Wollt Ihr den totalen Fußball? - Ron Wijckmans

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Niederländische Deutschlandbilder und ihre Funktion niederländischen Deutschlandbild der Nachkriegszeit, auf die sich Groenewold auch in seiner Analyse stützt. Die erste Phase (1945-1958) kennzeichnet sich durch Befreiungsliteratur, in der es darum geht, dem Widerstand die Ehre zu erweisen und die Befreiung zu feiern. In einer zweiten Phase (1959-1973) gibt es eine neue Generation von Autoren, die versucht das Deutschlandbild in einer differenzierten und spezifischen Weise zu benutzen. In der dritten Phase (1974-1990) bekommt Deutschland die negative Eigenschaft eines quälenden Traumas. Diese dritte Phase im Deutschlandbild sei, so Groenewold, für die Nachkriegsgeneration die am meisten beherrschende geworden: Deutschland als Trauma, als Alptraum und negativer Mythos. Hier würde Deutschland als eine Art fetischisiertem Dämon, der kaum noch etwas mit historischen Realitäten zu tun habe, dargestellt. Oft würde die Reise nach Deutschland dabei als eine Reise in die Finsternis, eine Reise ohne wirkliches Ziel mit Lähmungs- und Tranceerscheinungen, die die Ankunft erschweren, dargestellt. Autobahnen, die ins Nichts führen und erste Begegnungen mit Deutschen, die sich unhöflich, grob und unfreundlich verhalten, traditionelle Treffen der SS und große Mengen Schweinefleisch sind dabei Motive, mit denen variiert würde. Ein weiteres Motiv bilde der Nebel als Bild für Germanness.100 Seit Anfang der 90-er Jahre gebe es aber eine Wende zum Dialog hin, die sich in der Politik, in den alltäglichen Kontakten und in der Literatur niederschlüge. Ausgelöst worden sei die Wende zunächst vom Wegfallen der europäischen Grenzen, was zu einer Diskussion über die niederländische Identität geführte habe. Mit den rechtsradikalen Anschlägen und den niederländischen Reaktionen darauf, den Folgen der Clingendael-Studie, der Rolle des niederländischen UN-Bataillons in Srebrenica und neuen Denkanstößen zur eigenen Rolle während der Besatzung und in den ehemaligen niederländischen Kolonien haben Ereignisse in Deutschland und vor allem in den Niederlanden nach der Meinung Groenewolds bewirkt, dass die Niederländer ihre eigene nationale und kulturelle Identität neu überdenken mussten. Dies habe dazu geführt, dass es niederländischerseits mehr Aufmerksamkeit für das Deutschlandbild gebe, nun auch ausführlicher, genauer und differenzierter über Deutschland berichtet werde und man mehr zu Dialog und Begegnungen bereit sei.101 Diese Wende in den 90-er Jahren hat auch Bernd Müller kommentiert. Einen Beitrag aus dem Jahr 1992 fängt er noch mit dem Zitat von Godfried Bomans an, in dem dieser die Als Beispiel hierfür zitiert Groenewold hier Harry Mulisch (aus De Toekomst van Gisteren, 1972): "Bij Oberhausen begon de nevel... De nevel is, in de ruimte, het meteorologische pendant van de legende, het onhistorische verleden. Daarom is nevel Duits, en daarom is de Rijn - althans tot 30 april 1945 - voor Duitsers niet eenvoudig een rivier in zijn natuurlijke bedding, zoals voor Zwitsers, maar een legende." Zitiert nach Groenewold, Het Nederlandse Duitslandbeeld, S. 236. 101 Groenewold, Het Nederlandse Duitslandbeeld, S. 237-238. 100

Ron Wijckmans

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