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Für mehr Lebensqualität im Alter
Angemessene Armlehnen bei öffentlichen Bänkli, das Suntigs- Kafi oder gemeinsames Grillieren am Sonntag: Die Interessengemeinschaft IG Alter Südost setzt sich seit zehn Jahren für eine bessere Lebensqualität von älteren Menschen ein.
Brigitta Holenstein ist Sozialarbeiterin beim katholischen Sozialdienst Ost und Mitgründerin der Interessengemeinschaft (IG) Alter Südost. Sie erinnert sich noch gut, als die IG damals, im August 2012, auf Initiative der Pro Senectute der Stadt St.Gallen, gemeinsam mit dem katholischen Sozialdienst Ost, der Sozialdiakonie der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Tablat und den in den Quartieren Grossacker, St.Fiden und Krontal wohnhaften Seniorinnen und Senioren entstanden ist. «Mit der IG-Gründung sahen wir eine Chance im gemeinsamen Anpacken und regelmässigen Austausch», sagt sie.
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2011 hatte die Pro Senectute eine Sozialraumanalyse der Situation von älteren Menschen im Gebiet St.Fiden-Krontal durchgeführt. Die Ergebnisse zeigten einerseits, dass die Wohnqualität vielerorts sehr gut ist und bereits verschiedene Angebote für ältere Quartierbewohnerinnen und -bewohner bestehen. Andererseits gab es noch Verbesserungspotenzial. Aufgrund der Untersuchungsergebnisse und der Kontakte, die im Rahmen dieser Analyse entstanden sind, wurde die IG Alter St.Fiden-Krontal gegründet. Einige Jahre später kamen die Quartiere Neudorf, Stephanshorn und Halden dazu. «Die IG möchte die Möglichkeiten von älteren, fragilen Menschen zur Teilnahme am öffentlichen Leben verbessern und sich grundsätzlich für die Lebensqualität dieser Menschen einsetzen», sagt Brigitta Holenstein. Eine der Stärken der IG Alter sei die Vernetzung innerhalb der Gruppe wie auch mit den anderen Quartiersakteuren.
Bänkli und herabgesetzte Trottoirs
Aktuell setzt sich die IG aus sieben im Gebiet wohnhaften Seniorinnen und Senioren zusammen sowie aus Sükran Magro vom Solidaritätsnetz Ostschweiz, Agnes Haag vom Quartierverein, Sandra Stark von der Pro Senectute, Damaris Saxer von der evangelischen Kirchgemeinde Tablat und Brigitta Holenstein. Jedes Jahr lädt die IG auch Quartiersakteure aus der Altersarbeit zu einem Austausch ein. «So sind wir auch mit jenen gut vernetzt, die nicht direkt in der IG vertreten sind.»
Nebst der Vernetzungsarbeit packt die IG auch konkret Projekte an. So setzte sie sich beispielsweise in der Vergangenheit dafür ein, dass es bei der Bushaltestelle Grossacker, im Krontal, Hagenbuchwald und Ackerpärkli neue Sitzgelegenheiten gibt und dass jene beim Blutspendezentrum St.Fiden mit einer angemessenen Sitzflächenhöhe, mit Rücken- und Armlehnen ausgestattet wurden. Zudem wurden auf Initiative der IG an verschiedenen Orten in der Stadt, beispielsweise an der Saturnkreuzung, die Trottoirs abgesenkt. «Was für viele Menschen selbstverständlich ist, ist für viele betagte Menschen oder solche mit einer körperlichen Beeinträchtigung eine Herausforderung», sagt Holenstein. Deshalb setze sich die IG dafür ein, dass diese Menschen selbstständig und ohne Anstrengung von einem Bänkli aufstehen oder problemlos mit dem Rollator die Strasse überqueren können. «Es macht ihren Lebensraum zugänglicher, erhöht dadurch die Lebensqualität und stärkt die Autonomie.»
Das Suntigs-Kafi ist beliebt
Die IG ist auch im Bereich des Zusammenlebens tätig. Zum einen sorgt sie dafür, dass Seniorinnen und Senioren von der IG und ihren Angeboten erfahren und sich bei Fragen und Anliegen an die Gemeinschaft wenden können. Andererseits organisiert sie das Suntigs-Kafi im evangelischen Kirchgemeindehaus Grossacker. «Seniorinnen und Senioren hatten uns immer wieder erzählt, wie schwierig der Sonntag für sie sei», erinnert sich Brigitta Holenstein. Oft würden sie sich am Sonntag einsam fühlen, da die meisten Cafés und Geschäfte geschlossen seien und viele Menschen den Sonntag mit ihren Familien verbrachten. Daher wurde das Suntigs-Kafi ins Leben gerufen. Das war vor neun Jahren. Mittlerweile ist es aus dem Angebot der IG nicht mehr wegzudenken. Jeden zweiten Sonntagnachmittag geniessen Seniorinnen und Senioren bei Kaffee und Kuchen das Zusammensein mit anderen Menschen. «Das Suntigs-Kafi wird sehr geschätzt», so Brigitta Holenstein. Sie erinnert sich an eine Besucherin, die sagte, dass ihr das Suntigs-Kafi Halt und Struktur gebe. «Das Willkommen-Sein hätte ihr – neben anderem – geholfen, den Tod ihres Ehemanns zu verkraften und neue Kontakte zu knüpfen.» Nebst dem Suntigs- Kafi gibt es mittlerweile auch den Suntigs-Suppätopf und den Suntigs-Grill. Letzteres ist entstanden, weil viele für sich allein oder zu zweit nicht grillieren. Beides wird gemäss Holenstein von Seniorinnen, Senioren und anderen Personengruppen rege genutzt.
Für die nächsten zehn Jahre wünscht sich die Sozialarbeiterin, dass in der IG weiterhin ein lebendiges Zusammenwirken stattfindet, noch mehr Seniorinnen und Senioren in der IG mit machen und Visionen für weitere Projekte im Sinne von betagten Menschen entwickelt werden. (lom)
Bild: Sozialarbeiterin Brigitta Holenstein (links) und Sandra Stark von der Pro Senectute (rechts) treffen sich regelmässig mit den Seniorinnen und Senioren, die sich für die IG Alter Südost engagieren.