: Der Ameisenhaufen Indien scheint in seinem Widerspruch von Himmel und Hölle die reale Welt im Miniformat ganz direkt und verstörend schonungslos abzubilden. Als Lebensrad der Illusionen aus Hoffnung und Qual: Arm und Reich unmittelbar nebeneinander.

„Weißt du, Rainer, dass du so ein Arschloch bist? Ich will mit dir schon jetzt nichts mehr zu tun haben. Ich will dich auch nicht dauernd anheulen mit so was wie ,lieb mich doch auch‘. Fuck off, scheiße, geh weg, mir ist das so arschegal! Es reicht mir total. Wo wart ihr in all den letzten Jahren mal trans-pa-rent? Ich bin sehr krank und versuche, damit irgendwie zu leben, erwarte aber von euch auch etwas Hilfe. Dass zum Beispiel Rainer mal zu mir kommt und nicht nur mit Brigitte hinten

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