ERNÄHRUNG
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VON NAHRUNG UND NESTWÄRME Es lässt uns wachsen und gedeihen, befeuert unser sinnliches Bewusstsein und prägt unser Verständnis von Genuss und Glück: Essen hält, wenn es gemeinsam zelebriert wird, nicht nur Leib und Seele zusammen, sondern auch ganze Familien.
Christoph erinnert sich bis ins Detail an jene herrliche Alchemie: Seine Großmutter verrührte drei Eier mit Mehl, Zimt und Zucker zu einem sämigen Teig und kochte einen Liter Milch auf. In die heiße Milch ließ sie die Teigmischung löffelweise ein und kochte das Ganze bei milder Hitze etwa fünf Minuten. In der Küche breitete sich der Duft nach warmer Milch und Zimt aus. Ein Traum.
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An ganz, ganz besonderen Glückstagen, wenn Petra nach der Schule sturmfreie Bude hatte, wartete zu Hause ihr Lieblingsessen auf sie, vorbereitet von ihrer Mutter. Miracoli. Mit Rührei! Das waren für Petra die Inbegriffe ultimativer Freiheit: ein dampfender Teller mit Nudeln, Ei und wahnwitzig viel Soße – und dazu eine unfreiwillige, unautorisierte Leihgabe aus Mutters Bücherschrank: pralle Liebesschmöker wie etwa „Es muss nicht immer Kaviar sein“ von Johannes Mario Simmel. Auf der indonesischen Großinsel Java fand im Leben der kleinen Andita bis zu drei mal pro Woche ein Ritual statt, das ihre gesamte Kindheit auf das Wohligste bereicherte: Ihr Onkel Han veranstaltete im Haus ihrer Eltern in Gombong gesellige Runden, zu denen sich Freunde und Nachbarn in wechselnden Formationen einfanden, um Soto Ayam (Hühnersuppe mit Glasnudeln) aus ihren Lieblingsgarküchen und Fleisch-Spieße vom Saté-Mann ihres Vertrauens zu essen. Und Jahre später, als Andita in der 120 Kilometer entfernten Stadt Yogyakarta studierte, kam Onkel Han gelegentlich vorbei, um sie zu kulinarischen Streifzügen zu entführen – zu Restaurants und den typisch indonesischen Märkten, deren üppige Angebote von frischer Ananas über Fisch bis hin zu in Bananenblätter gewickelte Klebreiskuchen reichen.