Update 14.2 - Der Überwachungsskandal

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UPDATE 14.2

JungsozialistInnen in der SPD, 1. Oktober 2014, G8879

FRAUENFUSSBALL AN DER COPACABANA REPORTAGE

DAS INTERNET

EIGENTLICH EIN URSOZIALDEMOKRATISCHES PROJEKT

TTIP

BEKÄMPFT UND VERTEIDIGT

DER ÜBERWACHUNGSSKANDAL


INTRO Liebe GenossInnen und Genossen, dank Globalisierung und Vernetzung über das Internet stehen uns heute immer mehr Wege offen unsere Individualität zu leben. Doch Online-Überwachungen beschneiden unsere persönliche Freiheit. Das Cyberspace ist längst zu einem Feld systematischer Datensammlung und militärischer Konflikte geworden. Handelsabkommen wie zum Beispiel TTIP und CETA sorgen dafür, dass es wirkliche Handlungsfreiheit in Zukunft hauptsächlich für Unternehmen gibt. Große Konzerne sollen dank des Investitionsschutzes ArbeitnehmerInnenrechte oder staatliche Regulationsmöglichkeiten berühren können.

Big Brother is watching you scheint mehr als fünfundsechzig Jahre nachdem George Orwell sein Meisterwerk 1984 veröffentlicht hat, der Realität immer näher zu kommen. Der Wert der Freiheit scheint hinter einem Schleier von Sicherheit zu verschwinden. Der Mensch scheint bereit, persönliche Freiheiten zugunsten eines technischen Fortschritts zu opfern. Dieses Update soll einen Anstoß dazu geben, alte Debatten vor dem Hintergrund neuer Technologien aufzuarbeiten.

Inwieweit sind wir bereit, Freiheiten zugunsten von Sicherheit oder Wachstum zu untergraben? Wann und wie dürfen Kriege geführt werden? Dieses Update will einen Anstoß dazu leisten. Also viel Spaß beim Lesen, Grübeln und Diskutieren. Euer Redaktionsteam, Moritz, Svenja, Charlotte, Johannes und Ariane

Wir Jusos müssen uns mit diesen Herausforderungen unserer Zeit beschäftigen.

INHALTSVERZEICHNIS FRAUENFUSSBALL AN DER COPACABANA3���������������������������3 Reportage

FRIEDEN SCHAFFT MAN NICHT MIT WAFFEN.....................10 Kolumne Johanna Uekermann

EIN ORWELLSCHER ALBTRAUM................................................4 Schwerpunkt Überwachungsskandal

PRO UND KONTRA....................................................................11 Referendum Schottland

DAS INTERNET - URSOZIALDEMOKRATISCH..........................5 Schwerpunkt Überwachungsskandal

CYBERWAR / FES SUMMER SCHOOL.....................................12 In Bewegung

TTIP- BEKÄMPFT UND VERTEIDIGT..........................................6 Schwerpunkt Überwachungsskandal

REZENSIONEN...........................................................................13 Film- und Buchtipps

DIGITALE GESELLSCHAFT..........................................................7 Programmschwerpunkt der SPD

WBC / CHP-BESUCH.................................................................14 International

SOMMER, SONNE, SOZIALISMUS......................................... 8/9 IUSY-Festival auf Malta

MATERIALIEN.............................................................................15 Das könnt ihr im Shop bestellen

LACHVERBOT IN DER TÜRKEI..................................................10 Frauenwelten

LETZTE SEITE.................................................................................. Linkskongress 2014

Impressum Herausgeber Bundesverband der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten in der SPD beim SPD-Parteivorstand Verantwortlich Johanna Uekermann und Julia Maas Redaktion Moritz Deutschmann, Johannes Gorges, Charlotte Rosa Dick, Svenja Ludwig und Ariane Werner Redaktionsanschrift SPD-Parteivorstand, Juso-Bundesbüro, Willy-Brandt-Haus, 10963 Berlin, Tel.: 030 25991-366, Fax: 030 25991-415, www.jusos.de, Update 14.2: Art.-Nr. 706 00834 Verlag Eigenverlag Fotos: S1: Flickr/arbyreed (cc), S4: Flickr/Frédéric Bisson (cc) remixed, S6: Flickr: Jacob Huber/campact (cc) remixed, S8: Foto Malta & Bus: Flickr/Jesús Pérez Pacheco (cc), Foto Nitzan Menagem by Tobias Pietsch, S10: Flickr/Dave Fayram (cc) +Flickr/Poes Soldier (cc)/remixed, S14, Flickr/Ilya/Mr World; Druckerei Druckhaus Schöneweide Gestaltung/Satz www.artbeiter.com Gefördert aus Mitteln des Kinder- und Jugendplans des Bundes.

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Aktuelles


DISCOVER FOOTBALL Rio - Mitte Juni an der Copacabana: Neben der offiziellen Fanmeile befinden sich zahlreiche Fußballplätze direkt am Strand. Alle sind belegt mit Männern unterschiedlichen Alters. Neben den offiziellen Plätzen haben wir von Discover Football uns mit 15 internationalen Frauen einen eigenen Platz gebaut. Taschen dienen als Tore. Die Sonne brennt und wir fangen an zu spielen. Mit uns spielen Fußballaktivistinnen und Sportjournalistinnen aus 10 unterschiedlichen Ländern. Sie alle sind aus dem gleichen Grund nach Rio gereist: Mit Fußball Geschlechterrollen in Frage zu stellen, sich über empowernde Erlebnisse auszutauschen und Plätze (im Fußball und in der Gesellschaft) in Anspruch zu nehmen, die zu großen Teilen von Männern beherrscht werden.

verdient sie auch kein Geld mit ihrem Sport und das obwohl die Frauennationalmannschaft Brasiliens eine der erfolgreichsten der Welt ist. Noch immer gibt es viele Vorurteile gegenüber Frauenfußball. Im Straßenbild sind fast nur Männer auf den Plätzen zu sehen. Deswegen hat sich Bia dem Guerreiras Project angeschlossen. Ein Verein, der Vorbilder im Fußball ausbildet, um Mädchen und Frauen zu zeigen, dass es auch für sie keine Grenzen geben sollte. Die Guerreiras gehen unter anderem auf öffentliche Fußballplätze und fangen an zu spielen. Frauen und Mädchen, die am Rand zusehen, werden eingeladen mitzuspielen. Zum Abschluss der dreitägigen Frauenfußball-Konferenz, die Discover Football organisiert hat, wenden wir genau dieses Konzept an der Copacabana an. Mit uns spielt Bia, sie ist brasilianische Schon nach wenigen Minuten sammeln sich Nationalspielerin. Im Gegensatz zu ihren immer mehr Menschen um uns und machen männlichen Kollegen wird sie nicht auf der Fotos und Videoaufnahmen. FußballspielenStraße erkannt. Und im Gegensatz zu ihnen de Frauen sind eine richtige Attraktion. Auch Frauen schauen zu ÜBER BRASILIEN ÜBER UNS und spielen mit. Ein Die 2009 in Berlin gegründete NonDISCOVER FOOTBALL initiierte eine Stück der CopacabaProfit-Organisation Fußball und Beinternationale Kampagne, die Frauna gehört nun uns, gegnung e.V. fördert als Träger des enrechts- und Frauenfußball-OrgaProjekts DISCOVER FOOTBALL internisationen aus Teilnahmeländern der wenn auch nur für kulturelle Verständigung, GeschlechMänner-WM nach Brasilien holte und eine Stunde. tergerechtigkeit und Empowerment von Frauen und Mädchen – Fußball ist dabei die verbindende Leidenschaft und das strategische Mittel. Wir organisieren internationale Austausche, Konferenzen und Turniere, auf denen Mädchen und Frauen ihre Kompetenzen erweitern und ihr Wissen miteinander teilen können.

deren Anliegen einer breiten Weltöffentlichkeit zugänglich machte. Mit einer Ausstellung, einem gesonderten Programm für Mädchen, öffentlichen Straßenturnieren, und einer Konferenz wurde die internationale Öffentlichkeit über Frauenrechte und Frauenfußball in aller Welt informiert.

Ein paar Tage später finden wir uns am höchsten Punkt von Rocinha, einem eher ärmeren Viertel Rios wieder. Der Blick vom Fuß-

ballplatz über das Viertel ist atemberaubend. Hier kommen vier Mädchenteams zusammen, mit denen wir zuvor Fußbal ltr ainings in ihren Vierteln durchgeführt haben. Die Mädchen spielen ein Turnier aus. Es ist das erste Mal, dass sie sich treffen, denn in Rio gibt es keine Liga für Mädchen und in der riesigen Stadt ist es teilweise schwer aus den Wohnvierteln herauszukommen. Die Mädchen, die Fußball spielen, haben Glück in einem Projekt von Estrela Sport dabei zu sein. Eine Organisation, die Mädchenfußball aufbaut und fördert. Fußball ist kein Breitensport für Mädchen in Brasilien, daher gibt es dafür auch kaum Strukturen und Unterstützung. Lilly von Estrela kämpft trotzdem weiter, um allen Mädchen in Rio ein Recht auf Fußball zu ermöglichen.

Auf einem anderen Berg in Rio in Santa Teresa konnte Lilly auf die internationalen Frauen treffen, mit denen wir an der Copacabana Fußball gespielt haben. Während der dreitägigen Konferenz haben wir uns über Strategien zu Gleichberechtigung durch Fußball ausgetauscht. Klar geworden ist: Egal in welchem Land, Frauen müssen noch immer um ihren Platz in der Gesellschaft kämpfen. Unterscheiden tut sich nur die Größe der Steine, die ihnen dabei in den Weg gelegt werden. Von Sara Schlote, DISCOVER FOOTBALL

Reportage

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Ein Jahr nach Snowden: Wir wissen mittlerweile auf wie vielen Wegen die westlichen Geheimdienste unsere E-Mails nach Stichworten durchleuchten, wie sie Schadsoftware über Drohnen in WLANs laden können, und dass „unter Freunden“ auch mal Telefongespräche abgehört werden dürfen. Dreißig Jahre nach Orwells 1984 scheint sich viel vom dem bewahrheitet zu haben, was er in seinem dystopischen Roman beschrieben hatte. Das Ausmaß der Überwachung des globalen Datenverkehrs ist immens. Natürlich wussten wir schon vorher, dass wir 24/7 unvorstellbar große Spuren durch unsere bloße Nutzung des Internets hinterlassen (das Projekt der europäischen Datenschutzgrundverordnung kam ja nicht von ungefähr) genauso wie wir wussten, wieso es falsch war, dass die InnenpolitikerInnen Europas die anlasslose Vorratsdatenspeicherung als unverzichtbares Bollwerk gegen Kriminalität verherrlicht haben.

Roman beschreibt, (z.B. Bildschirme in jedem Haus, durch welche die „Gedankenpolizei“ alles und jeden überwacht) in keinem Vergleich zu dem steht, was heute möglich und umgesetzt ist. Das ist nachvollziehbar, veröffentlichte Orwell seine Dystopie bereits 1949. Dabei wird dem Roman allerdings Unrecht getan, wenn er auf eine Analogie für Überwachung reduziert wird.

Aber steckt wirklich so viel Orwell in unserem 2014? Edward Swowden selbst sagte in einem Interview Ende 2013, dass die Überwachungsinfrastruktur, die Orwell in seinem

Wir leben nicht im Update von 1984 Die Welt, in der wir leben, mit 1984 zu vergleichen wird deshalb schwierig. Denn das, was uns maßgeblich von diesem orwellschen

Orwell beschrieb in seinem Roman vor allem eine totalitäre Gesellschaft, in der sich das Regime die Menschen durch psychologische Kontrolle und das Verinnerlichen von Selbstunterwerfung gefügig macht. Sein Anliegen war deshalb nicht, die Menschen vor den technischen Möglichkeiten der Totalüberwachung zu warnen, sondern zu zeigen, wie die Psychologie des Totalitarismus funktioniert und wie es im gelingt, die vollständige Kontrolle über das öffentliche Leben, private Gedanken, die Fakt ist: Die Geschichtsschreibung Snowden-Leaks ha- „1984 WAR NICHT ALS und damit auch über ben uns mit einer GEBRAUCHSANWEI- die Wahrheit zu erRealität konfrontiert, SUNG GEMEINT“ IST langen – dies erfolgte in der so vieles was auch über ÜberZUM GÄNGIGEN DEMO- zwar technisch möglich war wachung, aber noch auch bis ins letzte De- SPRUCH GEWORDEN. viel mehr über komtail von Geheimdiensplexe psychologische ten ausgeführt wurde. 1984 schien detailver- Manipulation, die Konditionierung der Beliebt durch die westlichen Geheimdienste völkerung auf eifernden Nationalismus und nachgebaut worden zu sein. ständige Zensur.

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Schwerpunkt

Albtraum trennt, ist die freie Verfügbarkeit von Wissen. Wir können offen über die Programme der Geheimdienste sprechen, ihre Motivationen kritisieren und politisch sind der Regierung – in der Theorie – auch nicht die Hände gebunden. Wir kennen auch die Gesichter und Namen derjenigen, die die Informationen an die Öffentlichkeit gebracht haben und große Zeitungen stellen sich offen auf ihre Seite. Es gibt Untersuchungsausschüsse welche – mehr oder weniger erfolgreich – aufzeigen, dass die westlichen Geheimdienste längst Staaten in den Staaten geworden sind. Und dazu brauchen wir noch nicht einmal den Blick über den Atlantik zu werfen. Die NSU-Untersuchungsausschüsse sprechen bereits eine deutliche Sprache. Denn während das totalitäre Regime von 1984 mit aufwendigen Methoden gegen DissidentInnen vorgeht (langfristige psychologische Folter, eine erfundene Widerstandsbewegung als Honigfass), verbleiben die westlichen Regierungen sprach- und tatenlos und die Geheimdienste üben sich im Schweigen. Und das ist der Punkt: Da wir nicht in einer dystopischen, totalitären Welt leben in der Geheimdienste allmächtig geworden sind, können wir etwas an diesem Zustand ändern. Hier ist besonders die politische Ebene zu nennen, denn aus ihr heraus ist das Problem erwachsen. Mindestens eine starke Kontrolle der Geheimdienste, mehr aber ihre Abschaffung, sind Lösungen, die den Dimensionen des gegenwärtigen Problems nahe kommen. Von Jan Schnorrenberg, Mitglied im Bundesvorstand der Grünen Jugend


DAS INTERNET Eigentlich ein ursozialdemokratisches Projekt Das Internet ist die größte partizipatorische Errungenschaft der letzten Jahrzehnte, aber wir schaffen es aktuell nicht, die damit verbundenen Potentiale für die Gesellschaft zu heben. Stattdessen wurde in den Jahren seit 9/11 kontinuierlich daran gearbeitet, das ursprünglich dezentral entwickelte Internet immer weiter auf zentrale Knoten zu konzentrieren, um dadurch die Möglichkeit für eine flächendeckende Überwachung zu schaffen. Das ist fatal. Sobald Menschen sich überwacht fühlen, verändern sie ihr Verhalten und sind vorsichtiger bei dem, was sie sagen. Interessanterweise stoßen derzeit beim Internet zwei Arten der Überwachung aufeinander, die wir einmal als BürgerInnen und einmal als KonsumentInnen wahrnehmen. Geheimdienste überwachen das komplette Netz und damit jede/n BürgerIn, auch ohne irgendeinen Verdachtsmoment. Unternehmen werten die Nutzungsdaten der KonsumentInnen aus, um die/den einzelne/n NutzerIn zielgenauer ansprechen zu können, damit der Umsatz pro NutzerIn gesteigert werden kann. Der Effekt ist derselbe: man fühlt sich überwacht und ist sich unsicher, was mit den Daten passiert, die man hinterlassen hat. Dadurch sinkt das Vertrauen in das Digitale und die partizipatorischen Errungenschaften des Netzes werden zunehmend ignoriert. Anstatt immer mehr Überwachung zu fordern und mit der Vorratsdatenspeicherung auch ohne Anfangsverdacht Meta-Daten der NutzerInnen zu speichern, ist es jetzt an der Zeit, das Pendel wieder in die andere Richtung schwingen zu lassen. Dabei muss es pri-

mär darum gehen, das Vertrauen der BürgerInnen zu stärken. Auf einer eher technischen Ebene sollte die Dezentralität des Internets wieder gestärkt werden, also idealerweise die Stadtwerke oder andere lokale Einrichtungen, die Versorgung mit Netz-Infrastruktur ebenfalls anbieten. Damit einhergehen sollte eine Verlagerung des Routings weg von einem zentralen Deutschland-Knoten hin zu vielen kleinen dezentralen Knoten, die vielleicht das Routing etwas ineffizienter machen, aber die Möglichkeiten der Überwachung erschweren, da es keinen zentralen Punkt mehr gibt. Ein weiterer Bestandteil wäre das von D64 geforderte Siegel für Netzwerkhardware, damit deutsche Firmen ebenso wie die BürgerInnen sich sicher sein können, dass in der Hardware keine Backdoors für Geheimdienste eingebaut sind. Für VerbraucherInnen ist es dringend notwendig, nicht nur Transparenz zu schaffen, welche Daten gesammelt und wie lange gespeichert werden, sondern dies auch allgemeinverständlich zu erläutern. Ganz praktisch können wir alle anfangen, immer mehr von unserer Kommunikation zu verschlüsseln, um den ÜberwacherInnen immer mehr Rechenleistung abzutrotzen und so das Verfahren weiter kompliziert zu gestalten.

tainment bis hin zu Kunst, Kultur und auch Kommerz. Dann bietet das Netz den BürgerInnen Chancen, die sie sonst nur schwer wahrnehmen können. Dann bietet das Netz den BürgerInnen Gestaltungs- und Entfaltungsmöglichkeiten, die unsere Gesellschaft insgesamt voranbringen. Dann wird das Netz zum Kit der Gesellschaft der Zukunft. Ohne Freiheit und Vertrauen wird sich die digitale Gesellschaft nicht entwickeln, sondern in einem Überwachungsstaat enden. Daher ist die Sozialdemokratie gut dabei beraten, die digitale Gesellschaft positiv zu gestalten und den Überwachungsphantasien der real existierenden InnenpolitikerInnen klare Grenzen aufzuzeigen. Für die Sozialdemokratie muss klar sein, das Internet im Kern eigentlich ein sozialdemokratisches Projekt ist und wir diese Gestaltungsmöglichkeiten nutzen sollten. Von Nico Lumma, Co-Vorsitzender D64 und Mitglied der Medien- und netzpolitischen Kommission des SPD Parteivorstands

Für uns SozialdemokratInnen muss allerdings vor allem klar sein, was das Internet und die digitale Gesellschaft wirklich leisten kann: Teilhabe. Unabhängig vom Ort, vom Einkommen oder vom Bildungsstand sollen alle das Netz nutzen können. Sie müssen sich dort frei entfalten und die unterschiedlichsten Angebote wahrnehmen können, von Bildung und Arbeit über Games und Enter-

Schwerpunkt

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TTIP*

Emotional bekämpft und leidenschaftlich verteidigt

Formal gesehen ist am Verhandlungsmandat nichts auszusetzen. 28 EU-Länder haben ihr Einverständnis gegeben. Aber das größte Wirtschaftsabkommen aller Zeiten über die Köpfe der BürgerInnen zu entscheiden war eine ziemlich blöde Idee...

Wirtschaftswachstum, höhere Löhne, Auflockerung von Umweltstandards, Datenschutz Vor- und Nachteile stehen bei TTIP ganz nah beieinander.

TTIP hat viele GegenerInnen. Wir Jusos stellen uns Freihandelsabkommen nicht grundsätzlich entgegen. Aber wir wollen, dass die Verhandlungen unter demokratischer Beteiligung der Parlamente und der Zivilgesellschaft geführt werden, und zwar mit größtmöglicher Transparenz, ohne Standardabsenkungen und vor allem ohne ein Investitionsschutzabkommen. Eine öffentliche Debatte darüber, ob die BürgerInnen ein solches Abkommen überhaupt wollen, hat bisher nicht stattgefunden. Alles was bislang über die Verhandlungen nach außen gedrungen ist, zeigt, dass dies mit diesem Verhandlungsmandat nicht möglich ist. Weil wir die Kritik sehr ernst nehmen, sprechen wir uns für ein Aussetzen der Verhandlungen aus. Wir sagen ganz klar: Die öffentliche Daseinsvorsorge darf durch das Abkommen nicht angetastet werden, ArbeitnehmerInnenrechte müssen gewahrt werden und das Abkommen darf keine Regelungen zum Investitionsschutz enthalten. Aber gerade dabei prallen zwischen den USA und Europa, besonders Deutschland, Welten aufeinander - amerikanischer Kapitalismus gegen die soziale Marktwirtschaft Europas.

• Betrifft 820 Millionen Menschen

• seit 2013 werden Verhandlungen geführt • die größte Freihandelszone der Welt würde beschlossen werden • 300 regionale Freihandelsabkommen sind weltweit in Kraft

Von Moritz Deutschmann, stellv. Juso-Bundesvorsitzender

• TTIP wird ein zusätzliches Wachstum von 0,48 Prozent in Deutschland pro Jahr bringen.

Was will TTIP

* Die undurchsichtige Transparenz

TTIP ist extrem komplex. Das zeigt sich auch beim Wort „Investitionsschutz“, das immer wieder Anlass zu Kontroversen ist: Ein Investitionsschutzabkommen (Investor-State-Dispute-Settlement ISDS (ISDS)) beschreibt völkerrechtliche Verträge zwischen Staaten. Sie bieten InverstorInnen in einem anderen Land Schutz, besonders gegen entschädigungslose Enteignungen. Es gibt circa 3.000 solcher Abkommen weltweit. Deutschland hat bilaterale Investitionsschutzabkommen mit 131 Staaten. In der Konsequenz erlaubt dieser Mechanismus also Unternehmen, Staaten vor nicht-öffentlichen Schiedsgerichten zu verklagen - unabhängig vom geltenden Rechtssystem. So verklagt der schwedische Konzern Vattenfall die Bundesrepublik Deutschland auf 3, 7 Milliarden Euro für den Atomausstieg. Ein Investitionsschutzabkommen ist zwischen zwei entwickelten Rechtssystemen nicht notwendig, weshalb einem Abkommen, das eine solche Klausel enthält, in jedem Fall, unabhängig von allem anderem, abgelehnt werden muss! Investor-State-Dispute-Settlement

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Schwerpunkt

TTIP (=Transatlantic Trade and Investment Partnership) Transatlantische Freihandelsabkommen, offiziell Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft.

TTIP und der NSA-Skandal

Er überschattete die Verhandlungen lange. Europaabgeordnete und NGO‘s forderten teilweise die komplette Aussetzung der Gespräche. Andere sahen es auch als Chance, hohe europäische Datenschutzstandards in das Abkommen hinein zu verhandeln. Nicht entspannend wirken dürften die letzten Entwicklungen um die Spionagefälle innerhalb des BND. Über eine intensivierte und erleichterte Handelsbeziehung zu verhandeln, die vor allem auf Vertrauen und Verlässlichkeit basiert, scheint im Lichte des NSA-Skandals paradox. Deswegen können Verhandlungen nicht ernsthaft geführt und zum Abschluss gebracht werden, so lange die Rolle der Geheimdienste in Europa (und der Welt) nicht endgültig geklärt ist.

ET TOP SECR

+ 0,5 %

TOP SECRET

TOP SECRET

BIP

Ziel der Verhandlungen ist einerseits der Abbau von Zöllen, die beim Handel zwischen Europa und den USA bestehen. Viele sagen, dieses wäre nur ein kleiner Teil der Verhandlungen, da die Zölle eh schon niedrig sind. Folglich ist dieses kein sehr strittiger Punkt. Strittiger wird es bei der Festlegung von Produktstandards. Wie muss ein Autospiegel genormt sein, wie viel Gentechnik darf im Essen sein, was ist mit Klon-Fleisch? Und hier scheiden sich die Geister. Nach Angaben der EU-Kommission besteht kein Anlass zur Sorge, da man über grundlegende Rechtsvorschriften oder Klimaschutz gar nicht verhandeln wolle. Das wäre auch überhaupt nicht möglich, weil sich ein Abkommen immer europäischen Rechtsvorschriften beugen muss, es kann also gar nicht über diesem Recht stehen. Ein tiefes Misstrauen in der Öffentlichkeit bleibt aber bestehen.


Das andere Ding-CETA Seit 2009 verhandeln die EU und Kanada über ein umfassendes Handelsabkommen, genannt Comprehensive Economic and Trade Agreement. (CETA). Dieses ist viel weiter fortgeschritten als TTIP. Es steht kurz dem Abschluss. Die folgenden Schritte umfassen die Übersetzung in alle Amtssprachen der EU. Dann wird es Mitte 2015 durch den EU-Handelskommissar (auf Grundlage eines Ministerratsentschlusses) unterzeichnet und Ende 2015 an das Europäische Parlament übergeben. Dort muss es den Ausschuss für internationalen Handel überstehen (der Ausschussvorsitzende ist ein Sozialist) und dann im Plenum durchkommen. All das sind mögliche Stolpersteine für das Abkommen. Besonders der Ausschuss und das Parlament werden das Abkommen eingehend prüfen. Nach allem bisher bekannten enthält CETA ISDS-Klauseln, die sowohl die wir als Jusos, aber auch die SPD-Abgeordneten im Europäischen Parlament ablehnen. Auch bei diesem Abkommen hat das Parlament in Brüssel wieder das letzte Wort. Vielerorts gibt es die Befürchtung, dass CETA von amerikanischen Firmen auch als Ausweichabkommen genommen werden könnte. Heißt: sie siedeln sich in Kanada an und wären gar nicht mehr auf TTIP angewiesen. Ein Grund für viele, es zu stoppen. Es gilt, CETA grundlegend zu prüfen und dafür zu kämpfen, ISDS und das Umgehen europäischer Standards hinaus zu halten. Anderenfalls muss es, wie auch im Falle des TTIP, abgelehnt werden. Auch CETA soll Zölle senken und die Zusammenarbeit bei Produktstandards verbessern. Hauptargument dafür ist auch die Stärkung der jeweiligen Wirtschaftsräume.

Chancen und Befürchtungen Die europäische Wirtschaft kann von einem TTIP enorm profitieren. Die neu entstehenden Arbeitsplätze (alleine für Deutschland werden von BefürworterInnen mehr als 100.000 prognostiziert), Stärkung der europäischen Wirtschaft und Erleichterungen im Handel müssen aber bei den BürgerInnen ankommen. Es muss ein Beitrag zur Umverteilung sein, der zu mehr Gerechtigkeit führt. Mehr Gerechtigkeit aber auch über die Grenzen Europas und der USA hinaus. Das TTIP birgt ohne Zweifel große Chancen und Möglichkeiten, aber auch Gefahren und Ungewisses. So, wie die Verhandlungen derzeit geführt werden, wie sie öffentlich kommuniziert werden, können sie nicht zum Abschluss gebracht werden. Wenn die Zivilgesellschaft, ParlamentarierInnen und Betroffene nicht besser einbezogenen werden, können wir das Abkommen so nicht gut heißen. Wir müssen bei unserer Position bleiben: Wir sind keine generellen GegnerInnen von Freihandel, aber ziehen für solche Abkommen klare Linien: keine Absenkung von Produktstandards, das Ablehnen von ISDS und mehr Transparenz aller Beteiligten an Fernverhandlungen. Die Zivilgesellschaft muss einbezogen und ernst genommen werden. Anders können wir weder TTIP noch CETA unterstützen und stellen uns gegen sie.

ECOLOGY

Verlierer Entwicklungsländer Zum einen sollen Zölle für den Handel zwischen den USA und der EU gesenkt werden. Das macht Drittstaaten weniger konkurrenzfähig, weil ihre Produkte im Vergleich teurer würden. Der Ifo-Studie zufolge würde der Handel zwischen Deutschland und den BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) um zehn Prozent, zwischen den BRICS-Staaten und den USA sogar um 30 Prozent des bisherigen Handelsvolumens sinken. Ist TTIP der Versuch gegen aufstrebende Nationen wie China, Brasilien oder Entwicklungsländer eine Abschottung herbeizuführen? Ist es gerecht in einer globalisierten Welt, in der die Rohstoffe für Smartphones aus Afrika kommen, Geräte in China zusammengebaut und dann von großen Konzernen in den USA und Europa vertrieben werden, eine so einseitige Handelsbeziehung einzugehen? Wir Jusos kämpfen für eine gerechtere Weltwirtschaft. Nur so werden politische und soziale Konflikte zu entschärfen sein. Die USA und Europa sollten für eine gerechte Weltordnung Vorreiter sein. TTIP in seiner jetzigen Form hat dafür keine Vorbildfunktion.

Im Mai hat der Parteivorstand beschlossen sich ein digitales Arbeitsprogramm zu geben. Wir Jusos begrüßen diesen Schritt ausdrücklich. Nachdem die Netzpolitik in den letzten Jahren eher ein Nischendasein in der SPD geführt hat und meist mit der Piratenpartei verbunden wurde, hat nun auch der SPD-Parteivorstand die Bedeutung des Themas entdeckt und will sich bis zum nächsten Bundesparteitag ausführlich damit beschäftigen. Die Digitalisierung unserer Umwelt nimmt immer weitere Ausmaße an. Dies mag in vielen Teilen begrüßenswert sein, aber sicher darf man es nicht unreguliert lassen, denn die zunehmende Digitalisierung kann auch zu starkem Missbrauch führen. Ständige Erreichbarkeit im Arbeitsleben kann Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zunehmend unter Druck setzen. Auf der anderen Seite gibt es Menschen, die nachts ihre kreative Phase haben und am Produktivsten sind. Inwieweit können hier gesetzliche Regelungen geschaffen werden, die sowohl den Schutz der Freizeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gewährleisten, aber zugleich auch die Kreativität nicht ausbremsen? Zunehmende Vernetzung und Digitalisierung unserer Umwelt soll den Menschen das Leben einfacher machen. In der EU wird gerade über einen automatischen Notruf im Falle eines Verkehrsunfalls mit Angabe der GPS-Position diskutiert. Klingt auf den ersten Blick äußerst praktisch und kann sicher helfen Leben zu retten. Was aber, wenn KFZ-Versicherungen ihren Kunden anbieten, KundInnen günstige Tarife in Zukunft nur noch bei ständiger Übermittlung der GPS-Position anbieten? Wer garantiert hier die notwendige Datensicherheit und verhindert einen Missbrauch der gespeicherten Daten? Unter dem Begriff „Smart Home“ kommen in den letzten Wochen und Monaten immer mehr Produkte auf den Markt, die das Leben der Nutzerinnen und

Nutzer stark vereinfachen sollen. Beispiele sind der Kühlschrank, der selbstständig Lebensmittel nachbestellt, wenn er leer ist oder der Wecker, der sich automatisch vorstellt, wenn in der Schule oder der Universität eine Stunde ausfällt und man so länger schlafen kann, oder das Handy, das die Gesundheitsdaten automatisch an den Arzt weiterleitet. Auch dies klingt auf den ersten Blick äußerst verlockend. Doch auf den zweiten Blick sind auch hier dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet. Was passiert, wenn jemand Zugriff auf die medizinischen Daten einer Person erhält und sich die Möglichkeit verschafft die Daten zu manipulieren oder jemanden extra verschlafen zu lassen? Außerdem weiß ich immer noch am Besten was ich essen möchte, nicht mein Kühlschrank. Auch im Bildungswesen schreitet die Digitalisierung zunehmend voran. In immer mehr Lehrräumen gibt es WhiteBoards anstelle von Tafeln. Hausaufgaben können am Computer geschrieben und digital eingereicht werden. Mit der Digitalisierung des Bildungswesens sollte nicht nur eine Vereinfachung einhergehen, sondern auch ein Kompetenzgewinn für alle, sowohl Lehrende als auch Lernende. Das fängt damit an, dass der Umgang mit solchen Medien Bestandteil der LehrerInnenausbildung werden muss, genau wie die richtige Vermittlung von Medienkompetenz. Dies sind nur ein paar der Dinge, über die sich der Programmbeirat zum digitalen Arbeitsprogramm unter der Leitung von Gesche Joost und Lars Klingbeil Gedanken machen wird. Es ist außerdem ein breiter parteilicher und gesellschaftlicher Dialog geplant, um möglichst alle Gesellschaftsgruppen in die Debatte mitzunehmen. Wir Jusos freuen uns auf diesen Prozess, den wir natürlich gerne inhaltlich begleiten werden.

Von Johannes Gorges, stellv. Juso-Bundesvorsitzender

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u m s li ia z o S , e n n o S r, ine Woche Somme

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ENDE AUGUST FAND AUF MALTA DAS IUSY WORLD FESTIVAL 2014 STATT. Etwa 1000 Jungsozialistinnen und Jungsozialisten aus der ganzen Welt sind zusammen gekommen, um gemeinsam zu diskutieren, sich auszutauschen und zu feiern. Die Jusos stellten mit 200 TeilnehmerInnen die größte Delegation auf dem Festival. Das Festivalgelände lag im Südwesten von Malta, direkt am Golden Bay, dem einzigen Sandstrand der Insel. Das Meer sorgte für die perfekte Abkühlung. Bei bis zu 40 Grad im Schatten kamen alle in den Workshop-Zelten ganz schön ins Schwitzen. Aber ein IUSY Festival ist ja auch kein Luxusurlaub und wer Entspannung und Ruhe sucht, sollte am besten gar nicht mitfahren. Ein IUSY Festival ist aber eine unglaubliche Bereicherung. Nirgendwo sonst hat man die Möglichkeit so viele GenossInnen aus aller Welt zu treffen und mit ihnen sowohl über tagesaktuelle Politik zu diskutieren sowie auch die eine oder andere theoretische Debatte zu führen. Und vor allem hat man nirgendwo sonst die Chance die Internationale auf so vielen verschiedenen Sprachen und so harmonisch gesungen zu erleben. Inhaltlicher Schwerpunkt des Festivals war die weltweite Armutsbekämpfung. Workshops und Panels fanden u.a. zu Feminismus und LGBT*, Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit, Mobilität in Städten, Diversity im Nahen Osten und Nordafrika, zur institutionellen Krise der Europäischen Union oder zur Arbeit des Willy Brandt Centers in Jerusalem statt.

Jonathan Dawance, MJS Belgien Was macht IUSY für dich aus? Internationalismus ist einer der Grundwerte des Sozialismus und liegt gerade uns von MJS in Belgien am Herzen. Das Ziel des Sozialismus ist eine Welt, die demokratisch, gerecht und solidarisch ist. Das IUSY-Festival ist der perfekte Ort, um diese Werte gemeinsam zu leben. Was heißt Solidarität für dich? Nur durch eine solidarische Welt können wir ein glückliches Leben führen und uns unsere Träume erfüllen.

Carmelo Sutera, MJS Belgien Was hat das Programm für dich so besonders gemacht? Durch die Workshops haben wir von Dingen erfahren, die uns vorher gar nicht bewusst waren. Sie sind die einmalige Chance, mit Menschen aus der ganzen Welt zu diskutieren. Die Treffen mit anderen Delegationen gehören zu den Highlights des Festivals. So lernt man sich richtig kennen. Was glaubst du, wie dich die Begegnungen auf dem Festival im Nachgang beeinflussen? Durch das Festival haben wir viele andere SozialistInnen kennengelernt und Kontakte für die Zukunft geknüpft. So können wir auch in Zukunft viele gemeinsame Aktionen starten.


Marco Hunziker, Juso Schweiz Was heißt Solidarität für dich? Wir leben in einer globalisierten Welt und man muss sich darüber im Klaren sein, dass wir die großen Probleme unserer Welt nur international lösen und einen nachhaltigen Sozialismus nur international verwirklichen können. Was glaubst du, wie dich die Begegnungen auf dem Festival im Nachgang beeinflussen? Durch das Camp, die Workshops und die dadurch gewonnenen Kontakte lernt man eine andere Perspektive auf die Welt und ihre Probleme kennen. Oder um es mit den Worten von Jean Jaurès auszudrücken: „Un peu d’internationalimse éloigne de la patrie, beaucoup d’internationalisme y ramène“.

Antonia Verstappen, New Zealand Young Labour, (und James Sleep) Welcher Workshop war für dich am spannendsten? Die Podiumsdiskussion zum Thema Abtreibungsrechte weltweit, bei der ich auch selbst zur wenig erfreulichen Situation in Neuseeland gesprochen habe. Wir haben daraus in diesem Jahr eine Schwerpunktkampagne gemacht. Ich fand es toll, mich mit so vielen Leuten über die Kampagne austauschen zu können und zu erfahren, wie es anderen in ihren Ländern geht, die für das Recht auf Abtreibung kämpfen. Was glaubst du, wie dich die Begegnungen auf dem Festival im Nachgang beeinflussen? Das großartigste an einem IUSY Festival sind die Kontakte, die man knüpft. Das wird meine politische Arbeit sehr prägen. Gemeinsam werden wir an Themen und Kampagnen weiterarbeiten, insbesondere mit GenossInnen aus dem Asien-Pazifik Raum.

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Nitzan Menagem, Young Meretz Israel Was macht IUSY für dich aus? Als AktivistInnen aus einem Gebiet, in dem Krieg herrscht, ist das Festival gerade jetzt wichtig für uns. Wir treffen viele GenossInnen, die uns in dieser schwierigen Zeit unterstützen. Diese Empathie und das Verständnis aus allen Ländern und Regionen der Welt ist eine ganz neue Erfahrung. Was hat das Programm für dich so besonders gemacht? Durch die Workshops auf dem Festival haben wir unseren Horizont und unser Wissen über Konflikte und Kämpfe stark erweitert. Oft ist die mediale Berichterstattung über diese Konflikte unzureichend. Deshalb ist es auch schwer für uns, unsere Arbeit im Konflikt zwischen Israel und Palästina darzustellen. Und weil wir auch, anders als die Jusos, kein eigenes Budget haben, sind die Workshops und der Austausch mit den GenossInnen vor Ort so wertvoll für uns.

Robert Steenbergen, JS-Niederlande: Was macht IUSY für dich aus? IUSY bedeutet für mich, dass ich mich mit anderen JungsozialistInnen über unser Wissen und unserer Ideen austauschen kann. Das hilft uns, die Gesellschaft zu verändern. Welcher Workshop war für dich am spannendsten? Für mich war der Workshop über die Westsahara der spannendste. Ohne diesen hätte ich gar nicht gewusst, wie die Situation vor Ort ist.


Von Johanna Uekermann, Juso-Bundesvorsitzende

FRAUENWELTEN

WIE SCHÖN WÄRE ES UNGERECHTIGKEIT EINFACH WEGLACHEN ZU KÖNNEN! Von Svenja Ludwig, Charlotte Rosa Dick und Katharina Oerder, stellvertretende Juso-Bundesvorsitzende

Wenn es nach Ansicht des stellvertretenden türkischen Ministerpräsidenten Bülent Arinc, der konservativen AKP geht, sollen Frauen nicht laut in der Öffentlichkeit lachen. Sie sollen sich züchtig verhalten. „Züchtigkeit ist so wichtig. Es ist nicht nur ein Wort“, sagte Arinc bei einer Rede zum Fest des Fastenbrechens nach dem Ramadan. Wenn Züchtigkeit nicht nur ein Wort ist, wie kommt es dann dazu, dass vielen Züchtigkeit kein Begriff mehr ist? Schaut man im Duden nach, so findet man hinter dem Wort Züchtigkeit nur die Anmerkung „veraltet“ in Klammern gesetzt. Eigentlich sollte das schon Kommentar genug sein zu einem Gesellschaftsbild, das hinter solchen Forderungen steht. Aber hinter dem Wort „züchtig“ findet man noch einen anderen Anhaltspunkt; das Wort züchtig wird begleitet von einem in Klammern gesetzten „veraltet für sittsam“. Was sittsam ist im Gegensatz zu dem was züchtig ist, ist den meisten Menschen ziemlich klar, bestimmten sich die guten Sitten doch nach dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht denkenden Menschen. Warum aber ausgerechnet Lachen gegen das Anstandsgefühl der meisten Menschen verstoßen soll, wird auch mithilfe dieser Herleitung nicht deutlich. Ist es nicht vielmehr anständig, Mitmenschen in bestimmten Situationen freundlich und aufmunternd zuzulachen? Andere Länder, andere Sitten mag da der Eine oder die Andere denken. Doch Lachen hat nichts mit Sitten und Moralvorstellungen zu tun. In ihrer Lachstudie hat Barbara Merziger herausgefunden, dass gerade gesellschaftlich unterdrückte Gruppen besonders viel lachen. Also gerade Frauen, die sozusagen die Ungerechtigkeiten einer patriarchalen Gesellschaft einfach weglachen. Gemeinsames Lachen wird somit zu einer Solidaritätsbekundung Ekmeleddin İhsanoğlu, der Präsidentschaftskandidat der Opposition hat also recht, wenn er sagt, dass die Türkei nichts so sehr braucht wie das fröhliche Lachen von Frauen. Als Solidaritätsbekundung senden wir den Frauen in der Türkei deshalb ein breites Lachen zu.

FRIEDEN SCHAFFT MAN NICHT MIT WAFFEN Die Bundesregierung hat beschlossen, Waffen in den Nordirak an die kurdischen Peschmerga zu liefern. Ich finde das falsch. Es ist nicht abschätzbar, wie und von wem diese Waffen in Zukunft eingesetzt werden. Wie man Waffenlager oder Waffen in „falschen Händen“ verhindern kann, darauf gibt es keine Antworten. Außerdem hat die Bundesregierung eine politisch notwendige Beteiligung des Parlaments verhindert. Durch die verbindliche Entscheidung einen Tag vor der Sondersitzung wurde die Sitzung des Bundestags zu einer symbolischen Veranstaltung abgewertet. Nichts zu tun bei den Gräueltaten, die der Islamische Staat (IS) verrichtet, ist jedoch genauso falsch. Das Beste wäre eine internationales abgestimmtes Vorgehen. Getragen von einer Resolution des UN-Sicherheitsrates dem Islamischen Staat (IS), wenn nötig auch mit Waffengewalt und Truppen, Einhalt zu gebieten. Doch das ist politisch nicht gewollt. Aus meiner Sicht müssen wir deshalb Folgendes tun. Erstens sollten wir unsere humanitären Möglichkeiten vollends ausschöpfen. Die Versorgung mit Hilfsgütern aus Deutschland muss massiv ausgeweitet werden. Die Entscheidungsfreudigkeit in Bezug auf Waffenlieferungen würde ich mir in Bezug auf eine erhöhte Aufnahmezahl von Flüchtlingen wünschen. Zweitens brauchen wir eine langfristige politische Lösung für die gesamte Region. Diese kann nur auf internationaler Ebene im Rahmen der UN vorangetrieben werden. Um eine weitere Destabilisierung der gesamten Region zu verhindern müssen auch die irakischen Kräfte eingebunden werden, sowie die Anrainerstaaten. Wenn wie derzeit jedes Land seine eigene Strategie fährt, wird der Einfluss der IS in der Region mit allen seinen Gefahren nicht eingedämmt. Drittens brauchen wir eine breite Debatte in der SPD und in der Gesellschaft, wie wir uns außen- und friedenspolitisch positionieren wollen. Mit der „Responsibility to protect“ (R2P) wurde von den Vereinten Nationen die Möglichkeit geschaffen, ZivilistenInnen im Falle eines drohenden Völkermordes zu schützen. Staatliche Souveränität sollte nicht länger ein Freibrief sein, innerhalb der eigenen Grenzen Massenmorde zu begehen. Das Konzept der Schutzverantwortung befindet sich jedoch in einer tiefen Krise. KritikerInnen nennen es ineffektiv, leicht auszunutzen oder aufgrund der politischen Situation im Sicherheitsrat schlicht nicht umsetzbar. Auch 20 Jahre nach dem Völkermord in Ruanda und dem Massaker von Srebrenica gibt es keine einfache Antwort auf die Frage, wie Menschenrechte international geschützt werden können. Die in Deutschland geführte Debatte, angestoßen von Joachim Gauck und Ursula von der Leyen, mehr „Verantwortung“ im Hinblick auf militärische Beteiligung zu übernehmen, kann nicht die Antwort sein. Wir müssen diskutieren, wie sozialdemokratische Außen- und Friedenspolitik heute aussehen muss. Wir müssen uns fragen, wo die Ursachen für Konflikte liegen und wie zivile Prävention gelingen kann. Aber auch, ob unter bestimmten Umständen eine externe militärische Intervention notwendig ist. Wir Jusos gehen dafür den ersten Schritt. Auf dem Linkskongress 2014 in Erfurt werden wir uns mit den Herausforderungen linker Friedenspolitik beschäftigen. Diskutiert mit und lasst uns gemeinsam vorangehen!

Gökçe Gökçen, Internationale Sekretärin der CHP Youth mit der Juso-Bundesvorsitzenden Johanna Uekermann

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ine mögliche Unabhängigkeit Schottlands stand diesen Sommer nicht zum ersten Mal in der Diskussion. Bereits in den Siebzigern scheiterte ein Referendum an zu geringer Beteiligung. Anders am 18.September: knapp 85% der Wahlberechtigten haben darüber abgestimmt, ob sie in einem unabhängigen Land leben wollen. Allerdings sprachen sich nur knapp 45% dafür aus, 55% waren dagegen. Außer der Scottish National Party und den Grünen hatten alle großen Parteien (Tories, Labour und Liberal Democrats) für einen Verbleib Schottlands im Vereinigten Königreich geworben. Zentrale Motivation der Sezessionsbewegung war wohl der politische Dissens zwischen London und Edinburgh. Es gibt seit Jahren nur einen konservativen schottischen Abgeordneten im Unterhaus, dennoch werden Außenpolitik und Finanzen von den Tories auch für Schottland bestimmt. Labour hat aufgrund seiner neoliberalen Regierungspolitik auch in Schottland massiv an Boden verloren. Die SNP hatte daher mit den Versprechen nach mehr sozialer Gerechtigkeit, Abrüstung und erneuerbaren Energien Wahlkampf für die Unabhängigkeit gemacht.

A

In den Debatten um das für und wider der schottischen Unabhängigkeit spielte Nationalismus eine wichtige Rolle. Hier muss sich gerade die SNP ihre unappetitliche, nationalistische Vergangenheit vorhalten lassen. Doch auch “Better Together” wirbt für sich als patriotische Vereinigung. So konnten weder BefürworterInnen noch GegnerInnen der schottischen Unabhängigkeit eine wirklich antinationale Position einnehmen.

Wahlen zum Unterhaus 2015 werden nicht nur die Entscheidung zwischen Labour und Tories sein, sondern zwischen Zentralismus und Förderalismus. Aus jungsozialistischer Perspektive kann man nur auf eine Dezentralisierung hoffen. So könnte das Vereinigte Königreich zusammen besser werden statt nur besser zusammen zu bleiben. Von Franziska Wende, ehem. Mitglied der BKI

Mit dieser Abstimmung ist die Frage eines schottischen Staates für die nächsten Jahrzehnte vom Tisch. Doch durch den Erfolg der YES-Kampagne sah sich Premierminister Cameron gezwungen weitreichende Zugeständnisse im Bezug auf weitere Dezentralisierung zu machen um die Union zu retten. Nun fordern die Tories bereits, dass schottische Abgeordnete in Westminster weniger Rechte bekommen, wenn in Edinburgh mehr entschieden werden kann. Andere Stimmen verlangen nach einer Förderalisierung in Englands Regionen, die sich ebenfalls stark voneinander unterscheiden. Die Zeit der Nationalstaaten ist vorbei, die der Zentralstaaten schon längst. Die

m 18. September wurden ungefähr vier Millionen schottische Wahlberechtigte aufgerufen, um über die Unabhängigkeit Schottlands und somit über die Zugehörigkeit zur britischen Union abzustimmen. Diese Möglichkeit nahmen knapp 85% wahr. Am Ende entschieden sich ca. 55% gegen die Autonomie.

vor allem die Briten und Spanier sahen dies als Abspaltung. Diese Frage ist dahingehend wichtig, da eine Teilung die Übernahme internationaler Verträge und somit auch den Verbleib in der EU bedeutet hätte. Ein Abspaltung hingegen nicht. Dementsprechend wäre ein Nein zur britischen Union eben kein Ja zur europäischen Union, sondern ein Nein zu beidem gewesen.

Die Unabhängigkeitsbewegung wurde vor allem durch zwei politische Hintergründe genährt. Der eine ist ein schottischer Nationalismus, welcher nicht mehr aus dem konservativen London bestimmt werden möchte. Jener Geist wird auch von einem schottischen progressiven Lager unterstützt, welcher sich gegen den Konservatismus aus England setzte. Der zweite politische Hintergrund ist pro-europäisch und möchte den Austritt Schottlands aus der Europäischen Union verhindern. Sie wollen verhindern, dass das EU-kritische restliche Großbritannien die EU verlässt und somit Schottland mitzieht. Doch jener Gedanke basiert auf einer Fehlanalyse. Als neu gegründeter Staat wäre Schottland wahrscheinlich kein Mitglied der EU gewesen. Viele hofften auf eine internationalrechtliche Teilung, doch

Ferner wären viele Folgen für Schottland noch gar nicht geklärt gewesen. Es wäre eine Währungsunion zwischen Großbritannien und Schottland unterbunden worden. Des Weiteren basieren ungefähr 65% des schottischen Exports, auf den Handel in das restliche britische Königreich. Was wäre mit dem Rentensystem der Schottinnen und Schotten passiert, welches schon jahrelang in das britische Rentensystem fließt? Außerdem altert die schottische Bevölkerung schneller als die britische im Allgemeinen. Bei einem solchen demographischen Wandel tragen 60 Millionen britische Schultern mehr, als fünf Millionen Schottische. Man konnte sehen, dass die BefürworterInnen der schottischen

Pro Schottland Abspaltung viele Fragen nicht beantworten konnten und dass eine schottische Unabhängigkeit viele Risiken für die Bevölkerung nach sich gezogen hätten. Jenes waren die Gründe, weshalb viele gegen die Autonomie stimmten, denn die Ungewissheiten und Risiken waren zu groß, um für die Unabhängigkeit zu stimmen. Von Martin Hackbarth, Mitglied der BKI

Pro und Kontra 11


CYBERWAR Die Algorithmen hinter den Konflikten Digitalisierung und Vernetzung von gesellschaftlichen Räumen lassen einen Strukturwandel der Öffentlichkeit erkennen. Internet und dahinterstehende Vernetzung sind Instrumente von internationaler Sicherheitspolitik. Die Militarisierung des Internets Der Cyberspace ist in den Mittelpunkt der Hightech Kriegsführung gerückt und kann durch Militarisierung zu einer Plattform für Auseinandersetzungen werden. Angriffe auf Informationsinfrastruktur könnten wegen enger Verflechtung mit dem privaten und öffentlichen Leben zur Destabilisierung von Staaten führen. Die Frage, wie man VerursacherInnen von Angriffen identifizieren und an Vorhaben hindern kann, birgt ein großes Konfliktpotential. Aktuellster Fall ist der Vorstoß des Bundesnachrichtendienstes, der soziale Netzwerke in Echtzeit auslesen lässt, um u.a. Metadaten und Daten über Personen zu sammeln. Die Bundeswehr hat dafür das Programm WeroQ für den militärischen Bereich fortentwickelt. Trends, Muster und Beziehungen sollen aus unstrukturierten Daten gesammelt

werden, daraus personenbezogene strukturierte Daten, für den militärischen Zweck nutzbar, abgeleitet werden. International gibt es keine Ansätze einer funktionierenden Kontrolle militärischer Aktivitäten im Internet. Die Debatte zur Globalüberwachung der NSA vereinfacht es nicht einen Ansatz zur präventiven Rüstungskontrolle im Cyberspace zu finden. Realität ist, dass Staaten Bewegungsprofile möglicher Cyberkrimineller und „TerroristInnen“ erstellen, um anschließend gezielt gegen diese vorzugehen. Tödliche Vernetzung Gesammelte Daten können für militärische Zwecke genutzt werden. Die Frage ist, ob sie bereits verwendet werden. Seit der Enthüllung des ehemaligen US-Drohnenpiloten Brandon Bryan ist klar, dass es Befehle zur gezielten Tötung aufgrund von Metadaten gab.

Befinden wir uns auf dem Weg zu autonomen handelnden bewaffneten Drohnen (UAV)? Einer alten Debatte, deren Dilemma zwischen Humanität und Sicherheit durch die Weiterentwicklung der Systeme sichtbarer als je zuvor ist. Es ist die Auseinandersetzung mit der Ethik von Militäreinsätzen, unter dem Gesichtspunkt der Digitalisierung und Vernetzung von militärischer Technologie. Verfechter der Drohnentechnologie bekräftigen, dass UAV Befehle nur ausführt, die wesentlichen Entscheidungen beim Menschen liegen, er sozusagen „in the loop“ bleibt. Doch entscheidet noch ein Mensch, wenn die Entscheidung lediglich auf zusammengesetzten Fragmenten aus unterschiedlichen Quellen basiert? Wir befinden uns kurz vor dem autonom vernetzenden System, das das Entscheidungsermessen stark beeinflusst, den Menschen immer mehr „out of the loop“ stellt. Mehr friedenspolitische Debatten führen Digitalisierung und Vernetzung als Basis internationaler Auseinandersetzungen haben ein sicherheitspolitisches Interessensfeld geformt. Wir als Jusos müssen uns dafür einsetzten, für globale Fragen auch globale Debatten zu führen und supranationale Regelungen zu finden. National können neue internationale Problemstellungen nur unzureichend geregelt werden. Die Auseinandersetzung mit der Ethik des Krieges und der militärischen Intervention muss auf diese Neuerung reagieren, sich funktional an ihr abarbeiten. Von Tim Kaufmann, Mitglied der BKI und Charlotte Rosa Dick, stellv. Juso-Bundesvorsitzende

Jusos auf der Summer School in Mexico Die FES Summer School fand unter dem Leitthema „Demokratie & Nachhaltigkeit“ in Cocoyoc, etwa zwei Stunden von MexikoStadt entfernt, statt. In verschiedenen Workshops, im Austausch mit Gästen aus Wissenschaft und Politik und auch durch Exkursionen haben wir uns damit beschäftigt, inwiefern die Umwelt-, Klima-, Demokratie- und Finanzkrisen zusammenhängen und wie wir als linke Parteien und Bewegungen in unseren Ländern damit umgehen. Wir Jusos haben uns mit zwei Vorträgen ins Programm eingebracht. 12 In Bewegung

Einen um SPD und Jusos vorzustellen, den anderen zur Rolle der Umweltbewegung. Im ersten haben wir uns auf die aktuelle Situation in der Zeit vor der Bundestagswahl bis zur damals kurz bevorstehenden Europawahl konzentriert und aufgezeigt, wie wir als Jusos Wahlkampf und Mitgliederentscheid begleitet haben. Dies stieß bei unseren lateinamerikanischen GenossInnen auf großes Interesse. Für viele ist es schwierig sich gegen die herrschenden patriarchalischen Strukturen in ihren Verbänden zu stellen. Im zweiten Vortrag haben wir uns auf die Rolle von Parteien und außerparlamen-

tarischen Bewegungen in Deutschland der letzten 30 Jahre und ihren Einfluss auf die Umwelt- und Energiepolitik und insbesondere die Energiewende konzentriert. Neben den Workshops haben wir Gespräche über Frauen- und LGBTQ-Rechte, über die Legalisierung von Drogen, aber auch über lokale Konflikte und soziale Unruhen geführt. Beeindruckt hat uns der Zusammenhalt unserer lateinamerikanischen GenossInnen, die trotz aller Unterschiede gemeinsam und gegen viele Widerstände für ein sozialeres und gerechteres Lateinamerika kämpfen. Von René Kieselhorst, Mitglied der BKI


Filmkritik

Rezension

Rezension

EVERYDAY REBELLION Dokumentarfilm Österreich/Schweiz 2014, 118 Minuten Regie: Arash T. Riahi, Arman T. Riahi Kinostart: 11. September 2014

Klaus Eichner Imperium ohne Rätsel. Was bereits die DDR-Aufklärung über die NSA wusste Edition Ost, Berlin 2014 128 Seiten, 9,99 € / eBook 7,99 € ISBN 978-3-360-01864-9

Feustel/Stange/Strohschneider (Hrsg) Verfassungsfeinde? - Wie die Hüter von Denk- und Gewaltmonopolen mit dem „Linksextremismus“ umgehen VSA-Verlag, Hamburg 2012 157 Seiten, 12,80 €, ISBN 978-3-8012-0436-5

In Syrien oder im Iran gehen die Menschen nicht einfach so auf die Straße, um gegen das totalitäre Regime zu protestieren. Aber sie versuchen sich in vielfältigen Formen des Widerstands: kullernde Tischtennisbälle über öffentliche Treppen, die mit Widerstandsparolen versehen sind, nächtlich gesprühte Graffitis oder mitten am Tag aufsteigende Luftballons, die platzen und Flugblätter freigeben. Die iranisch-österreichischen RegieBrüder Arash T. und Arman T. Riahi reisen für „Everday Rebellion“ von Land zu Land und befragen AktivistInnen sowie WissenschaftlerInnen und TheoretikerInnen nach den wirksamsten Methoden des Widerstands. Mit den sich ständig wechselnden Schauplätzen (Kairo, Kiew, Teheran, New York, Madrid, London) versuchen die Filmemacher, ein möglichst umfassendes Bild des Phänomens gewaltfreier Protest zu zeigen. Dabei wird kein großer Unterschied zwischen den Gruppierungen gemacht und man begegnet Bewegungen wie „Occupy Wall Street“ ebenso wie den ukrainischen Aktivistinnen von „Femen“. So wird der jeweilige Kontext der Proteste, die politischen, sozialen und ökonomischen Umstände fast völlig ausgeblendet und so bleibt es bei trivialen und oberflächlichen Analysen. Dennoch bemühen sich die Filmemacher eine möglichst umfassende Darstellung aktueller Protestbewegungen abzuliefern.

128 Seiten lesen sich schnell, im Idealfall an einem Nachmittag. Bei Klaus Eichner’s „Imperium ohne Rätsel“ dauerte es wesentlich länger. Warum genau kann ich nicht sagen. Es enthält durchaus sehr spannende Informationen. Eichner saß an einer entscheidenden Stelle der DDR-Aufklärung. Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) hatte umfassende Informationen über die Arbeit und die Spionagetätigkeiten der NSA in beiden Teilen Deutschlands. Aus diesen Dokumenten ging hervor, wie umfangreich sowohl Ost- als auch West-Deutschland durch die USA bespitzelt wurden. Demnach war die BRD mehr ein Hündchen an der Leine als gleichberechtigter Partner im Westen. Gleichzeitig klärt das Buch auf, was mit den Dokumenten direkt nach der Wende passierte: die, die die USA betrafen, wurden an sie überstellt. Im Original, ohne Kopien zu behalten - an den Kontrollgremien der Politik vorbei. All das mit dem Wissen des Innenministers (ein gewisser W. Schäuble) und dem Leiter der Stasi-Unterlagen-Behörde (Herr J. Gauck). Beide Herren haben bekanntlich Anschlussverwendung gefunden. Klaus Eichner hat mit seinem Buch einen mutigen Beitrag zur NSA-Affäre geleistet. Einer, der hilft zu verstehen, woher die Wut vieler auf die Geheimdienste kommt und der die angebliche Unwissenheit der Regierung sehr stark in Zweifel ziehen lässt. Leider verliert sich das Buch an vielen Stellen in Rechtfertigungen, Angriffen und vielen aneinander gereihten Großbuchstaben. Das ist wohl der Grund, warum es länger als einen Nachmittag dauert. Wer die Zeit dafür hat, kann sie ruhig investieren.

Über die politische Unbrauchbarkeit der „Extremismustheorie“ mit ihrer Gleichsetzung von „Links-„ und „Rechtsextremismus“ herrscht im Juso-Verband weitgehend Konsens. Die dreizehn Beiträge des vorliegenden Sammelbands bieten einen interessanten Überblick über die verschiedenen Aspekte des Umgangs mit dem „Linksextremismus“, den die HerausgeberInnen „als ein Ensemble aus repressiver Kontrolle, wissenschaftlichen Aussagen, medialer Inszenierung und einer landläufigen, bisweilen verkümmerten Vorstellung von Politik“ definieren. Wenig ansprechend ist allenfalls der Beitrag von Freerk Huisken, der sich auf sehr plumpe Art mit der Rolle von Schule bei der politischen Prägung von jungen Menschen beschäftigt. Insgesamt verschafft der Band jedoch eine gute Grundlage und Argumentationshilfe für weitere Diskussionen bei den Jusos und darüber hinaus.

Von Ariane Werner, Juso-Bundesbüro

Von Thilo Scholle, ehem. Mitglied im Juso-Bundesvorstand

Von Moritz Deutschmann, stellv. Juso-Bundesvorsitzender

Rezensionen 13


Ein Krieg, der keine GewinnerInnen kennt Es sind 50 Tage gewesen, die der Geschichte Israels und Palästinas eine weitere Tragödie hinzugefügt haben. 50 Tage in denen weit über 2000 Menschen ihr Leben gelassen haben für die Uneinsichtigkeit politischer Führungseliten Zugeständnisse in Friedensverhandlungen zu machen. Und doch sind es am Ende genau diese Eliten, die gestärkt aus dem letzten Gewaltausbruch in Gaza und im Süden Israels hervorgehen. Das Verhältnis rechter und religiöser Parteien zu den Mitte-Links und den arabischen Parteien liegt laut der jüngsten Umfrage in Israel bei 80 zu 40 Sitzen in der Knesset. Im Gazastreifen feiert die Hamas den „Sieg“ über Israel und in vielen Städten der Westbank stimmen die BewohnerInnen mit in die Feierlichkeiten ein. Die moderaten Kräfte in beiden Gesellschaften stehen vor den Trümmern ihrer Arbeit. Es ist ihnen weder gelungen den Gewaltausbruch zu verhindern, noch einen schnellen Waffenstillstand und die Wiederaufnahme umfassender Friedensverhandlungen durchzusetzen. Innergesellschaftlich haben sie keine Mehrheit für die Strategie auf friedlichem Weg eine Lösung des

Konflikts zu finden. In dem vagen Status quo, der seit dem Waffenstillstand vom 26. August 2014 herrscht, stehen die Zeichen nicht auf Deeskalation. In Palästina hat die Boykottbewegung riesigen Zulauf und die israelische Regierung hat jüngst eine große Fläche süd-

lich von Bethlehem beschlagnahmt, um den Neu- und Ausbau von Siedlungen im GushEtzion Block voranzutreiben. Wie in diesem Lichte die weitergehenden Verhandlungen, die einen Monat nach Beginn des Waffenstillstands beginnen sollen, zum Erfolg gebracht werden sollen ist mehr als fraglich.

Auch am Willy-Brandt-Center sind diese Ereignisse nicht spurlos vorübergegangen. Die Erfahrungen von 50 Tagen Krieg haben zu einer größeren Distanz zwischen den PartnerInnen geführt. Dennoch hat das Projekt nichts von seiner Attraktivität eingebüßt. Noch immer bietet das WBC den PartnerInnen die einzige direkte Möglichkeit miteinander politische Auseinandersetzungen zu führen und die Entwicklungen in der eigenen Gesellschaft gegenüber den Nachbarn darzustellen. Es bietet die Chance ungefiltert zu erfahren, was in der jeweils anderen Gesellschaft passiert und zu verstehen wie Veränderungen ermöglicht werden können. Auch in der Vergangenheit war es nicht immer leicht, angesichts von Krieg und Terror, den Mehrwert dieser Partnerschaft zu erkennen. Bei genauer Betrachtung wird jedoch deutlich, dass im WBC die wichtigste Verbindung für die Partnerverbände liegt, wenn es darum geht neue Impulse für den Frieden zu setzen. Von Christopher Paesen, Projektkoordinator am Willy Brandt Center Jerusalem

ZU GAST BEI FREUNDEN Die CHP Jugend besucht die Jusos Anfang Juli hatten wir Jusos sechs GenossInnen der türkischen CHP-Jugend zu Gast. Im Mittelpunkt des Besuchs stand der Austausch über unser gemeinsames Ziel einer demokratischen Welt, in der das gesellschaftliche Denken, die soziale Gerechtigkeit und der Frieden im Vordergrund stehen. Auch stand ein Austausch über eine wirkliche Gleichstellung von Frauen in der Gesellschaft im Fokus der Debatten. Vom Feminismus bis zu Kommunalverwaltungen, von ArbeiterInnen- und Studierendenbewegungen bis zu Arbeitsbedingungen der GrubenarbeiterInnen, vom Jugendlichen in der Politik bis zu Problemen der Arbeitslosigkeit und Problemen der Identität; der Austausch mit der CHP Jugend gab uns die Möglichkeit einen direkten Einblick in die gesellschaftlichen Debatten in der Türkei zu bekommen, die seit den Gezi-Protesten immer mehr Raum gerade bei jungen Menschen einnehmen. Auch wenn die Woche viel zu kurz war und wir viele Diskussionen, politische Ziele 14 International

und Konflikte nur anreißen konnten, so bleibt hängen, dass der Austausch und die Stärkung der progressiven Kräfte in der Türkei aber auch in der CHP fortgesetzt werden sollte. Mit dem Vorsitzwechsel im Jahr 2010 hat sich die CHP wieder stärker sozialdemokratischen Werten zugewendet. Die CHP Jugend

hatte schon vor der Präsidentschaftswahl die Entscheidung zu einem gemeinsamen Kandidaten - Ekmeleddin Ihsanoglu der rechtsradikalen bisweilen faschistischen MHP - zum Teil heftig kritisiert. Nach der Wahl steht die Partei nun vor Flügelkämpfen, die auch eine Diskussion um den Parteivorsitz und eine generelle Ausrichtung der CHP beinhalten.Quo vadis CHP fragt sich in diesen Tagen nicht nur die CHP Jugend. Wir Jusos haben viele wichtige Schlüsse aus den gewonnenen Eindrücken ziehen können. Für uns ist aber nicht nur der Kontakt zu progressiven GenossInnen in der Türkei wichtig. Auch müssen wir uns stärker damit auseinandersetzen, wie wir jungen, linken Menschen mit (türkischem) Migrationshintergrund, Mitwirkung und Mitarbeit anbieten können. Von Charlotte Rosa Dick, stellv. Juso-Bundesvorsitzende


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