Wirtschaftsmagazin Bodensee 2017

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dass ein Sachverhalt strafrechtlich relevant ist. In diesem Fall ist der Prüfer dann verpflichtet, den Steuerpflichtigen über seine nunmehrige Stellung in einem Strafverfahren zu belehren.

6. Die Schätzung im Steuerrecht und im Steuerstrafrecht a) Schätzungsbefugnis gem. § 162 AO Gemäß § 162 Abs.1 S.1 Abgabenordnung kann eine Schätzung erfolgen, wenn sich im Besteuerungsverfahren trotz Amtsermittlungsgrundsatz sowie Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen weiterhin Unklarheiten bzgl. des Sachverhaltes ergeben, obwohl alle Beweismittel bzw. Möglichkeiten ausgeschöpft wurden. Das Vorliegen formeller Mängel in der Buchhaltung berechtigt alleine noch nicht zur Schätzung. Diese Schätzungsbefugnis ist nur dann gegeben, wenn die formellen Mängel derart gestaltet sind, dass sie die Richtigkeit der vorliegenden Buchführung anzweifeln lassen. Bei bargeldintensiven Betrieben stellen die Kassenführungen bzw. das Kassenbuch einen wesentlichen Bestandteil der Buchführung dar. Liegen entsprechende Mängel in der Kassenführung vor, so kann dies zur Verwerfung der gesamten Buchführung führen. b) Die Schätzung im Strafverfahren Im Strafverfahren liegt die Beweislast grundsätzlich immer bei der Strafverfolgungsbehörde (z.B. StraBu). Wurden daher die Besteuerungsgrundlagen im Besteuerungsverfahren geschätzt, so hat dies grundsätzlich keine Bindungswirkung für das Strafverfahren. Es ist daher jederzeit möglich, dass die steuerrechtliche Steuer von der strafrechtlichen Steuer abweicht.

7. Berichtigung gemäß § 153 Abgabenordnung Erkennt der Steuerpflichtige im Nachhinein, dass seine Steuererklärung unrichtig oder unvollständig ist und dass es dadurch zu einer Verkürzung von Steuern kommen kann oder bereits gekommen ist, muss er diesen Umstand unverzüglich anzeigen und die erforderliche Richtigstellung vornehmen. Kommt er dieser Pflicht wissentlich nicht nach, so liegt nach herrschender Meinung, eine Steuerhinterziehung (§ 370 Abs.1 Nr. 2 AO) durch Unterlassen vor.

8. Steuerhinterziehung gemäß § 370 AO Eine Steuerhinterziehung gemäß § 370 AO liegt vor, wenn der Steuerpflichtige den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht, oder die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt. Zu beachten ist, dass bereits der Versuch strafbar ist..

9. Die Steuerfahndung Die Steuerfahndung hat gem. § 208 Abs.1 AO folgende Aufgaben: a. die Erforschung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten

Rainer Mosbrugger Rainer Mosbrugger ist Inhaber einer Steuerberatungs- und Rechtsanwaltskanzlei mit Schwerpunkt Jahresabschlüsse, Finanz- und Lohnbuchhaltung, Steuererklärungen sowie die Beratung unter Berücksichtigung von steuerrechtlichen und zivilrechtlichen Aspekten.

b. die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen in den in Nr. 1 bezeichneten Fällen c. Die Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle Wie oben unter 5. dargelegt, wird die Steuerfahndung tätig aufgrund Meldung eines Prüfers einer Betriebsprüfung. Die Steuerfahndung wird aber auch tätig aufgrund von Anzeigen (z.B. von betrogenen Ehegatten, enttäuschten Geliebten, entlassenen Arbeitnehmern etc.) sowie Hinweise von anderen Verwaltungsstellen (Staatsanwaltschaft, Polizei, Zoll, Sozialversicherungsträger etc.) Bekanntestes Mittel der Erforschung von steuerlichen Sachverhalten durch die Steuerfahndung ist die Durchsuchung und Beschlagnahme gemäß § 102 StPO bei dem Beschuldigten/Verdächtigen sowie gemäß § 103 StPO gegen eine unverdächtige Person (z.B. Steuerlicher Berater, Kreditinstitute etc.). Zuständig für den Erlass eines solchen Beschlusses ist der zuständige Ermittlungsrichter. Eine Durchsuchung ohne Beschluss ist nur in sehr engen Grenzen, z.B. wegen Gefahr in Verzug möglich.

Fazit Die Bevölkerung ist manchmal zu Recht entsetzt und verärgert über die Verschwendung von Steuergeldern durch Behörden und der Regierung. Jedoch besteht in der Gesellschaft ein Konsens dahingehend, dass eine Überprüfung der eingereichten Steuererklärungen und eine Durchführung von Betriebsprüfungen von Firmen und Selbständigen nicht nur sinnvoll, sondern absolut notwendig sind, um zu verhindern, dass der Ehrliche der Dumme ist und Steuern bezahlt, was der Unehrliche durch Falschangaben verhindert. Ziel einer solchen Überprüfung ist ja gerade ein Versuch der Herstellung von Steuergerechtigkeit. Unabhängig hiervon sollte ein Steuerpflichtiger der „nur“ eine Betriebsprüfung erwartet oder der bereits schon Besuch von der Steuerfahndung bekommt, die Rechte und Pflichten, die sich aus diesen Maßnahmen ergeben, bereits kennen, um Fehler zu vermeiden, die dann in der Folge recht teuer werden können. Informieren Sie sich daher rechtzeitig über Ihre Rechte und Pflichten.

KONTAKT Rainer Mosbrugger Rechtsanwalt Fachanwalt für Steuerrecht Malvine-Schiesser-Weg 3 D-78315 Radolfzell Tel. +49 (0) 7732 982730 kanzlei.mosbrugger@datevnet.de www.mosbrugger.de

Kanzlei Mosbrugger – Rainer Mosbrugger | Menschen & Innovationen 45


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