Hamburger Klönschnack - Oktober '10

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HAUSBESUCH

Das Gebäude-Ensemble an der Elbtreppe, für viele Bewohner seit Jahrzehnten Heimat, ist vom Abriss bedroht

Uli Panknin, Ex-Gastwirt und Musiker

Anders leben, anders wohnen Wenige Menschen bleiben sich und ihrer Musik so treu wie der ehemalige „Zwiebel“-Wirt. Er hat trotz schwer angeschlagener Gesundheit seinen humoristischen Blick auf die Welt bewahrt.

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er bürgerliche Innenarchitektur à la Schöner Wohnen schätzt, der wird kaum Freude an Uli Panknins Zuhause finden. Schallplatten, Stereo-Anlage, Möbel, Zigaretten-Päckchen, Bücher, Flaschen und allerlei Krimskrams bilden ein bunt-chaotisches Potpourri, wie von einem durchgeknallten Installationskünstler erdacht. Sollte es je einen Staublappen gegeben haben, wurde er schon vor Jahren als verschollen gemeldet. Äußeres war dem Hausherren noch nie wichtig. Seit Jahrzehnten trägt Uli Panknin Haar und Bart lang. Mode verabscheut der gelernte Bierbrauer so wie Karl Lagerfeld vermutlich Adiletten. Wenn der 60-jährige Uli, sein Nachname interessierte kaum einen seiner Gäste, heute sein Leben Revue passieren lässt, dann gibt es zwei große Themen. Da ist als erstes die „Zwiebel“. Sie wurde 1968 als Musikkneipe von zwei Kunststudenten begründet und konnte sich mit Blues und irischer Musik lange gegen modische Trends behaupten. Spätabends kamen Künstler wie Vince Weber, Axel Zwingenberger, Inga Rumpf oder

Lucius von den „Truck Stops“, setzen sich zu Uli an den Tresen oder ans Klavier. Lange könnte Uli von seinen Gitarren, den vielen Liedern, den „Dubliners“, Charles Bukowski oder Wolf Biermann erzählen. Doch so wenig der langjährige Wirt imponieren will, versucht er durch große Namen zu beeindrucken. Gern spricht er von den irischen Abenden, mit ihm an der Gitarre, seinen monatelangen Reisen nach Irland, Tibet oder seinen beiden Claims in Kanada. Fast noch lieber aber erzählt Uli Witze, die er damals wie heute für viele Lebenslagen parat hält. Ein klein wenig bitterer wird der Ton, als es um den Niedergang der „Zwiebel“ und seinen einstigen Freund und Kompagnon Woller geht. Der verbrachte nach dem Tritt eines Asylsuchenden vom Wohnschiff sein restliches Leben im Rollstuhl. „Der Täter bekam zwei Jahre auf Bewährung, vor der Berufungsverhandlung verschwand er.“ Alte Geschichten müssen allerdings in diesen Tagen hintanstehen, denn heute geht es um die Zukunft seines Zuhauses. Gerade erst wurden innerhalb weniger Tage 2.000

Unterschriften für ein Bürgerbegehren für den Erhalt des Gebäudeensembles Heuburg an der Elbtreppe gesammelt. Enttäuscht ist Uli dabei von den Grünen. „Olaf Scholz war der einzige, der sich für uns eingesetzt hat.“ Wer gesundheitlich angeschlagen ist, den trifft es besonders hart, wenn er den Platz verliert, wo er seit 35 Jahren lebt. Uli Panknin denkt aber auch an das ganz große Ende. Das erwartet der „Zwiebel“Wirt so entspannt wie er sein bisheriges Leben nahm. „Im Großen und Ganzen bin ich zufrieden. Vielleicht hätte ich noch gern mit ein paar Frauen geschlafen oder wäre mit einem Mädchen auf Reise gegangen.“ Autor: helmut.schwalbach@kloenschnack.de

ZUR PERSON Uli Panknins Name wird in die Hamburger Kneipengeschichte eingehen. Denn das Lokal „Zwiebel“ war hamburgweit eine der ersten deutlich anderen Kneipen. Jahrzehntelang sang der heute 60-Jährige zur Gitarre irische Lieder. Zuletzt im Irish Rover am Großneumarkt. Krankheit zwang ihn, sein Instrument in die Ecke zu stellen.


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