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Gratis-Sex-Stöhnen muss wirklich gratis sein

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Klipp im Gespräch

Klipp im Gespräch

Richtungsweisendes Urteil des Obersten Gerichtshofs gegen das Abzocken bei Mehrwertnummern Gratis-Sex-Stöhnen muss wirklich gratis sein

Wenig bis gar nichts unternahmen die Telekom und andere Netzbetreiber gegen die Inhaber von Sex- und anderen Mehrwertnummern, die ihre Kunden durch verwirrende oder falsche Tarifangaben abzockten. Sie verweigerten die Angaben über den Inhaber mit dem Hinweis auf den Datenschutz. Der Oberste Gerichtshof traf nun ein richtungsweisendes Urteil nach einem mehrjährigen Verfahren gegen die Telekom: Diese muss den Inhaber der Nummer bekannt geben. Somit kann jeder Mehrwertnummern-Inhaber geklagt werden, sobald er mit falschen, betrügerischen oder verwirrenden Angaben arbeitet.

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„Erstritten“ hat dieses Urteil für das European Callcenter mit seiner Zweigniederlassung in Graz der Grazer Anwalt Franz Unterasinger: „Dieses Urteil ist ein Durchbruch, weil die Telekom als Betreiber ja ein Quasi-Monopolist ist.“ Und was sagt das Urteil? „Jeder Netzbetreiber muss künftig Auskunft über den Nummerninhaber geben, wenn dieser gegen Gesetze und Verordnungen verstößt. Für mich wäre das immer selbstverständlich gewesen, nur leider geschah das nicht. Die Telekom agiert da in einer Doppelrolle: Sie will Geschäfte abwickeln, ihre Kunden schützen (weil sie durch diese viel Geld verdient) und andererseits wäre sie aber verpflichtet, über den Inhaber der Nummer Auskunft zu geben.“ Wo mit „gratis“ geworben wird, muss auch gratis drinnen sein. Ist das nicht der Fall, dann ist das unlauterer Wettbewerb. Vor allem in der Sex-Hotline-Branche geschehen solche Vergehen tagtäglich zu hunderten in den diversen Zeitschriften und Tageszeitungen. Dagegen läuft Wolfgang Pöltl, Geschäftsführer des European Callcenter – auch bekannt geworden als Fast-Präsidentschaftskandidat –seit Jahren Sturm. Auch er bietet in seinem Unternehmen SexHotline-Dienste an. Aber: „Ich bin dafür, dass man die Wettbewerbsregeln einhält. Erwachsene können und sollen alles tun, was sie möchten. Aber ich bin klarerweise gegen Geschäfte mit Kindern, die da ebenfalls angeboten werden und kaum von den Gerichten verfolgt oder von irgendjemandem eingeklagt werden.“ Seit sieben Jahren kämpft er mit diversen Klagen gegen die unlauter vorgehende „Kollegenschaft“, aber auch gegen die Telekom an. Bisher berief sich diese auf den Datenschutz mit ihrer Weigerung, die Namen der Inhaber bekannt zu geben. Auch die Justiz zeigte sich nicht interessiert, dagegen vorzugehen, sie ließ die Inhaber und Betreiber dieser Nummern schalten und walten. Obwohl mit freiem Auge erkennbar ist, dass es hier schwerste Verstöße gegen die guten Sitten, aber auch gegen das Pornogesetz gibt. Ganz anders ist die Situation in Deutschland, wo schärfstens und mit hohen Geldstrafen gegen die schwarzen Schafe vorgegangen wird. „Auch in Österreich müssen nun die Netzbetreiber Auskunft geben“, sagt Rechtsanwalt Franz Unterasinger. „Wobei ich nie erkennen konnte, wo da das Schützenswerte war.“ Das wird nun durch das Urteil nicht mehr möglich sein. Warum hat sich die Telekom bisher so verhalten? „Weil sie an den Gebühren Millionen Euro verdient“, so Rechtsanwalt Unterasinger. „Sie wollte natürlich keine Unruhe bei ihren Kunden erzeugen.“

E c h t e r D u r c h b r u c h

Das Urteil des Obersten Gerichtshofes stellt einen echten Durchbruch dar. Den Abzockern unter den Inhabern der Mehrwertnummern kann nun das Handwerk gelegt werden. Wer künftig keine Auskunft erteilt, macht sich gleichsam zum Erfüllungsgehilfen. Ein Standpunkt, den bisher die Gerichte in erster und zweiter Instanz nicht teilen wollten. Der Netzbetreiber muss reagieren, sobald unlautere Handlungen gegen den Wettbewerb oder gar strafrechtliche Handlungen über eine Mehrwertnummer gesetzt werden. In Österreich gelten nun ähnliche Vorschriften wie in Deutschland und in anderen europäischen Ländern. Dort haftet der Inhaber der Nummer mit und das veranlasst die Herrschaften natürlich vorsichtig zu sein. Wolfgang Pöltl: „Es ist nur fair, dass die Telekom nun wirklich Auskunft über die Betreiber geben muss, wenn strafrechtliche Handlungen mit diesen Nummern gesetzt werden. Das bisherige Argument ,Wir müssen unsere Kunden schützen‘ zieht juristisch nicht mehr.“ Rechtsanwalt Unterasinger: „Da ist nichts schützenswert. Das wäre genau so, als wenn man eine GmbH als schützenswert betrachtet und den Verantwortlichen nicht bekannt gibt. Wenn Dienste nicht der Ankündigung entsprechen, muss eine Klagsmöglichkeit gegeben sein; der Oberste Gerichtshof hat diese Möglichkeit jetzt eröffnet. Die Gesetzeslücke müsste aber eigentlich der Gesetzgeber schließen.“ ■

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