10 minute read

Erstmals: Zwei Frauen

Teilen das Schicksal: Siegfried Nagl und Mario Eustacchio Sich selbst zu Fall gebracht KAGes-Chef Tscheliessnigg „wurde zurückgetreten“

Im Oktober sorgte „Kleine-Zeitung“-Journalist Bernd Hecke mit Enthüllungen über geheime Extragagen aus der FPÖ-Klubförderung, sprich Steuergelder, an den Grazer Parteichef Mario Eustacchio und seinen Klubobmann Armin Sippel für helle Aufregung im Funktionärskader und in der Landespartei. Refl ex der beiden: Man sei Opfer einer rufschädigenden Kampagne. Rücktritte wurden ausgeschlossen. Man werde die Sache intern aufklären und damit basta.

Advertisement

Doch FPÖ-Landeschef Mario Kunasek wusste um die Brisanz solcher „Spesenenthüllungen“, die auch Heinz-Christian Strache letztendlich zu Fall brachten. Er ordnet daher eine Prüfung der Grazer FP-Finanzen durch Rechnungsprüfer an und informiert die Medien.

Als dann am 31. Oktober auch andere Medien nachstoßen und von „Zahlungen der Grazer FPÖ an ihre Burschenschaften aus dem Steuertopf“ berichten, ist der Rücktritt der Grazer FPÖ-Doppelspitze Eustacchio/Sippel besiegelt. Einen Tag später weitete sich die Affäre aus. FPÖ-Finanzreferent Matthias Eder gab zu, im Laufe der letzten Jahre rund 500.000 Euro aus der Klubkassa für persönliche Zwecke abgezweigt zu haben.

Seine stärkste Phase hatte Mario Eustacchio als Oppositionspolitiker und mit seinen Attacken auf Bürgermeister Siegfried Nagl. 2009 hatten ihn, den Banker und Quereinsteiger, die FPÖ-Kameraden mit 93 Prozent zum Grazer FPÖ-Obmann gewählt. Weil seine Vorgängerin Susanne Winter mit ihrer Islam-Hetze im Wahlkampf 2008 bundesweit für Aufregung und Schlagzeilen gesorgt hatte.

Bei der Wahl 2012 konnte er 15.733 Grazer (13,75 Prozent) für die FPÖ gewinnen, im Jahre 2017 waren es sogar knapp 20.000 Stimmen (15,86 Prozent). Nach der Wahl kam es zu einer Koalition mit Nagl und der „Agenda 22“ als Programm. Es sollte der Anfang vom Ende für beide sein. Vor zwei Monaten bei der Gemeinderatswahl schaffte er dann den Sitz in der Stadtregierung nur noch hauchdünn. Siegfried Nagl wurde bekanntlich auch am 26. September 2021 als Nummer 1 abgewählt, von Neo-Bürgermeisterin Elke Kahr entzaubert. In einer einsamen Entscheidung hatte er – ohne Notwendigkeit – die für das Jahr 2022 planmäßige Wahl vorverlegt und sich damit selbst zu Fall gebracht. Das Geschehen ist an Peinlichkeit kaum noch zu überbieten. Da war den Verantwortlichen seit Wochen, ja Monaten, bekannt, dass KAGesChef Karlheinz Tscheliessnigg nicht geimpft war. Und sie haben das akzeptiert. Auch wenn er sich selbst nie direkt dazu geäußert hat, wie die meisten der Chefi täten in der KAGes und ihren Spitälern. Diese plädieren ja, dass nur noch Mitarbeiter ihren Dienst versehen dürfen, welche die 2G-Regel erfüllen – also Genesene oder Geimpfte. Nur Getestete müssen damit zu Hause bleiben und fürchten den Verlust ihres Jobs. Der Druck auf diese Gruppe von Mitarbeitern ist so groß, dass sich diese „zwangsweise impfen“ lassen. KAGes-Chef Karlheinz Tscheliessnigg ist diese Form der Nötigung erspart geblieben. Durch eine Indiskretion kam seine Impf-Verweigerung an die Öffentlichkeit. Nicht, dass er nicht an die Gefährlichkeit von Corona glaube, er persönlich hatte als erfahrener Herz-Chirurg nur Zweifel, dass die Impfstoffe für ihn die beste Lösung und damit der beste Schutz wären. Er wartete also noch zu auf den schon viel zitierten Tot-Impfstoff, der bei älteren Menschen mit Vorerkrankungen angeblich noch weniger Risiko in sich trage als Pfi zer und Co. Es ist enttäuschend, dass Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer kein klares, offenes Wort zum auch durch ihn erzwungenen Rückzug von Karlheinz Tscheliessnigg gefunden hat. Schon wieder ein Beispiel dafür, dass die ehrliche, offene Information und Kommunikation in Corona-Sachen nicht gegeben ist. Was wäre dabei, wenn Hermann Schützenhöfer den Steirern die „volle Wahrheit“ über den blitzartigen Rücktritt zugemutet hätte? So aber klingt seine Formulierung irgendwie verlogen, wenn er sagt: „Karlheinz Tscheliessnigg war die BESTE Wahl für die Führung der KAGes. Als Vorstandsvorsitzender seit März 2013 hat er in den fast neun Jahren seiner Tätigkeit UNGLAUBLICH VIEL geleistet. Karlheinz Tscheliessnigg wird im Dezember 75. Ich nehme seinen Rückzug mit Respekt vor seiner Lebensleistung und mit meinem Dank für die FRUCHTBRINGENDE ZUSAMMENARBEIT zur Kenntnis.“ Diese „fruchtbringende Zusammenarbeit“ – es gab sie auch seit Beginn von Corona im Jahr 2020, also schon vor knapp zwei Jahren – führte nun dazu, dass der nie pfl egeleichte Mediziner von einer Stunde auf die andere „zurückgetreten wurde“. Aber, wie passt dieser „Rauswurf“ mit Tscheliessniggs gewürdigter Lebensleistung zusammen?

Keine offenen, klaren Worte von LH Schützenhöfer

Foto: Werner Stieber

Gab‘s noch nie Grazer Bürgermeisterin verzichtet auf großen Teil ihres Gehalts

14.300 Euro brutto im Monat stehen – und das 14 Mal im Jahr – einem Grazer Bürgermeister als Gage zu. Mit der neuen Bürgermeisterin Elke Kahr wird sich diese gesetzliche Bestimmung nicht verändern. Doch Elke Kahr setzt auch als Bürgermeisterin ein Zeichen. Sie hat schon als Stadträtin einen Teil ihres Monatseinkommens in einen Sozialfonds eingezahlt. Diesen gibt es in der KPÖ seit 20 Jahren und bisher wurden zwei Millionen in diesen Topf von den KPÖ-Funktionären einbezahlt. Elke Kahr begnügte sich als Stadträtin mit 1.950 Euro netto. Künftig wird sie, so hat sie angekündigt, im Monat 2.200 Euro netto für sich behalten. Der Rest ihrer Bürgermeister-Brutto-Monatsgage von 14.300 Euro wandert in den von der KPÖ verwalteten Sozialfonds.

KLIPP & KLAR

Streit „Eine Demokratie, in der nicht gestritten wird, ist keine Demokratie.“ Helmut Schmidt

Mittun

aus Angst

Die Gruppe der Corona-Impfbefürworter ist vielschichtig. Die Überzeugten fürchten keine negativen Folgen. Daneben gibt es auch viele, die anders denken und ticken, aber doch mit tun. Sie lassen sich impfen, weil die Medien es empfehlen – zu ihrem Schutz und Schutz von anderen. Und dann jene, die alles aus Angst tun: angesteckt zu werden und damit zu erkranken, auf der Intensivstation zu landen, sozial ausgegrenzt zu werden, private Kontakte zu verlieren, keine Restaurants, Kinos, Theater, Museen mehr besuchen zu können, diskriminiert zu werden, letzten Endes vollkommen isoliert zu sein, als asozial zu gelten, beschimpft zu werden, als Angsthase zu gelten, als verbohrt, stur und unbelehrbar abgestempelt zu werden, und, und.

Auch wenn ich in Vielem nicht übereinstimme, sehe ich als Bürger und als Journalist meine Aufgabe darin, dazu beizutragen, dass die Meinungen, Argumente und Standpunkte auch jener gehört, gelesen und nicht verschwiegen werden. Alles andere wäre bei einem so entscheidenden, die Gesellschaft spaltenden Thema mit meinem Verständnis auf das Grundrecht für Meinungsfreiheit nicht zu vereinbaren. Denn wo der kritische Diskurs fehlt, ist die Zensur nicht mehr weit – und gleichzeitig regiert die Angst, welche, kräftig geschürt durch anhaltende Panikmache, viele Zeitgenossen kopfl os macht und absonderliche Blüten treibt.

Bei allem was uns heilig ist!

Wo bitte leben wir?

Diese Frage stellten sich zwei Familienväter, als sie vergangenen Samstag auf der Demonstration gegen die Maßnahmen der Regierung mitmarschierten. Mit mulmigem Gefühl machten wir Demo-Greenhorns uns samt weiteren Freunden auf den Weg nach Wien. Keiner von uns war bislang jemals in Versuchung geraten, sich so etwas anzutun.

Die Angst vor Ausschreitungen war groß und mit im Gepäck kreisende Geistesblitze um den fatalen ersten Schuss von West-Berlin 1967, der Mann, welcher sich 1989 den Panzern in der Nähe des Tian’anmenPlatzes in den Weg stellte, etc. Der Wille ein Statement zu setzen, war jedoch stärker, ein Unbedingter. Das kürzlich verkündete Maßnahmenpaket der Regierung hat bei uns, wie bei vielen anderen Menschen eine derartige Bestürzung ausgelöst, dass wir nicht anders konnten. Das ewige Gezerre an unseren Familien und Kindern muss ein Ende haben.

Wir alle wissen, dass es um eine ernstzunehmende Krankheit geht, jedoch verstehen wir die skrupellose Vorgehensweise der Proponenten nicht mehr. Es muss doch schon jedem ins Gesicht strahlen, dass der prä-

Der offi zielle Blick zurück: hunderttausende im Jahr 1938

Quelle: Online-Ausstellung der Österreichischen Mediathek (mediathek.at) Foto: Sammlung Paul Macku

Bei allem was uns heilig ist!

sentierte Leuchtturm, der Gamechanger in Form der Impfung das Problem nicht allein lösen kann. Nun haben wir in Wien bei der Demo am Heldenplatz direkt vor Ort mit eigenen Augen gesehen, wie Spaltung und Hetze entstehen und obendrein geschürt werden!

35.000 Menschen sollen es gewesen sein? Einige in unserer Nähe waren schon beim Lichtermeer 1993 dabei. Damals haben 300.000 Menschen eine Lichterkette gegen das Ausländervolksbegehren der FPÖ gebildet. „Der Platz war gleich voll wie heute“, sagten sie. Und wir erleben es heute auch. Rund 1 Stunde und 20 Minuten brauchte der DemoZug, um eine markierte Stelle zu passieren. Auf einer Länge von 100 Metern gehen ca. 600 bis 1.000 Demonstrierende vorbei und bei fünf bis sechs Kilometern Länge kann sich jeder ausrechnen, wie viele Menschen es tatsächlich waren.

Auch fi elen „zufällig“ die Webcams der Stadt Wien aus, als sich der Platz richtig füllte. Ständig war ein Polizeifahrzeug mit dem laufenden Schriftzug unterwegs, wonach nicht gefi lmt und keine Fotos verwendet werden dürfen. Uns wurde schmerzhaft bewusst, dass wirklich alles unternommen, nichts unversucht bleibt, diese friedliche Demonstration ins schlechte Licht zu rücken. Wo bitte leben wir? Die eine Seite darf offensichtlich alles. Lügen, betrügen, diktieren, verzerren, zurechtrücken, erniedrigen, spalten, manipulieren, hetzen ... Man nutzt jedes Detail für Stimmungsmache. Gleichsam sollen wir einfaches Volk möglichst ruhig sein, wenn man uns, wie Pferden die Zügel anzieht, uns die Daumenschrauben fester dreht, uns wie unseren Kindern die Luft zum Atmen nimmt, Pfl eger mit Todesengeln gleichsetzt werden oder ungeimpfte Menschen als „schäbig“ abstempelt?

Nein, bei uns gab es keine Krawalle, keine brennenden Autos und bei so vielen Menschen lediglich 10 Festnahmen in Summe, wobei zum Glück weder Polizisten noch Demonstranten verletzt wurden. Da hat doch jedes Fußballspiel mehr Polizeieinsätze zu bieten. Diese Demonstration als eine mit wüsten Ausschreitungen sowie Übergriffen auf unsere Demokratie darzustellen ist ein starkes Stück! Von einem internationalen Vergleich zu den Niederlanden kann bitte überhaupt keine Rede sein. Das Gegenteil war der Fall. Wir konnten zugegeben nicht alles überblicken, jedoch konnten wir keine brutalen, radikalen Schläger oder andere Extremisten wahrnehmen, was sich ja auch in den wenigen Verwaltungsdelikten widerspiegelt. Wir haben viele Kinder lauthals mit ihren Eltern um Frieden und Freiheit rufen gehört. Uns persön-

Der offi zielle Blick zurück: 300.000 bei der größten Demonstration der Zweiten Republik.

lich hat am meisten erschüttert, als wir am Christkindlmarkt vorbeikamen, wo wir von einigen Leuten aus der 2G-Zone angestarrt wurden. Man kann dieses Gefühl nur schwer beschreiben, doch man ist in Gedanken sofort im dunkelsten Kapitel österreichischer Geschichte. Einigermaßen verwundert waren wir dann aber ehrlich über zahlreiche Demonstranten mit Behinderungen jeglicher Art. Die protestierten, um nicht unter die Räder eines Systems zu kommen, wie man uns erzählte. Offenbar hat man diese Bevölkerungsgruppe auch ganz vergessen. Nein, das ist keine Demokratie mehr, in der wir als aufrechte Menschen uns wohl fühlen.

Weihnachten soll sogar für die bösen Ungeimpften, welche an allem Schuld sind, ausfallen. Von den Bürogebäuden am Heldenplatz prangt hingegen in großen Lettern: Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich und haben ohne Unterschied Anspruch auf gleichen Schutz durch das Gesetz. Ist das nun wirklich noch so? Das sind mehr als besorgniserregende Zustände und ich möchte und kann nur die Worte Charly Chaplins wiederholen: Macht braucht man nur, wenn man etwas Böses vor hat. Für alles Andere reicht Liebe, um es zu erledigen!

Auf der Rückfahrt waren wir positiv gestimmt. Das Gefühl war verfl ogen, dass wir allein und machtlos wären. Der Alltag kam aber rasch zurück. Bei einer Pause vor einem Gasthaus hieß es: „Ich möchte den 2G-Nachweis sehen.“ Ein Sich-ausgeschlossenFühlen, wie ich es mit meinen 43 Jahren bisher in Österreich noch

nie erlebt habe. MM