Umsetzung der neuen Eigenkapitalvorschriften („Basel IV“) bei
der Münchener Hypothekenbank
Client Story
Ab 2025 gelten neue Vorschriften zur Ermittlung der risikogewichteten Aktiva für Banken. Risikosensitivere Standardansätze sollen die notwendige Eigenmittelausstattung näher am tatsächlichen Risikoprofil der Bankgeschäfte ausrichten. Neben der reinen Ermittlung relevanter aufsichtlicher Kennziffern geht es insbesondere auch um die Weiterentwicklung der IT-Infrastruktur und die Integration in die Gesamtbanksteuerung. Die Münchener Hypothekenbank (MHB) hat sich diesen Herausforderungen in einem mehrjährigen Umsetzungsprojekt frühzeitig gestellt.
© 2023 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Aktiengesellschaft nach deutschem Recht und ein Mitglied der globalen KPMG-Organisation unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Limited, einer Private English Company Limited by Guarantee, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
Übersicht Basel IV
Im Oktober 2021 hat die EU-Kommission einen ersten Entwurf für ein umfassendes Bankenpaket veröffentlicht, das wesentliche Teile der Capital Requirements Regulation („CRR III“) und Capital Requirements Directive („CRD VI“) anpasst. Ziel ist die Stärkung der Widerstandsfähigkeit des EU-Bankensektors gegen zukünftige Krisen. Zugleich soll ein Beitrag geleistet werden zur Überwindung der wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie und zum Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft. Der Entwurf bildet die Basis für den im März 2023 begonnenen Trilog mit EU-Rat und EU-Parlament.
Im Kern setzt das Bankenpaket die schon im Dezember 2017 auf Ebene des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht beschlossene Vollendung der BaselIII-Reformen („Basel IV“) um und setzt damit den vorläufigen Schlusspunkt unter die Bestimmung der Angemessenheit von Eigenmittelausstattung und Risikomanagement von Banken. Dabei geht es vor allem um die Ermittlung der risikogewichteten Aktiva (RWA), insbesondere für das Kreditrisiko und das operationelle Risiko sowie den sogenannten „Output-Floor“ zur Limitierung von Entlastungseffekten durch die Anwendung interner Modelle auf die Eigenmittelanforderung.
Der Kommissionsentwurf ist geprägt von dem Willen, sich einerseits eng an den Basler Vorschlägen zu orientieren und andererseits europäische Besonderheiten zu berücksichtigen. Nach der politischen Einigung im Trilog mit Rat und Parlament Ende Juni 2023 verbleiben den Banken noch etwa eineinhalb Jahre zur Umsetzung. Die Umsetzung der risikosensitiveren Kapitalansätze erfordert die Anpassung von Methoden und Meldewesenstrecken bei deutlich höherer Granularität von Daten und starken Wechselwirkungen mit dem Kreditgeschäft.
Gemäß der letzten von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Auswirkungsanalyse sinkt die harte Kernkapitalquote der teilnehmenden Banken um circa 4,5 Prozentpunkte. Sowohl große als auch mittlere Banken sind besonderes vom RWA-Anstieg betroffen. Dieser wird stark durch Einführung des Output Floors getrieben, der meist ab dem dritten Jahr der CRR-IIIAnwendung greift. Bereits jetzt sind die Auswirkungen in einer mehrjährigen Eigenmittelplanung zu berücksichtigen und die Auswirkungen auf das Produkt- und Kreditnehmerportfolio sowie die Risikotragfähigkeit zu prüfen. Gerade in der langfristigen Immobilienfinanzierung sind die Folgen des RWA-Anstiegs für die Eigenmittelkosten und die Zinskonditionen zu analysieren.
Über die Münchener Hypothekenbank (MHB)
Die Münchener Hypothekenbank (MHB) ist eine von der EZB unmittelbar beaufsichtigte Bank, die auf die langfristige Finanzierung von Wohn- und Gewerbeimmobilien spezialisiert ist. Ihre Märkte sind Deutschland, weitere Staaten Westeuropas und die USA. Die private Wohnimmobilienfinanzierung betreibt sie als Mitglied der Genossenschaftlichen FinanzGruppe vor allem mit den Volksbanken und Raiffeisenbanken. Hinzu kommt die Zusammenarbeit mit Maklerplattformen in Deutschland und Österreich sowie einem Kooperationspartner in der Schweiz. Die gewerbliche Immobilienfinanzierung wird als Vermittlungsgeschäft mit den Volksbanken und Raiffeisenbanken betrieben und bei großvolumigen Finanzierungen als Direktgeschäft und Konsortialgeschäft. Die Refinanzierung erfolgt insbesondere über Hypothekenpfandbriefe, die von Moody’s mit der Bestnote AAA geratet werden. Die MHB weist eine Bilanzsumme von rund 52 Milliarden Euro und eine harte Kernkapitalquote von 19,0 Prozent (per 31.12.2022) auf.
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Ausgangssituation
Aufgrund der zentralen Bedeutung für die zukünftige Eigenmittelplanung hat die MHB bereits im Jahr 2019 eine Vorstudie mit Unterstützung von KPMG aufgesetzt, in der auf Basis der Empfehlungen des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht von 2017 strukturiert die betroffenen Themenfelder und Handlungsbedarfe untersucht wurden. Ziel war die rechtzeitige Identifikation der wesentlichen Herausforderungen gegenüber dem Status quo der Steuerung von Eigenmitteln und Risiken und die Erarbeitung eines langfristigen Umsetzungsplans.
Da die Bank im Kreditrisiko für den Großteil des Kreditportfolios den auf internen Ratings basierenden Ansatz (IRBA) verwendet, war von Anfang an die besondere Bedeutung des Output Floors offensichtlich. Daher wurden die Effekte im Standardansatz (KSA) für alle Forderungsklassen detailliert untersucht, sowohl methodisch (RWA-Kalkulationsverfahren) als auch prozessual (Folgen für Kreditprozesse in Markt und Marktfolge).
Hinsichtlich des neuen Standardansatzes (SMA) für das operationelle Risiko war frühzeitig bekannt, dass die relevanten Daten aus dem Finanzwesen abgeleitet werden können. Zudem galt es aufgrund der neuen Handelsbuchabgrenzung, eine potenzielle Handelsbucheigenschaft weiterhin durch entsprechende Produktausgestaltungen und Prozesse im Handelsgeschäft strikt auszuschließen.
Die Vorstudie zeigte deutlich auf, in welchem Umfang die MHB von „Basel IV“ betroffen ist und ergab detaillierte Aktivitätenpläne zur Adressierung der wesentli-
chen Handlungsfelder. Der Schwerpunkt der Aktivitäten liegt auf der Behandlung der Immobilienfinanzierungen, insbesondere der „CRR III-konformen“ Sicherheitenbewertung, deren Details sich erst im Laufe des Trilog-Verfahrens klärten. Darüber hinaus wurde ein Umsetzungsplan erstellt, in dem die Struktur des Umsetzungsprojektes, notwendige Ressourcen und Meilensteine sowie Zuständigkeiten festgelegt wurden.
Lösungsansatz
Mit Vorlage des Kommissionsentwurfes einer Umsetzung in Europa besteht seit Oktober 2021 eine Basis für eine stabilere Umsetzungsplanung. Die MHB hat dies im Jahr 2022 zum Anlass genommen, die Umsetzung basierend auf den Ergebnissen der Vorstudie zu starten. Vorgesehen sind:
• ein Projektstrang zur Sicherstellung der Meldefähigkeit ab 2025
• die übergreifende Koordination aller Aktivitäten im Haus
• die Befassung mit den strategischen Aspekten der CRR-III-Umsetzung
„Uns war von Anfang an wichtig, die CRR III ganzheitlich zu betrachten und die Auswirkungen auf unsere Geschäfts- und Risikostrategie zu berücksichtigen“,
sagt Richard Graf, MHB-Gesamtprojektleiter und stellvertretender Leiter Rechnungswesen der MHB.
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So baut die Bank nicht nur auf den Ergebnissen als Teilnehmer des regelmäßigen „Basel-Monitorings“ auf, sondern hat im Rahmen des Umsetzungsprojektes auch detaillierte Auswirkungsabschätzungen des RWA-Anstiegs auf die Preisgestaltung einzelner Wohn- und Gewerbeimmobilienportfolios im In- und Ausland vorgenommen. Seit vielen Jahren sind regulatorische Steuerungskennziffern, so auch die Verschuldungsquote, wichtige Vorgaben für das weitere Geschäftswachstum der MHB.
„Die detaillierte Prognose der Eigenmittelkosten für unsere Immobilienportfolios versetzt uns in die Lage, die Auswirkungen der CRR III auf unser Geschäftsmodell transparent zu machen“,
konstatiert Ulrich Scheer, Vorstand und CFO der MHB. Darauf aufbauend plant die Bank weitere Maßnahmen, wie zum Beispiel die fortlaufende Aktualisierung der Abschätzungsrechnungen, die Beobachtung des Verhaltens von Wettbewerbern unter anderem bezüglich Konditionen und Zielquoten, die Integration in die eigene Preisgestaltung und den sogenannten ICAAP, die Überprüfung der Geschäfts- und Risikostrategie sowie der eigenen Modelllandschaft als IRB-Anwender.
Des Weiteren ist für die Sicherstellung der Meldefähigkeit eine enge Zusammenarbeit der Zentralstäbe wie Finanzen und Risikocontrolling mit den Marktund Marktfolgebereichen integraler Bestandteil des Projekts. Dabei ist zu bedenken, dass mehr Risikosensitivität des KSA eine höhere Granularität von Daten und eine stärkere Verzahnung mit den Kreditprozessen bedeutet und deshalb eine RWA-schonende Umsetzung ohne Einbeziehung der Kreditbereiche praktisch nicht möglich ist. So sind Privilegierungen in der RWA-Ermittlung, zum Beispiel bei sogenannten ADC-Finanzierungen, oder die Vermeidung der Einstufung als „teurere“ IPRE-Finanzierungen nur unter kreditprozessualen Voraussetzungen zu heben. Diese wurden detailliert in Workshops mit den Kreditbereichen erarbeitet.
Am Markt lassen sich erste Kommunikationen von Banken über RWA-Effekte und Anpassungen von Zieleigenmittelquoten feststellen. CRR-III-Effekte werden seit 2022 bereits in die Geschäfts- und Mittelfristplanung eingerechnet. Das Umsetzungsprojekt hat bereits die konkreten Effekte auf RWA und Eigenmittelquote transparent gemacht.
„Wir wollen jetzt die Basis legen, um über die methodische und zeitliche Integration in die Preisgestaltung unserer einzelnen Immobilienportfolios und unsere zukünftige Zieleigenmittelquote eine Entscheidung herbeizuführen“, beschreibt Johann Götz, Projektauftraggeber und Leiter Rechnungswesen der MHB, das weitere Vorgehen.
Ausblick
Die zunehmende Konkretisierung der CRR III im Rahmen des fortgeschrittenen Trilogs erlaubt den Banken, noch bestehende Unsicherheiten über die zukünftigen Vorgaben zu beseitigen. Die MHB wird die fachlichen Vorgaben weiter spezifizieren und daraus IT-nahe Vorgaben ableiten, um insbesondere Veränderungsbedarf am (Bestands-)Datenhaushalt frühzeitig zu erkennen. Eine Umsetzung im Meldewesen erfolgt mit der Standardsoftware BAIS von msg for banking ag. Dabei ist der Bank bewusst, dass aufgrund ausstehender EBA-Standards bis weit in das Jahr 2024 mit weiteren Konkretisierungen zu rechnen ist.
Kontakt
Thilo Kasprowicz
Partner, Financial Services
T +49 69 9587-3198
tkasprowicz@kpmg.com
KPMG AG
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
The SQUAIRE/Am Flughafen
60549 Frankfurt am Main
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www.kpmg.de/socialmedia
Die enthaltenen Informationen sind allgemeiner Natur und nicht auf die spezielle Situation einer Einzelperson oder einer juristischen Person ausgerichtet. Obwohl wir uns bemühen, zuverlässige und aktuelle Informationen zu liefern, können wir nicht garantieren, dass diese Informationen so zutreffend sind wie zum Zeitpunkt ihres Eingangs oder dass sie auch in Zukunft so zutreffend sein werden. Niemand sollte aufgrund dieser Informationen handeln ohne geeigneten fachlichen Rat und ohne gründliche Analyse der betreffenden Situation. Die Ansichten und Meinungen in Gastbeiträgen sind die des Interviewten/Studienteilnehmers/Verfassers* und entsprechen nicht unbedingt den Ansichten und Meinungen von KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Aktiengesellschaft nach deutschem Recht.
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