2014 Das Jahr in Kleinwachau

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2014

Das Jahr in Kleinwachau.

erlebt. gesehen. erz채hlt.

Jubil채um 125 Jahre Kleinwachau Fantastisches Sommerfest

Umbau beendet Talhaus wieder in Betrieb

Neubau in Sicht Krankenhaus wird erweitert

Mein Foto des Jahres Besondere Augenblicke

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inhalt

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Mein Foto des Jahres Besondere Augenblicke 4, 14, 22, 32, 42 125 Jahre Kleinwachau Fantastisches JubiläumsSommerfest 6 Inklusion durch regionale Netzwerkarbeit 9 Das neue Talhaus Seniorenbetreuung und Therapieangebote 10

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Sicher unterwegs Verkehrserziehung mit Polizei hilft Schülern 16 Wo Farben sich begegnen Gemeinsamer Kunstunterricht macht Spaß 18 Neubau in Sicht Krankenhaus wird erweitert 24 Epilepsie im Handgepäck Ein Weltenbummler erzählt 28 Zuhause mit Glück Ambulantisierungstagung schafft offenen Dialog 34 Neustart mit 60 Jahren Aus der Außenwohngruppe in die eigene Wohnung 37

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Unter Kollegen Ausgelagerte Arbeitsplätze schaffen Zugehörigkeit 44 Mehr Zeit für die Rückkehr ins Arbeitsleben 47 Paso doble wächst 50

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Impressum 55


Liebe Leserinnen, liebe Leser, ich stehe am Gartenhaus und überlege, welche von den Bäumen wohl schon vor 125 Jahren hier gestanden haben, als die Kinder und Diakonissen in das erste Haus Kleinwachaus eingezogen sind. Da spricht mich plötzlich ein Bewohner Kleinwachaus an. „Ich bin glücklich“, sagt Herr M. Darauf frage ich: „Warum?“ Er antwortet und strahlt über das ganze Gesicht: „Wegen allem“. Beneidenswert. Viele Menschen haben in Kleinwachau glückliche Zeiten erlebt und erleben sie heute noch. Sie finden Geborgenheit, können ihre Fähigkeiten entwickeln, leben ihren Glauben. Es gibt viele Gründe, die 125 Jahre Kleinwachau zu feiern. Jeder Grund zum Feiern ist auch ein Grund, unserem Gott zu danken. In unserer neuen Chronik, die Sie nun auch im Internet finden können, sind viele Stationen auf dem Weg von der „Anstalt für epileptische Kinder“ hin zum Sächsischen Epilepsiezentrum zu sehen. Auch die dunklen Zeiten Kleinwachaus werden dabei nicht verschwiegen. Bei allem Wechsel von schweren und guten Zeiten blieb das Gottvertrauen stets der Grundton in unserer Einrichtung. Zeichen eines wahren Glaubens.

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Wir haben Gott hier keine nahe bleibende zu sein Stadt, ist mein sondern Glück. die zukünftige Psalm 73,28 suchen wir. Hebräer 13,14

Deshalb feiern wir auch in der heutigen Zeit sonntags Gottesdienst, deshalb ruft uns die Glocke täglich zum Gebet. Seit der Gründung Kleinwachaus hängt in jedem Haus ein Kreuz. Es erinnert daran, dass Gottes Liebe überall mit uns ist. Viele Zeichen von Gottes Güte haben wir auch in diesem Jahr erlebt. Davon erzählen die Geschichten auf den folgenden Seiten. Ich wünsche Ihnen, dass die Freude von Herrn M., der einfach „wegen allem“ glücklich ist, beim Lesen auf Sie abfärbt.

Ihre Pfarrerin Elisabeth Roth

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„Im Haus angekommen musste jeder seinen neuen Platz finden.�


jeder muss seinen

platz finden D

as Jubiläumsjahr 2014 neigt sich dem Ende, ein Jahr, in dem wir uns als Einrichtung weiter den Menschen öffnen konnten. Viele Besucher kamen zu unserem Jubiläums-Sommerfest am 5. Juli 2014, um gemeinsam mit uns eine stolze Zahl zu feiern: 125 Jahre Kleinwachau. Der Open-Air-Gottesdienst war so gut besucht, dass es schwer war, einen Sitzplatz zu finden. Wir haben uns sehr gefreut, dass wieder viele Gäste aus den Kirchgemeinden des Kirchspiels „Radeberger Land“ bei uns waren. Schließlich haben wir bereits zum dritten Mal auch den Kirchspieltag gefeiert. Selbst der Ministerpräsident des Freistaates Sachsen, Stanislaw Tillich, überbrachte seine Geburtstagsgrüße persönlich. Es war ein fröhlicher Sommertag, dessen Begegnungen und Erinnerungen noch lange in meinem Herzen bleiben werden. Auch Sie können nochmals teilhaben an den Impressionen des Sommerfestes. Besuchen Sie einfach unseren neuen YouTube-Kanal, dort finden Sie ein Video und können so selbst sehen, in welch schöner Umgebung wir hier leben und arbeiten. Die Auswahl für „Mein Foto des Jahres“ fiel mir in diesem Jahr nicht schwer, weil es so viel über unsere Einrichtung sagt. Hier haben Menschen mit Epilepsie und

anderen Behinderungen Heimat gefunden. Hier werden sie von engagierten Mitarbeitern liebevoll betreut und begleitet. Auf der linken Seite sehen Sie Herrn Albert Nürnberger, der schon seit 1955 in Kleinwachau lebt. Er kommt gerade zum ersten Mal in der neuen Seniorenstätte im Talhaus an. Begleitet wird er von Alberto Lama Trujillo, einem unserer freiwilligen Helfer aus Spanien. Während der Andacht in unserer Kirche nahmen die Senioren Abschied vom Gartenhaus. Im Anschluss zogen alle gemeinsam zum Talhaus. Alle wurden von Frau König am Eingang mit einer Rose begrüßt. Im Haus angekommen, musste jeder seinen neuen Platz finden.

Froh bin ich auch, dass viele Bauarbeiten abgeschlossen wurden. Das Brunnenhaus ist komplett renoviert und barrierefrei, die Küche strahlt in einem einladend freundlichen Ambiente. 2015 wird der Erweiterungsbau des Krankenhauses beginnen. Wir hoffen, dass wir damit ein ganzes Stück zur Verbesserung der medizinischen Versorgung von Menschen mit Behinderungen in unserem Land beitragen können. Schließlich sind es gerade diese Menschen, für die wir seit 125 Jahren da sind. Martin Wallmann Geschäftsführer

Und so müssen auch wir als Einrichtung immer wieder unseren Platz finden. Dabei sind wir auch auf Unterstützung von außen angewiesen. Die Freiwilligen der „Initiative Christen für Europa“ sind mittlerweile für uns unverzichtbar geworden. Sie sind tatkräftige Helfer. Mit ihrem jugendlichen Charme helfen sie uns, manchmal auch einfach das Lachen nicht zu vergessen. Und wenn ich junge Menschen aus Russland und aus der Ukraine hier in Kleinwachau gemeinsam am Mittagstisch sehe, dann lacht mein Herz ganz besonders.

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Fantastisches Sommerfest: Die Jubiläumsfeier 125 Jahre Kleinwachau begeisterte zahlreiche Besucher.

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igentlich sollten es 125 Luftballons werden, die zum Abschluss des Gottesdienstes in den Himmel steigen. Doch der überwältigende Besucheransturm färbte die Festwiese vor dem Brunnenhaus schon zu Beginn der Feier in komplett blaue Farbe. Rollstuhlfahrer schmückten ihre Fortbewegungsgeräte mit den heliumgefüllten Werbematerialien, als würden sie am liebsten mit ihnen abheben wollen. Zum Abschluss des Festgottesdienstes gab es eine stimmgewaltige Premiere: Bewohner, Mitarbeiter und Chormitglieder verschiedener Gemeinden sangen das Kleinwachau-Lied, eigens komponiert für das Jubiläumsjahr. Der Höhepunkt des sonnigen Festtages Anfang Juli 2014 war jedoch eine luftige Attraktion. In einem Ballon am Kran nutzten unzählige Menschen die Gelegenheit, sich das Gelände Kleinwachaus einmal aus der Luft anzuschauen. Der Ausblick in schwindelerregender Höhe machte die landschaftlich reizvolle Lage der Einrichtung erst richtig fassbar. Auch Rollstuhlfahrer konnten den luftigen Ausblick genießen, dank tatkräftiger Unterstützung helfender Soldaten. Neben Ausblicken gab es aber auch Einblicke in die 125-jährige Geschichte

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Kleinwachaus. Im Kirchsaal des Epilepsiezentrums konnten die Besucher in die unterschiedlichen Zeitepochen Kleinwachaus eintauchen. Neben Gegenständen zum Anfassen machte eine interaktive Chronik umfangreiche Details aus der Geschichte der Einrichtung erfahrbar. So konnten die Besucher zum Beispiel einen Tagesablauf aus dem Jahr 1907 förmlich miterleben. Neben diesen Highlights gab es den ganzen Nachmittag über vielfältige Mitmachaktionen für Jung und Alt. Kutschfahrten und eine Mini-Eisenbahn rundeten das Verlangen nach Mobilität ab. Für die erwachsenen Besucher stand die Werkstatt für Menschen mit Behinderungen offen und auch bei Schulführungen konnten alle Interessierten einen Blick in den Alltag Kleinwachaus werfen. In dem Fachkrankenhaus für Neurologie informierte ein umfangreiches Programm zum Thema Epilepsie. In Vorträgen, Gedächtnisspielen und mit einem Quiz erhielten die Besucher interessantes Wissen zum Umgang mit der Erkrankung. Polnischer Folkrock der Band „DIKANDA" rundete den ereignisreichen Festtag mit einem Live-Konzert ab. Die sechs Musiker nahmen die Zuschauer mit Klängen des Balkans und Mazedoniens auf eine einzigartige Weltreise mit .

Auf unserem YouTube-Kanal finden Sie ein Video mit Impressionen des Sommerfestes. www.youtube.com/kleinwachau

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sommerfest

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Aus dem Rollstuhl hoch hinaus

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Helfer in Uniform

„Na, du hast ja einen Mut!” - Als Isa Raue zum Sommerfest den Wunsch äußerte, in den Ballon am Kran einzusteigen, ist ihre Begleiterin zunächst skeptisch. Frau Raue ist Rollstuhlfahrerin und kann sich wegen einer spastischen Lähmung nur mühsam bewegen. Doch sie wollte unbedingt mit der Gondel in die luftige Höhe aufsteigen. Bei der Erinnerung daran strahlt sie übers ganze Gesicht. Beim Einsteigen gab es kräftige Helfer. „Die haben das sehr gut gemacht, ich hatte keine Angst. Die Aussicht war toll, so hatte ich mir das vorgestellt. Ich bin gerne in der Luft und an der Luft! Im Ballon habe ich beides, das ist anders als im Flugzeug”, meinte die 78-jährige. Erst vor Kurzem hatte sie sich von einer schweren Krankheit erholt. „Aber jetzt geht es mir wieder gut. Das ist ein Gottesgeschenk, er braucht mich eben noch hier auf der Erde” - und manchmal eben auch in der Luft.

Auf den ersten Blick ein ungewohntes Bild: Junge Männer in Tarnkleidung betreuen behinderte Menschen beim Sommerfest. Doch für die Kleinwachauer sind sie seit einigen Jahren tatkräftige Helfer, die manche Freizeit-Aktivität ermöglichen. Es sind junge Offiziere der Offizierschule des Heeres Dresden. Auch für sie ist der Umgang eine neue Erfahrung. Einer fasste seine Eindrücke von diesem Tag in Worte:

„Da standen wir in Kleinwachau, nichtwissend, was uns erwartet, und waren dementsprechen gespannt. Dann riefen die Posaunen zum Fest - das lustige Treiben begann und somit unsere Arbeit. Für die Meisten von uns war es das erste Mal, dass sie mit Behinderten arbeiteten. Kern war die Tagesbetreuung der Bewohner Kleinwachaus. Wir begleiteten sie den Tag über, erlebten das Fest mit ihnen und sorgten dafür, dass sie es mit uns und allen anderen Besuchern genießen konnten. Zusätzlich halfen wir an mehreren Stationen, zum Beispiel beim Reiten, der Ballonfahrt oder der Minibahn. Für uns war der Tag um 18:00 Uhr beendet, doch das Sommerfest lief noch bis in die Nacht. Mit Public Viewing der Fußball-WM und dem Auftritt der polnischen Folkrock-Band „DIKANDA“ ging ein schöner und erfolgreicher Tag zu Ende. Wir fuhren mit dem Gefühl zurück in die Kaserne, etwas Gutes und Sinnvolles getan zu haben. Gleichzeitig wurden wir nachdenklich darüber, wie wichtig die Arbeit mit Behinderten ist, wieviel Herzblut die Menschen in diese Arbeit stecken und wie wenig all dies von der Gesellschaft beachtet wird.”

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Inklusion durch regionale netzwerkarbeit

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uch in Kleinwachau macht man sich stark gegen Ausgrenzung und gibt dem sperrigen Wort Inklusion ein freundliches Gesicht: Katharina Burkhardt. Bereits seit 2008 arbeitet die gelernte Heilpädagogin im Sächsischen Epilepsiezentrum als Integrationsbeauftragte. Da Inklusion noch einen Schritt weiter geht als es Integration schon macht, ging auch Frau Burkhard in den letzten Jahren weitere Schritte. Sie absolvierte Zusatzausbildungen zum Job-Coach im Supported Employment und gibt so, ganz einfach erklärt, breite Hilfe bei der Arbeitsvermittlung behinderter Menschen. Seit Juli 2014 ist Katharina Burkhardt die neue Inklusionsmanagerin des Epilepsiezentrums. Für sie eine vertraute Aufgabe und doch anders: „Ich arbeite jetzt bereichs- und trägerübergreifend. In dieser neuen Position kann ich nun einfach mit etwas Abstand die bestehenden Inklusionsprozesse betrachten, sie neu durchdenken, überwachen und unter Umständen auch ändern.“ Schritt für Schritt möchte Katharina Burkhardt bis Mitte 2017 ein Kompetenzzentrum in Kleinwachau aufbauen. Es soll eine zentrale Stelle für die Koordination von Wissen und Arbeitskräften werden. Regionale Arbeitgeber sollen überzeugt werden, dass Inklusion am Arbeitsplatz auch Chance für wirtschaftlichen Erfolg bedeuten kann. Neben Aufklärungsarbeit verlangt diese Position vor allem eine ganze Menge Netzwerkarbeit, wie Frau Burkhardt berichtet: „Wir wollen als Kompetenzzentrum Kooperationspartner miteinander vernetzen und so die Besetzung von freien Plätzen vereinfachen.“ Freie Plätze, damit meint die Inklusionsmanagerin Stellen in Unternehmen,

ausgelagerte Arbeitsplätze und Plätze in Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Schließlich sollen die unterschiedlichen Einrichtungen in der Region einfach mehr voneinander erfahren. Beflügeln soll das eine Datenbank. „Wir wollen Synergieeffekte nutzen. Auch für private Arbeitsvermittler werden wir ein deutlich attraktiver Partner sein. Gleichzeitig wollen wir vor allem aber auch mit öffentlichen Einrichtungen, wie dem Jobcenter der Arbeitsagentur, zusammenarbeiten und so gezielt mit unserem spezifischen Fachwissen unterstützen“, beschreibt Frau Burkhardt die Aufgaben. Ziel des Kompetenzzentrums ist es, die Beschäftigungs- und Arbeitsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung beständig auszuweiten und einen fließenden Übergang zu Betrieben des Allgemeinen Arbeitsmarktes zu schaffen. Die Grenzen der Inklusion sind Katharina Burkhardt dabei durchaus bewusst: „Bei aller Inklusion kann nicht immer das Ziel sein, jeden Menschen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu integrieren. Wenn jemand das gar nicht möchte, dann kann man es auch nicht erzwingen. Und für viele Menschen bleibt nun einmal die Werkstatt für Menschen mit Behinderungen der ideale Arbeitsplatz.“ Letztendlich ist das Kleinwachauer Kompetenzzentrum ein Gesamtkonzept aus Netzwerkaufbau und Arbeits- und Qualifizierungsmöglichkeiten, die den Bedürfnissen behinderter Menschen angepasst sind. Es soll der Vielfalt und Leistungsfähigkeit behinderter Menschen Rechnung tragen und somit die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in der ostsächsischen Region nach vorn bringen.

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Betreuung und therapieangebote unter einem Dach

Das Neue Talhaus Das umgebaute Talhaus bietet Raum für Seniorenbetreuung, Wohnbereichsleitung, Physiotherapie, Musiktherapie und Kunsttherapie.

Nach anderthalbjähriger Bauzeit ist das Talhaus nun wieder in Betrieb. Es glänzt mit ganz neuen Nutzungsformen. Im Obergeschoss befindet sich die Seniorenbegegnungsstätte mit großen Gemeinschaftsräumen und Kreativräumen. Im Kellergeschoss sind neue Räume für Musiktherapie und Kunsttherapie entstanden, im Erdgeschoss Verwaltungsräume des Wohnbereichs. Anfang November 2014 luden die neuen Nutzer des Talhauses die Kleinwachauer zu einer kleinen Hausweihe ein. Die Besucher der Seniorenbetreuung waren die ersten, die ihr neues Domizil in Besitz nahmen. Ende August 2014 packten sie ihre Sachen im Gartenhaus, in dem sie sich mit einer kurzen Unterbrechung seit 1992 trafen. Der Abschied nach so langer Zeit war für viele nicht leicht, dennoch überwog die Vorfreude aufs Neue. Die liebevoll und praktisch eingerichteten Räume im neuen Talhaus sowie die einfühlsame Begleitung durch die Mitarbeiter erleichterten den Neubeginn. Paso doble Mitarbeiter, Kleinwachauer Handwerker und zukünftige Nutzer arbeiteten beim Umzug Hand in Hand. Auch die Physiotherapie befindet sich nun im Talhaus, auf doppelt so großer Fläche als zuvor im Krankenhaus. Nun können die Patienten mit deutlich

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mehr Freiraum behandelt werden. Vier helle Behandlungsräume und zwei große Gymnastikräume stehen allen Patienten und Bewohnern Kleinwachaus offen. Das Angebot der Physiotherapie richtet sich auch an Patienten außerhalb Kleinwachaus. Neu ist das Angebot der Sporttherapie für Patienten des Krankenhauses. Ziel ist dabei, die Selbstsicherheit der Epilepsiepatienten durch Fitness und Balance zu steigern. Die Kurse sind so aufgebaut, dass die Patienten die Übungen auch später zu Hause selbst weiterführen können. Bis zum 30. Juli 2013 wurde das Talhaus als reines Wohnheim genutzt. Nach der Schließung begannen umfangreiche Bauarbeiten. So musste das Fundament des 1903 erbauten Gebäudes verstärkt werden. Auch ein Aufzug wurde eingebaut. Das Gebäude ist nun barrierefrei gestaltet. Die Kosten für Umbau und Ausstattung des Hauses beliefen sich auf 800.000 EUR, davon wurden 110.000 EUR durch die Aktion Mensch gefördert.

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„Das Talhaus war früher das Männerhaus!”

Der Meister der Zahlen Die Hälfte der 111-jährigen Talhaus-Geschichte hat er selbst miterlebt: 1959 zog Andreas Fischer in das ehemalige Männerhaus. Das war kurz vor seinem 13. Geburtstag. 40 Jahre lang wohnte er hier, jetzt besucht er im selben Haus die Seniorenbetreuung. „Früher lebten in diesem Haus nur Männer. Jetzt sind auch Frauen hier, das finde ich gut. Mit denen verstehe ich mich besser, besonders mit den ruhigen.” Und Ruhe braucht Herr Fischer, dann kann er sich besser konzentrieren. Zum Beispiel auf seine Würfelund Rechenspiele, aufs Briefeschreiben und auf die vielen Zahlen und Daten, die er im Gedächtnis hat. Die meisten Geburtstage seiner Mitmenschen weiß er auswendig, den Rest hat er sich notiert. Deshalb hat er einen festen Platz im Ablauf des Kleinwachauer Gottesdienstes: Seit 30 Jahren verliest er nach den Abkündigungen die Geburtstage der nächsten Woche. „Ich bin froh, dass ich jetzt im Berghaus ein Einzelzimmer habe. Im Talhaus waren wir sieben Mann im Schlafsaal, das war anstrengend. Ich bin aber gern in die Schule gegangen. Vieles konnte ich mir gut

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merken. Besonders Zahlen, auch die römischen. Ich kenne alle Rechenarten. Außerdem viele Länder mit ihren Hauptstädten und Flüsse mit ihren Mündungen. Gern ging ich auch in die Konfirmandenstunde. Nicht ein einziges Mal habe ich gefehlt. Einmal wollten mich meine Eltern in dieser Zeit besuchen, da habe ich sie wieder nach Hause geschickt, denn ich wollte keine Stunde versäumen. Gearbeitet habe ich später in der Gärtnerei. Freitags zum Beispiel habe ich die Wochenend-Blumensträuße für die Wohngruppen gebunden und ausgetragen, montags die Arbeitssträuße für die Büros. Nach dem Feierabend habe ich die Hühner im Stall hinter dem Talhaus gefüttert. Im Spitzboden des Hauses lag neben Rüben und Kartoffeln auch das Getreide, das haben mir die Hühner aus der Hand gefressen! Heute ist das Haus innen kaum wieder zu erkennen. Wo füher unser Schlafsaal war, ist jetzt die Physiotherapie. Das Haus ist schön geworden und ich habe meinen Lieblingsplatz gefunden: Im Andachtsraum, dort ist es tagsüber schön ruhig.”


Foto: Š Eisenhans - Fotolia.com

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„Zuerst fremdeln die beiden noch ein wenig, doch dieser Zustand ist schnell überwunden.”


handwerk macht schule

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as kann man nicht alles gemeinsam tun? Feiern, singen, Sport treiben, lernen, arbeiten, kochen, … Seit einigen Jahren kochen Schüler der Förderschulen Radeberg und Kleinwachau gemeinsam. Das geschieht im Rahmen des Brückenprojektes „Schule & Wirtschaft“ und nennt sich: „Handwerker in die Schulen!” „Mein Foto des Jahres” erzählt dazu eine kleine Anekdote: Zwei Schüler prüfen, ob die Kartoffeln gar sind. Bei der Aktion „Handwerker in die Schulen!“ werden Schülerinnen und Schülern beider Förderschulen die Berufsbilder Beikoch, Malergehilfe, Bäckereigehilfe u.a. in Theorie und Praxis erläutert. Zuerst „fremdeln“ die Teilnehmer beider Schulen noch ein wenig. Aber beim gemeinsamen Arbeiten am Produkt und durch die kluge Lenkung durch die Berufsexperten wird dieser Zustand schnell überwunden. Das Ergebnis macht stolz! Die Veranstaltung „Handwerker in die Schulen!“ ist Teil des Projektes des Radeberger LIONS-Clubs zur Unterstützung junger Menschen bei der Berufsorientierung. Das Ziel ist, die Schüler in der Region Radeberg zu halten. Für unsere Schule haben die Mitglieder

des Wirtschaftsprojektes weiterhin Besichtigungen in den Firmen KORCH und NEHLSEN organisiert. Wir finden die Radeberger Initiative große Klasse und sagen hiermit herzlich „Danke“. Berufsorientierung soll nachhaltig auf uns wirken. Was heißt „nachhaltig“? Wir verstehen darunter, dass etwas lange Zeit und stark wirken soll. Viele Schüler haben sich im Jahr 2014 mit Mülltrennung, Wiederverwendung von Müll, Kompostierung und ähnlichen Themen befasst. Wir kompostieren im Schulgarten, wir sortieren und trennen Abfälle und im Kunstprojekt der Oberstufenklassen wurde aus Kaffeetüten und Grillschalen Mode hergestellt. Konnten Sie die Modenschau zum Sommerfest 2014 bewundern?

Noch in diesem Jahr wird in unser Therapiebad eine Edelstahlwanne eingebaut. Die bisherige Folienbeschichtung zeigte Alterserscheinungen und wurde undicht. Durch zahlreiche Spenden konnte dieses Großprojekt gestemmt werden. Wir danken allen Spendern für die Hilfsbereitschaft! Doch jetzt schauen wir gespannt und mit viel Gottvertrauen in das Jahr 2015. Wir planen eine Theaterwoche mit öffentlicher Aufführung im Mai 2015. Drücken Sie uns schon jetzt die Daumen dafür. Ilona Lisowski Schulleiterin

Nachhaltig soll sich auch unser in diesem Jahr begonnenes Projekt „Wohntraining“ auswirken. Einige Schüler der Werkstufe haben ein 14-tägiges Wohnprogramm mit anfänglicher personeller Unterstützung in zwei Zimmern auf dem Gelände der Tobiasmühle durchgeführt. Das Wohntraining kommt bei Schülern, deren Eltern und im Kollegium gut an. Wir üben noch weiter und berichten ein anderes Mal darüber.

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Sicher unterwegs durch Verkehrserziehung mit Polizei und Verkehrswacht.

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lingel und Bremse testen, Helm aufsetzen und ab geht’s: Die Schüler der Mittelstufe der Kleinwachauer Förderschule schwingen sich auf den Sattel und radeln los. Bevor es soweit ist, müssen die Schüler eine Menge lernen. Nicht nur die Balance auf zwei Rädern zu halten oder das Fahrrad beim Lenken fest im Griff zu haben. Das erfordert zwar Geschicklichkeit, ist aber, wie bei allen Kindern, schnell gelernt. Schwieriger ist es da schon mit Verkehrsregeln, Verkehrszeichen und dem allgemeinen Verhalten im Straßenverkehr. So vieles ist zu beachten, bevor man sich gefahrlos mit dem Rad auf die Straße wagen kann.

Um die Kleinwachauer Förderschüler fit für den Straßenverkehr zu machen, gibt es seit einigen Jahren ein Radprojekt in der Mittelstufe. Dabei werden theoretische Grundlagen vermittelt, die Teil des Lehrplans sind. Den Schülern wird beigebracht, welche Bedeutung die Verkehrszeichen haben und wie sie die Verkehrsregeln verstehen können. Der Praxisteil ist dann eine ganz besondere Erfahrung für die Schüler. In Zusammenarbeit mit

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der Polizei und der Verkehrswacht Kamenz üben die Schüler ganz praktisch Fahrradfahren und legen zum Schluss eine kleine Prüfung ab. Dazu kommen die Polizei-Beamten in die Förderschule. Sie testen die Fahrsicherheit der Räder und die Fähigkeiten der Schüler. Pädagogisch geschickt stellen sich die Polizisten auf die Kinder ein und frischen nochmals wichtige Regeln auf. Zugleich ist den uniformierten Amtspersonen die ungeteilte Aufmerksamkeit der Schüler sicher. Der Lerneffekt ist dadurch für die Kinder besonders hoch. Der Umgang mit den Polizisten baut auch Vertrauen auf - eine wertvolle Erfahrung. So auch beim Praxistag 2014. Leider konnte kein Polizist in die Kleinwachauer Schule kommen, dafür bot ein Beamter ehrenamtlich seine Unterstützung an. Polizeiobermeister Mittag trainierte mit den Kleinwachauer Schülern einen Tag lang im Verkehrsgarten Kamenz. In dieser realitätsnahen Umgebung der Kamenzer Verkehrswacht merkten die Schüler schnell, worauf es ankommt: Nicht nur das Rad, auch der Fahrer muss sicher sein. Das half den Jungen und Mädchen, ihre eigenen Fähigkeiten realistisch einzuschätzen und Fehler zu erkennen und zu korrigieren. Noch bis 2015 ist für Förderschüler mit geistigen Behinderungen die Unterstützung in Sachen Verkehrserziehung durch die staatlichen Behörden gesichert. Nun hoffen und wünschen sich die Kleinwachauer Pädagogen, dass diese wertvollen Präventionsmaßnahmen auch in den nächsten Jahren weiter angeboten werden. Schließlich bringt das Projekt mehr Sicherheit für alle.

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Wo Farben sich begegnen Gemeinsamer KunstunterRicht

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s ist ein sonniger Tag mitten im Mai in der Grundschule Liegau-Augustusbad. Fleißig wirbeln die vielen Schüler umher, suchen sich Pinsel, Papier und Farbe. Unter dem schattenspendenden Sonnensegel scheint sich ein unkompliziertes Miteinander eingestellt zu haben. Ein Miteinander der dritten Klasse der Grundschule und den Schülern der Förderschule Kleinwachau. Es ist ein gemeinsamer Kunstunterricht, bei dem sich Schüler mit und ohne Behinderung begegnen, wie es Anita Berndt von der Grundschule Liegau-Augustusbad zusammenfasst. „Unsere Schüler haben absolut keine Berührungsängste”, sagt die kreative Frau mit dem blauen Farbklecks auf der linken Wange. Der Klecks scheint sie gar nicht zu stören, schließlich ist Kunstunterricht ihr tägliches Brot. „Wir haben in der Klasse viel über das Projekt und über Menschen mit Behinderung gesprochen.

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Auf Fragen wie ͵Wieso ist der so?‘ haben die Schüler jetzt alle eine Antwort. Sie wissen, dass eine Behinderung etwas ganz Natürliches ist, vor dem sie sich nicht fürchten müssen”, sagt Anita Berndt. Und ganz furchtlos gehen auch die Grundschülerin Luisa und der Förderschüler Maximilian gemeinsam ans Werk. Die Lehrerin macht drei Farbkleckse auf ein großes weißes Papier und die beiden Schüler vermischen die Farben mit ihren Händen. „So wie sich hier die Farben begegnen und vermischen, so begegnen sich heute auch die Schüler”, freut sich Heike Lucas. Sie ist die Kunstlehrerin der Förderschule und die Freude über dieses gemeinsame Erlebnis merkt man ihrem strahlenden Gesicht an. „Ich bin sehr glücklich”, sagt sie, „denn dieses Zusammensein macht einfach Spaß, weil es das Normalste der Welt ist.” Die Kunstwerke der Schüler werden in beiden Schulen ausgestellt.


ALLES HANDWERK! Berufsbilder praktisch vorgestellt

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arsten Janke ist Koch aus Leidenschaft. Dass der Kleinwachauer Küchenchef nicht nur gut kochen, sondern auch ein Team perfekt einteilen kann, beweist er am Aktionstag „Handwerker in die Schule”. Sein Team besteht an diesem Tag aus sieben Schülerinnen und einem Schüler. Sie kommen aus der Radeberger und der Kleinwachauer Förderschule. Um ihnen das Berufsbild des Beikochs nahe zu bringen, hat Carsten Janke ein ganzes Menü geplant. Eine Gruppe bereitet den Kartoffelsalat vor, eine andere das überbackene Putensteak und eine dritte ist mit dem Dessert beschäftigt. Mit Ruhe und Sorgfalt gibt Herr Janke Anweisungen, erklärt den richtigen Umgang mit Küchengeräten und Lebensmitteln und hilft bei ungewohnten Handgriffen. In der Kleinwachauer Lehrküche mischt sich der Duft von Pellkartoffeln mit dem frisch geschnittener Kräuter. Bald kommen die Apfel-Pfannkuchen und das leckere Steak aus der Pfanne dazu. „Diesen Aktionstag haben wir bereits zum zweiten Mal veranstaltet”, erzählt Carsten Janke. Anliegen ist es, die älteren Schüler für handwerkliche Arbeiten zu begeistern. „In einer Küche gibt es noch richtig viel Handarbeit”, weiß Herr Janke und ergänzt: „Ich selbst arbeite sehr gern mit jungen Leuten zusammen, auch mit denen, denen das Lernen schwerer fällt. Das Wichtigste ist die Freude am Kochen, alles andere kann man lernen. Beim Aktionstag machen die Schüler prima mit, natürlich nicht alle mit derselben Begeisterung. Gerade diejenigen, denen manche Handgriffe motorisch am schwersten fallen, sind besonders motiviert bei der Sache.” Am Ende sitzen alle gemeinsam an einem appetitlich gedeckten Tisch und merken: Selbstgekochtes schmeckt doch gleich viel besser! Im März stellte der Kleinwachauer Betriebshandwerker Henry Garten das Berufsbild des Malers vor. Neben dem richtigen Umgang mit Tapeten, Farbe, Pinsel oder Rolle zeigte er Gestaltungsmöglichkeiten. Da er den Jugendlichen viel Freiraum bei der Gestaltung ließ, waren alle mit großem Eifer und mit Freude bei der Sache.

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Wohin mit unserem

müll?

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werden können, wie Papier, Glas, Kunststoffe und Metalle. Nach der Trennung entstehen so wertvolle Rohstofflager.

Dazu bekamen die Schüler Gelegenheit, sich alles im großen Maßstab anzuschauen. Sie besichtigten die Entsorgungsfirma Nehlsen in Radeberg. Die riesigen Müllwagen, Pressen und Lagerhallen beeindruckten die Kinder sehr. Und sie lernten auch: Müll ist nicht wertlos. Er enthält große Mengen an Stoffen, die wiederverwendet

Dass dieses Prinzip auch im Kleinen funktioniert, lernten sie anschließend. Es muss nicht immer teures Bastelmaterial aus dem Fachgeschäft sein - mitunter tut es auch unser Hausmüll. Aus leeren Flaschen läßt sich ein Xylophon mit besonderem Klang herstellen, Plastikbehälter werden zu tollen Rasseln, Tüten zu farbenfrohen Windspielen. Besonders wichtig ist auch der Biomüll, liefert er doch wertvollen Kompost für den Schulgarten. So wurde das fächerübergreifende Projekt zur Mülltrennung eine nachhaltige Erfahrung für die Mädchen und Jungen. „Ihr Verhalten hat sich danach deutlich geändert”, erzählt die Pädagogin Kathrin Moritz. „Sie schauen bei der Mülltrennung genau hin, entdecken falsch Einsortieres und überlegen: Könnten wir das noch gebrauchen?”

ls die Schülerinnen und Schüler der beiden Mittelstufenklassen den riesigen Müllberg sahen, staunten sie nicht schlecht: Zwei Wochen lang sammelten sie ihren Abfall aus den Klassenzimmern. Mit dieser Menge hatten sie nicht gerechnet. Das gab ihnen eine Vostellung davon, wieviel Abfall ständig von uns allen produziert wird. Nun ging die Arbeit los: Wie wird das alles richtig einsortiert? Mit großem Eifer machten sie sich ans Werk, dabei kamen viele Fragen auf: Weshalb müssen wir den Müll trennen? Warum kommen Abfälle mit dem Grünen Punkt in die gelbe Tonne?

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Ostern

Fasching

Ostergottesdienst.

und sonst... er... März: Tag d

lten - die sen gegen Fa Ei n e iß e h it M m Tag der präsentiert zu a m ir rf le ü Sch ervice. ihren Bügels offenen Tür

...offen

en tür

Exkursion

Lernen wie zu Großmutters Zeiten: Exkursion ins Liegauer Heima tmuseum.

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„Aus unserer Idee einer neuen Station wird noch viel mehr: ein kompletter Erweiterungsbau.�


krankenhaus wächst aus einer idee wird mehr

Manchmal überraschen einen Politik und eigene Vision gleich doppelt. Ich freue mich über eine ganz große Überraschung: Wir werden das Fachkrankenhaus für Neurologie erweitern. Wie diese Erweiterung aussehen könnte, das sehen Sie auf dem Foto links. Aber lassen Sie mich noch einmal ganz von vorn beginnen. Schon lange stellen wir Überlegungen an, die Station für Menschen mit Behinderungen zu erweitern. Darüber haben wir im letzten Jahr bereits berichtet. Wir wollen uns gerade der Menschen annehmen, die anderswo nur schwer Annahme finden. Ihnen beste medizinische aber vor allem auch menschliche Versorgung zu bieten, das ist unser Ziel. Unsere Idee traf beim Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz auf offene Ohren. Wir erhielten sehr schnell eine breite Unterstützung für unser Vorhaben. Und schnell ging es dann auch mit Planung und Ausschreibungen weiter, so dass Sie bereits heute diese erste Visualisierung sehen können. Aus unserer Idee einer neuen Station wird also noch viel mehr: ein kompletter Erweiterungsbau un-

seres Fachkrankenhauses. Das in den 1970er Jahren errichtete Bodelschwinghhaus bekommt nun also einen weiteren Nachbarn, nachdem es bereits 2007 durch die Intensivmonitoringstation vergrößert wurde. Ende 2016 soll der Bau fertig sein, gewiss werden dann auch Foyer und Außenfassade des Bodelschwinghhauses dem neuen Anbau angeglichen sein. Dann wird das Krankenhaus auch von außen optisch leuchten.

epileptische Anfälle. Trotzdem lässt er sich seine Reiselust nicht nehmen. Über diese spannende Geschichte werden Sie auf den folgenden Seiten noch viel mehr erfahren. Und natürlich zeigen wir Ihnen unsere Pläne für den Krankenhausanbau. Falls Sie unser Epilepsiesymposium in diesem Jahr verpasst haben, bieten wir Ihnen auf unserem neuen YouTube-Kanal die Möglichkeit, sich die Vorträge anzuschauen.

Von innen heraus leuchtet die Klinik schon lange. Mit großem Engagement sind die Mitarbeiter für die Patienten da. Pro Jahr betreuen wir schließlich knapp 1.000 Patienten stationär auf 53 Betten. Im ambulanten Bereich sind es fast 2.500 Fälle. Zu diesen Patienten zählt auch Herr Talheim. Der 78-jährige ist in meinen Augen ein mutiger Mann: Er traut sich trotz Epilepsie immer noch weite Reisen zu. Gemeinsam mit seiner Frau entdeckt er Jahr für Jahr neue Ziele. Aus Sydney, New York, Kapstadt und Rio de Janeiro brachte er mir schon Fotos mit. Fotos, die er während der Sprechstunde immer wieder stolz zeigt. Trotz guter medikamentöser Einstellung ereilen ihn noch

Dr. med. Thomas Mayer Chefarzt

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Neubau in Sicht. Fachkrankenhaus für Neurologie wird um ein Haus erweitert.

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s wird das wohl aufwendigste Bauprojekt innerhalb der nächsten beiden Jahre im Sächsischen Epilepsiezentrum Radeberg: der Neubau von Haus 3 des Fachkrankenhauses für Neurologie. Wenn alles den Planungen nach verläuft, wird Ende 2016 ein futuristischer Bau neben dem bisherigen Krankenhausgebäude das Areal des Epilepsiezentrums prägen. Drei Etagen werden auf 1.600 Quadratmeter Fläche genug Raum für Behandlung, therapeutische Angebote und einen allgemeinärztlichen Bereich bieten. Kernpunkt des Bauprojektes ist die neu entstehende Station 5. Auf 12 Betten soll dort die Behandlung von Menschen mit komplexen Behinderungen und Epilepsie erfolgen. Menschen mit Behinderungen werden bereits heute umfassend auf der Station 2 des Krankenhauses behandelt. Auf der neuen barrierefreien und behindertengerechten Station 5 können dann die Menschen mit komplexen Behinderungen und Epilepsie behandelt werden, die zunehmend einen Mehrbedarf an pflegerischen und betreuerischen Leistungen fordern. Menschen, die in anderen Krankenhäusern nur schwer eine Aufnahme finden. Dr. Yvonne Schiller, Verwaltungsund Pflegedienstleiterin des Krankenhauses, sieht darin große Vorteile für die Patienten: „Wir können auf der neuen Station 5 dann eine noch höhere Qualität in der Pflege und Betreuung behinderter Menschen anbieten.

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Foto: © Lothar Sprenger

Möglich wird das durch den Zugewinn an Räumlichkeiten. Auf der neuen Station 5 entstehen acht Einzelzimmer und zwei Doppelzimmer, alle mit eigenen Nasszellen.“ Angeboten wird dann auch ein Rooming-in. Das bedeutet, dass Begleitpersonen der behinderten Menschen im Patientenzimmer oder in zusätzlichen Zimmern übernachten können. Dieses Angebot gibt es bereits seit mehreren Jahren auf der Kinder- und Jugendstation. 743

Tischlerei

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Scheune

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Neben einem Andachtsraum werden ein Mehrzweckraum für Seminare, ein Snoozle-Raum zum Entspannen und eine Küche entstehen. „Dort soll die diätische Verarbeitung von Lebensmitteln zur Unterstützung der Behandlung der Patienten möglich werden“, sagt Dr. Yvonne Schiller. Sie leitet das Neubauprojekt gemeinsam mit Jens Tetschke, der für die technische Leitung des Bauvorhabens zuständig ist. Für die junge Frau ist das eine herausfordernde und spannende Kirche Aufgabe zugleich: „Bei dem Projekt ist es einfach wichtig, dass alle Berufsgruppen im Krankenhaus von dem Neubau auch profitieren Brunnenhaus werden. Dabei ist wirklich nicht zu unterschätzen, wie wichtig die zurückzulegenden Wege für Patienten, Mitarbeiter und Besucher sind. Vor allem auch im Hinblick darauf, dass wir ja dann bereits drei Häuser im Krankenhaus haben werden.“

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Waldhaus

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Mit 4,9 Mio. EUR wird die Gesamtsumme für Bau und Einrichtung derzeit kalkuliert.Landwirtschaft Vom Freitstaat Alte Sachsen ist mit einer Förderquote von 80% zu rechnen. Mit dem Bau des neuen Hauses kann aller Voraussicht nach im Frühjahr 2015 begonnen werden. Die Fertigstellung ist Ende 2016 geplant.

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Wiesenhaus

Gr ab en 278

Gartenhaus 706

Wäscherei

Krankenhaus | 25


ein haus als dreh- und angelpunkt

D

ie Zimmer des Krankenhauses verlassen zu dürfen, sich frei im Haus bewegen zu können und dabei auch nach draußen zu gelangen, scheint für einen möglichst angenehmen Krankenhausaufenthalt von wichtiger Bedeutung zu sein. Das ist einer der wesentlichen Punkte, die dem Dresdner Architekten Steffen Burucker von BURUCKERBARNIKOL die zündende Idee für die Form des Kleinwachauer Krankenhausneubaus gab. Gemeinsam mit seinem Partner Steffen Barnikol sowie Hermann Thoma von thoma architekten formte die Architekten-Arbeitsgemeinschaft einen modernen Entwurf, der so gar nicht anecken mag. Rundungen bestimmen das neue Gebäude. „Diese Form strahlt etwas Behütendes aus, dem Haus wird seine Härte genommen“, beschreibt Steffen Burucker den architektonischen Entwurf. „Wir wollten nicht einfach eine Kiste platzieren, die sich dem Nachbarhaus anpasst. Nein, wir sehen das neue Haus als Dreh- und Angelpunkt. Es kann die Bewegungen auf dem Klinikgelände aufnehmen, innen wie außen“, unterstreicht der junge Architekt den Nutzen hinter der Form. Schließlich wird das neue Gebäude auf der Hauptzufahrtsachse des Epilepsiezentrums ein markant einladender Blickfang sein. Wichtige Wege innerhalb des Areals kreuzen sich hier. „Natürlich haben wir unterschiedliche Varianten entworfen. Aber es hat sich im Verlauf des Prozesses gezeigt, dass die Rundungen dieses Gebäudes der

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Funktion in idealer Weise entsprechen“, bekräftigt Steffen Burucker die Formenwahl. Und in der Tat hat die Runde Form einen klaren Vorteil: Die Patienten können sich im Gebäude bewegen, ohne dabei auf Sackgassen zu treffen. Nach Meinung der Architekten reagiert das Haus auf jeder Etage individuell auf seine Umgebung, dafür sorgen auch Dachterrasse und Patientengarten. Eine große Herausforderung für die Planer war es, dass das neue Gebäude teilweise in einen Hang gebaut werden muss. Dabei wollte man die Bewegung großer Erdmassen vermeiden. „Deswegen nutzen wir die unterste Ebene des Geländes, um hier alle Etagen quasi übereinander stapeln zu können. An höher gelegenen Stellen liegen die Etagen dann auf dem Hang auf. Das Haus lehnt sich also optisch einfach an den Hang, es entsteht ein Zusammenspiel von Gelände und Gebäude”, beschreibt Steffen Burucker den architektonischen Kniff. Dass sich nach Fertigstellung das neue Gebäude optisch markant vom bestehenden Krankenhausgebäude abheben wird, sieht der junge Architekt gelassen: „Im Dialog mit Bestand zu bauen ist immer eine Herausforderung. Schließlich sind wir uns der Geschichte der einzelnen Häuser durchaus bewusst. Letztendlich sind wir der Meinung, dass sich das Neue neben dem Alten ablesbar zeigen darf. Wir greifen eine Geschichte auf, die immer weiter erzählt werden kann.“


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Preise für Kleinwachauer Ärztinnen

Gleich zwei erste Preise aus den Videoforen Epilepsie gingen im Jahr 2014 nach Kleinwachau. Bei der 52. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Epileptologie in Bonn wurde Frau Christine Pfeiffer, Ärztin auf der Intensivmonitoringstation des Sächsischen Epilepsiezentrums Radeberg, im Mai 2014 mit dem ersten Preis für ihren Vortrag „Psychogener Anfall oder induzierte Synkope bei einer 5-Jährigen“ ausgezeichnet. Sie referierte über einen lehrreichen Fall, bei dem ein 5-jähriges Mädchen unter Ohnmachtsanfällen litt. Durch Intensivmonitoring stellte die Arbeitsgruppe um Frau Pfeiffer fest, dass das Mädchen die Ohnmachten selbst auslösen konnte.

»

Schwächeanfälle – Vom Homevideo zur Diagnose“. In beiden Fällen konnte durch umfangreiches Video-EEG-Monitoring im Sächsischen Epilepsiezentrum Radeberg eine Epilepsie ausgeschlossen werden.

Christine Pfeiffer Der Vortrag von Kerstin Franke auf der Münchener Neurowoche erhielt im September 2014 ebenfalls einen ersten Preis. Dabei referierte die Abteilungsärztin der Intensivmonitoringstation des Krankenhauses über „Rätselhafte

Kerstin Franke

Erstmals MOSES-Schulungen in Litauen

Sie ist das Gesicht der Epilepsieberatung Litauens: Dr. Polina Sediene betreut in Kaunas, der zweitgrößten Stadt Litauens, die einzige Epilepsieberatungsstelle im ganzen Land. Gefördert wird

dieses Projekt von der Osteuropahilfe der Aktion Mensch, der litauischen Caritas und vom Sächsischen Epilepsiezentrum Radeberg. Im Mai 2014 hatte Dr. Sediene die erste MOSES-Schulung

(Modulares Schulungsprogramm Epilepsie) in litauischer Sprache gehalten. Im Rehabilitationszentrum in Vilnius nahmen daran acht Epilepsiepatienten teil. Die notwendigen Qualifikationen dafür erwarb die sympathische Sozialpädagogin zuvor in Deutschland. Dafür absolvierte sie Zusatzkurse im Epilepsiezentrum Bethel. Die MOSES-Schulungen bietet Dr. Sediene in Litauen völlig kostenlos an, da die litauischen Krankenkassen ihren Versicherten keine Zuschüsse gewähren. Ihr nächstes Projekt, die Übersetzung der MOSES-Schulungsunterlagen in litauische Sprache, ist bereits in vollem Gang. Dr. Sedienes Eifer bleibt in Litauen nicht unerkannt. Sie erhielt Anfang 2014 die Auszeichnung „beste Sozialarbeiterin Litauens”.

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porträt epilepsie im handgepäck: ein weltenbummler erzählt

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emeinsam mit seiner Frau Christa lebt Reginald Thalheim in einer einfach eingerichteten Wohnung in der Nähe von Dresden. Im Wohnzimmer steht ein moderner flacher Fernseher, der Blu-ray-Player spielt gerade farbenfroh-realistisch dreidimensionale Filme aus dem Amazonas ab. Es scheint, als würde Herr Thalheim hinter seiner dunklen 3-D-Brille bereits von neuen Zielen träumen. Kein Wunder, der Reisepass des 78-jährigen kann Geschichten aus der ganzen Welt erzählen. „Beim Reisen gehe ich auf, das ist mein größtes Hobby“, erzählt Herr Thalheim, während sein Zeigefinger wie im Geografieunterricht auf den Ayers Rock in Australien zeigt. Gleich an der Eingangstür hängen exemplarisch 13 gerahmte Fotos. Das 14. soll im nächsten Jahr aus dem Oman dazu kommen. „Es bekommt mir sowieso besser, wenn ich in der Welt draußen bin“, sagt er mit einem Hauch Fernweh in der Stimme. Dass ein Mann in diesem Alter noch durch die Welt reist, ist womöglich gar nichts Besonderes. Wenn Reginald Thalheim verreist, dann reist jedoch auch immer ein blinder Passagier mit: seine Epilepsie. Damals, während der Pubertät, ist er ganz plötzlich umgefallen. Das war 1959. Starke Anfälle, oft drei- bis viermal täglich, rissen ihn in den folgenden Jahren aus dem Gleichgewicht. Bereits zu DDR-Zeiten wurde Herr Thalheim in Kleinwachau behandelt, damals arbeitete er als Gütekontolleur in der Elektronikindustrie. Seine erste Auslandsreise unternahm Reginald Thalheim 1975 in die Hohe Tatra, nach der politischen Wende ging es immer weiter hinaus in die Welt. Safari-Tou-

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ren in Kenia, die Chinesische Mauer, farbenfroher Karneval in Rio de Janeiro - Herr Thalheim fährt die Erinnerungen seiner Reisen wie eine Diaschau ab. „Ich habe keine Angst vor einem Flug. Da hat es noch nie Probleme gegeben“, sagt er voller Selbstvertrauen. Seine Frau hält ein klein wenig dagegen: „Wenn etwas passiert, dann würde ich schon einen Schreck bekommen. Aber sonst habe ich keine Angst vor einem Anfall meines Mannes im Ausland. Bisher konnte ich mich immer verständlich machen, egal in welcher Sprache.“ Einmal, 2008, erlebte er einen schweren Anfall mitten in Wien. Er kam in eine Klinik und wurde schließlich mit dem Rettungswagen nach Kleinwachau gebracht. Auch das hat ihn nicht aus der Bahn geworfen. Ganz im Gegenteil: Im darauffolgenden Jahr bereiste er Australien, später ging es von Kalifornien mit dem Schiff nach Alaska. Für die Einreise hat er immer einen Brief seiner Ärzte dabei, die ihm die Erkrankung Epilepsie bestätigen. „Das könnte notwendig werden“, sagt er, „falls mich jemand wegen der Medikamente fragt. Bisher hat das Schreiben aber noch kein Zöllner sehen wollen.“ Auf die Frage, welche seiner Reisen denn die schönste sei, muss er gar nicht erst über eine Last-Minute-Antwort nachdenken: „Schön waren sie alle. Aber irgendwie haben es mir die Vereinigten Arabischen Emirate angetan. Das ist ganz hervorragend dort. Die Menschen sind alle so schön schick angezogen.“ So wie Herr Thalheim auch. Auf den Urlaubsfotos ist er oft stilsicher im Jackett abgelichtet. Das Jackett wird er sicher auch bei der nächsten Reise im Oman wieder auspacken, die Epilepsie hoffentlich nicht.


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„Drastische Bilder sind doch viel unterhaltsamer.”

epilepsie-symposium

drastische bilder

S

ascha Arango ist ein erfolgreicher Autor, er schreibt unter anderem Drehbücher für die Kieler-Tatortreihe rund um Kommissar Borowski. Als ihm vor vielen Jahren beim Baumfällen ein Ast auf den Kopf fällt, hat er großes Glück. Er trägt eine Hirnverletzung davon, doch er lebt. „Die Epilepsie, die sich danach bei mir entwickelte ist also nur ein kleiner Nachteil eines sonst ganz großen Glücksfalls“, sagte er selbstsicher in dem voll gefüllten Kirchsaal des Epilepsiezentrums Kleinwachau. Er war einer von sechs Referenten, die Anfang Mai 2014 zum Epilepsie-Symposium in die Spezialeinrichtung in Liegau-Augustusbad kamen. Bei Vorträgen rund um das Thema „Epilepsie in der Öffentlichkeit“ wurden verschiedenste Gebiete beleuchtet. Neben der Darstellung der Krankheit Epilepsie in Literatur, Kunst und Film spielte vor allem auch die Berichterstattung in den Medien eine starke Rolle. Darüber hielt Stefan Beyenburg vom Centre Hospitalier de Luxembourg einen sehr unterhaltsamen Vortrag. Sascha Arango, zweifacher Grimme-Preisträger, gab einen ebenso spannenden Einblick in seine Arbeit. Als Drehbuchautor konnte er das Thema Epilepsie in

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einige Tatort-Folgen rund um Kommissar Borowski einbauen und sagte: „Ich habe darüber nachgedacht, wie ich das Thema implementieren kann. In meiner Natur liegt es einfach, die Dinge recht drastisch zu verdeutlichen, drastische Bilder sind doch viel unterhaltsamer. Und das Drastische ist nicht der Anfall selbst, die Zuckungen, sondern das, was die Person in diesem Zustand selbst wahrnimmt. Da habe ich quasi meine eigene Aura verfilmt, den Zug, den ich auf mich zukommen sah.“ Ihm bleibt es wichtig, bestehende Ängste und Unsicherheiten im Umgang mit der Krankheit Epilepsie abzubauen. „Niemand kann etwas dafür, wenn er von dieser Krankheit betroffen wird, die ausnahmslos jeden irgendwann ereilen kann“, sagte er und erntete so für seinen Vortrag im Sächsischen Epilepsiezentrum Radeberg großen Applaus.


Patiententag Dresden Trotz Epilepsie glücklich! 25. april 2015 unter der SchirMherrschaft von Eckart v. hirschhausen „Als Arzt an der Kinderklinik der Freien Universität Berlin hatte ich viel Kontakt mit neurologisch erkrankten Kindern. Mich hat immer gewundert, wie häufig Epilepsien sind, und wie wenig darüber öffentlich gesprochen und gewusst wird. Deshalb stelle ich mich gerne für diesen Kongress als Schirmherr zur Verfügung, damit die Patienten nicht im Regen stehen!“

Foto: Frank Eidel


„Der schwarze Humor der Insel ist die Welt von Rocco Seifert.”


Wohin geht die Reise? F

ragen Sie einmal Herrn Seifert, wer der einzig wahre James Bond-Darsteller ist: Daniel Craig oder Pierce Brosnan? Sie werden eine sehr klare Antwort bekommen. Aber nicht nur der englische Geheimdienst, sondern auch der schwarze Humor der Insel ist die Welt von Rocco Seifert. Mit Hilfe des Waldhausteams erfüllte er sich zu seinem 30. Geburtstag den Traum von Nebelwetter und Tee am Nachmittag. Hier entstand „Mein Foto des Jahres”: Herr „007” Seifert auf einer Themsebrücke. Auf der heimischen Elbe unterwegs waren hingegen viele andere Bewohner, Angehörige und Mitarbeiter – beim traditionellen Dampferausflug. Der Dampfer als Sinnbild für die Frage, wo die Reise der Einrichtung hingeht. Zum einen ist da das Offene und Nach-Außen-Gewandte. Gelungen ist hier die Kooperation mit der Kirchgemeinde Radeberg: Seit Mai 2014 gibt es in der Stadtmitte einen Seniorentreff für ältere Menschen aus unseren Radeberger Wohnangeboten. Als Radeberger Gemeindemitglieder sind sie dort willkommen. Zum anderen sind Anforderungen an die Kerneinrichtung gestellt: Ist Kleinwachau ein lebenswerter Ort für Menschen mit besonderen Bedarfen und finden wir immer

wieder Formen der Unterstützung und des wertschätzenden Umgangs? Mein Dank gilt an dieser Stelle allen Mitarbeitern, welche täglich mit Engagement und Herz in den Abteilungen arbeiten, Bewohner bei der Pflege, bei Alltagsfragen, bei Konflikten und bei der Verwirklichung von kleinen und großen Lebensträumen unterstützen und ihr Wissen und Können dafür einsetzen. Im Sommer wurde nach mehrmonatiger Bauzeit das Talhaus, im Obergeschoss nun als Seniorenstätte, wieder bezogen. Tragfähige Bedingungen für die wichtigen Angebote am Tag sind hier entstanden und werden von Bewohnern und Mitarbeitern sehr gut angenommen. In unmittelbarer Nähe ist der Gemeinschaftsgarten am Talhaus angelegt, die Grundlage für einen barrierefreien Garten - Ort der Begegnung und des Erlebens im Freien. Das Jahresspendenprojekt 2015 wird hier hoffentlich notwendige Gelder zusammentragen, um diesen schönen Ort auch fertigstellen zu können.

eigenen Wohnung, zum Teil in den Wohnangeboten in Radeberg und Liegau. Ich verbinde mit dieser Entscheidung, dass für die ehemaligen Bewohner des Stadthauses nun auch zukünftig das Wohnen in den eigenen vier Wänden gesichert ist. Für den gesamten Wohnbereich steht dieser Wunsch für 2015: Gewonnene Selbständigkeit der Bewohner weiter ausbauen und erhalten. Und um noch kurz auf das Londoner Agententhema zurück zu kommen: Als James Bond geht natürlich nur Pierce Brosnan. Andreas Oschika Leiter Bereich Wohnen

Das Stadthaus, die Außenwohngruppe in Dresden, schloss endgültig zum 30. September 2014. Alle Bewohner fanden ein neues Zuhause, zum Teil nun noch selbständiger in der

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Zuhause mit Glück: Ambulantisierungstagung in Radeberg schafft offenen Dialog.

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und 80 Gäste folgten der Einladung und kamen zur Ambulantisierungstagung Anfang Mai 2014 in Radeberg zusammen. Es war eine Tagung, die vor allem vom offenen Dialog geprägt war. Ein Dialog, bei dem insbesondere die Mieter der Radeberger Schloßstraße deutlich zu Wort kamen. Die Schloßstraße ist ein Wohnprojekt von Kleinwachau, dem Sächsischen Epilepsiezentrum Radeberg. In 17 ganz individuellen Wohnungen leben dort seit Juni 2013 Menschen mit Behinderung ein selbstbestimmteres Leben. Sie erhalten dabei personelle und technische Unterstützung durch das Epilepsiezentrum. Im Mai 2014 war es schließlich an der Zeit, eine erste Bilanz dieser neuen Form des Wohnens und des gesamten Umzugsprozesses zu ziehen. Moderiert von Frank Schaffrath, Referent Behindertenhilfe des AWO Landesverbands Sachsen e.V., kamen ganz unterschiedliche Referenten zu Wort. Andreas Oschika, der Wohnbereichsleiter des Epilepsiezentrums Kleinwachau, machte vor allem den Umfang des Ambulantisierungsprozesses deutlich. 2013 galt es für seine Mitarbeiter und ihn, 60 Umzüge zu organisieren und die Abteilung Ambulante Dienste neu aufzubauen. „Wir sprechen hier von einer Deinstitutionalisierung. Ziel ist es, dass Menschen unabhängig von ihrem Hilfebedarf nicht zu einer besonderen Lebensform, wie zum Beispiel in einem Heim, gezwungen werden sollen”, sagte Andreas Oschika. Eine unabhängige Lebensführung behinderter Menschen und deren Einbezie-

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hung in die Gesellschaft geschehen aber nicht von selbst. „Unsere Arbeit wird sich in den nächsten zehn Jahren noch deutlicher in diese Richtung entwickeln. Wir müssen gemeinsam versuchen, Türen zu öffenen und das mitten in der Stadt”, machte Andreas Oschika klar. Einige Mieter der Radeberger Schloßstraße brachten in ihrem ungezwungenen Vortrag Verbesserungsvorschläge für das Wohnprojekt mit. Einer von ihnen sagte: „Ich fühle mich sehr wohl in der Wohnung und bin ganz froh, dass meine Betreuer nicht so oft vorbeikommen. Mich stört nur, dass ich keine eigene Waschmaschine habe.” Angehörige, Mitarbeiter und Betreuer zeigten in interessanten Vorträgen ihre jeweilige Sicht auf die Umzüge und alle damit verbundenen Veränderungen. Im Dialog wurden positive als auch negative Erfahrungen offen diskutiert. Auch der Bauherr und gleichzeitige Vermieter der einzelnen Wohnungen, der Radeberger Architekt Mario Schubert, blickte auf die Planungs- und Bauarbeiten zurück. Deutlich machte er den schwierigen Spagat der Vereinbarkeit von barrierefreiem Wohnraum, den Auflagen des Denkmalschutzes und den damit verbundenen hohen Kosten. Schließlich handelt es sich bei den Wohnungen auf der Schloßstraße um Radebergs älteste Häuser. Am Ende waren es vor allem die Mieter, die bei dieser Tagung erneut Mut und Selbstbewußtsein bewiesen haben. Vor allem konnten sie aber deutlich machen, dass ihnen eine unabhängige Lebensführung mitten in der Gesellschaft zu Recht zusteht.

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nachgefragt Rainer Pohl, Stadtmission Zwickau „Es war eine spannende Tagung und eine Plattform zum Interessensaustausch. Ich finde es wichtig, dass die Meinung der Bewohner im Mittelpunkt der Tagung stand. Schließlich sind sie die Nutzer der neuen Wohnformen. Was mich ein wenig kritisch stimmt ist, dass das Wohnprojekt in der Schloßstraße Menschen mit Behinderungen wieder an einem Ort konzentriert. Auf der anderen Seite ist das Projekt für eine Komplexeinrichtung wie Kleinwachau sicher ein riesiger Schritt. Die Darstellung dieses spannenden Aufbauprozesses erlebte ich als sehr beeindruckend, es wurden Schwierigkeiten und Erfolge gleichermaßen offen angesprochen und diskutiert. Menschen mit Behinderungen werden schnell lernen, zwischen verschiedenen Alternativen selbst für sich zu wählen. Solch ein Projekt wird auch in Zukunft spannend bleiben, da Bewohner immer deutlicher ihre Interessen selbstbewusst vertreten werden.“

Gisela Grafe, Mutter einer Bewohnerin „Für mich als Mutter war das heute ein ganz aufregender Tag. Ich konnte mir einfach mal die Dinge von der Seele reden, die mich und meine Tochter bewegen. Toll waren auch die Bewohner, wie sie da alle versammelt auf der Bühne gesagt haben, was ihnen gefällt und was nicht. Da gehört viel Mut dazu. Ich fand es aber auch sehr bemerkenswert, dass so offen über Sachen geredet wurde, die bei dem Projekt schiefgelaufen sind. Nur so kann man lernen. Für die Bewohner der Schloßstraße wünsch ich mir vor allem, dass sie gemeinsam mit dem Haus so richtig aufblühen werden. Da müssen nun noch einige Angebote folgen, die das Drumherum für die Menschen lebenswert machen.“

Frank Schaffrath, AWO Sachsen „Der Dialog zwischen den Mietern, Eltern, Mitarbeitern, Architekt und Bauherren, sowie Kostenträgern und Vertretern anderer Einrichtungen hat mich wirklich positiv überrascht. Anfangs war ich ehrlich gesagt ein wenig skeptisch, dass sehr problematisierend diskutiert werden könnte. Aber nein, hier herrschte ein absolut positiver Grundtenor. Und ich denke, dass diese gemeinsame Tagung auch einiges bewirken kann. Zum Beispiel, dass die Bewohner mehr Selbstbewusstsein erlangen, dass der kommunale Sozialverband praktisch erfahren konnte, dass unser System und die Schubladen nicht mehr passen und dass es mehr Vermieter braucht, die einfach den Mut zu solchen Projekten haben. Das Wohnprojekt Schloßstraße ist da schon ein kleiner Leuchtturm, der in Radeberg strahlt.“

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„Mit 60 gehen andere ins Heim, ich ziehe in eine eigene Wohnung!”

neustart mit 60 jahren

E

ine eigene, kleine, ruhige und bezahlbare Wohnung in Dresden, „von so etwas habe ich immer geträumt, aber eigentlich nicht mehr daran geglaubt”, erzählt Herbert Späthe. Nun ging sein Traum in Erfüllung, nicht zuletzt durch den engagierten Einsatz seiner bisherigen Betreuerin Frau Schmieder, die auf dem hart umkämpften Dresdner Wohnungsmarkt das Passende fand. Bisher wohnte Herr Späthe im Stadthaus in Dresden. Der gebürtige Leipziger kam mit 13 Jahren nach Kleinwachau. 1991 zog er in die erste Dresdner Außenwohngruppe „Weinberg”, später auf die Königsstraße. „Dort habe ich mich wohl gefühlt”, erzählt er. „Aber hier ist es noch besser! Vor allem ist hier mehr Ruhe. Einmal in der Woche kommt eine Betreuerin vom Ambulanten Behindertenzentrum. Gleich gegenüber wohnt ein alter Bekannter.” Kirchgemeinde, Wandergruppe und

Fußballstadion sind weiterhin gut erreichbar, das ist ihm sehr wichtig. Für die Weinbergkirche trägt er den Kirchenboten aus, im Jugendhaus Intervall geht er zum Fußballtraining. „Da bin ich der Älteste, aber das macht nichts.” Die meisten seiner ehemaligen Dresdner Mitbewohner sind nach Radeberg oder Liegau-Augustusbad gezogen. Herr Badelt und Frau Eichler beispielsweise können nun die Kleinwachauer Seniorenbetreuung besuchen. Andere genießen den kürzeren Arbeitsweg aus Radeberg in die Kleinwachauer Werkstätten. Herr Späte hingegen genießt weiterhin das Leben in der Großstadt. Nur eins hat er mit dem Umzug leider verloren: seine Karte für das Spiel Dynamo-Dresden gegen Schalke 04. Aber den Verlust hat er inzwischen verkraftet und meint: „Zum Glück war’s nicht die Jahreskarte.”

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portrÄt Ein halbes Jahrhundert in Kleinwachau erlebt

I

ch wurde am 27. Juni 1936 in Hilmersdorf im Erzgebirge geboren. Meine Mutter war Strickerin und mein Vater Kraftfahrer. Meine Mutter zog mich allein groß, da meine Eltern nicht verheiratet waren. In dieser Zeit war das selten! 1943 wurde ich in die Grundschule in Hilmersdorf eingeschult, wir waren 17 Kinder in der Klasse. Fünf Jahre besuchte ich diese Schule, das war nicht so einfach für mich. Ich bekam meine ersten Anfälle und musste zu Hause bleiben. Das machte die Sache nicht besser. Von den anderen Kindern wurde ich manchmal ausgelacht. Ich wurde in verschiedenen Kliniken und Heimen aufgenommen, z. B. im Mai 1949 in Wehlen, wo ich acht Wo-

chen war. In Hubertusburg war ich 1957, dort roch es auf der Toilette nach Zigarettenrauch. Zu Hause in Hilmersdorf machte ich zwei Jahre Heimarbeit. Ich trennte Strümpfe auf und brachte sie zu einer Frau im Dorf, die sie weiterverarbeitete. 1963 habe ich Kleinwachau kennen gelernt, durfte sogar einige Wochen länger bleiben, weil Mama in einem Krankenhaus bleiben musste. Dafür bekam ich sogar eine Torte geschenkt! Dann konnte ich 1964 richtig einziehen. Da dachte ich: „Ich will in Kleinwachau bleiben und mich nützlich machen.“ Am Anfang wohnte ich im Mädchenhaus. Dort hatte ich verschiedene Aufgaben in der Wäschestube, in der Küche und ich habe mit Begeisterung die Gänge im Mädchenhaus gebohnert. Ruth Kolbe und Christine Pusch halfen mir dabei. Ich ging in Kleinwachau auch zur Schule zu Frau Schönfelder. 1972 zog ich ins Bodelschwinghhaus auf Station 1 um. Dort war ich Stationshilfe und zuständig dafür, die schmutzige Wäsche nach unten und die saubere wieder nach oben zu bringen. Heute kommt die Wäsche von alleine. Außerdem wurden alle vier Wochen die Betten bezogen. Das war eine Arbeit! Ich bekam 60 Mark Lohn dafür. Mit Irmgard Schönfeld bin ich gerne in die Pilze gegangen. Einmal kam Schwester Hella und sagte „Du hast Besuch.“ „Was - ich? Mich besucht doch niemand“, antwortete ich. Es war mein Vater, den ich viele Jahre nicht gesehen hatte. Er wollte, dass ich mich hinter ihn auf sein Motorrad setze. Das wollte ich nicht. So sind wir mit dem Bus nach Dresden gefahren. 2007 zog ich ins Tannenhaus und 2009 ins neue schöne Wiesenhaus. Was besonders schön war? Dass ich im Krippenspiel den Engel spielen und mitsingen durfte. Was mir jetzt am besten gefällt? Dass wir so schön zusammenhalten. In meinem Tagebuch aus alten Zeiten steht ein Spruch: Freude ist Kraft. Wer tief froh ist kann viel leichter gut sein. Helga Oettel

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mein b u a l ur

Hallo!

ar . Ich w d i v a D l me ist en Ma t a s N r e n i um Me mer z as war toll , m o S im tsee . D ar sehr sals O r e w an d Wasser gab's abends s a d r sch ür abe l , daf udeln , die a g E . g zi d -N oladen stens süß un k o h c S ig es gar n wen mecke . Wir hatten nd . Sona ig nudel eit zum S tr aber nur w ir nicht ben w cht. Dafür a h e m u nencre m Tag gebra Fußball e l an ein ir ganz vie en Jungs. w eg haben : Mädchen g Fingernäe lt gespie m „lackiert e Klappe”. a ß e Also T n Team „gro ürlich get ge gel” ge gs haben na n Wir Ju . n wonne r g tolle i t h c i r ar ein Das w . DANKE! Urlaub

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Alle in einem Boot

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eit vier Jahren wohnt Marie Trobisch im Kleinwachauer Wiesenhaus. 2014 hatte sie zum ersten Mal die Gelegenheit, mit ihrer Mutter am traditionellen Dampferausflug teilzunehmen. Mit von der Partie waren ihre ehemaligen Klassenkameraden Robin Kowtsch und Karsten Wolf. „In unsere Vorfreude mischten sich allerdings auch Bedenken”, erzählt Maries Mutter Erika Trobisch. „Wie wird das sein, so lange auf einem Schiff zu sitzen? Man kann ja nicht einfach aussteigen, wenn es langweilig oder zu anstrengend wird. Doch wir haben schnell gemerkt, dass diese Sorgen überflüssig waren. Außer zum Essen waren wir fast gar nicht auf unseren Plätzen. Wir sind immer der Musik gefolgt. Es war wunderbar, wie die Kantorin und die Bläser von Deck zu Deck zogen. Zusammen mit anderen sorgten sie für tolle Stimmung. Der Reiseführer Herr Höhne machte auf Sehenswertes aufmerksam. Alles war prima organisiert: die An- und Abreise mit den Bussen, die Verpflegung. Dieser Ausflug ist eine tolle Sache. Alle sind einbezogen, unabhängig von ihrer Behinderung. Man hat Zeit für einander, für intensive Zuwendung und für zwanglose Gespräche. Da meine Tochter selbst nicht spricht, kann sie auch nicht aus ihrem Alltag erzählen. Durch Betreuer und Mitbewohner bekam ich einen Eindruck von dem, was sie im Alltag erlebt. Besonders interessant war für mich das Treffen mit einem jungen Mann aus Russland, der in Kleinwachau arbeitet. Mir fielen einige russische Worte ein. Auch Frau F., eine Mitbewohnerin meiner Tochter, hatte noch Vokabeln aus ihrer Schulzeit parat. Sie blühte dabei richtig auf! Überhaupt habe ich viele frohe Gesichter an diesem Tag gesehen. Viele hatten sich für den Ausflug extra schick gemacht. Das Schiffspersonal war sehr zuvorkommend und hatte sich prima auf uns eingestellt. Vielen Dank an die Kleinwachauer Veranstalter für diesen gelungenen Tag, die gute Atmosphäre und die angenehme Gemeinschaft!”

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MAI

Juli

Viel Spaß beim Fasching.

und sonst...

Special Olympics in Düsseldorf : Kleinwachauer Sp or tler traten be i Fußball, Leichtathletik , Bo ccia und Schwim men an.

...SchloS Sstrasse

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„Wir müssen unseren behinderten Beschäftigten attraktive Arbeitsplätze bieten.”


Auf dem Weg

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ach längerer Übergangszeit haben die Kleinwachauer Werkstätten wieder eine Werkstattleitung. Ich freue mich über diese Aufgabe. Gepaart mit einer offenen Kommunikation möchte ich die Werkstatt betriebswirtschaftlich ausrichten. Mit kleinen Schritten sollen unsere Angebote und Produkte verbessert und durchaus auch verändert werden. Der Mensch bleibt dabei weiterhin der Fokus all unserer Arbeit. Wir müssen unseren behinderten Beschäftigten attraktive Arbeitsplätze bieten. So wie zum Beispiel für Martin Zschirpe. Er und der „spider“ sind mein „Foto des Jahres“. Wir führten den auffallend gelben Böschungsmäher im Garten- und Landschaftsbau ein, da er extreme Hanglagen mähen kann und das per Fernsteuerung. Rücken und Gelenke der Arbeiter werden geschont, selbst ein Rollstuhlfahrer kann die Maschine bedienen. Bemerkenswert für die Kleinwachauer Werkstätten sind auch die vielen ausgelagerten Arbeitsplätze. Auf den folgenden Seiten können Sie selbst lesen, wie sich unser Beschäftigter Johannes Schneider bei der Firma Hansa-Flex richtig zugehörig fühlt. In unserer Radeberger Außenstelle haben wir erstmals eine

Metallstrecke aufbauen können, die wir zukünftig weiter ausbauen möchten. Die Bereiche Holz und Keramik wollen wir auch verändern, hin zu Manufakturen mit hochwertigen Produkten und Kundeneinzelfertigungen. Deswegen verändert sich auch unsere Vertriebsstrategie. Zum Ende des Jahres 2014 werden wir den Werkstattladen in Radeberg schließen, da wir uns ausschließlich auf den Verkauf unserer eigenen hochwertigen Produkte konzentrieren möchten. Gleichzeitig bauen wir den Werksverkauf in Kleinwachau aus und werden über Partner an weiteren Standorten präsent sein. Zum Beispiel auch auf dem Dresdner Striezelmarkt.

den Übergang zwischen Werkstatt und Förderbereich sehr durchlässig gestaltet haben. Die Werkstatt bietet nun zwei Arbeitstrainingsgruppen an, der Förderbereich eine Lerngruppe. Diese Gruppen sollen schwächere Beschäftigte auf eine Arbeit in der Werkstatt vorbereiten. Wir konnten so ein beispielgebendes Alleinstellungsmerkmal schaffen. 2015 wird ein spannendes Jahr und die angestrebten Veränderungen werden gewiss einen Wechsel zum Besseren bringen. Ein langer Weg beginnt mit dem ersten Schritt. Carla Weller-Albrecht Werkstattleiterin

Das Ziel all dieser Maßnahmen ist eine Steigerung der Erlöse. Diese Steigerung ist wichtig, um einerseits den Beschäftigten hohe Löhne anbieten zu können und andererseits Finanzmittel für ein weiteres Wachstum bereitzustellen. Dabei entsteht ein deutlicher Konflikt zwischen Pädagogik und Produktionszahlen. In Kleinwachau sind wir offen für alle Menschen, vor allem auch für diejenigen, die anderswo keine Aufnahme finden. Gleichzeitig müssen wir aber auch ein gutes Ergebnis erwirtschaften. Das birgt Konflikte in sich. Im September 2014 haben wir einen ersten Lösungsansatz entwickelt, indem wir

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Unter Kollegen. Wie ausgelagerte Arbeitsplätze ein Gefühl von Zugehörigkeit schaffen.

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ohannes Schneider ist 25 Jahre alt und kommt gerade mit einer Gruppe Kollegen aus der Mittagspause. „Sehen Sie, das ist Johannes, eben ganz pünktlich. Der hat eine Uhr eingebaut“, freut sich Frank Lehmann über seinen Schützling. Herr Lehmann leitet den Warenausgang der Firma Hansa-Flex im Weixdorfer Gewerbegebiet. Irgendwie sticht Johannes jedoch aus der Gruppe heraus. Aber nicht aufgrund seiner Behinderung, schuld ist die blaue Latzhose. Die anderen tragen schließlich firmenrote Einheitskleidung. Das hat aber keinen ausgrenzenden Grund, vielmehr einen ganz pragmatischen: Johannes Schneider arbeitet bei der Firma Hansa-Flex auf einem ausgelagerten Arbeitsplatz der Kleinwachauer Werkstätten. Ein Werkvertrag zwischen dem Unternehmen und der Werkstatt für behinderte Menschen regelt dabei, dass Johannes weiterhin seinen Lohn von der Werkstatt erhält, diese wiederum die geleisteten Arbeitsstunden direkt mit der Firma Hansa-Flex

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abrechnet. Natürlich ist Johannes mit diesem Modell noch nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt angekommen, das Gefühl „in einer Firma dazu zu gehören und gebraucht zu werden“ wiegt das aber auf. „Ich verstehe mich super mit meinen Kollegen, wir sind ein richtiges Team“, freut sich der junge Langebrücker. Neun Mitarbeiter hat Frank Lehmann in der Abteilung Warenausgang unter sich, davon zwei Beschäftigte aus den Kleinwachauer Werkstätten. Mit charmantem Witz koordiniert der Oberlausitzer seine Schützlinge aus Kleinwachau und findet dabei für jeden eine passgenaue Aufgabe. „Natürlich fordert mich die Arbeit mit behinderten Menschen auch selbst“, sagt er und präzisiert das so: „Ich muss einige Dinge anders erklären, es einfach und verständlich machen.“ Johannes aber braucht es gar nicht so einfach, auf seinem Fertigungsprogramm stehen heute unsagbar schwere Worte: Pressnippel, Überwurfmutter und Kupferlotring. Mit viel Fingerspitzengefühl macht er sich an die schweren Fachbegriffe. Von ihm kommentiert klingt der Arbeitsschritt dann doch ganz einfach: „Kupferlotring kommt auf Pressnippel, mit Röhrchen reindrücken, klick-klack, sitzt und ab in die Kiste.“ Diese Routine fasziniert selbst Frank Lehmann: „Johannes ist sehr wachsam und irgendwie immer in Bewegung. Er sieht die Arbeit, ihn muss man nicht erst darauf hinweisen.“ Es sind lobende Worte für eine Zusammenarbeit, die schon vor vielen Jahren begann. Damals wurden die Produkte direkt in den Kleinwachauer Werkstätten montiert. „Wir optimierten diesen Prozess, in dem wir vor allem die Transportwege einsparten, um schneller auf Produktionsspitzen reagieren zu können“, fasst Frank Lehmann den Grundstein für die ausgelagerten Arbeitsplätze zusammen. Also holte sich Hansa-Flex die Werkstattbeschäftigten direkt in die Weixdorfer Produktionshallen. Anfangs waren das noch Praktikumsplätze, die dann nach und nach dank erfolgreichem Inklusionsmanagement in ausgelagerte Arbeitsplätze umgewandelt wurden. Auf die Betreuung aus Kleinwachau muss Johannes aber nicht verzichten. Einmal in der Woche kommen Mitarbeiter vom Sozialen Dienst der Werkstatt an den ausgelagerten Arbeitsplatz. „Sie fragen mich nach Problemen, aber die gibt es kaum“, sagt Johannes und dreht sich wieder um zu den Pressnippeln und Kupferlotringen. Er hat hier eine Aufgabe, die ihn spürbar zur Firma dazugehören lässt.

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Die zahme Riesenspinne

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in wenig unheimlich wirkt es schon, wenn das ferngesteuerte Ungetüm näher kommt. Doch der junge Mann am Schalthebel hat die grasfressende Spinne fest im Griff. Von einem Stahlseil gesichert bewegt sich der „spider” auf dem extrem schrägen Hang eines Wasser-Hochbehählters. Dabei hinterlässt er eine sauber abgemähte Fläche. Der Mann am Schalthebel ist Martin Zschirpe. Schnell hat der Werkstattbeschäftigte gelernt, das riesige Gerät mit der Fernbedienung zielgenau zu steuern. „Aber man muss schon sehr aufpassen”, meint er. Der Allradantrieb reagiert auf kleinste Bewegungen am Steuerungshebel. Das erfordert Fingerspitzengefühl, denn alle vier Räder lassen sich gleichzeitig lenken. Statt der körperlich schweren Mäharbeit ist nun höchste Konzentration gefordert. Dass das ebenfalls viel Kraft kostet, merkt er am Ende des Arbeitstages. Aber dafür hat das neue Gerät eine viel größere Fläche geschafft, als es Beschäftigte mit einer Motorsense leisten können, und dabei noch Rücken und Gelenke der Arbeiter geschont.

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Der Böschungsmäher ist vollgestopft mit ausgeklügelter Technik. Die Maschine verfügt über eine besondere Lenktechnik. Sein Name „spider”, auf Deutsch also „Spinne“, kommt nicht von ungefähr. Wie eine Spinne sich am eigenen Faden abseilen kann, so kann sich der „spider” an einer Seilwinde halten und an den steilsten Böschungen Gras mähen. Gerade über diese Funktion freut sich Gruppenleiter Christoph Gierlich: „Wir haben sehr viele Aufträge für Flächen mit steilem Gefälle, auf denen wir Gras mähen. Mit dem ͵spider‘ ist unsere Arbeit nun wesentlich sicherer.“ Der Einsatz des neuen Mähers bringt neben der höheren Sicherheit aber einen ganz besonderen Vorteil: Zum Mähen wird keine Körperkraft mehr benötigt. Und so könnte auch ein Rollstuhlfahrer diesen ferngesteuerten Böschungsmäher bedienen. Die Investitionskosten wurden aus diesem Grund zu einem hohen Teil vom KSV (Kommunaler Sozialverband) getragen.


mehr Zeit für die Rückkehr ins Arbeitsleben

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ven Aley verrichtet seine Arbeit mit Links. Im wörtlichen Sinne, denn die rechte Hand kann er kaum benutzen. Dafür ist die linke umso stärker. Geschickt fügt er Nagelscheiben zusammen. Bis zum Mittag hat er eine ganze Menge geschafft, dann aber erlahmen die Kräfte zusehens. Nach einer überstandenen schweren Erkrankung ist Herr Aley in einer der beiden neuen Arbeitstrainingsgruppen der Werkstatt beschäftigt. Hier kann er den Wiedereinstieg in den Werkstattalltag langsam trainieren. In kleinen Gruppen und einer ruhigen Umgebung werden Arbeitsabläufe ganz gezielt trainiert. Auch junge Leute, die die Förderstätte besuchen, absolvieren hier Praktika zum eventuellen Einstieg ins Arbeitsleben oder in die Berufsbildung. Das Ganze ist Teil eines neuen Konzeptes: Der Übergang von der Förder- und Betreuungsstätte in den Arbeitsbereich soll besser strukturiert und zugleich durchlässiger werden. Vorstufe fürs Arbeitstraining ist die ebenfalls neue Lerngruppe der Förderstätte. Hier werden grundlegende Voraussetzungen fürs Arbeitsleben getestet. Auch Herr Aley hat nach seiner Erkrankung zunächst hier ein Praktikum absolviert. „In dieser Gruppe schauen wir danach, ob jemand grundsätzlich Interesse am Arbeiten zeigt sowie ein Minimum an Konzentrationsfähigkeit und Ausdauer aufbringt”, erklärt Claudia Thiere. Die Ergotherapeutin war maßgeblich an der Entwicklung des Konzeptes beteiligt, das eine gezieltere Förderung ermöglichen soll. Sie fügt hinzu: „Die Menschen, die zu uns kommen, sind sehr individuell. Um ihr Potential zu erkennen, müssen wir uns auf jeden einstellen und flexibel auf Veränderungen ragieren.” In der Lerngruppe wird das Arbeiten vor allem unter therapeutischem Aspekt gesehen. Es gibt keinen Zeit- oder Erfolgsdruck. Dennoch ist der Übergang in eine Arbeitstrainingsgruppe das große Ziel. Sven Aley jedenfalls hat das bereits geschafft. Er ist zurück im Arbeitsleben!

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Werkstattladen in Radeberg schließt, Werksverkauf in Liegau-Augustusbad wird ausgebaut

Zum 23. Dezember 2014 wird der Kleinwachauer Werkstattladen auf der Stolpener Straße 12 in Radeberg geschlossen. Grund für die Schließung ist eine Neuausrichtung des Vertriebs der Kleinwachauer Werkstätten. Martin Wallmann, Geschäftsführer des Sächsischen Epilepsiezentrums Kleinwachau, erklärt den Entschluss: „Wir wollen den Verkauf unserer eigenen Produkte stärken. Deswegen werden wir ab 2015 keine Produkte anderer Werkstätten mehr anbieten. Ziel ist es, die Kunden von unseren eigenen Produkten zu überzeugen, denn die sind sehr hochwertig.

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Sinn, denn schließlich werden sie von Menschen mit Behinderungen produziert.“ Ab Frühjahr 2015 wird der Werksverkauf in den Kleinwachauer Werkstätten dann in neuen Räumlichkeiten für die Kunden geöffnet sein. In einem einladenden Ambiente wird die Kleinwachauer Produktvielfalt präsentiert werden. Die Räumlichkeiten des derzeitigen Werkstattladens in Radeberg werden dann eine neue Verwendung finden. Es ist geplant, diese für die Produktion der Außenstelle der Kleinwachauer Werkstätten zu nutzen.

Neue Metallstrecke in der Außenstelle Radeberg

In der Radeberger Außenstelle der Kleinwachauer Werkstätten drehen sich nun Gewindeschneider und Bohrer aus Hartmetall. Drei neue Maschinen bilden den Anfang einer Metallstrecke, die das Team rund um Jörg Heintzsch bedient. Der gelernte Zerspanungsmechaniker hat bereits 13 Werkstattbeschäftigte für die Arbeit an den Geräten ausgebildet. Das Besondere: Teilautomatisierte Prozesse minimieren den Kraftaufwand für die Beschäftigten. Gebohrt wird also auf Knopfdruck oder ganz bequem mit einem Fußpedal. Für Graugusserzeugnisse läuft gerade eine Testproduktion von Bohr- und Gewindeschneidarbeiten an. Dabei ist höchste Qualität gefordert, Abweichungen werden nur im kleinsten Millimeterbereich

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Und wo könnten wir das besser tun, als direkt in der Werkstatt in Liegau-Augustusbad. Wir schließen also den Werkstattladen in Radeberg, um den Werksverkauf in Liegau-Augustusbad ausbauen zu können. Denn gerade die Keramikprodukte aus Kleinwachau genießen ja in der Umgebung einen guten Ruf. Ob bunt bemalte Übertöpfe oder Windlichter, aber auch Holzprodukte vom Tisch bis zum Vogelhaus: In den Kleinwachauer Werkstätten werden viele interessante Produkte hergestellt. Bei allen Waren handelt es sich um reine Handarbeit. Es sind Produkte mit sozialem

toleriert. Um dieses Ziel durchweg erreichen zu können, sollen eigens angefertigte Vorrichtungen helfen. Diese vereinfachen den behinderten Beschäftigten die Positionierung der Gussteile an der Maschine. Die Beschickung und das Abnehmen erfolgt also per Hand, der Bohrvorgang dann aber völlig automatisch. Je nach Material können die Maschinen mit unterschiedlichen Parametern für Drehzahl und Vorschub eingestellt werden. Auch hohe Vorschübe sind möglich, wodurch schnell und effektiv produziert werden kann. Neben Grauguss kann auch Aluminium und Stahl bearbeitet werden. Die Anschaffung der drei Maschinen ist ein erster Schritt, um die Metallbearbeitung in den Kleinwachauer Werkstätten in den nächsten Jahren weiter ausbauen zu können.

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Paso doble wächst

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ie Beschäftigung von Menschen mit Behinderung in Arbeitsverhältnissen des allgemeinen Arbeitsmarktes, das ist der besondere Zweck des Kleinwachauer Integrationsunternehmens Paso doble. Fokus der täglichen Arbeit ist das Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung. Beide Gruppen profitieren, da sie im Umgang miteinander letztendlich voneinander lernen. Das Paso doble beschäftigt mittlerweile 27 Mitarbeiter, von denen 13 schwerbehindert sind bzw. schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind. Zu den verschiedenen Behinderungen zählen geistige Behinderungen, psychische Beeinträchtigungen und Körperbehinderungen. Wichtig ist, die Menschen trotz ihrer Behinderungen so einzusetzen, dass sie eine gute Arbeitsleistung erbringen können. Dazu gehören neben technischer Unterstützung bei der Arbeitsplatzausstattung auch ein offener und ehrlicher Umgang und ein gutes Betriebsklima. Dies sorgt für die notwendige Motivation aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, unabhängig von einer Behinderung. Ab dem 1. Januar 2015 gilt in Deutschland bundesweit der gesetzliche Mindestlohn, so auch für die Mitarbeiter des Integrationsunternehmens Paso doble. Für Menschen mit einer Arbeitsleistung, die deutlich unter 8,50 EUR liegt, kann es durch die Einführung des Mindestlohnes zukünftig schwieriger werden, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt überhaupt erst Fuß zu fassen. Problematisch vor allem für geringfügig Beschäftigte und Geringqualifizierte. Hubertus Schreiber, Koordinator des Integrationsunternehmens Paso doble, sieht die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns dennoch gelassen: „Der Mindestlohn ist gut für unsere Mitarbeiter. Für das Paso doble beudetet das aber gar keinen so großen Schritt, da wir bereits seit Jahren eine Entlohnung in Anlehnung an den Tarif für Gebäudereiniger zahlen. Daher bleibt die Anpassung an den gesetzlichen Mindestlohn für uns relativ überschaubar. Dennoch

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rechnen wir mit Mehrkosten in Höhe von 20.000 EUR pro Jahr.“ Und noch eine Veränderung wird das Jahr 2015 für das Integrationsunternehmen Paso doble mit sich bringen: Es wird zu einem trägerübergreifenden Integrationsunternehmen ausgebaut werden. Als Partner konnten die Diakonie Stadtmission Dresden und die Volkssolidarität Dresden überzeugt werden, sich am Paso doble zu beteiligen. Hauptanteilsinhaber bleibt dabei das Sächsische Epilepsiezentrum Kleinwachau. Verbunden mit dem Einstieg der neuen Partner ist der Gedanke, weitere Auftragsfelder zu erschließen. „Dies ist eine Chance, durch neue Aufträge wiederum Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung zu schaffen. Und das ist ja schließlich der Kern jeder Integrationsfirma“, beschreibt Hubertus Schreiber die Hintergründe für die Trägererweiterung.

oble d o s Pa in n Zahle


verständigung

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ls kleiner Junge wollte René Stalke am liebsten Busfahrer werden, wie sein Vater, der ihn immer mal mit auf Tour nahm. Doch daraus wurde nichts, denn der junge Mann ist seit seiner Geburt gehörlos. So erlernte er den Malerberuf und arbeitete in verschiedenen Handwerksbetrieben. Im März 2014 wurde er durch das Integrationsamt Bautzen auf das Kleinwachauer Integrationsunternehmen Paso doble aufmerksam. „Ich habe mir das mal angeschaut und fand es gut, auch den Chef“, erzählt er. Mit „Chef“ ist Thomas Weigelt gemeint. Er ist der Teamleiter des Bereichs Logistik. Mit gehörlosen Mitarbeitern hat er Erfahrungen. „Herr Stalke ist sehr aufgeschlossen und kommunikativ“, meint er und erklärt: „Wir sind schnell in Kontakt gekommen. Wir verständigen uns über langsam gesprochene Worte, die er aus dem Gesicht abliest, über Geschriebenes und Zeichensprache. Auf einer Weiterbildung habe ich sogar ein wenig Gebärdensprache gelernt. Wichtig sind auch allgemeine Regeln, wie Blickkontakt beim Sprechen, intensive Mimik und Gestik. Das ist anfangs ungewohnt, klappt aber prima.“ Im Team fühlt sich René Stalke inzwischen auch recht wohl. Missverständnisse bleiben nicht aus, „aber es wird immer besser“, sagt er. Durch sein Hörgerät ist er in der Lage, Sprachanteile zu verstehen und etwas verbal zu kommunizieren. Bei größeren Versammlungen erhalten die ge-

ist kein problem hörlosen Mitarbeiter die Unterstützung durch einen Gebärdendolmetscher. Thomas Weigelt ist froh über den Zusammenhalt im Team: „Jeder braucht jeden, keiner wird ausgeschlossen. Herr Stalke ist ein sehr selbständiger und handwerklich geschickter Mitarbeiter. Als Maler wird er bei uns dringend gebraucht, denn viele unserer kommunalen Aufträge sind mit Malerarbeiten verbunden. Da waren z. B. die Instandsetzungsarbeiten an den Liegauer Bushaltestellen oder die Renovierung der Innenräume der Freiwilligen Feuerwehr. Dort erhielten wir gleich noch einen Folgeauftrag: Pflasterarbeiten im Außenbereich.” Herr Stalke fügt hinzu: „Mir gefällt auch die Abwechslung, dabei lerne ich viel Neues.“ So war es beispielsweise beim Bau eines Unterstandes für eine Radeberger Kita. Schnell hatte er sich in den Umgang mit dem Baumaterial Holz eingearbeitet. Zurzeit ist er an den Vorbereitungsarbeiten für das neue Edelstahlbecken im Kleinwachauer Therapiebad beteiligt. Täglich fährt der 32-jährige mit Bus und Bahn aus seiner Heimatstadt Bautzen zur Arbeit nach Liegau-Augustusbad. Das Wochenende verbringt er am liebsten auf dem Reiterhof in Neschwitz. Samstags trainiert er auf dem Reitplatz mit seinem Pferd Benny. Und auch hier funktioniert die Verständigung bestens. Es braucht nicht immer Worte!

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vielen Dank! Therapiebad wird saniert Das Jahresspendenprojekt 2014 nimmt Gestalt an. Dank vieler Spender konnten Ende Oktober 2014 die Sanierungsarbeiten des Therapiebades beginnen. Im ersten Schritt wurde das alte Therapiebecken entfernt. Es bestand aus einer Kunststoffhartschale, die nach 10-jährigem Dauerbetrieb deutliche Verschleißspuren aufwies.

Bis zum Jahresende 2014 werden die Sanierungsarbeiten abgeschlossen sein. Somit kann der Badespaß für die Förderschüler, Bewohner und Patienten bereits Anfang 2015 beginnen.

Im November 2014 wurde schließlich mit dem Einbau des Edelstahlbeckens begonnen. Mit einer Länge von 5,60 m und einer Breite von 4,80 m wird es so eine Wasserfläche von 24 m² bieten. Die Wassertiefe variiert zwischen 80 cm und 1,20 m.

Stand November 2014

Der Werkstoff Edelstahl ist eine nachhaltige Lösung in puncto Kosten, Reinigung und Umwelt. Ein Becken aus dem robusten Material Edelstahl ist nicht nur haltbarer als Folie oder Hartkunststoff, sondern auch leichter zu pflegen und zu reinigen. Außerdem hält es den therapiebedingt notwendigen hohen Temperaturen besser stand.

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Herzlichen Dank an alle Spender!

Einnahmen Jahresspendenprojekt 2014:

22.695 EUR

Aus allgemeinen Geldspenden der Vorjahre wurden auf das Projekt umgewidmet:

33.657 EUR

Gesamtsumme Spenden bisher:

56.352 EUR

Baukosten incl. MwSt.:

70.000 EUR


SPENDENPROJEKT 2015 Noch sieht er recht kahl aus, der neue barrierefreie Gemeinschaftsgarten am Talhaus. Sie können mit einer Spende dazu beitragen, dass er ein bunter Ort der Begegnung und des Erlebens im Freien wird. Erholung finden, Natur erleben, Schatten spenden - das sind die Schlagworte für den Talhausgarten. Worte, die Investitionen bedeuten. Bisher wurden bereits 60.000 EUR durch Kleinwachau für den Bau des Gartens ausgegeben. Nun werden noch Bänke, Gartenstühle, eine Brunnenpumpe, große Sonnenschirme, Pergola und eine Buchenhecke benötigt. Die Investitionssumme beläuft sich so auf 16.000 EUR. Ihre Spende kann also helfen, dass sich die Senioren aus dem Talhaus, aber auch die Bewohner des benachbarten Waldhauses und die Beschäftigten der Förder- und Betreuungsgruppe in diesem Gemeinschaftsgarten wohl fühlen werden.

Verwendungszweck: Talhausgarten

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Bitte helfen Sie mit Ihrer Spende! Vielen Dank! Spendenziel: 16.000 EUR

Bitte geben Sie bei Ihrer Überweisung Ihre Adresse im Verwendungszweck mit an. Sie erhalten dann automatisch von uns eine Spendenquittung.

SPENDENKONTO Empfänger Förderverein Epilepsiezentrum Kleinwachau e.V. IBAN DE25 3506 0190 1615 9600 94 BIC GENODED1DKD VERWENDUNGSZWECK Talhausgarten

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täglich frisches Mittagsmenü Saalvermietung Catering

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Hier arbeiten Menschen mit und ohne Handicap gemeinsam.

www.pasodoble-radeberg.de

Radeberg, Stolpener Str. 12 E-Mail: kontakt@pasodoble-radeberg.de Tel. (03528) 22 906 20

Jahresspendenprojekt 2015:

TALHAUSGARTEN Vielen Dank für Ihre Unterstützung!

www.epilepsieberatung-dresden.de


interaktive Chronik Die geschichtliche Entwicklung Kleinwachaus wird auch über das Jubiläumsjahr 2014 hinaus greifbar bleiben. Und das auf eine ganz moderne Art und Weise. Auf einer interaktiven Chronik kann sich nun jeder im Internet über die Geschichte des Sächsischen Epilepsiezentrums informieren. Historische Berichte, alte und neue Fotos und sogar Videos bringen dem Betrachter die Entwicklung der Einrichtung näher. Zum Beispiel wird man von einem

Sprecher mitgenommen in das Jahr 1907. Er berichtet über einen Tagesablauf aus dem damaligen Kleinwachau. Auf einer anderen Seite erhält der Besucher einen direkten Vergleich zwischen damals und heute, indem Fotos hin- und hergeschoben werden können. So wird beispielsweise die technische Entwicklung des EEG-Monitorings deutlich sichtbar. Begeben auch Sie sich auf die historische Reise und schauen Sie selbst nach!

IMPRESSUM Herausgeber Kleinwachau Sächsisches Epilepsiezentrum Radeberg gGmbH Wachauer Str. 30 01454 Radeberg Tel.: (03528) 431-0 E-Mail: kontakt@kleinwachau.de www.kleinwachau.de

verantwortlich für den Inhalt Martin Wallmann (Geschäftsführer)

Fotos & BILDER Öffentlichkeitsarbeit des Sächsischen Epilepsiezentrums Radeberg, S.12: © Eisenhans - Fotolia.com, S.30: Frank Eichel, Andrea Katheder, S. 22,24,25: © buruckerbarnikol + thoma architekten

konzept, Redaktion, Layout & Grafik Abteilung Öffentlichkeitsarbeit Alexander Nuck (Leitung) Patricia Wachsmuth

Auflage: 3.300 Stück, kostenlose Verteilung frei Haus Druck KONSTA Druck & Werbung, Inhaber: Ralf Gauptys Radeberger Straße 34, 01454 Feldschlößchen Kleinwachau | 55


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Nehmet einander an, wie Christus euch angenommen hat zum Lobe Gottes. Römer 15, Vers 7

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Wir laden Sie herzlich ein.

Tag der offenen Tür in Kleinwachau 27. März 2015

Dreiländertagung der Epileptologen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz 22. - 25. April 2015 Internationales Congress Center Dresden Patiententag „Trotz Epilepsie glücklich!” 25. April 2015 Internationales Congress Center Dresden Tanz in den Mai 2. Mai 2015 Saal der Kleinwachauer Werkstätten Theateraufführung der Förderschule „Werkstatt der Schmetterlinge” 8. Mai 2015

Jahreslosung 2015

Kleinwachauer Sommerfest und Kirchspieltag Radeberger Land 4. Juli 2015 13. Epilepsieforum 10 Jahre Epilepsieberatung Dresden 10. Oktober 2015 Dresden, An der Kreuzkirche 6 Weihnachtsmarkt der Förderschule 4. Dezember 2015

www.kleinwachau.de 56 | Kleinwachau


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