KiZ-ePaper 18/2015

Page 28

28 Kultur

30. April 2015

für sie gelesen

Zwischen Freiheit und Geldnot: Schauspiel ohne fixes Engagement

Ein Hitlerjunge erzählt

„Beim ersten Mal muss es krachen“

„Ich hatte einen Blick in die Hölle geworfen“, fasst Helmut J. Kislinger, 1929 in Ried im Innkreis geboren, seine Jugend-Erinnerungen zusammen. „Von falschen Idealen irregeleitet, fanatisiert, abenteuerlustig und zum Kampf erzogen, glaubten sie 1945 doch noch, das Großdeutsche Reich vor den Feinden retten zu können.“ Als ehemaliger Hitlerjunge erzählt Kislinger, wie er die Kriegszeit „verführt und missbraucht“ erlebt hat und wie er diese Erfahrungen verarbeitet hat. So begeistert er der Hitlerjugend beigetreten ist, so sehr hat er seine Einstellung durch Erfahrung verändert. Am Ende des Buches schreibt er, dass es vieler Jahre bedurft hat, dass sich Österreich von den Wunden des Weltkrieges sowie der unseligen Naziherrschaft erholt hat Verführt und missbraucht. Helmut J. Kislinger, Verlag Ennsthaler, 2009, 159 Seiten, € 14,80; ISBN 978-3-850688277.

Leopold Figl In St. Pölten zeigt das Landesmuseum aktuell (bis 26. Oktober) die Ausstellung „Figl von Österreich“. – Am 9. Mai jährt sich zum 50. Mal der Todestag des ersten Bundeskanzlers der Zweiten Republik und Staatsvertrags-Außenministers Leopold Figl. Der Glaube an Österreich prägte Figl. Autorin Birgit Mosser-Schuöcker geht dem Werden des Staatsvertrags, dem Lebenswerk Figls, anhand seiner Aufzeichnungen und von Notizen von Politikern seiner Zeit nach. Unveröffentlichte Eintragungen ins Gästebuch, bislang unver­ öffentlichte Briefe aus dem Konzentrationslager und Schilderungen von ihm nahen Menschen zeichnen ein sehr persönliches Bild des großen Politikers. Leopold Figl. Der Glaube an Österreich. Birgit Mosser-Schu­ öcker, Amalthea Signum, 256 Seiten, € 24,95, ISBN 978-3-850029179.

Katharina Pilar ist Schauspielerin in der freien Theaterszene. Sie ist süchtig danach, auf der Bühne in andere Figuren zu schlüpfen. Kann sie davon auch leben? Christine Grüll

Katharina Pilar brennt für das Theater. Seit sie 13 Jahre alt war, wollte sie auf der Bühne stehen. Diese Sehnsucht hat sie nicht losgelassen. Sie lernte Schauspiel am Schauspielhaus in Salzburg, der ehemaligen Elisabethbühne. Heute ist sie freie Schauspielerin ohne festes Engagement an einem Theater. Rollen selbst aussuchen. „Ich fühle mich dadurch freier“, sagt Katharina Pilar im Gespräch. „Ich könnte mir gar nicht vorstellen, zum Beispiel fix am Landestheater zu sein.“ Die Freiheit, sich die Rollen selbst auszusuchen, finanziert sich die Schauspielerin durch eine Anstellung beim Ars Electronica Center in Linz. Der Sicht auf den armen Künstler, der erst in prekären Lebensumständen leidenschaftliche Kunst produziert, kann sie wenig abgewinnen. „Es gibt die Schauspieler, die seit Jahren an einem Theater spielen mit den immer gleichen Regisseuren. Da entwickelt sich nichts weiter. Aber wenn man ständig auf der Suche nach Engagements sein muss, kann das seelisch krank machen.“ Eine Berufung. Ihren Job am Ars Electronica Center macht sie gerne, sagt Katharina Pilar. Doch ihre Berufung ist das Schau-

KirchenZeitung Diözese Linz

Katharina Pilar spielte u.a. am Stadttheater Heidelberg und 15 Jahre am Theater Tabor. Zurzeit ist sie mit der Theatergruppe „Bunt kariert ungeniert“ zu sehen. Pilar

spiel: in eine literarische Figur „hineinzusteigen“ und auf eine höhere Ebene zu wechseln, die sich vom Alltag abhebt. Die Sprache fasziniert die Schauspielerin dabei besonders und sich hineinzuleben in eine Situation, sich wie eine andere Person zu fühlen, deren Gefühle und Erkenntnisse zu erleben. „Das ist wie eine Sucht“, sagt Katharina Pilar. „Wenn man spielt, setzt man sich mit dem Menschsein auseinander.“ Tragische Figuren wie die Elisabeth in „Maria Stuart“ von Friedrich Schiller oder die Lady Macbeth von William Shakespeare würde sie gerne spielen. Denn Tragödien fördern das Mitgefühl, ist sie überzeugt. Komisch zu spielen ist schwer. Ab 2. Mai steht Katharina Pilar aber in einer Komödie auf der Bühne. Nach 15 Jahren am Theater Tabor in Ottensheim, das sie mitgegründet hat, spielt Katharina Pilar nun in der Theater­gruppe „Bunt kariert ungeniert“. Die Komödie „Offene Zweierbeziehung“ ist im Kulturzentrum Hof in Linz zu sehen. Die Figur der Antonia ist eine komische, und die ist oft schwerer zu spielen als eine tragische Rolle. „Es braucht Leichtigkeit, um die Pointen zu setzen. Dafür muss ich mich in das Leben der Rolle hineinwerfen, ohne zu wissen, was kommt.“ Der erste Eindruck entscheidet. Es gibt viele freie Theaterprojekte in Oberösterreich. Sie haben es oft nicht leicht und beäugen sich gegenseitig, was die Finanzierung anbelangt. Katharina Pilar wünscht sich, dass sich die Gruppen gegenseitig wertschätzender wahrnehmen. Um die Neugier des Pub­ likums zu wecken, empfiehlt sie, das erste Stück genau auszuwählen. „Es muss einen Eindruck hinterlassen, dass es kracht.“

„In einer Komödie braucht es die Leichtigkeit, um Pointen zu setzen.“ Katharina Pilar und Dieter Bommer in „Offene Zweierbeziehung“, einer Komödie von Franca Rame und Dario Fo. Theatergruppe Bunt kariert ungeniert/Bearbeitung KiZ/SH

XX „Offene Zweierbeziehung“, Kulturzentrum Hof, Ludlgasse 16, Linz. Premiere: Samstag, 2. Mai, 20 Uhr. Weitere Termine: 3., 8., 9., 10., 16. und 17. Mai, jeweils 20 Uhr, sonntags 18.30 Uhr.


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.