Wirtschaftlichkeitsprüfung in der ärztlichen Praxis

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Wirtschaftlichkeitsprüfung in der ärztlichen Praxis Informationen über: >> Wirtschaftlichkeitsgebot >> Wirtschaftlichkeitsprüfungen >> Regresse >> Richtgrößen Ein Service der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg in Kooperation mit der MSD SHARP & DOHME GMBH



VORWORT

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, obwohl wir uns in unserer täglichen Praxis in erster Linie um das Wohl unserer Patienten kümmern und möglichst ohne Einschränkungen in Diagnostik und Therapie ärztlich tätig sein wollen, haben wir schon mit dem Erhalt unserer ärztlichen Zulassung einen gesetzlich verankerten Grundsatz zu beachten: Die Wirtschaftlichkeit unseres ärztlichen Handelns. Wer von Ihnen die Entwicklung der letzten Jahre im Bereich der GKV verfolgt hat, wird wissen, dass gerade dieses Thema in den letzten Gesetzgebungsverfahren eine große Rolle gespielt hat. Durch immer wieder neue Gesetze, Verordnungen, Richtlinien und Vereinbarungen wurde unsere ärztliche Tätigkeit immer mehr in ein Korsett des Wirtschaftlichkeitsgebotes geschnürt. Durch Gesetz wurde sogar den Kassenärztlichen Vereinigungen der Bereich der Wirtschaftlichkeitsprüfung entzogen und ab 1.1.2004 in einem eigenständigen Prüfgremium neu organisiert. Damit kommt dann allerdings auch der Prüfbescheid nicht von der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg (KVBB). Nicht nur uns Ärzten missfallen diese gesundheitspolitischen, organisatorischen und ökonomischen Vorgaben. Dennoch sind wir auch in den therapeutischen Möglichkeiten für unsere Patienten an die rechtlichen Vorgaben gebunden. Vor diesem Hintergrund fällt es uns in der täglichen Praxis schwer, alle diese Vorgaben zu beachten. Dies wiederum erhöht die Gefahr einer Wirtschaftlichkeitsprüfung und damit droht der Regress, der im Bereich der Richtgrößenprüfung sogar zum Kollektivregress werden könnte. Wird er dann auf den Verursacher umgelegt, bedeutet das nicht nur Frust und Geldstrafe, sondern bedroht in Einzelfällen die Existenz der Praxis. Ihre KVBB sieht sich in diesem System als der „Verteidiger“ Ihrer Interessen und zugleich als Servicepartner. Dafür haben wir in unserer Struktur einen eigenen Fachbereich mit sehr versierten und motivierten Mitarbeitern. Aus diesen Gründen hat der Vorstand der KVBB beschlossen, diese Broschüre zu erstellen. Sie finden nicht nur Hinweise zu den gesetzlichen Grundlagen von Prüfungen, sondern auch praxisrelevante Vorschläge für den Alltag in Ihrer Praxis. „Wir sind immer für Sie da!“ - Deshalb scheuen Sie sich nicht nachzufragen, wenn Sie von einer Wirtschaftlichkeitsprüfung betroffen sein sollten oder einfach Fragen zu diesem Thema haben, denn „Guter Rat ist eben nicht immer teuer!“.

Ihr MUDr. P. Noack stellv. Vorsitzender des Vorstandes der KVBB



Vorwort Haben Sie eine auf besondere Krankheiten oder Patienten spezialisierte Praxis? Verordnen Sie teure und aufwändige Therapien? Dann ist es wahrscheinlich, dass Sie zu den Ärztinnen und Ärzten gehören, die in ihrer beruflichen Praxis geprüft werden. Die KVBB beteiligt sich als die Vertretung der Kassenärzte an der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Das ist Teil des gesetzlichen Auftrags und im Interesse einer Stärkung der kollektiven Selbstvertretung im Gesundheitswesen. Die KVBB will vermeiden helfen, dass sehr gut arbeitende Kolleginnen und Kollegen für das unwirtschaftliche Verhalten Einzelner haften müssen. Gemeinsam mit den Krankenkassen finanziert die KVBB hierzu eine unabhängige Prüfungsstelle, die in Folge des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) 2004 ihre Arbeit aufgenommen hat. Für die im Verordnungsverhalten „auffälligen“ Ärztinnen und Ärzte bietet sich die Chance, dem Vorwurf der unwirtschaftlichen Arbeit persönlich zu begegnen, der bei hohen Therapiekosten im Vergleich mit der eigenen Fachgruppe entsteht. Die Fachabteilungen, insbesondere die beratenden Apotheker und Ärzte, die Juristen und andere Fachkollegen sind in der Lage, die Kassenärzte bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung zu beraten. „Wie erkenne ich meine Praxisbesonderheiten? Wie kann ich am besten mit einer planbaren Richtgröße umgehen? Welche Begründung ist für Ausnahmen notwendig und vor allem wirksam? Wie kann ich mich prophylaktisch vor einem Regress schützen?“ Das sind häufig gestellte Fragen. Diese Broschüre soll vorbeugend und im Prüfungsfall aufklärend wirken. Es hat sich gezeigt – und ist aufgrund der doch nicht wirklich alltäglichen Begrifflichkeiten und gesetzlicher Reformen auch kein Wunder -, dass es hilfreich ist, sich zunächst deutlich zu machen, wo und wie die Hebel der Prüfung im Einzelfall ansetzen, bevor man als Praxisinhaber auf Anfragen oder Anhörungen antwortet. Lassen Sie sich beraten, oft sehen die Kollegen, Apotheker oder Juristen wichtige Fakten, die Praxisbesonderheiten darstellen können. Gut vorbereitet ist die Wirtschaftlichkeitsprüfung kein Grund zur Aufregung – eine sorgfältige Dokumentation der eigenen Arbeit erleichtert dem Arzt dabei die Argumentation im Sinne seiner Patienten. Die Konsequenzen der Wirtschaftlichkeitsprüfung können finanziell sehr gravierend sein, deshalb sollten Sie dieser Broschüre Ihre Aufmerksamkeit widmen. Die erfahrenen Mitarbeiter der KVBB stehen Ihnen gern mit individuellem Rat zu Verordnungsweisen und Wirtschaftlichkeitsprüfung zur Seite. Machen Sie davon Gebrauch – rechtzeitig!

Frau Dipl.-Med. Gisela Polzin Vertragsärztin im Land Brandenburg



Inhalt 1.

Wirtschaftlichkeitsgebot und Rechtsgrundlagen

8

2.

Wirtschaftlichkeitsprüfung

9

3.

Richtgrößenprüfung

12

4.

Durchschnittswertprüfung der Behandlungsweise

15

5.

Einzelfallprüfung

18

6.

Zufälligkeitsprüfung

19

7.

Sonstiger Schaden (einschließlich Sprechstundenbedarf)

22

8.

Praxisbesonderheiten für Arznei- und Heilmittel

25

9.

Zusammenfassung

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10. 10.1 10.2 10.3

Checklisten Rationale Arzneimittelverordnung Vorbereitung auf Wirtschaftlichkeitsprüfung Richtgrößenprüfung

30 31 32 34

11. 11.1

Musterbriefe Anfrage an die Krankenkassen zur Verordnung eines Arzneimittels außerhalb der zugelassenen Indikation (Off-Label-Use) Mitteilung an die Prüfungsstelle zur Berücksichtigung teurer Einzelfälle bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung der Arzneiverordnung Widerspruch gegen Arzneimittelregress/Honorarkürzung

35 36

12.

Verrechnung von Regressbeträgen aus Wirtschaftlichkeitsprüfung/ Einstweiliger (Vorläufiger) Rechtsschutz/Anfechtungsklage

40

13.

Stichwortverzeichnis

45

11.2 11.3

38 39


WIRTSCHAFTLICHKEITSGEBOT UND RECHTSGRUNDLAGEN

1. Wirtschaftlichkeitsgebot und Rechtsgrundlagen Das Wirtschaftlichkeitsgebot im Sozialgesetzbuch V (SGB V) besagt, dass alle Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen und dass sie das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen. Daraus folgt unmittelbar, dass Leistungen, die nicht notwendig oder die unwirtschaftlich sind, weder von den Versicherten beansprucht werden können, noch durch die Leistungserbringer bewirkt oder durch die Krankenkassen bewilligt werden dürfen. Zugleich gilt, dass die Leistungen unter Berücksichtigung sowohl des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse als auch des medizinischen Fortschrittes in der gebotenen fachlichen Qualität erbracht werden müssen. Eine ausreichende Leistung ist dabei nicht etwa nach dem Schulnotensystem zwischen befriedigend und mangelhaft einzuordnen, sondern die Leistung muss objektiv ordentlich und darf nicht mit Mängeln behaftet sein. Eine Leistung ist dann zweckmäßig, wenn sie zweckdienlich, zweckentsprechend und subjektiv geeignet für die Erreichung eines Behandlungsziels ist. Notwendig ist eine Leistung, die in diesem Maße unvermeidlich, zwangsläufig, unentbehrlich und erforderlich ist. Die Kriterien „ausreichend“, „zweckmäßig“ und „notwendig“ stehen in einem untrennbaren inneren Zusammenhang und definieren so den Begriff der Wirtschaftlichkeit in der Praxis. Der Vertragsarzt selbst hat die Entscheidung über die wirtschaftliche Behandlungsweise im Einzelfall unter Abwägung der genannten Kriterien zu treffen. Für den Bereich der Arzneimittelverordnung engt der Gesetzgeber die Möglichkeiten zur Entscheidung im Einzelfall zum Beispiel durch die Arzneimittel-Richtlinie (AMR) nach § 92 SGB V ein. Die Verbindlichkeit dieser Richtlinie ist von der Rechtsprechung in den vergangenen Jahren gestärkt worden. Verstöße gegen die ArzneimittelRichtlinie können in einem Wirtschaftlichkeitsprüfverfahren einen Regress begründen. Eine genaue Kenntnis der das Wirtschaftlichkeitsgebot konkretisierenden Rechtsvorschriften ist für den verordnenden Vertragsarzt deshalb von praktischer Bedeutung. Beim Einsatz neuer, meist hochpreisiger Wirkstoffe sowie bei neuen Therapieprinzipien in der ambulanten Versorgung verdeutlichen die Therapiehinweise der Anlage IV der Arzneimittel-Richtlinie das Wirtschaftlichkeitsgebot. Die Therapiehinweise informieren über den Umfang der arzneimittelrechtlichen Zulassung, über Wirkung, Wirksamkeit sowie Risiken. Zusätzlich geben sie verordnungssteuernde Empfehlungen zur wirtschaftlichen Verordnungsweise, zu Kosten sowie zu gegebenenfalls notwendigen Vorsichtsmaßnahmen. Weitere rechtliche Grundlagen und Empfehlungen finden sich in folgenden Quellen: ? SGB V §§ 2, 2a, 12, 27, 28, 31, 34, 35, 35b, 70, 73, 84, 92, 93, 106, 129, 296, 297 ? Bundesmantelverträge ? Prüfvereinbarung (PrüfV), Arzneimittel-Vereinbarungen/Zielvereinbarungen ? (Leit-)Richtlinien/Qualitätsstandards ? BSG-Rechtsprechung ? „Wirkstoff aktuell“ der KBV 8


WIRTSCHAFTLICHKEITSPRÜFUNG

Die Ausführungen in dieser Broschüre beziehen sich nur auf die vertragsärztliche Tätigkeit im engeren Sinne und schließen die ärztliche Tätigkeit zur Versorgung gemäß §§ 73b, c und 140a SGB V nicht mit ein.

2. Wirtschaftlichkeitsprüfung Die Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V folgt in Brandenburg einem von Krankenkassen und KVBB gemeinsam und einheitlich beschlossenen Verfahren, das in der sogenannten Prüfvereinbarung festgelegt ist. Die Prüfvereinbarung ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag mit Normcharakter und daher für die Prüfungsstelle und den Beschwerdeausschuss verbindlich. Sie enthält wichtige Informationen, unter anderem zur Einleitung des Prüfverfahrens, Verfahren vor der Prüfungsstelle und vor dem Beschwerdeausschuss sowie weiterführende Regelungen zu den einzelnen Arten der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Die Prüfvereinbarung wird im grünen Vertragsordner der KVBB (Band 1) unter dem Unterpunkt 1.1. sowie im Internet unter www.kvbb.de bereitgestellt.

2.1 Arten der Wirtschaftlichkeitsprüfung Die Wirtschaftlichkeitsprüfung erstreckt sich auf alle vom Vertragsarzt erbrachten ärztlichen Leistungen und auf die verordneten Leistungen. Die Prüfung der Wirtschaftlichkeit wird durch die Prüfungsstelle beziehungsweise den Beschwerdeausschuss durchgeführt, die jeweils ihre Aufgaben eigenverantwortlich wahrnehmen. Folgende Arten der Wirtschaftlichkeitsprüfung sind nach § 8 Prüfvereinbarung möglich: 1. Prüfung ärztlich verordneter Leistungen bei Überschreitung des Richtgrößenvolumens nach § 84 SGB V (Auffälligkeitsprüfung, §§ 12 - 16 Prüfvereinbarung), 2. Prüfung ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen auf der Grundlage von arztbezogenen und versichertenbezogenen Stichproben (Zufälligkeitsprüfung, § 17 Prüfvereinbarung), 3. Prüfung ärztlicher Leistungen (Behandlungsweise) nach Durchschnittswerten (Durchschnittswertprüfung, § 18 Prüfvereinbarung), 4. Einzelfallprüfung (§ 19 Prüfvereinbarung), 5. Prüfung in besonderen Fällen zur Feststellung eines sonstigen Schadens (§ 20 Prüfvereinbarung), 6. Feststellung eines sonstigen Schadens wegen rechtswidriger Verordnung von Leistungen (§ 21 Prüfvereinbarung).

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2.2 Praktische Bedeutung der einzelnen Prüfarten in Brandenburg, Stand August 2010 Kalender- Richtgrößenprüfung Zufälligkeits- Durchschnittsjahr wertprüfung Arzneimittel Heilmittel prüfung 2005 X (71) X (4) X (115) X X (1) 2006 X (67) X (72) 2007 X X X 2008 2009 X X X X (81) X X X 2010

Einzelfallprüfung

Sonstiger Schaden X (2112) X (1129) X (780)

Sprechstundenbedarf X (805) X (713) X (784) X X X

Legende: x = Prüfung erfolgt/wird erfolgen, () = Anzahl der Prüfungen

2.3 Prüfgremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung Erste Prüfinstanz ist die Prüfungsstelle, eine selbstständig agierende Einrichtung, die von den Krankenkassen und der KVBB eingerichtet wurde. Sie entscheidet über die Anerkennung von Praxisbesonderheiten, bereitet die erforderlichen Daten und Informationen für eine Prüfung auf, stellt die für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalte fest und entscheidet über das Ergebnis der Prüfung, das als „keine Maßnahme“, „Beratung“, „Regress“ oder „Honorarkürzung“ festgesetzt werden kann. Sofern einer der Beteiligten (Vertragsarzt, Krankenkasse, KVBB) gegen die Entscheidung der Prüfungsstelle Widerspruch einlegt, entscheidet der Beschwerdeausschuss (Widerspruchsbescheid).

2.4 Prüfablauf Die Prüfungsstelle entscheidet nach Aktenlage bzw. unter Einbeziehung der Stellungnahme des Arztes. Dabei liegt die Darlegungs- und Beweislast für die Existenz von Praxisbesonderheiten allein beim Arzt. Was also nicht vorgetragen oder zu allgemein formuliert wird, findet im Prüfverfahren keine Berücksichtigung. Hier hilft eine gute Dokumentation (Diagnose, therapeutische Ansätze …), die im Falle der Eröffnung des Prüfverfahrens für die Fertigung der Stellungnahme genutzt und ggf. eingereicht werden sollte. Schon prophylaktisch, vor Beginn des Prüfverfahrens, vom Vertragsarzt bei der Prüfungsstelle eingereichte Unterlagen müssen im Verfahren später nicht automatisch beachtet werden. Grundsätzlich gilt bei allen Prüfarten: Beratung vor Regress. Die Prüfungsstelle prüft vorrangig, ob eine gezielte individuelle Beratung ausreichend ist. Grundlage der Interventionsberatung sind insbesondere Übersichten über die vom Vertragsarzt im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten und veranlassten Leistungen, die auch zum Prüfverfahren 10


PRÜFABLAUF

herangezogen wurden. Nach § 3 Abs. 3 der Satzung der KVBB in Verbindung mit § 1 Nr. 8 Gebührensatzung sind die Kosten einer Interventionsberatung durch den Vertragsarzt zu erstatten. Prüfablauf Einleitung der Wirtschaftlichkeitsprüfung von Amts wegen, auf Antrag oder per Zufälligkeit Entscheidung der Prüfungsstelle über Prüfergebnis (keine Maßnahme, Beratung, Regress, Honorarkürzung)

Widerspruch gegen den Prüfbescheid (KVBB/ Arzt/ Kasse) *ja

nein

Maßnahmen

Beschwerdeausschuss

keine Maßnahme

Beratung

Widerspruchsbescheid Regress

Klage vor Sozialgericht?

nein

Honorarkürzung

Mitteilung/ Übermittlung von Prüf-/ Widerspruchsbescheid, Widerspruch an Verfahrensbeteiligte

(rechtskräftiges) Urteil

* beim Sonstigen Schaden wegen rechtswidriger Verordnung von Leistungen gemäß § 21 Prüfvereinbarung besteht nur die Möglichkeit der Klage vor dem Sozialgericht

Umsetzung der Entscheidung von Prüfungsstelle, Beschwerdeausschuss, Sozialgericht durch KVBB

Alle Prüfverfahren enden grundsätzlich mit einem Prüfbescheid, gegen den innerhalb der gesetzlichen Frist (ein Monat nach Bekanntgabe des Bescheides) Widerspruch durch die Beteiligten erhoben werden kann, mit Ausnahme einiger Prüfvorgänge des Prüfverfahrens zur Feststellung des sonstigen Schadens (Pkt. 7). Eine ausführliche Begründung des Widerspruchs kann gesondert folgen. Gegen den Bescheid des Beschwerdeausschusses ist die Klage vor dem Sozialgericht möglich, die auch innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides bei Gericht eingegangen sein muss. 11


RICHTGRÖSSENPRÜFUNG

Ein Widerspruch beziehungsweise die Klage gegen die Bescheide der 1. Prüfinstanz hat aufschiebende Wirkung, das heißt, nach fristgemäßem Widerspruch beziehungsweise Klage gegen den Bescheid werden die Regresse nicht fällig. Erst nach Entscheidung durch den Beschwerdeausschuss beziehungsweise nach Rechtskraft einer sozialgerichtlichen Entscheidung ist die Verrechnung durch die KVBB vorzunehmen. Hohe Beträge werden dabei auf mehrere Quartale verteilt. Die Möglichkeiten, die Verrechnung eines Regresses zu verhindern, sind unter Pkt. 12 dargestellt. Da eine Klage gegen den Bescheid des Beschwerdeausschusses vor dem Sozialgericht keine aufschiebende Wirkung entfaltet, kann und muss die KVBB den fraglichen Betrag unmittelbar einfordern und mit dem Honoraranspruch verrechnen. Grundsätzlich können Sie sich zu jedem Zeitpunkt des Prüfverfahrens an einen Rechtsanwalt wenden. Zielführend ist es, sich an einen Rechtsbeistand mit einschlägiger Erfahrung auf dem Gebiet des Vertragsarztrechts bzw. des Medizinrechts zu wenden. Allerdings gilt es zu beachten, dass das Kostenrisiko vorerst beim ratsuchenden Arzt verbleibt. Im Rahmen der Entscheidung des Beschwerdeausschusses können die Kosten für dieses sogenannte Vorverfahren unter bestimmten Voraussetzungen (§ 63 SGB X) erstattet werden (siehe § 24 Abs. 3 PrüfV). Die Höhe der Kostenerstattung ist abhängig vom Umfang des Erfolges des Widerspruchs. In einem sozialgerichtlichen Verfahren entstehen neben den Kosten für den Rechtsanwalt zusätzlich Gerichtskosten (Erläuterungen zur Verfahrensweise siehe unter Punkt 5, Gerichtskosten, Seite 43).

3. Richtgrößenprüfung (§ 106 Abs. 2 Nr. 1 SGB V) 3.1 Rechtliche Grundlagen und Gegenstand der Prüfung Durch die Richtgrößenprüfung werden die vertragsärztlichen Verordnungen einer Praxis von Arznei- und Verbandmitteln (inklusive Sprechstundenbedarf) und Heilmitteln erfasst. Impfstoffe und die meisten Praxisbesonderheiten der Anlage 2 der Prüfvereinbarung unterliegen nicht der Richtgrößenprüfung. Die Richtgröße ist ein theoretischer, fallbezogener Geldbetrag, der Vertragsärzten einer Arztgruppe durchschnittlich für die Verordnung von Arznei- und Verbandmitteln sowie Heilmitteln zur Verfügung steht. Durch Multiplikation der Richtgröße mit der Zahl der kurativ-ambulanten Behandlungsfälle aus der Abrechnung erhält man das Richtgrößenvolumen. Ist das Ausgabenvolumen einer Praxis höher als das errechnete Richtgrößenvolumen, so ist diese Überschreitung das Aufgreifkriterium für die Richtgrößenprüfung. 12


Auch für fachübergreifende Praxen, wie zum Beispiel Medizinische Versorgungszentren (MVZ), werden Richtgrößen gebildet, soweit dort ausschließlich Arztgruppen beschäftigt sind, für die es Richtgrößen gibt (Arztgruppen mit Richtgrößen - siehe Anlage 1 der Prüfvereinbarung). In der Regel wird die Prüfung für den Zeitraum eines Kalenderjahres durchgeführt, sodass Überschreitungen in einem Quartal durch Unterschreitungen in anderen Quartalen kompensiert werden können. Seit dem 1.1.2008 ist auch eine quartalsweise Prüfung möglich. Spätestens nach Ablauf von zwei Jahren nach Ende des Verordnungszeitraumes muss eine Entscheidung der Prüfungsstelle vorliegen.

3.2 Einleitung und Durchführung der Prüfung Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Verordnungsdaten der Vertragsärzte nach Ablauf des Kalenderjahres. Die KVBB liefert gleichzeitig die kurativ-ambulanten Behandlungsfälle. Die Prüfungsstelle bereitet die Verordnungsdaten auf, bereinigt sie um offensichtliche Fehler (zum Beispiel nicht zuordenbare oder ungültige lebenslange Arztnummern (LANR)) und zieht die auf die Praxisbesonderheiten gemäß Anlage 2 der Prüfvereinbarung entfallenden Verordnungsanteile ab. Das verbleibende Verordnungsvolumen wird mit der Richtgrößensumme der Praxis verglichen. Ab einer Überschreitung von 15 % kann eine Prüfung durchgeführt werden. Diese Prüfung erfolgt „von Amts wegen“ - ein Prüfantrag ist nicht erforderlich. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen nicht mehr als 5 % der Ärzte einer Fachgruppe in die Richtgrößenprüfung einbezogen werden. Die Vertragspartner führen unterstützt durch die Prüfungsstelle eine Vorauswahl im Konsens durch. Ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl ist die Erfüllung der Ziele der Arzneimittelvereinbarung. Für jedes erreichte Ziel ergibt sich ein „Bonus“ von 1 %. Daneben werden die bekannten Besonderheiten der Praxis, aber auch Ergebnisse vorhergehender Prüfungen berücksichtigt. Auf der Grundlage dieser Vorauswahl entscheidet dann die Prüfungsstelle über die zu prüfenden Praxen. Sie fordert hierzu ergänzende Daten von den Krankenkassen an. Die Daten werden zu aussagekräftigen Statistiken aufbereitet. Erst jetzt wird die Praxis über die Einleitung der Richtgrößenprüfung informiert. Mit der Aufforderung zur Stellungnahme erhält die Praxis Verordnungskosten, Richtgrößenvolumen und bereits anerkannte Praxisbesonderheiten sowie Statistiken der Prüfungsstelle über die eigenen Verordnungen und die der als Vergleich dienenden Arztgruppe. 13


Der Vertragsarzt hat nun die Möglichkeit, innerhalb der gesetzten Frist weitere Praxisbesonderheiten zu benennen, die für die Fachgruppe atypisch sind und in seiner Praxis zu einem erhöhten Behandlungsaufwand führen. Er sollte auch darlegen, sofern durch eine bestimmte Patientenstruktur höhere Verordnungskosten entstanden sind. Führt die Anerkennung dieser weiteren Praxisbesonderheiten insgesamt zu einer Absenkung der Richtgrößenüberschreitung unter die Grenze von 15 %, wird das Verfahren ohne eine Maßnahme beendet. Bei einer Überschreitung zwischen 15 und 25 % wird meist eine Interventionsberatung festgelegt. Für Überschreitungen von mehr als 25 % wird ein Regress festgesetzt. Gegen die Entscheidung der Prüfungsstelle können der Arzt, die KVBB, aber auch die Krankenkassen Widerspruch einlegen. Die Anrufung des Beschwerdeausschusses hat aufschiebende Wirkung. Spätestens jetzt müssen alle Sachargumente vorgetragen werden! Nach einer Regressentscheidung des Beschwerdeausschusses verrechnet die KVBB den Betrag nach Information durch die Prüfungsstelle mit dem nächsten Honorarbescheid der Praxis. Unabhängig von der Verrechnung durch die KVBB ziehen die Krankenkassen in der Regel den Betrag von der Gesamtvergütung ab. Bei Anerkennung der Regressmaßnahme durch den betroffenen Arzt hat der Gesetzgeber die Möglichkeit eingeräumt, im Rahmen des Prüfverfahrens mit dem Arzt eine Vereinbarung zu schließen, die eine Minderung des Erstattungsbetrages um bis zu einem Fünftel zum Inhalt hat. Eine weitere Option stellt die Vereinbarung einer individuellen Richtgröße dar. Die Prüfgremien können von der Festsetzung eines zu erstattenden Mehraufwandes absehen, wenn eine solche individuelle Richtgröße, die eine wirtschaftliche Verordnungsweise gewährleisten soll, für den Zeitraum von vier Quartalen vereinbart wird. Kommt es in diesem Zeitraum zu einer Überschreitung des individuellen Richtgrößenvolumens, ist der Mehraufwand vom Arzt zu erstatten. Das Prüfverfahren endet in diesen beiden Fällen mit Abschluss der Vereinbarung. Wird eine Klage vor dem Sozialgericht gegen den Bescheid des Beschwerdeausschusses erwogen, muss der Arzt bedenken, dass diese keine aufschiebende Wirkung hat. Neue Sachargumente (Praxisbesonderheiten) finden nach derzeitigem Erfahrungsstand zwar noch Berücksichtigung, führen aber zu einer Kostenbeteiligung des Vertragsarztes an den Verfahrens- und Gerichtskosten.

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DURCHSCHNITTSWERTPRÜFUNG

3.3 Praktische Relevanz des Prüfverfahrens Seit 2005 wurden bisher 253 Prüfverfahren eingeleitet. Die Richtgrößenprüfungen für Arzneimittel wurden mit Ausnahme der Jahre 2003 und 2004 kontinuierlich durchgeführt. Seit 2008 gibt es auch Richtgrößen im Heilmittelbereich. Es wurden bisher 56 Prüfverfahren eingeleitet.

4. Durchschnittswertprüfung der Behandlungsweise 4.1 Rechtliche Grundlagen und Gegenstand der Prüfung Die bisherige Regelprüfart der Durchschnittswertprüfung wurde mit der Gesundheitsreform 2004 als verpflichtende Prüfart gestrichen. Den Vertragspartnern steht es nach dem Gesetzestext ausdrücklich frei, die Durchschnittswertprüfung auch weiterhin als Prüfart vertraglich zu vereinbaren und anzuwenden. Innerhalb der KVBB kann es nach § 18 Prüfvereinbarung zur Einleitung eines Verfahrens zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit der ärztlichen Behandlungsweise nach Durchschnittswerten kommen. Bei dieser Art der Wirtschaftlichkeitsprüfung wird üblicherweise nur ein Teil der Abrechnungsdaten des Vertragsarztes mit den Durchschnittswerten seiner Fachgruppe oder einer nach verfeinerten Kriterien gebildeten engeren Gruppe verglichen. Die Prüfung beruht überwiegend auf statistischen Auffälligkeiten und bezieht sich immer auf den Zeitraum jeweils eines Quartals. Die Durchschnittswertprüfung soll insbesondere gegenüber der Einzelfallprüfung den Vorteil bringen, dass durch den Vergleich grundsätzlich gleicher ärztlicher Leistungsbedingungen weitgehend auf konkrete Feststellungen über Krankheits- und Behandlungsbedingungen verzichtet werden kann. Die Anwendung der Durchschnittswertprüfung schließt eine ergänzende beispielhafte Überprüfung von Einzelfällen nicht aus.

4.2 Einleitung und Durchführung der Durchschnittswertprüfung der Behandlungsweise Eine Unwirtschaftlichkeit ist zu vermuten, wenn der Durchschnittsfallwert des Arztes erheblich über dem Durchschnitt der Vergleichsgruppe liegt und sich die prozentuale Abweichung nicht mehr durch normale Streuung erklären lässt.

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Die Kriterien für die Einbeziehung in das Auswahlverfahren gemäß § 18 Abs. 6 Prüfvereinbarung sind:

? Leistungsabrechnungen, deren Gesamtfallwert den Gesamtfallwert der

Vergleichsgruppe (Fachgruppendurchschnitt) um mehr als 30 % überschreitet, ? Leistungsabrechnungen, bei denen in den einzelnen Leistungsgruppen gemäß Anlage 4 Prüfvereinbarung der Fallwert der Vergleichsgruppe um mehr als 60 % überschritten wird, ? Leistungsabrechnungen, bei denen die Häufigkeit einzelner Leistungen gemäß Einheitlichem Bewertungsmaßstab (EBM) pro Behandlungsfall den Wert der Vergleichsgruppe um mehr als 100 % überschreitet.

Das Vorgehen der Prüfungsstelle bei der Durchschnittswertprüfung wird in der nachfolgenden Abbildung 1 dargestellt. Normale Streubreite: Überschreitet der Arzt bei arithmetischer Berechnung den Fachgruppendurchschnitt um nicht mehr als 20 bis 30 %, so geht man davon aus, dass sich die Abweichung noch innerhalb der normalen Streuung bewegt. Das hat zur Folge, dass eine Einleitung der Prüfung nach statistischen Vergleichswerten nicht zulässig ist. Übergangszone: Liegt die ermittelte Abweichung gegenüber dem Fachgruppendurchschnitt höher als 30 %, aber nicht über 50 %, so wird von der Übergangszone gesprochen. In diesem Fall kann die Prüfungsstelle nur dann vom Beweis einer Unwirtschaftlichkeit ausgehen, wenn sie dies durch eine genügende Anzahl von beispielhaften Fällen belegt hat. Offensichtliches Missverhältnis: Bei einer Überschreitung um mehr als 50 % wird von einem offensichtlichen Missverhältnis gesprochen. Während bis zur zweiten Stufe die Beweislast allein bei der Prüfungsstelle liegt, kehrt diese sich zulasten des Arztes um, sobald er mit seinen Leistungen um mehr als 50 % über dem Fachgruppendurchschnitt liegt. Es besteht ein offensichtliches Missverhältnis zwischen seinen Leistungen und denen der Vergleichsgruppe. Die Prüfungsstelle geht davon aus, sofern ihr keine gegenteiligen Erkenntnisse vorliegen, dass der Vertragsarzt unwirtschaftlich behandelt hat. Eine ausführliche Stellungnahme durch den Vertragsarzt mit der Darstellung seiner Praxisbesonderheiten ist somit unumgänglich.

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Abbildung 1: Schematische Darstellung der Durchschnittswertprüfung der Behandlungsweise

Behandlungskosten des geprüften Arztes

Vergleichswerte von Ärzten der (modifizierten) Fachgruppe im Abrechnungsbereich der KVBB

Fallkostendifferenz prozentuale Überschreitung

normale Streubreite 20 - 30 %

Keine oder Einzelfallprüfung

Übergangszone > 30 - 50 %

Offensichtliches Missverhältnis > 50 %

Unwirtschaftlichkeit nicht geklärt

Unwirtschaftliche Behandlungsweise wird vermutet/ „Anscheinsbeweis“

Prüfgremium muss Unwirtschaftlichkeit beweisen: • genügende Anzahl beleuchteter Fälle

Arzt muss Wirtschaftlichkeit beweisen: • Praxisbesonderheiten • Kompensatorischer Minderaufwand • Einsparungen

Die Prüfungsstelle entscheidet über die Leistungskürzungen unter Würdigung aller bekannten und vom Vertragsarzt vorgetragenen Umstände. Die Dauer der vertragsärztlichen Tätigkeit sowie die Häufigkeit und Dauer der festgestellten Unwirtschaftlichkeit des Vertragsarztes sind zu beachten (§ 18 Abs. 10 Prüfvereinbarung). Die Prüfungsstelle hat zu prüfen, ob eine Interventionsberatung geeignet ist, um eine wirtschaftliche Behandlungsweise zu sichern. Im Rahmen dieser Beurteilung ist es zugunsten des Vertragsarztes zu berücksichtigen, wenn die Unwirtschaftlichkeit erstmals nach Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit festgestellt wird (§ 18 Abs. 7 Prüfvereinbarung).

4.3 Praktische Relevanz der Durchschnittswertprüfung der Behandlungsweise Seit 2005 wurden bisher 86 Prüfverfahren eingeleitet.

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EINZELFALLPRÜFUNG

5. Einzelfallprüfung 5.1 Rechtliche Grundlagen und Gegenstand der Prüfung Gemäß § 106 Abs. 2 SGB V können Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigungen über die gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen (Richtgrößenund Zufälligkeitsprüfung) hinaus weitere Prüfarten vereinbaren. Die Einzelfallprüfung wurde in Brandenburg in § 19 der Prüfvereinbarung als Verfahren definiert, wenn andere Prüfarten nicht in Frage kommen und sonstige Auffälligkeiten eine unwirtschaftliche Behandlungs- oder Verordnungsweise vermuten lassen. Insofern könnten zum Beispiel Praxen, für die keine Richtgröße gilt, im Zuge einer Einzelfallprüfung geprüft werden. Als wesentlicher Gegenstand einer Einzelfallprüfung kommen auch die Praxisbesonderheiten der Anlage 2 der Prüfvereinbarung in Frage.

Anmerkung: Der Begriff der (repräsentativen) Einzelfallprüfung umschreibt kein eigenständiges Prüfverfahren, sondern nur eine Methode der Beweisführung. Zum Beispiel wird ein Regress, der sich zunächst ausschließlich auf einen statistischen Vergleich mit der Fach- oder Vergleichsgruppe stützt, dadurch untermauert, dass in einer repräsentativen Anzahl von Einzelfällen Unwirtschaftlichkeiten nachgewiesen werden.

5.2 Einleitung und Durchführung der Einzelfallprüfung Die Einleitung des Verfahrens setzt einen begründeten Antrag voraus, der durch einzelne Krankenkassen, deren Verbände oder die KVBB gestellt werden kann. Neben der Begründung müssen der Prüfgegenstand, der Zeitraum und die zugrunde liegenden Daten genannt sein. Aus der Gesamtzahl der Behandlungsfälle werden in der Regel 5 %, mindestens aber 50 repräsentative Fälle, ausgewählt, die sich gegebenenfalls nur auf den Gegenstand des Antrages beschränken. So würden zum Beispiel bei einer Prüfung der Verordnungen von Praxisbesonderheiten nach Anlage 2 der Prüfvereinbarung nur Behandlungsfälle mit diesen Verordnungen ausgewählt und betrachtet werden. Unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Praxis entscheidet die Prüfungsstelle/im Widerspruchsverfahren der Beschwerdeausschuss über die Höhe der festgestellten Unwirtschaftlichkeiten bei den Verordnungen oder der Behandlungsweise und stellt diese im Bescheid dar. Diese werden durch Hochrechnung auf die Gesamtzahl der Fälle ermittelt, wobei zur Berücksichtigung der mit einer Hochrechnung verbundenen Ungenauigkeiten Abschläge vorgenommen werden. Bei geringen Anteilen an untersuchten Fällen werden hohe Abschläge vorgenommen; sind zudem nur wenige unwirtschaftliche Fälle festgestellt worden, kann in der Regel kein Regress ausgesprochen werden. 18


ZUFÄLLIGKEITSPRÜFUNG

5.3 Praktische Relevanz des Prüfverfahrens Einzelfallprüfungen wurden in der Vergangenheit als Prüfart wenig genutzt. 2007 gab es in Brandenburg 127 Anträge einer Krankenkasse zur Verordnung von Insulinen in hausärztlichen Praxen, die aber zurückgezogen wurden.

6. Zufälligkeitsprüfung (§ 106 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V) 6.1 Rechtliche Grundlagen und Gegenstand der Zufälligkeitsprüfung Die Zufälligkeitsprüfung (§ 17 Prüfvereinbarung) ist neben der Richtgrößenprüfung die zweite gesetzlich vorgeschriebene Prüfart. Für die Zufälligkeitsprüfung gelten die Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen (Richtlinie Zufälligkeitsprüfung). Ziel der Bundes-Richtlinie zur Durchführung der Zufälligkeitsprüfung ist die Schaffung von rechtssicheren Grundlagen für die Wirtschaftlichkeitsprüfung im Interesse der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Psychotherapeuten, der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Krankenkassen. Diese Richtlinie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Krankenkassen findet Anwendung auf die selbst erbrachten, die verordneten und die veranlassten Leistungen der Vertragsärzte. Der Gesetzgeber hat durch das Festlegen von Prüfungsgegenständen, Beurteilungs- und Prüfkriterien den Umfang der Zufälligkeitsprüfung geregelt (§ 106 Abs. 2 SGB V, § 6 Abs. 2 Richtlinie Zufälligkeitsprüfung).

Es sind folgende Prüfungsgegenstände festgelegt worden: Prüfung der in Gebührenordnungsnummern des Einheitlichen ? Bewertungsmaßstabs abgebildeten ärztlichen Leistungen, Prüfung von veranlassten Leistungen, insbesondere von aufwändigen ? Leistungen mit medizinisch-technischen Großgeräten, Prüfung der Durchführung von Leistungen als Überweisungsempfänger, ? Prüfung ärztlicher Verordnungen von Arznei- und Heilmitteln, ? Prüfung der Feststellung von Arbeitsunfähigkeit und der Kranken? hauseinweisungen.

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6.2 Einleitung und Durchführung der Zufälligkeitsprüfung Die Zufälligkeitsprüfung wird ohne Antrag einer Krankenkasse und/oder der Kassenärztlichen Vereinigungen eingeleitet. Je Quartal sind mindestens zwei Prozent der Ärzte per Stichprobe in die Zufälligkeitsprüfung einzubeziehen (§ 17 Abs. 2 Prüfvereinbarung). In die Auswahl werden keine Vertragsärzte einbezogen (§ 17 Abs. 3 Prüfvereinbarung), die bereits innerhalb der letzten acht Quartale in die Stichprobe einbezogen ? waren, weniger als vier der Stichprobenziehung vorangegangenen Quartale im ? Bereich der KVBB abgerechnet haben oder im Prüfungszeitraum durchschnittlich weniger als 100 Behandlungsfälle ? (Vertragsärzte außer Psychotherapeuten) beziehungsweise 30 Behandlungsfälle (Psychotherapeuten) pro Quartal abgerechnet haben. Die KVBB ist verpflichtet, der Prüfungsstelle für jedes Quartal eine Liste der Ärzte zu übermitteln, die in die Zufälligkeitsprüfung einbezogen werden (§ 297 Abs. 1 SGB V, § 17 Abs. 3 PrüfV). Der zugrunde liegende Prüfungszeitraum umfasst mindestens vier aufeinander folgende Quartale vor der Stichprobenziehung. Durch die Zufälligkeitsprüfung soll die gesamte Praxistätigkeit des Arztes erfasst werden. Dazu übermitteln die KVBB und die Krankenkassen Abrechnungs- und Verordnungsdaten an die Prüfungsstelle (§ 297 Abs. 2 und 3 SGB V). Sachverhalte, die bereits Gegenstand einer Wirtschaftlichkeitsprüfung nach einer anderen Prüfart gewesen sind, werden nicht erneut geprüft (§ 12 Abs. 7 Richtlinie Zufälligkeitsprüfung).

Die festgelegten Prüfungsgegenstände können anhand der beispielhaft genannten Prüfkriterien (Anlage 2 der Richtlinie Zufälligkeitsprüfung) bewertet werden: Häufigkeit abgerechneter Gebührenordnungsziffern je Behandlungsfall ? im Zusammenhang mit festzulegenden Diagnosen oder Diagnosegruppen bei einem Vertragsarzt/Psychotherapeuten der Stichprobe und gegebenenfalls bei dem Durchschnitt der Vergleichsgruppe, Zahl/Anteil von Abrechnungsfällen eines Vertragsarztes/Psycho? therapeuten mit alleiniger Abrechnung der Ordinationsgebühr (Grundpauschale), Zahl/Anteil von Abrechnungsfällen eines

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? Vertragsarztes/Psychotherapeuten mit alleiniger Abrechnung der Ordinationsgebühr über mehrere Quartale, Diagnosen bei den Versicherten mit alleiniger Abrechnung der Ordinationsgebühr, ? Anzahl und Anteil der Behandlungsfälle, die quartalsüberschreitend abgerechnet werden, an den gesamten Behandlungsfällen eines Vertragsarztes/Psychotherapeuten oder einer ärztlich geleiteten Einrichtung, Anteil der Behandlungsfallzahl mit veranlasster Krankenhauseinweisung, ? Anteil der Kurzlieger an den veranlassten Krankenhauseinweisungsfällen, Diagnosen der Behandlungsfälle mit veranlasster Krankenhauseinweisung, ambulante Behandlungsdokumentation der veranlassten Kurzliegerfälle, Anteil der Behandlungsfallzahl mit veranlasster Überweisung im vertragsärztlichen Bereich, ? Anzahl und Anteil der Behandlungsfälle mit Arbeitsunfähigkeit an allen Behandlungsfällen, durchschnittliche Arbeitsunfähigkeitsdauer je Behandlungsfall.

Die Prüfungsstelle entscheidet aufgrund des vorgelegten Datenmaterials, ob eine Wirtschaftlichkeitsprüfung durchgeführt wird. Diese kann als Durchschnittswertprüfung oder Einzelfallprüfung erfolgen, soweit der Prüfungsgegenstand dies zulässt. Bei festgestellter Unwirtschaftlichkeit trifft die Prüfungsstelle die Entscheidung über eine Prüfmaßnahme. Das eventuelle Widerspruchsverfahren wird nach Punkt 2.4 Prüfablauf, Seite 11, durchgeführt. Abbildung 2: Abläufe im Rahmen der Zufälligkeitsprüfung: Stichprobenziehung unter Berücksichtigung des § 17 Abs. 2 und 3 Prüfvereinbarung durch KVBB Übermittlung der Stichprobenziehung an Prüfungsstelle Übermittlung von Abrechnungs- und Verordnungsdaten durch Krankenkassen und KVBB an Prüfungsstelle, Liste gem. § 17 Abs. 3 PrüfV Entscheidung über Gegenstand und Durchführung der Prüfung durch Prüfungsstelle Entscheidung über Prüfmethode durch Prüfungsstelle Prüfbescheid durch Prüfungsstelle Übermittlung von Prüfbescheid an Vertragsarzt, beteiligte Krankenkassen, Verbände der Krankenkassen und KVBB durch Prüfungsstelle 21


SONSTIGER SCHADEN

6.3 Praktische Relevanz des Prüfverfahrens Für diese Prüfart liegen nur geringe Erfahrungswerte vor. Für das Stichprobenziehungsquartal 1/2007 wurden alle 72 Verfahren durch die Prüfungsstelle eingestellt.

7. Sonstiger Schaden (einschließlich Sprechstundenbedarf) 7.1 Rechtliche Grundlagen und Gegenstand der Prüfung Die vorrangig mit geringeren Regressbeträgen betroffenen Bereiche der sogenannten sonstigen Schäden und des Sprechstundenbedarfs (SSB) finden ihre Rechtsgrundlagen in § 106 SGB V sowie § 48 BMV-Ä/ § 44 EKV und §§ 20, 21 der Prüfvereinbarung. Gegenstand ist meist eine Verletzung des § 34 SGB V oder der Bestimmungen der Arzneimittel-Richtlinie.

7.2 Einleitung und Durchführung Die Krankenkassen richten innerhalb von zwölf Monaten nach Ende des zu prüfenden Quartals ihre Prüfanträge an die Prüfungsstelle. Zu unterscheiden sind: sonstige Schäden nach § 20 Prüfvereinbarung = Verstoß gegen das ? Wirtschaftlichkeitsgebot bei Auftragsleistungen, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, Verordnung von Krankentransport, Krankenhausbehandlung etc., Verstoß gegen Arznei-/Heilmittel-Richtlinien, Off-Label-Use, sonstige Schäden nach § 21 Prüfvereinbarung = absolute Verordnungs? ausschlüsse durch Gesetz oder Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses, sonstige Schäden im Sprechstundenbedarf durch Verordnung unzulässiger ? Mittel. Für die Bereiche Sprechstundenbedarf und sonstige Schäden gemäß § 20 Prüfvereinbarung existiert eine Bagatellgrenze von 50,00 € je Antrag und Quartal. Sollte ein vermuteter Verstoß unterhalb dieses Betrages liegen, ist der Antrag schon aus diesem Grund abzuweisen.

Achtung! Für rechtswidrige Verordnungen gemäß § 21 Prüfvereinbarung greift diese Grenze nicht. 22


§ 20 Abs. 5 Prüfvereinbarung gewährt einen „Erstlingsbonus“. Sofern ein Verstoß im Sprechstundenbedarf oder ein sonstiger Schaden erstmalig „Gegenstand eines Prüfverfahrens“ ist, soll die Prüfungsstelle keinen Regress festsetzen. Dann wird allerdings verlangt, dass der Arzt schriftlich bestätigt, einen Fehler gemacht zu haben und den rechtlichen Rahmen zukünftig beachten zu wollen. Ist ein Bescheid der Prüfungsstelle nach Ansicht des Arztes nicht korrekt, weil hier keine Unwirtschaftlichkeit vorliegt oder das Mittel im konkreten Einzelfall verordnungsfähig war, so steht ihm der Rechtsbehelf des Widerspruchs zu (Muster siehe Punkt 11, Seite 39). Sollte auch die Entscheidung des Beschwerdeausschusses über den Widerspruch nicht zu dem aus Sicht des Arztes (oder auch der Krankenkassen) gewünschten Erfolg führen, so kann Klage vor dem Sozialgericht erhoben werden. Dies gilt allerdings nicht in den Fällen des sonstigen Schadens nach § 21 Prüfvereinbarung (rechtswidrige Verordnung). Hier hat der Arzt nur die Möglichkeit, Klage beim zuständigen Sozialgericht zu erheben. Der Beschwerdeausschuss kann nicht angerufen werden.

7.3 Praktische Relevanz des Prüfverfahrens Seit 2005 wurden bisher 7.335 Prüfverfahren zur Feststellung eines sonstigen Schadens eingeleitet. Die Prüfung des Sprechstundenbedarfs wird seit 2008 von der Prüfungsstelle durchgeführt. Seitdem wurden nach Angaben der Prüfungsstelle bisher 1.213 Verfahren eröffnet (Stand: 22.07.2010).

7.4 Verordnung außerhalb der Zulassung – (Off-Label-Use) Krankenkassen müssen Arzneimittel im Rahmen ihrer Zulassung finanzieren, wenn sie nicht bestimmten Ausschlüssen unterliegen. Über den Rahmen der Zulassung hinaus sind sie nicht verpflichtet, die Kosten zu übernehmen. Ein Grundsatzurteil des Bundessozialgerichts (BSG) aus dem Jahr 2002 nimmt zu den Voraussetzungen Stellung, unter denen eine Verordnung außerhalb der Zulassung ausnahmsweise möglich ist: 1. lebensbedrohlicher Zustand oder Krankheit, die die Lebensqualität nachhaltig beeinflusst, 2. keine zugelassenen, therapeutischen Alternativen, 3. begründete Aussicht auf Erfolg (zum Beispiel durch bevorstehende Zulassungserweiterung). Es gibt sicher Konstellationen, insbesondere im Bereich Onkologie oder Neonatologie, die alle drei Kriterien erfüllen. Die Problematik der Arzneimitteltherapie außerhalb der Zulassung wirft jedoch noch viele juristisch bisher nicht 23


hinreichend geklärte Fragen auf. Insbesondere an der Schnittstelle von stationärer und ambulanter Versorgung, aber auch nach der Vorstellung beim Facharzt, erhält der weiterbehandelnde Arzt zuweilen Therapieempfehlungen, die über den Rahmen der Zulassung der betreffenden Arzneimittel hinausgehen, denen er indessen nicht ohne eigene Prüfung der Voraussetzungen der Verordnungsfähigkeit des nicht zugelassenen Arzneimittels nachkommen darf. Um bei neuen oder weniger bekannten Arzneimitteln den Status der Zulassung zu überprüfen, sollte zuerst ein Blick in die betreffende Fachinformation geworfen werden. Sie allein gibt rechtlich verbindlich Auskunft darüber, ob eine Zulassung für eine bestimmte Indikation vorliegt. Die Zulassung bezieht sich nicht allein auf die Indikation, sondern auch auf Darreichungsform, Dosierung, Dauer der Anwendung sowie das Alter oder Geschlecht des Patienten. Die Zulassung setzt auch den Rahmen für notwendige bzw. mögliche Kombinationstherapien. Neben den leistungsrechtlichen sind auch die haftungsrechtlichen Aspekte zu beachten. Nach § 84 Arzneimittelgesetz (AMG) ist die Haftung durch den Hersteller bei etwaigen gesundheitlichen Schäden auf den „bestimmungsgemäßen Gebrauch“ des Arzneimittels beschränkt. Bei Anwendung außerhalb der Zulassung geht diese Produkthaftung auf den verordnenden Arzt über. Bei allen Anwendungen im Off-Label-Bereich sind eine sorgfältige Dokumentation und eine vorherige Abklärung mit der jeweiligen Krankenkasse ratsam. Um Regressforderungen zuvorzukommen, empfehlen sich zwei Vorgehensweisen: 1. Vor der Verordnung des für den konkreten Fall nicht zugelassenen Arzneimittels ist bei der zuständigen Krankenkasse ein begründeter Antrag auf Vorabprüfung der Leistungspflicht zu stellen (Darlegung zu den o. g. Punkten 1. bis 3., Muster Seite 36). Nur bei Zustimmung durch die Krankenkasse zur Verordnung entfällt das Regressrisiko für den Arzt! 2. Bei fehlender Zustimmung erfolgt die Verordnung auf Privatrezept. Dem Patienten bleibt die Möglichkeit, seine Ansprüche auf Kostenerstattung gegenüber der Krankenkasse durchzusetzen. Seit Herbst 2002 hat das damalige Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMSG) die Einrichtung einer Expertengruppe zur Anwendung von Arzneimitteln außerhalb des zugelassenen Indikationsbereiches angeordnet.

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PRAXISBESONDERHEITEN

Die Verordnung von zugelassenen Arzneimitteln in nicht zugelassenen Anwendungsgebieten ist ausnahmsweise zulässig, wenn: 1. die Expertengruppe nach § 35b Abs. 3 Satz 1 SGB V mit Zustimmung des pharmazeutischen Unternehmers eine positive Bewertung zum Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Anwendung dieser Arzneimittel in den nicht zugelassenen Indikationen oder Indikationsbereichen als Empfehlung abgegeben hat und 2. der Gemeinsame Bundesausschuss die Empfehlung in die ArzneimittelRichtlinie übernommen hat (Anlage VI Teil A).

Eine umfassende Dokumentation (vor allem der bisher angewandten Behandlungsmethoden und deren Erfolge) ist wichtigste Voraussetzung, um in einem Off-Label-Use-Prüfungsfall erfolgreich zu sein. Wir empfehlen dringend die Einbeziehung des Kostenträgers (Musterbrief Seite 36).

8. Praxisbesonderheiten für Arznei- und Heilmittel Praxisbesonderheiten sind nach § 10 der Prüfvereinbarung objektive Gegebenheiten, welche für die Vergleichsgruppe von der Art oder dem Umfang her nicht typisch sind und kausal einen höheren Behandlungsaufwand und/oder erhöhte Verordnungskosten hervorrufen. Sie sind regelmäßig durch eine bestimmte Patientenstruktur charakterisiert. Im Land Brandenburg gibt es Praxisbesonderheiten, die mit den Krankenkassen vereinbart sind (Anlage 2 der Prüfvereinbarung) und die vor Einleitung eines Richtgrößenprüfverfahrens aus dem Verordnungsvolumen herausgerechnet werden (sogenannte 99iger Nummern). Die Richtgrößen der einzelnen Fachgruppen wurden ohne diese Praxisbesonderheiten berechnet. Nicht alle Arzneimittelgruppen der Anlage 2 der Prüfvereinbarung können automatisiert bereinigt werden, zum Beispiel: 99314 – Mukoviszidosebehandlung, 99315 – Dialyse und Prädialyse, 99316 – Substitution Opiatabhängiger, 99319 – HIV-Begleitmedikation, 99323 – Sondennahrung bei PEG-Anlage, 99324 – parenterale Ernährung. Für diese Praxisbesonderheiten muss der Vertragsarzt die überdurchschnittlich hohen Verordnungskosten im Prüfverfahren selbst darstellen, damit sie als Praxisbesonderheit oberhalb des Fachgruppendurchschnittes anerkannt werden. 25


Für die Berücksichtigung der Arzneimittelverordnungen im Rahmen von DMP's (99336 - 99340) ist die Nennung der eingeschriebenen Patienten notwendig (Versichertennummer). Diese kann die Praxis selber vornehmen oder aber die KVBB damit beauftragen, eine Auflistung der Patienten an die Prüfungsstelle zu übermitteln. Für die Erstellung eines Datenträgers für die Prüfungsstelle ist die beigefügte Erklärung zur Befreiung von der Schweigepflicht an die KVBB zu senden. Das Wirtschaftlichkeitsgebot gilt auch für die Arzneimitteltherapie innerhalb der Indikationen der 99iger Nummern! Zusätzlich zu den Praxisbesonderheiten der Anlage 2 der Prüfvereinbarung können vom Vertragsarzt weitere Praxisbesonderheiten vorgetragen werden. Dazu gehören zum Beispiel überdurchschnittlich viele Patienten mit Asthmatherapie, Osteoporose, Thromboseprophylaxe einschließlich Bridging, teure Migränepatienten, Rheumapatienten oder Ernährungsfälle ohne PEG-Sonde und andere. Wir empfehlen, die Arzneimittel-Frühinformation der KVBB zu nutzen, um hier Mehrkosten im Vergleich zur Fachgruppe zu identifizieren.

Die Anerkennung von Praxisbesonderheiten obliegt immer den Prüfgremien. Die quartalsweise Einreichung der Praxisbesonderheiten entbindet den Vertragsarzt nicht davon, diese im Prüfverfahren darstellen zu müssen.

Es gibt eine Reihe von Urteilen des Bundessozialgerichts, die zur Anerkennung von Praxisbesonderheiten Stellung beziehen (z. B. außergewöhnlich niedrige Fallzahl, viele Überweiserfälle, Spezialisierung der Praxis, hoher Rentneranteil, schwere Fälle oder Unterversorgung am Praxisstandort). Die vom Arzt geltend gemachten Praxisbesonderheiten müssen dabei die außergewöhnlich hohen Kosten kausal bedingen. Zur Erklärung von Mehrkosten können kompensatorische Effekte herangezogen werden. So können hohe Arzneimittelkosten auf der einen Seite mit weniger Krankenhauseinweisungen, Heilmittelkosten, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen oder geringerer Beanspruchung des Notdienstes kombiniert sein. Ein Vertragsarzt hat im Rahmen der Entscheidung der Prüfgremien Anspruch auf Beachtung der nachgewiesenen kompensatorischen Effekte. Mehrkosten können durch Praxisbesonderheiten im Prüfverfahren gerechtfertigt werden, weshalb man diese quartalsweise dokumentieren sollte, um sie in (zum Teil Jahre später stattfindenden) Wirtschaftlichkeitsprüfungen als Argumentationsquelle nutzen zu können.

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PRAXISBESONDERHEITEN

Auflistung der Praxisbesonderheiten nach Anlage 2 der Prüfvereinbarung, Stand: 01.01.2010 1. Arzneimittel Medikamentengruppe ? Immunsuppressiva ? Insuline und Blutzuckerteststreifen ? Substitution von Plasmafaktoren, ab dem Verordnungsjahr 2010 unter besonderer Beachtung wirtschaftlicher Bezugswege ? Therapie mit Virostatika bei HIV ? Orale und parenterale Chemotherapie bei Tumorpatienten einschließlich der für diese Indikationen zugelassenen Hormonanaloga und Zytokine ? Antiepileptika bei Verordnung durch Nichtneurologen ? Enzymersatztherapie und Arzneimittel bei seltenen Krankheiten (Orphan drugs) mit folgenden Wirkstoffen: Agalsidase alfa, Agalsidase beta, Alglucosidase alfa, Galsulfase, Imiglucerase, Idursulfase, Laronidase, Carglumsäure, Mercaptamin, Miglustat, Natrium-Phenylbutyrat, Nitisinon, 4-Hydroxybuttersäure-Na-Salz ? Interferon-/Glatiramer-Therapie bei Multipler Sklerose ? Arzneimitteltherapie der Hepatitis B und C mit dafür zugelassenen Virostatika ? Arzneimitteltherapie der Mukoviszidose ? Arzneimitteltherapie bei Dialyse- bzw. Prädialysepatienten ? Substitution Opiatabhängiger nach der „Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung“ mit für die Substitution verordnungsfähigen Arzneimitteln einschließlich Rezepturzubereitungen ? Wachstumshormone ? Sonstige Interferone ? Therapie behandlungsbedürftiger Begleiterkrankungen bei HIV-Infektionen ? Erythropoetin-/Darbepoetin-Behandlung bei renaler bzw. Chemotherapieinduzierter Anämie ? Behandlung schwerer Schmerzzustände mit Opiaten (BTM) ? spezifische parenterale Immuntherapie allergischer Erkrankungen mittels Hyposensibilisierung ? Einsatz von Diätpräparaten und Krankenkost bei PEG-Sondenträgern entsprechend Arzneimittelrichtlinie ? Parenterale Ernährung ? Behandlung der chronisch-entzündlichen Polyarthritis/Morbus Crohn mit TNF á-Inhibitoren ? Diagnose und Therapie mit Gonadotropin Releasing Hormonen ? Antiparkinsonmittel bei Verordnung durch Nichtneurologen

Symbolnummer 99301 99303 99304 99305 99306 99307 99310

99312 99313 99314 99315 99316

99317 99318 99319 99320 99321 99322 99323 99324 99325 99326 99330

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PRAXISBESONDERHEITEN

1. Arzneimittel Medikamentengruppe ? Verteporphin für die Photodynamische Therapie im Rahmen der zugelassenen

Indikation ? Palivizumab zur Prävention von RSV-Erkrankungen im Rahmen der zugelassenen Indikationen ? leitliniengerechter Einsatz von Arzneimitteln zur medikamentösen Behandlung von eingeschriebenen Versicherten durch teilnehmende Vertragsärzte gemäß Vertrag zur Durchführung des strukturierten Behandlungsprogramms (DMP) Chronisch obstruktive Lungenerkrankungen (COPD) ? leitliniengerechter Einsatz von Arzneimitteln zur medikamentösen Behandlung von eingeschriebenen Versicherten durch teilnehmende Vertragsärzte gemäß Vertrag zur Durchführung des strukturierten Behandlungsprogramms (DMP) Diabetes mellitus Typ 2 ? leitliniengerechter Einsatz von Arzneimitteln zur medikamentösen Behandlung von eingeschriebenen Versicherten durch teilnehmende Vertragsärzte gemäß Vertrag zur Durchführung des strukturierten Behandlungsprogramms (DMP) Asthma bronchiale ? leitliniengerechter Einsatz von Arzneimitteln zur medikamentösen Behandlung von eingeschriebenen Versicherten durch teilnehmende Vertragsärzte gemäß Vertrag zur Durchführung des strukturierten Behandlungsprogramms (DMP) Koronare Herzkrankheit ? leitliniengerechter Einsatz von Arzneimitteln zur medikamentösen Behandlung von eingeschriebenen Versicherten durch teilnehmende Vertragsärzte gemäß Vertrag zur Durchführung des strukturierten Behandlungsprogramms (DMP) Brustkrebs ? leitliniengerechter Einsatz von Arzneimitteln zur medikamentösen Behandlung von eingeschriebenen Versicherten durch teilnehmende Vertragsärzte gemäß Vertrag zur Durchführung des strukturierten Behandlungsprogramms (DMP) Diabetes mellitus Typ 1 ? Arzneimittel bei pulmonaler Hypertonie im Rahmen der zugelassenen Indikation

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Symbolnummer 99333 99334 99335

99336

99337

99338

99339

99340

99350


PRAXISBESONDERHEITEN

2. Heilmitteltherapien zur Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten Medikamentengruppe ? Heilmitteltherapie als Ersatz für Frühförderungen ? Physikalische Therapie von Erkrankungen nach Diagnosegruppe EX4 ? Physikalische Therapie von Erkrankungen nach Diagnosegruppen ZN1 und ZN2 ? Physikalische Therapie der Mukoviszidose nach Diagnosegruppe AT3 ? Physikalische Therapie von Erkrankungen nach Diagnosegruppe LY3 ? Podologische Therapie von Erkrankungen nach Diagnosegruppe DF bei der Behandlung von eingeschriebenen Versicherten durch teilnehmende Vertragsärzte gemäß Vertrag zur Durchführung des strukturierten Behandlungsprogramms (DMP) Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2 ? in den Verordnungsjahren 2008 und 2009: Ergotherapie ? ab dem Verordnungsjahr 2010: Ergotherapie von Erkrankungen nach Diagnosegruppen EN1, EN2, EN3, EN4 ? in den Verordnungsjahren 2008 und 2009: Logopädie ? ab dem Verordnungsjahr 2010: Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie von Erkrankungen nach Diagnosegruppe SP5

Symbolnummer 99371 99372 99373 99374 99375 99376

99328 99328

99329 99329

Die Arzneimittelgruppen beziehungsweise Heilmitteltherapien gemäß den Symbolnummern: 99314, 99315, 99316, 99319, 99323, 99324, 99335, 99336, 99337, 99338, 99339, 99340, 99371 und 99376 sind technisch nicht zu bereinigen und somit nicht Bestandteil der Arzneimitteldatei gemäß § 10 Abs. 3 Satz 4 der Prüfvereinbarung.

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ZUSAMMENFASSUNG

9. Zusammenfassung Arznei- und Heilmittelregresse empfindet der Arzt psychologisch als besonders schmerzhaft: Der Patient erhält das Arznei- bzw. Heilmittel, der Apotheker oder Physiotherapeut das Geld und der Arzt bezahlt. Bleibt die Frage, wie man es besser machen könnte. Muss das finanzielle Risiko auch weiterhin beim Vertragsarzt bleiben? Der Gesetzgeber erwartet durch Prüfungen Einsparungen, die so aber seit Jahren nicht realisiert wurden. Deshalb gibt es zahlreiche Überlegungen, das System der Prüfungen zu reformieren. Das geht bis zur Forderung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung nach Abschaffung der Richtgrößenprüfungen. Der Fokus soll auf Qualität und leitlinienorientierte sowie indikationsgerechte Arzneimitteltherapie gerichtet werden. Die Vertragsärzte können sich der Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht entziehen, denn sie haben sich mit ihrer Zulassung zugleich zur wirtschaftlichen Verordnung verpflichtet, also ihren Patienten auf Kosten der Krankenkassen nicht etwa die beste und teuerste, sondern eine zweckmäßige, ausreichende und medizinisch notwendige und damit wirtschaftliche Versorgung zu gewähren. Sie haben aber nach Kenntnis der Zusammenhänge im Prüfgeschäft die Chance, Regressforderungen erfolgreich zu begegnen.

10. Checklisten Zu Ihrer Unterstützung haben wir nachfolgend Checklisten für Sie erstellt, die Ihnen die Arbeit erleichtern sollen: ? Rationale Arzneimittelverordnung ? Vorbereitung auf Wirtschaftlichkeitsprüfung ? Richtgrößenprüfung

Wenn Sie diese exakt durcharbeiten, sind Sie für die Wirtschaftlichkeitsprüfung gut gerüstet.

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CHECKLISTEN

10.1. Rationale Arzneimittelverordnung - Checkliste für das Praxisteam 1.

Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel nach § 34 Abs. 1 SGB V nicht auf Kassenrezept! Ausnahme nur für: ? Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr (unter Beachtung der Arzneimittel-Richtlinie, Anlage III) ? Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen (unter Beachtung der Arzneimittel-Richtlinie, Anlage III) ? OTC-Ausnahme-Liste (Anlage I der Arzneimittel-Richtlinie)

2.

Beachtung der Verordnungseinschränkungen und –ausschlüsse nach Anlage III ArzneimittelRichtlinie

3.

Ausschluss verschreibungspflichtiger Arzneimittel nach § 34 Abs. 1 SGB V beachten! Nicht verordnungsfähig für Versicherte über dem 18. Lebensjahr sind: ? Arzneimittel bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten (geringe Gesundheitsstörungen) ? Mund- und Rachentherapeutika ? Abführmittel ? Arzneimittel gegen Reisekrankheit ? arztgestützte Selbstmedikation

4.

Keine Verordnung von Arzneimitteln zur Erhöhung der Lebensqualität! (Anlage II der Arzneimittel-Richtlinie): ? zur Behandlung der sexuellen Dysfunktion ? zur Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz ? zur Raucherentwöhnung ? zur Abmagerung ? zur Verbesserung des Haarwuchses ? zur Verbesserung des Aussehens

5.

Keine Verordnung von Arzneimitteln der Negativliste nach § 34 Abs. 3 SGB V!

6.

Arzneimittel-Richtlinie beachten, denn jede nicht zugelassene Abweichung kann zum Regress führen: unbedingt exakte Dokumentation bei Verordnung!

7.

Therapiehinweise zur wirtschaftlichen Verordnungsweise einzelner Arzneimittel nach Anlage IV der Arzneimittel-Richtlinie beachten!

8.

Exakte Diagnostik, gezielte Therapie und lückenlose Dokumentation beachten!

9.

Menge und Packungsgröße der Verordnungen in Kontrolle behalten! (Verordnungsintervalle, Ersteinstellung N1, Dauerverordnung N3)

10.

Verordnung von Generika schützt nicht vor Regress! (auch Generika können unwirtschaftlich sein)

11.

Wunschverordnungen vermeiden (arztgestützte Selbstmedikation, Privatrezept verwenden)!

12.

Sprechstundenbedarf überprüfen - Preisvergleich nutzen!

13.

Therapieempfehlungen aus den Krankenhäusern kritisch prüfen! Die Missachtung gesetzlicher Vorschriften (Verordnungsausschluss) verantwortet der weiterbehandelnde Arzt!

14.

Sonstige Praxisbesonderheiten (außerhalb der 99iger Nummern) dokumentieren! (zum Beispiel Osteoporose, Asthma, Thromboseprophylaxe, enterale Ernährung)

15.

Verordnung von Arzneimitteln zulasten der GKV nur im Rahmen der Zulassung, sonst Genehmigung der Krankenkasse notwendig (Off-Label-Use)!

16.

Polypragmasie vermeiden – mit zunehmender Zahl der verordneten Präparate sinkt die Compliance und steigen die Kosten, Vorsicht Interaktionen!

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CHECKLISTEN

10.2 Vorbereitung auf Wirtschaftlichkeitsprüfung - Checkliste Fristen 1.

Ist die Frist von zwei Jahren (Richtgrößenprüfung) bzw. von vier Jahren (alle anderen Prüfarten) zwischen Abschluss des geprüften Verordnungszeitraumes und Erlass eines Prüfbescheides eingehalten?

2.

Habe ich die Frist für die Stellungnahme (zwei Monate) oder Widerspruchsfrist/Klagefrist (ein Monat) eingehalten?

Datenplausibilität 3.

Sind die im Prüfverfahren vorgelegten Daten plausibel und vollständig? (Vergleich mit eigener Dokumentation, Frühinfo) Stimmt die Größenordnung mit den Vorjahren überein?

Eigenvergleich 4.

Bei der quartalsbezogenen Durchschnittswertprüfung: Vergleich der KV-Unterlagen des betreffenden Quartals mit drei Vorquartalen und zwei Folgequartalen (Trend erkennbar?)

Besondere Patientengruppen/Praxisbesonderheiten 5.

Wurden die Praxisbesonderheiten nach Anlage 2 Prüfvereinbarung aus dem Verordnungsvolumen herausgerechnet? Wurden diese in vollem Umfang oder nur anteilig berücksichtigt?

6.

Unterscheidet sich das Patientenklientel von dem der Fachgruppe, Anzahl besonders kostenintensiver Patienten bekannt? - aus Krankenakte zusammenstellen

7.

Medikation der besonders teuren Patienten bekannt? Selbst veranlasst? Von Facharzt oder Klinik veranlasst? Vorgeschichte?

8.

Altersstruktur der Rentner bekannt? -65/ -70/ -75/ -80/ -85/ über 85 Jahre

9.

Begründbare Besonderheiten in der Verordnung? Zum Beispiel Individualrezepturen statt Fertigarzneimittel, Einzeldosen statt Mehrfachentnahme-Behälter, Injektionen statt orale Applikation

10.

Besondere Qualifikation des Arztes rechtfertigt hohe Zahl von Patienten mit bestimmten Krankheitsbildern (Schmerztherapie, Rheuma, Onkologie), Ermittlung der Mehrkosten soweit keine eigene Richtgröße/Vergleichsgruppe existiert

11.

Gibt es Patienten mit extrem seltenen Erkrankungen (seltene Infektionen, Wachstumsstörungen, Immundefekte …)?

12.

Schwerpunktpraxis für besondere Indikationen è Häufigkeitsstatistik der Honorarabrechnung mit Medikation

13.

Aus der Patientenhistorie begründbare Umstellung auf wirksamere Innovationen? è Krankenakte heranziehen, Benennung der Gesamtkosten mit beispielhafter Patientenvorstellung

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CHECKLISTEN

10.2 Vorbereitung auf Wirtschaftlichkeitsprüfung - Checkliste 14.

Viele Überweisungen zur Mitbehandlung?

15.

Gibt es besonders schwere, atypische Fälle wie zum Beispiel enterale Ernährung ohne PEG, Spezialverbände und andere, die einen besonderen Schwerpunkt der Praxis darstellen und einen höheren Anteil von Patienten mit dieser Erkrankung rechtfertigen?

16.

Besondere Praxisbesonderheiten wie zum Beispiel teure Arzneimittel-Therapie bei Migräne, Osteoporose, Asthma, Thromboseprophylaxe, Opioide (außer BTM) oder spezifische Antirheumatika? Darstellung dieser hohen Kosten mit Bezug auf Patientenstruktur (Prüfungsstelle ermittelt die Abweichung zur Fachgruppe!) Kompensationen

17.

Fachgruppenvergleich beim Arzneimittel-Heilmittel-Vergleich – kompensatorische Unterschreitung vorhanden?

18.

Fachgruppenvergleich bei Arbeitsunfähigkeitstagen – kompensatorische Unterschreitung vorhanden?

19.

Fachgruppenvergleich bei Krankenhauseinweisungen – kompensatorische Unterschreitung vorhanden?

20.

Überweisungen an Fachärzte – ländliche Praxen behalten oft die Fälle in ihrer Regie!

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CHECKLISTEN

10.3 Richtgrößenprüfung - Checkliste 1.

Im Prüfverfahren unbedingt Stellung nehmen!

2.

Beim Eingang des Prüfantrages der Prüfungsstelle sofort mitteilen, dass eine „ausführliche Stellungnahme“ folgt, wenn die gesetzte Frist nicht eingehalten werden kann. Damit gewinnen Sie Zeit, sich mit der Situation professionell auseinander zu setzen.

3.

Mit dem Prüfantrag gelieferte Daten-CD auf Vollständigkeit prüfen. Falls diese Daten fehlen, müssen sie von der Prüfungsstelle angefordert werden.

4.

Stimmt die Gesamtverordnungssumme mit anderen Statistiken überein (eigener PC, Frühinfo …)?

5.

Stammen alle Verordnungen von Ihnen (häufig Fehlbuchungen)?

6.

Stammen die Verordnungen aus dem zu prüfenden Kalenderjahr?

7.

Sind Privatrezepte oder Verordnungen aus Integrierter Versorgung/Selektivverträgen zu Unrecht hineingerechnet?

8.

Hat der Apotheker im Rahmen der geltenden Bestimmungen das abgegeben, was Sie verordnet haben?

9.

Stimmen die Fallzahlen mit denen der KV-Abrechnung überein?

10.

Sind auf den Rezepten möglicherweise auch Hilfsmittel oder Impfstoffe verordnet worden, die nicht Gegenstand der Richtgrößenprüfung sind? Diese sind herauszurechnen!

11.

Sind aus der Verordnungssumme die Paxisbesonderheiten nach Anlage 2 der Prüfvereinbarung vor der Prüfung vollständig beziehungsweise anteilmäßig (99314, 99315, 99316, 99319, 99323, 99324, 99371, 99376) herausgerechnet worden?

12.

Analysieren Sie Ihr Patientengut hinsichtlich: ? Altersverteilung (hoher Rentneranteil, freiwillig Versicherte im Rentenalter) ? Problemfälle (Patienten mit besonders kostenintensiver Therapie) ? besondere, für die Fachgruppe nicht typische Krankheitsbilder – Spezialausrichtung ? Fremdfälle durch Ausfall von Ärzten

13.

Haben Sie sonstige Praxisbesonderheiten (außerhalb der 99iger Nummern): ? hohe Kosten bei der Therapie der Migräne, Osteoporose, Asthma, enteraler Ernährung außer PEG, Thromboseprophylaxe, spezielle Rheumatherapie unter Angabe der Verordnungssummen pro Arzneimittelgruppe mit beispielhaften Fällen

14.

Prüfen Sie Ihren Prüfbescheid darauf, ob: ? die 2-Jahres-Frist eingehalten wurde ? die dort ausgeführten Berechnungen in sich schlüssig und widerspruchsfrei sind ? die behaupteten Einsparpotentiale durch Generika-Verordnungen zum Zeitpunkt der Verordnung tatsächlich möglich waren (seit wann gibt es Generika vom Wirkstoff?)

15.

Kompensationsmöglichkeiten angeben (besonders wichtig, wenn Fall vor Sozialgericht landet)

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MUSTERBRIEFE

11. Anhang: Musterbriefe Auf den nächsten Seiten finden Sie folgende Musterbriefe als Kopiervorlagen: ? Anfrage an die Krankenkassen zur Verordnung eines Arzneimittels außerhalb der zugelassenen Indikation (Off-Label-Use) ? Mitteilung an die Prüfungsstelle zur Berücksichtigung teurer Einzelfälle bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung der Arzneiverordnung Widerspruch gegen Arzneimittelregress/Honorarkürzung ?

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MUSTERBRIEFE

Absender/Arztstempel

Vorab per Fax: Krankenkasse

Datum:

Antrag auf Vorabprüfung der Leistungspflicht zur Verordnung des Arzneimittels außerhalb der zugelassenen Indikation (Off-Label-Use)

Sehr geehrte Damen und Herren, Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung haben nach § 2 SGB V einen Anspruch auf Leistungen, die dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen müssen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben. Dieser Standard kann durchaus außerhalb der zugelassenen Indikation eines Arzneimittels liegen. Daher beabsichtige ich die Verordnung des oben genannten Präparates bei der Indikation:

bei Ihrem Versicherten, Frau/Herrn geboren am:

Versichertennummer:

Vormedikation: Die Verordnung erfolgt nach dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse. Dieser lässt sich wie folgt belegen (gegebenenfalls als Anlagen beifügen): Um die bekannte Off-Label-Use-Problematik auszuschließen, bitte ich Sie um kurzfristige schriftliche Bestätigung, dass die Verordnung des oben genannten Arzneimittels für die angegebene Indikation aus Ihrer Sicht nicht beanstandet und in Kenntnis der aktuellen BSGRechtsprechung nicht zu einem Antrag auf Festsetzung eines Regresses beziehungsweise Erstattung eines sonstigen Schadens durch Sie führen wird. Ohne Ihre rechtsverbindliche Zusage bzw. im Fall einer Ablehnung kann ich das Arzneimittel lediglich auf einem Privatrezept verordnen, wozu ich in diesem Fall berechtigt bin. Ihren Versicherten habe ich über die medizinischen und rechtlichen Aspekte eines Off-Label-Use informiert und über die Möglichkeit, sich im Falle Ihrer Ablehnung direkt um eine Kostenerstattung bei Ihnen bemühen zu können. Mit freundlichen Grüßen

Unterschrift

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MUSTERBRIEFE

Absender/Arztstempel

Erklärung der (Krankenkasse) zum Off-Label-Use: Versichertennummer: Versicherter: Arzneimittel: Diagnose: Ja. Wir erkennen unsere Leistungspflicht im vorliegenden Fall an und verzichten darauf, im vorangestellten Einzelfall einen Antrag auf Feststellung eines sonstigen Schadens zu stellen. (Begründung anliegend.) Nein. Wir erkennen keine Leistungspflicht im vorangestellten Fall an. (Begründung anliegend.)

Ort, Datum

Stempel, Unterschrift der Krankenkasse

Erklärung des Patienten zum Off-Label-Use: Hiermit erkläre ich, dass ich von meinem Arzt darüber informiert worden bin, dass das oben genannte Arzneimittel außerhalb der arzneimittelrechtlichen Zulassung bei mir eingesetzt wird und dass ich deshalb beim eventuellen Auftreten unerwünschter Wirkungen nicht mit der Produkthaftung des Herstellers rechnen kann. Ich wurde von meinem Arzt über die medizinischen und rechtlichen Aspekte beim Einsatz dieses Arzneimittels in einem persönlichen Gespräch umfassend informiert. Meine Fragen hierzu habe ich stellen können; diese sind zu meiner Zufriedenheit beantwortet worden. Daher verzichte ich rechtsverbindlich auf die Haftung meines verordnenden Arztes wegen der Anwendung des Arzneimittels außerhalb der Zulassung, sogenannter Off-Label-Use. Ich wünsche die Behandlung mit dem Arzneimittel außerhalb der zugelassenen Indikation. Sollte meine Krankenkasse einer Verordnung auf einem Rezept zu ihren Lasten (Kassenrezept) nicht zustimmen, wünsche ich ausdrücklich eine Verordnung auf einem Privatrezept. Ich bin damit einverstanden, dass mein Arzt diesen Antrag mit meinen persönlichen Daten bei meiner Krankenkasse einreicht.

Ort, Datum

Unterschrift des Patienten

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MUSTERBRIEFE

Absender/Arztstempel

Prüfungsstelle Arbeitsgemeinschaft Wirtschaftlichkeitsprüfung Brandenburg GbR Postfach 60 07 14 14407 Potsdam

Datum:

Berücksichtigung teurer Einzelfälle bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung der Arzneiverordnung Arztnummer: Quartal/Jahr:

Sehr geehrte Damen und Herren, im oben genannten Abrechnungszeitraum hatte ich die im Folgenden genannten kostenintensiven Therapiemaßnahmen durchzuführen, die die Kosten fachgruppentypischer Behandlung erheblich übersteigen. Alle Behandlungen waren medizinisch gesichert indiziert und unabweisbar notwendig. Praxisschwerpunkte sind vor allem: Osteoporosetherapie (Fälle/€) Asthmatherapie (Fälle/€) kostenintensive Migränefälle (€) Thromboseprophylaxe (€) und einige enterale Ernährungsfälle außerhalb der PEG-Sonde Sonstige Arzneimittelgruppen: Anliegend stelle ich zu diesen Verordnungsfällen beispielhaft Einzelfälle dar. Preisgünstigere Alternativtherapien waren nicht möglich beziehungsweise hatten sich als nicht ausreichend wirksam erwiesen. Ich bitte Sie, die genannten Kosten bei einer eventuellen Überprüfung der Wirtschaftlichkeit meiner Verordnungsweise als Praxisbesonderheit zu berücksichtigen. Mit freundlichen Grüßen

Unterschrift Anlage

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MUSTERBRIEFE

Absender/Arztstempel

Prüfungsstelle Arbeitsgemeinschaft Wirtschaftlichkeitsprüfung Brandenburg GbR Postfach 60 07 14 14407 Potsdam

Datum:

Widerspruch gegen Arzneimittelregress/Honorarkürzung Bescheid vom: Arztnummer: Quartal/Jahr:

Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit lege ich fristgerecht Widerspruch gegen oben genannte Maßnahme ein. Meine Widerspruchsbegründung werde ich gesondert nachreichen. Mit freundlichen Grüßen

Unterschrift

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VERRECHNUNG VON REGRESSBETRÄGEN

12. Verrechnung von Regressbeträgen aus Wirtschaftlichkeitsprüfung/Einstweiliger (Vorläufiger) Rechtsschutz/ Anfechtungsklage è Informationsblatt der KVBB für Vertragsärzte 1. Vorbemerkungen Die Rechtmäßigkeit eines durch den Beschwerdeausschuss beschlossenen Regresses können Sie allein durch Klage gegen den erteilten Widerspruchsbescheid innerhalb der in der Rechtsbehelfsbelehrung angegebenen Frist von dem zuständigen Sozialgericht überprüfen lassen (Hauptsacheverfahren). Gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 106 Abs. 5 und 5a SGB V hat die Klage gegen eine festgesetzte Honorarkürzung oder einen Regress aus Richtgrößenverfahren jedoch keine aufschiebende Wirkung. Das heißt, dass der Regress sofort vollzogen werden kann. Dies geschieht regelmäßig durch Verrechnung des Regresses mit den Honoraransprüchen des Vertragsarztes.

1.1 Regressverrechnung laut Verfahrensordnung der KVBB Grundsätzlich erfolgt die Verrechnung des Rückforderungsbetrages zulasten des Honorarkontos in dem nächsten zu erteilenden Honorarbescheid des Vertragsarztes. Über die bevorstehende Verrechnung wird der Vertragsarzt von der Kassenärztlichen Vereinigung vorab informiert.

2. Welche Möglichkeiten bestehen, die Verrechnung zu vermeiden? Voraussetzung für die Vermeidung der Verrechnung eines Regresses ist stets die oben genannte Klageerhebung gegen den Regressbescheid innerhalb der in der Rechtsbehelfsbelehrung angegebenen Frist. Deshalb ist die Einlegung des Rechtsbehelfes gegebenenfalls von existenzieller Bedeutung.

2.1 Der Antrag beim Beschwerdeausschuss Gemäß § 86a Abs. 3 SGG kann jede Stelle, die einen Verwaltungsakt erlassen hat oder die über den Widerspruch entschieden hat, die sofortige Vollziehung des Bescheides ganz oder teilweise aussetzen. Infolge dessen sollte umgehend zunächst beim Beschwerdeausschuss ein Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung des Regressbescheides gestellt werden. Der Beschwerdeausschuss hat eine Interessenabwägung vorzunehmen, das heißt, er hat unter anderem die wirtschaftlichen Interessen der Beteiligten abzuwägen und die Verhältnis40


mäßigkeit der Vollziehung zu prüfen. Bedeutsam ist insbesondere, ob der Vollzug des Regresses zu einer Existenzbedrohung für die Praxis führen würde. Deshalb sollte der Antrag unter Darlegung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Vollziehung begründet werden! Es empfiehlt sich darüber hinaus, die Kassenärztliche Vereinigung von dem Antrag an den Beschwerdeausschuss in Kenntnis zu setzen.

2.2 Der Antrag an das Sozialgericht auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage Unabhängig von der unter 2.1 dargelegten Möglichkeit einer außergerichtlichen Aussetzung des Vollzuges, besteht die Möglichkeit, die drohende Vollstreckung aus dem Prüfbescheid durch einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG zu verhindern. Der Antrag gegen den Beschwerdeausschuss ist an das zuständige Sozialgericht, welches der Rechtsbehelfsbelehrung des Regressbescheides entnommen werden kann, zu richten. Ein Antrag an das Gericht ist auch zulässig, wenn ein entsprechender Antrag an den Beschwerdeausschuss (Pkt. 2.1) zuvor nicht gestellt wurde. Eine Frist hierzu existiert nicht; der Antrag kann auch schon vor Klageeinreichung gestellt werden. Sonderfall Regresse wegen „Sonstigen Schadens“ aufgrund gesetzlich oder durch Richtlinien ausgeschlossener Leistungen Seit dem 1.1.2008 ist in Fällen einer Regressfestsetzung wegen eines „Sonstigen Schadens“ aufgrund gesetzlich oder durch Richtlinien ausgeschlossener Leistungen kein Widerspruch gegen den Bescheid der Prüfungsstelle mehr möglich. Gemäß § 106 Abs. 5 Satz 8 SGB V findet kein Vorverfahren mehr statt, so dass zur Anfechtung der Entscheidung unmittelbar Klage vor dem Sozialgericht einzulegen ist. In diesen Fällen hat die Klage aufschiebende Wirkung, so dass der Regress von vornherein erst nach Bestandskraft des Bescheides, das heißt nach rechtskräftigem Urteil des Sozialgerichts, vollstreckt werden kann. Anträge gemäß Pkt. 2.1 und 2.2 bedarf es in diesen Fällen somit nicht.

3. Begründung eines Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz Auch das Sozialgericht entscheidet über den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage aufgrund einer Interessenabwägung, wie unter Pkt. 2.1 dargelegt. Da der Gesetzgeber in Bezug auf die Bescheide des Beschwerdeausschusses selbst die sofortige Vollziehung angeordnet hat, besteht für das Sozialgericht nur dann Anlass, davon abzuweichen, wenn ein überwiegendes Interesse des Vertragsarztes an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung festzustellen ist. Sie erfolgt daher nur, wenn gewichtige Argumente für eine Ausnahme sprechen. 41


Hieraus folgen besondere Darlegungs- und Beweispflichten für den antragstellenden Vertragsarzt. Je besser und nachvollziehbarer er die Auswirkungen der Verrechnung des Regressbetrages mit seinen Honoraransprüchen seiner Praxis darlegt und unter Beweis stellt, desto höher sind seine Erfolgsaussichten. Mögliche Auswirkungen der Vollziehung des Regresses können beispielsweise sein: Existenzbedrohung der Praxis, Entlassung von Mitarbeitern, Kreditkündigung, Einschränkung des Leistungsangebotes. Die bislang vorliegenden Entscheidungen der Sozialgerichte bestätigen, dass ein Antrag nur bei Vorlage aller im Detail aufgeschlüsselten Praxiseinnahmen und -ausgaben Erfolg haben kann. Im Einzelnen: Maßgeblich sind die prognostizierten Einnahmen für die entsprechenden Quartale. Alle Einnahmen, auch zum Beispiel Umsätze aus privatärztlicher Tätigkeit, Vortragshonorare, Gewinne aus Vermietung, Verpachtung sind anzugeben. Geltend gemachte prognostizierte Praxiskosten, Ausgaben und Abzüge (zum Beispiel Einkommenssteuer, Sozialversicherung) müssen glaubhaft gemacht und belegt werden. Versicherungen/Tilgungsraten/Darlehen/Steuern/Pacht müssen in Einzelpositionen aufgeschlüsselt und belegt werden! Die gesamte Einkommenssituation des Antragstellers ist glaubhaft darzulegen, Vermögensverhältnisse sind aufzulisten. Dazu gehören Angaben über Unterhaltsansprüche Dritter (Ehefrau, Kinder) oder weitere private Verbindlichkeiten. Erheblich ist auch, ob gegebenenfalls der Ehepartner zum Lebensunterhalt beitragen kann. Die meisten der erforderlichen Angaben können zum Beispiel durch die aktuelle Gewinn- und Verlustrechnung des Steuerberaters glaubhaft gemacht werden.

4. Verfahrensausgang Folgt aus den oben genannten Daten, dass dem Vertragsarzt zur Bestreitung des Lebensunterhaltes nicht genügend Mittel zur Verfügung stehen und die Praxis einer Existenzbedrohung ausgesetzt ist, ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage erfolgversprechend.

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Beispiele: Bei einem Regressbetrag von ca. 47.000 € wurde ein verfügbares Netto? einkommen von monatlich ca. 4.000 € nachgewiesen und anerkannt. Der Regressbetrag würde den Arzt mit monatlich 3.965 € belasten. Die beabsichtigte Verrechnung hätte somit existenzbedrohende Wirkung, der Antrag war nach der Entscheidung des Sozialgerichts begründet (AZ: S1 KA 234/06 ER). Ein bestehender Regressbetrag von 56.000 € sollte in den nächsten vier ? Quartalen zu je 14.000 € mit dem Honorarbescheid verrechnet werden. Die bei Regressverrechnung monatliche Mehrbelastung von 4.600 € würde die pro Monat verbleibenden Einkünfte um 471 € übersteigen. Die beabsichtigte Verrechnung hätte somit existenzbedrohende Wirkung. Den Antrag sah das Sozialgericht als begründet an (AZ: S1 KA 164/07 ER). Möglich sind indessen auch Entscheidungen, mit denen nur befristete Aussetzungen des Vollzuges getroffen werden oder aber eine Festlegung der Verrechnung von Teilbeträgen.

5. Gerichtskosten Das sozialgerichtliche Verfahren bei Streitigkeiten zwischen Vertragsärzten und dem Beschwerdeausschuss, den Kassenärztlichen Vereinigungen oder Krankenkassen ist für den Vertragsarzt nicht kostenfrei. Es entstehen gerichtliche und gegebenenfalls außergerichtliche Kosten. Die Höhe der Gerichtskosten bestimmt das Gerichtskostengesetz (GKG). Die Gerichtskosten bemessen sich nach dem jeweiligen Streitwert, der in der Regel dem streitigen Regressbetrag entspricht. Dieser wird im einstweiligen Rechtsschutzverfahren jedoch durch die Gerichte je nach wirtschaftlicher Bedeutung in der Regel herabgesetzt. Die gerichtlichen und die außergerichtlichen Kosten werden zwischen den Beteiligten des Verfahrens im Verhältnis ihres Obsiegens beziehungsweise Unterliegens aufgeteilt.

5.1 Gerichtskostenübersicht bei der Beantragung des einstweiligen Rechtsschutzes im sozialgerichtlichen Verfahren Die Höhe der Gebühren richtet sich meist nach dem Streitwert gemäß § 34 GKG. In der Regel fallen Gerichtskosten in Höhe der 1,5fachen Gebühr an (Hauptsacheverfahren: 3fache Gebühr).

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Stand: 1.1.2010, Beispiele: (alle Werte in EURO) Streitwert

300,00 1.200,00 5.000,00 10.000,00

Gerichtskosten

Streitwert

Einstweiliger Rechtsschutz

Hauptsacheverfahren

37,50 82,50 181,50 294,00

75,00 165,00 363,00 588,00

Gerichtskosten Durchschnittswertprüfung

25.000,00 50.000,00 125.000,00

466,50 684,00 1.434,00

Hauptsacheverfahren 933,00 1.368,00 2.868,00

6. Stundung oder Erlass Mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG) ist zum 1. Januar 2004 § 106 Abs. 5c in das SGB V eingefügt worden. Danach setzt die Prüfungsstelle den den Krankenkassen zustehenden Regressbetrag fest und die von den Krankenkassen an die Kassenärztliche Vereinigung zu entrichtende Gesamtvergütung aller Vertragsärzte verringert sich um den entsprechenden Betrag. Die Kassenärztliche Vereinigung hat einen Rückforderungsanspruch gegen den Vertragsarzt. Soweit der Vertragsarzt nachweist, dass ihn die Rückforderung wirtschaftlich gefährden würde, kann die Kassenärztliche Vereinigung diese entsprechend § 76 Abs. 2 Nr. 1 und 3 SGB IV stunden oder erlassen. Ein Antrag bei der Kassenärztlichen Vereinigung auf Stundung oder Erlass setzt die Bestandskraft des Bescheides des Beschwerdeausschusses voraus. Bevor also nicht feststeht, in welcher Höhe der Regress und damit eine Rückzahlungsverpflichtung überhaupt besteht, kann die Kassenärztliche Vereinigung über derartige Anträge nicht entscheiden. Die Verrechnung des Regressbetrages kann bei offenen Klageverfahren daher allein über die unter 2.1 und 2.2 dargestellten Verfahren verhindert werden. Ist der Regressbescheid bestandskräftig, entscheidet die Kassenärztliche Vereinigung nach Vorliegen eines entsprechenden Antrages über eine Stundung oder den Erlass des Regressbetrages. Gemäß § 76 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV darf die Kassenärztliche Vereinigung Ansprüche nur stunden, wenn die sofortige Einziehung mit erheblichen Härten für den Vertragsarzt verbunden wäre und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet wird. Der Erlass eines Anspruchs darf nach Nr. 3 der Vorschrift nur erfolgen, wenn die Einziehung der Forderung nach Lage des Einzelfalles unbillig wäre. Beides setzt demnach eine vergleichbare Prüfung der Auswirkungen der Verrechnung wie unter Ziffer 3 beschrieben voraus. Der Vertragsarzt hat der Kassenärztlichen Vereinigung somit zur Bearbeitung des Antrages alle oben genannten Unterlagen zur Verfügung zu stellen, die vollständig Auskunft über seine wirtschaftliche Situation geben. 44


STICHWORTVERZEICHNIS

13. Stichwortverzeichnis A Abrechnung 12, 15, 16f, 20f, 32, 34, 38 Anfechtungsklage 40 Arbeitsunfähigkeit 19, 21f, 26,33 Arzneimittel 10, 15, 23ff, 26ff, 31, 33, 35f, 37, 39 Arzneimittelregress 35, 39 Arzneimittel-Richtlinie 8, 22, 25, 31 B Bescheid 10f, 12, 14, 18, 21, 23, 32, 34, 39f Beschwerdeausschuss 9ff, 12, 14, 18, 23, 40f, 43f

Missverhältnis, offensichtliches 16f N Negativliste 31 O Off-Label-Use 22f, 25, 31, 35f, 37

D Durchschnittswertprüfung 9f, 15ff, 17, 21, 32, 44

P Praxisbesonderheit 10, 12ff, 18, 25ff, 29, 31 Prüfablauf 10f, 21 Prüfgremien 10, 14, 26 Prüfungsstelle 9f, 11, 13f, 16f, 18, 20ff, 23, 26, 33f, 35, 38f, 41, 44 Prüfungszeitraum 20 Prüfvereinbarung 8f, 11f, 13, 15, 16ff, 23, 25ff, 27, 29, 32, 34

E Einzelfallprüfung 9f, 15, 17f, 19 Ergotherapie 29

R Rechtsschutz, einstweiliger 40f, 43f Richtgrößenprüfung 10, 12f, 15, 19, 30, 32, 34

F Fachgruppe 13f, 15, 17, 26, 32f, 34 Fachgruppendurchschnitt 16, 25

S Sonstiger Schaden 10, 22, 23 Sozialgericht 11f, 14, 23, 26, 34, 40ff, 43 Sprechstundenbedarf 12, 22f, 31 Stichprobe 9, 20f, 22 Symbolnummer 27f, 28

C Checklisten 30ff, 34

G Gerichtskosten 12, 14, 43f Gesamtfallwert 16 H Häufigkeitsstatistik 32 Heilmittel 10, 12, 15, 19, 22, 25f, 29f, 33 Honorarkürzung 10f, 35, 39f I Indikation 24ff, 28, 30, 32, 35f, 37 Interventionsberatung 10f, 14, 17 K Kompensation 33f Kostenerstattung 12, 24, 36 Krankenhauseinweisung 19, 21, 26, 33 L Logopädie 29 M Maßnahme 10f, 14, 39 Mehraufwand 14 Minderaufwand 17

T Therapiehinweis 8, 31 U Übergangszone 16f Überweisung 19, 21, 33 Überschreitung 9, 12f, 14, 16f Unwirtschaftlichkeit 15ff, 18, 21, 23 V Vergleichsgruppe 15f, 18, 20, 25, 32 Verordnung 8ff, 14, 18ff, 25, 27, 29ff, 38 Verordnungskosten 13f, 25 W Widerspruch 10f, 12, 14, 18, 21 23, 32, 35, 39f, 41 Widerspruchsbescheid 10f, 40 Wirtschaftlichkeitsprüfung 9f, 11, 15, 19f, 21, 26, 30, 32, 35, 38f, 40 Z Zufälligkeitsprüfung 9f, 18ff, 21

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Servicenummern der KV Brandenburg Zentrale Service-Einwahl Informationsdienst Fortbildung Abrechnungsberatung Formularbestellung Formularbestellung Fax Benutzerservice DatenNerv/KV SafeNet Betreuung Beiräte und neue Mitglieder Bereitschaftsdienst–Management Bereitschaftsdienst–Management Fax Beratung zu Verordnungen u. Wirschaftlichkeitsprüfung Betriebswirtschaftliche Beratung Niederlassungsberatung

018 01 /58 22 43 – 0* 018 01 /58 22 43 – 1* 018 01 /58 22 43 – 2* 018 01 /58 22 43 – 3* 018 01 /58 22 43 – 5* 018 01 /58 22 43 – 4* 018 01 /58 22 43 – 6* 018 01 /58 22 43 – 7* 018 01 /58 22 43 – 9* 018 01 /58 22 43 – 8* 0331 / 23 09 – 602 0331 / 23 09 – 280 0331 / 23 09 – 320

* 0,039 Euro pro Minute aus dem Festnetz, maximal 0,42 Euro pro Minute aus den Mobilfunknetzen.

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Impressum Herausgeber Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg Gregor-Mendel-StraĂ&#x;e 10/11 14469 Potsdam Internet www.kvbb.de E-Mail info@kvbb.de Vorstand Dr. med. Hans-Joachim Helming (ViSP) MUDr./CS Peter Noack Dipl.-Med. Andreas Schwark Autoren UB 1/Fachbereich Verordnungs- und Wirtschaftlichkeitsberatung/Beschwerde Redaktion Anke Lucko UB 5/Fachbereich Marketing/Service Gestaltung Christine Krasel UB 5/Fachbereich Marketing/Service Druck MSD SHARP & DOHME GMBH Redaktionsschluss September 2010


Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg Landesgeschäftsstelle Gregor-Mendel-Straße 10-11 14469 Potsdam www.kvbb.de


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