Biodiversität im Forst Kalwang

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Biodiversität

SICHERN . MANAGEN . VERMITTELN

BIODIVERSITÄT SICHERN – MANAGEN – VERMITTELN

3 WAS WIR FÜR DIE GENETISCHE VIELFALT IM WIRTSCHAFTSWALD UMSETZEN Martin Jeitler 8 WIE WIR UNSERE NATURWALDFLÄCHEN ERHALTEN Helmut Rinnhofer ...........................................................................................................................12 WAS WIR FÜR DIE KLEINEN BIOTOPE IM WALD TUN Hermann Penker .............................................................................................................................14 WAS BEI UNS AN HEILSAMEN KRÄUTERN WACHSEN DARF Ingeborg Gerold 18 WAS WIR FÜR DIE VIELFALT AUF DER ALM ERREICHEN Franz Lerchbaum .......................................................................................................................... 20 WIE WIR DAS ALPINE SCHALENWILD MANAGEN Werner Rössl .................................................................................................................................. 24 WIE WIR UNS UM DEN KLEINEN UND DEN GROSSEN HAHN SORGEN Hubert Brunner ............................................................................................................................. 26 WAS WIR FÜR DAS TRINKWASSER DER ZUKUNFT LEISTEN Magdalena Seelig 30 WIE WIR AUF DIE ÖKOLOGIE BEI DER ENERGIEGEWINNUNG SCHAUEN Heinz Zörner 32
„Wir stehen für eine verantwortungsvolle, aktive und nachhaltige Bewirtschaftung des Waldes.“

DER NATUR UND IHREN VEREHRERN

Als Waldbesitzer und Eigentümer eines führenden Aufforstungsunternehmens stehen wir als Liechtenstein Gruppe AG für eine verantwortungsvolle, aktive und nachhaltige Bewirtschaftung des Waldes. Nur so kann der Wald seine Klimaschutzfunktion erfüllen. Bei nachhaltiger Bewirtschaftung ist der Wald CO2-Speicher, Erhalter unserer Artenvielfalt und Produzent eines nachwachsenden Rohstoffs. Dieser Verantwortung versucht die fürstliche Familie Liechtenstein seit vielen Generationen über unterschiedliche Aktivitäten und Projekte nachzukommen.

Der Erhalt und die Förderung der Biodiversität in unseren Wäldern spielen dabei eine große Rolle. Die von uns gesetzten Maßnahmen reichen von der Aufforstung mit an den Standort angepassten Mischkulturen bis hin zum Erhalt möglichst natürlicher Lebensräume mit einem artenreichen, gesunden, dem Biotop angepassten und gut strukturierten Wildbestand.

Ich bin überzeugt, dass wir mit unseren fachkundigen und zukunftsorientiert denkenden Mitarbeitenden im Forstbereich und einem langfristig und ganzheitlich denkenden Eigentümer einen entscheidenden Beitrag zu einem erfolgreichen Natur- und Artenschutz leisten können.

Aufsichtsratsvorsitzender der Liechtenstein Gruppe AG
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BIODIVERSITÄT SICHERN – MANAGEN – VERMITTELN

Seit ich im Jahre 1992 meine Tätigkeit im Forstbetrieb Kalwang aufgenommen habe, rücken die Klimawandelanpassung bei der forstlichen Planung und Nutzung, aber auch die Biodiversität immer mehr ins Zentrum unseres betrieblichen Alltags. Mehr denn je ist es heute notwendig, unsere wertvollen natürlichen Ressourcen zu sichern, zu managen und die Bedeutung der heimischen Biodiversität auch zu vermitteln, um das Bewusstsein für die Vielfalt nachhaltig zu stärken.

Als Leiter des Forstbetriebes Kalwang möchte ich auch zukünftig dafür sorgen, den wirtschaftlichen Betriebserfolg mit dem Schutz der Vielfalt bestmöglich in Einklang zu bringen und die uns anvertrauten Wälder, Wiesen, Almen und Gewässer als Lebensgrundlage für zukünftige Generationen zu erhalten. Schließlich möchte ich mich ganz herzlich bei allen Mitarbeitern und Kooperationspartnern bedanken, die zum Gelingen dieser Biodiversitäts-Broschüre beigetragen haben.

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„Wenn man einen Baum nicht erntet, stirbt er irgendwann trotzdem. Und es ist ja nichts Schlechtes dran, wenn man etwas erntet. Man muss ja Platz schaffen, damit wieder etwas Junges nachkommen kann.“

WAS WIR FÜR DIE GENETISCHE VIELFALT IM WIRTSCHAFTSWALD

Oberförster

seit 35 Jahren im Betrieb

Martin Jeitler hat sich schon als Jugendlicher sehr für die Natur interessiert und viel Zeit im Wald verbracht. Er ist stolz darauf, der dienstälteste Förster des Betriebs zu sein. In seinen langen Dienstjahren hat er viel erlebt. Dabei hat er durch Katastrophen wie Hochwasser, Stürme und Schneedruck-Ereignisse gelernt, seinen Arbeitsalltag flexibel zu gestalten und zu improvisieren. Sein berufliches Ziel ist, einen möglichst klimafitten Wald an seinen Nachfolger zu übergeben.

8 FORST KALWANG
UMSETZEN
MARTIN JEITLER

Früher standen einige Teile des Forstbetriebes Kalwang im Eigentum eines Bergbauunternehmens. Zur Gewinnung von Holzkohle wurden ganze Hänge abgeholzt und mit verschiedenstem Saatgut aus weit entfernten Regionen aufgeforstet. Deswegen stocken heute hier Bestände mit Bäumen, die nicht an die lokalen Umweltbedingungen angepasst und daher sehr anfällig gegen Sturm, Trockenheit, Schneebruch und Borkenkäfer sind. Eine natürliche Verjüngung dieser Bestände würde wiederum nichtstandortangepasste Bäume hervorbringen. Um dies zu vermeiden, treibt der Forstbetrieb Kalwang ebenjene Bestände mittels Kahlschlags ab, setzt Pflanzen aus passenden Herkunftsgebieten nach und sichert so die genetische Vielfalt. Das Saatgut für die Jungpflanzen stammt dabei aus den forsteigenen Generhaltungswäldern, die Pflanzen werden in der Forstbaumschule Lieco gezogen, die ebenfalls zur Liechtenstein Gruppe AG gehört.

Die anerkannten Generhaltungswälder des Forstbetriebs sind überwiegend autochthone Bestände, die in der Vergangenheit kaum genutzt wurden und deren Erhalt eines der Ziele des Forstbetriebs ist. Einzelne Bäume, die aufgrund der Wuchsform, der Schaftform oder der Feinastigkeit besonders wertvoll sind, wurden als Plusbäume ausgewählt und sollen für die Nachzucht verwendet werden. Diese wurden markiert und verortet und dürfen nicht umgeschnitten werden, erklärt Martin Jeitler. Um die genetische Vielfalt auch innerhalb einer Art zu erhalten, wird darauf geachtet, verschiedene Individuen sowie unterschiedliche Baumtypen zu beernten. Im Betrieb gibt es deshalb 50 Plusbäume der Baumart Fichte und Generhaltungswälder mit Lärche, Bergahorn und Zirbe, wobei das Saatgut letzterer aufgrund der guten Qualität des Holzes besonders gefragt ist.

Die Saatguternte erfolgt im Betrieb überwiegend mit eigenem Personal. Dabei werden die reifen Zapfen vom Baum abgenommen und in einer sogenannten Klenganstalt getrocknet, wo auch die Samen von den Zapfen getrennt werden. In der Tiefkühltruhe ist das Saatgut bis zu 30 Jahre haltbar. Martin Jeitler bevorzugt aber nach Möglichkeit frisch geerntetes Saatgut, da auch beim Samen Anpassungen an Klimaveränderungen erfolgen.

Weitere Plusbäume anderer Baumarten

Die als Plusbäume im Forstbetrieb Kalwang ausgezeichneten Fichten sind Teil des Plusbaum-Projekts, das vom Bundesforschungszentrum für Wald koordiniert wird. Dabei werden aus bereits zugelassenen Saatguterntebeständen die qualitativ besten Bäume ausgewählt. Die Saatguternte am stehenden Stamm ist aufwändig und stellt ein wesentliches Betriebsziel dar. Der Forstbetrieb plant, zukünftig auch qualitativ hochwertige Lärchen, Zirben und Tannen als Plusbäume anerkennen zu lassen.

9 DAS HABEN WIR NOCH VOR
„Unser Ziel ist eine naturnahe Bewirtschaftung des Waldes. Deshalb versuchen wir, wo es möglich ist, mit Naturverjüngung zu arbeiten.“
„Da das Saatgut an die jeweiligen Umweltbedingungen angepasst sein soll, braucht man für alle Höhenstufen eine solche Genreserve in der Natur. Wir haben im Betrieb 13 anerkannte Generhaltungswälder.“

VERMEHRUNG STANDORTANGEPASSTER BÄUME

Genreserve der Natur

• 13 Generhaltungswälder auf 512 ha

• 23 Plusbäume (Fichten) zur Samenernte

• 10 – 40 kg geerntete Zapfen pro Baum und Samenjahr

Aufzucht der Jungpflanzen bei Lieco*

• 70 g Saatgut pro kg Fichtenzapfen

• 60.000 – 70.000 Jungpflanzen pro kg

Fichtensaatgut

• 30 g Saatgut pro kg Lärchenzapfen

• 30.000 – 40.000 Jungpflanzen pro kg

Lärchensaatgut

Aufforstung standortangepasster Bäume

• ca. 60.000 – 80.000 Lieco*-Pflanzen pro Jahr:

40.000 – 50.000 Fichten

15.000 – 25.000 Lärchen

2.000 – 3.000 Zirben

• natürliche Verjüngung von Tanne, Buche, Bergahorn

* Forstpflanzen-Unternehmen der Liechtensteingruppe AG

„Mich fasziniert die Urtümlichkeit des Naturwalds: Vor 100 Jahren hat es da ähnlich ausgeschaut – oder vor 200. Da sieht man die Langfristigkeit der natürlichen Entwicklung. Das passiert einfach und braucht überhaupt kein menschliches Zutun.“

Oberforstmeister

Seit 30 Jahren im Betrieb

Helmut Rinnhofer ist seit 1992 im Forstbetrieb Kalwang tätig, den er seit 15 Jahren leitet. Seine zukunftsorientierte und koordinative Arbeitsweise wird im Betrieb ebenso geschätzt wie sein forstliches und jagdliches Fachwissen und sein offenes Ohr für die Mitarbeiter. Aufgrund seines technischen Interesses übernimmt er gerne auch Bereitschaftsdienste für die Kleinwasserkraftwerke des Forstbetriebs.

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WIE
WIR UNSERE NATURWALDFLÄCHEN ERHALTEN
HELMUT RINNHOFER

Der Forstbetrieb Kalwang führt die Holzernte zu 80% mit dem Seilkran durch, was aufgrund des steilen Geländes an vielen Standorten die einzige Möglichkeit ist. Ein positiver Nebeneffekt dieser kostenintensiveren Erntemethode ist die bestandes- und bodenschonende Vorgehensweise. Im Forstbetrieb wird der Waldboden als eigentliches Grundkapital begriffen und sein Erhalt ist deshalb ein wichtiges Betriebsziel, berichtet Helmut Rinnhofer. Deshalb wird eine möglichst naturnahe Waldbewirtschaftung angestrebt, bei der unter anderem nichtverwertbare Biomasse wie Wipfel und Äste im Wald liegen bleiben. Besonders gut sind diese natürlichen Prozesse im Naturwald zu beobachten, wo alte abgestorbene Bäume umfallen und verrotten und somit Nährstoffe für die jungen Bäume und für andere Pflanzen liefern. Außerdem haben Naturwaldflächen häufig auch Schutzwald-Funktionen, indem sie den Wasserhaushalt regeln und vor Erosion sowie stellenweise vor Muren oder Lawinen schützen. Auch die Luftqualität ist in den Naturwaldflächen des Forstbetriebs Kalwang besonders gut, was an den zahlreichen Bartflechten erkennbar ist, die gemeinhin als Indikatorart für Luftreinheit gelten.

Obwohl Borkenkäferkalamitäten aufgrund der Klimaerwärmung generell häufiger werden, war ein Befall in den Naturwaldflächen des Forstbetriebs Kalwang bisher kein großes Problem. Den Hauptgrund dafür sieht Helmut Rinnhofer in den hohen Lagen, in denen sich diese Flächen befinden und die sich durch niedrige Temperaturen und eine gute Wasserversorgung auszeichnen. Außerdem gibt es dort keine Wanderwege, wo umstürzende Bäume als Gefahr für Menschen berücksichtigt werden müssten. Der betriebseigene Naturwald, der überwiegend aus ZirbenLärchen-Beständen besteht, wurde forstlich niemals genutzt und ist lediglich durch Almwirtschaft und Bejagung menschlich beeinflusst. Eine in diesen urtümlichen Wäldern häufig anzutreffende Vogelart ist der Tannenhäher, der ein Hauptgrund für die Verbreitung der Zirbe ist, weil er ihre Samen als Futtervorrat versteckt. Einige Flächen des Forstbetriebs in den Hochlagen sind mittlerweile Europaschutzgebiete gemäß Natura 2000 FFH- und Vogelschutz-Richtlinie. Hier gehen die Interessen des Naturschutzes und des Forstbetriebs Hand in Hand, da etwa ein Ausbau von Forststraßen allein schon unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht interessant ist und keine forstliche Nutzung dieser ursprünglichen Naturwaldgebiete angestrebt wird.

Den Naturwald erhalten und erforschen

Im Forstbetrieb Kalwang gibt es einige wertvolle Naturwaldbestände in subalpiner Lage und es wird angestrebt, einige dieser Flächen in das Programm „Naturwaldreservate“ des Bundesforschungszentrum für Wald zu integrieren. Hierbei handelt es sich um ein Netzwerk von Naturwaldreservaten, in denen jede unmittelbare Beeinflussung unterbleibt und wissenschaftliche Erhebungen durchgeführt werden, die als Grundlagen für die Weiterentwicklung eines ökologisch orientierten, naturnahen Waldbaus dienen.

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HABEN WIR NOCH VOR
DAS
„In unserem Forstbetrieb sind wir für 10.000 Hektar Waldfläche verantwortlich. Davon haben wir etwa 500 Hektar naturnahe Wälder außer Nutzung gestellt.“
„Bei den Naturwaldflächen lassen wir sogar den Borkenkäferbefall zu, den wir aber regelmäßig im Auge behalten, um schnell gegensteuern zu können.“

WAS WIR FÜR DIE KLEINEN BIOTOPE IM WALD TUN

„Mein Lieblingsbaum ist die Lärche, weil sie auch mit schwierigen Bedingungen gut zurechtkommt und sich auch nach einem Schadereignis und auf freien Flächen hervorragend selbst verjüngt. Es ist halt eine Pionierbaumart, die nahezu überall vorkommt: von der Tieflage bis zur Waldgrenze.“

Forstadjunkt

seit einem Jahr im Betrieb

Hermann Penker hat 2020 die Försterschule mit Matura abgeschlossen. Nach seinem Wehrdienst absolviert er nun den praktischen Teil seiner Ausbildung zum Förster, die er nach zwei Jahren mit einer Staatsprüfung abschließen wird. Der Wald hat ihn von klein auf interessiert, insbesondere der Rohstoff Holz und dessen Produktion.

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HERMANN PENKER

Eine dieser Mischbaumarten ist die Rotbuche, die eher in tieferen Lagen wächst. Ihre natürliche Verjüngung wird im Forstbetrieb Kalwang gezielt gefördert, denn als Herzwurzler ist sie widerstandsfähiger gegen Windwürfe, stabilisiert den Bestand und verbessert den Waldboden. Ökologisch wichtige Baumarten wie Rotbuchen, Bergahorn und Zirben, die sehr alt sind oder eine besondere Wuchsform haben, können als Biotopbäume ausgewählt werden, erzählt Hermann Penker. Im Forstbetrieb Kalwang gibt es 50 gekennzeichnete Biotopbäume mit teils besonderen und abnormen Stammformen, deren Erhalt gefördert wird, selbst wenn der Baum abgestorben und umgefallen ist.

Das stehende und liegende Totholz abgestorbener Bäume wird von Pilzen abgebaut und ist ein überaus wertvoller Lebensraum für viele Insekten, Vögel und auch für kleinere Säugetiere. Eine Artengruppe, die von dieser Vielfalt im Totholz besonders profitiert, sind die Spechte, die sich von Insekten ernähren und ihre Bruthöhlen auch in abgestorbenen Baumstämmen anlegen. Der Schwarzspecht als größter heimischer und europaweit geschützter Specht ist die häufigste Art, die man im Forstbetrieb Kalwang beobachten kann. Aber auch der anspruchsvolle und sehr seltene Dreizehenspecht kommt hier vor, berichtet Hermann Penker. Da Totholz eine wichtige Lebensgrundlage für viele Arten ist, gilt es als anerkannter Indikator für die Biodiversität. Um diese zu fördern, strebt der Betrieb an, den Totholzanteil in den nächsten Jahren auf 10% zu erhöhen. Das Zulassen dieser natürlichen Zersetzungsprozesse hat auch aus waldbaulicher Sicht Vorteile, denn es entstehen Nährstoffe, die für die Naturverjüngung wichtig sind. So kann man unter dem umgefallenen Wipfel eines alten Baumes schon nach kurzer Zeit kleine Fichten, Buchen und Lärchen erkennen, die teilweise sogar auf dem liegenden Stamm wachsen. Das ist besonders in der Hochlage wichtig, wo eine Verjüngung aufgrund der harten Witterungsbedingungen mit viel Schnee und Kälte schwierig ist.

Untersuchungsflächen für Biodiversitätsprojekt

Im Rahmen des Projekts ConnectForBio untersucht das Bundesforschungszentrum für Wald kleinere Waldflächen, sogenannte Trittsteinbiotope, die zur Vernetzung von Lebensräumen innerhalb bewirtschafteter Wälder beitragen. Der Forstbetrieb Kalwang wird den Totholzanteil erhöhen, entsprechende Untersuchungsflächen zur Verfügung stellen und trägt damit zur Erforschung der Biodiversität im Ökosystem Wald bei.

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HABEN WIR NOCH VOR
DAS
„Die reinen Wirtschaftswälder werden nach und nach umgebaut und mit Mischbaumarten bereichert, damit man in Zukunft gut durchmischte Bestände hat, die auch mit dem Klimawandel besser zurechtkommen.“
„Wir lassen viele Bäume natürlich auch stehen, wenn sie abgestorben sind, damit sie langsam wieder in die Natur übergehen können. Rein wirtschaftlich gesehen ist das ein Produktionsverlust, aber wir lassen das bewusst zu, um wertvolle Biotopzellen zu erhalten.“
NACHHALTIGE UND BESTANDESSCHONENDE HOLZERNTE

Wirtschaftswald

• 13.400 ha Gesamtbetriebsfläche

• 8.365 ha produktive Waldfläche (Wirtschaftswald und Schutzwald in Ertrag)

• auf mind. 100 ha pro Jahr Förderung der Mischbaumarten (Mischwuchsregulierung)

Holzernte

• 40.000 fm jährlicher Holzeinschlag

• 80% mit Seilkränen

• 20% mit Traktor von der Forststraße (Waldboden wird in der Regel nicht befahren)

• 15.000 fm Einleitung und Förderung der Naturverjüngung

• 70 ha pro Jahr Durchforstungen

Geschützte Flächen

• 8.000 ha Schutzgebiete

• davon 4.200 ha Europaschutzgebiet nach Vogelschutz-Richtlinie und Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie

• 1.064 ha Schutzwald außer Ertrag

• 50 geschützte Biotopbäume

WAS BEI UNS AN HEILSAMEN KRÄUTERN WACHSEN DARF

INGEBORG GEROLD

Selbsternannte

Kräuterhexe

über 50 Jahre mit dem Betrieb verbunden

Inge Gerold hat mit ihrem Mann, der als Berufsjäger für den Forstbetrieb Kalwang tätig war, und mit ihren Kindern einige Jahrzehnte mitten im Betrieb gelebt. Hier hat sie auch ihre Leidenschaft, die Kräuterkunde, ausleben und vertiefen können. Gemeinsam mit ihrer Tochter Bernadett – einer ausgebildeten Kräuterpädagogin - bereitet sie Tees, Kräutersalze, Liköre, Salben und Tinkturen zu und bietet Kräuterwanderungen im Forstbetrieb an.

18 FORST KALWANG
„Ich finde es wundervoll, dass ich einfach in die Natur gehen und mir holen kann, was ich gerade brauche und was mir guttut.“

Die so wichtige Vielfalt an Kräutern fängt bei Inge Gerold schon im Garten an. Hier kultiviert sie Dutzende wichtige Heilkräuter wie Baldrian, Salbei, Beinwell, Mutterkraut, Gundelrebe, Giersch, Brennnessel oder Spitzwegerich, die sich oft auch in der Natur des Forstbetriebs Kalwang finden. Dabei ist die Wertschätzung für die Pflanzenverwendung zum Essen und Trinken eine wichtige Voraussetzung für die körperliche, aber auch geistige Gesundheit, da die bunte Vielfalt unmittelbare Positivwirkung auf Wohlbefinden und Lebensqualität hat. Die Beschäftigung mit der Vielfalt und Nutzbarkeit der Kräuter ist jedenfalls eine besonders einprägsame Methode, um die Pflanzenarten der vielfältigen Waldränder, Wiesen und Saumgesellschaften kennenzulernen und an Gäste sowie Mitarbeiter des Forstbetriebs detailreich vermitteln zu können. So können Wildkräutererfahrungen zur Bewusstseinsbildung für unsere biologische Vielfalt beitragen und Motivation für tatkräftige Erhaltungsmaßnahmen liefern.

Um Wildkräuter zu sammeln, unternimmt Familie Gerold oft ausgedehnte Exkursionen auf artenreiche Flächen des Forstbetriebs. Besonders kräuterreiche Flächen finden sich beispielsweise auf der Achneralm, einem wunderschönen Flecken, auf dem Dutzende nutzbare Heilkräuter wie das niedrige Johanniskraut gedeihen, das sich beim Zerreiben rot färbt und sich aufgrund seiner Eigenschaften sehr gut für die Vermittlung der Bedeutung der heimischen Wildkräuter eignet. Für die Herstellung von Johanniskraut-Öl, eines besonders begehrten Naturheilmittels, werden nur die Blüten dieser Wildpflanze abgezupft. Aufgrund seiner beruhigenden und antidepressiven Wirkung ist das Johanniskraut auch eine Komponente des Schlaftees nach altem Familienrezept. Das Kräuterwissen um Wirkungen und traditionelle Anwendungen wurde von den Großeltern an Inge Gerold weitergegeben und hat sie schon immer fasziniert. Dabei freut es Inge Gerold ganz besonders, dass ihre Tochter sich genauso für das Thema begeistern kann und die wunderschöne Tradition des Sammelns und Verarbeitens der Kräuter weiterlebt.

Ein Leben lang von den Kräutern lernen

Auch im fortgeschrittenen Alter möchte sich Inge Gerold noch weiter fortbilden. Sie hat vor, noch einige Kräuterbücher zu lesen und zu Gartenausstellungen und ähnlichen Veranstaltungen zu reisen, um den Austausch mit anderen Kräuterkundigen zu intensivieren. Ihr umfangreiches Wissen sowie ihre selbstgemachten Produkte werden Mutter und Tochter auch in Zukunft gerne an Belegschaft und Gäste des Forstbetriebs Kalwang weitergeben. Damit wird ein wichtiger, schmackhafter und nützlicher Beitrag zur Bewusstseinsbildung für die biologische Vielfalt am Betrieb geleistet.

19 DAS HABEN WIR NOCH VOR
„Es ist ein richtiges Paradies bei uns, weil hier fast alles wächst. Die vielfältige Landschaft mit Waldrändern, feuchten Gräben, sonnigen Wiesen und alpinen Hochlagen birgt viele Lebensräume für die verschiedensten Kräuter.“
„Besonders viele Wildkräuter wachsen auf den Almen. Deshalb ist es so schade, dass die Almen vielerorts aufgelassen werden. Zum Glück wird im Forstbetrieb noch auf die Almen geschaut.“

WAS WIR FÜR DIE VIELFALT AUF DER ALM ERREICHEN

„Wenn man wie ich hauptberuflich in der Natur unterwegs ist, merkt man, was es für schöne Sachen gibt. Das Schönste an der Natur da heroben ist die Ruhe und das Miteinander – mit dem Wild und den Murmelen.“

Landwirt

Kooperationspartner in dritter Generation

Franz Lerchbaum ist Biobauer aus tiefer Überzeugung. Auf seinem Hof leben vier Generationen unter einem Dach – zwei davon betreiben die Landwirtschaft im Vollerwerb. Seit 1966 arbeitet die Familie Lerchbaum mit dem Forst Kalwang zusammen und hat seit 2007 auch die artenreiche Achneralm als Weidegrund gepachtet.

20 FORST KALWANG
FRANZ LERCHBAUM

Die Beweidung ist eine Grundvoraussetzung für die Artenvielfalt auf den Almen. Diese wird besonders begünstigt, wenn die Alm als Wechselweide bewirtschaftet wird. So werden die Flächen kurz gehalten aber nicht übernutzt oder überdüngt. Auf solchen nährstoffarmen Grünflächen wachsen nicht nur einzelne besonders konkurrenzstarke Pflanzenarten, sondern viele verschiedene Gräser und Kräuter, wie zum Beispiel die Margerite oder seltene Orchideen-Arten. Durch die so geförderte Diversität an blühenden Pflanzenarten, ist auch die Insektenfauna auf den Almen des Forstbetriebs Kalwang überaus vielfältig. Aber auch größere Tierarten wie das Alpenmurmeltier profitieren von dieser Vielfalt. Dieses rund 50 Zentimeter große gesellige Erdhörnchen braucht eine Vielzahl verschiedener Pflanzenarten und Insekten als Nahrung. Von seinen Bauen, die es im Sommer vor Hitze schützen und in denen es den ganzen Winter verschläft, findet man deshalb einige auf der Achneralm. Sogar unter der Hütte legen diese scheuen Wildtiere ihre Höhlen und Gänge an.

Auch im Tal hat Familie Lerchbaum Grünflächen des Forstbetriebs Kalwang gepachtet, die durch Beweidung im Frühjahr und Herbst offen und artenreich erhalten werden. Im Sommer werden die 55 bis 60 Stück Jungvieh auf die Alm getrieben. Dabei bleiben die Tiere zuerst gut zwei Wochen auf der unteren Koppel, grasen danach auf den Flächen rund um die Hütte und gelangen schließlich in einem letzten Schritt auf die höchstliegenden Flächen. Bevor mit dieser Art der Beweidung begonnen wurde, war etwa 40 Jahre lang kein Weidevieh mehr in den entlegenen Teilen der Alm und die Futterflächen mussten erst durch mühsames Schwenden aufgekommener Gehölze vorbereitet werden. Jetzt halten die Rinder die Flächen offen und sorgen so für eine große Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten sowie für wichtige Lebensraumstrukturen rund um die Almhütte und bereichern die Biodiversität des Forstbetriebs Kalwang.

Den Generationenbetrieb sichern und übergeben

Auch in der Landwirtschaft muss man mit der Zeit gehen und technische Innovation mit bewährten Traditionen verbinden. Der Hof von Franz Lerchbaum ist ein Familienbetrieb, wo moderne Landwirtschaft gelebt und trotzdem Wert auf alte Traditionen gelegt wird. In Zukunft sollen gemeinsame Beweidungskonzepte mit den Bewirtschaftern weiterentwickelt und die Biodiversität bei gleichbleibend gutem Futterwert gefördert werden.

21 DAS HABEN WIR NOCH VOR
„Die Flora ist da auf der Achneralm besonders vielfältig. Wegen des Kalkgesteins gibt es einen Artenreichtum wie selten auf einer Alm, mit Wiesen-Knäuelgras bis hinauf zur Baumgrenze.“
„Gemeinsam mit dem Forstbetrieb haben wir ein tolles Beweidungskonzept ausgearbeitet, so dass es mit den Rindviechern und dem Wild auch gut harmoniert und alle genug zum Fressen haben.“

BEWAHRUNG VON ALMEN UND OFFENFLÄCHEN

Almwirtschaft

• 1.850 ha beweidete Flächen

• 7 bewirtschaftete Almen

• 4 Servitutsalmen und 3 Pachtalmen

• 280 aufgetriebene Rinder pro Jahr

Wildwiesen und Wildäsungsflächen

• ca. 250 ha gemanagte Lebensraumflächen

• davon ca. 180 ha mehrmähdige Wiesen –1.500 Arbeitsstunden pro Jahr

• davon ca. 70 ha Wildwiesen und Äsungsflächen – ca. 600 Arbeitsstunden pro Jahr

Schutzgüter des Europaschutzgebietes

• 15 dauerhaft vorkommende geschützte Vogelarten

• 17 geschützte Zugvogelarten

• 12 geschützte Lebensraumtypen

„Die Kunst bei der Jagd ist es, dass man den Mittelweg findet und den Wildbestand nachhaltig und in einem vernünftigen Maß bewirtschaftet, so dass künftige Generationen auch noch diese Vielfalt der Natur erleben können.“

Berufsjäger

seit 23 Jahren im Betrieb

Für Werner Rössl ist es eine Berufung, Berufsjäger zu sein. So stört es ihn auch nicht, dass er bei jedem Wetter sowie an Wochenenden und Feiertagen hinaus muss. Seine Arbeit macht ihm Freude und auch die nötige Akzeptanz innerhalb der Familie ist da. Denn Werner Rössl stammt aus einer Berufsjägerfamilie: Schon sein Vater übte diesen Beruf aus und sein Sohn tut das ebenfalls.

24 FORST KALWANG
WIE WIR DAS
ALPINE SCHALENWILD MANAGEN
WERNER RÖSSL

Ein zentraler Faktor des Wildmanagements am Forstbetrieb

Kalwang ist die Hegegemeinschaft Wildfeld, die es bereits seit mehr als 75 Jahren gibt und in der sich rund 20 Forst- und Jagdbetriebe auf 35.000 Hektar bezirksübergreifend zusammengeschlossen haben, um gemeinsam den Rotwildbestand artgerecht zu bewirtschaften. Mittlerweile wurde diese gut funktionierende Zusammenarbeit auf Gams- und Steinwild und auf die Raufußhühner ausgeweitet. Jedes Jahr wird eine jährliche Gamswildzählung in der Hegegemeinschaft durchgeführt, die nur großflächig einen Sinn macht. Dabei werden jährlich zwischen 1.600 und 1.700 Stück Gamswild gezählt, was einem guten Bestand auf sehr großer Fläche entspricht. Und obwohl das Gamswild nur sehr sparsam bejagt wird, steigt der Bestand seit Jahren nicht an, berichtet Werner Rössl besorgt.

Den Problemen des Gamswildes auf den Grund gehen

Damit die Wildtiere diese Äsungsflächen auch während des Tages nutzen können, brauchen sie Ruhe. Durch die vielen Naturnutzer ist aber vor allem das Gamswild vielerorts in Bedrängnis. Diese Wildart bleibt auch im Winter oben auf den abgewehten Bergrücken und ernährt sich von den wenigen trockenen Gräsern, die dort im Winter verfügbar sind und die sie bei höheren Schneelagen sogar auskratzen muss. Die Überlebensstrategie des Gamswildes ist es, sich möglichst wenig zu bewegen und so den Energieverbrauch gering zu halten. Wenn es flüchten muss, hat es einen wesentlich höheren Energiebedarf, den es aufgrund der geringen Nahrungsverfügbarkeit aber nicht decken kann. Auch wenn der Forstbetrieb Kalwang auf die Aktivität vieler Naturnutzer nur wenig Einfluss hat, sorgt er durch sein Wildtiermanagement dafür, dass die Lebensräume und Wildbestände in gutem Zustand bleiben und die Biodiversität erhalten wird.

Im Rahmen eines mehrjährigen Forschungsprojekts des Instituts für Wildbiologie und Jagdwirtschaft der Universität für Bodenkultur Wien werden die Einflüsse klimatischer Effekte und menschlicher Aktivitäten auf das RaumZeit-Verhalten, die Aktivität sowie den Stoffwechsel von Gämsen in den Seckauer Tauern untersucht. Der Forstbetrieb Kalwang ist einer der Partner dieses Projekts, auf deren Grundbesitz ab 2023 Gamswild gefangen und mit GPSSenderhalsbändern sowie Pansensonden ausgestattet wird.

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DAS HABEN WIR NOCH VOR
„Einige der heimischen Wildarten nutzen sehr große Lebensräume und führen saisonale Wanderungen durch. Daher ist eine großräumige Bewirtschaftung unerlässlich, denn das Wild kennt keine Revier-, Bezirksoder Landesgrenzen.“
„Wir bemühen uns, durch Lebensraumverbesserungen dem Wild gute Voraussetzungen zu bieten: pflegen bestehende Wiesen, legen neue Äsungsflächen an und halten Lawinengänge frei, um die Äsung zu erhalten und zu verbessern. Das ist alles sehr arbeits- und zeitaufwändig, aber das kommt allen Wildarten zugute.“

WIE WIR UNS UM DEN KLEINEN UND DEN GROSSEN HAHN SORGEN

„An den Raufußhühnern fasziniert mich besonders das Balzverhalten. Der große Hahn ist sehr interessant, aber von der Stimmung her ist es doch nicht so wie beim kleinen Hahn: Da is a Musi drin.“

Berufsjäger

seit 10 Jahren im Betrieb

Hubert Brunner ist Berufsjäger und seit 10 Jahren im Forstbetrieb Kalwang beschäftigt. Er ist Vater von zwei Kindern und engagiert sich auch ehrenamtlich für Kinder, zum Beispiel in der örtlichen Jugendfeuerwehr oder bei jagd- und waldpädagogischen Führungen.

26 FORST KALWANG
HUBERT BRUNNER

Im Forst Kalwang kommen alle heimischen Raufußhuhnarten – Haselwild, Auerwild, Birkwild und Schneehuhn – und sogar vereinzelt Steinhühner vor. Dabei bevorzugt das Haselwild die Laub- und Nadelwälder der unteren Höhenlagen. Im Gegensatz zu diesen, haben das Birkwild und die Schneehühner auf den Offenflächen der Bergrücken einen optimalen Lebensraum und finden Schutz unter den Latschen. Der Bruterfolg dieser Raufußhühner wird im Forstbetrieb Kalwang durch Raubwildbejagung unterstützt. Das Auerwild, das in den Nadelwäldern ab 1.100 m Seehöhe vorkommt, hat besonders hohe Ansprüche an seinen Lebensraum. Damit sich der Besatz weiter gut entwickelt, werden im Forstbetrieb Lebensraumverbesserungen durchgeführt. Hubert Brunner erzählt, dass auf den Balzplätzen Einflugschneisen geschaffen werden, denn mit seiner Flügelspannweite von etwa 90 cm braucht der Auerhahn genug Platz, um zur Bodenbalz zu landen. Dabei wird darauf geachtet, die Schneisen kurvig zu gestalten, damit der Adler nicht so leicht Beute machen kann. Zusätzlich werden alte Lärchen freigestellt, die der Auerhahn gerne als Schlaf- oder Balzbäume nutzt und die Bodenvegetation wird kurzgehalten, damit das Auerwild sein Umfeld gut überblicken kann.

Am Waldboden mag es der sogenannte große Hahn am liebsten aufgeräumt: es dürfen keine Äste herumliegen und das Mikroklima muss das Vorkommen von Ameisen und anderer Insekten begünstigen. Diese sind in den ersten 14 Lebenstagen die wichtigste Nahrungsgrundlage für die Auerwildküken. Danach nehmen sie auch Blüten und Knospen von Gräsern auf, wobei insbesondere die eiweißreiche Hainsimse eine wichtige Rolle spielt. Diese wächst zum Beispiel auf den Böschungen, die regelmäßig von Selbstanflug freigeschnitten werden. Zum Brüten bevorzugen die Auerhennen dichtere Vegetation in der Nähe des Balzplatzes, zum Beispiel höhere Heidelbeeren, die sie auch gerne als Nahrung nutzen. Damit beim Gelege kein Schaden entsteht und genügend Ruhe bei der Aufzucht vorhanden ist, werden im Forstbetrieb während der Brutzeit des Auerwildes im Mai und Juni keine forstlichen Maßnahmen durchgeführt. Durch diese vielseitigen und teilweise arbeitsintensiven Maßnahmen zum Erhalt der Raufußhühner verbessert der Forstbetrieb gleichzeitig die Lebensgrundlagen für verschiedene Pflanzen- und Insektenarten und fördert somit die Biodiversität im Wald.

Lebensraumverbesserung für Birk- und Schneehuhn

Mit der Klimaerwärmung steigt die Waldgrenze und der bisher optimale Lebensraum des Birkhuhns und des Alpenschneehuhns auf den offenen Bergrücken ist gefährdet. In Zukunft werden deshalb im Forstbetrieb Kalwang die Lebensraumansprüche dieser Wildarten besonders sorgsam beobachtet. Wo es nötig ist, werden gezielte Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung der Lebensraumqualität gesetzt und ein gezieltes Monitoring der Bestandesentwicklung durchgeführt.

27 DAS HABEN WIR NOCH VOR
„In der Wildgemeinschaft Seckauer Tauern werden jedes Jahr Zählungen beim Auerwild und Birkwild durchgeführt, um die Raufußhühnerbestände schonend zu bejagen und zu erhalten.“
„Man muss sich in den Vogel hineinversetzen und sich auch einmal niederknien oder hinlegen, um zu erkennen ob wieder gemulcht werden muss.“

ERHALTUNG VON WILDLEBENSRÄUMEN UND EINEM ANGEPASSTEN WILDSTAND

Jagdgebiet und Wildarten

• 7 Jagdreviere

• 13.400 ha bejagte Fläche

• 23 jagdbare Wildarten

• 13 geschützte Wildarten

Wildstand

• 600 – 700 Stück Rotwild

• 350 – 400 Stück Gamswild

• 400 – 500 Stück Rehwild

• 50 – 70 Stück Muffelwild

• Steinwildkolonie

• 20 – 40 Stück Auerwild

• 40 – 80 Stück Birkwild

Wildtierforschung und -management

• ca. 200 Stunden pro Jahr Gams-, Rotund Rauhfußhuhnmonitoring

• 3 wildbiologische Forschungsprojekte auf Betriebsgrund

• mehr als 70 Jahre großräumiges Lebensraummanagement im Rahmen von Hege- und Wildgemeinschaften

WAS WIR FÜR DAS TRINKWASSER DER ZUKUNFT LEISTEN

„Ich mag‘s einfach mit der Ressource Trinkwasser zu arbeiten. Ich find es interessant und es ist wichtig, abschätzen zu können, wie sich die Veränderungen durch die globale Erwärmung im Alpenraum auf die Ressource Trinkwasser auswirken, damit man darauf entsprechend reagieren kann. Und es ist natürlich die schönste Umgebung zum Arbeiten.“

Hydrogeologin forscht seit 3 Jahren im Gebiet

Magdalena Seelig ist Doktorandin an der Universität Graz. Sie gehört zu einem Team von Wissenschaftlern, das seit 2008 den Blockgletscher Schöneben untersucht und zu diesem Zweck regelmäßig Messungen im Forstbetrieb Kalwang durchführt. Sie genießt es, neben ihrer Bürotätigkeit auch in der Natur arbeiten zu dürfen und ist auch privat oft in den Bergen unterwegs.

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MAGDALENA SEELIG

Im Gegensatz zu aktiven Blockgletschern, haben reliktische Blockgletscher keinen Eiskern mehr und sind deshalb mit Kräutern, Latschenkiefern und Almrausch bewachsen. Je höher man hinaufsteigt, desto mehr werden krautige Arten durch eine artenreiche Flechtengemeinschaft abgelöst. Davon findet sich am Blockgletscher Schöneben eine besonders große Vielfalt der Großen Landkartenflechte, die in den verschiedensten Erscheinungsformen auftreten kann und als Bioindikator für die Luftqualität gilt. Abgesehen vom fehlenden Eiskern sind die verschiedenartigen Blockgletscher gleich aufgebaut, erklärt Magdalena Seelig: Die unterste Schicht bilden feinkörnige Sedimente, in denen große Wassermengen gespeichert werden, da sie nur langsam durchflossen werden. Darüber hat sich eine grobkörnigere Schicht abgelagert, durch die das Wasser schneller fließt. Das Wasser wird im Blockgletscher gefiltert und tritt an dessen Stirn in Form einer Quelle heraus. Aufgrund des Ausgangsgesteins im Einzugsgebiet des Blockgletschers, ist das Quellwasser sehr gering mineralisiert, was sich in einer geringen elektrischen Leitfähigkeit zeigt. Außerdem hat es ganzjährig eine relativ konstante Temperatur zwischen 1,8 und 2,5°C. Dieses Wasser hat eine derart herausragende Qualität, dass man sogar Babynahrung damit herstellen könnte. Für den Wasserkreislauf in den Alpen haben die Blockgletscher zwei wichtige Rollen: Zum einen sind sie Trinkwasserspeicher mit einer sehr hohen Speicherkapazität, zum anderen puffern Blockgletscher den Abfluss nach Extremwettereignissen ab, die sich mit dem Klimawandel zukünftig noch häufen werden. So sorgen die Blockgletscher für einen gleichmäßigen Wasserabfluss und senken damit das Risiko von Muren und Überschwemmungen.

Die Erforschung des Gletschers fortsetzen

Bei seinen wissenschaftlichen Untersuchungen hat das Forscherteam der Universität Graz mit Unterstützung des Forstbetriebs Kalwang unter anderem herausgefunden, dass das Wasser vom Zeitpunkt des Einsickerns oder Abregnens bis zum Austritt an der Quelle durchschnittlich bis zu sieben Monate im Blockgletscher verbleibt. Derzeit wird das Einzugsgebiet des Blockgletschers Schöneben erforscht, berichtet Magdalena Seelig. Diese Arbeiten werden wichtige Ergebnisse und Einflussfaktoren für das in Zukunft immer wichtiger werdende Wassermanagement im Forstbetrieb Kalwang sowie überregional liefern.

In seinem aktuellen Projekt untersucht das Institut für Erdwissenschaften der Universität Graz den Einfluss von Schnee als Grundwasserneubildungskomponente auf das Schüttungsverhalten von Quellen in alpinen Regionen. Da der Blockgletscher Schöneben ein wichtiger Standort für die Untersuchungen ist, wird das Forschungsteam auch weiterhin vom Forstbetrieb Kalwang bestmöglich unterstützt.

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WIR NOCH VOR
DAS HABEN
„Da wir hier seit Jahren immer wieder unsere Messungen machen dürfen, ist der Blockgletscher Schöneben der am meisten untersuchte reliktische Blockgletscher in den ganzen Alpen.“
„Ein gleichmäßiger Wasserpegel ist natürlich auch wichtig, wenn man – so wie der Forstbetrieb Kalwang – das Wasser zur Energiegewinnung nutzt.“

WIE WIR AUF DIE ÖKOLOGIE BEI DER ENERGIEGEWINNUNG SCHAUEN

Betriebselektriker seit 40 Jahren im Betrieb

Heinz Zörner hat als junger Elektriker im betriebseigenen Sägerwerk angefangen. Im Laufe der Jahre sind immer weitere Aufgabenbereiche dazugekommen. Trotz seiner langjährigen Erfahrung passiert in seinem Arbeitsalltag bis heute immer wieder Neues. Deshalb findet er seine Arbeit so interessant und schätzt darüber hinaus die kurze Anfahrt und das gute Betriebsklima.

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„Im Wasser ist ja irgendwie eine Urkraft versteckt. Und dass man Energie rausbringt, aus dem was schon immer da ist, das fasziniert mich beim Wasserkraftwerk. Da sind Technik und Natur eng beinand.“
HEINZ ZÖRNER

Bei seinen Kraftwerken setzt der Forstbetrieb Kalwang auf Qualität, Technologie und Naturverträglichkeit. Die jüngste Anlage wurde 2020 gebaut und zeitgleich wurden die älteren Systeme erneuert. Somit sind alle Anlagen baugleich, am neuesten Stand der Technik und die Ersatzteilbeschaff ung kann sehr effizient erfolgen. Mittels neuester Überwachungseinrichtungen ist eine ständige Kontrolle der Funktion von Turbinen und Düsen sowie der jeweils erzeugten Strommenge möglich. Diese Daten werden ins Forstamt übertragen und können von den zuständigen Mitarbeitern auch am Smartphone nachverfolgt werden. Diese sind dadurch in der Lage, bei Problemen schnell, effizient und oft schon aus der Entfernung zu reagieren, erläutert Heinz Zörner. Trotzdem ist jedes Wasserkraftwerk ein Unikat und wird entsprechend der Gegebenheiten und der Ressourcen des Bachs entwickelt. In der Planungsphase wurde der jeweilige Wasserpegel genau gemessen und die notwendige Restwassermenge ermittelt. Diese ist für die ökologische Gewässergüte essenziell und wird regelmäßig überprüft.

Weitere Quellen zur Energiegewinnung nutzen

Bei der neuesten Anlage des Forstbetriebs im Pischingbach wurde der Prototyp eines modifizierten Denil-Fischpasses realisiert, da an dieser Stelle ein schnellfließendes Gewässer mit hohem Gefälle verläuft. Bei dieser Aufstiegshilfe bildet das Wasser bei speziellen Einschüben einen Rückstau und wird dadurch beruhigt. Somit ist es den Fischen möglich, über diese Vorrichtung, die außerdem über ein zusätzliches Beruhigungsbecken verfügt, die Staustufe zu überwinden. Bei einem Monitoring, das die Zweckmäßigkeit der Aufstiegshilfe durch Fang, Markierung und Wiederfang von Fischen bestätigte, wurde das Vorkommen von Bachforellen im Pischingbach nachgewiesen. Heinz Zörner weiß, dass das eine erfreuliche Seltenheit in derart hochgelegenen Gewässern ist. Für den Erhalt der natürlichen Wanderbewegungen der vielen im Gewässer vorkommenden Kleinstlebewesen ist im Denilpass zusätzlich eine Sedimentrinne mit Sohlsubstrat verbaut. So wird im Forstbetrieb Kalwang auch bei der Energieerzeugung auf den Erhalt der Biodiversität im Gewässer geachtet.

Der Forstbetrieb Kalwang plant, neben der Wasserkraft, noch weitere natürliche und erneuerbare Ressourcen zur Gewinnung sauberer Energie unter Berücksichtigung der Biodiversität am Betrieb zu nutzen. Derzeit wird konkret geprüft, inwieweit es naturschutzfachlich und wirtschaftlich sinnvoll und machbar ist, auf Teilen von ökologisch und ökonomisch weniger hochwertigen Flächen Photovoltaikanlagen zu errichten.

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„Momentan haben wir sieben Kleinwasserkraftwerke und erzeugen bei Voll-Last fast vier Megawatt. Davon geht ein minimaler Teil als Eigenbedarf ins Forstamt und der Rest wird ins öffentliche Netz eingespeist.“
„Wir brauchen halt Energie, im Haushalt und für E-Autos und der Bedarf wird in Zukunft noch steigen. Bei unseren Kraftwerken wird sehr darauf geachtet, dass die Natur so wenig wie möglich belastet wird.“

ÖKOLOGISCH NACHHALTIGE ENERGIEERZEUGUNG

Technik

• Pelton- und Francisturbinen

• 160 – 900 l/sec Durchflussmenge pro Turbine

• 50 bis 750 m Fallhöhe

• 8.700 h Bereitschaftsdienste pro Jahr

Stromerzeugung

• 7 Kleinwasserkraftwerke

• 60 – 1.500 kW Leistung

• 20 Mio kWh erzeugter Strom pro Jahr

• 5.500 Haushalt werden versorgt

Nachhaltigkeit

• 13 Mio. Tonnen Co2-Einsparung bei Stromproduktion

• Permanente Messungen und dynamische Regulierung der Restwassermengen, jährliche Messung der Wasserqualität

IMPRESSUM

Herausgeber und für den Inhalt verantwortlich: Forstbetrieb Kalwang der Liechtenstein Gruppe AG

Redaktion: Prinz Constantin von und zu Liechtenstein, Büro LACON, Klaus Wanninger, Tanja Duscher

Bilder: Samuel Käppeli; AdobeStock (Cover Birkwild, S. 13 Tannenhäher, S. 15 Specht, S. 21 Murmeltier, S. 27 Auerwild, S. 33 Bachforelle); WILKE (S. 5); P. Kubelka, Fürstliche Sammlungen Art Service GmbH (S. 7); C. Burgstaller, G. Greßmann (S. 25); B. Kionka (S. 19); Fotomanufaktur Grünwald (S. 6, S. 16, S. 28)

Grafik: agenturschreibeis.at

Druck: gugler.print

Gedruckt nach der Richtlinie „Druckerzeugnisse“ des Österreichischen Umweltzeichens. gugler*print, Melk, UWZ-Nr. 609, www.gugler.at

– produziert nach den Richtlinien des Österreichischen Umweltzeichens, Gugler GmbH, UW-Nr. 609, www.gugler.at

Die im Text gewählte männliche Form bezieht immer gleichermaßen weibliche Personen ein. Auf eine Doppelbezeichnung wurde aufgrund einfacherer Lesbarkeit verzichtet.

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