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DAS SCHWERE SCHICKSAL DES STEFAN BLUMTRITT
ODER: EINE GESCHICHTE VOM LEBEN AUF DER ÜBERHOLSPUR UND FALSCHEN FREUNDEN
Stefan Blumtritt (46) findet die Worte nicht. Er will mir erzählen, wann er festgestellt hat, dass mit ihm etwas nicht stimmt, doch ohne seine Frau geht es einfach nicht, so sehr er sich auch bemüht. Nur eine kleine Narbe am Kopf über der linken Schläfe zeugt äußerlich von seinem Schicksal, das ein schweres ist. Dass ihm so etwas passieren könnte, hätte er sich gewiss vor zwei Jahren nicht träumen lassen, als er mit viel Glanz und Gloria seinen neuen Friseursalon „Blumtritt and friends“ auf dem Ostwall eröffnete. Zahlreiche Stars und Sternchen kamen 2010 nach Krefeld, um mit Schampus und Odövre den Starfigaro zu feiern. Es war eine rauschende Partynacht mit vielen Freunden. Die Krönung eines Lebens, das er bis dahin ausschließlich auf der Überholspur führte. Er hatte alles: Eine tolle Frau, Geld, zwei Kinder und viele Kunden. Aber vor allem eines: Gesundheit.
Doch dann traf ihn die Diagnose unvermittelt und hart: Krebs. Blumtritt wirkt müde. Die vergangenen Monate haben ihre Spuren hinterlassen. Trotzdem bemüht er sich um Haltung. Er sieht so aus, wie man sich einen Friseur der High-Society vorstellt. Unter seinem anthrazitfarbenen Sakko trägt er ein paillettenbesticktes Shirt, die mit funkelndem Strass besetzte Gürtelschnalle in Totenkopfoptik schreit förmlich nach Beachtung. Sein Haar trägt er gescheitelt, auf der einen Seite ist es länger als auf der anderen. Ein moderner Schnitt, wie nicht anders zu erwarten. Sein Laden ist leer, es ist Montag. Nur wenig erinnert an frühere Zeiten, als sich hier das Who-is-Who der nordrhein-westfälischen Prominenz traf. Er legt den Kopf zur Seite und denkt nach. Gerne will er mir ausführlich erzählen, wie es in seinen Anfangsjahren war. Doch immer wieKR-ONE // 6
der gerät er ins Stocken, sucht nach Begriffen, schaut hilfesuchend zu seiner Frau, die wie ein zweites Ich fast unaufgefordert die Sätze ergänzt. Es gibt Menschen, die müssen jahrelang nach ihrer Bestimmung suchen, driften von Job zu Job, oder von Studium zu Studium. Das war bei Stefan Blumtritt ganz anders. „Ich hatte mich mit 17 Jahren für drei Monate kurz in der Gastronomie ausprobiert“, sagt er, „aber ich wusste ziemlich schnell, dass das nichts für mich ist.“ Schon immer hatte er eine besondere Verbindung zum Schönen. Ein ausgeprägtes Gespür für Ästhetik und eine emphatische Gabe. „Als ich damals das erst Mal im Friseursalon meines damaligen Ausbilders stand, wusste ich sofort: Das ist es, damit will ich mein Leben lang zu tun habe“, sagt er mit leuchtenden Augen. Innerhalb von nur anderthalb Jahren beendet er