LFI Magazin 6/2020 D

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Fulvio Bugani

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Christopher de Béthune

Michael Friedel

Franck Bohbot

Nikita Teryoshin

6. 2 0 2 0    AU G U ST | S E P T E M B E R

D 8,90 € A 9,90 € L 10,10 € I 10,20 € CHF 15,60

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L E I C A F O T O G R A F I E I N T E R N AT I O N A L

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37 LEITZ AUCTION

21. Nov. 2020 W

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LFI 6. 2020

P O RT F O L I O L I G H T B OX

F / S TO P

94 | L F I . G A L E R I E

76 | L E I C A M 1 0 - R

Über 30 000 Fotografen präsentieren in der LFI-Galerie mehr als 700 000 Bilder. In dieser Ausgabe u. a. mit dabei: ein gewagter Pony, eine magische Parklandschaft und Sebastião Salgado

Leica erweitert die M-Familie durch die M10-R mit hochauflösendem 40,89-Megapixel-Sensor. Die Kamera basiert auf der M10-P und verfügt über deren besonders leisen Verschluss

P H OTO

8 2 | S L 2 - M U LT I S H O T Leica hat das erste große Firmware-Update für die SL2 veröffentlicht. Das herausragende neue Feature ist die MultishotFunktion auf Basis des beweglich aufgehängten SL2-Sensors

104 | BÜCHER

Franck Bohbot: aus der Serie Forever Young (2018)

8 6 | L E I C A W E LT Der Schweizer Designer Alfredo Häberli hat mit seiner Leica X2 auf einer 6000-Kilometer-Reise durch Argentinien alte Autos fotografiert: frühere Design-Ikonen aus der Sicht des Kenners

Nikita Teryoshin 6 | B A C K YA R D D I A R I E S

S-Fotografie einmal anders: Der Berliner Fotograf hat die verborgene Welt der urbanen Straßenkatzen für sich entdeckt

Christopher de Béthune 2 6 | S A L A D D AY S

Äußerlich von der M10 kaum zu unterscheiden: die neue Leica M10-R

65 Tage zu zweit in der eigenen Wohnung gefangen – de Béthune entlockte dem Lockdown seine romantischen und poetischen Seiten

Fulvio Bugani 3 6 | G UA J I R O

Bugani, Großstädter, aber auch geprägt durch Erinnerungen an die Großeltern auf dem Lande, fand in tiefster kubanischer Provinz sein privates Paradies

Franck Bohbot 5 2 | F O R E V E R YO U N G

Eine Welt in Pastell: Sommerliche Tage in einem futuristisch anmutenden Spaßbad wecken Erinnerungen an die eigene Jugend

Neue Publikationen von Frank Herfort, Samuel Fosso und Stéphane Lavoué. Plus: The Journey. New Positions in African Photography 1 0 6 | AU S ST E L LU N G E N Lee Miller, Zürich; Roger Melis, Falkensee; Peter Lindbergh, Hamburg; About Us, München; Die City – Das Land, Salzburg 108 | LEICA GALERIEN Das Programm der Leica Galerien weltweit. Unter anderem dabei: Phil Hill in Wien und die Leica Women Foto Project Exhibition in Boston 1 1 0 | I N T E RV I E W Stéphanie Retière-Secret und Auguste Coudray über das Fotofestival von La Gacilly in der Bretagne 114 | MEIN BILD Ökonomisch war es kein gutes Jahr für Nathanaël Fournier, aber seiner Leidenschaft für die Street Photography konnte er dennoch nachgehen 114 | IMPRESSUM

Michael Friedel 64 | LEICA KLASSIKER

Mit 21 schon ein Spiegel-Cover – Friedel war in den frühen Jahrzehnten der Bundesrepublik einer der gefragtesten Magazinfotografen

COVER: Nikita Teryoshin, Straßenkatze aus seiner Serie Backyard Diaries

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LFI INTERN

L F I I N S TAG RA M EXKLUSIVER ONLINE-CONTENT

Regelmäßig posten unsere Follower wie @leicaotaku Fan-Art auf Instagram

An der Online-Fotoplattform Instagram kommt man auch in der professionellen Fotografie kaum noch vorbei. Fotografinnen und Fotografen finden dort ein größeres Publikum, als sie es mit Print-Veröffentlichungen erreichen können, und auch LFI ist auf der Plattform präsent. Unter dem Handle @leica_fotografie_international veröffentlichen wir heftbegleitend Bilder aus den Portfolios, weisen auf Blogbeiträge hin und teilen interessante News aus der Fotowelt. Besonders beliebt sind unsere Wochenend-Takeover, bei denen Leica-Fotografen ihre Arbeit präsentieren. Auch nutzergenerierter Content aus der LFI-Gallery wie Leica Mastershots oder das Bild der Woche werden regelmäßig von uns geteilt. Werden auch Sie Teil unserer stetig wachsenden Community und nutzen Sie die Chance, direkt mit der Redaktion in Kontakt zu treten oder eigene Bilder zu präsentieren, indem Sie uns taggen. Es gibt fast täglich neue Inhalte zu entdecken!

CONTRIBUTOR

Der Fotograf begann seine Serie über Straßenkatzen in einem St. Petersburger Hinterhof, um sich von der Arbeit auf einer Waffenmesse abzulenken (für die er inzwischen den World Press Photo Award erhalten hat). Fasziniert von dieser vielfältigen Welt, setzte er die Serie in Bangkok und Atlantic City fort. Eine eigene Katze wird er sich wegen einer vermutlichen Tierhaarallergie zwar nicht anschaffen, aber das Projekt will er – mit gebührendem Abstand zu den Protagonisten – in Istanbul und in Tel Aviv weiterführen. 4 |

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F U LV I O B U G A N I Bugani berichtet in seinem Projekt von der gewaltigen Umstellung, die man in Kauf nimmt, wenn man auf dem Land leben will – und auch, dass es andersherum nicht unbedingt leichter ist: „Als wir in der Stadt Santa Clara unweit der Ranch waren, schienen die sonst so starken Cowboys mit ihrem harten Leben plötzlich komplett verloren. Sie waren die Stadt einfach nicht gewohnt, und wir tauschten die Rollen: Ich wurde zum Experten! Zwei verschiedene Welten trafen aufeinander.“

MICHAEL FRIEDEL

Auf seinem sechsmonatigen Trip durch Brasilien konnte Michael Friedel 1958 auch als einer der ersten europäischen Bildreporter die neue Hauptstadt Brasília dokumentieren, die zwei Jahre später offiziell eingeweiht werden sollte. Der damals 24-Jährige traf auf seiner Reise nicht nur den Architekten Oscar Niemeyer, sondern auch ganz locker Brasiliens Präsidenten Juscelino Kubitschek. Ein Leibwächter des Präsidenten fotografierte ihn während holpriger Fahrt auf staubiger Piste.

Fotos: © Andy Liong; © Nikita Teryoshin; © Fulvio Bugani; © privat

N I K I TA T E RYO S H I N


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NEU


LEICA S

Nikita Teryoshin

B AC KYA R D

DIARIES 6 |

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Straßenkatzen leben zumeist in von Menschen kaum beachteten Parallelwelten. In mehreren Großstädten hat sich der Berliner Fotograf Nikita Teryoshin auf die Suche gemacht und sie, fasziniert von ihren starken, individuellen Charakteren, in ihren Lebensräumen auf unsentimentale Weise porträtiert.

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Dank des milden Klimas führen viele Straßenkatzen in Bangkok ein unbeschwertes Leben. In Thailand werden sie von der Bevölkerung geschätzt und gefüttert

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Fasziniert von der Individualität und dem Charakter der wildlebenden Katzen, entwickelte Nikita Teryoshin die Idee für die Porträtserie Backyard Diaries, die bald auch als Fanzine erscheinen soll

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In leeren Kellern und behelfsmäßigen Unterschlüpfen fristen die Straßenkatzen ihr von Territorialkämpfen und der Suche nach Futter geprägtes Dasein. Manche suchen die Nähe zu Menschen, andere sind eher misstrauisch und scheu

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Damit der Schatten gut fällt, begab sich Teryoshin bei den Aufnahmen stets auf Augenhöhe der Katzen. Angst, dass sie ihn angreifen, hatte er nie

N I K I TA T E R YO S H I N 1986 im heutigen St. Petersburg geboren, wuchs Teryoshin später in Dortmund auf. Dort absolvierte er einen Bachelor in Fotografie an der Fachhochschule. Neben seinen freien Projekten ist er ein gefragter Presse- und Magazinfotograf mit regelmäßigen Veröffentlichungen in Zeit, Spiegel und Vice. Teryoshin gewann bereits mehrere renommierte Fotopreise, zuletzt den World Press Photo Award 2020.

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Für sein Projekt Backyard Diaries hat sich der Berliner Fotograf Nikita Teryoshin in Städten wie St. Petersburg, Bangkok oder Atlantic City auf die Suche nach Straßenkatzen begeben. In den unwirtlichsten Ecken der Städte hat er sie gefunden. LFI: Ihre Arbeiten setzen sich sonst eher mit gesellschaftspolitischen Themen auseinander. Wie sind Sie jetzt auf die Katze gekommen? Nikita Teryoshin: Ich habe großes Interesse an Politik und gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Zusammenhängen. Ich interessiere mich aber auch dafür, wie sich diese Verhältnisse in der Beziehung zwischen Mensch und Tier widerspiegeln. Schon in meiner Abschlussarbeit Hornless Heritage über die deutsche Milchkuh habe ich diesen Mechanismus von Überlegenheit und Ausbeutung untersucht. Als ich 2019 wegen einer Waffenmesse in St. Petersburg war, entdeckte ich im Hinterhof völlig unterschiedlich aussehende Katzen. Da fiel mir zum ersten Mal auf, wie spannend sie optisch sind und wie viel Charakter sie haben. Ich begann zu fotografieren und merkte, wie viel Spaß mir das macht: eine willkommene Abwechslung zu den Waffenmenschen. Wie erging es den Katzen in den Städten, die Sie fotografiert haben? Das war in jeder Stadt anders. In St. Petersburg besagt die Legende, dass die Katzen die Stadt vor einer Rattenplage gerettet haben. Während der Blockade im Zweiten Weltkrieg wurden zwei Zugwaggons voller Katzen in die Stadt gebracht und haben die Ratten besiegt. Daher haben sie einen guten Stand, leben in verlassenen Kellern und werden teilweise gefüttert. In Bangkok geht es den Katzen noch besser: Die Thailänder sind sehr katzenfreundlich. Nur Hotels oder Banken wollen keine Katzen vor ihrer Tür und versuchen, sie zu verjagen. Die Grenze zwischen Hauskatze und freilaufen-

den Katzen ist nicht so klar definiert, weil viele Einwohner vor der Haustür ein Katzenhäuschen haben. Wie haben Sie die Katzen gefunden? Ich hab tatsächlich über Freunde und Bekannte auf Instagram versucht, Katzenspots wie Chinatown in Bangkok zu finden. Manchmal auch auf gut Glück, aber wenn man nicht weiß, wo sie leben, ist es wie beim Pilze sammeln: Man läuft den ganzen Tag durch den Wald und findet keinen einzigen. Manche Katzen sehen arg mitgenommen aus. Hatten Sie jemals das Gefühl, ihnen helfen zu müssen? Ich hatte natürlich immer Futter dabei. Ich sehe es aber nicht als meine Aufgabe, alle Katzen der Welt zu retten. Eher versuche ich, die Aufmerksamkeit auf sie zu lenken. Ich fand es reizvoll, diese Katzen „von ganz unten“ in diesem Format zu zeigen. Ich bin ein großer Fan von Bruce Gildens Serie Faces und wollte die Katzen als Hommage genau auf diese Art zeigen. Genau wie seine Protagonisten übersieht man oft auch Straßenkatzen. Ihr Leben hat sie gezeichnet und so haben sie im Vergleich zu Rassekatzen optisch einen starken Charakter. Haus- und Rassekatzen sind ein beliebtes Fotomotiv, das Internet ist voll mit dekorativen Katzenbildern... Das war auch Motivation: wenn man schon Katzen fotografiert, dann bloß nicht kitschig mit Softbox, sondern mit hartem Blitz und komplett anders. Wie hat sich die Leica S007 bei diesem Projekt geschlagen? Am Anfang habe ich die Kamera so manches Mal verflucht, da sie vergleichsweise langsam ist und man bei Katzen schnell den richtigen Moment verpasst. Dann wurde mir klar, dass es weniger um Situatives als um hochwertige Porträts geht und da war die S in ihrem Element. Die Lebenswelten der Katzen mit all ihren Details erhalten durch die Kamera eine höhere Wertigkeit. Der Reiz lag darin, einmal etwas mit der S zu machen, das keine kommerzielle Werbefotografie ist.

Sie haben mit ihrer Arbeit Nothing Personal gerade den World Press Photo Award gewonnen. Was bedeuten Ihnen solche Preise und was bedeuten sie für Ihre Arbeit? Obwohl ich meine Arbeiten bei vielen Wettbewerben einreiche, sehe ich die Angelegenheit doch kritisch. Es gehört inzwischen zum professionellen Alltag eines Fotografen, an Wettbewerben teilzunehmen. Die Arbeit wird gesehen und im besten Fall gewinnt man den Preis. Meistens gewinnt man nichts. Davon darf man sich nicht beeindrucken lassen. Ein Wettbewerb sollte auch nie die Motivation sein, etwas zu machen. Letztlich bin ich aber natürlich froh über gesteigerte Aufmerksamkeit und die Möglichkeit, meine Arbeit noch breiter zu zeigen. Was motiviert Sie, zu fotografieren? Als ich mich mit zwanzig auf einer Kunsthochschule beworben habe, war meine Motivation noch, mit meiner Fotografie die Welt zu verändern. So weit würde ich heute nicht mehr gehen, aber ausgeschlossen ist es nicht … Es geht mir einerseits darum, marginalisierte Gruppen zu zeigen, die sonst nicht vorkommen und andererseits darum, Dinge zu fotografieren, die dafür nicht vorgesehen waren und Inszenierungen der Macht zu durchbrechen. Ein Freund hat meinen Ansatz mal als diebische Freude bezeichnet, das finde ich sehr treffend. Gibt es weitere Pläne für die Serie? Ich habe vor, zu jeder Stadt in kleiner Auflage ein Backyard Diaries-Fanzine zu gestalten und zu veröffentlichen. Danach möchte ich das Projekt in Istanbul und Tel Aviv fortsetzen. INTERVIEW: DENISE KLINK

N IKITATE RYOS H IN .COM LF I-ON LIN E .DE /B LOG: PORTFOLIO MIT KATZENBILDERN AUS ATLANTIC CITY EQUIPMENT: Leica S007 mit Summarit-S 1:2.5/70 Asph

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Christopher de Béthune S A L A D D AY S

Der belgische Fotograf zeigt, dass man auch einer Ausnahmesituation wie dem Lockdown eine romantische Seite abgewinnen kann. Für 65 Tage war er mit seiner Lebensgefährtin auf wenigen Quadratmetern gefangen und entdeckte eine unbekannte Poesie des Alltags.

Wenn Zeit keine Rolle mehr spielt: Anfangs wusste niemand, wie lange der Lockdown andauern würde. Eine Woche, einen Monat oder gar noch länger?

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In ihren Häusern gefangen, entwickelten die Menschen plötzlich sehr viel Kreativität, um doch ein paar Sonnenstrahlen zu erhaschen. Wenn er nicht schlief, zog es de Béthune auf das Dach seiner Wohnung, wo er sich einen Lese-, Arbeits- und Lebensraum an der frischen Luft eroberte. Hier flog ihm auch ein Vogel zu, den er einige Zeit beherbergte

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Eine Zeit fern von allem und doch so nah an allem // Wir haben eine Katze verloren, wir beherbergen einen Vogel // Wie eine Leere, die sich zu schnell dreht // Wir weinten, wir schrien, und doch lächelten wir // Weder verlieren noch gewinnen wir bei diesem Spiel des Wartens. (Gedicht des Fotografen)

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Atempause: Der Blick aus dem Fenster und auf die Nachbarn, die auf die Balkone kamen, waren für de Béthune lange Zeit der einzige Kontakt zur Außenwelt

CHRISTOPHER DE BÉTHUNE Der Autodidakt wuchs in Brüssel auf. Nachdem er eine Schule für Illustration besucht hatte, begann er mit einer Leica M6 zu fotografieren und seine Arbeiten selbst zu veröffentlichen. Im Juli 2020 erschien sein neues Buch Invisible Waves bei dienacht Publishing. In der Brüsseler Galerie L’Enfant Sauvage ist bis zum 12. September 2020 seine Ausstellung Orion zu sehen.

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Ein sonniger Tag im März. Das Licht scheint hell durch die offenen Fenster einer Wohnung in Schaerbeek, einer Gemeinde in der belgischen Metropolregion. Jazz schallt aus einem Lautsprecher und ein junges Paar geht spielerisch seiner Arbeit nach. Während sie an einer Collage arbeitet, durchforstet er alte Negative. Dazu schnurrt die Katze, die sich wundert, dass sie seit ein paar Tagen die Wohnung überhaupt nicht mehr für sich allein hat. In Brüssel herrscht der landesweite Lockdown, niemand darf mehr ohne triftigen Grund seine Wohnung verlassen. Für den freien Fotografen Christopher de Béthune beginnen die Salad Days – wie er seine Serie später nach der Shakespeare’schen Wortprägung für das Jugendalter nennen wird: eine Zeit, die von Unerfahrenheit, Enthusiasmus, Idealismus und Unschuld geprägt ist. Alles scheint frisch: Vom ersten Tag an greift der Autodidakt zu seiner geliebten Leica M6, um diesen Schwebezustand zu dokumentieren. „Die dabei entstandene Serie schildert das merkwürdige Gefühl, in das eigene Zuhause verbannt und in einer sonnigen Wohnung eingesperrt zu sein. Trotz der schrecklichen Nachrichten, die wir täglich gelesen, gehört oder gesehen haben, haben wir unsere Hände und unseren Geist beschäftigt. Trotz all der Tragik und Traurigkeit da draußen war es für uns ein ganz einfaches, gutes Leben. Wir waren wie Vögel in einem Nest“, so de Béthune. Als die Wohnung zu eng wurde, fand das Fotografenpaar einen Zugang zum Dach, das zu einem wichtigen Ort ihrer Auszeit wurde. Es bot ihnen einen neutralen Boden außerhalb der Wohnung und einen willkommenen Außenraum, denn das Wetter war für März ungewöhnlich freundlich: „Es waren fast 25 Grad, und ohne den Zugang zum Dach wäre das wohl schwer auszuhalten gewesen. Ich habe dort viele Fotos gemacht, wir gewannen einen

Einblick in das Leben unserer Nachbarn und in der ganzen Gegend.“ Als Sohn einer Französin und eines Schweizers wuchs de Béthune in Brüssel auf. Eine Stadt, die in seiner Arbeit als Stimmung stets präsent ist. Schon früh begann er, sich für Fotografie zu interessieren, besonders da sein Großvater als Berufsfotograf für die USMarine tätig war und sein Leben lang Leica-M3-Kameras verwendete: „Ich war fasziniert von seinen Kameras, und er war der erste, der mir Bilder zeigte, die in meiner Jugend einen starken visuellen Eindruck hinterließen.“ Stundenlang blätterte er in Zeitschriften, Büchern und Foto-Alben, in denen Soldaten, Kriegsmaschinen und Boote abgebildet waren. Doch auch das Zeichnen hatte es hm angetan und so studierte er zunächst Illustration. Die ersten Fotografien machte er in seinem direkten Umfeld, das damals die alternative Musikszene war. Die Faszination für Kameras und das analoge Fotografieren blieb. Als 21-Jähriger kaufte sich de Béthune von seinem ersten Lohn eine Leica M6, die er bis heute benutzt: „Ich arbeite mit meiner treuen Leica M6 und einem 35er-Summicron sowie verschiedenen Filmen, neu oder abgelaufen. Das ist ein ziemlich einfaches Set-up, aber ich würde es gegen nichts auf der Welt eintauschen. In meinen Augen ist es die perfekte Kombination, und sie folgt mir überallhin, wohin ich auch gehe.“ De Béthune interessiert sich nicht nur für Kameras und die analoge Entwicklung von Fotos, auch die Gestaltung von Fotozines und -büchern hat es ihm angetan. Etwa zehn unabhängige Veröffentlichungen sind bis heute entstanden, die er allein oder mit befreundeten Printern, Designern und Fotografen gestaltet hat. Seit 2014 erschienen sie entweder im Selbstverlag oder in Indie-Verlagen wie dienacht Publishing oder Origini Edizioni. Regelmäßig ist er daher auch auf Independent-Buchmessen vertreten und eng mit dem Gründer des Tipi Bookshop in Brüssel verbunden, der sich auf Fotobücher von kleinen unabhängigen

Verlagen spezialisiert hat und de Béthunes Arbeit vom ersten selbstproduzierten Heft an unterstützt hat. Sind seine bisherigen Werke wie Outland (dienacht Publishing, 2016) oder Orion (Origini Edizioni, 2019) sehr grafisch, fast schemenhaft, mit grobem Korn und eher düster, weist die Lockdown-Serie Salad Days eine klare, positive Helligkeit, ja fast Zartheit auf. „Diese Serie ist in der Tat ganz anders als das, was ich normalerweise mache“, stellt der Fotograf fest. „Ich bin eher ein ‚Shoot first, think later‘-Fotograf, mache tonnenweise Bilder in den Straßen bei Nacht, nenne es aber nicht Street Photography, denn ich achte nicht darauf, dass etwas perfekt komponiert ist oder eine lustige Situation zeigt. Ich ziehe vor, es als eine Untersuchung der Nacht zu beschreiben, eine Archivrecherche. Bei dieser Arbeit war es das genaue Gegenteil, ich wollte mir Zeit nehmen, all diese privaten Momente, diese Lichtstrahlen, die Bewegungen der Pflanzen und all die kleinen Details zu sehen und zu fühlen.“ Es war eine traumhafte Zeit, doch sie blieb nicht ohne Schatten: In der sechsten Woche des Lockdowns starb die geliebte Familienkatze und am Ende der Isolation steckte auch die Beziehung in einer Krise. Ob er wehmütig auf die 65 Tage zurückblicke? Er vermisse die Leichtigkeit und die Muße, alte Negative auszugraben, in die Fotografie einzutauchen und Jazz zu hören. „Das Leben war einfach, aber die Realität schlug zurück und diese Tage liegen jetzt hinter uns. Vielleicht können wir sie ja noch einmal erleben, wenn eine zweite Welle auf uns zukommt.“ DENISE KLINK

C H RISTOPH E RDE B E TH U N E .COM LF I-ON LIN E .DE /B LOG: SLIDESHOW MIT WEITEREN BILDERN EQUIPMENT: Leica M6

mit Summicron-M 1:2/35 Asph

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Fulvio Bugani

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Es gibt sie noch – die Orte, an denen die Zeit stillzustehen scheint. An denen die Menschen im Einklang mit der Natur, frei von den Zwängen der modernen Leistungsgesellschaft leben. Mit dem Projekt Guajiro wollte Fulvio Bugani Kindheitserinnerungen wiederaufleben lassen – und fand eine zweite Heimat tief in der kubanischen Provinz.

Angeregt von der Lebensweise seiner Großeltern suchte Bugani das Abenteuer des ländlichen Alltags. Nach Jahren fand er eine Ranch, auf der er nicht nur fotografierte, sondern auch aß, schlief, arbeitete – kurz: lebte. Diese enge Verbindung ermöglichte ihm, den Alltag der Guajiros nah und direkt einzufangen

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Alltag zwischen Landidylle und schweiĂ&#x;treibender Arbeit: Inspiriert von seinen fotografischen Mentoren Alex Webb und David Alan Harvey, aber auch Geschichten von Walker Evans und William Allard, entwirft Fulvio Bugani eine fotografische Erzählung vom traditionellen Leben kubanischer Bauern

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„Immer, wenn ich die Caserío La Nueva besuche, fühle ich mich sofort wie zu Hause. Ich fühle mich den Mitgliedern der Familie eng verbunden“, schwärmt der Fotograf von der Ranch. „Die Dokumentation ihres Alltags ist nicht nur ein weiteres fotografisches Projekt – es ist zu meinem Leben geworden.“

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Klare, kräftige Farben sind Buganis bevorzugte Bildsprache. Nachdem sich seine Arbeit bisher an wichtigen sozialpolitischen Themen orientierte, ist Guajiro seine bisher persönlichste Serie

F U LV I O B U G A N I Geboren 1974 in Bologna, wurde Bugani dort mit 21 für verschiedene Studios als Fotograf tätig. 1999 eröffnete er sein eigenes Studio Foto Image. Seine oft sozialpolitisch orientierten Projekte entstanden in Zusammenarbeit mit Verbänden wie Amnesty International oder Ärzte ohne Grenzen, die Medien wie The Guardian oder Marie Claire publizierten und ihm 2015 den World Press Photo Award bescherten.

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Der Ruf der Vormoderne holte Fulvio Bugani ein. Auf der Suche nach Erinnerungen an seine Kindheit fand sich der italienische Fotograf auf Kuba wieder, wo bäuerliche Lebensformen in einigen Regionen noch häufig anzutreffen sind: Bei einer Bevölkerung von etwas mehr als elf Millionen gibt es rund 380 000 Bauern, die für über 65 Prozent des Viehbestands und der Nahrungsmittelproduktion sorgen. So gibt es auf der Karibikinsel noch verhältnismäßig viele bäuerliche Betriebe. Auf der Caserío La Nueva, einer irgendwo zwischen den Städten Santa Clara und Cienfuegos gelegenen Ranch, fand Bugani eine neue Heimat unter Bauern, im kubanischen Spanisch Guajiros genannt, fernab der Begehrlichkeiten des Großstadtlebens. Mit seinen Leica-Kameras dokumentierte er einen Ort, an dem die Uhren noch etwas anders laufen. Herr Bugani, wie sind Sie zur Fotografie gekommen? Als Kind war ich immer aufgeregt, wenn ich das Fotoalbum meiner Familie anschaute. Die Atmosphäre der damaligen Zeit faszinierte mich. Mir wurde klar, dass Fotografie mehr ist als nur eine Art der Erinnerung. Es ist eine Kunst, eine Kommunikationsform mit ungeheurer Kraft und einer hohen emotionalen Aufladung. Das veranlasste mich dazu, meine Kenntnisse zu vertiefen und Arbeit in diesem Bereich zu suchen. Was fasziniert Sie an Kuba? Ich war 2003 zum ersten Mal auf Kuba und spürte sofort die Energie um mich herum. Ich ließ mich vom pulsierenden Alltag mitreißen und genoss die ethnische und kulturelle Vielfalt. Ich bin in dieses Land verliebt – vor allem wegen der Menschen, die ich dort getroffen habe, aber auch wegen seiner Stimmung, der Atmosphäre und des Lichts. Meiner Erfahrung nach sind die Kubaner die einzige Bevölkerung, die sich mehr um die Bedürfnisse der

anderen als um ihre eigenen Interessen kümmert – etwas, das unsere westliche Gesellschaft vergessen hat. Aus diesen Gründen habe ich Kuba zu meiner zweiten Heimat gemacht. Wie kam es zu der Idee, die Guajiros, die Bauern, zu porträtieren? Ich wuchs in der Nähe meiner Großeltern auf, die in den Bergen geboren sind und lebten. Sie waren Bauern, und ich war von ihrer Lebensweise fasziniert. Ich spürte im Laufe meines Lebens eine gewisse Distanz zwischen meiner urbanen Lebensweise und ihrer, die ein völlig anderes Tempo hatte. Jetzt, als Erwachsener, fühle ich mich immer noch stark zu ihrer Lebensweise hingezogen. Die mag vielleicht härter sein, aber bedeutungsvoller und respektvoller gegenüber dem Leben. Wie sind sie auf die Caserío La Nueva aufmerksam geworden? Ganz zufällig, ich fuhr mit einer Art Minibus von Havanna nach Santa Clara und sah einige Häuser auf einem Feld. Ich bat den Fahrer, dort anzuhalten, mitten im Nirgendwo. Alle waren erstaunt, aber ich fühlte tief im Inneren: Das ist der Ort, den ich suche. Inwiefern unterscheidet sich der Lebensstil der Guajiros von dem der Menschen in den Städten? Auf Kuba gibt es immer noch ein wahrhaftiges Leben auf dem Land, mit einem sehr naturverbundenen Lebensstil. Die Guajiros sind einfach und bescheiden und wissen das auch – aber sie schämen sich dessen nicht. Es sind gute, direkte und würdevolle Menschen. In den Städten hingegen gibt es mehr Individualismus, Abschottung und Angst vor den anderen. Wie würden Sie die Atmosphäre auf der Ranch beschreiben? Ich finde die Atmosphäre dieses Ortes gleichzeitig real und surreal. Hier wird das Gewöhnliche außergewöhnlich. Aus diesem Grund fand ich es sehr interessant, dort zu leben. Ich spürte eine romantische Atmosphäre voller Sinnlichkeit und Leidenschaft im Sinne von Pathos, Leid und Emotion.

Was sind fotografisch gesehen die größten Unterschiede im Vergleich zu Ihren anderen Projekten? Meine Herangehensweise ist immer sehr immersiv, ich mische mich gerne unter die Menschen. In Guajiro ist meine Herangehensweise jedoch weit weniger journalistisch. Sie ist persönlicher und intimer. Ich tue es für mich selbst, indem ich meine Aufmerksamkeit auf das lenke, was mir am meisten gefällt und was mir am wichtigsten ist. Ich fühle mich als Teil der Familie und ihres Lebens. Ich arbeite mit ihnen, schlafe bei ihnen und esse mit ihnen. Das hilft mir nicht nur, meine Protagonisten besser zu verstehen, sondern auch, von ihnen akzeptiert zu werden, damit sie ihr Verhalten nicht meinetwegen ändern. Gab es fotografische Herausforderungen zu meistern? Die wohl größte Herausforderung bestand darin, die Akkus meiner Kamera und meines Computers aufzuladen. Auf der Caserío La Nueva gibt es kaum Elektrizität. Die andere Herausforderung ist das harte Leben an sich, weil es so gut wie keinen Komfort gibt. Fotografisch gesehen jage ich immer dem richtigen Licht nach. Manchmal gibt es zwar eine perfekte Situation, aber kein gutes Licht. Das ist einer der Gründe, warum ich immer wieder dorthin zurückkehre: Weil ich auf den richtigen Moment warte, um das Bild, das ich im Sinn hatte, in der richtigen Atmosphäre zu fotografieren. Könnten Sie in wenigen Worten zusammenfassen, was das Projekt für Sie bedeutet? Freiheit. Schönheit. Wurzeln. INTERVIEW: DANILO RÖSSGER

F U LVIOBU GAN I.COM LF I-ON LIN E .DE /B LOG: SLIDESHOW MIT WEITEREN BILDERN EQUIPMENT: Leica Q2, Summilux 1:1.7/28 Asph, Leica M10 mit Summilux-M 1:1.4/28 Asph

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Franck Bohbot F O R E V E R YO U N G

Ein Sommer in Pastell: Die Aufnahmen des Fotografen Franck Bohbot in einem franzรถsischen Spaร bad bewegen sich zwischen Traum und Wirklichkeit wie die Erinnerungen an die eigene Jugendzeit, die nie vergeht.

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Sommer 2018 in Les Landes, Frankreich: Franck Bohbot war eigentlich nur dort, um zu entspannen, bekam aber dann das Gefühl, die Szenerie einfangen zu müssen – die Stimmung, das Licht, die Menschen, die Rutschen. Seine Fotografien sind gleichsam Erinnerungen an die eigene Jugend

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Die Jugend ist wie ein unendlich langer Traum, den man nie vergisst. Farben, Gerüche, Geschmäcke, die einen umgaben, sind auch Jahrzehnte später noch so präsent, als seien sie nicht vergangen, sondern nur verborgen im Schatten der Erinnerung. Und jederzeit abrufbar: die Urlaube in Spanien oder Südfrankreich, das Schwimmbad im Vorort von Paris, der Sommer in unbeschwerter Laune zwischen Sonnenauf- und -untergang. Eis, Wasser, Pommes, perlende Tropfen auf der Haut. Der Fotograf Franck Bohbot erinnert sich in dieser Serie an Momente aus seiner Jugend, an die „besten Tage“ des Jahres, bei denen man fast hätte weinen können, wenn sie vorüber waren, weil sie so schön gewesen waren. Forever Young ist eine Hommage an das Jungsein, den Sommer und das Licht. „Diese Aufnahmen habe ich 2018 gemacht“, berichtet Bohbot, „als ich in Les Landes in Frankreich Urlaub machte. Ich war dort, um zu entspannen und zu genießen, aber dann hatte ich doch das Gefühl, die Situation einfangen zu müssen.“ Blauer Himmel, weiße Wolken, feiner Sand; Jungs in Badehosen und auf Rutschen: Der Fotograf befand sich genau zur richtigen Zeit in einer Welt, in der alle vital und aktiv sind, wie losgelöst von Raum und Zeit an einem Ort des Spiels und der Freude. „Diese Momente haben mich daran erinnert, dass wir alle Jugendliche sind, und in dieser Welt eigentlich nur spielen wollen. Ich hatte die Absicht, etwas Originelles und Frisches zu schaffen, etwas, das sich zwischen Traum und Wirklichkeit bewegt“, stellt Bohbot fest. Seine Bilder wirken wie Gemälde aus einer anderen Zeit, wie eine Reminiszenz an das Pastell, an den Farbenhauch aus Beige, Rosa und Hellblau. Man muss an die 50er-Jahre denken, an amerikanische Spielfilme, an Prosa unter südfranzösischer Sonne. „Ich habe nur das fotografiert, was ich vor mir hatte: viel Spaß“, beschreibt

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Bohbot seine Arbeit. Und doch unterscheidet sie sich sehr von seinen bisher geschaffenen Arbeiten: „Ich habe in dieser Serie versucht, eine neue Ästhetik zu entwickeln, indem ich mehr auf das visuelle Erzählen einer Geschichte setzte und mehr Menschen einbezog, mehr Leben.“ Mit dem Spaßbad hat er einen Ort festgehalten, an dem genau das stattfindet – Begegnung, Treffen, soziales Miteinander. Mitunter hat man den Eindruck, alle Personen auf seinen Bildern kennen sich irgendwoher, als beobachte man eine Großfamilie auf einem Ausflug. Entstanden sind seine Aufnahmen mit der Leica SL und dem VarioElmarit-SL 1:2.8–4/24–90 Asph, eine perfekte Kombination, wie der Fotograf findet. „Ich liebe den neutralen Leica-Look der DNG-Dateien“, sagt er. „Ich kann die Farben nach Belieben verändern, aber es soll hinsichtlich der Beleuchtung und des Aussehens natürlich bleiben.“ Neben den Menschen und den gewählten Farben, fallen auf den Bildern vor allem die Riesenkonstruktionen der Rutschen auf, die wie auf der Erde gelandete Raumschiffe wirken. Bohbot berichtet, er sei fasziniert von Geometrie und von der Verbindung von Architektur und Kino, deshalb versuche er stets, Linien und besondere Formen in seine Arbeit einzubinden. Eines Tages, so stellt er sich vor, möchte er einmal ein Projekt über den Weltraum und die Astronomie beginnen. „Ich bin für immer ein Kind und werde sicher nie ein richtiger Erwachsener werden“, meint der Fotograf. „Ich liebe alles, was mit Rutschen zu tun hat, und alle Aktivitäten am Strand.“ Nicht nur deshalb eignet sich Forever Young als Titel der Serie, sondern auch, weil er zu Bohbots Lebensphilosophie passt: Für ihn sei eine Fotoserie nie zu Ende, sie bleibe immer jung, ausbaubar und entwicklungsfähig. So hofft er, eine Fortsetzung seiner Erinnerungen in einem anderen Land produzieren zu können. Genau genommen ist es wie mit einem Fotoalbum: Alle Momente im Leben finden irgendwann, irgendwie und irgendwo ihren Platz. KATJA HÜBNER

FRANCK BOHBOT Der Fotograf, geboren 1980 in Longjumeau, Südfrankreich, zog 2013 nach New York. Seit 2008 produziert er zahlreiche Fotoserien, die sich mit urbaner Architektur befassen. Theater, Bibliotheken und Schwimmbäder gehören zu seinem Universum. Sein visueller Stil ist geprägt von filmischen Einflüssen und einem scharfen Blick für das Theatralische. Viele seiner Serien bewegen sich im Raum zwischen Realität und Fantasie.

F RAN C KB OH B OT.COM LF I-ON LIN E .DE /B LOG: SLIDESHOW MIT WEITEREN BILDERN EQUIPMENT: Leica SL mit Vario-Elmarit-SL 1:2.8–4/24–90 Asph


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Michael Friedel gehört zweifellos zu den umtriebigsten Chronisten und Magazinfotografen seiner Zeit. Im Mittelpunkt stehen hier seine Reportagen und Bilder aus dem Alltag der jungen Bundesrepublik der 1950er- bis 1970er-Jahre. Wir zeigen eine Auswahl aus dem bemerkenswerten Werk des Fotografen.

LEICA KLASSIKER

Michael Friedel

Elvis Presley als Unterstützer der Polio-Impfkampagne während der Proben zur ersten Ed-Sullivan-Show, New York 1956. Rechts: Spiegel-Cover 50/1956

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Alltag im Wirtschaftswunder-Deutschland: Meisterpr端fung Friseurhandwerk, Messehallen M端nchen 1955 und Brautmoden-Schau, Stuttgart 1966 (oben); Sonntagsausflug einer Bergarbeiter-Familie, D端sseldorf 1966 (unten); Harry Lindmeyer und Iris Berben, M端nchen 1975 (rechts)

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Der Autor und Schriftsteller Peter Handke als Stern-Reporter vor dem legendären Beatles-Konzert, Essen, 25. Juni 1966


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Gegenschuss: der Autor und Schauspieler Franz Xaver Kroetz, MĂźnchen-Pasing 1968 (links); Massenchoreografie auf dem Parteitag, Bukarest 1964 und Feuerwehrkapelle bei einer Treibjagd, SchleswigHolstein 1962 (oben); Stiller Sonntag vor dem Moskauer Stadtmuseum, 1964 (unten)

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Rainer Werner Fassbinder und Günther Kaufmann, München 1966; Romy Schneider mit Mutter Magda, Pause bei den Sissi-Dreharbeiten, Venedig 1955 (oben); Charles Wilp, Afri-Cola-Werbung, London 1968 (unten); Photokina-Gründer L. Fritz Gruber und der Gestalter Willy Fleckhaus, Köln 1956 (rechts)

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lähmung impfen zu lassen. Das war Teil einer vom Gesundheitsamt initiierten Kampagne.“ Über Nacht entwickelt und vergrößert gingen die Abzüge an die Spiegel-Redaktion in Hamburg. Dort war man sehr zufrieden. Mehr als ein Achtungserfolg für den jungen Fotografen, der in den Jahren zuvor schon mehrfach in der deutschen Fotografiewelt aufgefallen war. „Aus Trotz und Eigensinn“ sei er zur Fotografie gekommen, so ist es im ersten Band Das Deutsche Lichtbild von 1955 zu lesen, denn seine Familie lehnte seine Pläne zunächst ab. Schon in seiner Gymnasialzeit tauschte er sich mit dem Jugendfreund Max Scheler über Fotografie aus. Der ersten Kamera, einer Rolleicord, folgte bald eine Leica. Nach einem Jahr als Praktikant in einem Münchner Presselabor und einer kaufmännischen Lehre bei Agfa startete er als Bildjournalist durch. In den 1960ern war er beim Stern, 1967 kürte ihn Fritz Kempe in Leica Fotografie zum „Meister der Leica“. Nach der Kündigung beim Stern war er als „Weltentdecker“ frei für die immer wichtiger werdenden Reisereportagen, in denen er das Fernweh einer begeisterten Leserschaft bediente. Dass Friedel auch ein bedeutender Chronist der jungen Bundesrepublik war, rückt erst seit ein paar Jahren wieder ins öffentliche Bewusstsein. Dabei lohnt der Blick auf das Frühwerk, zeigt es doch nicht nur Prominente der Zeit, sondern gibt mit genau gestalteten Motiven, nicht selten mit tiefgründigem Humor, einen präzisen Einblick in die Verwerfungen, Konflikte und Sehnsüchte der Wirtschaftswunder-Zeit. Der Fotograf war viel unterwegs, rückte dicht an die von ihm porträtierten Personen heran, interessierte sich für den Alltag, zeigte sich empathisch und behielt trotzdem die nötige journalistische Distanz. Nicht als rasender Reporter, sondern als gründlich vorbereiteter, stets neugieriger Beobachter hat er ein enormes Lebenswerk geschaffen. Kürzlich feierte Friedel seinen 85. Geburtstag. Wir gratulieren nachträglich. Und wir freuen uns auf kommende Wiederentdeckungen. ULRICH RÜTER

MICHAEL FRIEDEL Geboren am 5. Juni 1935 in Berlin. Er verlässt das Gymnasium, um Fotograf zu werden; es folgen ein Praktikum im Münchner Presselabor Norbert Amann und eine kaufmännische Lehre bei Agfa. Frühe fotografische Erfolge, u. a. Auszeichnung beim Photokina-Wettbewerb „Jugend photographiert“. Selbstfinanzierte Reisen durch Europa, die USA, Südamerika und Afrika. Viele Veröffentlichungen u. a. in Stern, Spiegel und Twen. Von 1956 bis 1961 freier Mitarbeiter der Illustrierten Quick, dann beim Stern. 1968 Rückkehr nach München als freier Reisefotograf. 1978 Gründung von MMPhotodrucke als Eigenverlag gemeinsam mit seiner Frau Marion, über zwanzig Publikationen in mehreren Sprachen. Friedel lebt in Dietramszell bei München.

MIC H AE L-F RIE DE L.COM AUS STE LLU N G: Michael Friedel: Westdeut-

sche Augenblicke 1955–1976; Leica Galerie Nürnberg; 18. Juli bis 26. September 2020; www.leica-store-nuernberg.de BÜ C H E R: (Auswahl) MICHAEL FRIEDEL. FOTOGRAFIEN 1950–1990 (MM Photo-

drucke, 2018; Neuauflage 2020); SEYCHELLEN – DAS BESTE VON MICHAEL FRIEDEL

(MM Photodrucke, 2007)

Fotos: © Michael Friedel

Liebhaber der Malediven oder der Seychellen kennen und schätzen sicher viele Motive des Fotografen, denn diese Regionen hat Michael Friedel wie kaum ein anderer in vielen Bildbänden dokumentiert. Doch bereits vorher hatte er in wenigen Jahren eine rasante Karriere als Reportagefotograf gestartet, die ihn bereits in den 1950erJahren zu einem der gefragtesten Bildreporter seiner Generation werden ließ. Dieser „Schwarzweiß-Klassiker“ kann derzeit in der Nürnberger Leica Galerie mit Westdeutsche Augenblicke 1955–1976 wiederentdeckt werden. Natürlich darf das ElvisPorträt nicht fehlen, mit dem der erst 21-Jährige auf dem Cover des Spiegel landete. Seitenverkehrt und leicht gedreht wurde es im Dezember 1956 mit der Unterschrift „Von Dixieland nach Kinseyland“ veröffentlicht. Das Honorar von 500 Mark war damals ein kleines Vermögen und füllte Friedels Reisekasse auf. Denn sein USA-Trip war selbstfinanziert, Reisen nach Brasilien und Afrika schlossen sich in den folgenden Jahren an. Allein sechs Monate war er in den USA unterwegs, ein Besuch im New Yorker Büro der Agentur Magnum erwies sich als besonders lohnend: „Zwar hatte ich keine Jobs, dafür genügend Zeit, um mich etwa im New Yorker Magnum-Büro herumzutreiben“, erinnert sich Friedel: „In New York war es vor allem Cornell Capa, mit dem ich mich gut verstand. Es war die damalige Büroleiterin, Inge Bondi, die eines Tages einen Anruf von Eberhard Wachsmuth vom Spiegel entgegennahm: Er benötige dringend ein Porträt von Elvis Presley. Kurzerhand machte ich mich auf den Weg, um wenige Straßen weiter ein Fernsehstudio aufzusuchen, wo für die legendäre Ed-Sullivan-Show geprobt wurde. Ich lief los, den Broadway runter, der bereits für Elvis abgesperrt war. Im Studio durfte ich ungehindert die Proben begleiten. Elvis gab vor, sich gegen Kinder-


F/ S TOP – L E I C A M 1 0 - R – M U LT I S H O T - U P D AT E F Ü R D I E S L 2 –

R W I E R E S O LU T I O N : D IE NEU E L E I C A M 1 0 - R M I T H O C H AU F L Ö S E N D E M BILDSENSOR MIT ÜBER 40 MEGAPIXELN

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DIE INNERE GRÖSSE LEICA M10-R

Die neue Leica M10-R unterscheidet sich im Wesentlichen nur in einem Punkt von der M10, aber der hat sich gewaschen: Ihr Bildsensor löst mehr als 40 Megapixel auf und sorgt damit für eine absolut überragende Bildqualität. Wir warfen einen ersten Blick auf die „R“.

Als Leica Anfang 2020 die M10 Monochrom präsentierte, stach diese durch ihren Bildsensor hervor, der der ohnehin schon einzigartigen Kamera mit seiner hohen Auflösung von knapp 41 Megapixeln eine besondere Exklusivität verlieh. Eine Farbversion der Kamera sei eher nicht geplant, hieß es damals, da der in der M10 verwendete Prozessor mit der dreimal größeren Datenmenge der Farbbilder sehr stark gefordert wäre und nicht jeder M-Kunde die womöglich nicht ganz so schnelle Arbeitsweise der Kamera akzeptieren würde. Nun hat man sich nicht nur anders entschlossen, sondern Leica hat auch einen eleganten Weg gefunden, mit der Abwägung von Auflösung versus Geschwindigkeit umzugehen – man überlässt die Wahl einfach 76 |

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dem Kunden: Die neue Leica M10-R kommt als Alternative zur M10 und M10-P ins Programm. So hat der Kunde die Wahl, ob er die schnellere M10 mit der auch nicht gerade kleinen Auflösung von 24 Megapixeln oder die höher auflösende, aber nicht ganz so flotte M10-R vorzieht. AUSWIRKUNGEN IN DER P RAX IS. Immerhin macht

Leica es dem Tester relativ leicht, denn da die M10R bis auf den Sensor (und natürlich den roten Punkt) vollkommen identisch mit einer M10-P ist, geht es im Kern nur um zwei Fragen: Wie groß ist der Gewinn an Bildqualität durch die höhere Auflösung? Und fühlt sich die Kamera in der Praxis wirklich langsamer an? Um die M10-R von einer „normalen“ M10 zu unter-

scheiden, muss man schon das Kleingedruckte auf dem Blitzschuh lesen. Die M10-R trägt den roten Punkt wie die M10, basiert aber technisch auf der M10-P mit ihrem leiseren Verschluss. Was die Bedienelemente, das Gewicht oder sonstige Eigenschaften betrifft, unterscheidet sich eine Leica M10-R nicht von ihren Schwestermodellen. Der einzige technische Unterschied ist der Bildsensor mit seiner enormen Auflösung von 40,89 Megapixeln oder 7864 mal 5200 Pixeln. Die berechtigte Frage, ob man damit wirklich eine höhere Bildqualität gewinnt, lässt sich uneingeschränkt mit ja beantworten. Eine höhere Auflösung steht immer für mehr Bilddetails – auch wenn man die Auflösung für einen kleinformatigen Druck nicht

benötigt. Selbst bei reduzierter Auflösung sieht man den Bildern diese Details noch an. Natürlich reichen auch die 24 Megapixel der normalen M10 etwa für einen Print in A4-Größe locker aus und auch der M10R fällt es schwer, bei dieser Bildgröße mehr Details hervorzuzaubern. Doch spätestens bei größeren Formaten oder bei Ausschnittvergrößerungen schlägt ihre Stunde, wenngleich man dafür schon „Pixel Peeping“ am Rechner betreiben oder eine Lupe benutzen muss, denn die Qualitäten der M10 sind bereits hervorragend. KEIN RAUS CHEN IM WALDE . Die 24 Megapixel der M10 gelten vielen nicht zuletzt deshalb als ideale Auflösung, weil die bisherige Erfahrung zeigte, dass höhere Auflösungen mit →


Von außen ist die Leica M10-R vom Basismodell Leica M10 nur durch die Gravur im Blitzschuh zu unterscheiden. Im Inneren findet sich aber nicht nur der mehr als 40 Megapixel auflösende neue Bildsensor, sondern auch der extrem leise Verschluss der M10-P. Die Kamera ist auch ganz in Schwarz erhältlich

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Diese Aufnahme des walisischen Fotografen Huw John zeigt selbst feinste Details und ließe sich noch weit größer drucken. Die Qualitätsreserven der M10-R sind extrem hoch © Huw John, Cardiff

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Dieser 100-Prozent-Ausschnitt des Bildes von der vorherigen Seite, wiedergegeben mit 300 dpi, belegt die enorme Auflösung der M10-R

noch kleineren Pixeln auch für mehr Bildrauschen und reduzierte Dynamik sorgen. Doch das trifft für den Bildsensor der M10-R nicht zu, denn der technische Fortschritt sorgt hier sogar für das Gegenteil: Das Bildrauschen ist messtechnisch gesehen bei hohen Empfindlichkeiten etwa eine Blendenstufe geringer. In der Praxis wird es wegen der höheren Auflösung der Bilder sogar noch weiter in den Hintergrund gedrängt. ISOEinstellungen bis 6400 kann man ohne Reue nutzen und selbst die maximalen ISO 50 000 sind nutzbar, wenn man die Bilder in reduzierter Größe verwendet. Die untere Einstellgrenze liegt mit ISO 100 angenehm niedrig und ermöglicht die

Arbeit mit lichtstarken Objektiven bei offener Blende in hellerer Umgebung. Die Dynamik fällt mit rund 14 Blendenstufen eine Stufe besser aus als bei der M10, was den Bearbeitungsspielraum vergrößert und bedeutet, dass man aus den Tiefen und Lichtern mehr Zeichnung herauskitzeln kann. Von der Bildqualität her betrachtet gibt es keinen Grund, der bisherigen M10 irgendwo den Vorzug zu geben, denn die M10-R macht in der Tat alles besser und verschiebt die Messlatte ein ordentliches Stück nach oben. Damit rückt sie auch die Qualität des Objektivs stärker in den Vordergrund und zeigt dessen Stärken und Schwächen deutlicher als bisher. Die überragen-

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de Schärfe eines Apo-Summicron-M 1:2/50 Asph zeigt die M10-R nochmals klarer, ebenso wie die Weichheit manch eines älteren Objektivs. Sie belässt den Objektiven ihre Seele – und rückt ihre Stärken und Schwächen wieder in den Mittelpunkt. F LOTT E AR BE ITSW EIS E.

Bei der Geschwindigkeit muss man dagegen leichte Abstriche zur M10-P in Kauf nehmen. Die M10-R nutzt den gleichen Prozessor und den gleichen Pufferspeicher, die höhere Datenmenge pro Bild sorgt aber dafür, dass die M10-R etwas langsamer wird als ihr Schwestermodell. Bei voller Serienbildgeschwindigkeit passen nicht mehr 22 DNGs in den Puffer-

speicher, sondern nur noch zehn – ein Unterschied, der eher von akademischem Interesse ist. Praktisch merkt man wenig bis gar nichts davon, dass die M10R weniger schnell schussbereit wäre oder ein Vorschaubild langsamer zeigte als eine M10. Man hat eher das Gefühl, dass die Vorteile einer „normalen“ M10 dort liegen, wo es auch mal hektischer zugeht, in denen eine M aber ohnehin nicht unbedingt die richtige Kamera ist. Die M10-R fühlt sich jederzeit flott an und ist den klassischen Aufgaben einer Messsucherkamera voll und ganz gewachsen. Wer bereits eines der anderen M10-Modelle besitzt, mag sich nun fragen, ob er noch die richtige Kamera

DIE M 1 0 - R RÜ C KT DA N K IHR ER HOHEN AUFLÖSUNG W I E D E R DA S O B J EKT IV M IT A L L S EIN EN STÄ R K EN U N D S C HWÄC HEN IN DEN M IT T ELPUNKT. GENAU SO S OL L E S S EIN .

hat. Doch da können wir alle beruhigen: Natürlich besitzt die M10-R einen Qualitätsvorsprung, der aber nicht sofort zum Wechseln zwingt. Und wer sich jetzt fragt, ob die M10-R womöglich die M10 Monochrom obsolet macht, dem sei gesagt, dass die schwarzweiße Variante nicht nur mehr Details durch den Verzicht auf die Farbinterpolation zeigt, sondern der „R“ auch eine Blendenstufe beim Rauschen, bei der Empfindlichkeit und bei der Dynamik voraus hat. Kein M10Modell verliert seine Daseinsberechtigung, doch mit der M10-R gibt es eine neue, extrem hochwertige Alternative für all jene, denen Bildqualität letztlich über alles geht. HOLGER SPARR

the peninsula hong kong

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M U LT I S H OT F I R M WA R E - U P D AT E S L 2

Das erste große Firmware-Update für die Leica SL2 eröffnet mit dem MultishotModus ganz neue Möglichkeiten und zeigt, welche Potenziale in der Hardware der Kamera stecken.

Dank des Firmware-Updates ist die spiegellose Kleinbildkamera SL2 nun in der Lage, Fotos mit einer Auflösung von bis zu 187 Megapixeln aufzunehmen.

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Im November 2019 präsentierte Leica den Nachfolger der beliebten spiegellosen Systemkamera SL (Typ 601) – die Leica SL2. Ein 47 MP großer, beweglich aufgehängter Bildsensor, interne Bildstabilisierung, verbesserte Ergonomie und ein neues, von der Q2 übernommenes Bedienkonzept waren damals die wichtigsten Veränderungen. Dass die SL-Kameras mit entsprechenden SoftwareUpdates noch einmal getunt werden können, ohne sie in den Customer Service geben zu müssen, konnten SLFotografen bereits 2017 mit dem Firmware-Update 3.0 für die SL (Typ 601) erleben (LFI 6/2017). Dieses Update – so mein Kollege Michael Hußmann damals – machte aus der SL eine fast neue Kamera. Die Potenziale der installierten Hardware-Komponenten werden nun auch mit dem ersten großen Update 2.0 bei der aktuellen Leica SL2 genutzt. Bereits bei der Einführung der Kamera hatte das Wetzlarer Unternehmen angekündigt, dass ein neuartiges Feature mit dem ersten großen FirmwareUpdate nachgereicht wird – der Multishot-Modus. Der aufgrund der Corona-Pandemie verhängte Lockdown verzögerte die Entwicklung und Veröffentlichung der Software, doch Ende Juni war es dann soweit: das Firmware-Update 2.0 für die SL2 konnte veröffentlicht werden. Neben dem Multishot-Modus brachte das Update auch zahlreiche kleinere Optimierungen, die auf dem Feedback der Fotografen aus den ersten Praxismonaten resultierten. Aber dazu später.

M U LT I SH OT-M O D US.

Beim Multishot (Mehrfachaufnahme) kommt die eingangs erwähnte Eigenschaft des beweglich aufgehängten Bildsensors ins Spiel. Der Multishot ermöglicht eine Kombination von acht Einzelaufnahmen, die der Maestro-3-Bildprozessor zu einem Bild zusammenrechnet. Dabei wird der Bildsensor nach einer Aufnahme jeweils um einen halben Pixel bewegt, bevor die nächste Aufnahme ausgeführt wird. Das Ergebnis sind Fotos mit einer verbesserten Bildqualität und erhöhter Detailauflösung. Ihre Auflösung kann bis zu 187 MP betragen, also bis zum Vierfachen einer Standardaufnahme. Erste Ansätze für diese Technologie hat Sinar schon vor einigen Jahren entwickelt. Anders als die Digitalrückteile von Sinar verfolgt Leica aber einen anderen Ansatz, der auf Handlichkeit und Flexibilität setzt, und hat den Multishot-Modus direkt in die Kamera verlegt. Allerdings sollten gewisse Voraussetzungen eingehalten werden, damit die Funktion ihre Möglichkeiten entfalten kann. Zuallererst braucht man ein stabiles Stativ, das jegliche Erschütterungen abfedert. Multishot „aus der Hand“ zu verwenden, ist daher nicht ratsam. Weiterhin sollten bei der Nutzung der Multishot-Funktion konstante Lichtverhältnisse herrschen und die Lichtempfindlichkeitswerte nicht mehr als ISO 3200 betragen. Verwenden Sie ausschließlich Objektive, die für Vollformatsensoren gerechnet sind (nicht APS-C) und verzichten Sie auf den Einsatz eines Blitzes. →


Fotos: Oliver Vogler/Leica Akademie

Im Multishot-Modus erstellt die SL2 je ein Foto mit der normalen Auflösung von 47 MP und ein hochauflösendes Foto mit 187 MP. Die Unterschiede in der Detailzeichnung sind enorm

1 0 0 % S TA N D A R D - M O D U S

1 0 0 % M U LT I S H O T- M O D U S

Die Bildgröße dieses Standard-Bildes beträgt 8368 × 5584 Pixel

Die Bildgröße dieses Multishot-Bildes beträgt 16736 × 11168 Pixel

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Darüber hinaus wird beim Multishot-Modus immer der elektronische Verschluss verwendet. Die Bildstabilisierungen in der Kamera und den Objektiven werden automatisch deaktiviert. Man muss also schon bestimmte Bedingungen schaffen und viel Kontrolle der Kamera überlassen, um den Multishot-Modus fehlerfrei einsetzen zu können. Doch die Ergebnisse sind die Mühe wert. In puncto Dynamikumfang, Rauschverhalten bei schwierigen Lichtverhältnissen, Auflösung und Detailgenauigkeit liefert der Multishot-Modus hervorragende Ergebnisse

1 0 0 % S TA N D A R D - M O D U S

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E I NSATZ BE R E I C H E . Der Multishot-Modus ist ein professionelles Werkzeug und nicht für jede Art von Fotografie in gleicher Weise geeignet. Seine Vorzüge spielt er bei Stillleben, Produkt-, Makro-, Architekturund Landschaftsfotografie sowie bei der Reproduktion von Kunstwerken aus, also immer dann, wenn es um unbewegte Objekte geht und/oder die Anforderungen an Detailgenauigkeit und Auflösung besonders hoch sind. Street-, Sportoder Porträtfotografie dürften eher selten zu den Einsatzgebieten gehören. Richtig auftrumpfen kann der Multishot außerdem, wenn die Aufnahmen gedruckt werden sollen. Die hohe Auflösung, der Detailreichtum und der vergrößerte Dynamikumfang erlauben hervorragende großformatige Drucke. Mit der Multishot-Funktion dringt die Kleinbildkamera nun in Einsatzbereiche vor, die bisher dem Mittel- und Großformat vorbehalten waren. Mit ihren kompakten Maßen und der großen Auswahl an hervorragenden Objektiven hat sie den großen Kameras allerdings einiges, auch preislich, voraus.

ZUSÄTZ L I C H E V E RB E SSE RU NG E N. Neben dem

Multishot-Modus gibt es weitere, kleinere Verbesserungen durch das Update. Der weiße Hintergrund der Benutzeroberfläche im Video-Hauptmenü wurde jetzt auch auf die Untermenüs erweitert. Diese Änderung trennt den Foto- und Video-Bereich klar und minimiert das versehentliche Verstellen von Einstellungen. Daneben lässt sich nun die Größe des AF-Feldes durch ein langes Antippen des Touchscreens leichter verändern, ohne den AF-Punkt zu verschieben. Die dritte Optimierung betrifft die Benennung der SD-Karten. Beim Formatieren der SD-Karte in der Kamera erhält die Karte nun den Namen „Leica SL2“ . Das Firmware-Update behebt auch einige Fehler. Die SL2 erkennt jetzt alle 6-bit-codierten M-Objektive. Ebenso korrigiert wurde die Fokusdistanzanzeige für die Feet-Einheit im TopDisplay, die in manchen Fällen falsche Werte anzeigte. Im Bildfolgemodus „Serie – sehr schnell“ gab es bei bestimmten Einstellungen Artefakte in der DNG-Datei, die nun nicht mehr auftreten. Und schließlich wurde die Konnektivität zwischen der Kamera und der App Leica Fotos und Image Shuttle in puncto Schnelligkeit und Stabilität verbessert. Bei der Firmware 2.0 handelt es sich um ein wichtiges Update, das für alle SL2Fotografen uneingeschränkt empfehlenswert ist. DAVID ROJKOWSKI


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Sollte man über Geschmacksfragen streiten? Ich glaube nein, denn Geschmack ist weder mathematisch beweisbar noch widerlegbar, und ausgeraufte Haarbüschel beweisen das Gegenteil noch lange nicht. Ein Händlerlabor ist also immer so gut, wie die Fotos dem Geschmack der meisten Kunden am nächsten kommen. Bei 7x10-Fotos ist das, wie bei einer leichtsinnigen kleinen Freundin, noch ziemlich unproblematisch. Anders aber, wenn die Bindung enger wird. Liebe und Bilder pflegen dann größer zu werden, man wägt Licht und Schatten kritischer ab und bestimmt den Ausschnitt. (…) Selbst von ganz normalen Negativen noch kann man völlig unterschiedliche Vergrößerungen erzielen, je nachdem, welche Papiergradation, welchen Entwickler man verwendet und wie lange man die Belichtungszeit bemißt. Da kommt es dann wieder auf den Geschmack an. Seit ich nicht mehr den Geschmack des Laboranten in mein Album kleben wollte, sondern meinen eigenen, seitdem vergrößere ich selbst! Und das ist, als ob man bei einer schönen Frau obendrein auch noch Seele entdeckt hat. Die Liebe war zwar schon immer da, aber erst jetzt ist völlige Harmonie. (…) Wieviel zusätzliches Vergnügen das Selbstvergrößern schließlich bereitet, kann man nicht beschreiben, das muß man erleben.

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ALFREDO HÄBERLI L E I C A W E LT

Design und Kameratechnik gehören bei Leica zusammen und es überrascht nicht, dass auch Designer gern zur Leica greifen. So auch Alfredo Häberli, der ein ungewöhnliches Portfolio fotografierte: alte Autos aus der Sicht des Connaisseurs.

Was fotografiert einer der erfolgreichsten Schweizer Designer unserer Zeit auf einer Reise quer durch Argentinien, das Land seiner Kindheit? Vor allem Autos – nicht etwa schicke Neuwagen oder extravagante Sondermodelle, sondern Alfredo Häberli nahm alte Rostlauben und Modelle mit deutlichen Gebrauchsspuren in den Blick, die aber immer noch als Designikonen erkennbar sind. Mit seiner Leica X2 entstand vor drei Jahren auf der rund 6000 Kilometer langen Reise eine Bildserie, die durch Konzept, Stringenz und Entdeckerfreude besticht. Vor allem die Farbe – in unterschiedlichen Intensitäten und Erhaltungszuständen – ließ den Designer immer wieder anhalten, um neue Exemplare für seine Bildersammlung aufzunehmen. 86 |

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Häberli, in Argentinien geboren und als 14-Jähriger mit seinen Eltern in die Schweiz gekommen, hat sich nach dem Studium an der Höheren Schule für Gestaltung in Zürich schnell als einer der renommiertesten Produkt- und Industriedesigner international durchgesetzt. 2014 zeichnete ihn das Schweizer Bundesamt für Kultur mit den prestigeträchtigen Swiss Grand Prix of Design aus. Ob BMW, Camper, Iittala, Luceplan oder Vitra – seine Kundenliste ist lang, seine gestalterische Handschrift bleibt trotz der Vielfalt der Objekte immer erkennbar. Ob Trinkgläser, Möbel, Lampen oder gleich eine ganze Hotelausstattung – all diese Objekte lassen seine spezifische Mischung aus Tradition und Innovation erkennen, alles wirkt modern

und zeitlos zugleich. Materialität, Form und nicht zuletzt Farbe sind die entscheidenden Faktoren seiner Entwicklungen. Dass er auch auf einer Familienreise seinen speziellen Blick für Design und Geschichte nicht vergisst und mit seiner Leica das perfekte Werkzeug für ein visuelles Skizzenbuch dabeihatte, zeigen die hier gezeigten Motive aus dem Pintura Muerta betiteltem Portfolio. Im Interview spricht Häberli über seine Arbeit, seine Liebe zum Automobil und die Rolle der Fotografie in seinem Leben. LFI: Wie sind diese Aufnahmen entstanden? Alfredo Häberli: Ich bin in Argentinien geboren, habe noch starke Beziehungen zu dem Land und fahre immer wieder dorthin. Die Reise im Februar 2015 war eigent-

lich ein Geschenk für meine Mutter zum 80. Geburtstag, die Idee kam von meinem Sohn. Es war eine wichtige Reise, auch in Erinnerung an meinen Vater und meinen Onkel. Beide waren Autonarren und als Kinder nahmen sie uns immer zu den Rallyes mit. Später hatten meine Eltern ein Restaurant in der Nähe eines Autodroms und daher spielten Autos für mich immer eine wichtige Rolle, bis heute. Auf der Reise habe ich diese Pintura Muerta, Stillleben mit Autos, entdeckt. LFI: Eine MatchboxSammlung besaßen Sie schon als Kind … Alfredo Häberli: Ja, als wir in die Schweiz gingen, sagte meine Mutter, dass wir nur eine Schuhschachtel mit persönlichen Dingen mitnehmen dürfen, weil wir →


Foto: Andreas Houmann/Georg Jensen (DK)

Alfredo H채berli, 1964 in Buenos Aires geboren, z채hlt international zur ersten Liga der Produkt- und Industriedesigner. Im Jahr 1991 gr체ndete er sein Atelier Design Development in Z체rich

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Oben ein Fiat 128, unten links ein Peugeot 404, bis 1982 in Argentinien gebaut. Daneben ein Jeep IKA Renault, ca. 1971, aus argentinischer Produktion (IKA = Industries Kaiser Argentinia)

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Fotos: Alfredo Häberli

Oben ein Jeep Estanciera IKA Renault, Tricolore, gebaut von 1957–1965 und ein IKA Renault 4L (4 latas = vier Bleche); unten ein Chevrolet Chevy Coupé, Serie 2, aus dem Jahr 1978

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Fundstück am Straßenrand: Ein Objekt wird zur Ikone, wenn man die besondere Eigenständigkeit erkennt – auch noch im desolaten Zustand wie dieses Fiat 850 Sport Coupés von 1968

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„ M EN S C HEN KOM MEN IN DIESER S ER IE KAU M VOR , DEN N IC H WOL LT E KON Z EPT ION EL L D I E AU T O S I N DEN M IT T EL P U N KT STELLEN, EINFACH DOKU M EN TA R IS C H B ET RAC HT ET. “

ja wiederkommen wollten. Ich habe zwar nicht mehr damit gespielt, aber es war eben meine erste eigene Kollektion und die nahm ich mit. Ich habe sie heute noch. LFI: Ihre Aufnahmen wirken sehr überlegt – war die Idee von Anfang an da? Alfredo Häberli: Wenn ich reise, dann arbeite ich eher dokumentarisch, aber auch konzeptionell. Ich beschäftige mich oft mit Strukturen und Farbe und so kam es zu dieser Serie. Das sind Autos, die zwar fahren, jedenfalls die meisten, aber sie sehen doch eher schäbig aus. Faszinierend ist die Farbe, der immer wieder erneuerte oder reparierte Erstlack. Es gibt eine ganz bestimmte Ästhetik, wenn man genau hinschaut. Mir ging es nicht darum, einfach schöne Aufnahmen zu machen, sondern die Farbe ist das Thema. Den Überblick hatte ich dann erst zu Hause.

Alfredo Häberli: Ja, das ist richtig. Es sind charakterstarke Autos. Form, Silhouette, Proportion ist in diesen Modellen erkennbar. Es sind ikonische Momente. Heute vermisse ich den emotionalen Moment; was mir widerstrebt ist die heutige Schnelligkeit in der Autoentwicklung. LFI: Wie würden Sie Ihren Stil beschreiben? Alfredo Häberli: Stil war für mich immer eine Handschrift, die man sofort erkennt, aber eher geht es mir um eine Denkweise. Ästhetik und Schönheit interessieren mich, ebenso wie Künstler und Architekten, die sich nicht wiederholen. Zwar beobachte ich Mode, Farbe, Struktur als Konzeption, aber nicht, um einem Trend zu folgen. Letztlich merke ich an meinen Produkten, dass sie schon seit Jahrzehnten in der Herstellung sind. Sie sind zeitgenössisch, folgen aber keinem Trend. Wenn das mein Stil ist, dann darf er es sein. LFI: Diese Verbindung von Innovation und Tradition scheint Ihr Interesse an Leica zu erklären. Alfredo Häberli: Mich fasziniert das instrumentartige der Kameras, die eben auch sehr funktional sind. Mich begeistert Leicas Eigenständigkeit. Minimale Veränderungen, aber sich über einen langen Zeitraum, auch den der Digitalisierung, zu →

LFI: Gibt es auch Wehmut beim Betrachten, schließlich sind die Modelle deutlich individueller als das Design der Autos heute? LFI

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halten und weiterhin Faszination auszulösen, das muss man erst einmal schaffen, da habe ich großen Respekt. LFI: Für die Serie haben Sie eine X2 verwendet. Alfredo Häberli: Ja, die Paul Smith Edition der Leica X2 habe ich mir gekauft, weil sie auch von mir hätte sein können … nur leider wurde ich ja nicht gefragt. Diese Farbkombination gefällt mir einfach. Wenn mich Dinge berühren, möchte ich sie auch besitzen. Für die Kamera habe ich mir dann noch einen Sucher gekauft. So wähle ich den Ausschnitt und der wird dann später auch nicht mehr korrigiert – das ist manchmal für meine Assistenten schwierig, wenn das vorgesehene Format

Eine Entdeckungsreise zum Autodesign des letzten Jahrhunderts: Mit Goldlack und Vinyldach geriet auch dieser Ford Falcon Futura, Baujahr 1973, in Häberlis Serie

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eigentlich anders gedacht war. Aber das Bild bleibt so, wie ich es gesehen habe. Das ist mir wichtig. LFI: Welche Rolle spielt die Fotografie überhaupt in Ihrem Leben? Alfredo Häberli: Ich besitze Fotografien auch als Kunst, aber vielleicht habe ich einfach auch nur ein sehr ausgeprägtes fotografisches Gedächtnis. Bei mir stehen über 40 laufende Meter mit Entwürfen und Skizzenbüchern im Regal, ich kenne aber jedes einzelne Buch auswendig. So könnte ich Ihnen auch genau sagen, welches Auto ich in Argentinien fotografiert habe. Fotografie ist ein Dokument für mich, das Dokument eines sehr präzisen Hinschauens.

LFI: Viele Menschen fotografieren heute Dinge, um sie sich zu merken, vergessen sie aber sofort wieder. Bei Ihnen ist das anders? Alfredo Häberli: Ja, ich mache daher auch nicht viele Fotos. Die Situation muss stimmen. Beobachten ist die schönste Form des Denkens. Und ich beobachte wirklich. Es ist wie mit meinen Skizzenbüchern: Ich sammle Ideen, aber eigentlich brauche ich das Buch dann nicht mehr. Trotzdem ist der Moment wichtig, wie ein Tagebuch, aber ich bin kein professioneller Fotograf. LFI: Wie sehen Sie den Grundkonflikt zwischen Dienstleister und Gestalter, den jeder Designer aushalten muss?

„ IC H HA B E N IC HT DEN A N S P RU C H, MEINE FOTOGRAFIE S EI KU N ST, EHER DOKU M EN TAT ION . DIE SITUATION MUSS ST IM M EN : B EOB AC HT EN IST DIE SCHÖNSTE FOR M DE S DEN K EN S. “

Alfredo Häberli: Ich kämpfe um meine Art, Dinge zu betrachten; ich habe mir einen Ruf erarbeitet, in dem meine Meinung zählt. Anders als eine Agentur oder ein Dienstleister, wo eine Handschrift nicht sichtbar wird. Bei mir bekommen Sie Service, aber Sie bekommen eben auch noch mich dazu. Es geht um die kleinen Freiheiten, die ich mir nehmen kann. Gerade wenn es Einschränkungen gibt, ist die Herausforderung für uns Designer umso höher. Wir sind eben keine Künstler, die auf der weißen Leinwand machen können, was sie wollen, sondern wir arbeiten mit der Industrie, mit der Technik – das ist das eigentlich Reizvolle. INTERVIEW: ULRICH RÜTER

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B E S T O F L F I . G A L L E RY

B L ÄU L I N G I M MORGENLICHT „Schwarzweiß ist in der Makrofotografie immer eine Herausforderung. Die Reduktion auf Struktur und Kontraste der M10 Monochrom übertraf jedoch meine Erwartungen! Die Tautropfen glitzern silbrig-metallisch, ich liebe diese Stimmung im Morgenlicht.“ Hardy-Bernd Wagner Leica M10 Monochrom mit Macro-Adapter-M und Macro-Elmar-M 1:4/90

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L IG H T BOX


TRAINING „Ich ging mit meinem Sohn in der Stadt spazieren, bis er einen Ort fand, an dem er Tricks mit dem Roller üben konnte. Die Sonne stand hoch und es war eine Freude, mit dem Schatten vor dem hellen Hintergrund zu spielen. Auf dem Boden liegend fotografierte ich, bis er völlig erschöpft war und wir uns ein Erfrischungsgetränk gönnten.“ David Patris Leica M (Typ 240) mit Summilux-M 1:1.4/75

S E B A S T I ÃO MIT LUPE „2002 habe ich Sebastião Salgado in Paris besucht. Von seinen Negativen lässt er Kontaktabzüge anfertigen, die sein Printer vergrößert. Er selbst mochte das Bild nicht so sehr, da er durch die Lupe wie ein Monster aussehe. Für mich ist es die Darstellung eines Meisters seines Faches.“ Michael Agel Leica M6 mit Summilux-M 1:1.4/35 Asph

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WAT E R W O R K S „Wasser ist eines der mächtigsten Elemente, die es in unserem Leben gibt. Es symbolisiert Macht und Geduld. Mit den physikalischen Eigenschaften eines Wassertropfens – der Bewegung, der Flexibilität und der Belastbarkeit – entspricht es in dieser Zeit einer neuen Pandemie in hohem Maße unseren Bedürfnissen.“ Alex Chen Leica SL2 mit Apo-SummicronM 1:2/90 Asph

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ASSINIE 7

DIE FREMDEN

„Dieses Foto entstand in der Elfenbeinküste am Set eines Videoclips. Die Hitze war extrem und die Lichtverhältnisse nicht mehr ideal, sodass wir den Dreh unterbrachen. Ich sah einige Kinder in einem Meerwassersee spielen. Ich ging hin und fotografierte die Kinder, die für fast 30 Minuten die Stars waren.“

„Fotografie ist für mich gleichzeitig Leidenschaft und ein Mittel, das ich während meiner Arbeit als Set-Designer einsetze. Dieses Bild entstand während einer Fotosession für Paolo Genoveses Theaterstück Perfect Strangers – eine Bühnenversion des gleichnamigen Films – im Liepāja Theater, Lettland.“

Sylvestre Dedise Leica Q2, Summilux 1:1.7/28 Asph

Martins Vilkarsis Leica SL2 mit Apo-Summicron-SL 1:2/50 Asph

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ZWISCHENDRIN UND NIRGENDS „Als ich diese jungen, ambitionierten Talente traf, machte es mich traurig, dass sie vorurteilsbedingt nicht die gleichen Privilegien erhielten, wie alle anderen. Deshalb wollte ich ein Porträt erschaffen, das ihre Tiefe und Schönheit jenseits ihrer religiösen Attribute zeigt.“ Payman Hazheer Leica Q2, Summilux 1:1.7/28 Asph

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N AT U R A L SPOTLIGHT „Während eines Spaziergangs drangen die Sonnenstrahlen durch den Nebel; sie wirkten wie natürliche Scheinwerfer. Ich liebe AvailableLight-Fotografie und setzte eine lang gehegte Idee in die Tat um. Man sollte ab und an innehalten und die Stille in der Natur genießen.“ Renato Just Leica M10 mit Summicron-M 1:2/50

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P H OTO – B Ü C H E R – AU S S T E L L U N G E N – F E S T I VA L S – AWA R D S –

Samuel Fosso: Die befreite amerikanische Frau der 1970er Jahre aus der Selbstporträt-Serie Tati, 1997

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S T É P H A N E L AVO U É

Fotos: Georges Senga, Untitled, aus der Serie Kadogos, 2012; © Stéphane Lavoué; © 2020 Frank Herfort; © 2020 Samuel Fosso, aus den Serien Lifestyle 1975–78 und Tati, 1997

LES MOIS NOIRS

THE JOURNEY N E W P O S I T I O N S I N A F R I C A N P H OTO G RA P H Y

Vielschichtige fotografische Hommage an seine neue Heimat: Vor ein paar Jahren ist der französische Leica-Fotograf (*1976) ins Bigoudenland in der Bretagne gezogen. Atmosphärisch dichte, farbintensive Porträts und Landschaftsmotive, mit oft stark malerischen Momenten, versammelt der lang erwartete, feine Bildband (vgl. Leica Camera Blog, Februar 2020). 80 Seiten, 46 Farbabb., 19,7 × 27 cm, englisch/französisch, Éditions 77

Gegenwart, Vergangenheit, Selbstreflexion, Politik und Geschichte, Realität und Fantasie – und immer wieder das Thema Porträt. Der vorliegende Bildband liefert einen spannenden Querschnitt zur Arbeit der Photographers’ Masterclass, einem Mentorenprojekt, das zwischen 2008 und 2018 in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut realisiert wurde. Der Bildband ist keine abschließende Dokumentation, sondern eine subjektive Bilanz des Projekts, versammelt er doch immerhin 17 Positionen und künstlerisch-fotografische Praktiken, die von 13 leitmotivischen Essays begleitet werden. The Journey (Hrsg. Simon Njami, Sean O’Toole) beschreibt passend das Vorgehen, denn die Masterclass war keine lokale Schule, sondern eine mobile Akademie, die in den zehn Jahren ihres Bestehens quer durch Afrika reiste und Workshops sowie Portfolio Reviews organisierte: in Maputo (Mosambik), Bamako (Mali), Addis Abeba (Äthiopien), Lubumbashi (Demokratische Republik Kongo), Lagos (Nigeria), Johannesburg (Südafrika), Khartum (Sudan) und Nairobi (Kenia). Die Masterclass richtete sich an Fotografen, die sich gezielt mit Kuratoren und Referenten austauschten. Ziel war es, dazu beizutragen, eine stärkere Vernetzung herzustellen, den künstlerischen Werdegang der Teilnehmer zu begleiten und somit auch Sichtbarkeiten sowie Karrieren zu befördern und am Aufbau einer fotografisch-künstlerischen Infrastruktur in Afrika mitzuwirken. Die Ergebnisse sind spannend und ermutigend. 342 Seiten, 145 Abb., 21,5 × 28 cm, englisch, Kerber

SA M U E L F O S S O AU TO P O RT RA I T

Er war erst dreizehn Jahre alt, als er 1975 sein Fotostudio in Bangui, Zentralafrikanische Republik, eröffnete. Neben dem Tagesgeschäft bestimmte das inszenierte Selbstporträt seine Arbeit. Zunächst war es ein Spiel mit Kleidung und Accessoires, später wurde die politische Dimension seiner Rollenspiele immer wichtiger. Internationale Bekanntheit erlangte Fosso spätestens mit

FR ANK HERFORT R U S S I A N FA I R Y TA L E S

Alle diese absurden Situationen sind nicht inszeniert – der deutsche Fotograf (*1979) hat sie im realen russischen Alltag entdeckt. Keine Märchen, aber Herfort hat in über zehn Jahren eine faszinierende Parallelwelt festgehalten und verführt den Betrachter zu eigenen Assoziationen. Und diese können dann durchaus wieder märchenhaft sein. 160 Seiten, 88 Farbabb., 20 × 26 cm, deutsch/engl./franz., Kerber

der Serie African Spirits von 2008, in der er Porträts von Ikonen der pan-afrikanischen Befreiungsbewegung und afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung reinszenierte. Der prächtige Bildband gibt erstmals einen Überblick in sein vielschichtiges Werk aus vier Jahrzehnten. 352 Sei­ten, 171 Abb., 24 × 28 cm, engl., Steidl/The Walther Collection

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D I E C I T Y – DAS L A N D MUSEUM DER

Als „are, bure, boke“ (rau, unscharf, unfokussiert) wird der Stil der Bilder beschrieben, die sich mit japanischer Topografie von Stadt und Land im Zuge sich verändernder Realitäten beschäftigten. 200 Werke der 1960er- und 70erJahre aus der Sammlung des Museums werden gezeigt. 20. Juni — 13. September 2020 Foto: Jun Morinaga: Ohne Titel, 1972; aus Japanese Cities

LEE MILLER M U S E U M F Ü R G E S TA LT U N G , Z Ü R I C H

Als sie im New York der 1920er-Jahre dem berühmten Vogue-Verleger Condé Nast über den Weg lief, ahnte sie noch nicht, dass sie einmal selbst für diese prominente Zeitschrift arbeiten würde. Sie war damals 19 Jahre alt; prägnant und mit modischem Kurzhaarschnitt zierte sie zunächst als Fotomodell deren Cover. Erst knapp zehn Jahre später, nach ihrem Umzug nach Europa, wechselte sie hinter die Kamera. Dort avancierte Elisabeth „Lee“ Miller im Dunstkreis der französischen Surrealisten in einer von Männern dominierten Welt zur herausragenden Modefotografin, bevor sie in den 1940er-Jahren in Amerika zur Dokumentarin des Zweiten Weltkriegs wurde. Die Ausstellung Fotografin zwischen Krieg und Glamour gibt mit etwa 200 Arbeiten Einblick in ihr Lebenswerk, 75 Jahre nach Kriegsende. 1942 wurde sie als Kriegsberichterstatterin der US-Armee akkreditiert und folgte zwei Jahre später den alliierten Truppen von der Normandie über Paris bis nach Deutschland. Sie fotografierte den ersten Einsatz von Napalm bei St. Malo, das Leid in den Hospitälern, die Befreiung der Konzentrationslager Dachau und Buchenwald. „Believe it“, telegrafierte sie im Frühjahr 1945 an die Redaktion der Vogue. Glaubt mir, was geschah. 28. August 2020 — 3. Januar 2021 Foto: Lee Miller, Fire masks, London, 1941

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ROGER MELIS MUSEUM UND GALERIE FA L K E N S E E

Zum dreißigsten Mal jährt sich 2020 die deutsche Wiedervereinigung. Anlass genug, Bilder aus jenem Land zu zeigen, das der Fotograf einst als „still“ bezeichnete, und das es nun nicht mehr gibt. Als nüchterner Chronist dokumentierte Melis drei Jahrzehnte lang behutsam und eindringlich das Leben in der DDR, In einem stillen Land. 13. Juni — 18. Oktober 2020 Foto: Roger Melis: Silvesterfeier, Berlin, 1989

ABOUT US A L E X A N D E R T U T S E KSTIFTUNG, MÜNCHEN

Einer ruhigen Kindheit auf dem Land folgt nicht selten der Umzug in die große, wilde Stadt. Wie geht man damit um und was verändert sich? About Us. Junge Fotografie aus China präsentiert in 70 Positionen eine Welt der Selbstwahrnehmung und subjektiver Erfahrungen in Riesenmetropolen wie Peking oder Shanghai, gibt Einblick in ein pulsierendes Land zwischen Traum, Rausch und Wirklichkeit. Fast alle Gat-

tungen von Porträt- über Landschafts- und Dokumentarfotografie bis hin zur experimentellen Fotografie sind in der Ausstellung zu sehen. 30. April — 10. Juli 2016, Fotos: Chen Ronghui: Freezing Land 30, 2016–2018; Chen Wei: Dance Hall (Blueness), 2013

Fotos: © Lee Miller Archives England 2020; © Jun Morinaga; © Roger Melis; Chen Ronghui: Sammlung Alexander Tutsek-Stiftung, © image courtesy of the artist and Three Shadows + 3 Gallery; Chen Wei: Sammlung Alexander Tutsek-Stiftung, © image courtesy of the artist and Blindspot Gallery; © Peter Lindbergh (courtesy Peter Lindbergh, Paris)

MODERNE, SALZBURG


PETER LINDBERGH MUSEUM FÜR KUNST UND GEWERBE, HAMBURG

Genau genommen ist diese Ausstellung sein Lebenswerk, eine erste von ihm selbst kuratierte Werkschau, ein Monument. Zwei Jahre lang hat Peter Lindbergh an dieser Schau gearbeitet, kurz vor seinem Tod Anfang September 2019 stellte er sie fertig. Untold Stories vereint 140 Arbeiten aus den frühen 1980erJahren bis in die Gegenwart, gibt einen Überblick über sein umfangreiches Œuvre, zeigt aber auch die noch nicht erzählten Geschichten, lädt zur Spurensuche ein. „Durch die Ausstellung ergab sich die Möglichkeit, ausführlicher über meine Fotos in einem anderen als dem Modekontext nachzudenken“, erzählte der Fotograf. „Ziel der Präsentation ist es, die Fotos zu öffnen für andere Lesarten und Perspektiven.“ Und so spiegelt Untold Stories in einer dreiteiligen Konstruktion aus Installation, Fotografie und Film auch jene Narrative wider, die Lindbergh Zeit seines Lebens in seiner Arbeit als Künstler wichtig waren: Selbstbeobachtung, Ausdruck, Empathie und Freiheit. Er selbst urteilte über das Ergebnis: „Als ich meine Fotos das erste Mal an der Wand im Ausstellungsmodell gesehen habe, habe ich mich erschreckt, aber auch positiv. Es war überwältigend, auf diese Art vor Augen geführt zu bekommen, wer ich bin.“ 20. Juni — 1. November 2020 Foto: Peter Lindbergh: Kristen McMenamy, Beauduc 1990

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O S K A R A N R AT H E R : J E D E R M A N N

Eine fotografische Uraufführung gilt es zu entdecken, die es in dieser Form bisher nicht gab: Jedermann. Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes aus dem Archiv des Salzburger Leica Fotografen Oskar Anrather (1932–2016). Das berühmte Theaterstück Hugo von Hofmannsthals ist seit genau 100 Jahren fester Bestandteil der Salzburger Festspiele. Über 700 Vorstellungen gab es bereits und auch 2020 setzt sich im August die Jedermann-Historie fort. Vielleicht ist es weniger das Stück selbst, sondern eher die Schauspieler, die alljährlich das rege Interesse des Publikums und des Boulevards 108 |

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befeuern. So gelten die Besetzungen der Hauptrollen – der „Jedermann“ und insbesondere die „Buhlschaft“ – immer als große Auszeichnung und Herausforderung. Eine besondere Erfahrung und Bühnenpräsenz sind nötig, um den Figuren die nötige dramatische Wirkung zu verschaffen. Und so gleicht die Darstellerliste einem Who’s who der Theatergeschichte eines ganzen Jahrhunderts. Der „Meister der Leica“ Oskar Anrather hat viele Jahre als Pressefotograf der Salzburger Festspiele den Jedermann begleitet. Seine nun präsentierten Aufnahmen aus den Jahren

1965 bis 1998 sind außergewöhnlich. Dem Fotografen ist es gelungen, Momente des Spiels für die Ewigkeit festzuhalten. Kulisse, Kostüme, Gestik, Mimik, Pose: Auch wenn Stimme und Sprache fehlen, der Betrachter gewinnt noch heute einen sehr präzisen und lebhaften Eindruck der jeweiligen Inszenierung. ULRICH RÜTER Fotos: Curd Jürgens in der Titelrolle, 1973 (links); Gert Voss als Jedermann und Maddalena Crippa als Buhlschaft, 1996 31. Juli — 7. November 2020, Leica Galerie Salzburg, Gaisbergstr. 12, 5020 Salzburg, www.leica-galerie-salzburg.com

Fotos: Leica Galerie Salzburg © Oskar Anrather

LEICA GALERIE SALZBURG


LEICA GALERIEN S ÃO PAU L O

Bei Drucklegung nicht bekannt BRA  |  01240–000 São Paulo, Rua Maranhão, 600 Higienópolis SINGAPUR

Bei Drucklegung nicht bekannt SIN  |  Singapur, Raffles Hotel Arcade, #01-20/21, 328 North Bridge Rd., 188719 STUTTGART

Claus Friedrich Rudolph: Voll. Fett. Lecker. Esther Haase stellt in Konstanz aus (li., Mi.); London präsentiert Chris Steele-Perkins (re.)

BA N G KO K

LOS ANGELES

Bei Drucklegung nicht bekannt

The 6 x 6 Show: Neal Preston, Jesse Diamond, Maggie Steber, Deborah Anderson, Alan Schaller, Jeff Garlin

THA  |  10330 Bangkok, 2nd Floor, Gaysorn Village, 999 Ploenchit Road BOSTON

Leica Women Foto Project Exhibition: Debi Cornwall, Yana Paskova & Eva Woolridge

Fotos: © Ester Haase: Fish and Chips with the Queen, London 2018 + The Perfect Jump, Samuel, Hotel Westminster Paris 2012; © Chris Steele-Perkins/Magnum Photos: Camden Palace Welcome, London 1980s

USA  |  Boston, MA 02116, 74 Arlington St. 5. März — 25. Oktober 2020 DÜSSELDORF

Anatol Kotte: Proyecto Habana GER  |  KÖ Galerie, Königsallee 60, 40212 Düsseldorf 13. März — 29. August 2020 FRANKFURT

Ausstellung mit Bildern aus der Sammlung renommierter Fotografen GER  |  60311 Frankfurt am Main, Großer Hirschgraben 15 September 2020 — Januar 2021 KO N S TA N Z

Esther Haase: Move! GER  |  78462 Konstanz, Gerichtsgasse 10 29. Juli — 23. Oktober 2020 KYOTO

Kei Ogata: Koha no Shozo (Portraits of Cool Japanese) JPN  |  Kyoto, 570–120 Gionmachi Minamigawa, Higashiyama-ku 1. August — 5. November 2020 LONDON

Chris Steele-Perkins: The Pleasure Principle GBR  |  London, 64–66 Duke Street W1K 6JD 21. Februar — 24. August 2020

USA  |  West Hollywood, CA 90048, 8783 Beverly Boulevard 16. Juli 2020 — 10. Januar 2021 MADRID

PhotoEspaña: Elliot Erwitt ESP  |  28006 Madrid, Calle de José Ortega y Gasset 34 1. Juli 2020 — 9. Oktober 2020 MAILAND

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GER  |  Calwer Straße 41, 70173 Stuttgart 7. Juli — 17. Oktober 2020 SUZHOU

Wanimal: Blue (Unnude) CHN  |  Suzhou, Moonlight Dock, No.1 Guanfeng Street, Suzhou Industrial Park, Jiangsu 20. Juli — 10. September 2020 TA I P E H

Alan Schaller: Metropolis TWN  |  Taiwan, No. 3, Ln. 6, Qingtian St., Da’an Dist., Taipei City 106 25. Mai — 30. September 2020 TOKIO

Kundo Koyama: Restaurant JPN  |  Tokio, 6-4-1 Ginza, Chuo-ku 23. Juli — 3. November 2020

ITA  |  20121 Mailand, Via Mengoni 4 MELBOURNE

Nick Rains: The Heart of Australia AUS  |  Melbourne, VIC 3000, Level 1 St Collins Lane, 260 Collins Street Juni — September 2020 NÜRNBERG

Michael Friedel: Westdeutsche Augenblicke 1955–1976

WA R S C H A U

Pawel Sadaj: Medusa Hotel POL  |  00–496 Warschau, Mysia 3 18. Juni — 18. August 2020 WETZLAR

Franziska Stünkel: Coexist GER  |  35578 Wetzlar, Am Leitz-Park 5 6. Februar — 27. September 2020

GER  |  90403 Nürnberg, Obere Wörthstr. 8 18. Juli — 26. September 2020

WIEN

PRAG

AUT  |  1010 Wien, Walfischgasse 1 Ende Juni — 17. Oktober 2020

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Phil Hill: The Racing Photographer

TCH  |  110 00 Prag 1, Školská 28

ZINGST

PORTO

Nomi Baumgartl: Eagle Wings – Protecting the Alps

Bei Drucklegung nicht bekannt POR  |  4000-427 Porto, Rua d. Sá da Bandeira, 48/52

GER  |  18374 Zingst, Am Bahnhof 1 1. September — 10. Dezember 2020

SALZBURG

Oskar Anrather: Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes, von 1965 bis 1998 AUT  |  5020 Salzburg, Gaisbergstr. 12 31. Juli — 7. November 2020

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„U N S E R E F O TO K Ü N S T L E R S I N D WA H R E W H I S T L E B LOW E R .“ I N T E RV I E W

Im Sommer wird die bretonische Ortschaft La Gacilly zu einer großen Open-Air-Bilder-Stätte. Stéphanie Retière-Secret, Direktorin seit 2018, und Gründungspräsident Auguste Coudray über die einzigartige Freiluftveranstaltung.

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Fotos: © Tomás Munita

Oben und links: Tomás Munita (*1975), aus seiner Ausstellung Patagonia’s Cowboys, 2014

LFI: Im Laufe der Jahre hat sich La Gacilly zu einem geschätzten Ort für Fotografie entwickelt. Was macht Ihr Festival so besonders? AUGUSTE COUDRAY: Wir zeigen ethische und humanistische Fotografie aus den Bereichen Kunst und Fotojournalismus, die unsere Beziehung zur Welt und zu unserer Umwelt hinterfragt. Die Fotokünstler, die wir hier willkommen heißen, sind wahre Whistleblower, einfühlsame und empörte Zeugen einer Welt, in der eindeutig etwas nicht mehr stimmt. Auch heute noch steht unser sozial verantwortliches und künstlerisches Engagement im Vordergrund sowie das Ziel, das wir verfolgen: die Menschen wieder mit unserer Umwelt zu verbinden.

Auf welche Weise verbinden Sie die Menschen mit ihrer Umwelt?

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STÉPHANIE RETIÈRE-SECRET: Indem das Festival diese Themen von einem künstlerischen und ästhetischen Standpunkt aus angeht, spiegelt es all unsere Anliegen wider. Darüber hinaus bringt das Festival nachhaltige Initiativen auf den Weg und ist bestrebt, den Übergang zu einer grüneren Wirtschaft und einer grüneren Perspektive durch konkrete Aktionen wie sein Engagement für Drastic On Plastic zu unterstützen. Unsere kämpferische Haltung bekräftigen wir durch ein Manifest, in dem alle Werte und Verpflichtungen der Vereinigung niedergelegt sind.

Fotografie ist ein geeignetes Medium, um auf Unruheherde jeglicher Art aufmerksam zu machen. COUDRAY: Seit seiner Gründung im Jahr 2004 hat sich das Fotofestival La Gacilly das Engagement für die großen Umweltherausforderungen unserer Gesellschaft auf seine Fahnen LFI:

geschrieben. Das Festival ist ein höchst einzigartiges Medium, das alarmiert und Auswege zeigt. Wir wollen ein Fotofestival mit einer Mission werden, das für sein Engagement und seine Fähigkeit wahrgenommen wird, Menschen um eine neuartige Zukunft herum zusammenzubringen. Wie ist das Festival seinerzeit eigentlich entstanden? RETIÈRE-SECRET: Der Verein des Fotofestivals La Gacilly wurde 2004 von Jacques Rocher gegründet und wird seit 2008 von Auguste Coudray geleitet. Ziel ist es, jeden Sommer von Juni bis September Fotografie um rund 20 Galerien unter freiem Himmel zugänglich zu machen, kostenlos für alle. COUDRAY: Jeden Sommer kommen etwa 300 000 Menschen, um → LFI:

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großformatige Freiluftausstellungen von prominenten Fotografen und Nachwuchstalenten zu sehen. Die Planung des Festivals muss in diesem Jahr eine ganz besondere Herausforderung gewesen sein. RETIÈRE-SECRET: Zunächst einmal freuen wir uns, dass wir in diesem Sommer stattfinden können. Allerdings zwingt uns Covid-19, über unseren Tellerrand hinauszublicken und zu schauen, wie wir unseren bisherigen Lebensstil verändern können. COUDRAY: Diese Pandemie ist die Gelegenheit, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Ich würde sagen, dass der größte Erfolg darin besteht, dass wir die Gelegenheit ergriffen haben, mehr zu teilen, uns näher zu sein, Themen für mehr Weltoffenheit und mehr Schönheit ins Auge zu fassen. LFI:

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Und um uns und alle anderen daran zu erinnern, dass das Fotofestival La Gacilly auch für die Menschen vor Ort gedacht ist. Händler, Handwerker, die Gemeinde, die Einwohner haben sich in das Festival eingebracht. Sie begleiten uns unter anderem bei der Hängung der Fotos, zusammen mit vielen Freiwilligen. Unser sehnlichster Wunsch ist es, Außergewöhnliches im gewöhnlichen Alltag aller Einheimischen zu schaffen.

Unsere Arbeit besteht darin, eine Begegnung zwischen einem Fotografen und seinem Werk durch eine Inszenierung zu schaffen, die als eine einzigartige Erfahrung gedacht ist. RETIÈRE-SECRET: Unser Engagement für die Umwelt zwingt uns, an neuen Materialien zu arbeiten und das mit Labors und Dienstleistern abzusprechen, damit wir in dieser Hinsicht gute Ergebnisse bekommen, ohne die Qualität zu schmälern.

Das machen Sie, indem Sie fotografische Arbeiten unter freiem Himmel präsentieren. Welches sind dabei die größten Herausforderungen in technischer Hinsicht? COUDRAY: Das Festival bietet uns die Möglichkeit, neue Arten der Präsentation von Fotografie zu erfinden. Natürlich gibt es technische Schwierigkeiten, denn das Festival dauert vier Monate und wir denken auch an die zweite Präsentation in Baden.

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Alle Ausgaben des Festivals laufen unter einem Thema. Das diesjährige wird in La Gacilly Viva Latina! sein, wie sind Sie darauf gekommen? RETIÈRE-SECRET: Das Thema hat sich aus den internationalen Nachrichten ergeben. Es gibt mehrere Gründe, warum wir die lateinamerikanische Fotografie ins Rampenlicht rücken wollten.


Fotos: © Luisa Dörr (2), © Cássio Vasconcellos, © Pablo Corral Vega (2), © Estate of Emanuel Honoration Vázquez

Von links oben im Uhrzeigersinn: Pablo Corral Vega (*1966), The Hymn of the Andes; Martin Bernetti (*1968), Emergency; Emanuel Honoration Vázquez (1893–1924); Pablo Corral Vega (*1966), The Hymn of the Andes. Linke Seite von links im Uhrzeigersinn: Luisa Dörr (*1988), Mulheres (2); Cássio Vasconcellos (*1965), Au-delà du réel

Erstens, weil uns die riesigen Brände, die in den letzten Monaten im Amazonas-Regenwald, der „Lunge des Planeten“, wüteten, betroffen gemacht haben. Verursacht durch menschliches Handeln und verstärkt durch den Klimawandel, erinnern sie daran, dass wir zwar durchaus in der Lage sind, die Natur zu zerstören, sie aber nicht kontrollieren können. Gleichzeitig versinkt der gesamte Kontinent im Chaos, als hätte sich ein Fluch von den Ebenen Patagoniens bis hinauf zu den höchsten Gipfeln der Anden ausgebreitet: In Bolivien, Venezuela, Chile und Argentinien war die Zeit für eine politische Säuberung gekommen, die in einer schweren wirtschaftlichen und sozialen Krise gipfelte. COUDRAY: Für dieses 17. Festival mit dem beschwingten Titel Viva Latina! wollten wir eine Form der Fotografie

zeigen, die stark von der Komplexität der Geschichte dieses Kontinents mit all seinen Revolutionen und Hoffnungen durchdrungen ist, mit diversen Bräuchen, in denen sich Träume des Westens mit schamanischen Überzeugungen vermischen und in denen sich die Kraft seiner Gesellschaft und die starke Lebensfreude spiegeln. Ob sie aus Brasilien, Ecuador, Chile, Mexiko oder Argentinien stammen, alle Fotografen fangen die Vielfalt der Menschen des Kontinents ein, erforschen das städtische Chaos und beklagen die Schäden, die der Natur zugefügt werden, und das alles mit einem gewissen Sinn für Poesie, Kreativität oder Humor. Vor allem aber repräsentieren sie Fotografie, die vor Energie und Erfindungsreichtum strotzt. Was wird die größte Herausforderung in der Zukunft sein? COUDRAY: Das Überleben einer neuen Kultur – der Kultur von morgen. LFI:

Mehr denn je müssen wir jetzt ein neues nachhaltiges Wirtschaftsmodell für unser Festival und Kulturveranstaltungen im Allgemeinen schaffen. Wir müssen gemeinsam an einer gesunden Idee von Gemeinschaft arbeiten. INTERVIEW: Carla Susanne Erdmann

AUGUSTE COUDRAY 2004 gründete Coudray das Festival gemeinsam mit dem heutigen Bürgermeister von La Gacilly, Jacques Rocher, fotografiebegeisterter Sohn des Kosmetikproduzenten Yves Rocher. Coudray ist seit 2008 Vorsitzender der Vereinigung des Festivals STÉ PH AN IE RE TIÈ RE-S E C RET Seit September 2018 ist Stéphanie Retière-Secre Vorsitzende der Foundation La Gacilly Photo Festival und deren Direktorin. F E STIVAL: 17. Ausgabe Viva Latina! 1. Juli bis 31. Oktober 2020, La Gacilly, Frankreich; festivalphoto-lagacilly.com; 3. Ausgabe All Eyes East, 14. Juli bis 26. Oktober, La Gacilly Baden, Österreich; festival-lagacilly-baden.photo

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LEICA FOTOGRAFIE I N T E R N AT I O N A L

N AT H A N A Ë L F O U R N I E R MEIN BILD

Ein Kuss, eine Kuchenschachtel und ein hungriger Hund: In Toulouse fing Nathanaël Fournier eine innige und zugleich heitere Szene ein.

72. Jahrgang | Ausgabe 6.2020

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Toulouse, Frankreich 2009

Ich habe schon immer gerne Paare und sich küssende und umarmende Menschen fotografiert. Das klingt vielleicht einfach, aber tatsächlich ist es ganz schön schwierig. Manchmal hilft Glück. Als ich das Paar in der schmalen Straße im Stadtzentrum entdeckte, sah ich auch die Kuchenschachtel, die sie auf der rechten Hand hält. Und ich bemerkte auch den Hund, der gerade vorbeikam. Im richtigen Augenblick drückte ich auf den Auslöser. Diese Aufnahme entstand im Herbst 2009 in Toulouse, Frankreich, ein paar Monate nachdem ich aus meiner Heimatstadt weggezogen war. Für mich war es kein gutes Jahr. Das einzig Gute war, dass ich für ein paar Stunden am Tag einen Job hatte: Ich verteilte Flyer für einen FitnessClub. So war ich viele Stunden draußen unterwegs – mit meiner Leica M6 mit einem 50er-Summicron und einigen Ilford-Filmen. Nathanaël Fournier, 1982 in Nordfrankreich geboren, fotografiert seit 2003. Mit seinen Ersparnissen erwarb er 2008 seine erste Leica, eine M6. Seither fotografiert er mit jedem Film, den er sich leisten (oder stehlen) kann. Fournier lebt in Creuse.

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