KÄNGURU Stadtmagazin für Familien in Köln Bonn Dezember 15 / Januar 16

Page 28

28

GESUNDHEIT

„FAMILIEN NEHMEN DIE PROGRAMME ZU WENIG IN ANSPRUCH“

Foto: © Hilde Schmitz-Kram

INTERVIEW MIT HILDE SCHMITZ-KRAHM, KOORDINATIONSSTELLE GESUNDHEITSFÖRDERUNG DER STADT KÖLN

Hilde Schmitz-Krahm arbeitet im Gesundheitsamt in der Koordinationsstelle für Gesundheitsförderung und Prävention für Kinder und Jugendliche. Sie berät Ratsuchende und vermittelt an geeignete Kurse und Angebote. Thea Wittmann hat für KÄNGURU mit ihr gesprochen.

Studien beklagen immer wieder, dass viele Kinder zu dick sind. Ist das wirklich so? Bei den Schuleingangsuntersuchungen 2012 waren 6,6 Prozent der knapp 8.700 eingeschulten Kinder übergewichtig und 5,4 Prozent adipös. Zwei Jahre später waren 6,3 Prozent der 9.503 Erstklässler übergewichtig und 4,2 Prozent adipös. Das zeigt, dass starkes Übergewicht bei Erstklässlern stagniert bzw. leicht zurückgeht, und das ist ein positives Zeichen. Dennoch bleibt das Problem bestehen, dass viele Kinder schon in sehr jungen Jahren stark übergewichtig sind. Und Gewichtsprobleme entstehen häufig erst im Laufe der Schulzeit, doch nach der Einschulung fehlen aussagekräftige Daten. Programme zum Abnehmen gibt es jede Menge, Jahresprogramme, Sport- und Kochkurse, Beratung – doch die Familien nehmen die zu wenig in Anspruch. Woran liegt das? Die Programme zielen auf eine Veränderung der Lebensführung ab. Und es ist unangenehm, seine Gewohnheiten zu ändern. Das schiebt man gern vor sich her. Außerdem erfordern die Programme nicht nur Mitarbeit, sondern auch Zeitaufwand und sie bedeuten einen zusätzlichen festen Termin in dem ohnehin vollen Terminplan. Was macht Veränderung gerade bei den Essgewohnheiten so schwer? Essen und Trinken bedeutet nicht nur Sattwerden. Oft dient Essen auch einem anderen Zweck, es lenkt zum Beispiel von unangenehmen Dingen wie dem Vokabellernen oder Aufräumen ab. Gefühle wie Liebeskummer, Frust, Stress lassen sich mit Essen verdrängen. Manche Kinder fressen sich regelrecht einen Schutzpanzer an. Das zu verändern, geht nicht von heute auf morgen.

Wie kann man gegensteuern? Was können Eltern tun? Einfache Maßnahmen bringen schon sehr viel, zum Beispiel zuckerhaltige Getränke weglassen, Milch als Nahrungsmittel betrachten, nicht als Getränk. Mehr Obst und Gemüse in den Speiseplan einbauen. Süßigkeiten strikt zu verbieten bewirkt nur das Gegenteil und führt dazu, dass Kinder heimlich essen. Je mehr Kontr-olle Eltern auf das Essen und Trinken ausüben, desto eher besteht die Gefahr, dass Kinder eine Essstörung entwickeln. Auch Diäten sind für Kinder ungeeignet. Wichtig sind die Vorsorgeuntersuchungen beim Kinderarzt als regelmäßige Kontrolle, denn er hat sowohl das Kind als auch die Familie im Blick.

DAS KÖNNEN ELTERN TUN TIPPS VON PROF. CHRISTINE GRAF, LEITERIN DES CHILTPROGRAMMS • MEDIENZEIT BEGRENZEN: Wer vor Computer oder Handy sitzt, bewegt sich nicht. Deshalb sollten Grundschulkinder maximal eine Stunde, Kinder ab der 5. Klasse maximal zwei Stunden am Display oder vor dem Bildschirm verbringen. • WEG MIT DEN SÜSSEN VERFÜHRERN: Zwar ist nichts verboten, einfacher aber ist es, Süßigkeiten erst gar nicht im Haus zu haben. Süßes sollte es am besten nur zu besonderen Anlässen geben. • Süße Getränke sollten Eltern ebenfalls komplett aus dem Haushalt verbannen, auch Säfte haben einen hohen Zuckeranteil. Als Getränk eignet sich Wasser am besten. Als Alternative gehen auch ungesüßte Tees. • SO VIEL BEWEGUNG WIE MÖGLICH: Schulkinder sollten sich 90 Minuten pro Tag bewegen (der Schulweg zählt auch dazu) – das wäre ideal. Und am Wochenende kann die ganze Familie zusammen schwimmen gehen, Rad fahren oder im Park kicken.

123RF.com © Alexander Skvortso

KÄNGURU: Frau Schmitz-Krahm, wann wird das Gewicht für ein Kind zum Problem? Hilde Schmitz-Krahm: Ein Kind, das viel Sport treibt, darf auch ruhig mal ein Kilo zu viel wiegen. Bei einem Kind, dass es sich lieber auf dem Sofa gemütlich macht, liest, bastelt und sich generell wenig bewegt, sieht das schon anders aus.


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.