EVANGELISCHE KIRCHENGEMEINDE STUTTGART-SILLENBUCH GEMEINDEBRIEF 01.11.2010 - 31.01.2011 Friedhöfe Gärten der Erinnerung und Orte der Hoffnung Liebe Leserinnen und Leser, im November gehen wir auf den Friedhof. Stille umgibt uns. Nachdenklich werden wir, vielleicht auch unsicher oder verlegen – jedenfalls sind wir eigentümlich berührt. Uns gehen Erinnerungen durch den Sinn, wir vergegenwärtigen vergangenes Glück, Leid, Liebe und Schuld. Wehmut befällt uns, wenn sich die Wunden nicht schließen lassen. Im November gehen wir auf den Friedhof, um die Gräber zu richten, zu hegen und zu pflegen, wie in einem Garten. Viele Friedhöfe sind wie ein Garten, und so pflegen wir unsere Gräber. Hegen und schonen bedeutet das althochdeutsche Wort friten. Daher kommt das Wort frithof, später Friedhof. Friedhöfe sind nicht nur Orte der Stille. Viel Leben wird auf Friedhöfen gelebt, auch beim Hegen und Pflegen. Friedhöfe sind Orte voller Leben, Orte der Erinnerung, und manchmal weiß man nicht, ob es das Erinnern
ist, was so nebenbei kommt oder ob es das Hegen und Pflegen ist, was so neben der Erinnerung auch getan wird. Am Ostermorgen kommt Maria von Magdala in den Garten, in dem Jesus begraben worden war (Joh. 20,11 ff). Sie findet den Leichnam Jesu nicht. Sie weint. Sie erkennt Jesus nicht. Sie meint, er sei der Gärtner. Erst als er sie mit ihrem Namen anspricht, erkennt sie ihn. Das Kennen und Nennen ihres Eigennamens lässt Maria verstehen, dass sie es mit keinem Fremden, sondern mit dem Hirten zu tun hat, der zu ihr kommt, damit sie Leben zur Genüge habe (Joh. 10,10 f). Nehmen wir die Botschaft dieser Friedhofsgeschichte mit zu unserem Erinnern. Warum? Weil dadurch unsere Seele das Hoffen über den Tag und den Tod hinaus nicht verlernt. - Im November gehen wir auf den Friedhof . . . Wolfgang Berner-Föhl