Liechtenstein Gruppe Jahresbericht 2023

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Viel frischer Wind

Jahresbericht 2023
Wer wir sind

Die Liechtenstein Gruppe ist eine Unternehmensgruppe und Investmentplattform im Besitz der Stiftung Fürst Liechtenstein.

Wir sind in den Geschäftsfeldern Agrarwirtschaft & Nahrungsmittel, Forstwirtschaft, Erneuerbare Energien und Immobilien international tätig und beschäftigen derzeit ca. 800 Mitarbeitende.

Wir verwalten eine Anzahl an Unternehmen, die teilweise seit Jahrhunderten in Besitz der Fürstlichen Familie Liechtenstein sind und entwickeln diese weiter. Durch Neuinvestitionen in Unternehmen oder Technologien in den vier Kernbranchen schaffen wir einen Mehrwert und Synergiemöglichkeiten für die Unternehmen und entwickeln gleichzeitig Lösungen, um die jeweilige Branche nachhaltiger zu machen.

Dabei setzen wir auf die langjährige Erfahrung und Expertise, die in den Portfoliounternehmen oft seit Generationen besteht, auf Ergebnisse aus Forschung und Entwicklung in unseren eigenen Unternehmen und in Zusammenarbeit mit externen Institutionen sowie auf die Innovationskraft aus den Neuinvestitionen.

3 LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023

Inhalt

In neuen Bahnen denken

Was CEO Johannes Meran plant

Was Klärschlamm kann

Ein Gespräch mit Jürgen Jelly (L-Recycling) und Günter Grabner (PV-Invest)

Ökologisch korrekt

Avocados

Agrarwirtschaft & Nahrungsmittel 40 Unser Portfolio 42 Ökologisch korrekte Avocados: Neuinvestition Valle del Guadiana 44 Wie RiceTec den Reisanbau klimaschonender macht 46 Pionierleistungen am Gutsbetrieb Wilfersdorf und im Bio-Gutsbetrieb Liechtenstein 50 Reben pflegen, Weine keltern: Wohin die Hofkellerei des Fürsten von Liechtenstein will 54 Kurz gemeldet … 56 ERNEUERBARE ENERGIEN AGRARWIRTSCHAFT & NAHRUNGSMITTEL Vorwort 7 Nachruf auf Constantin Liechtenstein 8 In neuen Bahnen denken: Was CEO Johannes Meran plant 14
14 30 44 Schwerpunkt Erneuerbare Energien 20 Unser Portfolio 22 Ab in die Sonne: Neuinvestition Glide Energy 24 Die Hürden nehmen: Die Herausforderungen für die Energiewende 26 Was Klärschlamm kann: Ein Gespräch mit Jürgen Jelly (L-Recycling) und Günter Grabner (PV-Invest) 30 Wie TESVOLT das Speichern von Energie möglich macht 36 Kurz gemeldet … 38 4 LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023
Guadiana
von Valle del
Forstwirtschaft 58 Unser Portfolio 60 Der smarte Wald: Wie Oliver Hilpold (LIECO) und Andreas Igel (FMM) neue Tools in die Forstwirtschaft bringen 62 Green Deal im Wald – Ein Balanceakt 68 Der Naturpark Sparbach: Engagement für Mensch & Natur 70 Immobilien 72 Unser Portfolio 74 Abenteuer Restaurierung: Rückblicke & Einblicke in das Stadtpalais in der Bankgasse 76 Kurz gemeldet … 84 FORSTWIRTSCHAFT IMMOBILIEN Aufbruch: ESG in der Liechtenstein Gruppe 86 Auf die Menschen kommt es an: Was Michaela Fischer mit Personalmanagement meint 88 Neu im Team 90 Veranstaltungen 94 Impressum 98 62 76 5 LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023 Der smarte Wald Wie Oliver Hilpold (LIECO) und Andreas Igel (FMM) neue Tools in die Forstwirtschaft bringen Abenteuer Restaurierung Rückblicke & Einblicke in das Stadtpalais in der Bankgasse

Unsere Vision

Wir streben nach einer ressourcenschonenden Produktion von hochwertigen Nahrungsmitteln, aktiv bewirtschafteten, klimafitten und artenreichen Wäldern, der Produktion von sauberer Energie und nachhaltigem Immobilienmanagement.

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Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter!

Sie halten den vierten Jahresbericht der Liechtenstein Gruppe in Händen und wir freuen uns, dass Sie sich für unsere Aktivitäten des vergangenen Jahres interessieren. Diese Publikation soll Einblicke in unsere geschäftliche Ausrichtung und unsere Projekte bieten, genau deshalb wurde sie seinerzeit ins Leben gerufen.

2020 fasste der Stiftungsrat unter der Führung von Prinz Constantin von und zu Liechtenstein als CEO den Entschluss, die Betriebe der Stiftung Fürst Liechtenstein in einer modernen Unternehmensgruppe neu zu organisieren. Mit seinem Know-how, viel Elan und Weitsicht trieb Prinz Constantin seine Vision voran – und zwar jene, ein traditionsreiches Erbe ins 21. Jahrhundert zu überführen. Es war sein Talent, die dafür notwendigen Change-Prozesse zu definieren, einzuleiten und in der für ihn typischen bestimmten und bescheidenen Art umzusetzen.

Umso erschütternder war für uns alle sein plötzlicher und unerwarteter Tod im Dezember. Viele von uns kannten ihn seit Jahrzehnten und waren mit ihm als Vorgesetzten, Kollegen, Sparringspartner und Freund eng verbunden. Im Grunde genommen können wir es immer noch nicht fassen. Wer ihn kannte, weiß: Er kommunizierte mit allen auf Augenhöhe, hatte stets ein offenes Ohr für die Anliegen anderer und war immer verantwortungsvoll bemüht, die beste Lösung zu finden. Er fehlt uns jeden Tag aufs Neue.

Insofern ist es sein Vermächtnis, dass wir in seinem Sinne den von ihm begonnenen Weg fortsetzen. So betrachtet können wir uns also auch über die Erfolge der Liechtenstein Gruppe im Jahr 2023 freuen und stolz auf ein geschäftlich gutes Jahr zurückblicken.

Langfristiges Denken – das ist die gemeinsame Klammer für all unsere Aktivitäten. Wer tatsächlich langfristig denkt, erkennt, dass – wenn auch finanzieller Profit die notwendige Basis ist – nur verantwortungsvolles Wirtschaften mit Rücksicht auf die Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft ein Unternehmen nachhaltig erfolgreich macht.

Unser Weg besteht darin, durch den Einsatz neuer Technologien Herausforderungen in unseren Geschäftsbereichen besser zu bewältigen. Das tun wir in unseren Wäldern, auf unserem Grund und Boden und in allen unseren Investitionen. Ein Schwerpunkt dieses Jahresberichtes liegt auf erneuerbaren Energien. In der Energiewende sehen wir ein großes Potenzial für unsere Gruppe und in Zeiten der Klimakrise müssen wir in neuen Bahnen denken. Das ist eine Herausforderung, der wir uns stellen – und das rund um den Globus.

An dieser Stelle möchte ich all jenen danken, die diesen Weg so erfolgreich mit uns gehen. Es sind 800 Menschen auf fünf Kontinenten, die sich Tag für Tag für die Liechtenstein Gruppe einsetzen, Schwierigkeiten meistern und damit zu unserem langfristigen Erfolg beitragen.

Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim Lesen.

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LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023
VORWORT
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1972 – 5.
2023 IN MEMORIAM LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023
Constantin Liechtenstein 15. MÄRZ
DEZEMBER

Tino’s legacy is marked by an unwavering sense of duty, loyalty and trust. But it will be his wit and kind sense of humor we will forever cherish in our hearts.

Nachhaltigkeit und Innovationen in den Betrieben sowie eine hohe Empathie für die Anliegen der Mitarbeitenden waren für Prinz Constantin nicht bloße Schlagwörter, sondern tief empfundene Herzensanliegen. Besonders geschätzt habe ich auch sein fröhliches Wesen. Die Eröffnung unserer ersten beiden Windräder, sowie ein gemeinsames Jagderlebnis in England sind zwei der Highlights unserer schönen gemeinsamen Zeit.

Wilfersdorf

Ich habe die Authentizität von Prinz Constantin und seine Leidenschaft, mit der er die Betriebe immer weiterentwickelt hat, bewundert. Auch seine humorvolle Art, die unsere Treffen immer aufgelockert hat, wird fehlen.

Ich erinnere mich sehr gerne an die immer angenehme Atmosphäre der Gespräche mit Prinz Constantin, damals noch in seinem Büro im Alserbachpalais, wo wir unter anderem gemeinsam die heutige Marke „Palais Liechtenstein“ aus der Taufe gehoben haben.

I have many fond memories in my mind of Constantin’s visits to RiceTec’s R&D sites and his commitment to understanding how we, the scientists, breed hybrid rice. We will miss his kindness and sense of humor, as well as his encouragement and guidance, supporting us on the path of success.

DR. JOSÉ RÉ, former RiceTec’s Global Head of Research and Development

Er war ein Mann der Zahlen, aber er liebte auch Sport, besonders Fußball und Tennis. Und er war begeisterter Schlagzeuger. Für Rolling Stones-Karten musste ich alle Hebel in Bewegung setzen. Tino war ein besonders feiner, emphatischer Mensch. Ich vermisse ihn jeden Tag.

REGINE STORNIK, Assistant to the CEO

Prince Constantin will be remembered for his great attachment to people, his humility, kindness and vision.

Mir wird immer die wertschätzende und angenehme Zusammenarbeit mit Prinz Constantin in Erinnerung bleiben. Sein Interesse an den Betriebsabläufen und seine typische Frage in Budgetsitzungen: „Ist das nun ein Must-have oder ein Nice-to-have“ hat ihn für mich zu einem wertvollen Gegenüber bei betrieblichen Überlegungen gemacht.

Er war mit der Gegend um Kalwang seit seiner Kindheit sehr stark verbunden. Ein paar Tage im Sommer waren unser Fixpunkt, in der Natur konnte er wirklich abschalten, das konnte ich sehen. Dabei hatte er immer ein offenes Ohr, wir haben uns stets auf Augenhöhe unterhalten. Prinz Tino wird mir fehlen.

Ich durfte Tino vor rund 5 Jahren als erster Mitarbeiter beim Aufbau der Liechtenstein Gruppe unterstützen und mit ihm intensiv an den ersten Transaktionen arbeiten. Immer wieder haben wir nach einem langen Arbeitstag ein Glas Wein getrunken, geplaudert und viel gelacht. Wir haben es Tino zu verdanken, dass es die Liechtenstein Invest mit ihrem hoch motivierten, jungen Team heute in dieser Form gibt.

STEPHAN LANGER, Investment Director Liechtenstein Invest

Tino was a pleasure to work with, a talented business leader and a fine person. He is greatly missed.

I valued Constantin’s unique blend of fairness, passion, and inspiration across cultures. This is evidenced by both his redoing of South America and introducing RiceTec to India and his addition of several new companies to the Liechtenstein Group´s strong portfolio of businesses.

Österreichisches Erbe, Präsenz in der Welt

UNTERNEHMEN DER LIECHTENSTEIN GRUPPE BETEILIGUNGEN

→ RICETEC

→ US SENIOR LIVING HOUSTON, USA

→ HUNTER REAL ESTATE

→ ELV ASSOCIATES BOSTON, USA

→ RICETEC BRASILIEN

→ PARELMO URUGUAY

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LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023

→ LÜRSSEN (LIECO)

→ TREEVA (LIECO)

→ TESVOLT DEUTSCHLAND

→ RH Ô NE IMMOBILIEN SCHWEIZ

→ GLIDE ENERGY

→ GREEN UNIVERSE AGROGROUP

→ VALLE DEL GUADIANA SPANIEN

→ AGRITASK

→ N-DRIP ISRAEL

→ RICETEC INDIEN

→ HOFKELLEREI

→ RESTAURANT TORKEL VADUZ, LIECHTENSTEIN

→ FMM (LIECO) SALZBURG

→ GUTS- & FORSTBETRIEB

→ BIO-GUTSBETRIEB

→ ERNEUERBARE ENERGIEN WINDKRAFT

→ HOFKELLEREI WILFERSDORF, NIEDERÖSTERREICH

→ LIECHTENSTEIN GRUPPE AG

→ LIECHTENSTEIN INVEST GMBH

→ IMMOBILIEN WIEN

→ L-RECYCLING WIEN

→ FORST KALWANG

→ ERNEUERBARE ENERGIEN WASSERKRAFT

→ LIECO

KALWANG, STEIERMARK

→ PV-INVEST KLAGENFURT, KÄRNTEN

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LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023

Unser Portfolio an Unternehmen

und Beteiligungen

12 • GA U A C ATES • V A LLE D E L G AIDAU N A WINDKRAFT WASSERKRAFT
DIE LIECHTENSTEIN GRUPPE LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023 ERNEUERBARE ENERGIEN AGRARWIRTSCHAFT & NAHRUNGSMITTEL
US SENIOR LIVING RH Ô NE IMMOBILIEN 13 LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023
FORSTWIRTSCHAFT IMMOBILIEN

In neuen Bahnen denken

Es war ein bewegtes Jahr für die Liechtenstein Gruppe. CEO Johannes Meran gibt Einblicke in die allgemeine Investmentstrategie und die geschäftlichen Erfolge, lässt aber auch die traurigen Momente Revue passieren.

Das Interview führte Karin Pollack.

Im Stadtpalais Liechtenstein in der Wiener Innenstadt ist an einem Mittwoch viel los. Eben lädt ein Lastwagen große Holzrahmen aus, dabei weist der Portier die Lieferanten an und weicht einem Auto aus, das gerade rücklings einparken will. Wer zu Johannes Meran will, geht nicht über die Prunktreppe im Palais, sondern kommt über einen kleinen, unscheinbaren Eingang ins Gebäude. Die Büros der Liechtenstein Gruppe sind im dritten Stock, alles hier ist schlicht, sachlich und hell erleuchtet.

Erste Frage, gleich direkt: Wie sind die Geschäfte 2023 gelaufen?

JOHANNES MERAN : Im Allgemeinen sehr gut. Wir sind ja in sehr vielen unterschiedlichen Bereichen aktiv und das rund um den Globus. Insofern gibt es überall etwas andere Herausforderungen. Konkret investieren wir in Landwirtschaft, Forstwirtschaft, erneuerbare Energien und Immobilien. Hier verwalten wir einerseits Unternehmen, die seit vielen Jahrzehnten, wenn nicht sogar seit Jahrhunderten in Besitz der Familie Liechtenstein sind, investieren aber auch sehr stark in diese Bereiche. Geschäftlich betrachtet freue ich mich, sagen zu können, dass wir auf ein gutes Jahr zurückblicken.

LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023
INTERVIEW
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Wo werden neue Akzente gesetzt?

Wir sind eine sehr global ausgerichtete Gruppe und investieren rund um den Globus in Unternehmen, die zu unserem Portfolio passen. Sind wir investiert, dann unterstützen wir in der Folge auch aktiv im Management oder in der Weiterentwicklung der Unternehmen. Unser Fokus liegt dabei sehr klar auf Innovationen. Zudem ist auch Nachhaltigkeit ein zentrales Thema für uns. Wir denken langfristig und – im Sinne der Familie Liechtenstein – über Generationen hinweg. Es ergibt sich aus der Natur der Sache, könnte man sagen. Schließlich geht es uns darum, die Branchen, in denen wir aktiv sind, zukunftsfähig zu machen.

Wie sehr macht Ihnen der Klimawandel zu schaffen?

Der Klimawandel ist für alle eine große Herausforderung, aber unsere Geschäftsbereiche sind ganz besonders betroffen, konkret die Land- und Forstwirtschaft. Hier ist die Erderwärmung kein abstrakter Begriff, sondern ein zunehmend größer werdendes Problem. In unseren Geschäftsbereichen wird allerdings seit jeher in sehr langen Zeitspannen gedacht. Wer einen Baum setzt, kann ihn erst Jahrzehnte später ernten. Diese Langfristigkeit setzen wir fort, müssen aber unsere Praktiken anpassen. Das bedeutet Innovation. Wir müssen in neuen Bahnen denken.

Bedeutet es den Einsatz von Hightech-Methoden?

Kann sein, muss aber nicht sein. Nicht selten geht es für uns auch nur darum, die Praktiken in Land- und Forstwirtschaft zu verändern. Das kann bedeuten, dass wir Dinge unterlassen, die seit Jahrzehnten etabliert sind.

Können Sie ein Beispiel dafür geben?

„No till“, also Direktsaat ohne Bodenbearbeitung, ist ein Trend in der Landwirtschaft. Der Verzicht auf starke Bodenbearbeitung vermeidet Erosion, der Humusgehalt erhöht sich und so letztendlich auch die Bodenfruchtbarkeit. Damit verbunden

sind auch Umdenkprozesse. Das sehen wir besonders im Bereich des Reisanbaus, weil wir dort tatsächlich Dinge revolutionieren – mit Ideen, davon sind wir überzeugt, die in den kommenden Jahren Früchte tragen werden. Welche Aktivitäten im Bereich des Reisanbaus meinen Sie?

Ich meine konkret unser Reissaatgutunternehmen RiceTec. Wir haben Hybridreissaatgut entwickelt, das wesentlich einfacher anzubauen ist als auf herkömmlichem Wege. Viele von uns haben beim Reisanbau die mit Wasser überfluteten Reisfelder vor Augen. Der Reis keimt in einem ersten Schritt im Wasser. Ist das passiert, wird er umgepflanzt, dann aber wieder unter Wasser gesetzt, um damit den Unkrautdruck zu kontrollieren.

Und was kann RiceTec?

Das Saatgut kann direkt ausgesät werden, muss also nicht verpflanzt werden. Zusätzlich haben es unsere Wissenschaftler und Forscherinnen durch klassische Züchtungsverfahren geschafft, eine Herbizidtoleranz in den Reis hineinzuzüchten. RiceTec hat eine integrierte Anbaulösung für „directly seeded & herbicide-tolerant rice“ entwickelt. Reis ist eines der wichtigsten Nahrungsmittel der Welt. Wir sind überzeugt, dass direkt gesäter, herbizidtoleranter Reis in Zeiten des Klimawandels eine Schlüsselrolle in der Ernährung der Weltbevölkerung spielen wird.

Warum?

Im herkömmlichen Reisanbau mit überfluteten Felden entsteht sehr viel Methan, eines der stärksten Treibhausgase der Welt. Durch das von uns entwickelte Saatgut kann also nicht nur viel Wasser gespart werden, es trägt auch zur Reduktion des Methanausstoßes und damit zur Minimierung der Erderwärmung bei. Da fallen sehr viele Dinge zusammen, die uns als Liechtenstein Gruppe wichtig sind.

Wo wird das bereits gemacht?

Wir sind mit diesen Produkten seit einigen Jahren sehr erfolgreich am Markt in Nord-

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amerika, dort werden hundertausende Hektar bereits mit dieser Technologie bepflanzt. Jetzt haben wir gerade auch für unsere indische RiceTec-Niederlassung die Zulassung für diese Produkte bekommen und sind der Meinung, dass wir damit ein sehr relevantes Produkt auf den indischen Markt bringen. Wir haben dort entsprechende Strukturen aufgebaut, haben lokale Manager vor Ort, denen wir vertrauen. Denn wir wissen auch, dass ein Wandel hin zu neuen Anbaumethoden nur mit lokalen Leuten möglich ist. Sie treiben Veränderungen voran. Zusätzlich haben wir auch das Managementteam in der RiceTec erweitert und erwarten uns zusätzlichen Aufschwung.

Für alle, die es nicht wissen:

Wo ist die Liechtenstein Gruppe noch aktiv?

Unser Headquarter mit dem Investmentteam ist in Wien. Wir sind auf vier Kontinenten tätig, natürlich auch in Europa. Dort sind wir, abgesehen von unserem österreichischen Ursprung, zum Beispiel derzeit in Spanien sehr aktiv, haben dort in eine Avocado-Farm und in das Biotechnologieunternehmen Green Universe Agriculture investiert. Wir sind aber auch in Israel investiert, in das Bewässerungsunternehmen N-Drip. In Deutschland haben wir eine erfolgreiche Partnerschaft mit TESVOLT, einem Batteriespeicher-Erzeuger. Nur um ein paar Beispiele zu nennen ...

Welchen Fokus haben Sie bei Neuinvestitionen generell?

Typischerweise suchen wir Unternehmen, die bereits mit einem Produkt erfolgreich am Markt präsent sind, aber eine Finanzierung brauchen, um weiter wachsen zu können. Erfahrungsgemäß sind es meist junge Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als fünf Millionen Euro. Optimalerweise können wir Synergien zwischen unseren Portfoliounternehmen nützen. Ein Beispiel ist N-Drip, dessen Tröpfchenbewässerungslösung auch im Reisanbau nutzbar wäre und wo wir durch ein Joint Venture mit RiceTec die N-Drip-Technologie für Reis anpassen.

Sprechen wir über die bestehenden Geschäftsbereiche: Was hat die Liechtenstein Gruppe im Bereich der Landwirtschaft 2023 gemacht?

Abgesehen von unseren erfolgreichen landwirtschaftlichen Betrieben in Österreich und in Uruguay, haben wir einige interessante Projekte initiiert. Zum einen haben wir in Wilfersdorf ein Konzept für ein Mustergut entwickelt, um neue Technologien und Anbaumethoden zu testen. Wir lassen dieses Projekt wissenschaftlich begleiten und publizieren, um so auch einen Mehrwert für die Allgemeinheit zu schaffen. Andererseits setzen wir auf Klärschlamm-Recycling, um Biokohle als Dünger für die Landwirtschaft zu produzieren.

17 LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023 17 LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023
Reisanbau ohne Flutung der Felder

Das Interessante daran aus geschäftlicher Sicht ist die Tatsache, dass hier einige unserer Geschäftsbereiche zusammenfallen.

Was meinen Sie genau?

Die EU hat eine neue Richtlinie für Klärschlamm erlassen. Landwirte dürfen ihn nicht mehr auf ihren Feldern ausbringen, obwohl dieser Schlamm auch Phosphor enthält, der für das Pflanzenwachstum essenziell ist. Daher geht es darum, den wertvollen Rohstoff Phosphor aus dem Klärschlamm zu extrahieren. Das geht mit einem Pyrolyse-Verfahren, das von unserem Unternehmen L-Recycling durchgeführt wird. Die Energie dafür würde aus Photovoltaik kommen. Wir sind gerade dabei, die vielen bürokratischen Hürden in diesem Projekt zu meistern.

Welche Akzente setzt die Liechtenstein Gruppe in der Forstwirtschaft?

Da sind wir eindeutig auf Expansionskurs. Aufforstung ist das Riesenthema. Unser Unternehmen LIECO produziert fast 30 Millionen Forstsetzlinge pro Jahr, bietet aber auch diverse Dienstleistungen in der Wertschöpfungskette der Forstwirtschaft an. In den vergangenen Jahren haben wir eine digitale Plattform aufgebaut. In diesem Bereich gibt es wirklich vielversprechende Tools, um Forstwirte zu unterstützen.

Welche Projekte gibt es im Bereich der erneuerbaren Energien?

Dort investieren wir einerseits in Hard Assets, aber auch in Technologie und Dienstleistung rundherum. Konkret sind es Photovoltaik-Anlagen oder Windräder. Für die erfolgreiche Energiewende werden aber Stromspeicher eine entscheidende Rolle spielen. Hier sind wir mit dem Wittenberger Unternehmen TESVOLT am Start. Sie spielen eine Schlüsselrolle in der Energiewende.

Das sind Forderungen, die die EU im Rahmen des Green Deals umzusetzen versucht. Was halten Sie davon?

Wir sehen den Green Deal im Prinzip positiv, weil er in unseren Geschäftsfeldern derzeit eine sehr positive Dynamik anstößt, unsere Aktivitäten fördert und hoffentlich neue Investitionsmöglichkeiten bringt. Das Nebengeräusch ist der extrem hohe Reporting-Aufwand, der auch uns als Unternehmen derzeit sehr stark fordert. Es ist gut, dass die Regelungen mehr Transparenz bringen, aber im ersten Schritt ist es ein ungeheurer Aufwand.

Was sollte aus Ihrer Sicht in den nächsten fünf bis zehn Jahren in Sachen Nachhaltigkeit passieren?

Zum einen wäre es schön, wenn die Politik die richtigen Incentives setzen würde, also weniger

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Forstwirtschaft im 21. Jahrhundert – der Computer als Werkzeug

mit Verboten als mehr mit Anreizsystemen arbeiten würde. Die Amerikaner machen das meiner Meinung nach eindeutig besser.

Wie meinen Sie das?

In einigen europäischen Ländern sind vor kurzem Förderungen für erneuerbare Energien weggefallen. Durch höhere Zinsen, höhere erforderliche Investitionen und Lieferkettenprobleme ist der Sektor massiven Schwankungen unterworfen, was zu Verzögerungen beim Ausbau führt. Diese Verzögerungen können wir uns nicht leisten! Es muss angesichts des Klimawandels mehr getan werden, um Stabilität in den Ausbau und in die Ausbaugeschwindigkeit zu bringen. Ich würde mir von den Regierungen wünschen, dass sie stabile Anreizsysteme schaffen und Genehmigungsprozesse erleichtern, denn nur dann können wir als Investoren aktiver werden. Als Liechtenstein Gruppe wollen wir in unseren vier Geschäftsbereichen einen aktiven Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten, aber wir brauchen das regulatorische Umfeld und stabile Rahmenbedingungen, in denen wir agieren und attraktive Renditen erzielen können.

Wir haben noch nicht über den vierten Geschäftsbereich gesprochen. Wie läuft es bei den Immobilien?

Sie standen im Vergleich zu den anderen Geschäftsbereichen zwischen 2020 und 2023 weniger stark im Fokus. Die Immobilienmärkte waren auf einem Höchststand, die Investitionen erschienen uns wenig attraktiv. Wir haben uns in den USA in einigen Projekten der Immobilienentwicklung engagiert, glauben aber, dass sich das Blatt auch in Europa wieder wenden wird. Auch hier wird es wieder interessante Möglichkeiten geben.

Wie geht es auf personeller Ebene nach dem Tod von Prinz Constantin weiter?

Der Tod von Prinz Constantin war ein großer Schock für uns alle. Es hat uns als Gruppe, als

Mitarbeitende, als Kollegen und als Freunde schwer getroffen, und klar, das hat auf vielen Ebenen Konsequenzen. Wichtig war, dass die Kontinuität der Familie Liechtenstein weiter gewährleistet ist. Und da bin ich sehr froh, dass Prinzessin Tatjana in den Aufsichtsrat der Liechtenstein Gruppe berufen wurde. Sie wird die Werte der Familie in unseren Gremien vertreten und ihre Expertise einbringen. Unabhängig vom Tod von Prinz Constantin haben wir im zweiten Halbjahr 2023 noch gemeinsam mit ihm weitere wichtige personelle Entscheidungen getroffen, die uns für die Zukunft stärken werden. Daher bin ich froh, dass der Investment-Experte Jonathan Feuer und die Biotech-Expertin Kay Kuenker neu mit an Bord sind. Auch wird ab April 2024 Tony Morgan das Investmentteam als Chief Investment Officer verstärken.

Wie wird es weiter gehen?

Wir sind an einer Reihe von neuen und interessanten Unternehmen dran und auch die Liechtenstein Gruppe selbst hat spannende, organisatorische Wachstumspläne. Ich denke, wir sind als Team und als Gruppe sehr gut für das neue Jahr gerüstet und können mit ganzer Kraft unsere Projekte vorantreiben. Genug zu tun gibt es. Und an Ideen fehlt es uns auch nicht. ■

PODCAST

Das gesamte Interview können Sie auch als Podcast auf unserer Website anhören.

19 LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023 19 LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023
Umstieg von fossiler auf erneuerbare Energie

800

MWP LEISTUNG IN ENTWICKLUNG

111

MWP INSTALLIERTE LEISTUNG*

176

GWH STROMPRODUKTION

*PV-, Wind- und Wasserkraftwerke auf Liechtenstein-Flächen oder im Eigenbetrieb, sowie PV-Invest-Kraftwerke

Erneuerbare Energien

WAS WAR: Neuinvestition Joint Venture Glide Energy

WAS IST: Herausforderungen beim Ausbau erneuerbarer Energien in Europa

WAS KOMMT: Klärschlamm-Recycling zur Phosphorgewinnung

Bis 2034 wird ein Anstieg des weltweiten Energiebedarfs um 37 % erwartet, derzeit werden noch 85 % durch fossile Energieträger gedeckt. Energie muss heute und morgen umwelt- und klimafreundlich erzeugt werden.

Im Bereich „Erneuerbare Energien“ sind dies insbesondere Windkraft, Wasserkraft und Solarenergie. Dort verfügen wir über eine langjährige Projektentwicklungs- und Investitionserfahrung.

ERNEUERBARE ENERGIEN

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SCHWERPUNKT
Unser Portfolio

TESVOLT ist einer der weltweiten Technologieführer für Energiespeicherung und produziert stationäre Energiespeichersysteme für Gewerbe, Industrie, Ladesäuleninfrastruktur und den maritimen Bereich.

Mitarbeitende: 270

Märkte: Europa, Afrika, Australien, Lateinamerika www.tesvolt.com

PV-Invest errichtet Photovoltaikkraftwerke in Europa.

Mitarbeitende: 42

Märkte: Österreich, Italien, Slowenien, Griechenland, Deutschland, Frankreich, Ungarn u.a.

www.pv-invest.com

WINDKRAFT

Österreich

19 Windräder auf eigenen Flächen, davon 2 Windräder im Eigenbetrieb

Installierte Leistung Eigenbetrieb: 8,4 MW

L-Recycling baut und betreibt KlärschlammRecyclinganlagen zur Rückgewinnung von Phosphor in Form von Biokohle.

Mitarbeitende: 7

Markt: Europa

www.l-recycling.com

WASSERKRAFT

Österreich

7 Kleinwasserkraftwerke auf eigenen Flächen

Installierte Leistung: 4,3 MW

Spanien

Joint Venture mit Glide Energy zur Entwicklung von Photovoltaik- und Batteriespeicher-Projekten >150 MWp

www.glide-energy.com

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NEUINVESTMENT

Ab in die Sonne

Die Liechtenstein Gruppe investiert in den spanischen Solar-PV-Entwickler Glide Energy – geplant sind 150 MWp-Photovoltaik-Projekte.

Seit Generationen investiert die Liechtenstein Gruppe in nachhaltige und innovative Geschäftsmodelle und trägt durch ihre unternehmerischen Aktivitäten dazu bei, weltweite Herausforderungen wie die Energiewende zu bewältigen. Anfang 2023 hat die Liechtenstein Gruppe nun eine Joint-Venture-Vereinbarung mit dem spanischen Solar-PVEntwickler Glide Energy getroffen, mit dem Ziel, mehrere Photovoltaikund Batteriespeicherprojekte in Spanien mit insgesamt mindestens 150 MWp zu entwickeln. Für die Liechtenstein Gruppe ist diese Investition ein weiterer Beitrag zur Energiewende und ein weiterer Schritt zur Schaffung eines diversifizierten Portfolios erneuerbarer Energieprojekte.

Einige wichtige Fakten zum allgemeinen Verständnis: Laut „World Energy Outlook 2023“ der International Energy Agency soll die globale Energienachfrage bis 2050 weiter ansteigen. Während der Anteil von Kohle, Erdöl und Erdgas an der weltweiten Energieversorgung derzeit noch bei 80 Prozent liegt, soll dieser laut IEA bis 2030 auf 73 Prozent sinken. Im Bereich der erneuerbaren Energien konzentriert sich die Liechtenstein Gruppe auf Windenergie, Wasserkraft und Photovoltaik – Bereiche, in denen wir viele Jahre Investmenterfahrung haben und in denen wir nun ein starkes, diversifiziertes Projektportfolio aufbauen.

IN DIE SONNE

Warum Spanien? Das südeuropäische Land verfügt über eine der größten Solarressourcen in Europa – mit bis zu 2.000 MWh/MWp, das ist vergleichbar mit Süditalien und Griechenland. Abgesehen davon verfügt Spanien auch über eine angemessene Elektrizitätsinfrastruktur, die sich im Zuge des Ausbaus an erneuerbaren Energien laufend verbes-

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GLIDE ENERGY
SPANIENS AUSBAUPLAN FÜR WIND- UND SOLARENERGIE* * Plan Nacional Integrado de Energía y Clima (PNIEC) 2020 Wind Solar 2025 2030 27 GWp 12 GWp 42 GWp 62 GWp durchschnittliches Wachstum 13 % p.a. 57 GWp 76 GWp SCHWERPUNKT ERNEUERBARE ENERGIEN

Die Sonnenstunden Spaniens in Strom verwandeln

sert. Derzeit machen Photovoltaikanlagen etwa zehn Prozent der installierten Kapazität in Spanien aus, und es wird erwartet, dass dieser Anteil bis 2030 auf ungefähr 24 Prozent ansteigt. Das Joint Venture mit Gilde Energy wird Teil dieser massiven Expansion sein und somit die grüne Energiewende erfolgreich vorantreiben.

Allerdings: Effiziente und qualitativ hochwertige Entwicklung von erneuerbaren Energieprojekten erfordert starke lokale Experten, die mit dem Entwicklungsprozess und der regulatorischen Umgebung vertraut sind. Mit den beiden Gründungspartnern von Glide Energy, Marcos Sebares und Raquel Gadea, und ihrem Team haben wir erfahrene Partner für die Umsetzung solcher Projekte gefunden.

MIT ENERGIE

Gegründet im Jahr 2018, konzentriert sich Glide Energy auf die Entwicklung von Solar- und Windprojekten auf GreenfieldStandorten in Spanien und übernimmt alle Entwicklungsschritte bis zur Baureife. Die beiden Gründungspartner haben 40 Jahre Branchenerfahrung, zunächst bei der Banco Santander, wo sie die Investmentabteilung für erneuerbare Energien aufbauten, und anschließend bei Cubico Sustainable Investments, mit einem Gesamttransaktionswert von 3,8 Milliarden Dollar und einer installierten Kapazität von >3 GWp in erneuerbaren Energieprojekten.

Diese Investition steht vollkommen im Einklang mit unserer Anlagestrategie. Das Potenzial des spanischen Marktes ist vielversprechend und wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Glide Energy in den kommenden Jahren.

HEISSE SACHE

Warum Spanien ideale Voraussetzungen für Photovoltaik bietet

• Einer der stärksten SolarenergieRessourcen in Europa mit bis zu 2.000 MWh/MWp

• Niedrig besiedeltes Land mit großen Mengen an günstigem und zugänglichem Land

• Ausreichende Strominfrastruktur, die mit der Entwicklung erneuerbarer Energien verbessert wird und zukünftige Entwicklungen ermöglicht

• Hoher Grad an industrieller Entwicklung und Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte

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Herausforderung Energiewende

SCHWERPUNKT ERNEUERBARE ENERGIEN

Alle sprechen von Energiewende, die Liechtenstein Gruppe arbeitet daran. Die geografischen, bürokratischen und netztechnischen Voraussetzungen in der EU sind von Land zu Land unterschiedlich – und gerade das sind die Herausforderungen, die überall gelingen können.

Europa befindet sich in einer entscheidenden Phase der Energiewende. Die Europäische Union will bis 2050 klimaneutral werden. Das bedeutet einen signifikanten Ausbau von erneuerbaren Energien in der Stromerzeugung. Schlüsseltechnologien wie Solarenergie und Windkraft stehen im Mittelpunkt dieser Bemühungen. Sie sind auch ein Beitrag zur Diversifizierung der Energiequellen und zur Stärkung der Energieunabhängigkeit Europas.

Trotz des klaren Konsenses über die Bedeutung erneuerbarer Energien stehen die einzelnen Länder Europas vor unterschiedlichen Herausforderungen. Diese reichen von geografischen und klimatischen Bedingungen bis hin zu regulatorischen und infrastrukturellen Gegebenheiten. Die Liechtenstein Gruppe ist im Bereich der erneuerbaren Energien in mehreren europäischen Ländern aktiv. Die effektive Umsetzung von PV- und Windkraft-Projekten erfordert eine tiefgehende Kenntnis und Anpassung an die vielfältigen Rahmenbedingungen.

Für Günter Grabner, Managing Partner der PV-Invest, braucht es für die Umsetzung von PV-Projekten in ganz Europa immer die gleichen drei Voraussetzungen:

• Ein geeignetes Grundstück, das nicht verschattet ist und den beiden nachfolgenden Kriterien entspricht

• Widmung und behördliche Genehmigungen: Je nach Land und Größe des PV-Kraftwerkes bedarf es unterschiedlicher und unterschiedlich vieler Genehmigungen

• Einen Anschluss an das öffentliche Stromnetz

Die PV-Invest ist neben Österreich vor allem in Italien, Slowenien, Griechenland, Deutschland, Frankreich sowie in Ungarn tätig. „Die Herausforderungen sind von Land zu Land unterschiedlich“, sagt Günter Grabner. So ist es etwa in Griechenland für kleinere PV-Kraftwerke mit einigen wenigen MWp nicht schwierig, geeignete Grundstücke zu finden, da diese anders als etwa in Österreich landwirtschaftlich meist weniger wertvoll sind und auch die Bevölkerungsdichte weniger hoch ist. In Zahlen: In Griechenland gibt es 79,4 Einwohner und Einwohnerinnen pro Quadratkilometer, in Österreich 108,6. Schwierig wird es bei größeren PV-Kraftwerken, da die Grundeigentümerstruktur meist sehr kleinteilig ist und folglich oft Verträge mit bis zu 100 Eigentümerinnen und Eigentümern pro PV-Projekt abgeschlossen werden müssen.

NATIONALE BESONDERHEITEN

Ebenfalls eine griechische Besonderheit: Grundstücke, die in der Vergangenheit einmal gebrannt haben, sind auf Jahrzehnte von einer Bebauung ausgeschlossen. Und: Bei Grabarbeiten muss immer mit archäologischen Funden gerechnet werden, was dann zu einem zeitlich unbefristeten Baustopp führt, denn es ist dann Aufgabe des Projektbetreibers die archäologischen Arbeiten zu finanzieren.

„Die Heraus-

forderungen sind

von Land zu Land unterschiedlich.“

GÜNTER GRABNER PV-Invest

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LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023

„Viele PV-Projekte scheitern daran, dass der Strom nicht in das öffentliche Netz eingespeist werden kann.“

HANS JÖRG DAMM

Guts- und Forstbetrieb Wilfersdorf

„In Italien sind wir vor allem mit bürokratischen Hindernissen bei der Genehmigung konfrontiert“, sagt Philipp Colleselli, Managing Partner der PV-Invest Italia. Diese ließen sich hauptsächlich auf NIMBY (Not In My Back Yard) und NIMTO (Not In My Term of Office) zurückführen*. Die Genehmigung von Projekten, besonders in den Regionen Apulien, Basilikata, Sardinien und Sizilien, in denen sich 75 Prozent der noch ausstehenden Projekte konzentrieren, werde durch eine hohe Anzahl von Projekten und Anträgen für den Anschluss an das öffentliche Stromnetz erschwert. Italien plane einen Ausbau der erneuerbaren Energien von rund 70 GW bis 2030. Ende 2022 lagen beim italienischen Netzbetreiber Terna jedoch bereits Anträge für 303 GW vor. Die Einführung eines vereinfachten Genehmigungsverfahrens habe hier bereits eine gewisse Erleichterung gebracht.

„Spanien bietet ideale Bedingungen für die Nutzung von Wind- und Solarenergie“, berichtet Raquel Gadea, Gründungspartnerin von Glide Energy. Die Gründe: ein hohes Strahlungsniveau, vorhandene Netzkapazität und ausgedehnte Flächen. Insofern ist die Entwicklung effektiver Energiespeicherung der Schlüssel, um das volle Potenzial der reichhaltigen Solarenergie- und Windressourcen Spaniens auszuschöpfen und eine zuverlässige Versorgung mit erneuerbaren Energien zu gewährleisten. Darüber hinaus bietet der große Agrar- und Viehzuchtsektor Spaniens eine große Chance für die Entwick-

* „Not In My Back Yard“ beschreibt die Haltung von Anwohnern und Anwohnerinnen und Bürgerinitiativen, die keine Infrastruktureinrichtungen oder Anlagen in ihrer unmittelbaren Umgebung wünschen. Die Ablehnung basiert oft auf Sorgen um Umweltauswirkungen, Wertverlust von Immobilien oder einer Beeinträchtigung der Lebensqualität.

lung von Biomethan und anderen erneuerbaren Gasen.

In Österreich, wo die Liechtenstein Gruppe mit PV-, Wind- und Kleinwasserkraft aktiv ist, werden derzeit nur knapp sechs Prozent des in Österreich produzierten Stroms aus Solarenergie gewonnen. Bis zum Jahr 2030 soll die Leistung auf 21 GWp gesteigert werden. Gemeinsam mit Wasserkraft, Biomasse, Wind und Geothermie könnte Österreich im Jahr 2030 dann seinen Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen abdecken.

NEUTRAL WERDEN

Für das erklärte Ziel der Klimaneutralität bis 2040 wären aber laut Prognosen von Photovoltaic Austria mindestens 40 GWp aus Photovoltaik notwendig. Die notwendigen Anlagen können nur zur Hälfte auf Gebäuden realisiert werden, der Rest muss auf Freiflächen errichtet werden. Benötigt werden dafür rund 20.000 ha. Hans Jörg Damm, Direktor des Guts- & Forstbetriebs Wilfersdorf, der für die Windkraftanlagen und Solarenergieprojekte der Liechtenstein Gruppe in Niederösterreich verantwortlich ist, verweist auf die Notwendigkeit, bürokratische Hürden ab- und das Stromnetz weiter auszubauen: „Vermehrte Anstrengungen im PV-Ausbau, ein klares politisches Bekenntnis zu Freiflächenanlagen sowie Anreize für PV-Anlagen im Agrarsektor (Agri-PV) wären notwendig, um die Klimaziele zu erreichen. Darüber hinaus braucht es auch Erleichterungen bei Umwidmungen für Photovoltaik-Flächen oder beim Netzan-

Auf der politischen Ebene gibt es den Begriff „Not In My Term of Office“. Er bezieht sich auf politische Entscheidungsträger, die aus Furcht vor Protesten versuchen, das Thema auf die nächste Regierung oder Amtszeit zu verschieben. Diese Taktik ermöglicht es, unpopuläre Entscheidungen zu umgehen und kurzfristige politische Unannehmlichkeiten zu vermeiden.

28 LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023 SCHWERPUNKT ERNEUERBARE ENERGIEN

schluss. Viele PV-Projekte scheitern daran, dass der Strom nicht in das öffentliche Netz eingespeist werden kann.“

VOLLE KRAFT

Aber auch im Bereich der Windkraft sei ein massiver Ausbau unabdingbar. Ende 2023 gab es in Österreich ca. 1.400 Windräder mit einer Leistung von ca. 3,9 GW. Mehr als die Hälfte aller Windräder steht in Niederösterreich, wo auch die Liechtenstein Gruppe Windräder betreibt und Flächen an andere Betreiber verpachtet hat. Bis zum Jahr 2030 müsse die Anzahl der Windräder in Österreich verdoppelt und die gesamte Windstromproduktion verdreifacht werden, um die Ziele des ErneuerbarenAusbau-Gesetzes erreichen zu können.

Zusätzlich zu diesen spezifischen Herausforderungen bei Solar- und Windkraft hebt Helmut Rinnhofer, Managing Director Forst Kalwang die Rolle der Kleinwasserkraft in Österreich hervor. In der Steiermark betreibt die Liechtenstein Gruppe sieben Kleinwasserkraftwerke mit einer installierten Leistung von 4,3 MW. 2023 wurden damit rund 18,5 GWh Strom erzeugt, das heißt: zirka 6.200 Haushalte können damit durchschnittlich versorgt werden. Diese Form der erneuerbaren Energie trage zur regionalen Eigenversorgung, Wertschöpfung im eigenen Land und Stabilisierung des Stromnetzes bei, weil Wasserkraft keinen abrupten Schwankungen unterliege. Der Betrieb von Kleinwasserkraftwerken sei aber auch mit hohen Kosten verbunden: „Die Durchgängigkeit von Flüssen und Bächen und die Verbesserung der Gewässerökologie wird unter anderem durch neuartige Fischaufstiegshilfen, Restwassermonitoring und ökologische Begleitmaßnahmen permanent verbessert. Diese sind jedoch mit hohen Kosten und Ertragsverlusten für die Betreiber der Kraftwerke verbunden.“

Der starke Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien hat zusammen mit

der großen politischen Unterstützung die Kosten für die Erzeugung von Wind- und Solarstrom seit 2010 um mehr als 80 Prozent gesenkt. Ein großer Teil dieses Wachstums in den entwickelten Volkswirtschaften fand jedoch während der Zeit statt, als die Leitzinsen der Zentralbanken unter einem Prozent lagen.

HÖHERE INVESTITIONEN

Seit 2022 sind die Leitzinsen der Zentralbanken auf fast fünf Prozent gestiegen, und die jährliche Inflation hat in der Spitze über zehn Prozent erreicht. Die Auswirkungen dieses neuen makroökonomischen Umfelds sind vielschichtig. Erstens haben Lieferkettenprobleme und die Inflation die Investitionskosten insbesondere für Windkraftanlagen erhöht. Zweitens steigen durch die höheren Zinssätze die Finanzierungskosten für kapitalintensive, variable erneuerbare Technologien. Drittens haben verspätete politische Maßnahmen und Probleme bei Genehmigungen dazu geführt, dass Investitionen in Erneuerbare Energien in Europa zurückgingen und dadurch weniger Kapazitäten ans Netz gelangten. Zur Erklärung: Regierungen sind von Kostensenkungen des letzten Jahrzehnts ausgegangen. Die vielfältigen Herausforderungen und Chancen, die der Ausbau erneuerbarer Energien in Europa mit sich bringt, erfordern maßgeschneiderte Ansätze und Lösungen. Es bedarf eines kontinuierlichen Dialogs zwischen den anbietenden Unternehmen, der Politik, den Behörden und der Bevölkerung, um die notwendigen Rahmenbedingungen für die Energiewende voranzubringen. Die Dringlichkeit und Bedeutung dieser Aufgabe ist angesichts des globalen Klimawandels und der Notwendigkeit einer nachhaltigen Energieversorgung unbestreitbar. Die Liechtenstein Gruppe positioniert sich als ein entscheidender Akteur in diesem Prozess und trägt aktiv zur Erreichung der Klimaziele bei. ■

„Die Durchgängigkeit von Flüssen und Bächen und die Verbesserung der Gewässerökologie ist mit hohen Kosten und Ertragsverlusten verbunden.“

HELMUT RINNHOFER Forst Kalwang

29 LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023

Mit Schlamm gute Kohle machen

Im Sektor der Erneuerbaren Energien stellt die Liechtenstein Gruppe innovative, umweltverbessernde Projekte auf die Beine. Jürgen Jelly, Geschäftsführer von L-Recycling, und Günter Grabner, Geschäftsführer von PV-Invest, über ein Abfallprodukt als Rohstofflieferant, den Green Deal und das Glück für Feldlerchen.

Das Interview führte Karin Pollack.

30 LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023
EXPERTENGESPRÄCH
Jürgen Jelly, CEO L-Recycling

DieMarktgemeinde Straß liegt in der Steiermark, 35 Minuten von Spielfeld entfernt. Es ist eine sonnige Weingegend. So wie in vielen Gemeinden Österreichs gibt es auch hier eine Kläranlage, die Schadstoffe aller Art filtert, um Gewässer wie die nahegelegene Mur oder das Grundwasser sauber zu halten. In Straß plant die Liechtenstein Gruppe mit einer solarbetriebenen KlärschlammRecylinganlage gerade ein zukunftsweisendes Umweltprojekt, das Abwasserwirtschaft, Landwirtschaft und Energieversorgung verbindet. Ganz im Sinne des Green Deals der Europäischen Union, der das Ziel hat, den CO₂-Ausstoß zu senken, die Sonne als Energielieferanten zu nutzen und Transportwege zu verkürzen. Dabei wird mit der geplanten PV-Anlage sogar die Biodiversität gefördert, weil bestimmte Vögel und Insekten sich in beschatteten Wiesen wohl fühlen. Kern dieses Projektes ist jedoch ein wenig ansehnlicher, schwarzer Brei. Er ist Abfall, aber gleichzeitig eine wertvolle Ressource und ein Beispiel dafür, wie Zukunft aussehen könnte.

Die Einstiegsfrage ist einfach: Wer kam auf die Idee, Klärschlamm als Ressource zu nutzen?

JELLY: Sauberes Wasser ist eine überaus wichtige Ressource. Die Tatsache, dass es in Österreich insgesamt 1.869 Kläranlagen gibt, ist eine große Errungenschaft. Sie tragen dazu bei, dass die Gewässer sauber bleiben. Das ist so selbstverständlich, dass die meisten gar nicht mehr darüber nachdenken, wo das von uns gebrauchte Wasser hingeht. Als Team sind wir seit langem in der Abwasserwirtschaft, konkret im Kläranlagenbau tätig. Das Abfallprodukt aus Kläranlagen ist Klärschlamm. Dieser schadstoffbelastete Schlamm ist ein Problem, das wissen wir. Wir haben eine Lösung entwickelt.

Welche Schadstoffe sind das genau?

JELLY: Klärschlamm ist eine Mischung aus Wasser und Feststoffen organischer und anorganischer Art. Er enthält toxische Schwermetalle wie Blei und Quecksilber, pharmazeutische Rückstände, Mikroplastik oder Tenside, um nur einige dieser Schadstoffe zu nennen. Doch Klärschlamm enthält eben nicht nur Schlechtes, sondern auch Phosphor. Und das ist ein wertvoller Rohstoff, den die Landwirtschaft braucht.

Warum ist Phosphor wichtig?

JELLY: Phosphor ist neben Kalzium ein wichtiger Mineralstoff für den Energiestoffwechsel in Zellen. Er ist für Tiere und Pflanzen gleichermaßen lebenswichtig. Der Phosphor im Klärschlamm stammt also von uns Menschen und kommt über das Abwasser dorthin. Und bisher war es so, dass dieser Klärschlamm in der Landwirtschaft als Dünger genutzt wurde, weil Phosphor essenziell für das Pflanzenwachstum ist.

31 LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023 LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023
Günter
Grabner, Managing Partner PV-Invest

SCHWERPUNKT ERNEUERBARE ENERGIEN

LEISTUNG DER GEPLANTEN L-RECYCLING-ANLAGE IN STRASS*

129.000

TONNEN RECYCELTER KLÄRSCHLAMM

17.412

TONNEN PRODUZIERTE BIOKOHLE

2.386

TONNEN PHOSPHORRÜCKGEWINNUNG

CO2

14.828

TONNEN CO₂** IN BIOKOHLE GESPEICHERT

* über 5 Jahre

**entspricht den Emissionen von 1.000 Haushalten pro Jahr Laborwerte: Eurofins Austria

Und dieser Klärschlamm wurde bisher samt den Schadstoffen auf Feldern ausgebracht?

JELLY: Genau. Das ist die eine Seite des Problems. Im Sinne einer sauberen Umwelt wäre es wichtig, dass die Schadstoffe herausgefiltert werden, bevor der Klärschlamm auf die Felder kommt. Dass Abfall eine Ressource sein kann, ist noch viel zu wenig in den Köpfen der Menschen verankert.

GRABNER: Menschen sind Teil von biologischen Systemen. Ich komme aus dem Energiesektor und hatte das, bevor ich in die Abwasserthematik eingestiegen bin, überhaupt nicht auf dem Radar. Mein liebstes Beispiel: Bananen enthalten besonders viel Phosphor, wir Menschen scheiden ihn aus. Daran denke ich seither immer, wenn ich eine Banane esse. Wir Menschen sind Teil von sehr komplexen Kreisläufen.

JELLY: Derzeit ist es so, dass alle jene Wirtschaftszweige, die Phosphor brauchen, ihn aus Russland, China oder Marokko importieren, dort befinden sich die Hauptlagerstätten. Das erzeugt eine Abhängigkeit, die nicht notwendig ist. Denn Phosphor gibt es auch im Klärschlamm vor Ort. In der EU werden 55 Millionen Tonnen Klärschlamm pro Jahr produziert. Unsere Idee ist es, sie zu nutzen. Die EU hat die Rückgewinnung von Phosphor aus dem Klärschlamm auch bereits geregelt und bis 2029 ist dies EU-weit umzusetzen.

Warum wird das nicht schon längst so gemacht?

JELLY: Weil es bislang nicht notwendig war. Doch durch den Green Deal der EU ändern sich gerade viele gesetzliche Voraussetzungen. Es sind viele kleine Stellschrauben. So wurde zum Beispiel festgelegt, dass die Schwermetallbelastung der Böden reduziert werden muss. Herkömmlicher Klärschlamm kann nicht mehr wie bisher ausgebracht werden. Das heißt: Die Landwirtschaft hat Handlungsbedarf. Aber auch Gemeinden, die für die Entsorgung des Klärschlamms verantwortlich sind.

Gibt es Verlierer bei dieser Umstellung?

JELLY: Bislang wurde Klärschlamm gegen ein Entgelt in Zementwerken verbrannt. Doch so wie jedes Unternehmen müssen nun auch die Zementwerke ihren CO₂Ausstoß senken. Auch die Mitverbrennung von Phosphor wird bald verboten sein, weil es ja ein Rohstoff ist, der gebraucht wird. Der Ansatz der Liechtenstein Gruppe ist es, den Gemeinden den Klärschlamm abzunehmen. Gleichzeitig verhindern wir damit, dass Klärschlamm so wie bisher üblich, durch ganz Europa geschippert wird, um manchmal auch im EU-Ausland entsorgt zu werden.

Wie sieht die Lösung der Liechtenstein Gruppe konkret aus?

JELLY: Wir bauen unsere Recyclinganlagen direkt bei den Kläranlagen und haben damit eine sehr lokale Lösung, die vermeidet, dass Klärschlamm abtransportiert werden muss. Das Produkt, das wir dabei erzeugen, ist Biokohle, die in der Landwirtschaft gemischt mit anderer Biomasse als Dünger eingesetzt werden kann. Und ganz nebenbei: Die Kohle ist auch ein CO₂-Speicher, reduziert also die Belastungen in der Luft.

32 LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023

Ist das Kreislaufwirtschaft?

JELLY: Genau, wir machen aus Abfall eine Ressource. Und auch das ist ein Ziel des Green Deals, das in den nächsten Jahren gefördert wird. Die EU bringt guten Input, indem sie solchen Prinzipien Gewicht verleiht.

Aber die Verbrennung des Klärschlamms braucht doch auch Energie?

GRABNER: An diesem Punkt kommt unser Unternehmen, die PV-Invest, mit ihren PhotovoltaikAnlagen ins Spiel. Wir sind sozusagen für das Heizen zuständig und wir nutzen die Kraft der Sonne dafür. Das ist klimaneutral.

Wie genau funktioniert Pyrolyse?

JELLY: Zuerst wird der wässrige Klärschlamm getrocknet, dann erhitzen wir ihn unter Ausschluss von Sauerstoff auf bis zu 850 Grad. Bei dieser Temperatur verwandeln sich die Schadstoffe zu Gasen. Dieses Gas wird im Anschluss verbrannt und kommt nicht in die Luft. Am Ende dieses Prozesses erhalten wir Biokohle in Form von schwarzen Pellets, die Phosphor enthalten und in denen der Kohlenstoff gespeichert ist. Da die Anlage 24 Stunden in Betrieb ist, benötigen wir auch die Energie rund um die Uhr. Damit wir die Anlage also auch in der Nacht betreiben können, hat PV-Invest geplant, die Batteriespeicher von TESVOLT, ebenfalls ein Unternehmen im Verbund der Liechtenstein Gruppe, zu integrieren.

Und das funktioniert, auch wenn keine Sonne scheint?

GRABNER: Grundsätzlich schon. An kurzen Wintertagen oder bei längeren Schlechtwetterperioden kann der Strom aber auch aus dem Netz bezogen werden. Wir wollen mit dem Pilotprojekt in Straß zeigen, was möglich ist und mit einem sieben MWp (Megawattpeak) Photovoltaikkraftwerk, das 8.000 MWh Strom produziert, der Recyclinganlage 3.000 MWh Strom für die Pyrolyse zur Verfügung stellen. Weitere 2.000 MWh werden für das Betreiben der Kläranlage selbst benötigt. Der tagsüber zu viel produzierte Strom wird in der Batterie gespeichert und in der Nacht an die Recyclinganlage und die Kläranlage geliefert. Der Überschuss wird in das lokale Stromnetz eingespeist. Ein Konzept für die Energieversorgung der Zukunft.

Wieviel Fläche braucht Sonnenstrom?

GRABNER: Ein PV-Kraftwerk mit einer Kapazität von einem MWp produziert im Jahr ca. 1.100 MWh Strom. Dafür wird ein Hektar Land benötigt.

Passiert dabei nicht auch Bodenversiegelung?

GRABNER: Das hört man oft, aber es stimmt nicht. Photovoltaik-Paneele liegen ja nicht auf der Erde und wir nutzen auch keinen Beton, um sie zu verankern. Insofern ist es keine Bodenversiegelung, im Gegenteil: Unter den Paneelen entstehen neue Lebensräume für Tiere, die beschattete Wiesen mögen – etwa Eidechsen, Blindschleichen, aber auch Heuschrecken oder Käferarten. Auf Flächen mit Photovoltaikanlagen hat zum Beispiel auch die Feldlerche einen idealen Lebensraum. Sie ist ein Wiesenbrüter, ihre Jungen schlüpfen erst im Frühsommer. Weil die Landwirte und -wirtinnen ihre Wiesen aber schon im Mai mähen, werden die Nester meistens zerstört. Unter den Photovoltaikanlagen sind sie geschützt, insofern leisten PV-Kraftwerke auch einen Beitrag zur Biodiversität. Abgesehen davon schätzen auch Schafe den Schatten unter den Paneelen. Und auch im landwirtschaftlichen Anbau bieten sich für die Liechtenstein Gruppe Chancen mit Agri-PV Lösungen.

33 LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023

Inwiefern ist das, was Sie machen Pionierarbeit?

JELLY: Es ist insofern Pionierarbeit, als wir Lösungen für den Green Deal haben, die heute aktueller denn jemals zuvor sind. Bis vor Kurzem hat niemand die Notwendigkeit gesehen, umzudenken. Das ändert sich aber gerade. Und wir sind mit innovativen Lösungen vorne mit dabei.

GRABNER: Wir befinden uns in einer Umbruchphase und Veränderungen sind immer auch mit einem Umdenken verbunden. Es sind stets auch viele bürokratische Schritte notwendig, zum Beispiel die Genehmigung für den Anlagenbau oder die Umwidmung von Flächen. In Österreich ist das sehr föderalistisch geregelt. Jedes Bundesland hat einen anderen Zugang. Die Vorgaben der EU sind aber strikt und schön langsam setzt sich die Erkenntnis durch, dass ausreichend Flächen zur Verfügung gestellt werden müssen.

JELLY: Aus Umweltsicht ist es ja eine Win-Win-Situation. Einerseits für die Landwirte und -wirtinnen, die ein Interesse haben, dass auf ihren möglichst schadstoffarmen Böden Pflanzen gedeihen und sie statt Kunstdünger von internationalen Großkonzernen regional gewonnene Biokohle verwenden können. Die Kohle ist übrigens auch ein Wasserspeicher, verhindert Bodenerosion und ist für den Humusaufbau essenziell. Das wissen die Bäuerinnen und Bauern.

Wer profitiert noch, wer nicht?

JELLY: Gemeinden profitieren, denn die sind meistens für die Wasserwirtschaft verantwortlich und müssen den Klärschlamm loswerden. Viele Bürgermeisterinnen und Bürgermeister haben

deshalb ein großes Interesse daran, vor allem weil wir unsere Anlagen gerade im ländlichen Bereich bauen werden, also dort, wo es auch Flächen für die PV-Anlagen gibt.

GRABNER: Frei nach Seneca: Es gibt nicht zu wenig Energie, die wir haben, sondern zu viel Energie, die wir nicht nutzen. Die Politik fordert billigen Strom. Strom aus der Sonne ist der billigste Strom.

JELLY: Aber es werden sich auch viele Dinge in der heutigen Abfallwirtschaft verschieben. Zementwerke werden nicht mehr für die Verbrennung von Klärschlamm bezahlt werden, auch die Auftragslage von Transportunternehmen, die Klärschlamm transportieren, wird schlechter werden. Wenn wir Dinge regional lösen, fallen Wege weg. Was haben Sie sich vorgenommen?

JELLY: Die Modellanlage in Straß soll im ersten Quartal 2025 in Betrieb gehen. Unser Ziel ist es, unsere Anlagen an vielen Abwasseraufbereitungsanlagen zu installieren. Langfristig wollen wir diese dezentralen Anlagen modular in der gesamten EU errichten. Die Nachfrage ist da. Allein in Deutschland und Österreich werden pro Jahr rund 2 Millionen Tonnen Klärschlamm produziert, was im Schnitt der Kapazität von 100 L-Recycling-Anlagen entspricht.

GRABNER: Die PV-Invest freut sich, L-Recycling bei ihrer Expansion zu begleiten. Sei es in für uns neuen Ländern wie Kroatien oder Estland, oder Ländern wie Griechenland, in denen wir selbst schon mit PV-Kraftwerken aktiv sind.

Wer sind Ihre Partner?

JELLY: Wir haben die Universität für Bodenkultur mit an Bord, unter anderem bei der Analyse von Biokohle. Außerdem arbeiten wir mit Carbon Standards an der Zertifizierung der Biokohle. Wir wollen natürlich den Impact auf die Umwelt mit Zahlen belegen können. ■

34 LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023
SCHWERPUNKT ERNEUERBARE ENERGIEN

Ressourcen

wiederverwerten

Klärschlamm-Pyrolyse erhält wichtige Nährstoffe und Kohlenstoff. Von Gerhard Soja

Nährstoffe wie Phosphor und Stickstoff sind die Grundlage des Pflanzenwachstums, und organischer Kohlenstoff ist essenziell für einen fruchtbaren Boden. Beides ist im Klärschlamm in reichlichen Mengen vorhanden, was seine Attraktivität für die Verwendung in der Landwirtschaft erklärt. Die Sorge vor unerwünschten Begleitstoffen, Medikamentenrückständen oder Schadstoffen im Klärschlamm hat jedoch die Entwicklung alternativer Verwendungsformen erfordert.

Eine verlässliche Entfernung organischer Schadstoffe ist nur durch Pyrolyse oder Verbrennung des Klärschlamms gewährleistet. In dem Rückstand der Verbrennung, der Klärschlammasche, ist jedoch kein unmittelbar verfügbarer Nährstoff und kein organischer Kohlenstoff mehr enthalten.

Die Pyrolyse geht hingegen mit den Nährstoffen und dem Kohlenstoff schonender um. Phosphorgehalte der Klärschlammkohle können als langsam fließender Dünger für Pflanzen verfügbar gemacht werden, Stickstoff bleibt zumindest teilweise erhalten und der hochkondensierte organische Kohlenstoff bleibt langfristig im Boden als Kohlenstoffsenke gebunden.

Die Pyrolyse von Klärschlamm unterstützt damit die Wiederverwertung kritischer Ressourcen wie Phosphor und hilft durch die Bindung von Kohlenstoff, der ansonsten als Kohlenstoffdioxid in die Luft gelangen würde, bei der Bekämpfung des Klimawandels.

PD DR. GERHARD SOJA, MSC., ist Senior Scientist und Professor für „Angewandte Pflanzenphysiologie“ an der Universität für Bodenkultur Wien. Seine Forschungsprojekte befassen sich mit der Abschwächung des Klimawandels und der Anpassung an diesen mit Schwerpunkt auf Böden und Nutzpflanzen, mit Nährstoffrückgewinnung und -recycling, mit dem Verhalten von Schadstoffen in der Umwelt, mit Bodensanierungstechnologien und mit Biokohle als Umwelttechnologie.

DAS PYROLYSE-VERFAHREN VON L-RECYCLING

KLÄRSCHLAMM BIOKOHLE

Enthält Phosphor und gebundenes CO 2

THERMISCHE TROCKNUNG

Übernahme des Klärschlamms durch L-Recycling

PYROLYSE

Alle Gefahrenstoffe werden entfernt CO 2 und Phosphor bleiben erhalten

So wird es aussehen: Rendering der neuen Produktionsstätte von TESVOLT in Lutherstadt Wittenberg, Deutschland

Ins Netz gehen

Ohne Sonne oder Wind – kein Strom aus erneuerbaren Energiequellen. In Kombination mit Großspeicherlösungen von TESVOLT kann die Versorgung jedoch rund um die Uhr gelingen. Die EU-Batterieverordnung spielt dabei eine treibende Rolle.

„Wir begrüßen diese Standardisierung und Harmonisierung im EU-Binnenmarkt, da diese in der Vergangenheit immer zu besseren Marktbedingungen für alle europäischen Markteilnehmer geführt haben. Zudem wird so Rechtssicherheit geschaffen.“

Das Energiesystem steht, bedingt durch den zunehmenden Anteil erneuerbarer Energien, vor großen Herausforderungen. Die räumliche Verlagerung der Stromerzeugung erfordert zusätzliche Übertragungs- und Verteilungskapazitäten. Ursachen hierfür sind unter anderem der europäische Stromhandel, der Ausbau von Wind- und Sonnenenergie sowie die Liberalisierung des Strommarktes. Kraftwerke wurden bisher in der Nähe des Verbrauchs errichtet, der Stromfluss erfolgte einseitig: vom großen, zentralen Erzeuger zu vielen dezentralen Verbraucherinnen und Verbrauchern. Mit dem wachsenden Einsatz erneuerbarer Energien divergieren Stromerzeugung und -verbrauch zunehmend geografisch.

Um den steigenden Anteil erneuerbarer Energien effektiv in das Energiesystem zu integrieren, muss die Netzinfrastruktur angepasst werden. Das aktuelle Netz reicht derzeit für umfangreiche Leistungstransite und Rückspeisungen vom Verteilungs- ins Übertragungsnetz nicht aus. Der Ausbau des Stromnetzes hinkt derzeit dem der erneuerbaren Energien hinterher. In einigen Regionen ist es bereits unmöglich, zu jeder Zeit den gesamten aus erneuerbaren Quellen erzeugten Strom abzunehmen und zu übertragen.

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LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023
SCHWERPUNKT ERNEUERBARE ENERGIEN
SIMON SCHANDERT TESVOLT-Gründer über die EU-Batterieverordnung TESVOLT

Spannungsgrenzwerte in den Verteilungsnetzen werden immer wieder überschritten. Es braucht daher innovative Konzepte, um die Spannung dynamisch regulieren zu können. Hier kommen (Groß-)speicher ins Spiel.

Der internationale Projektentwickler Green Energy 3000 und TESVOLT haben mittlerweile vier Projekte gemeinsam umgesetzt. Die Batteriecontainer von TESVOLT werden dabei in Solarparks mit insgesamt 18,3 MWh eingesetzt. Die Kombination aus Photovoltaik und Batteriespeicher wird so zu einer zuverlässigeren und klimafreundlichen Energieversorgung in den Regionen beitragen. Die Batteriespeicher sollen dabei nicht nur das Stromnetz entlasten. Der gespeicherte Strom wird auch vermarktet, z. B. über ArbitrageGeschäfte oder die Teilnahme an Regelleistungsmärkten.

ANREIZ FÜR SPEICHER

Projekte wie diese werden in Deutschland im Rahmen der sogenannten ‚Innovationsausschreibungen‘ durch den Bund gefördert. Dabei schreibt die deutsche Bundesregierung regelmäßig geförderte Mengen erneuerbarer Energieerzeugung aus, mit dem Ziel, die Netz- und Systemsicherheit im deutschen Stromnetz durch Anlagenkombinationen zu verbessern. „Damit die Innovationsausschreibung ein interessantes Instrument für Projektierer bleibt, ist der Gesetzgeber gefordert: Dass Batteriespeicher bisher keinen Strom aus dem Netz zwischenspeichern dürfen, also nicht bidirektional laden dürfen, muss dringend geändert werden. Nur so kann die vorhandene Speicherkapazität voll genutzt werden“, so Philipp Schreiber, Projektmanager für Großspeicher bei TESVOLT. „Das wäre auch ein klarer zusätzlicher Anreiz für die Investition in Stromspeicher, denn Betreiber könnten mit der Vermarktung ihrer Speicherkapazität dann höhere Gewinne erwirtschaften. So entfiele auch die Forderung von Projektierern nach einer höheren Einspeisevergütung.“

Für die im Rahmen des EU-Green Deals angestrebte Kreislaufwirtschaft ist es wichtig, dass Batterien nach Gebrauch recycelt und möglichst viele Teile wiederverwendet werden. Im August 2023 ist daher die neue Batterieverordnung der Europäischen Union in Kraft getreten. Ziel und Zweck dieser neuen Verordnung, die TESVOLT begrüßt, sind:

• Bewirtschaftung von Batterieabfällen überarbeiten: Zum Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit

• Ressourcennutzung / Ressourceneffizienz verbessern: kreislauforientierte und klimaneutrale, giftfreie Umwelt und langfristige Wettbewerbsfähigkeit sowie die strategische Autonomie der Union verbessern

• Reduktion der Treibhausgasemissionen: Klimaschutz

Im Rahmen der EU-Batterieverordnung muss ab dem 18. Februar 2027 jede in Verkehr gebrachte Industriebatterie mit einer Kapazität von mehr als 2 kWh einen digitalen Batteriepass besitzen. Es geht dabei um die Verfolgung und Rückverfolgung von Batterien, Informationen über die

Qualitätskontrolle

am Ende der Produktion

CO₂-Intensität ihrer Fertigungsverfahren sowie über die Herkunft der verwendeten Materialien, ihre Zusammensetzung, einschließlich Rohstoffe und gefährlicher Chemikalien, Reparatur-, Umnutzungs- und Zerlegungsvorgänge sowie über die Behandlungs-, Recycling- und Verwertungsverfahren, denen die Batterie am Ende ihrer Lebensdauer unterzogen werden könnte.

ROHSTOFFE GEWINNEN

TESVOLT nimmt bereits seit 2017 am Rückgabesystem GRS Batterien (Stiftung Gemeinsames Rücknahmesystem Batterien) teil. Das heißt, dass TESVOLT pro in Verkehr gebrachtem Batteriemodul eine Gebühr an GRS zahlt, die sicherstellt, dass Altbatterien in Deutschland orts- und zeitunabhängig kostenfrei abgeholt werden. Recycling-Unternehmen können über 90 Prozent einer Batterie wiederverwerten und beispielsweise eingesetztes Nickel, Mangan und Kobalt wiedergewinnen. Andere Länder entwickeln ähnliche Recycling-Systeme für Lithium-Ionen-Batterien.

GRS BATTERIEN

Die Stiftung Gemeinsames Rücknahmesystem Batterien – kurz GRS Batterien – ist in Deutschland bundesweit flächendeckend tätig und organisiert die Sammlung, Sortierung und Wiederverwertung von Altbatterien. Finanziert aus den Entsorgungskostenbeiträgen der Batteriehersteller und -importeure, wurde GRS Batterien 1998 von den Firmen Duracell, Energizer, Panasonic, Philips, Saft, Sanyo, Sony, Varta und dem Zentralverband der Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) gegründet.

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LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023

Kurz gemeldet …

Mit Blick auf den Wörthersee

Die PV-Invest baut eine neue Firmenzentrale

Die PV-Invest steht vor einem spannenden Kapitel in ihrer Firmengeschichte: Das Unternehmen wird 2024 eine neu errichtete Zentrale in Krumpendorf am Wörthersee beziehen. Getrieben durch kontinuierliches Wachstum und steigende Mitarbeiterzahlen hat sich das Unternehmen entschlossen, in ein neues, modernes und nach außen hin sichtbares Firmengebäude zu investieren. Insgesamt werden vier eingeschossige Gebäude mit einer Gesamtnutzfläche von über 550 Quadratmetern errichtet. Ein besonderes Highlight des neuen Standortes ist der wunderschöne Blick auf den Wörthersee. Der Umzug in die neuen Räumlichkeiten ist für Sommer 2024 geplant. Die Bauarbeiten sind bereits in vollem Gange und verlaufen nach Plan. Die Entscheidung für das neue Bürogebäude unterstreicht nicht nur das stetige Wachstum von PV-Invest, sondern auch das Engagement des Unternehmens für ein inspirierendes Arbeitsumfeld. Das Team von PV-Invest freut sich auf die bevorstehenden Veränderungen und die neuen Räumlichkeiten.

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MWP INSTALLIERTE
GWH STROMPRODUKTION
SCHWERPUNKT ERNEUERBARE ENERGIEN
PV-INVEST 99 KRAFTWERKE 62
LEISTUNG 69,3
2023
Krumpendorf am Wörthersee

UNSERE INVESTMENTSTRATEGIE ERNEUERBARE ENERGIEN

Selbstversorger

Sauberer Strom für die Hofkellerei und den Guts- und Forstbetrieb Wilfersdorf

2023 wurden die Dach-PV-Anlagen des Guts- und Forstbetriebs in Wilfersdorf weiter ausgebaut. Mit ca. 900 KWp leistet die Anlage nun ungefähr viermal so viel wie bisher. Von dem produzierten Strom werden rund 20 Prozent durch den Guts-& Forstbetrieb sowie die benachbarte Hofkellerei des Fürsten von Liechtenstein genutzt, der Rest wird ins Netz eingespeist.

Wo die Sonne scheint

Neue Bewilligung für Agri-PV-Anlage in Hohenau

2024 wird die Liechtenstein Gruppe in Hohenau die bisher größte Agri-PV-Anlage Niederösterreichs gemeinsam mit ImWind, einem Wind- und PV-Entwickler, errichten. Kurz vor Weihnachten 2023 wurde die Bewilligung erteilt. Die Anlage wird eine Kapazität von 23 MWp haben, wovon 7 MWp von der Liechtenstein Gruppe auf eigenen Flächen errichtet und betrieben werden. ImWind wird weitere 7 MWp ebenfalls auf Liechtenstein-Flächen errichten und betreiben, die restlichen Anlagen auf benachbarten Flächen Dritter.

In Loidesthal errichtet ImWind ab Herbst 2024 einen neuen Windpark mit 11 Windrädern, davon eines auf LiechtensteinGrund. Die Liechtenstein Gruppe beteiligt sich mit 50 Prozent an diesem Windrad, das nach Inbetriebnahme in 2025 eine Leistung von 6,2 MW erbringen wird.

„Unser Fokus im Bereich der Erneuerbaren Energien liegt auf Infrastrukturprojekten sowie auf Investments in Energietechnologieunternehmen.

Das sind einerseits Wind- und Photovoltaik-Projekte, die wir innerhalb Österreichs auf eigenem Grund und Boden errichten, mit dem Ziel diese langfristig zu betreiben, andererseits bauen wir größere Projektpipelines in anderen europäischen Ländern auf (Wind, PV, Wasserstoff). Bei diesen internationalen Projekten planen wir bereits frühzeitig in der Entwicklungsphase einzusteigen und die Projekte gemeinsam mit lokalen Partnern baureif zu entwickeln. Während wir mit unserer Beteiligung PV-Invest seit 2021 in Ländern wie Slowenien, Italien und Griechenland aktiv sind, konnten wir 2023 auch in Spanien eine derartige Partnerschaft mit Glide Energy erfolgreich etablieren.

Bei den Investments in Energietechnologieunternehmen liegt unser besonderes Augenmerk auf Lösungen, die zur Energiewende beitragen. Im Fokus stehen, neben SpeichertechnologieUnternehmen wie TESVOLT, auch Dienstleistungen und Produkte, die das dezentrale Energiesystem der Zukunft ermöglichen. Ein weiteres wichtiges Thema, um die Energiewende erfolgreich umzusetzen, sind intelligente, digitale Netzund Plattformlösungen für eine effizientere Übertragung von Strom.

Passend zu unserer bereits aktiven L-Recycling-Plattform analysieren wir weiterhin aktiv den Bereich der Waste-to-Energy-Techniken zur Umwandlung von organischen und anorganischen Abfällen in nutzbare Energie, sowie Unternehmen, die sich mit Abfallrecycling-Technologien zur Rückgewinnung knapper Ressourcen beschäftigen.“

39 LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023
Aus der Vogelperspektive: PV-Anlage auf den Dächern der Betriebsgebäude

25.000

TONNEN GEERNTETE FELDFRÜCHTE

18.000 HEKTAR LANDWIRTSCHAFT

150.000

PRODUZIERTE FLASCHEN WEIN

Agrarwirtschaft & Nahrungsmittel

WAS WAR: Neuinvestition in Valle del Guadiana

WAS IST: Weine der Hofkellerei bekommen internationale Aufmerksamkeit

WAS KOMMT: RiceTec will Reisanbau revolutionieren

Bis 2050 wird die Weltbevölkerung von 7,8 Milliarden auf knapp zehn Milliarden ansteigen. Es gilt zwei Milliarden mehr Menschen zu ernähren. Und das möglichst ressourcenschonend. Wassermanagement, regenerative Landwirtschaft, ein reduzierter Einsatz von Pestiziden bzw. verstärkter Einsatz von biologischen Mitteln sowie die Förderung der Biodiversität sind uns in diesem Zusammenhang besonders wichtig.

Im Bereich Agrarwirtschaft und Nahrungsmittel setzen wir in unseren weltweiten Aktivitäten auf die Produktion hochwertiger Nahrungsmittel und auf Produktions- und Anbaumethoden, die ressourcenschonend und zukunftsträchtig sind.

Wir investieren entlang der Nahrungsmittelwertschöpfungskette, insbesondere in Produktionsbetriebe und Technologieunternehmen.

AGRARWIRTSCHAFT & NAHRUNGSMITTEL

RiceTec ist ein weltweit führendes

Agrartechnologieunternehmen, spezialisiert auf wissenschaftlich fundierte Lösungen für Reissaatgut.

Mitarbeitende: 450 festangestellt, 280 temporär

Flächen: 1,6 Mio. ha verkaufte Saatgutfläche

Märkte: USA, Mercosur, Indien; Exporte u. a. nach Belize, Kolumbien, Italien, Spanien, Bangladesch, Vietnam

www.ricetec.com

Unser Portfolio

Der Gutsbetrieb Wilfersdorf ist der größte eigenbewirtschaftete Ackerbaubetrieb in Österreich.

Mitarbeitende: 14-20 je nach Saison

Fläche: 2.500 ha

Märkte: Österreich, Italien, Deutschland, Tschechien www.liechtenstein-wilfersdorf.at

Der Bio-Gutsbetrieb Liechtenstein produziert seit 2023 hochwertige biologisch zertifizierte Lebensmittel in Österreich.

Mitarbeitende: 1-3 je nach Saison

Fläche: 460 ha

Märkte: Österreich, Deutschland, Schweiz

Die Hofkellerei umfasst Weingüter in Österreich und Liechtenstein, die seit mehr als 500 Jahren im Besitz der Fürstlichen Familie sind, sowie das Restaurant Torkel.

Mitarbeitende: 24

Fläche: 38 ha

Märkte: Europa, Asien www.hofkellerei.com

42
LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023

Parelmo ist ein drei Farmen umfassender Agrarbetrieb in Uruguay, spezialisiert auf die Produktion von hochwertigem Weiderindfleisch, Mais, Sojabohnen und Merinowolle.

Mitarbeitende: 22

Flächen: 15.000 ha

Märkte: u. a. China, Europa, Israel, USA

Valle del Guadiana in Spanien ist einer der größten Avocadoproduzenten in Europa.

Mitarbeitende: 52

Fläche: 460 ha

Markt: EU

www.valledelguadiana.es

N-Drip ist der Entwickler einer allein durch Schwerkraft betriebenen Mikro-Tröpfchenbewässerungslösung.

Standorte: Israel (Unternehmenssitz), Australien, USA , Eswatini, Indien

Mitarbeitende: 150

Märkte: Australien, USA, Indien, Mexiko, Italien, Spanien

www.ndrip.com

GUA ist eine Plattform für F & E, Produktion und Vertrieb biologisch-organischer Lösungen zur Steigerung von Produktion und Qualität von Kulturpflanzen.

Standorte: Spanien (Unternehmenssitz), Chile, Mexiko, Kolumbien, Peru

Mitarbeitende: 64

Märkte: Spanien, Marokko, Ägypten, Kolumbien, Peru, Chile, Mexiko, Italien, Vereinigtes Königreich, Portugal

www.greenuniverse.es

Agritask ist eine digitale Plattform für das Management von landwirtschaftlichen Lieferketten vom Feld bis zum Konsumenten.

Standorte: Israel (Unternehmenssitz), Brasilien und Bulgarien

Mitarbeitende: 75

Märkte: global

www.agritask.com

43 LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023 • GA U A C ATES • V A LLE D E L G AIDAU N A

Ökologisch korrekte Avocados

Avocados sind gesund, schmecken und machen satt.

Die Liechtenstein Gruppe investiert in eine spanische Avocado-Farm und löst durch nachhaltige Landwirtschaft das Imageproblem der Superfrucht.

Während die Nachfrage nach Avocados unaufhörlich steigt, ringen Landwirtinnen und -landwirte mit den Herausforderungen eines nachhaltigen Anbaus der grünen Superfrucht. In diesem Spannungsfeld positioniert sich die Liechtenstein Gruppe mit ihrer Investition in eine der größten Avocado-Farmen Spaniens als Vorreiter in der nachhaltigen Agrarwirtschaft.

Ende 2023 hat die Liechtenstein Gruppe eine strategische Beteiligung an Valle del Guadiana erworben, einer 460 Hektar großen Avocado-Farm in der Provinz Huelva in Südspanien. Die Investition bringt erneut das Engagement der Gruppe für eine nachhaltige Landwirtschaft zum Ausdruck. Valle del Guadiana ist eine der größten und modernsten Avocado-Farmen in Europa und produziert aufgrund ihrer Größe, Lage und nachhaltigen Bewirtschaftung Avocados von hoher Qualität – mit einem wesentlich geringeren ökologischen Fußabdruck als in vielen anderen Avocado-Regionen der Welt.

Durch den Einsatz modernster Technologien, einem effizienten Wassermanagement, Salzwasseraufbereitungsplänen, die Anwendung von Mikroorganismen und die Nutzung erneuerbarer Energien stellt Valle del Guadiana einen nachhaltigen, zukunftsorientierten Betrieb sicher. Bis 2029 soll die Farm ihre volle Produktionskapazität erreichen.

44 AGRARWIRTSCHAFT & NAHRUNGSMITTEL
LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023
NEUINVESTITION VALLE DEL GUADIANA Fette Früchte nachhaltig angebaut

Johannes Meran, CEO der Liechtenstein Gruppe, erklärt die Motivation hinter dem neuen Investment: „Die Avocado ist eine überzeugende mehrjährige Kulturpflanze, die unser bestehendes landwirtschaftliches Portfolio hervorragend ergänzt. Valle del Guadiana zeichnet sich durch effiziente und nachhaltige Betriebsführung aus und bietet ein attraktives Produktionsfenster über mehrere Monate hinweg. Da die Nachfrage nach Avocados in Europa weiter steigt, sehen wir dies als Gelegenheit, nicht nur unsere Präsenz auf einem attraktiven Markt auszubauen, sondern auch einen relevanten Beitrag zur Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks der Avocado-Produktion zu leisten.“

WASSERVERBRAUCH SENKEN

Denn die Avocado hat ein Imageproblem: Meist kommt sie von weit her in die heimischen Supermärkte – aus Ländern wie Chile, Kolumbien und Peru – und die Produktion wird oft mit hohem Wasserverbrauch in Verbindung gebracht. In Valle del Guadiana liegt der Wasserverbrauch aufgrund effizienter Bewässerungspraktiken und guter Bodenbeschaffenheit deutlich unter dem globalen und sogar spanischen Durchschnitt. Sieht man sich den Verbrauch im Vergleich zu anderen Kulturpflanzen wie beispielsweise Äpfel oder Mais an, liegen die Avocados von Valle del Guadiana im unteren Bereich. Zusätzlich punkten Avocados mit einem sehr hohen Nährwert. Sie liefern unter anderem Folsäure, Vitamin K, die Vitamine D, B6 und E sowie Kalium und Kalzium. Außerdem sind sie reich an ungesättigten Fettsäuren.

Zusammenfassend zeigt die Investition der Liechtenstein Gruppe in Valle del Guadiana wie Produktivität und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen können – durch innovative Ansätze und verantwortungsbewusstes Handeln. Antonio Marín, CEO von Valle del Guadiana: „Wir freuen uns sehr über die Partnerschaft mit der Liechtenstein Gruppe. Die Finanzierung der Gruppe ermöglicht es uns, in die Erweiterung und Entwicklung unserer Betriebe zu investieren und uns weiterhin auf unsere Strategie zu fokussieren, hochwertige Avocados auf effiziente und nachhaltige Weise zu produzieren.“

VALLE

Der Avocado-Markt hat in den letzten Jahren ein bemerkenswertes Wachstum erlebt (Importanstieg von etwa 18 Prozent jährlich seit 2015), angetrieben durch veränderte Verbraucherpräferenzen und ein gestiegenes Bewusstsein für die zahlreichen gesundheitlichen Vorteile der Avocado, die sie zu einem der weltweiten „Superfoods“ machen. Prognosen deuten auf eine weitere jährliche Steigerung von 15,5 Prozent in den kommenden Jahren hin.

Im Vergleich zu anderen Kulturpflanzen haben die Avocados von Valle del Guadiana einen erstaunlich geringen Wasserverbrauch (Liter/Kg)

45 xxxxxxxxxxx
LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023
GUADIANA SPANIEN
DEL
W. The Water Footprint of Global Food Production. Water 2020, 12, 2696. Avocado Chile 1.600 Avocado Spanien 780 Avocado Valle del Guadiana 295 Mandeln 8.047 Linsen 5.874 Hirse 4.478 Sojabohne 2.145 Weizen 1.827 Gerste 1.423 Mais 1.222 Banane 790 Kartoffel 287 Tomate 214 Apfel 822
PORTUGAL Madrid Lissabon Gibraltar Quelle: Mekonnen, M.M.; Gerbens-Leenes,
AGRARWIRTSCHAFT & NAHRUNGSMITTEL

RICETEC

Mehr Reis,

weniger Methan

Der Reisanbau wird nachhaltig. Durch Hybridsaatgut reduziert RiceTec die Methanemissionen und den Wasserverbrauch – und führt auch in Indien eine neue Saatguttechnologie ein. Mit dieser „Strategy 2035“ wird ein Erfolgskurs mit Rekordgewinnen fortgesetzt.

Die Bedeutung von Reis überschreitet Grenzen und Kulturen und macht ihn zu einer primären Nahrungsquelle für Milliarden von Menschen auf der ganzen Welt. Als Grundnahrungsmittel in zahlreichen Ländern liefert Reis einen erheblichen Teil der täglichen Kalorienaufnahme für einen bedeutenden Teil der Weltbevölkerung. Der Reisanbau leistet in vielen Ländern außerdem einen wichtigen wirtschaftlichen Beitrag. Er bietet Millionen von Landwirten und Landwirtinnen eine Lebensgrundlage und fördert die Landwirtschaft, den Handel und die Beschäftigungsmöglichkeiten entlang der Reiswertschöpfungskette.

Die Reisproduktion steht jedoch aufgrund ihres erheblichen ökologischen Fußabdrucks vor Herausforderungen. Die Auseinandersetzung mit Themen wie der Reduzierung von Methanemissionen und einer effizienteren Nutzung von Wasser, bei gleichzeitiger Gewährleistung hoher Erträge und Qualität, ist für den weltweiten Reisanbau entscheidend.

OPTIMIERTES SAATGUT

1988 begann RiceTec seine bahnbrechenden Bemühungen um Hybridreissaatgut und legte damit den Grundstein für seine Vorreiterrolle im Reisanbau. Durch den Einsatz modernster Wissenschaft und Technologien, leistet das Unternehmen seither einen maßgeblichen Beitrag zur globalen Ernährungssicherheit. Heute ermöglicht das unerschütterliche Engagement für Forschung und Entwicklung überlegene Erträge bei Hybridreis und bietet Landwirten und -wirtinnen die Möglichkeit, ihre Rentabilität und Einkommensstabilität zu verbessern.

„Als führendes Agrartechnologieunternehmen für Reissaatgut mit der Mission, Innovationen für eine nachhaltige Reislandwirtschaft anzuführen, setzen wir auf innovative Lösungen, um die Nachhaltigkeit, Produktivität und Rentabilität der Branche zu steigern.“

KARSTEN NEUFFER

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LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023

1,4

44

Als weltweit einziges Saatgutunternehmen, das sich ausschließlich Reis widmet, hat RiceTec die einzigartige Gelegenheit sowie Verantwortung, den Weg in Richtung einer nachhaltigen Reislandwirtschaft zu weisen. Um die gegenwärtigen Erfolge des Unternehmens, aber auch zukünftige Bestrebungen um einen nachhaltigen Reisanbau, noch besser abzubilden, hat RiceTec diese in einer neuformulierten Unternehmensvision und -mission verankert:

„Unsere Vision ist eine nachhaltige Reislandwirtschaft, die mehr Wert für Landwirtinnen und -wirte, Verbraucher und Verbraucherinnen und den Planeten schafft. Unsere Mission ist es, Innovationen für nachhaltige Reislandwirtschaft anzuführen.“

Mit Blick in die Zukunft hat RiceTec seine Unternehmensstrategie ‚Strategy 2035‘ entwickelt, die darauf abzielt, den globalen Einfluss des Unternehmens zu erweitern und zu stärken. Der Fokus auf Reis als die Kulturpflanze, für die sich RiceTec weiterhin mit Leidenschaft einsetzen wird, wird beibehalten. Das Unternehmen wird sich weiterhin auf Saatgut konzentrieren und sein Angebot an Hybridsaatgut und Merkmalsvarianten sowohl in bestehenden als auch in neuen Märkten ausbauen. Darüber hinaus wird ein digitales Produkt eingeführt, das Landwirten Zugang zu Werkzeugen und Lösungen bietet, mit denen sie zusätzlich von ihren Feldern profitieren können, etwa durch Monetarisierung von Methanvermeidung, Reduzierung des Wasserverbrauchs, Zertifizierung von nachhaltiger angebautem Reis oder den Zugang zur Mechanisierung in Indien.

REKORDE BRECHEN

2023 war für RiceTec gekennzeichnet von einem Rekordumsatzwachstum in allen Regionen. RiceTecs US-Saatgutgeschäft konnte 2023 bemerkenswerte Errungenschaften verzeichnen. Dazu gehörten die Einführung neuer Genetik und die Erweiterung der Max-Ace® (MA)-Technologie, einer Reisanbaulösung, die unter anderem beispiellose Hybriderträge und eine überlegene Kontrolle über Unkrautund Graswuchs sowie eine maximale Erntezuverlässigkeit bietet.

In Indien hat RiceTec 2023 seine Bemühungen um einen nachhaltigeren Reisanbau durch Direktaussaat (DSR – direct seeded rice) fortgesetzt. Mit seiner FullPage®Technologie, einer Reisanbaulösung, zu der Landwirte und -wirtinnen in Indien erstmals 2024 Zugang haben werden, begegnet das Unternehmen aktuellen Herausforderungen wie übermäßigem Wasserverbrauch, Treibhausgasemissionen, hohen manuellen Pflanzkosten, Verfügbarkeit von Arbeitskräften und Unkrautdruck – Faktoren, die Erträge und ökologische Nachhaltigkeit maßgeblich beeinflussen.

NACHFRAGE ERHÖHEN

2023 stand in Indien somit im Vordergrund, die FullPage-Technologie auf dem Feld zu demonstrieren und Unterstützung für einen erfolgreichen Start anzubieten. Bereits 2021 hatten großangelegte Feldversuche in den wichtigsten Reisanbauregionen begonnen. Bisher wurden 230 davon abgeschlossen. Mehr als 12.500 Landwirte und -wirtinnen, 100 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, sowie Regierungsbeamte und -beamtinnen konnten den Unterschied zwischen Direktaussaat mit der FullPage-Technologie und herkömmlichen Praktiken (manuelle Umpflanzung auf gefluteten Feldern) auf ihren eigenen Feldern erleben. Diese Feldversuche erhöhen nicht nur die Nachfrage, sondern stärken auch das Vertrauen in die Rentabilität der Technologie für den indischen Markt.

48 AGRARWIRTSCHAFT & NAHRUNGSMITTEL LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023
INDIEN
MILLIARDEN EINWOHNER
MIO. HEKTAR REISANBAUFLÄCHE
TONNEN REIS
134 MIO.

In der Mercosur-Region hat RiceTec 2023 eine Verdreifachung der Nachfrage nach seiner MaxAce-Hybridtechnologie im Jahresvergleich erzielt. Die Technologie hat sich insbesondere bei der Bekämpfung des problematischen Unkrautwuchses als besonders wirksam erwiesen, speziell in Fällen, in denen andere Herbizide eine begrenzte Wirksamkeit gezeigt hatten. Das wachsende Kundeninteresse bietet RiceTec eine vielversprechende Gelegenheit, seine Präsenz auf dem Markt weiter auszubauen.

WEITER ENTWICKELN

RiceTecs Forschungs- und Entwicklungseinrichtung in Indien befindet sich im südlichen Hyderabad. 2023 wurde dort mit dem Bau eines hochmodernen Gebäudes begonnen, das Büroräume, F&E-Labore, einen Bereich zur Bearbeitung des Saatguts und ein klimatisiertes Saatgutlager umfassen wird. Bemerkenswert ist, dass beim Bau umweltfreundliche Materialien wie lokal produzierte Lehmziegel, Solarpaneele und viel natürliches Licht integriert werden, um die Umweltauswirkungen zu minimieren. In dieser Forschungseinrichtung arbeiten Züchter und Züchterinnen sowie Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen an neuen Produkten, die es dem Unternehmen ermöglichen, in Indien und anderen asiatischen Regionen Innovationsführer im nachhaltigen Reisanbau zu sein.

Reissaatgut im Labor

Seine Führungsposition in der Forschung und Entwicklung von Reissaatgut hat RiceTec außerdem mit dem Erwerb einer Gene Editing-Technologie weiter gestärkt. Mit dieser Akquisition erweitert RiceTec seine einzigartige Technologieplattform. Genom-Editierung stellt ein transformatives Werkzeug in der modernen Landwirtschaft dar, das präzise und gezielte Verbesserungen an Pflanzengenomen ermöglicht. Die Anwendung dieser Technologie in der Züchtung und Merkmalsentwicklung ermöglicht RiceTec die Entwicklung von Reissaatgut, das widerstandsfähiger und ertragreicher, sowie besser auf die sich wandelnden Bedürfnisse im Reisanbau weltweit abgestimmt ist. ■

SCHLÜSSELTECHNOLOGIEN DES ERFOLGS:

HYBRIDZÜCHTUNG:

Hybridreis ist das Resultat einer Reiskreuzung zwischen zwei genetisch unterschiedlichen Eltern, das bessere Fähigkeiten aufweist (z. B. höheren Kornertrag, Stressund Krankheitstoleranz etc.)

DSR: Die Direktaussaat (DSR –direct seeded rice) revolutioniert den traditionellen Reisanbau, indem sie das Umpflanzen von Setzlingen überflüssig macht. Stattdessen wird das Reissaatgut direkt auf das Feld gesät, was die Effizienz des Betriebs optimiert und die Anbaukosten senkt.

FULLPAGE & MAX-ACE : Als vorrangige herbizidtolerante Eigenschaften ermöglichen sie einen nachhaltigen Reisanbau und eine nachhaltige Fruchtfolge, indem sie Schutz vor Unkräutern bieten und letztlich die Produktivität der Landwirte steigern.

49 LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023

GUTS- UND FORSTBETRIEB WILFERSDORF

Ausgezeichneter Acker

Der Gutsbetrieb Wilfersdorf erhält wieder DLG-Zertifikat für seine nachhaltige Landwirtschaft

v.l.n.r. DLG-Präsident Hubertus Paetow, Direktor Hans Jörg Damm, Betriebsassistent Stephan Agis

Gut zur Erde

Warum das Mustergut in Wilfersdorf zukunftsweisend ist

Wenn es um nachhaltige Innovationen geht, ist der Gutsbetrieb Wilfersdorf schon seit Jahrzehnten an vorderster Front, wie die zahlreichen internationalen Auszeichnungen des Unternehmens zeigen. Diese Vorreiterrolle auf dem Weg zu nachhaltigeren und regenerativen landwirtschaftlichen Praktiken soll nun konsequent weitergeführt werden. Ein Teil des Betriebs wird ab 2024 zu einem „Mustergut“ umgewandelt. Auf bis zu 100 Hektar Fläche wird Raum für verschiedenste Versuche geschaffen.

Wieder hat der Gutsbetrieb Wilfersdorf als einziger Betrieb aus Österreich das Nachhaltigkeitszertifikat für Ackerbau der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) erhalten. Die Rezertifizierung erfolgt grundsätzlich alle drei Jahre. Nachdem die DLG die Richtlinien für das Zertifikat überarbeitet hatte, wurde der Gutsbetrieb dieses Mal als Testbetrieb analysiert und mit der hervorragenden betrieblichen Durchschnittsnote von 1,7 ausgezeichnet.

Das DLG-Programm „Nachhaltige Landwirtschaft“ fördert zukunftsfähige Landwirtschaft, das Angebot nachhaltiger Lebensmittel und gesellschaftliche Akzeptanz. Nachhaltige Landwirtschaft basiert dabei auf den definierten Kriterien für die vier Bereiche „Ökonomie“, „Ökologie“, „Soziales“ und „Management“. So kann das Nachhaltigkeitsprofil eines landwirtschaftlichen Betriebes in seiner Gesamtheit oder in Teilbereichen sowie die nachhaltige Produktionsmethode von Lebensmitteln nachgewiesen werden.

Experimentiert werden soll mit neuen Technologien –beispielsweise im Bereich Inputs, Software und Maschinen – um neue Wege zur Reduzierung chemischer Inputs zu finden, Biostimulanzien, Mikronährstoffe und leistungsfähigere Hard- und Softwarelösungen (wie Robotik oder Drohnen) zu entwickeln. Damit will die Liechtenstein Gruppe zur Skalierung einiger der weltweit interessantesten nachhaltigen landwirtschaftlichen Technologien beitragen. Unterstützt und wissenschaftlich begleitet wird das Projekt vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FIBL). Die Ergebnisse sollen publiziert werden.

GUTS- UND FORSTBETRIEB WILFERSDORF ERNTEERGEBNISSE 2023

50
AGRARWIRTSCHAFT & NAHRUNGSMITTEL
LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023
3,7 to/ha Raps 8,4 to/ha Wintergerste 6,4 to/ha Winterweizen 6,7 to/ha Winterdurum 5,8 to/ha Sommerdurum 9,4 to/ha Mais 84 to/ha Zuckerrübe

BIO-GUTSBETRIEB WILFERSDORF

Wussten Sie, dass auch in Österreich Reis angebaut wird?

Auf einer Versuchsfläche von fünf Hektar hat der Bio-Gutsbetrieb 2023 in Kooperation mit dem österreichischen Unternehmen ÖsterReis erstmals Reis angebaut. Die ausgeprägte Sommertrockenheit führte zu einem sehr niedrigen Ernteergebnis, aber es konnten wichtige Erkenntnisse für den zukünftigen Anbau gewonnen werden.

Bei der Produktion von ‚Trockenreis‘ werden die Felder nicht geflutet. Das bringt eine Menge Herausforderungen mit sich, zum Beispiel Unkrautbekämpfung bis Mitte Juli, da Reis eine sehr langsame Jugendentwicklung hat. Die notwendige intensive Bewässerung ist nur mit einer effizienten und sparsamen Tropfbewässerung sinnvoll umsetzbar.

Das gemeinsame Projekt wird weitergeführt, da Reis eine Spezialkultur darstellt und in Kombination mit der Tropfbewässerung weitere Erfahrungen auch für andere Kulturen gesammelt werden können. Bei einem Ertrag von 1.000 Kilogramm wird dann auch der Deckungsbeitrag interessant.

Das beste Ergebnis der Region (inklusive der konventionellen Betriebe) hat der Bio-Gutsbetrieb im ersten Jahr mit der Vermehrung von Saatmais erzielt: „143 Prozent des vorgegebenen Referenzertrags haben uns zum „King of Saatmais“ gemacht, wie uns ein Betreuer der Vermehrungsfirma Saatbau scherzhaft nannte“, sagt Geschäftsführer Markus Fassler. Damit ist diese Kultur auch wirtschaftlich sehr interessant und die Vertragsfläche wird im Jahr 2024 deutlich erweitert.

Zusätzlich wurden 2023 erstmals auch Bio-Kartoffeln angebaut – mit durchaus gutem Ertrag und rund 17 Prozent Stärkegehalt – ein sehr guter Wert für die Region. Die Kartoffeln gehen in die verarbeitende Industrie – aus ihnen wird Kartoffelstärke u.a. für Babynahrung und Eindickungsmittel gewonnen. Aufgrund des Erfolgs soll die Anbaufläche von zehn Hektar auf 20 Hektar ausgeweitet werden.

BIO-GUTSBETRIEB WILFERSDORF ERNTEERGEBNISSE 2023

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LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023
sparsamer Bewässerung 4,9 to/ha Weizen 4,9 to/ha Gerste 6 to/ha Roggen 560 kg/ha Ölkürbis 8,5 to/ha Körnermais 3,6 to/ha Sojabohne 28 to/ha Kartoffel
Reisernte trotz

In der offenen Agrarlandschaft von Rabensburg lebt eine erstaunlich hohe Anzahl an Feldlerchen.

52 AGRARWIRTSCHAFT & NAHRUNGSMITTEL LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023

GUTS- UND FORSTBETRIEB WILFERSDORF

Gut für Vögel

Wie der Guts- und Forstbetrieb Wilfersdorf Biodiversität fördert

Die Landschaft von Rabensburg und Ringelsdorf im österreichischen Weinviertel ist mehr als nur Landwirtschaft – sie ist gezeichnet von einer besonders reichen Vogelvielfalt im Nahebereich der March-Thaya-Auen. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung, die im Frühjahr 2023 von Dr. Daniel Hoffmann von der Game Conservancy Deutschland für den Guts- und Forstbetrieb Wilfersdorf durchgeführt wurde. Auf den Flächen des Betriebs wurden Brutvögel kartiert und die Ergebnisse sind nicht nur für für Ornithologen und Ornithologinnen, sondern auch für Naturfreunde faszinierend.

Beeindruckend ist vor allem die hohe Anzahl an Feldlerchen in Rabensburg. Trotz der landwirtschaftlichen Prägung des Gebiets bietet es diesen Vögeln ein überraschend gutes Zuhause. Neben den Feldlerchen wurden auch Wiesenschafstelze, Wiesenpieper, Wachtel, Kiebitz und viele andere Vogelarten gesichtet – ein Indikator für eine gesunde, vielfältige Agrarlandschaft.

HECKEN ALS BRUTPLÄTZE

Ringelsdorf hingegen präsentiert sich mit einer geringeren Dichte klassischer Feldvogelarten, trumpft aber mit einer größeren Artenvielfalt auf. Dank der Strukturierung der Landschaft durch Windschutzstreifen und Wasserläufe beherbergt es eine reichhaltige Palette an Vogelarten, von Teich- und Sumpfsängern bis hin zu Pirolen und Raubwürgern.

Ein besonderes Augenmerk verdient die vom Guts- und Forstbetrieb Wilfersdorf angelegte Heckenlandschaft in der Au der March bei Hohenau. Diese Hecken dienen nicht nur als Lebensraum für Wald- und Feldvögel, sondern auch als wichtige Biotopvernetzungen in der Agrarlandschaft. Mit den Kartierungen wurde bestätigt, dass die Aulandschaft um Hohenau zu den Hotspots der Vogelwelt in Österreich zählt. Über 260 verschiedene Vogelarten wurden in dieser Gegend in den letzten Jahren beobachtet.

Diese Untersuchung ist auch ein lebendiges Zeugnis dafür, wie Landwirtschaft und Naturschutz Hand in Hand gehen können. Viele Arten würden heute ohne Bewirtschaftung nicht mehr vorkommen, so Dr. Hoffmann. Die Untersuchung soll nun dem Betrieb helfen, weitere Verbesserungen vorzunehmen. So kommt es nicht nur auf die Menge der Schutzflächen für Wildtiere an, sondern auf die richtige Verteilung und Vielfalt. Ganzjahresbiotope sind als Mosaike zu konzipieren: Von Graswegen, Hecken, Feldrainen, Blühstreifen und sogenannten Beetle Banks profitieren viele Arten von Wildtieren und Insekten.

46

Arten in 2023 nachgewiesen in Ringelsdorf, ca. 460 ha

39

Arten in 2023 nachgewiesen in Rabensburg, ca. 660 ha

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LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023

Begehrte Tropfen

Wie die Weine der Hofkellerei die Welt erobern

Im Februar 2023 präsentierte sich die Hofkellerei des Fürsten von Liechtenstein zum ersten Mal auf der renommierten VinExpo – Fachmesse für internationale Weine – in Paris. Unter knapp 3.000 Ausstellern aus 32 Ländern stachen die österreichischen und Liechtensteiner Weine positiv hervor und neue Kontakte zu Distributionspartnern in den USA, Europa und Asien wurden geknüpft.

Jährlich werden 150.000 Flaschen produziert. Es wäre durchaus möglich, die Produktion von Riesling, Grüner Veltliner, Pinot Noir und Chardonnay alleine über die beiden Weingutstandorte in Wilfersdorf und Vaduz, das Restaurant Torkel am Herawingert und die Vinothek im Gartenpalais in Wien zu vermarkten. Als international renommiertes Weingut ist es jedoch das Ziel der Hofkellerei, die hoch bewerteten Weine auch international zu platzieren. Auf den heute biologisch und regenerativ bewirtschafteten, qualitativ und geschichtlich bedeutenden Rebbergen wachsen mittlerweile auch international begehrte Raritäten – geschätzt für ihre Eleganz, Frische und Struktur.

Tokio, Hong Kong, Singapur, Los Angeles, New York zeichnen sich durch ihre hohe Dichte außergewöhnlicher Restaurants aus. Die Weine der Hofkellerei finden sich dabei unter anderem

im vom Guide Michelin mit drei Sternen ausgezeichneten „Masa“ in New York, im “67 Pall Mall“ Club in Singapur oder im „Sommelier“ im Mandarin Oriental Hotel in Hong Kong.

WISSEN FÖRDERN

Große Weine entstehen aber nicht nur durch gute Rebberge, sondern Handarbeit spielt eine wichtige Rolle in der Produktion. Ebenfalls essentiell ist die Vermarktung. Weiterbildung und Förderung der engagierten Teams sind daher ein wichtiges Anliegen. So wird die junge Önologin Natalie Wallner aus der Hofkellerei Vaduz in Australien praktizieren. Die Produktion in Liechtenstein wird seit 2019 von Hannah Fiegenschuh aus dem renommierten internationalen Beraterteam von Stéphane Derenoncourt begleitet. Das hat die kleinen feinen Füllungen der Pinot Noirs der letzten Jahrgänge noch etwas begehrter gemacht.

Ob bei der Ausbildung von Lehrlingen, Beschäftigung von internationalen Praktikantinnen und Praktikanten, Praktika auf oder regelmäßige Besuche von erfolgreichen Weingütern im In- und Ausland durch das gesamte Team – nur kontinuierliche Fortbildung sichert die hohen Innovations- und Qualitätsstandards der Weine aus der Hofkellerei des Fürsten von Liechtenstein.

54 AGRARWIRTSCHAFT & NAHRUNGSMITTEL
LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023 Sorgfalt mit Reben. Die Weingärten der Hofkellerei werden in Handarbeit gepflegt
HOFKELLEREI

Sterne für Restaurant Torkel

Auf Erfolgskurs in Vaduz

Das 2022 frisch renovierte und neugestaltete Restaurant Torkel in Vaduz hat sich als eines der Lieblingsrestaurants der Liechtensteiner etabliert. Ausgezeichnet mit einem Michelin-Stern und zwei Gault Millau-Hauben ist das besonders den Kochkünsten von Ivo Berger und der familiären Betreuung durch das Restaurantteam zuzuschreiben.

Aber auch die erstklassige Auswahl an Weinen der fürstlichen Hofkellerei trägt zur Beliebtheit bei. Aufgrund der hohen Nachfrage wird der Pinot Noir „Herawingert“ aus der Hofkellerei nun auch aus eigens für den Torkel abgefüllten sechs Liter „Methusalem“-Großflaschen ausgeschenkt – ein Erlebnis.

Vorreiterrolle bei Traditionsweingütern

Die Vorreiterrolle in Niederösterreich und Liechtenstein ist für die Arbeit beider Hofkellereien des Fürsten von Liechtenstein sehr wichtig. So wird der von der Hofkellerei mitinitiierte Verein „Lagenklassifikation Weinviertel“ mit einer Gruppe aus 14 innovativen, herkunftsorientierten Betrieben des Weinviertels ab 2024 Mitglied in der erstklassigen Gruppe der Österreichischen Traditionsweingüter. In Liechtenstein führte die Gründung des Liechtensteiner Weinbauverbands zur Erhöhung der Präsenz und des Stellenwerts der Weine aus Liechtenstein im Schweizer Weinverband Swiss Wine.

Stefan Tscheppe, Managing Director der Hofkellerei des Fürsten von Liechtenstein, ist Grün-

dungsmitglied der Österreichischen Traditionsweingüter im Weinviertel. Aus drei zu Beginn wurden mittlerweile 14 Weingüter, die alle das Ziel herkunftsorientierter Weine verfolgen und auch das System mit Gebietswein, Ortswein und Erste-Lage-Weine mittragen.

Seit 2019 stehen die Winzer im intensiven Austausch, verkosten gegenseitig die Weine und unterstützen einander. Weinviertel-Sprecher Stefan Tscheppe hebt hervor: „Wir sehen uns als eine Gruppe von Vordenkern, um auch zukünftige Entwicklungen rund um Herkunftstypizität und Sorten vorauszudenken und auch mittelund langfristig die Entwicklung des Gebietes im Qualitätswein mitzugestalten.“

Stefan Tscheppe leitet die Hofkellerei

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LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023
Motiviertes Torkel-Team feiert Auszeichnungen Fine Dining in Vaduz

Kurz gemeldet …

Unsere Farmen

in Uruguay

Für unsere landwirtschaftlichen Betriebe in Uruguay war 2023 ein Jahr der Herausforderungen: Verursacht durch La Niña, litt das ganze Land bereits das dritte Jahr unter einer extremen Dürre. Obwohl die Parelmo-Farmen unter starkem Druck standen und erhebliche Ernteausfälle in Kauf nehmen mussten, konnte schlussendlich dennoch Gewinn erzielt werden. Zurückzuführen ist das auf die hohe Widerstandsfähigkeit des integrierten Geschäftsmodells. Trotz der schwierigen Umstände ist die Integration der in 2022 akquirierten Farm Paso del Horno und damit verbunden die Entwicklung der Rinder- und Schafzucht weiter vorangeschritten. Glücklicherweise kehrten die Regenfälle in der zweiten Jahreshälfte zurück und mit unseren wieder grünen und gesunden Weiden freuen wir uns auf eine erfolgreiche Anbausaison.

GREEN UNIVERSE AGRICULTURE

High-Tech für Landwirte

Ein erfolgreiches Jahr hat Green Universe Agriculture (GUA) zu verzeichnen. Das spanische Unternehmen setzt seine Mission fort, Landwirte und Landwirtinnen weltweit mit Hightech-Mikroorganismen zu versorgen. Die Teams und Umsätze in den Kernmärkten Spanien, Portugal, Nahost und Nordafrika sowie Lateinamerika konnten weiter ausgebaut werden. Um die wachsende Nachfrage von Kundenseite zu bedienen, hat GUA die Produktionskapazität in Spanien und dem Vereinigten Königreich erheblich erweitert, was es dem Unternehmen ermöglicht, seinen ehrgeizigen Wachstumsplan zu verwirklichen.

56 AGRARWIRTSCHAFT & NAHRUNGSMITTEL LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023
Ronald Beare, Managing Director Parelmo Steigende Nachfrage: Landwirtschaft setzt auf Biologicals

Digitalisierte Versorgungsketten

Agritask setzt seine Dienstleistungen für einige der weltweit größten Lebensmittel- und Getränkeunternehmen wie ABInBev, General Mills oder Nestlé fort und unterstützt diese damit in ihren Bemühungen um Digitalisierung und Optimierung ihrer landwirtschaftlichen Betriebe. Agritask hilft seinen Kundinnen und Kunden dabei, Erträge zu steigern, effizientere und nachhaltigere agronomische Praktiken zu fördern und widerstandsfähigere Lebensmittelversorgungsketten aufzubauen. Obwohl die Budgets für Digitalisierung und Nachhaltigkeit aufgrund der hohen Inflation unter Druck geraten sind, hat Agritask in diesem Jahr eine Reihe von hochkarätigen neuen Kunden gewonnen, was die Relevanz und Attraktivität seiner agronomischen Plattform bestätigt.

Wenn Wasser knapp ist

2023 war ein Jahr des enormen Wachstums für N-Drip. Das Unternehmen hat seinen globalen Tätigkeitsbereich erheblich ausgebaut, angetrieben durch seine bahnbrechende und kosteneffiziente Bewässerungslösung und den dringenden Bedarf an effizienten Wassermanagementlösungen in wasserarmen Regionen – so zum Beispiel im Colorado River Basin. Darüber hinaus hat N-Drip in diesem Jahr eine strategische Zusammenarbeit mit RiceTec in den USA und Indien begonnen, die bereits vielversprechende Ergebnisse zeigt, einschließlich starker Ertragssteigerungen und erheblicher Einsparungen bei Wasser, Düngemittel und Methanemissionen.

UNSERE INVESTMENTSTRATEGIE AGRARWIRTSCHAFT & NAHRUNGSMITTEL

„Im Bereich Agrarwirtschaft & Nahrungsmittel setzen uns für eine nachhaltige Landwirtschaft ein, sowohl als Produzenten als auch als Anbieter von Branchentechnologien. In diesem Jahr haben wir wichtige strategische Schritte in unserem Unternehmensportfolio gesetzt, wie die Erweiterung unserer Landwirtschaftsbetriebe durch eine Investition in Valle del Guadiana, einem führenden AvocadoProduzenten, den Erwerb einer wichtigen Plattform für Gene Editing von Benson Hill bei RiceTec und eine Reihe von wichtigen Kooperationen in unserem Portfolio. Während unser Geschäft wächst, suchen wir weiterhin nach synergetischen Investitionsmöglichkeiten in klimaintelligente landwirtschaftliche Lösungen wie Biologicals, Bestäubungstechnologien, Kohlenstoffsequestrierung oder Wassermanagement. Wir freuen uns auf die nächsten spannenden Investitionsmöglichkeiten, die unser Gesamtportfolio ergänzen, stärken und vielfältige Synergien innerhalb unserer Gruppe möglich machen.“

57 LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023
AGRITASK

30 MIO. VERKAUFTE FORSTPFLANZEN

59.400

FESTMETER HOLZERNTE

17.000 HEKTAR WALD

Forstwirtschaft

WAS WAR: LIECO Forum fand erstmals in Deutschland statt

WAS IST: Naturpark Sparbach ist Vorreiter bei Nachhaltigkeit & Barrierefreiheit

WAS KOMMT: LIECO Gruppe baut mit palos Forstdigitalisierung aus

Der Klimawandel hat substanzielle ökologische, wirtschaftliche und soziale Auswirkungen. Bei nachhaltiger Bewirtschaftung ist der Wald CO₂-Speicher, Erhalter von Artenvielfalt und Produzent eines nachwachsenden Rohstoffes.

Wir stehen für eine aktive und nachhaltige Bewirtschaftung des Waldes sowie für eine Walderneuerung mit an den Standort und unter Berücksichtigung des Klimawandels angepassten Baumarten und Herkünften. Dies ermöglicht dem Wald, seine Klimafunktionen zu erfüllen. Die vielfältige Verwendbarkeit und die ökologischen Vorteile des Bau- und Werkstoffes Holz sind unbestritten.

Als Waldbesitzer und Eigentümer eines führenden Anbieters von Forstpflanzen und Forstdienstleistungen verfügen wir über eine tiefgreifende Expertise in der Forstwirtschaft.

Wir investieren in Unternehmen im Bereich Forstpflanzenproduktion, Forsttechnologie und Forstdienstleistungen.

60 Unser Portfolio LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023 FORSTWIRTSCHAFT

Die LIECO Gruppe ist führender Produzent von hochwertigen Forstpflanzen (30 Mio. p.a.) und bietet forstliche Dienstleistungen und digitales Forstmanagement.

Mitarbeitende: 280

Fläche: 335 ha Produktionsfläche

Märkte: Deutschland, Österreich, Italien, Slowenien, Rumänien, Schweiz

www.liecogruppe.com

Der Forst Kalwang ist ein Forstbetrieb in der Steiermark für die Produktion und Vermarktung von hochwertigem Nadelrundholz. Weitere Nebenbetriebe: Jagd, Tourismus.

Mitarbeitende: 17–23 je nach Saison

Fläche: Gesamtbesitz 13.394 ha, davon 3.300 ha Schutzwald

Markt: Österreich

www.forstkalwang.at

Der Forstbetrieb Wilfersdorf ist ein Forstbetrieb in Niederösterreich mit einer Waldausstattung von 90  % Laubholz und 10 % Nadelholz (> 30 verschiedene Baumarten) und Betreiber des ältesten Naturparks Österreichs. Weitere Nebenbetriebe: Jagd, Fischerei, Vermietungen, Naturschutz.

Mitarbeitende: 12-20 je nach Saison

Fläche: 3.560 ha, davon 250 ha Vertragsnaturschutzflächen www.liechtenstein-wilfersdorf.at

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LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023

Der smarte Wald

Wie sieht Forstwirtschaft im 21. Jahrhundert aus? Oliver Hilpold, CEO der LIECO Gruppe, spricht mit Andreas Igel, dem Geschäftsführer der Forest Mapping Management, über den Klimawandel und die realitätserweiternden Möglichkeiten von Datenbanken und Künstlicher Intelligenz im Wald.

Das Interview führte Karin Pollack.

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LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023
Andreas Igel, CEO Forest Mapping Management
EXPERTENGESPRÄCH

Der Wald ist weit mehr als nur eine Fläche mit Bäumen. Er strukturiert die Landschaft, ist ein wertvolles Erholungsgebiet für die Menschen und in nachhaltiger Bewirtschaftung trägt er zur Einsparung von CO₂-Emissionen bei. Als Nutz- und Wirtschaftswald ist er eine traditionsreiche Einnahmequelle, als Schutzwald verhindert er Lawinen und Murenabgänge besonders in gebirgigen Regionen. In der Liechtenstein Gruppe ist die LIECO jene Gruppe, die die Wertschöpfungskette Forst und Holz von der Aussaat der Baumsamen über die Aufforstung bis hin zu smarten Digitalisierungssystemen abdeckt und so eine moderne und umfassende Waldbewirtschaftung möglich macht.

Erste Frage an zwei Spezialisten: Wie geht es dem Wald in Mitteleuropa?

HILPOLD: Der Klimawandel setzt unseren Wäldern sehr stark zu. Das steht außer Frage, die Bäume haben vielerorts Stress – der Klimawandel führt zu Trockenheit, extremen Wetterereignissen und erhöhtem Schädlingsdruck. Bis zu einem gewissen Grad kann sich der Wald klimatischen Veränderungen ja anpassen, doch die Umweltbedingungen ändern sich so rasch, dass die Bäume nicht mitkommen. Es besteht die Gefahr, dass der Wald wichtige Nutzund Schutzfunktionen verliert.

Welche konkreten Probleme beschäftigen die Waldbesitzer und -besitzerinnen?

HILPOLD: Das ist regional sehr unterschiedlich, aber neben den klassischen kommerziellen Themen wie beispielsweise dem volatilen Holzpreis, sind es die Schäden durch Klimawandel, Extremwetter, aber auch Schädlinge wie den Borkenkäfer, die den Wäldern zusetzen, und das betrifft den Wirtschaftswald gleichermaßen wie Schutzwälder oder Naturwälder. Das große Problem ist, dass der Borkenkäfer zum Beispiel einen Baum schon lange befallen hat, bevor die Schäden sichtbar sind. Er zerstört von innen und hat auf diese Weise riesige Wälder – etwa im Waldviertel oder im Harzgebirge – vernichtet. Da gibt es Kahlflächen, die wie Mondlandschaften aussehen.

IGEL: Und genau deshalb bieten wir Softwarelösungen an, mit denen jene, die Wald besitzen oder bewirtschaften, Schäden wie zum Beispiel befallene Bäume früh erkennen können. Das gibt ihnen die Möglichkeit, wesentlich schneller als auf traditionelle Art und Weise reagieren zu können.

Was sind das für Softwarelösungen?

Unser Produkt palos ist eine digitale Plattform zur Datenverarbeitung, die gesammelte Informationen so aufbereiten kann, dass den Waldbesitzern und -besitzerinnen sowie -bewirtschaftern und -bewirtschafterinnen eine optimale Entscheidungsgrundlage vorliegt.

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Oliver
Hilpold, CEO LIECO

Dafür müssen Bilder aus der Luft – wir kombinieren hier Aufnahmen unserer Flugzeuge sowie aktuelle Satellitenbilder – erstellt werden, um genaue digitale Karten eines bestimmten Areals anzulegen. Dieser Datenmix bringt den Vorteil, dass wir mit der Aktualität der Satellitenbilder und der Genauigkeit unserer Kameras, die mit Sensoren und Infrarot ausgestattet sind, ein perfektes Bild generieren können. Dadurch kann man nicht nur die Anzahl und Art der Bäume erfassen, sondern auch die Vitalität des Waldes feststellen und Entwicklungen über die Zeit beobachten.

Was bedeutet das für die Arbeit von Forstleuten?

IGEL: Wenn Försterinnen und Förster ihren Blick über den Wald schweifen lassen, nennt man das im Fachjargon den ‚forstlichen Götterblick‘. Es ist ein anderes Wort für ihre Erfahrung und ihr Know-how in der Beurteilung des Waldes. Um diese Erkenntnisse zu digitalisieren und mit den Daten zu kombinieren, die vom Götterblick nicht erfasst werden können – zum Beispiel Daten aus der Luft – ist es wichtig, die Försterinnen und Förster mit digitalen Werkzeugen zu unterstützen. Forstwirtinnen und -wirte sehen mit unseren Systemen zum Beispiel durch Wassermangel unterversorgte Areale. Vor allem bei großem Waldbesitz ist das wichtig, weil es nie möglich ist, überall im Wald zu sein. Dazu gehört heutzutage auch ein mitgeführtes Tablet um Daten zu sammeln und auf Knopfdruck ein detailliertes Bild des jeweiligen Waldes zu erstellen. Mit anderen Worten: Unsere Software ist ein Götterblick durch Daten.

Was bringt das?

IGEL: Unsere Vision ist es, dass Försterinnen und Förster in absehbarer Zukunft mit Daten-Brillen durch ihre Wälder gehen, und diese Brillen viele Informationen gleich vor Ort verfügbar machen. Diese Art von Augmented Reality, also erweiterter Realität, wird viele Vorteile bringen.

Die LIECO hat die Forest Mapping Management 2022 gekauft. Was ist seit damals passiert?

HILPOLD: Wir haben das Unternehmen auf komplett neue Beine gestellt. Das heißt: Unternehmens- und Arbeitsprozesse verändert, die Organisation erweitert und umgebaut und wir sind gerade dabei, eine neue digitale Welt für die Anwendung durch Forstleute zu entwickeln.

IGEL: Und wir arbeiten daran, unsere Produkte so zu skalieren, dass sie je nach Größe oder geografischer Lage der Wälder leicht in der Anwendung sind. Dabei beschäftigen wir uns intensiv mit Künstlicher Intelligenz und haben entsprechende Algorithmen entwickelt. Wir wollen, dass Forstleute ihre Wälder so bewirtschaften wie ein Lagerhaus. Wie viel geht raus? Was kommt rein? Das alles kann eine Software schnell und präzise beantworten. Auf diese Weise ist sie ein Werkzeug, mit dem man regelmäßig Inventuren machen kann. Die KI soll uns helfen zu lernen, ob eine Eiche auf 1.000 Metern Seehöhe gut gedeiht oder nicht. Das sind Erfahrungswerte, die es derzeit noch nicht gibt.

HILPOLD: Die LIECO bekennt sich zu allen Funktionen des Waldes und somit auch zu seiner Bedeutung als Nutz- bzw. Wirtschaftswald. Wir bilden die gesamte Wertschöpfungskette in unserer Software ab. Theoretisch vom Saatgut bis zur forstlichen Dienstleistung bzw. bis das Holz zum Sägewerk transportiert wird: daran arbeiten wir, halten Ausschau nach interessanten Anwendungen und bauen mit digitalen Methoden vollkommen neues Know-how auf.

Was sind die Hürden?

HILPOLD: Herausforderungen allgemeiner Natur sind sicherlich unter anderem in der Förderungsund Forstgesetzgebung und der damit verbundenen Regulatorik zu sehen. Die Forstwirtschaft ist sehr langen Zyklen ausgesetzt, ein Baum benötigt Jahrzehnte, bevor er geerntet wird. In dieser Zeit kann viel passieren und die Herausforderung ist, dass niemand vorhersagen kann, wie sich die Rahmenbedingungen wie beispielsweise auch das Klima entwickeln. Deshalb sind die Regulatorik und die Lebensrealität oft auf unterschiedlichen Zeitstrahlen unterwegs, Waldbesitzer und -be-

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sitzerinnen müssen aber trotzdem handeln. Der Klimawandel bringt uns in eine Schere aus Nichtwissen, Unsicherheit und Handlungsbedarf.

IGEL: Ich denke, dass gerade Daten die Basis für neue Entscheidungen sein können. Sie werden es uns möglich machen, besser als bisher Prognosen erstellen zu können, den Ist- und den Bedarfszustand zu erkennen und unter Umständen andere Entscheidungen als gewohnt treffen zu können. Was uns stark auffällt: Derzeit findet gerade ein Generationenwechsel im Bereich der Forstwirtschaft statt. Das Know-how der neuen Generationen, die im digitalen Zeitalter aufgewachsen sind und die vielfältigen forstlichen Aus- und Weiterbildungen, bringen ihnen einen großen Vorteil gegenüber vorangehenden Generationen. Da gibt es keine Berührungsängste mit Software – für den Wald ist das eine Chance.

Wie sehen Sie die Zukunft?

HILPOLD: Es ist sehr wahrscheinlich, und Analysen von Klimadaten zeigen das auch bereits, dass sich zum Beispiel die Klimazonen in Deutschland verschoben haben, so dass viele Regionen heute ein

Klima aufweisen, das vor ca. 50 bis 100 Jahren bis zu 600 km weiter im Südwesten herrschte. Ähnliches gilt natürlich auch für Österreich. Das hat zur Folge, dass sich die mittleren Temperaturen und Niederschlagsmuster ändern, mit teilweise schwerwiegenden Folgen für den Wald. Darauf sollten wir uns einstellen und gerüstet sein. Was sind konkrete Lösungen?

HILPOLD: Gezielte waldbauliche Maßnahmen, zum Beispiel Aufforstungen mit klimaresistenten Mischbaumarten. Auf Naturverjüngung allein können wir nicht setzen, das würde zu lange dauern. Zusätzlich kann sich bei der Naturverjüngung ja nur jene Baumart verjüngen, die bereits vor Ort ist. Trockentolerantere und schnellwüchsige Arten ermöglichen Zuwachssteigerung und damit kürzere Umtriebszeiten. Das bedeutet Risikominimierung.

Pflegemaßnahmen gehören viel intensiver durchgeführt. Weniger Bäume auf gleicher Fläche bedeuten einen höheren Kronenanteil. Das Ergebnis ist ein Vitalitätsgewinn und deutlich weniger Wurzelkonkurrenz, bessere Wurzelausbildung und

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Unsere Forstwirtschaft ist seit Jahrhunderten nachhaltig. Es wird in langen Zeitspannen gedacht.
Vom Baum bis zum Sägewerk: Die Software palos schafft Transparenz im Wald. FORSTWIRTSCHAFT

mehr Wasserverfügbarkeit für den Einzelbaum. Diese Maßnahmen bewirken auch einen wesentlichen Stabilitätsgewinn für den Bestand.

IGEL: Parallel bauen wir unser Angebot aus. Wir haben im vorigen Jahr ein Unternehmen gekauft, das die Vermessung von Holzpoltern (Holzstöße) möglich macht. Niemand muss die gefällten Baumstämme mehr zählen. Das Smartphone zeigt, wie viele Festmeter da liegen und diese Information wird in unserer neuen Software palos verarbeitet.

Zwischen Aussaat und Ernte liegen viele Schritte, wir bringen digitale Aspekte in diesen Prozess.

Was sind die Pläne für die Zukunft?

HILPOLD: Die LIECO Gruppe versteht sich als starker Partner innerhalb der Wertschöpfungskette Forst und Holz und sorgt mit ihren Aktivitäten quasi für die gute Kinderstube unserer zukünftigen Wälder, damit auch künftig der Wald seine Funktionen erfüllen kann. Darüber hinaus werden wir uns entlang der Wertschöpfungskette weiterentwickeln und wachsen, wobei der Fokus in den nächsten Jahren auf der DACH-Region bzw Mitteleuropa liegt. Unser Anspruch ist es, den Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern jene Produkte und Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen, die ihren Arbeitsalltag erleichtern und mit denen wir den Wald der Zukunft gemeinsam gestalten können. Wälder sollen auch in hundert Jahren noch eine natürliche Ressource, Lebensraum oder auch Erholungszone für die Menschen sein. ■

SMARTE FUNKTIONEN FÜR SMARTE FORSTEXPERT:INNEN

palos, die neu entwickelte Software von Forest Mapping Management GmbH (FMM) , bietet innovatives Forstmanagement auf höchstem Niveau. Palos richtet sich an alle Waldbewirtschafter:innen, die mehr Transparenz und Überblick über ihre Wälder haben, und genauere Analysen durchführen wollen. Das Herzstück der Software bildet die digitale Forstkarte: sie ist einfach zu nutzen und

bietet umfangreiche Funktionen. Damit wird nachhaltige Waldbewirtschaftung ganz einfach. Forest Mapping Management GmbH ist seit 2023 Teil der LIECO Gruppe und seit mehr als drei Jahrzehnten der führende Anbieter digitaler Lösungen in der Forstwirtschaft und der Partner für Luftbildbefliegungen.

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Umweltfreundliche und nachhaltige Forstwirtschaft sollte im Interesse aller liegen.

Einen Balanceakt schaffen

Die Herausforderungen des EU Green Deals zwischen ökologischer Vision und wirtschaftlicher Realität

Der EU Green Deal, mit Initiativen wie Fit for 55, der Renewable Energy Directive (RED), dem Nature Restoration Law und der Biodiversitätsstrategie, zielt auf einen verstärkten Umweltschutz ab, bringt jedoch auch erhebliche Herausforderungen und Unsicherheiten für die Forstbranche mit sich.

Österreichs Wälder bedecken rund 48 Prozent des Landes. 28 Prozent der Gesamtfläche stehen unter Schutz und sind sogenannte Natura 2000-Gebiete, Landschaftsschutzgebiete, Nationalparks oder Biosphärenparks. Die Forstwirtschaft ist tief in der Kultur und Wirtschaft verankert. Das österreichische Forstgesetz, das auf das Jahr 1852 zurückgeht und in seiner Geschichte mehrfach reformiert wurde, steht für eine nachhaltige und multifunktionale Waldnutzung. In diesem Kontext kritisiert Helmut Rinnhofer, Managing Director Forst Kalwang einige Aspekte

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FORSTWIRTSCHAFT
FORST KALWANG

des Green Deals: „Die zunehmende Bürokratie und die strengen Auflagen des Green Deals könnten die Flexibilität und Effizienz unserer Forstbetriebe erheblich einschränken. Wir müssen auf die Balance zwischen ökologischer Nachhaltigkeit und ökonomischer Realität achten.“

WETTBEWERBSFÄHIGKEIT ERHALTEN

Die Maßnahmen des Green Deals, wie die strengere Regulierung des Holzhandels und die Einführung von Schutzgebieten, könnten die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Forst- und Holzindustrie gefährden. Diese Industrie ist ein wesentlicher Wirtschaftszweig, der nicht nur Arbeitsplätze schafft, sondern auch eine wichtige Rolle im ländlichen Raum spielt. Die Umstellung auf nachhaltigere Waldbautechniken erfordert Investitionen in Schulung und Technologie, was für kleinere Betriebe finanziell belastend ist. Die verstärkten Umweltauflagen könnten die Betriebskosten erhöhen und zu einem Verlust an internationaler Wettbewerbsfähigkeit führen, wenn die europäischen Standards nicht weltweit angewendet werden. Zudem könnte die Konzentration auf Aufforstung neuer Flächen und Schutz bestehender Wälder zu Konflikten mit anderen Landnutzungsformen führen, insbesondere in Gebieten, in denen Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Tourismus um Raum konkurrieren.

SCHUTZ VON LEBENSRAUM

Neben den Herausforderungen beinhalten die Pläne der EU dennoch auch positive Aspekte. Der Green Deal könnte zu einer verstärkten Anerkennung und Förderung der multifunktionalen Rolle der Wälder in Österreich führen, insbesondere in Bezug auf die Biodiversität, den Schutz natürlicher Lebensräume, Holz als nachwachsendem Rohstoff und CO₂-Speicher. Dies könnte Anreize für Aufforstungsprojekte schaffen und zu einer erhöhten Investition in Forschung und Entwicklung im Bereich nachhaltiger Waldbewirtschaftungstechniken führen.

„Natürlich sollte eine umweltfreundliche und nachhaltige Forstwirtschaft letztendlich im Interesse aller liegen, da Wälder eine entscheidende Rolle im Klimaschutz und für den Erhalt der Biodiversität spielen“, fügt Helmut Rinnhofer hinzu. Es sei wichtig, dass europäische Vorgaben nicht dazu führen, dass die heimische Industrie einen Nachteil hat und dadurch in eine Abhängigkeit von Holzimporten gerät.

Dies würde letztendlich auch der Idee des Klimaschutzes zuwiderlaufen. Was noch wichtig ist: Die Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen dürfe das Verfügungsrecht über das Eigentum nicht beeinträchtigen. Die Herausforderung besteht darin, einen ausgewogenen Ansatz zu finden, der sowohl ökologische als auch wirtschaftliche Interessen berücksichtigt. ■

UNSERE INVESTMENTSTRATEGIE FORSTWIRTSCHAFT

„Im Forstsektor suchen wir kontinuierlich nach attraktiven Investitionsmöglichkeiten im Bereich der Aufforstung und Wiederaufforstung. Das schließt speziell auch Baumschulen ein (sowohl Containerpflanzen- als auch Nacktwurzlerproduktion) sowie Unternehmen, die Forstdienstleistungen wie Pflanzung, Umzäunung und Pflege anbieten. Darüber hinaus investieren wir auch in die digitale Forstverwaltung, wobei wir uns hier auf Softwareunternehmen konzentrieren, die Lösungen zur Vereinfachung des täglichen Lebens von Försterinnen und Förstern anbieten – wie beispielsweise Aufgaben- und Logistikplanung, oder digitale Forstinventur. Für alle unsere Investitionen im Bereich Forstwirtschaft liegt unser geografischer Schwerpunkt in Europa, speziell in der DACH-Region.“

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70 LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023
FORSTWIRTSCHAFT
Baulich erweitert: Das Besucherzentrum wurde mit nachhaltigen Materialien errichtet.

NATURPARK SPARBACH

Natur für die Öffentlichkeit

Der Naturpark Sparbach wurde 2023 mehrfach für Nachhaltigkeit und Naturschutz ausgezeichnet.

Im Naturpark Sparbach fand am 28. April 2023 die feierliche Eröffnung des neugestalteten und erweiterten Besucherzentrums statt. Es bietet Besucherinnen und Besuchern nun einen neu strukturierten Eingangsbereich mit digitalem und barrierefreiem Zutritt. Im erweiterten Shop gibt es regionale Spezialitäten und NaturparkProdukte zum Mitnehmen. Neu wurden auch das Naturparkbüro und Räumlichkeiten für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Zubau untergebracht. Beim Bau des Besucherzentrums wurde – wie im Naturpark Sparbach generell – auf nachhaltige Materialien geachtet. Das eingeschossige Gebäude hat ein Gründach, die bestehende PV-Anlage wurde erweitert.

Das Engagement des Naturparks wurde 2023 gleich zweimal mit einer Auszeichnung belohnt: Im Bereich ökologische Nachhaltigkeit in Form einer Nominierung zum Energy Globe Award Niederösterreich. Eingereicht wurde in der Kategorie ‚Erde‘ das Projekt „Biodiversität im Naturpark Sparbach – Das Filmprojekt“. Der Energy Globe Award ist der weltweit renommierteste Umweltpreis und zeichnet jährlich herausragende, nachhaltige Projekte mit Fokus auf Ressourcenschonung, Energieeffizienz und Einsatz erneuerbarer Energien aus.

BARRIEREFREI ERLEBBAR

Und auch im sozialen Bereich erhielt der Naturpark eine Auszeichnung: Für sein hervorragendes Engagement für Barrierefreiheit wurde vom BhW (Bildung hat Wert) Niederösterreich der Preis „Vorbild Barrierefreiheit“ vergeben. Diese renommierte Auszeichnung würdigt all jene Einrichtungen und Personen in Niederösterreich, die an ihre Mitmenschen denken und an der Schaffung einer barrierefreien Umgebung arbeiten. Dies ermöglicht es allen, aktiv und gleichberechtigt an der Gesellschaft teilzunehmen.

Der Naturpark Sparbach wurde in der Kategorie ‚Freizeit und Veranstaltungen‘ für seine kontinuierlichen Bemühungen um eine inklusive Umgebung ausgezeichnet. Der Park bietet breite Wege, die sowohl für Gäste im Rollstuhl als auch für Familien mit Kinderwagen konzipiert sind. Auch der Gastronomiebereich am Haupteingang ist barrierefrei zugänglich. Zusätzlich wurde für den Park ein exklusiver Audio-Guide entwickelt, der über eine Smartphone-App installiert werden kann.

* Der seltene und geschützte Alpenbock (Rosalia alpina) hat durch nachhaltige Waldwirtschaft im Naturpark Sparbach eine Heimat gefunden.

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Das Team Sparbach bei der Preisverleihung von „Vorbild Barrierefreiheit“

8.000

14.500

79.400

M 2 IN ENTWICKLUNG
M 2 VERMIETETE FLÄCHEN*
M 2 EVENT- UND AUSSTELLUNGSFLÄCHEN * EXKL ELV

Immobilien

WAS WAR: Hohe Zinsen erschweren Neuinvestitionen

WAS IST: Wir feiern 10 Jahre Wiedereröffnung Stadtpalais Liechtenstein

WAS KOMMT: Auf die Zukunft bauen mit nachhaltigem Immobilienmanagement

Immobilien sind für ca. 40 % der weltweiten CO₂-Emissionen verantwortlich. Gleichzeitig ist leistbarer Wohnraum knapp. Sowohl im gewerblichen als auch im privaten Immobilienbereich braucht es flexible und nachhaltige Bau- und Nutzungskonzepte.

Wir haben langjährige Erfahrung in der traditionellen Immobilienverwaltung sowie in der Bewirtschaftung historischer Palais und investieren weltweit in unterschiedliche Immobilienklassen und Bautechnologien.

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Unser Portfolio

RH Ô NE IMMOBILIEN AG

Rhône umfasst eine Liegenschaft (siebenstöckiges Gebäude mit Büroräumlichkeiten und Geschäftsflächen) an der Rue du Rhône 21 in Genf.

Flächen: 4.200 m2 vermietete Fläche

ELV ist ein Immobilienentwickler für Wohn- und Gewerbeentwicklungsprojekte an der Ostküste der USA mit Hauptsitz in Boston und weiteren Standorten in Washington, DC und Atlanta.

US SENIOR LIVING

Gemeinsam mit Partnerunternehmen investiert die Liechtenstein Gruppe in Wohneinrichtungen für Senioren in Texas, USA.

Flächen: 5.320 m2 vermietete Fläche

Hunter Real Estate ist ein Wohnimmobilieninvestor und -manager in Boston, USA.

Flächen: 50.000 m2 vermietete Gesamtfläche

Liechtenstein Immobilien Wien vermietet und verwaltet Immobilienbesitz inklusive historischer Palais und Gewerbeimmobilien. Palais Liechtenstein vermarktet das Gartenpalais & Stadtpalais Liechtenstein für Events und Führungen.

Mitarbeitende: 28 festangestellt, 11 Kunstvermittler:innen und Eventaushilfen temporär Flächen: 7 Liegenschaften mit rund 29.000 m2 Nutzfläche; Liechtensteinpark mit rund 52.000 m2 www.liechtenstein-immobilien.at www.palaisliechtenstein.com

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LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023
Das Große Mahagonizimmer im Stadtpalais Liechtenstein während der Renovierungsarbeiten

Restaurierung als Meisterleistung

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RENOVIERUNG STADTPALAIS

600

PROJEKTBETEILIGTE PERSONEN

140 AUSFÜHRENDE FIRMEN

30

BETEILIGTE FACHPLANER UND KONSULENTENBÜROS

PALAIS LIECHTENSTEIN IMMOBILIEN WIEN

Protokoll einer Erneuerung

Stuckdecken, Parkettböden von Michael Thonet und originale Seidentapeten – das Stadtpalais Liechtenstein ist ein Musterbeispiel dafür, wie ein historisches Juwel mit Respekt für die Vergangenheit und Blick auf die Zukunft restauriert wurde. 10 Jahre sind nun seit der feierlichen Wiedereröffnung vergangen.

Alles scheint so wie immer in der Wiener Bankgasse Nummer 9. An dieser Adresse residierten von 1705 bis zum Beginn des zweiten Weltkriegs die Fürsten von Liechtenstein. Doch wer das Gebäude vor der Revitalisierung, die von 2008 bis 2013 stattfand, besuchte, konnte nur wenig vom einstigen Glanz erahnen.

Ein Jahrzehnt nach der feierlichen Wiedereröffnung am 9. April 2013 präsentiert sich das Stadtpalais Liechtenstein, das ehemalige Majoratshaus der Fürsten von und zu Liechtenstein, in voller Pracht. Die Restaurierung, die rund 120 Millionen Euro kostete und fünf Jahre dauerte, gilt als eine der umfangreichsten nach wissenschaftlich-denkmalpflegerischen Grundsätzen der letzten Jahre in Wien und demonstriert eindrucksvoll die Verbindung von Tradition und Moderne.

Der Bauherr S.D. Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein unterstrich die Bedeutung der Renovierung: „Das Stadtpalais, seit 1694 in Familienbesitz, zu erhalten und für die Zukunft zu sichern, war uns ein großes Anliegen. Wir haben es geschafft, den historischen Charme zu bewahren und gleichzeitig moderne Standards zu integrieren.“

Verkauf

Fertigstellung

Umgestaltung durch

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LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023
1694 1705 1837
des Palais an Johann Adam Andreas I. für 115.000 Gulden des Stadtpalais Peter Hubert Desvignes für Fürst Alois II.
IMMOBILIEN

Die Geschichte des Palais ist reich und vielfältig. Ursprünglich als Residenz von Fürst Johann Adam Andreas I. erbaut, diente es über Jahrhunderte hinweg als Wohnraum, zur Hofhaltung und als Ausstellungsort für die umfangreiche Kunstsammlung der Fürstlichen Familie Liechtenstein. Im 19. Jahrhundert wurde das Palais von Peter Hubert Desvignes umfassend im Stile des prächtigen „Zweiten Rokokos“ umgestaltet.

IM WANDEL DER GESCHICHTE

Berühmt war das Palais im 19. Jahrhundert auch wegen seiner technischen Raffinessen. Es verfügte über eine Aufzugsanlage über vier Stockwerke, eine hausinterne Sprechanlage mit Korrespondenzschläuchen aus Kautschuk und Seide mit Elfenbeinmundstücken sowie eine Heißluftheizung, deren Ausblasöffnungen teilweise kunstvoll in Kandelabersockel oder Wandverkleidungen integriert wurden.

Bombenschäden und Flugzeugabsturz

Instandsetzung nach Kriegsereignissen

Laut zeitgenössischen Beschreibungen konnte man mit einem Federdruck sämtliche Fenster einer Gassenfront öffnen und schließen oder Türen, die auf einer Seite verspiegelt waren, hochziehen und wenden. Diese Einrichtungen entsprachen zwar dem modernsten Standard, waren jedoch zugleich sehr reparaturanfällig: laufend waren Handwerker und Künstler mit Instandsetzungsarbeiten beschäftigt, weshalb das Palais im Volksmund auch „Künstlerversorgungshaus“ genannt wurde.

Das Stadtpalais durchlebte auch schwierige Zeiten. Bis 1938 wurde es noch intensiv genutzt. Mit der permanenten Übersiedlung der Fürstenfamilie nach Vaduz im August 1938 und der schweren Beschädigung des Treppenhauses sowie von Teilen des zweiten und dritten Stocks durch einen abgestürzten Kampfflieger, Bomben- und Granattreffer in den letzten

Archäologische Grabungen der Stadtarchäologie

Beginn der Sanierungsarbeiten

Fertigstellung und Wiedereröffnung

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1945 1974 2007 2008 2013
Das Stadtpalais Liechtenstein in der Wiener Bankgasse in neuer Pracht

Kriegswochen änderte sich die Situation jedoch vollkommen. In den ersten Nachkriegsjahren wurden Sicherungsarbeiten durchgeführt und die schlimmsten Beschädigungen behoben, doch der Mangel an finanziellen Mitteln, Material und personellen Ressourcen ließ keine größere Restaurierung zu.

STAHLSKELETT GEGEN VERFALL

Es sollte bis zum Jahr 2008 dauern, bis die Arbeiten begannen, um das Palais vor dem Verfall zu retten und seine historische Pracht wieder zum Vorschein zu bringen. Das Palais befand sich zu dem Zeitpunkt in derart schlechtem statischem Zustand, dass zuerst ein Stahlskelett als Stütze eingezogen werden musste. Durch die Abbrucharbeiten wurden die historischen Raumstrukturen wieder hergestellt, zahlreiche Gewölbe und Stuckdecken wurden freigelegt und auf diese Weise „wiederentdeckt“. Zusätzlich stabilisiert wurde das Gebäude durch den Bau eines dreigeschossigen Tiefspeichers. Erst danach konnten die restauratorischen Arbeiten, bei denen der Einsatz authentischer Materialien und der originalen Bautechnik im Vordergrund standen, beginnen.

Bei der Restaurierung sollte vor allem der Alterswert unterstrichen werden. Neuvergoldungen erfolgten daher nur dort, wo Ergänzungen durchgeführt werden mussten, sonst wurde die rund 180 Jahre alte Vergoldung lediglich gereinigt. Insgesamt kamen 1,5 Kilogramm Blattgold (rund 150.000 Stück) zum Einsatz, die in etwa 54.000 Arbeitsstunden per Hand aufgetragen wurden.

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Restaurierung von geschnitzten Ornamenten im Speisezimmer im 2. Piano Nobile
IMMOBILIEN
Prunktreppe während der Renovierungsarbeiten

Einen eigenen Bauabschnitt bildete das Prunktreppenhaus. Hier waren im 19. Jahrhundert alle Oberflächen aufgehackt und mit einer Putzschichte überzogen worden. Die Skulpturen erhielten damals eine Fassung in Ölfarbe, die ohne tiefgreifende Maßnahmen nicht zu entfernen gewesen wäre. Deshalb fasste man den Entschluss, die Überputzungen zu beseitigen und die originale barocke Oberfläche wieder zu rekonstruieren. Die gesamten Oberflächen einschließlich der Skulpturen erhielten eine zart differenzierte Fassung mit Kalkfarben, die heute wieder weitestgehend dem barocken Originalzustand entspricht.

Eine Rarität im Palais sind die Parkettböden, die der berühmte Tischlermeister Michael Thonet im 19. Jahrhundert angefertigt hatte. Die Oberflächen waren beschädigt und stark verschmutzt. Durch ein Trockenreinigungsverfahren mit Kalteis wurden viele Flächen gereinigt, an anderen Stellen wurde der Parkettboden ausgebaut und im Atelier restauriert. Während in den Galerieräumen heute der Originalboden zu bewundern ist, wurde der Boden in den Veranstaltungsbereichen mit einer Nachbildung abgedeckt, um das Original zu schützen. Die prachtvollen Muster der Böden wurden quadratmeterweise abfotografiert und auf Holzplatten gedruckt.

Prunktreppe nach der Renovierung

Die Wandbespannungen waren in vielen Teilen erhalten und konnten konserviert werden, für einige Räume waren sie aber zur Gänze verloren. Die Reinigung vorhandener Textilien erfolgte ausschließlich durch Trockenreinigung. Aufgrund von Fragmenten der Textilien und Fotos konnten die

Die teilweise Neuvergoldung geschnitzter Ornamente erfolgte mit höchster Sorgfalt.

81 LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023
Der Ballsaal im neuen Glanz. Heute wird er für Feierlichkeiten vermietet.

verlorenen Textilien rekonstruiert und nachgewebt werden. Für manche Textilien wurden ursprünglich 24 verschiedenfarbige Seidengarne verwoben. Erst durch den Umbau eines Webstuhles konnte ein Wiener Seidenweber Nachwebungen produzieren, die in ihrer Farbigkeit und Oberflächenqualität kaum von den Originalstoffen zu unterscheiden sind. Heute zeigt sich im Nebeneinander von originalen und kopierten Wandbespannungen eine lebendige Vielfalt.

WELT VON FRÜHER

Das Schönste am Stadtpalais Liechtenstein: Wer heute die Räumlichkeiten besucht, tritt in eine Welt von früher, die durch modernstes Know-how für nachfolgende Generationen erhalten bleiben wird.

Auch das Wiener Traditionsunternehmen J. & L. Lobmeyr (berühmteste Kreation sind wohl die Starburst-Luster in der New Yorker Metropolitan Opera) war an der Revitalisierung des Stadtpalais Liechtenstein beteiligt und restaurierte zwischen 2008 und 2013 die Luster des Palais. Mit dem imposanten Luster im Quadratsaal wurde J. & L. Lobmeyr zuerst nur einer zur Bearbeitung gegeben. Die anderen Luster waren an weitere Firmen in Wien vergeben worden, denn der Umfang des Projekts hätte die Kapazitäten einer Firma überstiegen. Später übernahm J. & L. Lobmeyr auch die Restaurierung der anderen Luster.

Während des Zweiten Weltkriegs wurden Luster im Stadtpalais abgenommen und nach dem Krieg verkauft. Im Zuge der Renovierung wurden einzelne Teile im Wiener Antiquitätenhandel wiedergefunden und mit Hilfe historischer Fotografien zusammengefügt und ergänzt. Zwei Luster wurden zur Gänze nachgebaut. Johannes Rath, einer der Managing Partner von J. & L. Lobmeyr: „Bei den Lustern im Bouquetzimmer waren nur einige wenige Elemente vorhanden. Die größte Herausforderung war es, die „Lücken“ zu füllen, also die Teile zu rekonstruieren, die nicht erhalten waren. Auch war es eine kleine Kunst, auf dem alten Schwarz/Weiß-Foto die Grenze zwischen Teilen der Wanddekoration und Teilen des Lusters zu finden. Üblicherweise ist es bei so einem Projekt am schwierigsten, Bauherren von der Notwendigkeit detailgetreuer Arbeit und Recherche zu überzeugen. Das war hier kein Problem. Es galt als erklärtes Ziel, bestmögliche Arbeit zu bekommen. Und das ist genau, was wir immer wollen.“

PRACHTVOLL FEIERN

Heute gilt das Stadtpalais, wie auch das Gartenpalais Liechtenstein in der Rossau, als Top-Adresse für exklusive Veranstaltungen und kulturellen Hochgenuss in barocker Festatmosphäre. Über 200 Veranstaltungen und 700 Führungen fanden 2023 in den beiden Palais statt. Kundinnen und Kunden können das luxuriöse Ambiente für elegante Cocktailempfänge, Hochzeiten, Galadinner sowie Seminare, Konferenzen, Preisverleihungen, Modeschauen und Konzerte anmieten. Rund 250 m² im ersten und rund 320 m² im zweiten Obergeschoss des Stadtpalais stehen für Events zur Verfügung. Zusätzlich bieten das offene Vestibül und der direkt angrenzende Innenhof eine attraktive Außenfläche für Veranstaltungen.

Exklusive Besichtigungen der privaten Kunstsammlung des Fürsten von und zu Liechtenstein bieten zusätzlich beeindruckende Einblicke in über 600 Jahre Sammeltradition. Im Stadtpalais sind Gemälde und Möbel aus einer der fruchtbarsten und eigenständigsten Epochen der Wiener Kunstgeschichte, dem in Wien nicht wirklich scharf voneinander zu trennenden Klassizismus und Biedermeier zu sehen. ■

aus: JOHANN KRÄFTNER

Das Stadtpalais der Liechtenstein Geschichte und Restaurierung des fürstlichen Palais in der Wiener Bankgasse. Christian Brandstätter Verlag GmbH & Co KG, 2015

STADTPALAIS LIECHTENSTEIN Bankgasse 9, 1010 Wien

www.palaisliechtenstein.com

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Kurz gemeldet …

RHÔNE IMMOBILIEN

Nachhaltig in Genf

Das Bürogebäude in der Rue du Rhône in Genf ist von den Turbulenzen auf dem Gewerbeimmobilienmarkt im letzten Jahr unberührt geblieben – es ist weiterhin vollständig an renommierte Luxusmarken sowie an die LGT vermietet. Wartungsarbeiten an den PV-Anlagen auf dem Dach waren 2023 die einzigen nennenswerten Erneuerungen am Gebäude, das in puncto Nachhaltigkeit und Mietererlebnis auf dem neuesten Stand der Technik ist.

US SENIOR LIVING

Senior Living in Houston

Die Seniorenwohnanlage in der Nähe von Houston, Texas, befindet sich seit 2022 im Immobilien-Portfolio der Liechtenstein Gruppe und kann 2023 als ausgezeichnetes Jahr verbuchen: Die durchschnittliche Belegungsrate überstieg 90 Prozent und das Netto-Betriebsergebnis lag über dem Budget. Das angrenzende Entwicklungsprojekt, das darauf abzielt, die Kapazität des Standorts zu verdreifachen, schreitet ebenfalls größtenteils wie geplant voran. Verzögerungen aufgrund schlechten Wetters haben den Bauprozess zwar etwas verlangsamt, aber der Großteil der neuen Gebäude wird wie geplant errichtet, und die Kosten liegen trotz der herausfordernden Umstände im Bau- und Immobiliensektor weiterhin innerhalb des Budgets.

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IMMOBILIEN

HUNTER REAL ESTATE

Wohnhäuser in Boston

Die Liechtenstein Gruppe ist alleiniger Investor in Hunter Real Estate, einen Wohnimmobilieninvestor und -manager in Boston, der in der Region Greater Boston eine Strategie zum Kauf und Aufbau von Mehrfamilienhäusern verfolgt. Derzeit besitzt und verwaltet Hunter Real Estate über 100 Immobilien bzw. 600 Wohneinheiten. Aufgrund des Zinsanstiegs und der immer noch vergleichsweise niedrigen Kapitalisierungsraten hat sich die Investitionsgeschwindigkeit im Jahr 2023 deutlich reduziert. Der Schwerpunkt lag auf der Verwaltung und Optimierung des bestehenden Portfolios und der Umsetzung mehrerer Projekte zur Steigerung der Energieeffizienz.

ELV

Projekte im Südosten der USA

In den letzten Jahren hat die Liechtenstein Gruppe gemeinsam mit weiteren Family Offices in ELV Associates, Inc. investiert, einen in Boston ansässigen Immobilienentwickler. Derzeit besteht das Portfolio der Liechtenstein Gruppe mit ELV aus 14 Immobilienprojekten, die geografisch über den Osten bzw. Südosten der USA verteilt sind (eine Mischung aus Mehrfamilienhäusern, Studentenwohnheimen und Bürogebäuden). Drei Projekte konnten bisher erfolgreich realisiert werden, wobei die Renditen die ursprünglichen Pläne übertroffen haben. Die wirtschaftlichen Turbulenzen der letzten Jahre haben natürlich auch den Immobiliensektor beeinflusst – bisher hat das Team von ELV jedoch die Projekte nach Plan umsetzen können und sie gut durch die schwierigen Zeiten manövriert.

UNSERE INVESTMENTSTRATEGIE IMMOBILIEN

„Unser Fokus im Immobilienbereich liegt einerseits auf Immobilien in unterschiedlichen Entwicklungsstadien und Anlageklassen, andererseits auf Gebäudetechnologieunternehmen.

Die rasante Entwicklung der Verbraucherpreise einhergehend mit einer stark steigenden Zinslandschaft hat auch die Immobilienbranche vor große Herausforderungen gestellt. Bei Investments in Bestandsimmobilien wird dadurch eine Zeitenwende kommen. Bisher waren wir eher zurückhaltend und haben opportunistisch agiert.

Bei Gebäudetechnologieunternehmen prüfen wir vorzugsweise Unternehmen, die Lösungen zur Optimierung der Umweltauswirkungen von Gebäuden anbieten. Wir haben für uns Fokusbereiche identifiziert, die einerseits starke Wachstumsaussichten aufgrund langfristiger baulicher und gesellschaftlicher Trends und andererseits den größten Impact auf Umwelt- und Klimaschutz haben – dazu gehören die Bereiche Smart Buildings Construction, Operating Efficiency und Advanced Materials. Ganz grundsätzlich sehen wir uns im Immobilienbereich nicht als Endinvestor für Immobilien, sondern möchten einen aktiven Beitrag leisten, um Projekte erfolgreich umzusetzen, fertigzustellen und/oder neu zu positionieren – gerne auch zusammen mit erfahrenen und etablierten Partnern. Da der Immobiliensektor einer der weltweit größten Verursacher von Treibhausgasemissionen ist, setzen wir bei unseren Investments nicht nur auf demographische Entwicklungen und Trends, sondern auch auf Nachhaltigkeit und ESG-Kriterien.“

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LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023

SUSTAINABILITY

Aufbruch in eine nachhaltige Zukunft

Die Liechtenstein Gruppe setzt ESG um. Gemeinsam Gestalten ist das Motto für die Transformation zu mehr Nachhaltigkeit.

WAS WAR …

2023

Mai Systemgrenzen:

Fokus auf Unternehmen der Liechtenstein Gruppe AG (CSRD-Betroffenheit und Möglichkeit zur Einflussnahme)

31. Mai Projekt-Kick-Off

Juni Wesentlichkeitsanalyse

• Wertschöpfungsketten & relevante Themen

• Geplante thematische Vertiefungen: Biodiversität & Klimawandel

• Impact-Analyse & Stakeholderbefragung

Juni Unternehmens- & Umfeldanalyse

Juli Erste Datenerhebungen

Corporate Carbon Footprint

WAS KOMMT …

2024

Februar Abschluss Wesentlichkeitsanalyse

März Ergebnisse Corporate Carbon Footprint

Ab Q2 Reporting Road Map (CSRD & EU-Taxonomie) Vertiefung Dekarbonisierungsstrategie Vertiefung Biodiversität

Mitder Liechtenstein Gruppe stehen wir Ende 2023 am Anfang einer neuen Ära des nachhaltigen Wirtschaftens. Unsere Vision von einer ressourcenschonenden Produktion hochwertiger Nahrungsmittel, aktiv bewirtschafteter, klimafitter und artenreicher Wälder, der Produktion von sauberer Energie und nachhaltigem Immobilienmanagement, spiegelt sich in unserem Engagement für die Entwicklung einer umfassenden ESGStrategie für die Liechtenstein Gruppe wider. Dies ist mehr als nur ein strategisches Ziel; es ist ein Ausdruck unserer tief verwurzelten Überzeugung, dass Nachhaltigkeit ohnehin in der DNA der Liechtenstein Gruppe liegt, weil wir – wie auch unser Eigentümer – generationenübergreifend denken.

Im Jahr 2023 haben wir einen wichtigen Schritt gemacht, indem wir mit der ‚denkstatt‘, einem führenden Beratungsunternehmen im Bereich Nachhaltigkeit, eine Partnerschaft eingegangen sind. Ziel dieser Zusammenarbeit ist es, eine gruppenweite ESG-Strategie zu entwickeln und ein standardisiertes Reporting zu etablieren. Dieser Prozess wurde unter anderem durch eine Wesentlichkeitsanalyse eingeleitet, die die wechselseitigen Auswirkungen unserer Geschäftstätigkeiten auf Umwelt und Gesellschaft und umgekehrt beleuchtet.

In einer Welt, in der Investoren, Konsumenten und politische Entscheidungsträger zunehmend von Unternehmen fordern, nachhaltig zu handeln, ist es entscheidend, dass wir unsere Rolle als verantwortungsbewusste Akteure ernst nehmen. Unternehmen muss klar sein,

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LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023

dass jede ihrer Handlungen sowohl ökonomische, ökologische als auch soziale Auswirkungen mit sich bringt!

AKTIV STATT ABWARTEND

Die Entwicklung einer ESG-Strategie ist ein klarer Beleg dafür, dass wir diese Verantwortung nicht nur anerkennen, sondern auch aktiv darauf hinarbeiten, unsere Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesellschaft positiv zu gestalten.

Die Einführung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) der Europäischen Union sowie Richtlinien gegen Greenwashing stellen neue Rahmenbedingungen dar, denen wir uns als Unternehmen stellen müssen. Diese Entwicklungen unterstreichen die Bedeutung einer soliden ESG-Strategie, die sicherstellt, dass wir nicht nur gesetzlichen Anforderungen entsprechen, sondern auch unsere Geschäftspraktiken

kontinuierlich verbessern. So sichern wir lang fristig das Wachstum und den wirtschaftlichen Erfolg der Liechtenstein Gruppe.

Natürlich wäre das alles nicht möglich, ohne den großen Einsatz unserer Kolleginnen und Kollegen in den Portfoliounternehmen, die sich aktiv an diesem spannenden Prozess beteiligen. Ihre Einsichten, Erfahrungen und ihr Engagement sind unerlässlich für die Entwicklung einer ESG-Strategie, die wirklich unsere Werte widerspiegelt und einen positiven Einfluss auf Umwelt und Gesellschaft hat.

DIMENSIONEN DER NACHHALTIGKEIT UND RELEVANTE THEMEN*:

ENVIRONMENTAL:

Klimawandel, Umweltverschmutzung, Wasser- & Meeresressourcen, Biodiversität & Ökosysteme, Boden- & Ressorcennutzung, Kreislaufwirtschaft

* European

SOCIAL: eigene Mitarbeiter, Beschäftigte in der Wertschöpfungskette, betroffene Gemeinschaften, Konsument:innen & Endnutzer:innen

S G

GOVERNANCE: Geschäftsgebahren

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LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023
E
Sustainability Reporting Standards (ESRS)

„Echt gut, statt eh gut“

Als Verantwortliche für Personalmanagement sieht Michaela Fischer ihre Rolle in der Liechtenstein Gruppe als Brückenbauerin. Konkret will sie Tradition mit Moderne, Land mit Stadt und Leistung mit Service verbinden. Das Interview führte Karin Pollack.

Was haben Sie gedacht, als Sie im Mai 2022 in der Liechtenstein Gruppe begonnen haben?

FISCHER: Schon nach dem allerersten Treffen war für mich klar, dass die Kultur hier äußerst positiv ist. In allen Gesprächen hat sich gezeigt, dass die Liechtenstein Gruppe sehr wertschätzend mit ihren Mitarbeitenden umgeht und sich das auch in deren Loyalität widerspiegelt. Die Fluktuation ist gering. Wer hier arbeitet, ist keine Nummer. Das hat mir gefallen. Die Herausforderung ist die große Bandbreite des Unternehmens.

Inwiefern?

Die Liechtenstein Gruppe ist ein Unternehmen, das Tradition und Moderne in sich vereint. Als Stadtkind wollte ich zuerst einmal die Themen der Land- und Forstwirtschaft kennenlernen. Das sind sehr handfeste Dinge und es ist wichtig zu verstehen, worauf es in diesen Branchen ankommt. Andererseits steht die Liechtenstein Gruppe aber auch für Technologien und Innovationen, die entweder bestehende Geschäftsbereiche erweitern, oder vollkommen neue Wege beschreiten. Eine meiner Aufgaben ist es, diese Brücke zwischen Tradition und Moderne auf personeller Ebene mitzugestalten. Es geht darum, die solide Basis mit dem aufregenden 21. Jahrhundert zu verbinden.

Was bedeutet das für die Personalagenden?

Dass hier sehr viele unterschiedliche Berufsgruppen in höchst verschiedenen Fachbereichen arbeiten. Wir haben beispielsweise Mitarbeitende, die Traktor fahren, im Forst arbeiten, Wein produzieren, im Büro tätig sind, Software entwickeln, Investments analysieren, oder Events managen. Zudem ist die Liechtenstein Gruppe an Standorten in Österreich und auf der ganzen Welt aktiv. Und es gibt unterschiedliche Beteiligungsformen.

Sehr heterogen und divers also ...

... genau, aber trotzdem sollen sich alle, die in der Liechtenstein Gruppe arbeiten, als Teil des großen Ganzen verstehen und die Gruppe als Mehrwert empfinden. Insofern geht es

mir darum, Projekte umzusetzen, die den Arbeitsalltag von allen verbessern, bereichern oder erleichtern. Das mache ich vom Headquarter in Wien aus.

Eine Ihrer Aufgaben ist die Unterstützung bei der Personalsuche. Was wollen Sie hier verbessern?

Jeder Betrieb in der Liechtenstein Gruppe hat seine eigene Art der Personalsuche und nutzt unterschiedliche Kanäle. Ich unterstütze, wo die Perspektive oder Erfahrung einer neutralen dritten Person helfen kann, etwa beim Formulieren von Inseraten. Aber ich zeige den Kolleginnen und Kollegen auch, wie Bewerbermanagement-Software die Personalsuche erleichtern kann. Wenn auf eine Anzeige viele Bewerbungen zurückkommen, kann so ein Prozess ja sehr unübersichtlich werden. Man muss die Bewerbenden einladen, sie über die Entwicklungen in Kenntnis setzen und dann verlässlich und rasch zu- bzw. vor allem auch absagen. Sich dabei von einer Software unterstützen zu lassen, spart Zeit. Und extrem wichtig: man arbeitet jedenfalls datenschutzkonform, da Bewerbungen nach einer gewissen Zeit automatisch wieder gelöscht werden.

Und darüber hinaus?

Manchmal macht es Sinn, Dinge zentral zu steuern und anzubieten. Ein gutes Beispiel sind Verträge und Richtlinien. Wir werden Schritt für Schritt Vorlagen zur Verfügung stellen und einheitliche Prozesse schaffen, damit unsere Betriebe nicht alles selbst machen müssen. Damit werden Ressourcen für andere Dinge frei. Es ist Service im besten Sinne.

Wo sehen Sie die Herausforderungen im Personalmanagement?

In manchen Regionen und Branchen spüren wir den starken Wettbewerb um Arbeitskräfte. Es ist nicht immer einfach, gute Leute zu finden. Deshalb ist es wichtig, dass sich die Liechtenstein Gruppe als attraktive Arbeitgeberin zeigt. Je klarer und transparenter das Unternehmen sich nach außen etwa über die Website präsentiert, umso eher werden sich gute Leute bewerben.

88 LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023
INTERVIEW

Was tun sie, um Mitarbeitende im Unternehmen zu halten?

Wir wissen, dass nicht nur ein faires Gehalt einen Arbeitsplatz attraktiv macht. Auch Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen gehören dazu. Wir haben z. B. angefangen, Webinare anzubieten. In einem der ersten ging es um Künstliche Intelligenz und ChatGPT. Das Interesse war riesig, das Feedback super. Wir möchten, dass sich unsere Mitarbeitenden einen Grundstock an Wissen in den Bereichen aneignen können, die wir als Liechtenstein Gruppe thematisch besetzen. Von Nachhaltigkeit bis zu neuen Technologien. Gute Arbeitgeber kümmern sich auch um das Wohlergehen ihrer Mitarbeitenden. Darum wird es in den österreichischen Betrieben im kommenden Jahr die Initiative „Gemeinsam Gesund“ geben. Weil wir möchten, dass es unseren Mitarbeitenden „echt gut“ statt „eh gut“ geht.

Was noch?

Wir haben eine Empfehlungsprämie für Mitarbeitende in Österreich ausgerollt. Wer im Unternehmen gute Leute an Bord holt, wird belohnt. Und mittelfristig möchten wir eine Plattform für die interne Kommunikation installieren, über die interne Neuigkeiten kommuniziert werden sollen und Leute miteinander in Dialog treten können. Gutes Personalmanagement benötigt auch zielgruppenspezifische Kommunikationskanäle.

Gibt es Themen, die Sie als große Herausforderung sehen?

In einigen Bereichen kommen viele Pensionierungen und dadurch auch Generationenwechsel auf uns zu. So etwas muss gut geplant werden, damit Wissen und wertvolle Erfahrung rechtzeitig weitergegeben oder dokumentiert wird und nicht verloren geht. Wir werden daher Übergabeprozesse frühzeitig starten und begleiten.

Letzte Frage: Was wollen Sie für das gesamte Team sein?

In erster Linie eine vertrauensvolle Ansprechperson in Personalfragen aller Art. Überall dort, wo es personelle Herausforderungen gibt – sei es für den Betrieb, dessen Führungskräfte oder einzelne Mitarbeitende. Manchmal reicht eine zweite Meinung, ein klärendes Gespräch. Ich sehe mich als Sparringpartnerin, um praktikable Lösungen zu finden, Vorschläge zu machen und Routinen zu hinterfragen. Gleichzeitig möchte ich unsere Betriebe bestmöglich verstehen. Nur dann gelingt es, gemeinsam neue Wege erfolgreich zu beschreiten. Schön wäre es, meine Position als hilfreiche Ressource in den Köpfen zu verankern. Unternehmen sind auf gute Teams angewiesen. Alles, was dazu beiträgt, diese Teams zu bilden, zu fördern und zu halten, sehe ich als meine Aufgabe. ■

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Tatjana Lattorff tritt

Aufsichtsrat bei

Tatjana Lattorff, Prinzessin von und zu Liechtenstein tritt dem Aufsichtsrat der österreichischen Liechtenstein Gruppe AG bei und folgt ihrem Bruder Constantin Liechtenstein nach, der im Dezember 2023 unerwartet verstorben ist. Als CEO der Fürst Liechtenstein Philanthropie Stiftung und Mitglied verschiedener Beiräte europäischer Bildungsinitiativen wie Teach for All und Sindbad Österreich bringt sie ein tiefes Verständnis für soziale Nachhaltigkeit und Gemeinwohl in die Gruppe ein.

„Ich bin der Liechtenstein Gruppe seit langen Jahren eng verbunden. Bislang war ich aber nie geschäftlich engagiert und habe mich nur indirekt – im persönlichen Gespräch mit meinen Brüdern – eingebracht. Ich nehme diese Aufgabe jetzt sehr gerne wahr. Als Mitglied des Aufsichtsrats werde ich meine Stimme einbringen und die Werte der Familie in einem modernen, zukunftsorientierten Unternehmen wie der Liechtenstein Gruppe vertreten“, so Tatjana Lattorff.

90 LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023 PERSONALIA
Tatjana Lattorff

Biotech-Expertin im Verwaltungsrat

Mit Jänner 2024 beruft die Liechtenstein Gruppe Holding AG ein weiteres neues Mitglied in den Verwaltungsrat. Kay Kuenker bringt mehr als 33 Jahre Erfahrung in der Agrarindustrie mit und wird auch Aufsichtsratsmitglied von RiceTec.

„Diese Rolle bietet mir eine einzigartige Gelegenheit, mein Wissen und meine Erfahrungen einzubringen, um die Entwicklung innovativer und nachhaltiger Lösungen in der Agrarindustrie voranzutreiben. Ich freue mich darauf, mit dem Team der Liechtenstein Gruppe und von RiceTec zusammenzuarbeiten und einen positiven Beitrag zu leisten“, sagt Kay Kuenker zu Ihrer Ernennung.

Seit 2020 ist Kay Kuenker CEO von Advanced Agrilytics, ein agronomisches Dienstleistungsunternehmen mit Sitz in Indiana, USA. Von 2016 bis 2019 war sie Executive Vice President bei Cibus, LLC, einem Biotechnologieunternehmen, das sich auf Gen-Editierung in der Landwirtschaft fokussiert, tätig. Davor war die Expertin fast 30 Jahre bei Dow AgroSciences (DAS) (heute ein Teil von Corteva), zuletzt als Global Vice President von DAS Government, Public and Regulatory Affairs and Sustainability.

Kay Kuenker ist außerdem Mitglied des Advisory Boards von Women in Agribusiness und AgriNovus Indiana und war in mehreren Vorständen tätig, darunter AgroFresh Solutions, LLC, National FFA, Food & Ag Governing Body von BIO (Biotechnology Innovation Organization), CropLife Canada und European Crop Protection Association.

Neu im Verwaltungsrat

Mit Jonathan Feuer konnte 2023 ein renommierter Investor mit langjähriger Erfahrung im Private Equity-Bereich für den Verwaltungsrat der Liechtenstein Gruppe Holding AG gewonnen werden. Mit dieser strategischen Entscheidung setzt die Liechtenstein Gruppe ihren Kurs in Richtung einer zukunftsfähigen und innovationsgetriebenen Entwicklung konsequent fort.

„Die Investmentstrategie der Gruppe und die Branchen, in denen sie tätig ist, bieten großes Potenzial für innovative Ideen und interessante, zukunftsorientierte Investitionen. Ich freue mich darauf, meine Erfahrungen als Investor mit dem hochmotivierten Team zu teilen“, sagt Jonathan Feuer.

Neben seiner 30-jährigen Tätigkeit bei CVC Capital Partners bekleidete er Beiratsund Aufsichtsratsposten in zahlreichen privaten und öffentlichen Unternehmen. Auch nach seinem Ausscheiden im Jahr 2018 blieb er CVC als Senior Advisor noch weitere zwei Jahre verbunden.

Zusätzlich zu seiner Rolle bei der Liechtenstein Gruppe ist Jonathan Feuer stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrats von Patrizia SE, einem führenden unabhängigen Immobilienverwalter, sowie Berater von Edge Investments, einer Risikokapitalfirma, die sich auf die Kreativwirtschaft in den Bereichen Medien, Bildung und Unterhaltung konzentriert.

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LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023
Jonathan Feuer Kay Kuenker

Staffelübergabe bei RiceTec

Treffen im Wiener Stadtpalais, v.l.n.r.: Karsten Neuffer, Chakra Sankaraiah, José Ré, Ajai Rana, Andrei Golesteanu, Megan DeYoung, Jochen Schillinger, Van McNeely

Amitabh Mohanty

Der Quadratsaal im Stadtpalais steht für V

RiceTec hat 2023 sein Führungsteam weiter gestärkt und durch visionäre Führungspersönlichkeiten erweitert, die das Unternehmen durch eine spannende Phase der Transformation führen werden.

Nach 19 Jahren tritt José Ré als RiceTecs Global Head of Research and Development zurück. Amitabh Mohanty wird sein Nachfolger und damit Teil des Executive Leadership Teams. Dieser Übergang folgt auf die Aufnahme von vier weiteren Teammitgliedern im Jahr 2023: Van McNeely, Andrei Golesteanu, Chakra Sankaraiah und Megan DeYoung verstärken das Unternehmen neben Karsten Neuffer (CEO), Jochen Schillinger (CFO) und Ajai Rana (Business Head, Asia Pacific).

In seiner neuen Funktion als Leiter des US-Geschäfts trägt Van McNeely die Verantwortung für den Betrieb und das Management des US-Reissaatgutgeschäfts. Andrei Golesteanu ist als Global Head of HR für die Positionierung von RiceTec als bevorzugter Arbeitgeber verantwortlich. Chakra Sankaraiah ist als Global Chief Technology Officer federführend bei der digitalen Transformation von RiceTec hin zur Nutzung modernster Technologien wie Predictive Analytics, Automatisierung von landwirtschaftlichen Abläufen und Cloud-Diensten. Megan DeYoung, Head of Transformation and Business Development, trägt die globale Verantwortung für die Transformations-, Strategie- und Geschäftsentwicklungsaktivitäten von RiceTec.

Unter der Führung von José Ré hat sich das Forschungs- und Entwicklungsprogramm von RiceTec nicht nur enorm weiterentwickelt, es hat das Unternehmen auch an die Spitze des innovativen nachhaltigen Reisanbaus gebracht. Unter seiner Leitung wurden zahlreiche kommerzielle Hybride in den USA, Indien und Mercosur und verschiedenen Exportmärkten eingeführt. Seine bahnbrechende Arbeit bei der Entwicklung von Hybriden mit hohem Ertrag und bei der Entwicklung der RiceTec-eigenen FullPage- und Max-Ace-Pflanzenmerkmale hat das Saatgutgeschäft des Unternehmens transformiert. Diese Innovationen tragen nicht nur dazu bei, den Hunger in der Welt zu linden, sondern auch die Rentabilität zu steigern und RiceTec auf dem Weg zu einem nachhaltigen Reisanbau voranzubringen. Damit wird ein größerer Wert für Landwirtinnen und Landwirte, Verbraucherinnen und Verbraucher und den Planeten geschaffen.

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LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023 PERSONALIA

Verstärkung für PV-Invest

Ab Anfang 2024 wird der gebürtige Wiener Robin Hirschl, der seit 2007 in Kärnten beheimatet ist, das Geschäftsführerteam der PV-Invest Gruppe erweitern. Er kehrt damit quasi zu den Anfängen seiner Photovoltaik-Laufbahn zurück.

Nach seiner Promotion in Physik im Jahr 2003 war er vier Jahre lang in der Managementberatung bei Booz Allen Hamilton tätig (heute Strategy&, die Strategieberatung von PwC), ab 2006 als Mitglied des „Energy & Utility“ Teams. 2007 wechselte Hirschl schlussendlich die Seiten und begann seinen Weg in der Photovoltaik: zunächst als Leiter des Vertriebs der Kioto Photovoltaics, dann gemeinsam mit Gerhard Rabensteiner als Gründer der KPV Solar, die nunmehr Teil der PV-Invest Gruppe ist. In 2012 gründete er das Unternehmen ENcome Energy Performance und übernahm Anfang 2019 die Position als CTO bei einem dänischen PV-Investor.

Gemeinsam mit seinen ehemaligen und jetzt wieder Kollegen Günter Grabner und Gerhard Rabensteiner, den beiden Managing Partnern der PV-Invest Gruppe, plant Robin Hirschl seinen Weg im Photovoltaikbereich konsequent fortzusetzen und insbesondere die Geschäftsentwicklung der Gruppe voranzutreiben. „Die Photovoltaik befindet sich derzeit im Umbruch und wird von einer Begleiterscheinung zu einem integralen Bestandteil unserer Elektrizitätsinfrastruktur. Das eröffnet zahlreiche neue Geschäftsmöglichkeiten nicht nur für Betreiber von reinen PV-Anlagen, sondern auch gemeinsam mit anderen Technologien wie Speicherlösungen, Windkraft oder Wasserstoff. Es ist ein spannender Bereich“, so Robin Hirschl.

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PV-Invest Managementteam: v.l.n.r.: Günter Grabner, Thomas Rabensteiner (Business Development Manager), Robin Hirschl, Christoph Glanzer (CFO), Gerhard Rabensteiner

Veranstaltungen 2023

„Wer nicht will, muss irgendwann, kann dann aber nicht“

Das LIECO Forum im Frühjahr ging als Bekenntnis zu Digitalisierung und gemeinsamer Verantwortung für eine zukunftsfähige Forst- und Holzwirtschaft über die Bühne.

Das LIECO Forum fand 2023 erstmals in Deutschland statt und brachte im Frühjahr über 170 Vertreterinnen und Vertreter von Waldbesitz, Landesforsten, Verbänden, Wissenschaft, Start-ups und Politik in München zusammen. Vortragende aus Wissenschaft, Politik und Praxis diskutierten über die Zukunft der Forst- und Holzwirtschaft und setzten spannende Impulse in ihren Vorträgen. Die Teilnehmenden an dem Netzwerktreffen der deutsch-österreichischen Forstbranche waren sich einig: Die Digitalisierung ist notwendig, um die Herausforderungen in der Waldbewirtschaftung besser bewältigen zu können.

„Wer nicht will, muss irgendwann, kann dann aber nicht“, appellierte Prof. Gunter Dueck. Der Mathematiker und Wirtschaftsphilosoph betonte in seiner Keynote zum Auftakt, wie wichtig der Weg zum digital unterstützten Waldmanagement sei. Innovative Ansätze wurden von Referenten wie Christoph Gollob (Digitalisierung im Waldmonitoring), Johan Ekenstedt (AR-Technologie im Forstsektor) und Florian Rauschmayr (Head-Up-Display für den digitalen Forstwirt) präsentiert.

Oliver Hilpold, CEO der LIECO Gruppe, erweiterte dieses Commitment: „Der Schulterschluss der Wertschöpfungskette ist notwendig, um eine zukunftsfähige Forst- und Holzwirtschaft zu gestalten. Wir alle haben das gemeinsame Ziel, den Wald im Klimawandel zukunftsfähig zu machen. Dafür brauchen wir auch den digitalen Fortschritt.“

Dabei wird der Mensch stets der Entscheidungsträger bleiben, waren sich die Vortragenden einig. In diesem Sinne sprach auch Johannes Meran, CEO der Liechtenstein Gruppe: „Es geht darum, gemeinsam an Lösungen für den Wald und die Forstwirtschaft der Zukunft zu erarbeiten.“ Er sieht es als aktiven Beitrag in der Klimakrise, als Verantwortung gegenüber nachfolgenden Generationen und als Zeichen der Begeisterung für Innovation, exzellente Wissenschaft und Dialog. Das nächste LIECO Forum wird voraussichtlich 2025 wieder in Deutschland stattfinden.

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Reden, worum es heute in der Waldwirtschaft wirklich geht: Am LIECO Forum diskutierten v.l.n.r: Roderich Freiherr von Loë (Vorsitzender Europaausschuss des Deutschen Forstwirtschaftsrates), Ulrike Müller (Mitglied EU-Parlament), Simone Schmiedtbauer (Mitglied EU-Parlament), Ute Seeling (Berner Fachhochschule, Direktorin der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften)

Rahmen für Nachhaltigkeit

Die Liechtenstein Gruppe ist neuer TRIGOSZukunftspartner. Die 20-Jahr-Gala 2023 hat den Start einer neuen Partnerschaft markiert.

Im Oktober 2023 nahmen die Preisträgerinnen und Preisträger des renommierten, österreichischen Nachhaltigkeits-Awards TRIGOS ihre handgefertigten Trophäen im wunderschönen Rahmen des Gartenpalais Liechtenstein entgegen. Die Liechtenstein Gruppe als neuer „Zukunftspartner“ des TRIGOSAwards stellt das barocke Palais für die Jubiläumsgala auch 2024 wieder kostenlos zur Verfügung.

„Als Unternehmensgruppe haben wir eine große Verantwortung gegenüber unserer Umwelt und der Gesellschaft, die wir aktiv wahrnehmen müssen“, erklärt Johannes Meran, CEO der Liechtenstein Gruppe. „Verantwortungsvolles Unternehmertum, das mit innovativen Ideen einen Beitrag zum Klimaschutz oder zu sozialer Gerechtigkeit leistet, hat eine Vorbildfunktion und sollte ermutigt und belohnt werden. Daher sind Auszeichnungen wie der TRIGOS so wichtig, und wir freuen uns sehr, die Veranstaltung bzw. die Plattform TRIGOS zu unterstützen.“

2024 soll die Kooperation weitergeführt werden: „Nachhaltigkeit liegt quasi in der DNA der Liechtenstein Gruppe. Denn unsere Unternehmensstrategie beruht auf den Grundprinzipien der fürstlichen Familie Liechtenstein, die schon immer generationenübergreifend gedacht und verantwortungsvoll gewirtschaftet hat. Dazu gehört auch der Erhalt unserer Wiener Palais für die Nachwelt. Das Gartenpalais und das Stadtpalais Liechtenstein sind wertvolles Kulturgut, und durch die Bespielung mit Veranstaltungen wie der TRIGOS-Gala können wir sie langfristig erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich machen“, so Johannes Meran.

95 LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023
Feierliche Gala im Herkulessaal des Gartenpalais Liechtenstein

Veranstaltungen 2024

Herkules der Künste

Die Sonderausstellung 2024 im Gartenpalais wird diesmal Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein gewidmet sein.

HERKULES DER KÜNSTE

Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein und das Wien um 1700

16. FEBRUAR – 1. APRIL 2024

GARTENPALAIS Liechtenstein Fürstengasse 1, 1090 Wien

Montag bis Sonntag 10–18 Uhr Freier Eintritt

Keine Anmeldung erforderlich FÜHRUNGEN

durch die Sonderausstellung täglich um 9.00 und 18.00 Uhr Ausschließlich auf Deutsch, Anmeldung wird empfohlen

www.palaisliechtenstein.com www.liechtensteincollections.at

Auch 2024 findet im Wiener Gartenpalais Liechtenstein wieder eine Sonderausstellung „HERKULES DER KÜNSTE. Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein und das Wien um 1700“ statt. Vom 16. Februar bis zum 1. April lädt diese Ausstellung dazu ein, die bedeutende Rolle von Fürst Johann Adam Andreas I. als Erschaffer der beiden barocken Prachtbauten, dem Gartenpalais und dem Stadtpalais Liechtenstein, zu erkunden. Doch nicht nur als ambitionierter Bauherr, der zudem die Entwicklung eines neuen Stadtteils vorantrieb, sondern auch als leidenschaftlicher Kunstsammler reihte er sich unter die bedeutendsten Mäzene seiner Epoche. Als Bewunderer und Sammler der Werke von Peter Paul Rubens und durch sein ausgeprägtes Kunstverständnis trug der Fürst zur kulturellen Blüte Wiens um 1700 bei. Die Ausstellung, die sich durch eine sorgfältige Auswahl kostbarer Objekte auszeichnet, beleuchtet die Wechselwirkung zwischen Förderern und Künstlern und vermittelt eindrucksvoll barockes Sammeln und Herrschen im florierenden Wien um 1700.

Dieser kulturelle Höhepunkt folgt auf die erfolgreiche Vorjahresausstellung „GEGOSSEN FÜR DIE EWIGKEIT. Die Bronzen der Fürsten von Liechtenstein“, die im März 2023 fast 23.000 Kunstinteressierte ins Gartenpalais zog.

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LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023
Peter Paul Rubens, Venus vor dem Spiegel, um 1616 © LIECHTENSTEIN. The Princely Collections, Vaduz–Vienna

Das Gartenpalais als Bühne

Von 8. Juli bis 7. August 2024 lädt das Kulturfestival „Sommer Rhapsodie im Garten“ wieder in den Park des Gartenpalais Liechtenstein ein.

Zum fünften Mal vereint dieses Event Kunst und Kulinarik unter freiem Himmel und bietet ein Programm mit Künstler und Künstlerinnen wie Simone Kopmajer, Birgit Minichmayr, Manuel Rubey, Michael Maertens, Martina Ebm, Robert Palfrader, Nikolaus Habjan, Tini Kainrath, Lukas Perman, Missy May und Stefan Vladar. Besonderes Augenmerk liegt auch wieder auf der JUNGEN Sommer Rhapsodie, die besonders Familien und junge Kulturbegeisterte anspricht. Hier garantiert unter anderem die Kinderoper „Die kleine Entführung“ nach Mozarts „Entführung aus dem Serail“ beste Unterhaltung.

„Es freut uns sehr, dass wir mit unserem Festival zum bereits fünften Mal Kultur in diesem einzigartigen Ambiente möglich machen können. Das Gartenpalais war immer schon ein Ort der Künste, somit ist es uns ein besonderes Anliegen, diese Tradition fortzuführen und das Palais und seinen Park mit einem außergewöhnlichen Programm für möglichst viele Interessierte zugänglich zu machen“, betont Gastgeberin Marie Liechtenstein. Die Hofkellerei im Gartenpalais bietet kulinarische Köstlichkeiten, fürstlichen Wein und Erfrischungen an. In diesem Jahr gibt es für Genießer außerdem wieder ein spezielles Kulinarik-Paket mit einem mehrgängigen Menü.

PROGRAMM & TICKETS:

WWW.SOMMERRHAPSODIE.AT

SOMMER RHAPSODIE IM GARTEN

8. JULI – 7. AUGUST 2024

GARTENPALAIS Liechtenstein, Fürstengasse 1, 1090 Wien

Mehr Informationen unter www.sommerrhapsodie.at

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LIECHTENSTEIN GRUPPE I Jahresbericht 2023
Mena Scheuba-Tempfer und Melanie Hirsch organisieren das Festival, eine Mischung aus Literatur, Kabarett, Theater und Musik.

IMPRESSUM

HERAUSGEBER

LIECHTENSTEIN GRUPPE AG

PALAIS LIECHTENSTEIN

BANKGASSE 9

1010 WIEN ÖSTERREICH

WWW.LGROUP.COM

STAND: MÄRZ 2024

KONZEPTION, REDAKTION & GRAFIK

JULIA HOLTER, KARIN POLLACK, ZWO BÜRO FÜR GESTALTUNG

ÜBERSETZUNG & LEKTORAT

ITS TRANSLATIONS

PRODUKTION

MAURIZIUS BÜRO FÜR PRODUKTIONSUND PROJEKTMANAGEMENT E.U

DRUCK

DONAU FORUM DRUCK GMBH 1230 WIEN

PEFC-zertifiziert

DiesesProdukt stammtaus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern www.pefc.de

PEFC/06-39-364/17

BILDNACHWEISE

Fotomanufaktur Grünwald: S. 4, 14, 16, 19, 28-29, 30, 33, 34, 62-64, 67, 79, 82, 89

Foto WILKE: S. 7

Matt Pantling: S. 8

PV-Invest/ Daniel Waschnig Photography: S. 27, 31, 34, 93

FMM Forest Mapping Management: S. 5, 18, 67

Peter Kubelka: S. 39, 57, 69, 85, 87

Samuel Käppeli film-pla.net: S. 65, 68

TESVOLT: S. 36-37

Gemeinde Krumpendorf: S. 38

RiceTec: S. 17, 47, 49, 92

Green Universe Agriculture: S. 56

Yanik Buerkli: S. 55

Franz Gleiß: S. 71

LIECHTENSTEIN. The Princely Collections, Vaduz–Vienna: S. 5, 76-81, 96 Bundesdenkmalamt, Abteilung für Bodendenkmale/ Richard Thoma: Foto Ausgrabungen, S. 79

Landesbildstelle Wien-Niederösterreich: Prunkstiege im Stadtpalais Liechtenstein in der Bankgasse (durch Bombenangriff zerstört), 1945, s/w-Fotografie, S. 79

ACRON GmbH: S. 84

Hunter Capital: S. 85

Pauline Thurn und Taxis: S. 90

rockandroyalty Heiko Roith: S. 94

Buero de Martin für TRIGOS/ Alexander Gotter: S. 95

Jonas Tiller: S. 97

Stockfotos: Coverfoto, S. 4, 25, 26, 32, 35, 38, 44, 46, 49, 52, 66

Inhalte dieses Berichts dürfen nur mit schriftlicher Genehmigung der Liechtenstein Gruppe AG verwendet werden.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwenden wir bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern oft die männliche Form. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung und Wertschätzung grundsätzlich für alle Personen.

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LIECHTENSTEIN GRUPPE JAHRESBERICHT 2023
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