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Der Dealer Ein Heft 端ber das ankommen hinter der Ladentheke und das abnabeln von Zu hause


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Liebe Leserin, lieber Leser, nach der Schule wird alles anders. Kein Acht-Uhr-Gong mehr, nicht mehr jeden Tag derselbe Weg (S. 10) und die gleichen Matheaufgaben (S. 28). Alles anders: Das klingt nach Aufregung und Freiheit. Aber große Veränderungen bringen auch Fragen und Ängste mit sich, es gilt Entscheidungen zu treffen und sich mit Dingen zu befassen, die einem bislang egal waren. Wir haben Geschichten zusammengetragen, die den „Alles anders“-Moment suchen und aus verschiedenen Richtungen betrachten.

04 Zustand Was wir mögen, sagt, wer wir sind. 06 Abnabeln Ein Mädchen mit Behinderung zieht aus.

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10 Aufbruch Ein Loblied auf den Schulweg.

12 Globalisiert Wer als Schüler oft umzieht, bleibt ruhelos.

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16 Wissen Buzzwords fürs Erwachsenwerden.

18 Kassenbewusstsein Einzelhändler über ihre Kunden. 24 Dorfladen Was Politik mit Wurstsemmeln zu tun hat.

28 Zahllos Schriftsteller schreiben Mathe-Textaufgaben um. 30 Klassenkampf Jeder Jahrgang findet sich einzigartig. 32 Rätsel Wer verkauft was?

34 Interview „Mensch, ärgere Dich nicht“ mit Claire.

Viel SpaSS beim Lesen!

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Von Tim Bruening / Foto

Nesli, 22

Welche TV-Serie findest du gerade gut? „Mad Men“

Welche Kunst findest du gerade gut? Jenny Holzer Wo war die letzte gute Party? Berghain Panorama Bar 4 jetzt

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Wo war es zuletzt im Urlaub super? Auf der Trekkingtour im Atlasgebirge mit anschließender Städtereise durch Marokko Welche Kleidung hast du zuletzt gekauft und gemocht? Acne Jeans: Skinny Fit, Mid Rise, Back Zip

Welches Magazin hast du zuletzt gemocht? Das „Tissue“-Magazin

Welche Accessoires magst du gerade? Meine Large Zip Pouch von Comme des Garçons

Welches Musikvideo hast du gerade geliket oder geteilt? Sophia Kennedy, „The Apple In The Basket“ Welchen Film hast du als Letztes gesehen und gemocht? „Beginners“ von Mike Mills

Welches Buch hast du zuletzt gern gelesen? Boris Groys, „Logik der Sammlung“

Worauf könntest du im Moment nicht verzichten? Auf meinen Timer Was kannst du gerade überhaupt nicht leiden? Aufgesetzte Höflichkeit Welches Gericht hast du in letzter Zeit gern gegessen? Tagliatelle in Salbeibutter mit Walnüssen

Was Nesli Mag, haben wir hier gefunden AMCTV.com, acnestudios.com, comme-des-garcons.com, tissuemagazine.com, hanser.de, focusfeatures.com

Unser Geschmack wandelt sich im Lauf des Lebens. Doch zu jeder Zeit sagt das, was wir gerade mögen, ein bisschen was über uns selbst.


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Der Süddeutsche Verlag ist eine Tochterfirma der Südwestdeutschen Medienholding GmbH, einem der größten Medienhäuser Deutschlands. An über 30 Standorten im In- und Ausland ist die Südwestdeutsche Medienholding in den Geschäftsfeldern Tageszeitungen, Fachinformationen, Digitale Medien, Anzeigenblätter, Druck und Logistik sowie weiteren Dienstleistungen im branchennahen Umfeld aktiv. Wir stellen nicht nur höchste Qualitätsansprüche an unsere Redaktionen, Produkte und Dienstleistungen, sondern auch an die Berufsausbildung in den verschiedenen Unternehmensbereichen. In der intensiven und praxisorientierten Ausbildung erhalten die Auszubildenden Einblick in die spannenden Abteilungen unseres Medienunternehmens, übernehmen Verantwortung bei anspruchsvollen Aufgaben und Ausbildungsprojekten und werden von qualifizierten Ausbildern individuell betreut. Wenn Sie unsere Begeisterung für publizistisch, gestalterisch und technisch erstklassige Information und Meinungsbildung teilen, über Organisationstalent und hohe kommunikative Fähigkeiten verfügen, Spaß an Teamarbeit und Kundenkontakt haben und ein hohes Maß an Lernbereitschaft und Engagement mitbringen, freuen wir uns auf Ihre Bewerbung. Wir bieten zum 1. September 2014 folgende Ausbildungsmöglichkeiten in München an:

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Hier entscheidet nur Marei, wie lange das Licht brennt. Sie ist 18, und seit sie im November zu Hause ausgezogen ist, muss sie 端ber solche Dinge nicht mehr mit ihrer Mutter diskutieren.

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Marei muss raus Von Lea Hampel / Text & Tanja kernweiss / Fotos

Wenn Jugendliche mit Behinderung ausziehen, dreht sich die Pubertätsdynamik oft um: Die Kinder haben Sehnsucht nach zu Hause, die Eltern genießen das Alleinsein.

Die Freiheit ist für Marei etwa 60 mal 40 Zentimeter groß und steht in einem dunkelroten Regal in einem gemütlichen Nebenraum des Wohnzimmers: der Fernseher. Sie schaltet ihn immer ein, wenn ihr danach ist. Bis vor einem halben Jahr hat sie bei ihrer Mutter gewohnt. Da ging das nicht, da war Fernsehen Verhandlungssache. Seit vergangenem Herbst verbringt die zarte junge Frau mit den kurzen Haaren manchmal Stunden vor der Kiste auf der riesigen Couch. Auf dem gemütlichen Ungetüm finden zehn Menschen Platz, es ist das Herzstück einer WG, die anders funktioniert als die typische StudentenWohngemeinschaft. In der großen Wohnung im Stadtteil Am Hart im Münchner Norden leben vier junge Menschen ohne und fünf mit Behinderungen zusammen. Eine davon ist die 18 Jahre alte Marei. Das Ausziehen von zu Hause und das Abnabeln von den Eltern ist ein bedeutender Schritt. Man gewinnt an Freiheit, muss aber auch Verantwortung übernehmen und Fehltritte verkraften. Für Jugendliche mit kognitiven Behinderungen ist dieser Prozess noch schwieriger. Und umso bedeutender, weil er kein logischer Schritt des Erwachsenwerdens ist, den früher oder später fast alle machen: Manche ziehen in Heime mit Sicherheitstüren und vorgekochtem Essen. Andere wohnen ihr Leben lang bei den Eltern. Das hat verschiedene Gründe: Einige Eltern sind überzeugt, ihr Kind selbst am besten zu versorgen, andere befürchten, dass die medizinische Hilfe in ambulanten Einrichtungen nicht ausreicht. Und WGs wie die, in der Marei lebt, sind in Deutschland selten. Sie kosten Geld, erfordern ehrenamtlichen Einsatz und bedeuten Bürokratie. Dabei könnten sie einigen der knapp 400 000 Menschen mit schweren Behinderungen zwischen 15 und 35 Jahren ein anderes Leben bieten. Marei hat das Williams-Beuren-Syndrom. Die Folgen sind mit denen von Trisomie 21

vergleichbar: Sie versteht Alltagsgespräche, aber abstraktes Denken fällt ihr schwer. Sie malt gern farbige Buchstaben, aber einen längeren Text könnte sie nicht schreiben. Als Kind brachte sie das Geräusch summender Fliegen durcheinander, aber Bienen wollte sie streicheln. Sie ist ein bisschen anders, aber eben auch ein ganz normaler Teenager. Ihre Mutter Birgit hat das in den vergangenen Jahren zu spüren bekommen. Immer wieder hatten sie und Marei die gleichen Diskussionen. Diskussionen, wie sie täglich stattfinden, wo Menschen unter 20 mit ihren Eltern in denselben vier Wänden leben. „Wenn Marei gefragt wird, ob sie nicht mal wieder Wäsche waschen müsste, dann sagt sie vermutlich lieber Nein als Ja“, erzählt ihre Mutter an einem Nachmittag am großen Tisch im WG-Wohnzimmer. Marei guckt vorwurfsvoll und sagt: „Das ist privat. Wenn ich waschen will, tue ich das.“ „Dann ist ja gut.“ Wäsche, Fernsehen und Schlafenszeiten – die Themen sind dieselben, aber bei Marei und Birgit haben die Klassiker der adoleszenten Auseinandersetzung eine andere Dimension. Denn Eltern von Kindern mit Behinderung sind einerseits daran gewöhnt, auch für einen Menschen in der Pubertät noch voll zuständig zu sein – Birgit ist mit Marei gebunden wie mit einem sehr viel jüngeren Kind. Andererseits ist Streit programmiert, wenn das Kind erwachsen wird und Selbstbestimmung fordert, jedoch nicht so eigenverantwortlich handelt wie Gleichaltrige. Wollte Birgit eine Ausstellung oder ein Konzert besuchen, hatte Marei oft keine Lust und blieb daheim. Wenn Birgit sie bat, an solchen Abenden nicht ewig vor der

Glotze zu sitzen, war Mareis Antwort: „Wieso? Ich bin jetzt 18, ich kann machen, was ich will.“ Genau das war jedoch nur bedingt der Fall. Denn selbst wenn Marei beispielsweise wusste, was sie an dem Abend essen wollte, und ein Rezept heraussuchen konnte: Dass sie allein in den Supermarkt gehen, dort die richtigen Zutaten finden und sie zu Hause zubereiten würde, hielt Birgit für unwahrscheinlich. „Da wäre wohl eher etwas Verbranntes oder Halbgares herausgekommen.“ Der Weg von der elterlichen Sorge in die Selbstständigkeit ist bei Menschen mit Behinderung keine gerade Linie, sondern ein Zickzack – hin und her zwischen Unterforderung, Überforderung und der Angst vor dem Loslassen auf beiden Seiten. Seit Marei 13 Jahre alt war, hat Birgit mit ihr immer wieder über den Auszug gesprochen. Sie wollte sie rechtzeitig auf das Thema vorbereiten, denn schon damals war klar: Marei will nicht. Sie mag es daheim, lebt gern mit Mutter und Schwester. Ein Studium, das sie in eine andere Stadt zieht, wird es nicht geben. Erst als Birgit sie überzeugt, dass sie mit separaten Wohnungen weniger streiten würden, lenkt Marei ein. Die beiden einigen sich auf Herbst 2014. Als schon im Sommer 2013 ein WG-Platz frei wird, wissen sie: So eine Gelegenheit wird so schnell nicht wiederkommen. „Eigentlich ging mir das etwas zu schnell damals“, erinnert sich Birgit heute. „Marei war ja noch sehr jung.“ Sosehr ihr die Aussicht gefiel, dass Marei in Zukunft mehr Zeit mit Menschen ihres Alters verbringt und sie selbst auch mal ausschlafen kann, statt sich jeden Morgen um

Zu Hause auszuziehen ist für Menschen mit Behinderung kein logischer Schritt.

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Mit Katze und Bieber: Marei brauchte eine Weile, bis sie sich an ihre neuen Mitbewohner und an die WG gewöhnt hatte.

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halb sechs um Mareis Medizin zu kümmern, so diffus waren andererseits die Sorgen: Würde Marei sich zu Hause fühlen? Ihre Tochter hatte es nicht immer leicht mit anderen Menschen. Im Kindergarten hatte sie auch Freunde ohne Behinderung. Doch seit der Grundschule war sie als Spielkameradin abgemeldet, wenn andere Kinder merkten, dass sie irgendwie anders ist. Auch heute starren Fremde Marei gelegentlich an. Es verletzt die junge Frau, wenn sie für einen Jungen gehalten wird. „Was, wenn die Leute in der WG ähnlich reagieren?“, fragt sie sich vor dem Einzug. Dass das nicht so ist, lernt Marei wenige Wochen später. Mit einem Kuscheltier und einem Schlafsack ausgerüstet, verbringt sie ein Wochenende in der WG, „Probe wohnen“ müssen alle WG-Kandidaten. Sie schläft eine Nacht in ihrem künftigen Zimmer, einem Erdgeschossraum neben dem Büro. Die Wohnung ist groß und hell, ein Neubau in einer Wohnsiedlung. Das gefällt ihr: Der helle Holzboden, die bunten, selbst gemalten Bilder und die Fotos von gemeinsamen Ausflü-

gen machen die WG gemütlich. Sogar eine Katze gehört dazu, die immer in einer der vielen Sitz- und Leseecken hockt. An diesem Wochenende sind alle nett zu Marei, keiner schaut komisch. Einige vergessen, die Toilettentür zu schließen, andere können nicht allein duschen. Marei, die Hilfe beim Haare­ waschen braucht, fällt da nicht weiter auf. Im November ist es so weit: Den Schreibtisch der Schwester, das Schmuckkästchen und den CD-Player nimmt sie mit ins neue Zimmer im Erdgeschoss. Sie hängt ein Poster vom Grand Canyon über den Schreibtisch und über ihr Bett eins von Justin Bieber. Anfangs ist der neue Alltag hart. Sie sieht die Mama nicht täglich, muss allein aufstehen. Jedes zweite Wochenende ist sie bei ihrer Mutter, die anderen Wochenenden verbringt sie beim getrennt lebenden Vater. Der Weg zurück in die WG am Sonntagabend fällt ihr oft schwer. „Der Ablösungsprozess war nicht lustig. Das hab ich mir für uns beide leichter vorgestellt“, sagt Birgit. Wenn Jugendliche mit Behinderung ausziehen, dreht sich die Pubertätsdynamik

„Der Prozess der Ablösung war nicht lustig.“


oft um: Sehnsucht haben dann die Kinder, während die Eltern es genießen, Zeit für sich zu haben. Auch Mareis Mutter wohnt gern allein und freut sich, dass ihre Tochter nun Zeit mit Gleichaltrigen verbringt. Marei selbst ruft bis heute „Juhu!“, wenn ihre Mutter ihr einen gemeinsamen Arzttermin ankündigt. „Gemeinsam leben lernen“, der WG-Betreiber-Verein, hat ein einfaches Konzept: Bewohner ohne Behinderung zahlen 120 Euro im Monat und haben Nacht-, Wochenend- und Haushaltsdienste. Um alles andere kümmern sich eine WG-Leitung und ein FSJler. Für Marei bedeutet „Gemeinsam leben lernen“, dass nebenan die Freunde ihres Mitbewohners ihre Mädchengeschichten besprechen, während sie am großen Tisch im Wohnzimmer sitzt und gedankenverloren mit Filzstiften in ihren Bastelordner malt. Sie mag das Durcheinander, denn bei neun Menschen ist immer jemand da, der Zeit hat, um zu ratschen. „Die Freundschaft läuft sehr gut hier, merke ich“, sagt sie. Das hat gedauert. Sie ist das Küken in der WG. Nach dem Einzug lernt Marei erst allmählich Theresa kennen, die 28 ist und seit acht Jahren hier wohnt,

Trisomie 21 hat und am liebsten Mandalas malt. Marei freundet sich mit Student Tobi an, der ihr beibringt, dass man bei Pilzen die Stiele nicht wegschneidet. Immer öfter geht sie mit einkaufen, räumt mit einer Betreuerin ihr Zimmer auf und stellt Tassen, die ein Mitbewohner immer stehen lässt, in die Spül­ maschine. „Es ist jetzt schon mehr als früher“, findet sie. Wo sie zu Hause „Mama, machst du das?“ sagen konnte, geht das heut nicht mehr. Die WG hat einen Kochplan, und einmal in der Woche ist auch Marei dran. Vor ein paar Wochen kam Birgit aus dem Kabarett, als Marei nachts um elf anrief. Das tut sie abends öfter, um kurz zu erzählen, wie der Tag war. „Ich dachte, sie wäre längst im Schlafanzug“, erinnert sich die Mutter. Doch etwas war diesmal anders. Ihre Tochter hatte mit einer Mitbewohnerin ein Konzert besucht. Sie stand am Odeonsplatz in München und erzählte aufgekratzt von ihrem Abend, vom Chor, von den anderen Gästen. „Das war toll: Sie war mit Gleichaltrigen unterwegs, ich auch, wir hatten beide einen tollen Abend“, sagt Birgit. „Das hat sich nach Normalität angefühlt.“ Ein bisschen, glaubt Birgit, hat Marei auch angerufen, weil sie stolz war: ausge-

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hen, unter der Woche, mit den Mitbewohnern. Die Nächte, die sie anfangs mit „Deutschland sucht den Superstar“ verbracht hat, nur weil keine Mama da war, die „Du wolltest noch etwas erledigen“ gerufen hat, sind mittlerweile vorbei. Nach fünf Monaten WG weiß Marei, dass die Freiheit viel mehr bedeutet als die 60 mal 40 Zentimeter Bildschirm im Regal.


Hin und weg Von Nadja Schlüter / Text & Jeong Hwa min / Illustration

Die Unterschiede zwischen Schule und Uni beginnen schon beim Weg. Für unsere Autorin war die Busfahrt am Morgen die schönste Zeit des Tages. Am liebsten habe ich immer in die Wohnungen geschaut. Wenn der Schulbus an einem Wintermorgen um kurz nach sieben durch die Dörfer fuhr, dann saß ich müde drin und schaute nach draußen. An manchen Stellen waren die Straßen so eng, dass der Bus den Häusern ganz nah kam, und ich sah hell erleuchtete Küchen und Kinderzimmer, ich sah Menschen, die in den Tag starteten, und das war schön. Ich mochte diese Zeit des Tages, diese stille Dreiviertelstunde zwischen dem Schließen der Haustür und dem Öffnen der Schultür. Eine Dreiviertelstunde, in der ich nichts anderes machen musste, als meinen Körper von zu Hause in die Schule transportieren zu lassen, in der ich mit gutem Gewissen die Augen schließen und dösen oder aus dem Fenster sehen konnte. Wie alle Wege ist auch der Schulweg (und genauso der Heimweg von der Schule) ein Ort zwischen zwei Orten. Man hat ein Ziel, an dem etwas auf einen wartet (die Mitschüler, das Mittagessen) oder von einem erwartet wird (Lesen, Schreiben, Rechnen, Hausaufgaben, Zimmer aufräumen) – aber solange man das Ziel noch nicht erreicht hat, sich nur darauf zubewegt, ist es völlig in Ordnung, wenn man nichts tut. Darum ist der Schulweg die freiste Zeit des Schultages. Ich habe ihn geliebt. Ich war immer ein schlimmer Morgenmuffel. Um sechs in der Früh duschen, anziehen, das Bad mit dem Rest der Familie teilen, in Gesellschaft frühstücken – das alles strengte mich an. Draußen dann die kühle Morgenluft, ein Tag noch ohne Gebrauchsspuren. Die Straße runter, über den Dorfplatz am Brunnen vorbei, zwischen den getorften Beeten hindurch und über den Supermarktparkplatz, dort den Geruch frischer Brötchen aus der Bäckerei mitnehmen, durch die Unterführung und dem Hall der eigenen Schritte nachhören, die Hauptstraße entlang bis zur Haltestelle. Wie erholsam nach dem ganzen morgendlichen Familienstress! Und dann hinein in den weichen Bussitz, Kopfhörer aufsetzen und alles egal sein lassen, alles abschalten. Selbst wenn die schlimmste Mathearbeit der Welt anstand – jetzt war es auch zu spät. Also resignieren, entspannen, nicht nachdenken, Sorgen machen kann man sich ja noch zwischen acht und eins. Ich nahm jeden Morgen extra den früheren Bus, der länger fuhr und weniger voll war, um diese Zeit ganz auskosten zu können. Auf dem Rückweg war es ähnlich, der war die Verschnaufpause vor den Hausaufgaben und diesen tristen Schultag-Nachmittagen und -Abenden, die für nichts so richtig gut waren. Im Gegensatz zum Hinweg konnte man die Freiheit aber für mehr als nur fürs Treibenlassen nutzen. Ich bin mir sicher: Auf Heimwegen sind Freundschaften fürs

Leben entstanden. Schon in der Grundschule boten sie die besten Gelegenheiten, sich zu verabreden. Und auch später blieb der Heimweg ein Ort sozialer Kontakte, an dem man Bekannte aus anderen Stufen und Schulen traf. Vor allem für die, die mit dem Bus fahren mussten, war das ein Ereignis: all diese vielen Schüler auf einem Haufen, versammelt am Busbahnhof. Man entdeckte, wer alles aus dem eigenen Dorf oder der Umgebung kam, wer auf die anderen Schulen ging, man entdeckte die Älteren und den, in den man sich ein bisschen verliebte. Und dann gab es jede Woche den einen wichtigsten Heimweg am Freitag: Das war die Zeit, in der man Pläne schmiedete, sich vorfreute, sich lose oder fest verabredete, bevor man zu Hause noch mal vom Alltag verschluckt wurde, der einen erst eine gefühlte Ewigkeit später ins wohlverdiente Wochenende spuckte. Aber das Schönste an den Wegen hin zur Schule und zurück, das, was über allem liegt und den Zauber dieses Ortes zwischen zwei Orten im Wesentlichen ausmacht, ist die Abwesenheit aller Autoritäten. Als Schüler verbringt man viel Zeit mit Eltern (daheim) und Lehrern (in der Schule). Auf dem Weg zwischen dem Zuhause und der Schule ist man auf sich gestellt. Jeden Tag hat man die Gelegenheit, anders abzubiegen als geplant, nicht in den Bus zu steigen, Umwege zu gehen, nicht anzukommen. Jemand würde sich Sorgen machen, jemand würde sich auf die Suche machen, nachher gäbe es wohl Ärger. Aber es wäre trotzdem möglich. Im Vergleich zum Vorher und zum Nachher hat man auf dem Schulweg tausend Möglichkeiten. Man muss sie nicht nutzen, es reicht, dass sie da sind. Dass man sie überdenkt, sich vorstellt, wie es wäre, sie zu nutzen, dass man sich freut, dass es sie gibt. Und dann kann man sie in Ruhe vorbeiziehen lassen, während man in fremde Fenster schaut, und noch ein bisschen schlafen, ehe man die Schultür öffnet und die Freiheit und die Möglichkeiten draußen bleiben müssen. Bis nachher, wenn man sich auf den Rückweg macht. Und irgendwann macht man sich auf den letzten Rückweg, mit dem Abiturzeugnis unterm Arm. Dann gibt es nicht mehr das tägliche Hin und Her, dann muss man umziehen, neue Wege finden, an der Uni womöglich jeden Tag einen anderen gehen. Die Möglichkeiten, die sich so lange hauptsächlich zwischen zwei Türen abgespielt haben, sind jetzt die ganze Zeit da, und irgendwie geht damit etwas von ihrem Zauber verloren. Sie werden plötzlich fast ein bisschen anstrengend, weil man sich entscheiden muss, welche davon man nutzen will. Anstatt sie nur vorbeiziehen zu lassen.

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Die schönen Seiten des Schulwegs bemerkt man erst, wenn man ihn nicht mehr jeden Tag zurücklegt. Drei Weg-Geschichten.

edgar, 19 Ich wohne in einer kleinen Stadt in der Eifel und gehe jeden Tag zu Fuß. Ich brauche nur fünfzehn Minuten – aber komme trotzdem oft zu spät. Morgens verlasse ich das Hochhaus, meinen kleinen gelben Elfenbeinturm, und laufe bis zur Fußgängerzone, in einer Seitengasse ist meine Schule. Morgens ist da kein Mensch, in letzter Zeit waren aber ein paar Straßenmusiker da, die

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haben ihr Bestes gegeben, und ich bekam ein Privatkonzert. Ich gehe den Weg gern, und ich habe Zeit zum Nachdenken – das werde ich vermissen. Mich stört aber, dass ich immer dieselben Leute sehe – sie mich jedoch nicht. Die haben alle Kopfhörer drin und sind wie Pferde mit Scheuklappen. Ich treffe gern Leute auf dem Weg, man hat das gleiche Ziel und kann ein bisschen reden, aber um die meisten muss man herumspringen, damit sie einen überhaupt bemerken. Roberta, 17 Ich fahre mit dem Fahrrad zur Schule, hauptsächlich durch Wohngebiet. Ich bin erst seit August wieder in Hamburg – vorher habe ich mit meiner Familie eineinhalb Jahre in Rom gewohnt und war dort auf der internationalen Schweizer Schule. Morgens bin ich mit einer Freundin zum Bus gegangen. Uns kam immer dieselbe Frau mit ihrem Hund entgegen, und wir wussten: Wenn wir sie ganz früh treffen, dann kriegen wir den Bus nicht mehr. Die Busse kommen aber sowieso, wann sie wollen, und oft sind sie so überfüllt, dass sie gar nicht anhalten. Wir standen immer mitten auf der Kreuzung, weil wir vier verschiedene Busse nehmen konnten, und sind hingerannt, sobald einer kam. Nach dem Aussteigen mussten wir durch eine schöne kleine Straße mit vielen Cafés, in denen oft andere Schüler saßen. Und die Leute auf dem Weg zur Arbeit waren alle total schick. Es gab sogar 70-Jährige auf High Heels! Ich vermisse den Schulweg in Rom, die Wärme, den Park mit Palmen, an dem wir vorbeikamen, den Verkehr, das Gehupe, die überfüllten Busse – alles war viel lebendiger als hier.

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Geprüfter Handelsassistent im Einzelhandel / geprüfter Handelsfachwirt (m / w) Ausbildungsstart August 2014 Ihre Chance: Nach bereits 18 Monaten Abschluss Kaufmann im Einzelhandel IHK (m / w), anschließende 18-monatige Fortbildung zum geprüften Handelsassistent im Einzelhandel (m / w) / geprüfter Handelsfachwirt (m / w). Ihre Aufgabe: Ihre Hauptaufgabe ist die kundengerechte Warenpräsentation. Zudem nehmen Sie kaufmännische Aufgaben wahr: Inventuren, Reklamationen sowie die Kontrolle und Steuerung der wirtschaftlichen Prozesse in der Filiale. Nach dieser umfangreichen Aus- und Fortbildung haben Sie viele Möglichkeiten bei KiK Karriere zu machen. Ihr Profil: Sie haben das Abitur oder die Fachhochschulreife bzw. den schulischen Teil der Fachhochschulreife mit einem einjährig gelenkten Praktikum, sind engagiert, motiviert und zeigen Team- und eine ausgeprägte Kommunikationsfähigkeit. Außerdem haben Sie Freude am Umgang mit Menschen sowie Mode und Verkauf. Ihre Vergütung: Im ersten Jahr 800,00 € brutto, in den darauf folgenden 6 Monaten 900,00 € brutto, während der 18-monatigen Fortbildung 1.300,00 € brutto. Innerhalb der Ausbildung haben Sie bei einem Umzug für unser Unternehmen Anspruch auf 100,00 € brutto Mietzulage. Ihre Bewerbung: Wenn Sie zum Erfolg unserer Filialen beitragen möchten, dann freuen wir uns auf Ihre vollständigen Bewerbungsunterlagen. Senden Sie diese bitte mit Zeugniskopien und Lebenslauf unter der Kennziffer ANZ 2115 an folgende Adresse: KiK Textilien und Non-Food GmbH · Abteilung Aus- und Fortbildung · Siemensstr. 21 · 59199 Bönen Weitere Infos und die Möglichkeit der Online-Bewerbung unter: www.kik-textilien.com

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Johanna, 26 Meine Geschwister und ich sind morgens immer die Zufahrt von unserem Bauernhof zur Hauptstraße runtergeradelt. Da stand das Haus meiner Großeltern, direkt daneben war die Bushaltestelle. Es gab diese Bushaltestelle nur für uns, denn außer uns wohnte niemand in der näheren Umgebung. Wir sollten trotzdem lieber bei den Großeltern auf den Bus warten, denn in der nahen Kurve passierten oft Unfälle, und ein paarmal ist dabei schon die Bushaltestelle umgefahren worden. Wir haben mit Oma und Opa im Wohnzimmer gesessen und aus dem Verandafenster nach den Lichtern des Busses Ausschau gehalten, die ja immer etwas höher sind als die von Autos. Manchmal haben wir sie mit den Lichtern eines Lkw verwechselt und sind zu früh rausgerannt. Oft sind wir aber auch erst so spät bei Oma und Opa angekommen, dass wir nur noch schnell unsere Räder auf den Bürgersteig schmeißen konnten und Opa sie dann hinter uns wegräumte, sobald wir eingestiegen waren. Manchmal hatten wir im Bus noch nasse Haare, und im Winter haben wir uns darüber gefreut, dass sie steif gefroren waren. Ich habe es immer geliebt, dass die Großeltern so in unseren Schulweg integriert waren.

Julia K., Handelsassistentin, Gunzenhausen „An meinem ersten Tag bei KiK wurde ich einfach ins kalte Wasser geworfen, aber das hat mir nicht geschadet. Ganz im Gegenteil. Man lernt einfach viel mehr, wenn man schnell Verantwortung trägt und auch mal spontan sein muss. Das habe ich in der Zeit, die ich schon dabei bin, schnell festgestellt.“

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Rast los von clemens haug / text & Filipek/ Illustration

Abschied nehmen und in der Fremde zurechtkommen – wenn die Eltern im Ausland von Job zu Job jetten, muss man als Schüler immer wieder von vorn anfangen. Manche können später nicht mehr damit aufhören.

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May Germer ist zwar schon fünfzehn, aber Bus fahren in Berlin ist gerade eine ziemliche Herausforderung. Der Fahrer soll ihr doch einfach nur ein Ticket verkaufen, wünscht sie sich. Stattdessen blafft der Mann sie unfreundlich an: „Welche Fahrkarte?“ May hat keine Ahnung. Die Situation ist ihr unangenehm. Der Fahrer schaut sie entgeistert an. Vor ihm steht eine junge Frau, hochgewachsen, blond, akzentfreies Deutsch. Von der kann man doch erwarten, dass sie weiß, welches Ticket sie braucht! Will die ihn veralbern? Er fängt an zu lachen. In diesem Moment würde May vor Scham am liebsten im Boden versinken. Man sieht es ihr nicht an, aber May ist in Deutschland eigentlich eine Fremde. Ihr Vater ist Außenhandelskaufmann. Genau wie ihre Mutter war er schon immer von Asien begeistert, daher auch ihr Vorname. Als May fünf Jahre alt war, zog die Familie von Hamburg nach Singapur. Mit zehn ging es nach Shanghai, mit zwölf nach Hongkong, ein Jahr später wieder zurück nach Shanghai. May wuchs in den Compounds auf – so nennt man in Asien die Viertel, in denen die Ausländer aus dem Westen mehr oder weniger abgeschottet leben – und ging auf deutsche Schulen. Nur während der Sommerferien besuchte sie öfter Verwandte in Deutschland. Den Großteil ihres Lebens hat sie in Südostasien verbracht. Heute ist May neunzehn und studiert in Braunschweig Architektur. Sie weiß auch längst, wie man deutsche Busse benutzt. Trotzdem sehnt sie sich oft nach Asien zurück. „Dort ist es einfacher, mal etwas nicht zu verstehen, weil einen jeder als Ausländer erkennt“, sagt sie. In Deutschland hält man sie für eine Einheimische, der man nichts erklären muss. Aber das ist sie nicht. Sie hat einen deutschen Pass. Heimisch fühlt sie sich hier aber nicht. Weil sich die Welt zunehmend global vernetzt, weil Firmen, Forschungseinrichtungen und Regierungen ihre Mitarbeiter immer häufiger mit Arbeitsaufträgen ins Ausland schicken, wachsen mehr und mehr Kinder an Orten fern ihrer Heimat auf. Sie müssen sich in fremden Kulturen zurechtfinden, manche gleich mehrmals, weil die Eltern für einen weiteren Karriereschritt noch mal das Land oder den Kontinent wechseln. Die Zahl deutscher Auslandsschulen stieg in den vergangenen zehn Jahren von 117 auf 142. Statt 16 300 sitzen dort jetzt 20 800 deutsche Schüler in den Klassenzimmern. Und das sind noch nicht alle: Viele deutsche Jugendliche besu14 jetzt

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chen andere internationale Schulen, weil es am Einsatzort ihrer Eltern keine deutsche Schule gibt. Manchmal verlieren diese Kinder den Bezug zu ihrem Heimatland. Man nennt sie Third Culture Kids. Eingeführt hat diesen Begriff die US-Soziologin Ruth Hill Useem in den Fünfzigerjahren, als sie die Lebensweise von Amerikanern in Indien untersuchte. Dabei stellte sie fest: Die auch Expatriats genannten Emigranten hatten sich zwar von ihrer Ursprungskultur entfernt, aber die Umgangsformen des Gastlandes noch nicht vollständig angenommen. Sie und ihre Kinder lebten in einem eigenen Kosmos zwischen den Welten. In einer dritten Kultur. In den vergangenen fünfzehn Jahren ist ein ganzer Berg an Ratgeberliteratur zum Thema

May, aufgewachsen in Singapur, Hongkong und Shanghai Auswandern und Kindererziehung erschienen. Die Autoren attestieren dem ExpatNachwuchs besondere Fähigkeiten. Die Jugendlichen könnten sich schnell in fremde Kulturen einfühlen, weil sie oft mit mehreren Sprachen und an verschiedenen Orten auf der Welt aufgewachsen seien. Viele hätten aber Schwierigkeiten damit, eine Heimat zu finden, fühlten sich orientierungslos und hätten oft Angst vor Bindungen, weil sie sich ihr Leben lang immer wieder verabschieden mussten. Einig ist man sich offenbar nur in einem: Wenn man seine Schulzeit im Ausland verbringt, hinterlässt das Spuren. In Braunschweig fährt May täglich mit dem Rad zur Uni. Von ihrer WG bis in den Hörsaal braucht sie fünfzehn Minuten. Sie mag

den Weg durch den Park entlang der mittelalterlichen Wallanlagen. Sie mag auch die Stadt. Aber deswegen ist sie nicht hierhergekommen, das hatte pragmatische Gründe. „Das Studium kostet vergleichsweise wenig, außerdem konnte ich die Sprache“, sagt sie. Sie vermisst Shanghai. Dort hat sie sich oft in ein Taxi gesetzt und sich in ein fremdes Viertel bringen lassen. Sie blickte dann aus dem Fenster, betrachtete die Straßen und Häuser und genoss das Gefühl, nicht zu wissen, wo sie ist – das Unbekannte, die Endlosigkeit der riesigen Stadt, die Spannung. Braunschweig kann ihr das nicht bieten. Die Stadtteile würden ihr nach einer Woche ausgehen. Freundschaften aufgeben zu müssen war für May kein besonderes Problem. Sie merkte, dass keiner der Abschiede für immer war. Sie ist mit dem Internet und Skype groß geworden, es fiel ihr leicht, den Kontakt zu halten. Das hat sie den Third-Culture-Kids der Fünfzigerjahre voraus. Auch sonst scheint das Konzept aus den Fünfzigerjahren manchmal seltsam schlicht und teilweise veraltet zu sein. Deshalb hat die Heidelberger Ethnologin Marie Sander die Kinder der Expatriats in ihrer Doktorarbeit noch einmal neu untersucht. Sie hat May und andere Schüler der deutschen Schule in Shanghai ein Jahr lang begleitet und beobachtet, wie sie Freundschaften lebten und wie sie sich in der Epxat-Gemeinschaft zurechtfanden. Ihre Ergebnisse überraschen: „Die Jugendlichen müssen keinen bestimmten Ort Heimat nennen können, um glücklich zu werden“, sagt die Wissenschaftlerin. „Wichtiger ist, dass sie ihr Leben als zusammenhängende Geschichte erzählen, dass sie einen Sinn in ihren Erfahrungen entdecken konnten.“ Um das zu erreichen, mussten sich die Jugendlichen in Shanghai ein Stück ihrer exotischen Umwelt erobern. Dabei haben sie aber nicht viel anderes gemacht als ihre Altersgenossen in Deutschland: Die Jüngeren trafen sich zum Shoppen, die Älteren stürzten sich ins Nachtleben. Georg Röder ging einfach Fußball spielen. Der gebürtige Münchner war dreizehn Jahre alt, als seine Familie ins afrikanische Mosambik zog. Sein Vater hatte eine Stelle als Entwicklungshelfer in Beira angetreten, der zweitgrößten Stadt des Landes. Weil es dort nur eine kleine Gemeinschaft westlicher Aus­ länder gab und weil die Familie sich nicht in deren abgezäuntes Viertel zurückziehen wollte, musste sich Georg seine Freunde unter den Einheimischen suchen. „Da gab es immer Jungs, die auf der Straße kickten. Also


bin ich hingegangen und hab gefragt, ob sie noch jemanden brauchen.“ Weil er schon während der Grundschule ein Jahr in Brasilien gelebt hatte, beherrschte er genug Portugiesisch, um sich zu verständigen. Mit seinen neuen Freunden hat er später auch die Bars der Stadt kennengelernt. „In Deutschland haben sie einen immer vor der Sicherheitslage in Mosambik gewarnt. Immerhin war es das sechstärmste Land der Welt. Aber ich hab da trotzdem super Freunde gefunden. Die sozialen Unterschiede waren eigentlich nie ein Thema“, resümiert er heute. Sie wurden es erst, als er nach Deutschland zurückkehrte: Die meisten seiner Freunde in Mosambik haben nicht regelmäßig Zugang zum Internet. Dadurch waren viele Abschiede für Georg endgültig. Georg machte an seinem alten Gymnasium in München Abitur, obwohl einige der Lehrer skeptisch reagierten. Wo er denn in den letzten Jahren zur Schule gegangen sei, wollten sie wissen. „Als ich dann gesagt habe: in Mosambik, sind ein paar von ihnen in schallendes Gelächter ausgebrochen und haben mir geraten, ich könne es ja mal an der Hauptschule probieren“, erzählt er. Aber sein

Georg, aufgewachsen in Brasilien, Bayern und Mosambik Schuldirektor räumte ihm eine Probezeit ein. Georg bestand und machte sein Abitur. Danach war er erst mal wieder weg. Er ließ Freunde und Freundin erneut zurück und ging für ein Jahr nach Lissabon. Er wollte sei-

nen mosambikanischen Dialekt in korrektes Portugiesisch verwandeln. Und ihm fiel die Decke auf den Kopf. „Es musste etwas Neues passieren. An einem Ort verändert sich einfach zu wenig.“ Diese Rastlosigkeit zieht sich weiter durch Georgs Lebenslauf: Weil ihm ein deutscher Abschluss als Grundlage besser erschien, ist er für das BWL-Studium zurückgekommen. Bis zum Bachelor hat er noch zwei Semester in Passau vor sich, aber er plant schon für den Master im Ausland. Die Bewerbungen in Kopenhagen und Lissabon laufen bereits. Der Abschied wird ihm nicht schwerfallen. Georg kann nicht anders, er muss weiter, er braucht Szenenwechsel, und er ist dabei relativ kompromisslos. Man könne sich daran gewöhnen, dass Kontakte abreißen, und wenn eine Beziehung halten soll, müsste die Freundin schon mitkommen. „Ich glaube nicht, dass ich sesshaft werden könnte, wenn ich von interessanten Jobs außerhalb Deutschlands erfahren würde. Vielleicht bin ich durch meine Auslandsjahre etwas sprunghaft geworden“, sagt er nachdenklich. Es könnte gut sein, dass seine Kinder irgendwann auch im Ausland zur Schule gehen.

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Erwachsen zu werden heißt, Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten und auf Fakten zu achten, die einem vorher ziemlich schnuppe waren. Also los! Heute:

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Der Liebling Der Einzelhandelskaufmann (beziehungsweise: die Einzelhandelskauffrau) war 2012 der beliebteste Ausbildungsberuf in Deutschland. Knapp 32 000 junge Menschen haben sich dafür entschieden. Das sind fast sechs Prozent aller Lehrlinge. Karriere Nur mal so als Beispiel: CDU-Politiker Wolfgang Bosbach, Vorsitzender des Innenausschusses im Bundestag, hat seine berufliche Laufbahn nach der Realschule mit einer Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann begonnen und leitete später einen Supermarkt. Führungskräfte Nicht nur das Beispiel Bosbach zeigt, dass sich im Handel gut Karriere machen lässt. In diesem Bereich kommen rund 80 Prozent der Führungskräfte aus den eigenen Reihen. 16 jetzt

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Wohnen & Energie 34,4 % Verkehr 14,2 % Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren 13,9 % Freizeit 10,8 % Innenausstattung 5,5 % Hotelgewerbe 5,3% Bekleidung und Schuhe 4,6 % Gesundheitspflege 4,1 % Nachrichtenübermittlung 2,5 % Sonstiges 4,6 %

Mindestlohn Die Große Koalition hat in ihrem Koalitionsvertrag einen flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro vereinbart. Er soll ab 2015 schrittweise eingeführt werden. Befürworter versprechen sich davon mehr soziale Gerechtigkeit, weil Niedriglöhne nicht mehr möglich sind. Gegner fürchten, dass Unternehmen Arbeitsplätze abbauen müssen, weil die Kosten zu hoch werden. Die zwei F Spricht man mit Menschen, die als Verkäufer arbeiten, sagen die immer wieder: Die wichtigsten Eigenschaften sind Freundlichkeit und Fitness. Denn irgendwann kommt immer ein mies gelaunter und unverschämter Kunde, dem man trotzdem nicht den Vogel zeigen darf. Und warum die Fitness? Weil man oft den ganzen Tag stehen muss.

Quellen Statistisches Bundesamt (Destatis) Datenreport 2013, Befragung von 81 Schülern an einem Münchner Gymnasium. MITarbeit Julian Schmitzberger

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Einzelhändler sind die wahren Soziologen unserer Zeit. Sie haben schließlich täglich Vollkontakt mit den Konsumenten. Drei Marktleiter berichten von der Front.


ELEKTROMARKT Patrick Grabarek leitet den Markt von Conrad Electronic in München-Moosach.

Die Elektrojunkfamilie Der Begriff „geplante Obsoleszenz“ beschreibt die Tatsache, dass Produkte so programmiert werden, dass sie nach einer Weile von allein futsch gehen. Die einen bejammern dieses berechnende Vorgehen der Industrie, die anderen freuen sich, weil die Obsoleszenz den Kauf eines neuen Gerätes rechtfertigt. Technik kann man nämlich auch wie Burger konsumieren: schnell und gierig. In manchen Familien ist die Lust auf neue Ware sogar so ausgeprägt, dass darüber das jahrhundertealte Wissen über die Benutzung der eigenen Hand in Vergessenheit gerät. Erste Volkshochschulen bieten Kurse, in denen das Drücken des Aus-Knopfes neu erlernt wird. Im Einkaufswagen: ּ- Leuchtdioden für die Schuhsohlen ּ- Ein neuer Flachbildfernseher für die WM (DVD-Player integriert) ּ- Ein lustiger, bunter Wecker ּ- Eine Nescafé-Maschine oder ein anderes Produkt, das nur auf den ersten Blick praktisch wirkt

Herr Grabarek, welche typischen Kunden erleben Sie in Ihrem Haus? Achtzig Prozent unserer Kundschaft sind Männer. Der typische Kunde ist im mittleren Alter und sehr technikaffin. Darüber hinaus teile ich die Kunden in vier Gruppen. Der Dominante weiß, was er will. Er sucht sein Produkt, vielleicht ein bestimmtes Handy mit einem gewissen Statuswert, und schaut nicht auf den Preis. Der Übersichtstyp kommt einfach mal und schaut, was es Neues gibt. Der Wissende lässt sich ausführlich beraten, um irgendwann mal was zu kaufen. Der Geführte braucht den Verkäufer und verlässt sich auf dessen Fachwissen. Haben sich die Ansprüche der Kunden verändert? Früher haben sich Kunden ausschließlich auf das Wissen des Verkäufers verlassen, heute kommen sie gut informiert, durch die Recherchemöglichkeiten im Internet. Unsere Mitarbeiter werden deshalb ständig geschult. Zudem wollen und dürfen die Kunden heute die Waren anfassen und erleben. Wir bieten da mittlerweile viele Möglichkeiten, man kann Quadrocopter in der Filiale fliegen sehen oder 3D-Drucker in Aktion bestaunen. Welche Produkte verkaufen Sie gerade besonders häufig? Netzfestplatten, die Sie an Ihren Router schließen. So können Sie von überall auf Ihre Bilder und Dateien zugreifen. Quadrocopter laufen gerade sehr stark. 3D-Drucker: ganz großes Thema. Genauso wie Dashcams, die am Armaturenbrett montiert werden und die Autofahrt aufzeichnen. Welches Produkt ist besonders beratungsintensiv? Überwachungskameras, vor allem wegen der Kabelverlegung. Sie verbringen Ihren Arbeitsalltag inmitten von Technik. Wie schalten Sie in der Freizeit ab? Ich laufe Marathons. Der Nerd Ein echter Nerd leidet darunter, dass sein biologischer Körper nicht wenigstens mit einem USB-Steckplatz oder WLAN ausgestattet ist. Zur Kompensation dieser Nachlässigkeit der Evolution widmet er sich ausgiebig dem Wesen der Maschine namens Computer, die, ganz im Gegensatz zum Menschen, tatsächlich erweitert und verbessert werden kann. Wo noch vor fünfzehn Jahren vor den Folgen von zu viel Auseinandersetzung mit Elektronik gewarnt wurde („viereckige Augen!“), ist die Kritik heute verstummt. Hinter dem Nerd könnte sich ja ein App-Entwickler verbergen. Im Einkaufswagen: ּ- Eine neue externe Festplatte ּ- Kopfhörer ּ- Eine Grafikkarte ּ- Eine Webcam ּ- Die „Simpsons“-DVD aus dem Angebot ּ- Ein Snickers zum Mittagessen

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Die Familie Eigenmarken sind für einen Handelskonzern so etwas wie der Aldi im eigenen Haus. Sie sind billiger als die Markensachen und trotzdem nicht unlecker. Eine Packung Schokobutterkekse mit dem Eigenmarkenlogo ist gern mal einen Euro günstiger als das Markenpendant. Wer also a) kein Bedürfnis hat, seine Speisekammer in ein Mustermarkenportfolio zu verwandeln, und b) in seiner Speisekammer nicht nur einen, sondern sechs regelmäßige Besucher hat, der wird im Regal gern ein bisschen tiefer greifen. Dort unten wohnen die Eigenmarken und warten auf Menschen, die zur Planung ihres Einkaufs tatsächlich eine halbe Stunde und einen großen DIN-A4-Zettel benötigen und nicht so einkaufen wie mancher Single nach dem täglich aktualisierten Gusto seine Häppchen. Im (überladenen) Einkaufswagen: - Drei Großpackungen Cornflakes (wie bei allen Produkten von der Eigenmarke des Supermarkts) - Eine Kiste Milch mit zwölf Litern - Eine Kiste Apfelsaft - Vier Packungen Toast - Eine Kiste Windeln (da darf es dann Marke sein) - Fünf Packungen Hackfleisch aus dem Angebot im Kühlregal - Fünf Netze Orangen und Karotten aus dem Angebot - Vier Überraschungseier zur Belohnung für die geduldigen Kinder

SUPERMARKT Katharina Grosjean eröffnete vor zwei Jahren mit ihrem Lebensgefährten einen Edeka-Markt nahe dem Münchner Tierpark Hellabrunn. Frau Grosjean, gibt es in Ihrem Geschäft typische Kunden? Unser typischer Kunde kommt zu Fuß und nimmt einen Einkaufskorb und keinen Einkaufswagen. Ihre Kunden kommen häufiger, anstatt den Wocheneinkauf in einem Zug zu erledigen? Ja. Deshalb werden bei uns besonders häufig Obst und Gemüse, Fleisch, Wurst und Molkereiprodukte gekauft. Wer häufiger kommt, kauft frischer. Gibt es noch mehr Typen, die Ihnen im Laufe einer Woche unterkommen? Die traditionellen Käufer bleiben meist bei den gleichen Marken. Die hippen Genießer greifen dagegen gezielt nach Produkten, die sie gerade in der Fernsehwerbung gesehen haben, gern auch nach Schnäppchen. Dann gibt es die Gesundheitsorientierten, die vor allem auf Bio Wert legen. Und die Mütter und Väter, die für ihre Lieben auf beste Qualität achten. Lässt sich von den Waren im Korb auf die Persönlichkeit des Käufers schließen? 20 jetzt

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Mitunter schon. Vom Wert des Einkaufs lässt sich aber nicht immer auf die Persönlichkeit des Käufers schließen. Wir hatten einen Kunden, der immer nachlässig gekleidet war und aussah, als würde er auf der Straße leben. Er kaufte hochwertige Waren und zückte an der Kasse 100-Euro-Scheine. Wir haben uns in ihm getäuscht. Die Qualität seiner Lebensmittel ist ihm einfach wichtiger als sein Äußeres. Täuscht mein Eindruck, oder hat der Supermarkt an manchen Orten die Funktion des Dorfplatzes übernommen? Das sehe ich so, und das sollte unser Ziel sein. Wir sind hier im Ortsteil Thalkirchen. Die Bevölkerung ist stolz auf ihr Viertel. Man kennt beim Einkaufen die Leute, man unterhält sich. Vor allem die Stammkunden sind uns wichtig. Wir wollen keine anonyme Einkaufsstätte sein, sondern Teil des gesellschaftlichen Lebens. Sie haben Ihre Ausbildung in einer Konsum-Filiale in Dresden gemacht. Was war dort anders? In München essen die Leute gut und gern auch teuer. Hier gehen die Kunden seltener mit Angebotszetteln durch die Gänge. Was haben Sie in Ihrer Supermarktzeit übers Leben gelernt? Ich habe als Unternehmerin gelernt, schnell zu entscheiden. Und dass man es nie allen recht machen kann.


Die Oma Bisweilen spiegelt ein Einkauf die schleichende Desillusionierung eines Lebens. Die tapfere Oma konzentriert sich auf Grundnahrung und Grundbedürfnis. Das ist irgendwie traurig. Aber solange sie immer noch selbst zum Einkaufen kommt, ist es zumindest nicht besorgniserregend. So muss man es sehen, als Verkäufer. Sonst wäre man ja Therapeut. Im Korb des EinkaufsRollators: ּ- Kartoffeln im Netz - Zwei Flaschen Korn

Die Jungmutter ּEs gibt Menschen, die mit der Existenz des ersten eigenen Kindes einen Zugewinn an Sinn im Leben erfahren. Schön. Entsprechend wird das Kind nur mit dem vermeintlich besten und dem kostenintensivsten verfügbaren Manna versorgt. Gut für das Kind, wahrscheinlich. Gut für die Hersteller, mit Sicherheit. Im Einkaufskorb: - Drei Äpfel (Bio) - Zwei Bananen - Veganer Brotaufstrich - Weihenstephaner Butter - 1,5-prozentige Frischmilch von Weihenstephan - Drei Hipp-Gläser mit Apfel-Keks-Brei ּ- Bio-Karottensaft - Actimel - Eine Tafel Lindt-Schokolade - Zwei kleine Päckchen von der Bedientheke in der Fleischabteilung (50 g Putenwurst, ein Paar Wiener)

Der Student Den Körper eines durchschnittlichen Studenten muss man sich als Ofen vorstellen, in den zur Energieerzeugung brennbares Material geschaufelt wird. In dieser Lebensphase gilt die schlüssige und selbst organisierte Zubereitung schmackhafter Mahlzeiten als verschwendete Zeit. Erst spät im Leben, wenn der Beruf langweilt und das Sexleben lahmt, konzentriert der Mensch sich auf die Kunst des Kochens. Bis dahin dauert es aber noch eine Weile, bis dahin wird gegessen, wie Kaffee getrunken wird: viel und to go, bitte. Im Einkaufskorb: - Eine Tiefkühlpizza ּ- Haltbare Milch ּ- Eine Packung Toast ּ- Erdnussbutter ּ- Tomatenmark ּ- Käse light ּ- Zigaretten ּ- Zwei-Liter-Pack Hohes C ּ- Gouda, mittelalt, am Stück

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BAUMARKT Swen Kästner leitet einen Hornbach-Baumarkt in München-Freiham. Herr Kästner, wie darf ich mir Ihren typischen Kunden vorstellen? Er kommt mit einem Zettel, auf dem Dinge für ein Projekt stehen. Bei uns wird ihm klar, wie es aussehen soll. Wir springen in dem Moment auf den Zug auf und helfen ihm. Wobei? Der Klassiker, den ich selbst erlebt habe: Ein Vater kommt mit seinem Kind, dem er ein Baumhaus versprochen hat. Hier erschrickt er über sein Versprechen. Aber er wächst an der Aufgabe und schickt schließlich sogar ein Foto des Baumhauses. Sie arbeiten seit 1992 in Baumärkten. Was hat sich seitdem verändert? 1992 galt: Ware hinstellen, Preis muss stimmen, fertig. Heute haben wir nicht nur die Ware, sondern auch den Service drum herum. Heute werden immer mehr Menschen selbst zu Handwerkern. Woher kommt dieser Drang zur Selbstverwirklichung? Die Menschen genießen das Gefühl, etwas zu kreieren, das bleibt. Sie sind stolz darauf. Diese Form von Erfüllung nehme ich immer häufiger wahr. Weiß der Kunde viel oder wenig, wenn er kommt? Durch seine Recherchen im Internet ist der Kunde heute teilweise hervorragend informiert. Darauf müssen wir uns einstellen. Das ist eine Herausforderung. Hat sich der Anteil von Frauen an der Kundschaft verändert? Ja. Wir bieten mittlerweile „Women at Work“-Abende an, an denen wir Frauen Wandgestaltung oder Laminatverlegen zeigen. Der Zulauf ist extrem. Ein Klischeedenken nach Geschlechtern gibt es aus meiner Sicht nicht mehr. Was wird besonders häufig verkauft? Neben Pflanzen und Zementsäcken: Umzugskartons. Es ist unglaublich, was hier in München am Freitag und Samstag an Kartons weggeht. Und der Bereich Grillen ist gewachsen. Gasgrills, Elektrogrills – die Zuwächse sind enorm. Sie haben im Raum Leipzig in Baumärkten gelernt. Was war dort anders als in München? Dort wird gefragt: Was kostet es? Hier ist die Frage: Wann habe ich es?


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Der Überwältigte Der Baumarkt, so suggeriert es die Werbung, ist der letzte und beste Ort für Abenteurer und Selbstverwirklicher. Wer mag, holt sich dort, was er braucht, und baut zusammen, was ihm seine Fantasie eingibt. Den unbekümmerten Laien allerdings stellt die Tatsache, dass sein Fantasieprojekt dort noch in unverbundenen Einzelteilen und in verschiedenen Regalen lagert, vor ein immenses Problem: Ohne Plan und handwerkliches Wissen ist ein Baumarkt eine Ansammlung unerotischer Einzelteile. Hach, schnauft der überwältigte Laie, bedient sich in einer Kompensationsbewegung an den Grabbelkisten vor der Kasse und geht heim. Anderen Abenteuern entgegen. Im Internet. Im Zoo. Im Einkaufskorb: - Eiskratzer fürs Auto - Eine Klobürste - Dekosterne

Der Handwerker Ein guter Handwerker und ein guter Baumarkt treffen sich auf Augenhöhe, sie sind Nut und Feder, und wenn sie könnten, würden sie sich mit schwerer Hand zweimal täglich auf die Schulter hauen. Ein guter Handwerker weiß: Was die Welt im Innersten zusammenhält, das steht nicht bei Goethe. Sondern bei den Baustoffen.

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Vom Donut bis zum Liederbuch: In Tobias Kempers Dorfladen bekommt man so ziemlich alles. Wenn man will, sogar eine hitzige Diskussion nebenan.


Wahllokal

Ein Dorfladen ist mehr als nur ein Geschäft. Keiner weiß das besser als Tobias Kemper. Er macht in seinem Kramerladen auch Politik – manchmal ohne es zu wollen. Von Kathrin Hollmer / Text & Sarah Rubensdörffer / Fotos

Die Schlange wird immer länger, sie reicht schon bis rüber an die Bäckertheke. Tobias Kemper ist das egal. Er steht in Pulli, Anzughose und schwarzen Lederschuhen hinter der Kasse in seinem Dorfladen. Gerade hat er zwei Bierknacker und eine Mettwurst abgewogen, jetzt will der Kunde zahlen. Er holt sein Geld hervor und – während er bezahlt – auch seine Sorgen: Er klagt über seinen Arbeitgeber, der vor ein paar Wochen keine Löhne mehr gezahlt hat, gleichzeitig aber den örtlichen Fußballverein weiterhin gesponsert hat. Tobias hört aufmerksam zu, lässt den Mann ausreden. Keine Eile, Schlange hin oder her. „Warum hast du mir denn nicht früher was gesagt?“, fragt er dann. „Wenn der Landkreis Emsland da finanziell helfen soll, bin ich der Letzte, der bei einer Abstimmung die Finger für die Unternehmer hochstreckt. Hältst du mich nun auf dem Laufenden?“ Der Kunde nickt, die Falte auf seiner Stirn glättet sich ein bisschen. Er nimmt seine Tüte und verabschiedet sich. Tobias Kemper, 27, ist Besitzer des Dorfladens im 800-Einwohner-Dorf Apeldorn bei Meppen in Niedersachsen: „Shop & Snack ... der etwas andere Laden“ an der Hauptstraße, die eigentlich die einzige richtige Straße im Ort ist. Ein Dorfladen ist selten einfach nur ein Laden. Er ist Gerüchteumschlagplatz, Ärgerauffangbecken, Tratschtantentreff. Der Dorfladen hat eine Bedeutung, die über das Einkaufen hinausgeht – und wenn man diese Bedeutung verstehen will, gibt es dafür wohl keinen besseren Ort als Tobias’ Laden. Denn Tobias Kemper ist nur zur einen Hälfte Dorfkrämer. Zur anderen ist er Politiker. Er sitzt seit 2011 im Stadtrat von Meppen und im Kreistag des Landkreises Emsland. Er hätte diese Ämter wahrscheinlich nicht, wenn er nicht jeden Samstag hinter der Wursttheke stünde. Und er stünde nicht jeden Samstag

hinter der Wursttheke, wenn er nicht in die Politik gegangen wäre. Eigentlich, sagt Tobias, wolle er die Politik aus seinem Laden heraushalten. Aber das gelingt ihm nicht immer. Er gestikuliert, als wäre seine Ladentheke das Sprecherpult im Bundestag, auch wenn er gerade das Geld für zwei Packungen Eistee kassiert. Er wird lauter, wenn ein Kunde wieder mal spöttisch anmerkt, dass die Liberalen ja nicht mehr im Bundestag seien. Dann erklärt Tobias, dass er sich von der Bundes-FDP distanziert und an das glaubt, wofür die Partei ursprünglich stand: „dafür, die Menschen nicht zu kontrollieren, sondern jeden seine eigenen Entscheidungen treffen zu lassen“. Die Politik verfolgt Tobias, ob er gerade Kisten mit frischen Brötchen stapelt oder die Kaffeemaschine repariert. Vor zwei Jahren haben sich verschiedene Kunden an ihn gewandt – der Verkehr an der Hauptstraße nahm immer mehr zu, und das ist für die Kinder im Ort eine Gefahr. Tobias hat daraufhin Radaranlagen beantragt. Ein halbes Jahr später wurden an der Hauptstraße die ersten Autofahrer geblitzt. Um an der Kasse Diskussionen, vielleicht sogar Streit zu vermeiden, nimmt Tobias Kunden mit Redebedarf mit in den Imbiss nebenan. „Da haben wir mehr Ruhe, und wenn es um Politik geht, ist man schnell bei Grundsatzfragen“, erklärt er. Zeit nimmt er sich für jeden. Das lohnt sich, fürs Geschäft wie für die Wählerstimmen. Es ist wie bei den Spitzenpolitikern: Sobald der Wahlkampf beginnt, ziehen sie durchs Land, stellen sich auf Dorfplätze und beißen gemeinsam mit dem Bürger in Wurstsemmeln, um Verständnis und Volksnähe zu signalisieren. Manchmal

funktioniert das sogar. Aber was für sie Ausnahmezustand und Pose ist, das ist für Tobias Alltag. Er hat den Wurstbrötchenfaktor in sein Leben eingebaut. Ohne seine politischen Ambitionen würde Tobias heute vermutlich gar keine Lebensmittel verkaufen. Eigentlich machte er nach der Realschule eine Ausbildung als Einzelhandelskaufmann in einem Möbelgeschäft in Meppen, danach das Fachabitur. Für Politik hat er sich schon in der Schule interessiert, er wollte sich engagieren. Für welche Partei, das sollte der Wahl-O-Mat herausfinden. Der schlug die FDP vor. Mit 19 trat Tobias ein. Ohne reiches Elternhaus oder ambitionierte Karrierepläne in der Wirtschaft. Sein Vater ist Zimmermann, seine Mutter Hausfrau. Gerade als er mit seinem Zivildienst fertig war und wieder in seinem Ausbildungsbetrieb anfangen wollte, wurde seine alte Grundschule in Apeldorn geschlossen. Das war 2010. Das Backsteingebäude, eingerahmt von Kirche, Pferdekoppel und noch mehr Backsteinhäusern, sollte abgerissen werden. Ein Parteifreund wusste, dass sich Tobias gern selbstständig machen wollte, und schlug ihm vor, dort einen Laden aufzumachen. Tobias zögerte: Sollte er das Risiko eingehen? Auf die Sicherheit einer festen Anstellung verzichten? Ende der Neunzigerjahre hatte im Dorf das letzte Lebensmittelgeschäft geschlossen, wie zu jener Zeit ganz viele in Deutschland. Allein von 2000 bis 2007 mussten 17 000 solcher Läden in Deutschland aufgeben. Tobias wagte es trotzdem. Die nächste Einkaufsmöglichkeit liegt fünf, die Kleinstadt Meppen zehn Kilometer entfernt. Ohne Auto unmöglich zu erreichen. Ein Grund für den Laden. „Und der Dorf-

Er hat den Wurstbrötchenfaktor eingebaut.

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Tobias holte in seinem Wahlbezirk 50 Prozent der Stimmen – für die FDP. kern wäre endgültig lahmgelegt gewesen. Man hätte sich nicht mehr getroffen, außer auf dem Schützenfest oder zum Osterfeuer“, sagt Tobias. Er träumte davon, dass das Dorf, in dem er aufgewachsen ist, lebendig bleibt, dass es einen Ortskern behält, an dem sich die Menschen treffen, an dem sie reden. Jetzt ist das Realität: Wo früher der Schulhof war, parken heute Hausfrauen und Rentner für ihren Einkauf. Im Pausenraum werden keine Schulbrote mehr getauscht, heute machen hier Lastwagenfahrer Rast und essen Gyros oder Currywurst. Draußen auf dem Rasen stehen mehrere Getränkeanhänger, auf einem ist ein Foto einer Frau, die sich ihr nasses T-Shirt über die Schultern zieht. Nach dem großen Sterben der kleinen Geschäfte gab es in den vergangenen Jahren eine Renaissance des Dorfladens. Sie beruht auf derselben Nostalgie, die zum Beispiel auch den Erfolg der Einzelhandelskette Manufactum ausmacht. Der Tante-Emma-Laden – beziehungsweise die romantische Vorstellung davon – ist ein Symbol für Qualität, für Handgemachtes, für Produkte mit Seele. Für „das Gute“. Bei Tobias klingelt kein Glöckchen über der Eingangstür, wenn jemand den Laden betritt. Es gibt keine mechanische Waage, keine Bonbongläser, kein nostalgisches Blechschild. Stattdessen wird über der Bäckertheke für die günstigen Brote am „Spar-Dienstag“ geworben. Daneben gibt es Kaffee für einen Euro. Vor dem Kühlregal mit Milch und Joghurt stehen Wasser- und Bierkästen, es gibt Beileids- und Glückwunschkarten, Zigeunersoße im Glas, „Fette Brühe“-Würfel, Lesebrillen und die „Bild der Frau“. Auf dem Fenster steht ein Geschenkkorb mit Spritzgebäck und Gutsleberwurst, an der Kasse warten Zigaretten und das „Liederbuch Meppe26 jetzt

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ner Rathausglocken“. „Nostalgie ist schön und gut“, sagt Tobias, „aber ich habe keinen alten Laden übernommen, sondern einen neu eingerichtet. Da wäre es künstlich gewesen, auf alt zu machen.“ Inzwischen gehören ihm drei Läden in und um Meppen und ein Getränkeservice für Partys. Demnächst eröffnet er in einem Nachbardorf einen Getränkemarkt. Begonnen hat er mit zwei 400-Euro-Kräften, heute ist Tobias Chef von zwanzig Mitarbeitern. Um seinen Laden herum ist etwas gewachsen. In das alte Schulgebäude sind noch eine Physiotherapiepraxis, ein Friseur und die Kirchengemeinde gezogen. Über der Praxis ist der Dachstuhl offen und nur mit einer Plane bedeckt, die im Sturm raschelt, ein Kran steht hinter dem Gebäude. Dort werden Sozialwohnungen gebaut. In Apeldorn wird wieder investiert, junge Paare suchen Bauplätze. Die Apeldorner danken Tobias Kemper das. Sie kaufen viel, manche alles, was er im Angebot hat, nur bei ihm, auch wenn sie das Glas Nutella dann 2,99 Euro kostet statt 2,39. Sie haben es sicher auch mit ein paar Wählerstimmen gedankt. Tobias stellt das ungern in einen Zusammenhang, aber Tatsache ist: Ohne vorher ein politisches Amt gehabt zu haben, wurde er 2011 in den Stadtrat und in den Kreistag gewählt. 2013 hat er bei den Landtagswahlen in Niedersachsen kandidiert. Die FDP hatte damals die schlechtesten Umfragewerte ihrer Geschichte, trotzdem holte Tobias in seinem CDU-dominierten Wahlbezirk knapp 50 Prozent der Stimmen. Für so ein Wahlergebnis kann man eine Schlange an der Kasse schon in Kauf nehmen.

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Vor Großmutters Ruhebank stehen zwei Beistelltische, einer links und einer rechts. Ihre Enkelin Sophia meint, dass die beiden kreisrunden Tischplatten nicht genau gleich groß seien. Hat sie recht? Unter einer Platte klebt ein Schild „Oberfläche = 0,30 Quadratmeter“ (Tisch 1). Den Umfang des zweiten Tisches misst Sophie zu 188 cm.

Herr und Frau Teuteberg erhielten beide eine Gehaltserhöhung von 100,80 Euro. Bei Frau Teuteberg betrug die Erhöhung 3,2 Prozent, bei ihrem Mann 3,6 Prozent. Wie viele Euro verdienten sie vorher? Von Anfang an: Titus Teuteberg hat gern geschlafen, schon als Kind im Mathematikunterricht, und seine spätere Frau Tallulah ist träge neben ihm gesessen und hat mit ihrer rechten Hand die linken Finger bemalt, bis zum Arm, bis zum Ellbogen, bis zur Schulter hinauf: So langweilig ist ihr gewesen, schon als Kind im Mathematikunterricht. Einmal ist Titus aufgewacht und hat Tallulahs Arm mit Blicken bedacht. Dort hat sie für ihn eine Botschaft gehabt: zwischen Rosen und Näglein einen hübschen Satz. Der Satz des Pythagoras war das leider nicht. Was also wird aus Träumern wie diesen, und was haben sie verdient? Eine Professur für höhere Mathematik: leider nicht. Kommt hinzu, dass zwei Eheleute, so verliebt sie auch sind, sich nicht einen einzigen Lehrstuhl teilen werden, am wenigsten, wenn sie arithmetisch bereits überfordert sind mit einer Bruchteilung durch zwei. Und hierbei handelt es sich noch um die niedere Mathematik. Titus Teuteberg hat bei einem Schlafinstitut angeheuert. Er war kein Neurologe, aber in seinem Spezialgebiet, der Beruhigung rastloser Beine, hat er allergrößte Erfolge feiern können. Und wie es oft ist – nach den Pflichtschuljahren hat er sich doch noch auf die vormals so 28 jetzt

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Auf dem einen Tisch befinden sich Aschenbecher, auf den anderen hat Großmutter die Füße hochgelegt. Die Haare hat sie zu einem Dutt gesteckt, sie trägt einen knielangen Rock, obwohl der letzte Schnee noch schwer in den Bäumen sitzt. Sophia kämpft sich den Weg hoch zur Anlage, Eis knackt unter ihren Schritten. Wenn sie nicht genug Gewicht ins Gehen legt, schlittert sie wieder etwas zurück. Hinter der Anlage vernimmt sie ein gleichmäßiges Piepen, als fahre gerade ein Schwertransporter rückwärts in eine Einfahrt. „Großmutter“, ruft sie, als der Weg sich ebnet. Großmutter schlägt die Augen auf, wuchtet den Kopf nach vorne, in der einen Hand eine Zigarette, in der anderen ein Feuerzeug. Sie steckt sich die Zigarette zwischen die Lippen. Ohne anzuzünden. Als sich Sophia neben ihr auf die Ruhebank setzt, nimmt sie die Zigarette wieder aus dem Mund. „Bist du nicht längst weg?“ Großmutters Stimme ist rau, als wären dies seit Langem die ersten Worte. „Ach, Großmutter, das ist doch Denny. Der ist schon weg.“ „Sag nicht immer Großmutter.“ Sie steckt sich die Zigarette wieder in den Mund, dreht am Zündstein. Eine Flamme züngelt für einen Augenblick, erlischt. „Sind das deine?“ Sophia zeigt auf die Beistelltische. Großmutter schüttelt kaum merklich den Kopf. „Die Tischplatten sind nie und nimmer gleich groß.“ Sophia ist selbst verwundert über diese plötzliche Feststellung, als sei es etwas Bedeutungsvolleres, dem sie nachgehen sollte. Großmutter reagiert nicht. Sie sitzen schweigend nebeneinander. Ab und an steckt sich Großmutter die Zigarette in den Mund, dreht am Zündstein. Manchmal sackt ihr Kopf nach hinten gegen den rauen Verputz, und sie schließt die Augen. Ein Schub Schnee rutscht vom Dach, zerschellt dicht neben ihnen. Sophia fasst einen Entschluss. Geschickt klettert sie unter den

quellen Teresas Textaufgabe: Manz Lernhilfen, Mathematik üben, 9. Schuljahr

Fabulieren statt dividieren! Mit Mathe-Textaufgaben kann man Schöneres tun, als sie zu lösen.Wir haben Schriftsteller gebeten, sie in Kurzgeschichten zu verwandeln.

Kevins Textaufgabe: Manz Lernhilfen, Mathematik üben mit Erfolg, speziell für G 8, 10. Schuljahr REDAKTION Mercedes Lauenstein

Ausgerechnet


verschmähte Mathematik beziehen können: Allein der Anblick der Schulbücher und besonders jener, die Mathematik lehren, hat seine von Schlaflosigkeit und Unruhe geplagten Patienten in einen seligen Dämmerzustand zu versetzen vermocht. Tallulah Teuteberg ist Musterzeichnerin geworden. Auch diesen Beruf, liebe Pennäler, gibt es wirklich, man braucht sich also keine Sorgen zu machen, wenn man über andere Talente verfügt als über das des Rechnens mit Zahlen. In Tallulahs Kopf war der Platz frei für Karos, Punkte, Pflanzen und Farben. Ihre Stoffe haben allergrößten Zuspruch gefunden, und wie es oft ist – nach den Pflichtschuljahren hat sie sich doch noch auf die vormals so verschmähte Mathematik beziehen können: So ein Vorhang, zum Beispiel, muss um ein Drittel größer zugeschnitten werden als das Fenster, für das er bestimmt ist. Da ist es hilfreich, dass sich Tallulahs kleine Schwester Tamara während der Pflichtschuljahre stets im Fingerrechnen geübt hat. Und dass Titus einen Bruder hat, der fünfe nicht gerade sein lässt. Denn die Fünf, so Tomislav bestimmt, ist und bleibt eine ungerade Zahl! Schlag ein! Ein Glück, dass gerade diese vier ungleichen Menschen einander gefunden haben. Denn als Folge von zweimal 100,80 Euro Gehaltserhöhung haben Tallulah und Titus in ihren Armen die zupackende Kraft der Pioniere gespürt: „Das Schlaf- mit dem Vorhangbusiness vereinen, das wollen wir!“, haben sie gerufen, ihre alten Jobs gekündigt und das Unternehmen Teuteberg gegründet. Schlaflos sind heute nur noch Tomislav und Tamara, die sich nachts die Köpfe zerbrechen über den Teresa Präauer, 1979 geboren, lebt Rechnungen, die den Teutebergs als Autorin und Zeichnerin in Wien. ins Haus flattern, während deren 2012 erhielt sie für ihren Roman „Für den Herrscher aus Übersee“ ausgeruhte Kunden, o weh!, recht den aspekte-Literaturpreis für das nachlässig geworden sind mit dem beste deutschsprachige ProsaZählen der Tage und dem Zahlen debüt. Ihre Schulzeit verbrachte Teresa vor allem mit dem Bekritzeln mit Barem. ihrer Jeans und Hände. Die Berechnung komplexer geometrischer Flächen hat sie mit Schere und Papier unternommen. Im Herbst 2014 erscheint ihr nächstes Buch.

Tisch, über ihr klimpert der Aschenbecher. Sie wendet den Kopf in Richtung Tischplatte. „Großmutter“, ruft sie, „da klebt ein Schild!“ „Ich weiß“, sagt Großmutter trocken. Man hört das Reiben des Zündsteins, in der Ferne das Auf- und Zuschnappen einer Tür. „Oberfläche = 0,30 Quadratmeter steht da.“ „Tisch 1?“ „Ja, Tisch 1.“ Sophia klettert unter Tisch 1 hervor, setzt sich neben sie. Großmutter hat derweil die Beine vom anderen Tisch auf den Boden gestellt. „Warst du das, Großmutter?“ „Nein, du.“ Sie lacht. Erst als sie die Zigarette wieder in den Mund schiebt, kehrt Stille ein. Sie wirft den Kopf in den Nacken, döst vor sich hin. Sophia beäugt beide Tische abwechselnd, holt ihr Smartphone aus dem Rucksack und wischt ein paarmal über das Display. Zwei Falten ziehen sich über ihre Stirn. Dann versetzt sie es in den Ruhemodus, kniet sich vor den zweiten Tisch und umschlingt ihn mit ihren Armen. Ihre Mittelfinger können sich gerade so berühren. „Was machst du da?“ Großmutter fühlt mit der Hand nach ihrem Dutt, rückt ihn zurecht. Kevin Kuhn, 1981 geboren, lebt „Die Spannweite der Arme, Klammer als freier Autor in Berlin. 2012 auf, von der Fingerspitze des Mittelfin- erschien sein vielgelobtes Romandebüt „Hikikomori“. Für Zahlen gers zu Fingerspitze, Klammer zu, entkonnte Kevin sich während seiner spricht der gesamten Körpergröße.“ Schulzeit nicht begeistern, wohl „Sagt wer?“ aber für die Geschichten seines Mathelehrers, der gern darüber „Wikipedia.“ referierte, wie man seinen Geist „Ah, wusste ich es doch. Und?“ durch mathematische Formeln „188 Zentimeter!“ Sophia strahlt wie gegen die Gefahren des Lebens eine Halogenlampe. wappnen könnte. Derzeit schreibt Kevin in Neuseeland an seinem „Du bist sehr groß, Denny.“ zweiten Roman. „Danke.“ Noch eine ganze Weile sitzen sie nebeneinander auf der Ruhebank. So groß wie Denny! Sie strahlt. Und dass einer der Beistelltische größer sein muss als der andere, das hatte sie doch gleich geahnt. Manchmal bietet Großmutter ihr eine Zigarette an, manchmal dreht sie am Zündstein. Eine schöne Zeit, denkt sie, eine schöne Zeit. „Und nun?“ Großmutter schaut sie fragend an. Sophia fasst nach ihrer Hand: „Komm, Großmutter, lass uns zu Tim hinuntergehen, Tim hat 18 Meter Zaun zur Verfügung.“

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Eine

Klasse für sich

Von Bernd Kramer / Text & Katharina Bitzl / Illustration

Jede Klasse und jeder Abschlussjahrgang glauben, einzigartig zu sein. Zu Recht? Eine Suche nach dem Klassencharakter.

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Die 7b ist zwar nur einen Raum entfernt, aber es sind doch Lichtjahre bis dahin. Ein ganz anderer Planet ist sie, mit anderen Bewohnern, die anders aussehen und andere Sitten haben. Sie lachen über andere Witze. Hier in der 7a ist man natürlich cooler, ganz anders, ganz einzigartig. Die beste Klasse von allen. Und die 7b? Denkt dasselbe über die 7a. Hat eine Schulklasse wirklich ihren eigenen Charakter? Eine ganz einzigartige Atmosphäre, die sie von allen anderen unterscheidet? Eine eigene Farbe? Immer zum Ende des Schuljahres muss Thomas Rau sich überlegen, wie sie tickt, diese Klasse, die all die Monate vor ihm saß. Für die Zeugniskonferenz verfasst er dann Kurzcharakterisierungen. „Die Klasse ist freundlich und wissbegierig“, könnte da zum Beispiel stehen. „Dominiert wird sie von den Mädchen. Auf den ersten Blick wirkt sie homogen, es gibt aber Spannungen und Außenseiter.“ Rau ist Lehrer für Englisch, Deutsch und Informatik an einem Gymnasium in Bayern, er bloggt über seinen Alltag, über seine Beobachtungen zwischen der Unter- und der Oberstufe; vor ein paar Jahren wurde sein Internettagebuch von einer Jury zum besten Lehrerblog Deutschlands gekürt. Er kennt sich aus mit den feinen Unterschieden zwischen 7a und 7b. Er findet: Sie sind gewaltig. Lebhaft oder leise. Neugierig oder am Altbewährten hängend. Empfindlich oder offen. Viele Cliquen oder wenige. Stark oder wenig mit sich selbst beschäftigt. „Jede Klasse hat definitiv ihren Charakter“, sagt Rau. Einmal kam er geradezu erschrocken aus einer Vertretungsstunde. „Die Klasse war unheimlich still, ohne unfreundlich zu sein. Nicht still zum Lehrer, auch untereinander.“ Annekatrin Wächter hat noch mehr Vergleichsmöglichkeiten. Sie ist Redakteurin beim Kika und betreut die Sendung „Die beste Klasse Deutschlands“, eine Quizshow, in der Schulklassen gegeneinander spielen. 1500 Bewerbungsvideos schauen Wächter und ihr Team im


Jahr an, kurze Filme, in denen Klassen demonstrativ ihre Einzigartigkeit beweisen wollen. Einige spielen Nachrichtensendungen nach, andere Castingshows, in denen sich die Schüler vorstellen. „Man kann recht gut erkennen, ob die Klasse das selbstständig macht“, sagt Wächter. „Ob die Schüler Spaß beim Videodreh und Lust auf die Sendung haben und ob wirklich alle involviert sind. Oder ob die Kinder vor die Kamera gestellt wurden und einen Text aufsagen, mit dem sie sich nicht so richtig identifizieren können.“ Auch in der Sendung ist keine Klasse wie die andere. Manche werden schlagartig ruhig, wenn die Scheinwerfer und die Kameras angehen, so als erfasse sie kollektives Lampenfieber. Andere drehen dann erst richtig auf. Wächter glaubt, dass vieles dabei auch am Lehrer liegt: wie er die Klasse motiviert, auffängt, anstachelt, besänftigt. Wenn er ehrgeizig ist, ist es oft auch die Klasse. Wenn der Lehrer nicht verlieren kann, feilschen oft auch die Schüler nach Drehschluss noch um Punkte. An Schulen gehört es mittlerweile sogar dazu, den Klassencharakter zu inszenieren. Abschlussjahrgänge versuchen heute mehr denn je, ihre Einzigartigkeit als Gruppe herauszustellen, meint Gabriele Dafft, Volkskundlerin am Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte beim Landschaftsverband Rheinland in Bonn. Sie hat die Verewigungsversuche von Abiturienten erforscht, hat Abi-Bälle besucht, die Abi-Scherze am letzten Schultag, die Sitzungen der Komitees, die während der Monate vor den letzten Prüfungen das große Finale vorbereiten. „Die Abiturienten wollen sich als Gemeinschaft würdigen und haben oft den Anspruch, den Vorgängerjahrgang zu toppen“, sagt sie. „Es geht um den ultimativen Abi-Gag.“ Interessanterweise hat der Aufwand enorm zugenommen, mit dem Abschlussjahrgänge sich selbst an ihrer Schule inszenieren. In den Siebzigerjahren haben Klassen einen Misthaufen auf dem Schulhof entladen, um die Lehrer noch einmal zu ärgern. Dann ging man einfach und sah sich vielleicht Jahre später beim Klassentreffen wieder. „Bei meinem Abi 1989 gab es noch nicht einmal einen Abschlussball“, sagt Dafft. Heute undenkbar. Die Abi-Feierlichkeiten sind zur Managementaufgabe geworden. Ein Motto wird bestimmt. Geld gesammelt. Das Schulgebäude geschmückt, es gibt professionell gelayoutete Abi-Zeitungen. Die Abiturientia inszeniert sich nicht mehr mit einem Misthaufen, sondern mit Shows in der Pausenhalle. An einer Wand im Stufenraum verewigen sich alle mit ihren Handabdrücken. Zum Ball wird teures Buffet bestellt und Tanzmusik. Das ist bemerkenswert, denn eigentlich ist die Bedeutung des Abiturs gesunken. Gut die Hälfte eines Jahrgangs verlässt die Schule heute mit dem Abi oder Fach-Abi. Anfang der Achtzigerjahre waren es gerade einmal etwas mehr als zwanzig Prozent. „Das Abitur als Übergang in das Berufsleben ist unsicherer geworden“, meint Dafft. „Deswegen wird es mit immer mehr Ritualen aufgewertet. Man beschwört noch einmal die Gemeinschaft, man will das Erreichte feiern und etwas schaffen, um sich daran zu erinnern. Und das umso mehr, je unsicherer die Zukunft danach ist.“ Einmal noch ist man etwas ganz Besonderes, einzigartig als Klasse. Bevor es sie nicht mehr gibt.

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Ein Gespräch über Rückschläge, bei einer Partie „Mensch, ärgere Dich nicht‟. Sonderregel: Schmeißt der Reporter eine Figur der Interviewten, darf er eine unangenehme Frage stellen. Umgekehrt dürfen die schamlos bewerben, was sie wollen, wenn sie es schaffen, eine Figur zu schmeißen.

Claire , ärgere Dich nicht

Ein kahler Backstageraum im Münchner Club „Strom“, noch eine Stunde bis zum Soundcheck vor dem Heimspielkonzert der Münchner Musikaufsteiger des Jahres 2013. Sängerin Josie, Gitarrist Flo und Keyboarder Nepomuk werfen sich in die Sofas, die zwei anderen Bandmitglieder, Matthias und Fridolin, werkeln noch draußen auf der Bühne. Josie stellt ihren Kaffeebecher lieber auf den Boden, weit weg vom Spielbrett auf dem Tisch. Sie sei ein großer Schussel, sagt sie unter Röhrenverstärkerlachen und deutet auf eine blaue Stelle auf ihrer Nase, während Nepomuk das Spiel mit einer Sechs eröffnet. Ist vergangenes Jahr eigentlich irgendwas schiefgegangen bei euch? Flo Es kommt jeden Tag irgendein Problem. Aber nichts ist irreparabel. Richtig auf die Schnauze geflogen seid ihr wirklich nie? Josie Na – ich, kurz vor der Tour. Ich bin die Treppe raufgefallen. Ich lege mich oft auf die Schnauze: Während der Tour war ich dreimal im Krankenhaus. Woran liegt’s? Trunkenheit? Mangelndes Koordinationsvermögen? F lo Es ist eine Kombination aus beidem. Ihr habt 2013 einen sehr schnellen, steilen Aufstieg hingelegt, da kam viel Neues auf euch zu. Hattet ihr Angst, mal was richtig zu versauen? Josie Natürlich hatten wir diese Angst. Aber wenn man keine Versagensängste hätte, dann hätte man auch nicht den Ansporn, besser zu werden. Flo Trotzdem: Manche Dinge sind hart, wenn sie zum ersten Mal kommen. Das Album zu schreiben war mit extremen Selbstzweifeln verbunden. Als wir nach drei Monaten im Studio saßen und alles durchhörten, wussten wir nicht mehr: Ist das super, oder sind die fünfzehn Songs alle Dreck? Wie geht ihr vor, wenn ihr euch in solchen Fragen uneinig seid? Flo Mit einer Mischung aus Diplomatie und Demokratie. Zum Glück sind wir zu fünft, da gibt’s immer eine Mehrheit. Ihr habt im vergangenen Jahr sehr viel Lob bekommen. Welches war das größte? In diesem Moment schlägt Josie eine Figur: „Moment, ich darf was bewerben! Unsere Tour, jetzt im März!“ Nepomuk Die größte Ehre war, dass Giorgio Moroder himself einen Remix für uns gemacht hat. Und dass wir ihn auch noch getroffen haben und einen Kaffee mit ihm trinken waren. Josie Eigentlich hat er erzählt, und wir saßen da und haben ihn mit großen Augen angeschaut. Endlich, Glück für mich! Ich schlage Nepomuk. Und wühle mit meiner unangenehmen Frage in Josies dunkler Vergangenheit. Josie, du bist in der ersten Staffel von „The Voice of Germany“ angetreten. Und gescheitert. Warum? Flo Du hast die Aufzeichnung nicht gesehen, oder? Sonst würdest du die Frage nicht stellen. Lautes Lachen, Freude über den Seitenhieb. Überhaupt: In dieser Band ist des Öfteren eine Atmosphäre wie auf Klassenfahrt in der letz-

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ten Reihe im Bus: Jungs-Gedisse in Reinkultur. Josie teilt da gern mit aus, aber jetzt antwortet sie ernst und gelassen, ohne peinlich berührt zu sein. Sie scheint Niederlagen abhaken zu können. Josie Ich hab mich auf die Bühne gestellt und hatte keine Ahnung, was ich da mache. Ich habe den Song gehasst, der war von Taylor Swift. Ich hätte ihn auch ablehnen können, aber mein Selbstbewusstsein war gleich null. Das Ergebnis war furchtbar, ich fand es selbst mies. Ich hab mich dafür geschämt. Und dann hast du dir lieber eine Band gesucht? Josie Das denken viele, weil Xavier Naidoo gesagt hat, ich solle mir eine Band suchen – und ein bisschen später gab es Claire. Aber da besteht kein Zusammenhang. Euer Album heißt „The Great Escape“: Ist Weglaufen eine Lösung? Flo Darum geht es gar nicht. Es ist eigentlich wie bei diesem Spiel hier: Da will ich ja auch nicht vor dem Gegner weglaufen, sondern meine Figuren ins Häuschen bringen. Für uns ist „escape“ nicht unbedingt ein negativ besetztes Wort. Gemeint ist eher Zuflucht als Flucht. Josie Musik ist generell ein Zufluchtsort. Es gibt nichts, was meine Stimmung mehr beeinflussen kann. Was machst du dann, wenn du schlecht drauf bist? Was zum Aufmuntern hören oder die Selbstmitleidsnummer? Josie Ich koste schlechte Laune oder Traurigkeit schon eher aus. Jetzt schlägt Flo wieder eine Figur. Er lehnt sich zurück, selbstzufrieden, vorfreudig auf das, was er gleich sagen will. Bislang gab’s Standardwerbesprüche, jetzt will er was Besonderes loswerden: Flo Es geht um Nahrungsaufnahme. Das Crack-Sandwich. Nepomuk (ruft aufgeregt) Woah! Das Crack-Sandwich! Das Crack-Sandwich? Flo Das Crack-Sandwich! Das heißt bei uns so, weil es unglaublich süchtig macht. Das macht der Würstlkönig in der Lindwurmstraße in München am Goetheplatz. Bei dem gibt es ein Grillfleisch-Sandwich. Nepomuk (ruft noch aufgeregter) Mit Jahrhundertsoße! Flo Genau, die Soße ist der Shit. Ich mag auch den Typen. Der öffnet und schließt seinen Laden, wie er Bock hat. Passt auch zum Crack: Er ist wie ein Dealer – du weißt nie, ob er da ist und Stoff hat. Ihr habt einen großen Altersunterschied in der Band. Matthias ist mit 31 der Älteste, euer Drummer ist 20. Ist das ein Problem? Flo Im Gegenteil: Der Altersunterschied ist ein Grund dafür, warum wir funktionieren. Weil sich Erfahrung mit purer Naivität mischt. Du brauchst beides. Manchmal muss man einfach losrennen, naiv, ohne Ziel, ohne Nachdenken und Planen und Angst vor Konsequenzen. Und manchmal brauchst du Erfahrung und Besonnenheit. Die Zeit läuft ab, der Soundcheck wartet. Wir beenden das Spiel, ohne einen Gewinner zu küren. Aber wir einigen uns darauf, wenigstens einen Verlierer zu bestimmen: Nepomuk, der noch am meisten Figuren im Starthäuschen hat. von Christian Helten / Interview




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