IPPNW forum 149/2017 – Die Zeitschrift der IPPNW

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ippnw forum

das magazin der ippnw nr149 märz 2017 3,50€ internationale ärzte für die verhütung des atomkrieges – ärzte in sozialer verantwortung

Foto: © Michael Jungblut / laif

- Syrien: Warten auf Frieden - In Gefahr: MenschenrechtlerInnen in der Türkei - Atomwaffen: Deutschland boykottiert UN-Verbotsprozess

Das Ende der Atomenergie in Deutschland: Abschaltung – Abriss – Atommüll


issuu.com/ippnw

Broschüre zum Bestellen Im humanitären Bereich hat das Werben um Erbschaften und Nachlässe eine lange Tradition. Der Vorstand der IPPNW hat sich nach reiflicher Überlegung dazu entschlossen, diese Möglichkeit den eigenen Mitgliedern, Fördererinnen und Förderern anzutragen. Den Einsatz für Ziele, die Ihnen am Herzen liegen, können Sie durch ein Vermächtnis oder ein Erbe nachhaltig unterstützen. Diese zwölfseitige Broschüre informiert Sie, welche Fragen dabei zu bedenken sind.

Per FAX an 030/693 81 66

Ihr Nachlass gestaltet: Über den Tag hinaus

Ich bestelle ...... Exemplare der Broschüre „Über den Tag hinaus die Zukunft mitbestimmen: Vererben oder vermachen an einen gemeinnützigen Verein“

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IPPNW Deutsche Sektion Körtestraße 10 10967 Berlin

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EDITORIAL Ewald Feige arbeitet in der IPPNWGeschäftsstelle und ist im Arbeitskreis Atomenergie aktiv.

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eim Abriss von Atomkraftwerken in Deutschland, auch beschönigend als „Rückbau“ bezeichnet, fallen neben stark strahlenden Materialien Millionen Tonnen an Baumaterialien an, die geringfügig radioaktiv kontaminiert sind.

Materialien, die die Grenzwerte unterschreiten, sollen dabei nach dem Willen der Politik wieder in den normalen Wirtschaftskreislauf eingespeist werden. Die Idee, dass Stahl aus AKWs im Rahmen eines „Freigabe“-Verfahrens künftig in Zahnspangen, Bratpfannen oder Heizkörpern enthalten sein könnte, stößt aber auf Ablehnung, berichtet Jörg Schmid. Den Beschluss zum Atomausstieg in Deutschland kennt jeder. Doch wie sieht der konkrete Fahrplan für die kommenden Jahrzehnte und Jahrhunderte aus? Henrik Paulitz verschafft uns einen Überblick, wann nach offiziellen Plänen welche Atomanlagen abgeschaltet werden sollen und wie die Regierenden mit dem Atommüll umgehen wollen. Wir stellen auch das Fachportal „Atommüllreport“ vor: Mit dieser Bestandsaufnahme verschafft sich die Anti-Atom-Bewegung einen Überblick über alle Anlagen in Deutschland, die Atommüll produzieren, bearbeiten oder lagern. Der Trägerkreis hat hier eine Plattform geschaffen, die das Wissen um das atomare Erbe bündeln soll. Mit den zehn „Thesen zum Umgang mit dem Atommüll“, die der Arbeitskreis Atomenergie der IPPNW erarbeitet hat, will er eine breite Diskussion in der Anti-Atom-Bewegung und in der interessierten Öffentlichkeit anregen. Wir dokumentieren die Thesen hier. Angelika Claußen und Alex Rosen richten das Augenmerk auf die europäische Frage: „Atomenergie ist nicht wettbewerbsfahig“, stellen sie fest. Das bekommt die Atomindustrie derzeit in ganz Europa zu spüren: Die Anti-Atom-Bewegung vernetzt sich zunehmend, um auf die Schließung maroder Meiler in Frankreich und Belgien zu dringen. Das Titelbild und der Fotoschwerpunkt dieser Ausgabe stammen von Michael Jungblut. 2012 und 2015 hat er die Abrissarbeiten in Lubmin (Greifswald) dokumentiert und Aufnahmen von den Arbeitern gemacht, die das Innenleben des ehemaligen AKW zerlegen. Ewald Feige

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INHALT Syrien: Warten auf Frieden

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THEMEN 50 Jahre israelische Besetzung Palästinas ...........................................8 Warten auf Frieden in Syrien ......................................................................10 Medical Peace Work: ÄrztInnen stiften Frieden ............................ 12 MenschenrechtlerInnen unter Anklage: Der Prozess gegen Sebnem Korur Fincanci in Istanbul .........................................14

Foto: Jakob Huber/ECI Stop TTIP!

Deutschland boykottiert ein Atomwaffenverbot ..............................15 Afghanistan: Schicksale abgeschobener Geflüchteter gelangen ans Licht der Öffentlichkeit ...................................................16 Nachruf auf Bashir Zakaryau......................................................................17 Nuclear-Free Future Award: Preisträger tragen einen Preis .... 18

Unter Anklage: MenschenrechtlerInnen in der Türkei.

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SERIE Die Nukleare Kette: Uranbergbau in Jadugoda / Indien ........... 19

SCHWERPUNKT Dekontaminierung mit Hochdruck ......................................................... 20 Freigabe radioaktiven Materials beim AKW-Abriss....................... 22 Die Zeitpläne für Atomausstieg und Atommüll-Entsorgung ......24 Der „Atommüllreport“ – eine Bestandsaufnahme ........................ 26

Foto: © TIHV

Zehn Thesen zum Umgang mit dem Atommüll.............................. 27 Atomenergie: Europa steigt aus ............................................................... 28

WELT Atomwaffen: Deutschland boykottiert UN-Verbotsverhandlungen

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Dialog mit Russland: IPPNW-Symposium in Moskau ................. 30

RUBRIKEN Editorial ......................................................................................................................3 Meinung .....................................................................................................................5 Nachrichten .............................................................................................................6 Aktion .......................................................................................................................31 Gelesen, Gesehen............................................................................................. 32

Grafik: ICAN

Gedruckt, Geplant, Termine ....................................................................... 33 Gefragt .................................................................................................................... 34 Impressum/Bildnachweis ............................................................................. 33


MEINUNG

Alex Rosen ist stellvertretender Vorsitzender der deutschen IPPNW.

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„Mr. Trump – jetzt liegt es an Ihnen“, schrieben wir Ende Januar zur Amtsübernahme des neuen US-Präsidenten und forderten ihn auf, seinen Worten Taten folgen zu lassen. Die Bilanz nach den ersten Wochen seiner Präsidentschaft fällt ernüchternd aus.

eiterhin werden jeden Tag US-Truppen an die russische Grenze verlegt. Trump will das Atomwaffenarsenal ausbauen und drohte auf Putins Ankündigung zur Modernisierung der russischen Atomwaffen einen neuen Rüstungswettlauf an, den die USA „gewinnen“ würden. Den „New START“-Vertrag bezeichnete er als schlechten Deal für die USA, nannte Putin einen „Mörder unter vielen“ und forderte von Russland unmissverständlich die Rückgabe der Krim. Gleichzeitig hat auch er Todeskommandos in den Jemen geschickt und dabei neben vermeintlichen Terroristen viele Zivilisten umbringen lassen. Er wettert gegen den Iran, Kuba und Nordkorea wie zu Zeiten von Bush und kündigt an, das US-Militär massiv ausbauen zu wollen.

Noch gravierender: Trump hat angekündigt, Kohle, Gas und Öl künftig stärker zu fördern, erneuerbare Energien auszubremsen und den menschengemachten Klimawandel schlicht und einfach nicht anzuerkennen. Die nötigen personellen Schritte im Umweltministerium hat er bereits umgesetzt und Klimawandel-Leugner an Schlüsselstellen positioniert. Ohne die USA wird die ohnehin ehrgeizige globale 2°C-Grenze nicht zu erreichen sein – das bedeutet eine wahrlich düstere Zukunft. Das ist nicht allein Trumps Schuld, aber seine Politik beerdigt nach den positiven Weichenstellungen von Paris und Marrakesch nun die Hoffnung, die Schreckensszenarien der Klimaforscher noch abwenden zu können.

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s gibt also keinen Lichtblick? Vielleicht doch. Durch Trump sind im Verborgenen schwelende Probleme für alle Welt sichtbar geworden. Menschen politisieren sich und sind wieder bereit, sich für eine bessere Welt zu engagieren. Alte Bündnisse kommen auf den Prüfstand und neue Kooperationsmöglichkeiten entstehen. Selbst die US-Medien versuchen, zu ihrer Rolle als vierter Macht im Staat zurückzufinden. Die Spaltung Europas könnte durch die abschreckenden Beispiele von Ukraine, Brexit und Trump aufgehalten, die Radikalisierung der Politik ausgebremst werden. Auch wir in der IPPNW können in unserer Arbeit von diesen Entwicklungen profitieren und wer weiß: Vielleicht überwiegen am Ende sogar die positiven Effekte des Phänomens Trump – in Form einer erstärkten, mutigen und mündigen Zivilgesellschaft? Denn wer kann sich heutzutage Politikverdrossenheit noch leisten? Siehe auch „Debatte“ im internen Teil, S. 13-14 5


NACHRICHTEN

Foto: Bundestag

Foto: Özgürlükcü Demkokrasi

Neue Hinrichtungen und Zerstörungen in kurdischen Gebieten

Katholische Kirche kürzt Zuschuss für Pax Christi

Große Anfrage zu den Folgen des „Krieges gegen den Terror“

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ährend einer Ausgangssperre in dem Dorf Xerabê Bava wurden laut Civaka Azad drei Personen hingerichtet, Häuser in Brand gesteckt und zerstört. Viele DorfbewohnerInnen seien festgenommen worden. Am 1. Februar 2017 hatte die türkische Regierung eine Ausgangssperre für neun Dörfer in der Nähe von Nisebîn verhängt. Am nächsten Tag wurden die Ausgangssperren für acht Dörfer aufgehoben, in dem Dorf Xerabê Bava hielt sie jedoch an. Die Streitkräfte hätten die Telefon- und Internetleitungen gekappt, das Dorf sei mit Tränengas angegriffen und der Transport von Verwundeten ins Krankenhaus nicht erlaubt worden. Zudem seien nach Zeugenaussagen 39 Personen gefoltert worden. Von zwei Personen fehle jede Spur. Das Dorf ist abgeriegelt und von der Außenwelt isoliert. Seit letztem Jahr wurden zahlreiche kurdische Dörfer und Bezirke wie Cizre, Sur, Silopî und Nisebîn durch den türkischen Staat zerstört und hunderte von Zivilisten ermordet. Ärztinnen und Ärzte und MenschenrechtsaktivistInnen, die auf diese Verbrechen hinweisen, werden von der Regierung verfolgt und vor Gericht gestellt. Dr. Serdar Küni, der Leiter der Menschenrechtsstiftung (TIHV) in Cizre, ist seit Monaten in Haft. Sein Prozess wird am 13. März 2017 in Sirnak eröffnet. Die deutsche IPPNW wird mit einem Prozessbeobachter vor Ort sein, und ebenso die Verfahren gegen Dr. Sebnem Korur Fincanci in Istanbul beobachtend begleiten.

Mehr Infos auf der Seite von TIHV: http://en.tihv.org.tr

ie Deutsche Bischofskonferenz hat beschlossen, den Zuschuss an die katholische Friedensorganisation pax christi in Höhe von 60.000 Euro zu streichen. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Kardinal Reinhard Marx schrieb in einem Brief an Pax Christi, die friedenspolitische Stimme der Initiative werde unter den deutschen Bischöfen „auch weiterhin“ geschätzt. Gleichwohl wollte Marx „keine Hoffnung“ auf eine Änderung der Entscheidung machen. Pax Christi solle sich „deshalb darauf konzentrieren, alternative Einnahmequellen zu erschließen.“ Generalsekretärin Christine Hoffmann hält die Streichung des Zuschusses für die katholische Friedensbewegung auch inhaltlich für falsch: In vielen Ländern stellten sich derzeit Fragen wie: „Wie beenden wir Konflikte? Wie bereiten wir den Weg zum Frieden?“ In einer solchen Zeit sei die Streichung eines Zuschusses für die Friedensarbeit „das falsche Signal“. Die IPPNW und andere Friedensorganisationen haben mit Befremden und mit tiefem Bedauern auf die geplante Kürzung reagiert. In einem Brief an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz fordert die IPPNW die Bischöfe auf, diese Entscheidung zu überdenken. Die engagierten Mitglieder von Pax Christi seien seit vielen Jahren oftmals enge Partnerinnen und Partner der IPPNW im Einsatz gegen Krieg und Rüstung und für Frieden und zivile Konfliktbearbeitung. Unterzeichnen Sie die Petition: www.openpetition.de/petition/online/andie-bischoefe-nicht-am-frieden-streichen 6

m 26. Januar 2017 befasste sich der Bundestag in einer Plenardebatte mit der Großen Anfrage an die Bundesregierung zu den „Erfahrungen aus 14 Jahren Krieg gegen den Terror – Eine Bilanz in Irak, Afghanistan, Pakistan“. Die Fraktion Die Linke hatte die Anfrage eingebracht, für die der 2015 international publizierte IPPNW-Report Body Count den Anstoß gab. Auf Wunsch der Bundesregierung war die Plenardebatte umbenannt worden in „Terrorbekämpfung in Irak, Afghanistan, Pakistan.“ Die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage blieb wesentliche Antworten auf die 101 gestellten Fragen schuldig, unter anderem die nach der Zahl der Opfer im Irakkrieg. Während die Bundesregierung erklärt, die tatsächliche Zahl der Todesopfer des Krieges im Irak nicht zu kennen, nennt sie die Flüchtlingszahlen aus dem Irak. Lag die Zahl der Asylanträge von Menschen aus dem Irak zu Beginn des „Krieges gegen den Terror“ noch im unteren vierstelligen Bereich, stieg sie bis 2015 auf über 31.000. Die Anzahl der Asylanträge von Geflüchteten aus Afghanistan erhöhte sich von 574 im Jahr 2007 auf 32.000 im Jahr 2015. Diese Zahlen verdeutlichen eine erheblich verschlechterte Menschenrechts- bzw. Sicherheitslage im Irak und in Afghanistan. Die Plenardebatte zeigte aber auch, dass die Abgeordneten der Regierungskoalitionen kein Interesse daran zeigen, die Konsequenzen der Militärinterventionen im Krieg gegen den Terror aktiv zu untersuchen und damit auch die Politik der militärischen Terrorbekämpfung in Frage zu stellen


NACHRICHTEN

Foto: MichaelHofmann2703/CC-by-NC 2.0

Deutschland ist fünftgrößter Rüstungsexporteur

China will Atomwaffen abschaffen

Proteste gegen die Münchener Sicherheitskonferenz

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x-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat am 20. Januar 2017 vorläufige Zahlen zu den Rüstungsexporten 2016 vorgelegt. Wie IPPNW-Beiratsmitglied Dr. Jan van Aken mitteilte, belief sich der Wert der erteilten Einzelausfuhrgenehmigungen auf 6,88 Milliarden gegenüber 7,86 Milliarden Euro im Jahr 2015. Dies sei der zweithöchste jemals gemessene Genehmigungswert. 54 Prozent der Einzelausfuhrgenehmigungen entfielen auf Drittländer. Im fünften Jahr in Folge würden somit der größere Teil der deutschen Rüstungsausfuhren in Länder außerhalb von EU, NATO oder der Gruppe der NATO-gleichgestellten Länder wie Australien getätigt. Der Genehmigungswert für Drittländer lag bei 3,69 Milliarden Euro. Die fünf Drittländer Algerien, SaudiArabien, Ägypten, Südkorea und Vereinigte Arabische Emirate gehören zu den Top-10Beziehern deutscher Rüstungsgüter. Unter den Top-10-Beziehern befinden sich zudem drei Länder, die am Krieg in Jemen beteiligt sind: Saudi-Arabien (Genehmigungswert: 529 Millionen Euro), Vereinigte Arabische Emirate (154 Millionen Euro) und Ägypten (400 Millionen Euro). Genehmigungen für den Export von Kleinwaffen wurden im Jahr 2016 im Wert von rund 47 Millionen Euro erteilt und sind damit im Vergleich zu 2015 (32,43 Millionen Euro) um 47 Prozent gestiegen. Laut dem Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI ist Deutschland damit der weltweit fünftgrößte Rüstungsexporteur.

er chinesische Präsident Xi Jinping erklärte am 18. Januar 2017 in einer Rede vor den Vereinten Nationen, dass „Nuklearwaffen nach und nach vollständig zerstört und verboten werden sollen, um die Welt von ihnen zu befreien.“ Er bekräftigt damit Chinas langjährige offizielle Unterstützung der nuklearen Abrüstung. Im Gegensatz zu den anderen ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates hatte China bereits in der Generalversammlung Ende Dezember positive Signale gesendet, als es sich bei der Abstimmung über die Resolution für einen Atomwaffenverbotsvertrag enthielt, statt dagegen zu stimmen. Die Resolution wurde von einer Dreiviertelmehrheit von Staaten getragen. Nun hat China zudem die Möglichkeit, an den Verhandlungen teilzunehmen und dabei eine Führungsrolle zu übernehmen. Dies wäre ein entscheidender Schritt für die Abschaffung nuklearer Waffen und ein wichtiges Signal für die anderen acht Atommächte, dass die Einwände gegen die Verhandlungen und die Kritik am Vertrag ungerechtfertigt und gefährlich sind und dem Ziel einer atomwaffenfreien Welt widersprechen. Die IPPNW hat sich in einem Brief an den chinesischen Botschafter für die Teilnahme einer Delegation Chinas an der Eröffnungsrunde der Verhandlungskonferenz über den Verbotsvertrag eingesetzt.

Mehr Infos unter: www.sipri.org

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ie Münchner Sicherheitskonferenz stand in diesem Jahr ganz im Zeichen des Machtwechsels in den Vereinigten Staaten. 25 Staats- und RegierungschefInnen und 80 AußenministerInnen kamen in die Stadt, um unter anderem über über einen größeren finanziellen Beitrag der Europäer für die Verteidigung zu debattieren. Die Konferenz wurde von massiven Gegenprotesten begleitet. Das „Aktionsbündnis gegen die NATO-Sicherheitskonferenz“ organisierte Demonstrationen und eine Abschlusskundgebung auf dem Marienplatz, um gegen die NATO, ihre Kriegseinsätze und die Aufrüstungsausgaben zu protestieren. Unter dem Motto: „Frieden statt NATO – Nein zum Krieg!“ zogen die TeilnehmerInnen durch die Münchener Straßen und umzingelten schließlich das Tagungsgebäude in der Innenstadt. Die VeranstalterInnen sprachen von etwa 4.000 Menschen, die dem Aufruf zum Protest gefolgt waren. Seit 15 Jahren findet neben den zahlreichen Demonstrationen auch eine Friedenskonferenz als thematischer Gegenpol zur Sicherheitskonferenz statt. Die Friedenskonferenz schafft einen Raum zur Darstellung und Diskussion von nicht-militärischen und gewaltfreien Konfliktlösungen sowie von Konzepten für eine nachhaltige und gerechte Entwicklung auf unserem Planeten. Etwa 350 Interessierte verfolgten Vorträge und Debatten zu Konzepten einer nachhaltigen Entwicklung der Welt. Verschiedene ReferentInnen sprachen zu Themen wie Entspannungspolitik mit Russland, Kriegsführung mit Drohnen und der Kritik am aktuellen ökonomischen Finanzsystem.


FRIEDEN

50 Jahre israelische Besetzung Palästinas Strategien gewaltlosen Widerstands

Seit dem „Sechs-Tage-Krieg“ 1967 sind das palästinensische Westjordanland, der Gaza-Streifen, OstJerusalem und die Golan-Höhen vom Staat Israel und seiner Armee besetzt – ein permanenter Zustand des asymmetrischen Konflikts mit wiederkehrenden kriegerischen Eskalationen, mit jeweils tausenden von Opfern insbesondere unter der palästinensischen Zivilbevölkerung. Verhandlungen und Konferenzen, allen voran das mit großen Hoffnungen verbundene Oslo-Abkommen von 1993 haben keine Friedenslösung herbeiführen können. Heute leben auf dem Territorium des historischen Palästinas im Wesentlichen zwei etwa gleich große Bevölkerungsgruppen: die seit Ende des 19. Jahrhunderts vor allem aus Europa, später auch aus arabischen und afrikanischen Ländern eingewanderten jüdischen Menschen, häufig geflohen vor antisemitischer Verfolgung – und die dort seit langem ansässige palästinensische Bevölkerung, teils christlicher, überwiegend muslimischer Tradition, welche – insbesondere in den besetzten Gebieten – in allen Belangen weitgehend entrechtet lebt. Dies ist ein permanenter Brandherd der internationalen Politik, inzwischen sogar mit der Drohung möglicher Atomwaf-

feneinsätze gegen muslimische Staaten der Region. Einen hoffnungsvollen Dialog über die ethnischen Barrieren hinweg gibt es zwar weiterhin, jedoch wesentlich nur unter zivilgesellschaftlichen Akteuren.

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u diesen Akteuren gehört die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“, deren deutscher Zweig nun aber gerade Ende 2016 ausgerechnet von der (wesentlich kirchlich getragenen) „Bank für Sozialwirtschaft“ in Berlin durch Kündigung ihres Kontos bestraft wurde, wegen ihres Eintretens für „BDS“, das heißt Boykott, Desinvestition und Sanktionen. Der israelischen Regierungsargumentation folgend, unterstellt die Bank, BDS habe die Zerstörung des israelischen Staats zum Ziel, und erspart sich damit die Mühe, sich mit den eigentlichen Absichten und Strategien von BDS, der von palästinensischen NGOs initiierten Kampagne gegen israelische Apartheid genauer zu beschäftigen. Apartheid, d.h. ethnische Diskriminierung und Entrechtung einer wichtigen Gruppe der Bevölkerung war unter dem damaligen südafrikanischen Regime die Rassentrennung, gegen welche eine internationale zivilgesellschaftliche Kampagne ähnlichen Inhaltes wie BDS weltweit organisiert wurde, bis die politische Entrechtung der schwarzen Bevölkerung aufgehoben wurde. Nicht zufällig gehörten gerade Nelson Mandela und Desmond Tutu zu den 8

prominentesten Kritikern der israelischen Politik gegenüber den PalästinenserInnen. Und in dieser Linie unterstützen international auch wichtige protestantische Kirchen die Forderung der BDS-Bewegung, durch ökonomische, gewaltlose Maßnahmen der Zivilgesellschaft auf die israelische Gesellschaft und Regierung einzuwirken, um die drei wesentlichen Ziele der Kampagne zu erreichen: gleiche Rechte für Israelis und Palästinenser im gesamten Territorium des historischen Palästinas, ein Ende der israelischen Besetzung von Westbank, Ost-Jerusalem, Golan und Gaza sowie das Recht auf Rückkehr für die seit 1948 aus ihrer damaligen Heimat Vertriebenen, wie dies auch die Resolution 194 der UN-Generalversammlung von 1948 verlangt.

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ie vierte Genfer Konvention, der der Staat Israel beigetreten ist, untersagt, eigene Bevölkerung im besetzten Gebiet außerhalb des eigenen Territoriums anzusiedeln – eine tatsächlich aber wesentliche Quelle des fortdauernden Konflikts. Shir Hever, israelischer Wirtschaftswissenschaftler, weist darauf hin, dass Israel die widerrechtliche Nutzung des besetzten Gebiets für eigene Wirtschaftstätigkeit immer wieder kaschiert, und damit widerrechtlich EU-Handelsprivilegien für Produkte aus diesen Gebieten in Anspruch nimmt. Einziges wirksames Mittel für europäische Konsumenten, die israelische Kolonisierung,


QALQIILIYA IM WESTJORDANLAND: DIE PALÄSTINENSISCHE STADT IST DURCH DIE MAUER VON IHREM AGRARLAND UND VON DEN NACHBARORTEN ABGESCHNITTEN

de facto eine schrittweise Annektierung des besetzten Gebietes finanziell nicht zu unterstützen, und z.B. auf den Kauf israelischer Produkte gänzlich zu verzichten, bis solche Umgehung der Bestimmungen unterlassen werden. Die wirtschaftliche Nutzung der besetzten Gebiete durch die Besatzungsmacht sei so weit fortgeschritten, dass alle größeren israelischen Transport-, Telekommunikations- und Infrastrukturunternehmen internationales Recht verletzen, indem sie Dienstleistungen für die illegalen Siedlungen erbringen. Die israelischen Konzerne tragen damit Verantwortung für die Fortsetzung der Besatzungsund Annektionspolitik und damit für ein wesentliches Friedenshindernis. Die nun seit elf Jahren auch international aktive BDS-Bewegung kann durchaus bereits Erfolge verzeichnen: So erlebte der große Baukonzern „Africa Israel“ nach dem Rückzug des Norwegischen Pensionsfonds und schwedischer Banken eine gravierende Finanz-Krise erleben, und gab schließlich seine Bauprojekte in der Westbank auf. Der Rückzug des Transportkonzerns Veolia aus einem Bahn-Projekt zu Siedlungen in Ostjerusalem ist ein weiteres erfolgreiches Beispiel, ebenso der Verzicht der Deutschen Bahn auf die schon vertraglich vereinbarte Planung einer Bahnlinie von Tel Aviv nach Jerusalem durch besetztes Westbank-Gebiet.

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ichtig ist der Hinweis von Shir Hever, dass es bei der Kampagne nicht um ein Embargo geht, also (abgesehen von der Forderung nach Stopp von Waffenlieferungen) die Versorgung der israelischen Bürger mit Gebrauchsgütern nicht beeinträchtigt werden soll, wohl aber die Geschäfte der Okkupationsmacht in und mit den seit 50 Jahren besetzten Gebieten. Die Forderungen der BDS-Bewegung zielen wesentlich auch auf die Gleichberechtigung von PalästinenserInnen innerhalb des international anerkannten israelischen Staatsgebiets, und auf das Rückkehrrecht palästinensischer Flüchtlinge.

9. und 10. Juni 2017 in Frankfurt/M: 50 Jahre Besatzung in Palästina – Konferenz des Koordinationskreises Palästina-Israel. Programm unter: www.kopi-online.de/wordpress

Vor 50 Jahren, vom 5. bis zum 10. Juni 1967, wütete der „Sechs-Tage-Krieg“ in der Nahostregion, dessen Ergebnis ein überwältigender militärischer Sieg der israelischen Armee über die arabischen Nachbarn war. Er mündete in die bis heute andauernde Besetzung der bis dahin zu den arabischen Staaten Ägypten, Jordanien und Syrien gehörenden Territorien. Der deutsche Koordinationskreis Paläs9

tina-Israel – für ein Ende der Besatzung und einen gerechten Frieden, in dem unsere IPPNW mit anderen deutschen Friedensorganisationen, mit palästinensischen Organisationen in Deutschland ebenso wie mit der Jüdischen Stimme gemeinsam für eine gerechte Friedenslösung in Nahost zusammenarbeitet, lädt aus diesem Anlass zu einer prominent besetzten Konferenz ein. Wir werden Bilanz ziehen über den Status Quo des Konflikts, aber auch die schwierigen Wege zur Debatte stellen, die zu einer gerechten und deshalb nachhaltigen Friedenslösung in dieser so wichtigen Weltregion führen können. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen! Shir Hever: Die Politische Ökonomie der israelischen Besatzung. Unterdrückung über die Ausbeutung hinaus; Neuer ISPVerlag 2014, 263 Seiten, 19,80 €

Matthias Jochheim ist ehemaliger IPPNWVorsitzender und aktiv im Arbeitskreis Süd-Nord.


FRIEDEN

Warten auf Frieden in Syrien Waffenlieferungen, regionale und internationale Einmischung müssen gestoppt werden

Die Befreiung der nordsyrischen Stadt Aleppo hatte kurz vor Jahresende vielen Menschen in Syrien Hoff nungen gemacht. Doch zwei Monate später bleibt unklar, ob Frieden in Syrien wirklich gewollt ist.

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ehr als 2.000 Kämpfer aus Ost-Aleppo hatten kurz ie Syrer hätten also Grund zu Hoffnung, dass die für Ende vor Weihnachten 2016 ihre Waffen niedergelegt und Februar in Genf geplanten Gespräche endlich in Gang komwaren in ein staatliches Amnestieprogramm ein- men. Doch es bleibt unklar, ob Frieden in Syrien wirklich gewollt gegliedert worden. Kurz darauf, am 30. Dezember ist. Denn während die Syrer mehrheitlich die Ereignisse in Aleppo 2016, konnte Russland die beiden regionalen Kontrahenten Tür- als „Befreiung“ ansehen und die Stadt und das Land raschmögkei und Iran gewinnen, um einen landesweiten Waffenstillstand zu lich wieder aufbauen wollen, sprechen Teile der bewaffneten Opsichern. 64 bewaffnete Gruppen unterzeichneten die Vereinba- position und deren regionale und internationale Sponsoren vom rung. Die 14 größten von ihnen, die von der Türkei (und den Golf- „Fall Aleppos“ und werten das Geschehen als schwere Niederlastaaten, Europa und den USA) unterstützt worden waren, reisten ge. 5.000 Kämpfer waren nicht bereit, ihre Waffen niederzulegen zu einem Treffen mit einer syrischen Regierungsdelegation nach und wurden mit ihren Unterstützern und Angehörigen evakuiert. Astana, der Hauptstadt von Kasachstan. Weitere 110 bewaffnete Rund 35.000 Menschen zogen Ende Dezember 2016 aus OstGruppen halten einen Waffenstillstand Aleppo in die nordsyrische Provinz Idlib ab, schwer Verletzte und ein, der bereits im Februar 2016 von die Privilegierten unter den den USA und Russland ausgehandelt Evakuierten wurden in die Buchtipp | Karin Leukefeld: worden war. Die Zahl der lokalen WafTürkei gebracht. Syrien zwischen Schatten und fenstillstände erhöht sich täglich und Licht. Menschen erzählen von Die Provinz Idlib wird von lag Mitte Februar 2017 bei 1.250. ihrem zerrissenen Land. extremistischen Kampfvernde Januar legte Russland den Rotpunkt 2016, 336 S., 24,- €, bänden wie dem Al-QaidaAbleger in Syrien, der Nusverfeindeten Seiten einen EntISBN 978-3858-69689-2 ra-Front, die sich inzwischen wurf für eine neue Verfassung vor. Front zur Eroberung Syriens Man wolle Syrien nichts vorschreiben, („Jabhat al-Fatih al-Sham“) nennt und der „Armee zur Eroberung sondern den Verhandlungsprozess beschleunigen, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow. Der von Syrien“ kontrolliert. Anfang Februar waren Kämpfer in Idlib Entwurf sei eine Zusammenstellung der bisher gemachten Vor- in einen blutigen Machtkampf verwickelt, wobei die Nusra-Front schläge von Seiten der syrischen Regierung, der bewaffneten und anderen Gruppen vorwarf, ihre Interessen mit der Teilnahme an der politischen Opposition. Es sei höchste Zeit, statt der Gewehre den Astana-Gesprächen verraten zu haben. Da sich allerdings die Interessen der bewaffneten Gruppen weniger politisch als wirteine Verfassung in die Hand zu nehmen, hieß es in Moskau.

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HERJALLAH: WOHNUNGEN FÜR KÄMPFER UND EVAKUIERTE

BENI ZEID, ALEPPO

HERJALLAH: MÄNNER, DIE DIE WAFFEN NIEDERGELEGT HABEN, WARTEN AUF PRÜFUNG IHRER PAPIERE IM AMNESTIEPROGRAMM.

ALTSTADT VON ALEPPO

Fotos: Karin Leukefeld

schaftlich und militärisch definieren, dürfte es bei den Kämpfen um die Kontrolle von Nachschubwegen (aus der Türkei) gehen, über die Waffen, Munition und humanitäre Hilfe nach Idlib gelangen. Wird der Krieg in Syrien also weitergehen? Zu viele regionale und internationale Akteure sind heute schon in Syrien, vor der Küste und im Luftraum unterwegs. Für sie wird eine politische Lösung erst relevant, wenn sie auf Land und Leute den Einfluss nehmen können, den sie beanspruchen. Der Einfluss wird nicht nur militärisch, sondern auch mittels humanitärer Hilfe genommen. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) leistet humanitäre Hilfe in Syrien zwar auch durch internationale Organisationen wie die UNO oder das Deutsche Rote Kreuz, ansonsten aber in den Gebieten, die von Oppositionskräften kontrolliert werden. Nicht den Menschen von Aleppo wird geholfen, sondern lediglich den „Evakuierten von Aleppo“, hieß es beispielsweise in einer Erklärung des MBZ vom 27. Dezember 2016. Einseitige Hilfe für ausgewählte politische Projekte trägt letztlich zur Spaltung des Landes, nicht zur Versöhnung bei.

MAALULA: WIEDERAUFBAU DES MAR-THEKLA KLOSTERS

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ieße man die SyrerInnen ihren inneren Konflikt unter sich klären, würden die Waffenlieferungen, regionale und internationale Einmischung in Syrien gestoppt, wären die Syrer in der Lage, das Land in einem Jahr zu befrieden, sagte ein UN-Militärbeobachter in Damaskus der Autorin. Mehr als 15.000 Männer, die ihre Waffen niedergelegt haben und lokale Waffenstillstände sprechen dafür, dass die Menschen den Frieden wollen. Das wäre eine gute Basis für einen gemeinsamen Neuanfang.

Wäre Frieden in Syrien gewollt, wäre der Weg einfach. Waffenstillstände könnten den Weg zu Verhandlungen und schließlich zu politischen Veränderungen in Syrien führen. Dafür müsste das Völkerrecht eingehalten werden, wie in der UN-Charta vorgezeichnet. Der souveräne Staat Syrien und seine territoriale Integrität müssten respektiert werden. Die verfeindeten Seiten im Land müssten bei der Suche nach Frieden, nicht für mehr Kämpfe unterstützt werden.

Karin Leukefeld studierte Ethnologie, Islam- und Politikwissenschaften. DIe Autorin und Journalistin ist seit 2000 freie Korrespondentin im Mittleren Osten. 11


FRIEDEN

Frieden vermitteln Medical Peace Work stößt auf zunehmendes Interesse bei MedizinerInnen

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edizinische Friedensarbeit (Medical Peace Work) bedeutet, dass ÄrztInnen und andere Fachkräfte im Gesundheitswesen in verschiedenen Ländern daran arbeiten, medizinisches Friedensengagement zu definieren, die Methoden zu erforschen sowie die Erfahrungen und das Wissen für alle zugänglich machen. Man könnte auch von Friedensmedizin oder „Peace through Health“ sprechen – ein Begriff, der seinen Ursprung an der McMaster-Universität in Hamilton/Kanada hat. IPPNW-Themen sollen wissenschaftlich aufgearbeitet werden, um sie an die Universitäten zu bringen und dort zu verankern. So ist das europäische Bildungsprojekt Medical Peace Work in den letzten zwei Jahren auch fester Bestandteil des Engagements der IPPNW geworden. Mitglieder aus Vorstand und Verein, TeilnehmerInnen des Austauschprogramm famulieren & engagieren sowie der Global Health Summer School haben bereits einen oder mehrere der sieben interaktiven Online-Kurse absolviert, die GesundheitsarbeiterInnen über die Folgen von Krieg und anderen Formen von Gewalt für die Gesundheit von Individuen und Bevölkerungsgruppen

informieren. Oder sie haben die kostenlosen Kurse auf einem Workshop auf unseren IPPNW-Jahrestreffen oder Kongressen kennengelernt. Online-basiert lernen die AnwenderInnen, wie Gesundheitspersonal einen eigenen Beitrag zu Friedensstiftung, Gewaltprävention und Konfliktbearbeitung leisten kann.

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n der dritten von der Europäischen Union geförderten Projektperiode, die Ende letzten Jahres auslief, veröffentlichten die Projektpartner zusätzlich zu den Online-Kursen zwölf Fallstudien und sechs Online-Fallstudien zu den gesundheitlichen Dimensionen von Krieg, Gewalt und bewaffneten Konflikten. IPPNW Deutschland steuerte ein Szenario einer fiktiven Atomexplosion über Berlin bei, das auch als Online-Fallstudie in Bildern umgesetzt wurde. Aus der Perspektive einer Krankenschwester, die eines Morgens aufwacht und in den Nachrichten hört, dass im Zentrum von Berlin eine Atombombe explodiert ist, entscheidet sich der/die AnwenderIn in einer Art Planspiel zwischen verschiedenen Handlungsmöglichkeiten. Lässt er/sie den Jungen mit schweren Hautverbrennungen mit einem Hubschrauber in die nächste Spezialklinik fliegen oder entscheidet er/sie sich, 12

dass der Junge keine Überlebenschance hat und die Behandlung der anderen PatientInnen daher Vorrang haben muss. Auch wenn der/die AnwenderIn am Ende alle Entscheidungen richtig getroffen hat, muss er/sie doch feststellen, dass seine/ ihre medizinische Hilfe nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist. Tausende Menschen sind bei der Explosion gestorben, viele mehr wurden verwundet und traumatisiert. Atomwaffen zerstören zivile Infrastruktur, töten unterschiedslos Männer, Frauen und Kinder und belasten die Umwelt über Generationen durch den radioaktiven Fallout. Die Fallstudien sollen GesundheitsarbeiterInnen dabei unterstützen, sich für die Prävention von Gewalt einzusetzen – von der Mikro-Ebene (z.B. Häusliche Gewalt, Diskriminierung von Flüchtlingen und Folter) bis hin zur Makro-Ebene (z.B. Atomwaffen, Klimawandel, Kriege). Sie zeigen auf, welche konstruktive Rolle ÄrztInnen, Pflegekräfte und andere MitarbeiterInnen des Gesundheitswesens beim Aufbau von Vertrauen, Verständnis, gegenseitig bereichernden Strukturen und einer Kultur des Friedens spielen können. Die Materialien können für Gruppenarbeit und Unterrichtsdiskussionen in universitären


MEDICAL PEACE WORK-WORKSHOP BEIM MEDIZIN UND GEWISSEN-KONGRESS IM OKTOBER 2016 IN NÜRNBERG

und außeruniversitären bzw. schulischen und außerschulischen Bildungseinrichtungen eingesetzt werden. Für Lehrkräfte und TrainerInnen gibt es begleitende Leitfäden.

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ie Fallstudien werden weltweit kostenlos über das Case Centre in Großbritannien vertrieben und wurden von zehn Organisationen aus Norwegen, Deutschland, Italien, Österreich und Großbritanien entwickelt, darunter der deutschen und norwegischen IPPNW und unserer britischen Schwestersektion Medact. Sie richten sich nicht ausschließlich an Gesundheitsfachkräfte, sondern auch an Studierende mit Interesse an Humanitärer Hilfe oder Menschen, die in menschenrechts- oder friedenspolitischen Gesundheitsorganisationen arbeiten. Im letzten Jahr beschäftigten sich zum Beispiel 31 TeilnehmerInnen aus zehn Ländern und fünf Kontinenten im Rahmen der Global Health Summer School mit dem Projekt Medical Peace Work. Neben der Einführung in die medizinische Friedensarbeit stand Medical Peace Work in der Praxis auf dem Programm. Zwei Traumatherapeutinnen aus der Ost- und Westukraine berichteten sehr emotional über ihre jeweilige Arbeit mit kriegstraumatisier-

ten Kindern in Donezk und traumatisierten Soldaten in Kiew. Die zwei Ukrainerinnen, die sich auf einer Fachtagung in Kiew kennengelernt hatten, waren einer Einladung der IPPNW nach Deutschland gefolgt. Der Krieg in der Ostukraine trennt sie, aber über ihre Arbeit mit Traumatisierten haben sie sich behutsam angenähert.

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und 17. März 2017 in Berlin, beim IPPNWJahrestreffen am 29. April in Berlin, beim Europäischen Studierendentreffen im Mai in Prishtina sowie bei der Global Health Summer School im August diesen Jahres geplant. Auch auf dem IPPNW-Weltkongress in York vom 4.-6. September 2017 wird das Europäische Bildungsprojekt präsent sein mit den neuen Materialien.

uch bei der Vorbereitung der Studierenden für das IPPNW-Austausch- Am 18. März 2017 lädt die IPPNW nach programm „famulieren und engagieren“ längerer Pause zudem wieder zu einem gehört die Durchführung eines Medical- Arbeitskreistreffen „Medical Peace Work“ Peace-Work-Onlinekurses inzwischen zum in die IPPNW-Geschäftsstelle in Berlin ein. festen Programm. Entsprechende Work- Es geht darum, sich über die Erfahrungen shops wurden zudem beim IPPNW-Jah- mit der Nutzung der Online-Kurse und der restreffen in Mönchengladbach, auf dem Bildungsmaterialien zur Verbindung von Kongress „Medizin und Gewissen“ und Friedens- und Gesundheitsarbeit auszubeim Studierendentreffen in Hannover tauschen. InteressentInnen sind herzlich angeboten. Auch in der internationalen willkommen. IPPNW fasst das Projekt immer stärker Fuß. So war es beispielsweise Thema beim IPPNW-Western-Balkan-Treffen in Belgrad im Mai letzten Jahres und 2015 beim Medact Forum „Health Through Peace“ in London. In Prishtina im Kosovo organisierAngelika Wilmen te Vorstandsmitglied Katja Goebbels 2016 ist Pressesprecherin und zusammen mit jungen MedizinerInnen und Studierenden zwei Workshops. Weite- Koordinatorin der Öffentlichkeitsre Workshops sind in diesem Jahr auf dem arbeit der deutschen IPPNW. Kongress „Armut und Gesundheit” am 16. 13


FRIEDEN

MenschenrechtlerInnen unter Anklage Der Prozess gegen Prof. Dr. Sebnem Korur Fincanci und kritische JournalistInnen in Istanbul der Kurdenfrage mit den Mitteln der Demokratie einsetzt. Das autoritäre Regime versucht sie systematisch mundtot zu machen und ihre Existenz als BürgerInnen zu vernichten. Mit der Anklage gegen die Vorsitzende der Menschenrechtsstiftung Prof. Sebnem Korur Fincanci wird eine international anerkannte Menschenrechtsorganisation angegriffen, die sich seit über 30 Jahren im Kampf gegen die Folter verdient gemacht hat. Mit der Aufhebung der Immunität der Abgeordneten der HDP und der Festnahme führender Mitglieder, wie etwa des Vorsitzenden Selahattin Demirtas, wird die Partei, die für eine demokratische Lösung der Kurdenfrage steht, vernichtet.

Foto: Türkische Menschenrechtsstiftung TIHV/Twitter

PROZESS GEGEN SEBNEM KORUR FINANCI, EROL ÖNDERUGLU, AHMET NESIN UND INAN KIZILKAYATER

„Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen in der Türkei sind in Gefahr – wir müssen jeden Tag mit neuen Angriffen der Erdogan-Regierung rechnen. Aber wir werden nicht aufgeben. Für uns sind Menschenrechte wie die Luft zum Leben.“

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um Prozess von Sebnem Korur Fincanci, der Vorsitzenden der türkischen Menschenrechtsstiftung (TIHV) und Trägerin des Medical Peace Work Awards, waren auch drei IPPNW-ProzessbeobachterInnen angereist. Die Pathologieprofessorin, die bei zahlreichen Opfern schwerer Menschenrechtsverletzungen Folterspuren nachgewiesen hat, zeichnet sich durch ihre wissenschaftliche Expertise, ihren Mut und ihre Beharrlichkeit aus. Am 11. Januar 2017 hatte sie ihren zweiten Gerichtstermin in Istanbul. Die türkische Staatsanwaltschaft wirft ihr „Propaganda für eine terroristische Organisation“ vor – wegen ihrer Teilnahme an einer Solidaritätsaktion für die pro-kurdische Zeitung Özgür Gündem im Mai 2016. Vor Gericht steht sie zusammen mit dem Journalisten Erol Önderoglu. Der dritte Mitangeklagte Ahmet Nesin befindet sich inzwischen im Ausland. Doch wirklich brisant dürfte für die türkische Regierung der Report über die schweren Menschenrechtsverletzungen in Cizre sein, den eine Ärzte-

delegation der Menschenrechtsstiftung im März und April 2016 unter der Leitung von Fincanci verfasst hatte. Die dort beschriebenen Menschenrechtsverletzungen wurden auch von der Menschenrechtsorganisation Physicians for Human Rights verifiziert und in einem Memorandum der EU-Menschenrechtskommission bestätigt. Doch obwohl alles bekannt ist, was Fincanci und TIHV veröffentlicht haben, sah sich das Gericht in Istanbul zu keiner substanziellen Anklage und Beweisaufnahme befähigt. Der Prozess wurde erneut auf den 21. März 2017 vertagt. Das ist ein politischer Prozess“, kommentiert TIHV-Generalsekretär Metin Bakkalci, „Die Regierung hat uns ins Visier genommen. Dr. Serdar Küni, unser Mitarbeiter in Cizre, ist seit Oktober inhaftiert. Eine Anklage, die beschreibt, warum er in Untersuchungshaft genommen wurde, gibt es nicht. Regierungsnahe Zeitungen schrieben, er habe Terroristen behandelt. Selbst wenn er das getan hätte, ist es doch die Pflicht eines Arztes, alle Menschen ungeachtet ihrer Religion oder ihrer Funktion zu behandeln.“ In einem Gerichtssaal nebenan fand noch ein weiterer Prozess statt – der gegen die Chefredakteure der Zeitung Cumhuriyet und gegen dessen Verleger. Wie auch die wichtigen anderen Prozesse gegen die Opposition, treffen diese Verfahren die intellektuelle Schicht, die sich für die Lösung 14

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ie Zeitung Cumhuriyet ist bekannt für ihre erstklassigen investigativen Recherchen. Mit der Festnahme des Journalisten Ahmet Sik wird auch das Wissen darüber vernichtet, wie Präsident Erdogan über Jahrzehnte mit dem Prediger Fetullah Gülen und seinen Schulen zusammengearbeitet hat und wie man sich gegenseitig Positionen und Pfründe zuschanzte. Mit dem Prozess gegen die Romanautorin Asli Erdogan soll die gesamte Intelligenz getroffen werden, so wie schon auch die Existenz von tausenden und zehntausenden von Universitätsangehörigen, LehrerInnen, BeamtInnen, RichterInnen durch die Regierung Erdogan vernichtet wurde. Angesichts dieser Vernichtungspolitik gegen die Intelligenz, die die Lösung der Kurdenfrage im Rahmen von demokratischen Prozessen vertritt, ist es überfällig, dass die Bundesregierung und die EU-Staaten handeln. Die Flüchtlingsproblematik darf nicht mehr als als Begründung für Deals mit der Erdogan-Regierung herhalten. Der Weg in die Diktatur, den die Türkei geht, schadet auch Europa. Europa muss den MenschenrechtsverteidigerInnen in der Türkei Rückendeckung geben.

Angelika Claußen ist europäische Vizepräsidentin der IPPNW.


ATOMWAFFEN

Deutschland boykottiert ein Atomwaffenverbot Die Bundesregiertung lehnt es ab, in New York an den Verhandlungen teilzunehmen

Grafik: ICAN

Die Bundesregierung wird sich nicht an den internationalen Verhandlungen über ein Atomwaffenverbot beteiligen. Das erklärte das Außenministerium Mitte Februar 2017 in einem Schreiben an mehrere Friedensorganisationen, darunter die IPPNW und ICAN Deutschland. Bereits im Dezember letzten Jahres hatte die Mehrheit der UN-Staaten entschieden, dass in diesem Jahr Verhandlungen für ein weltweites Verbot von Atomwaffen stattfinden werden.

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rotz der Gegenstimmen von Deutschland und weiteren NATO-Mitgliedern beginnen am 27. März 2017 in New York die Verhandlungen unter Mitwirkung von geschätzten 130 Staaten. Die Niederlande enhielten sich als einziges NATO-Mitglied und nehmen wohl auch an den Verhandlungen teil. Doch die meisten Atomwaffenstaaten verweigerten die Teilnahme. Die Ausnahme bilden derzeit China und Indien, die zumindest Interesse an der Verhandlung des Verbots bekundet haben. Die Bundesregierung begründet ihren Boykott der Verhandlungen mit dem Argument, der Vertrag sei wirkungslos, wenn die großen Atommächte sich nicht beteiligten. Allerdings wäre der Verbotsvertrag auch ohne eine Beteiligung der Atomwaffenstaaten ein sinnvoller Schritt. So dürften bei einer Unterzeichnung Deutschlands keine atomaren Waffen mehr im eigenen Land gelagert werden. Die Regierung befürchtete eine Schwächung des nuklearen Nichtverbreitungsvertrages (NNV) und der mit ihm verbundenen Kontrollregime zur Verhinderung nuklearer Proliferation. Umso wichtiger wäre dann allerdings die Beteiligung Deutschlands an den Verhandlungen, um sich so für eine Kompatibilität beider Abkommen einzusetzen. Mit dem Boykott verliert die Regierung ihre abrüstungspolitischen Glaubwürdigkeit, denn offiziell strebt Deutschland nach einer atomwaffenfreien Welt. Diese wird es aber nicht geben, wenn weiter-

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hin diejenigen Länder unterstützt werden, die Atomwaffen als Drohmittel und Machtdemonstration einsetzen, statt sich an den Verbotsverhandlungen zu beteiligen. Indem es die Sicherheitsbedürfnisse der Nichtatomwaffenstaaten ignoriert, widerspricht Deutschland seinem Selbstverständnis als Förderer des Völkerrechts und des Multilateralismus. Außerdem verpasst Deutschland durch den Boykott der Verhandlungen die Chance, diesen Vertrag aktiv mitzugestalten. Denn wenn das Abkommen Formulierungen enthält, denen die Regierung nicht zustimmen kann oder will, wird ein späteres Unterzeichnen erschwert.

ie Aufnahme von Verbotsverhandlungen ist ein großer Erfolg für die IPPNW, die Friedensbewegung und die deutsche Bevölkerung. Der neue Außenminister Sigmar Gabriel hätte dieses Jahr die historische Chance, auf die drohende Gefahr, die von Atomwaffen ausgeht, zu reagieren. Wissenschaftler des „Bulletin of the Atomic Scientists“ haben nach der Wahl von Donald Trump die Zeiger der Weltuntergangsuhr (Doomsday Clock) auf zweieinhalb Minuten vor zwölf vorgestellt. Begründung: Die Gefahr eines Weltuntergangs sei gestiegen, zum einen aufgrund des Klimawandels und zum anderen aufgrund der Gefahr durch Atomwaffen.

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Eine Aktion und weitere Infos zum Verbotsvertrag finden Sie unter: http://nuclearban.de

uch innenpolitisch wird diese Entscheidung Konsequenzen haben. Laut einer von der IPPNW in Auftrag gegebenen ForsaUmfrage sind 93 Prozent der Deutschen für ein Atomwaffenverbot. Gerade im Wahljahr lässt das die Bundesregierung undemokratisch und unglaubwürdig erscheinen. Derzeit laufen bereits die Vorbereitungen für die Verbotsverhandlungen. Nach Organisationstreffen mit VertreterInnen aus über 100 Staaten wurde Elayne Whyte aus Costa Rica als Präsidentin bestimmt und eine Tagesordnung festgelegt. Ein erster Vertragstext könnte im April vorliegen, ab Juni soll darüber verhandelt werden. 15

Laura Winkelmann studiert Soziologie und arbeitet als Praktikantin in der IPPNWGeschäftsstelle.


FLUCHT

Afghanistan – Nicht sicher Die Schicksale abgeschobener Geflüchteter gelangen ans Licht der Öffentlichkeit

11. FEBRUAR 2017: PROTEST AM BRANDENBURGER TOR

Immer härtere Einsätze gegen Geflüchtete: Im Gegensatz zur Bundesregierung erkennt der aktuelle UNHCR-Bericht in Afghanistan nirgends die Bedingungen für eine „Rückkehr in Würde und Sicherheit“. Ein Bündnis von gesellschaftlichen Kräften leistet Widerstand gegen die Sammelabschiebungen.

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it drei Charterflügen wurden seit Dezember 2016 erst 34, dann 26, zuletzt 18 afghanische Geflüchtete nach Kabul deportiert. Die abnehmende Zahl der eigentlich auf 50 pro Flug geplanten unfreiwilligen Passagiere ist Ausdruck zunehmenden Widerstands gegen dieses staatliche Unrecht: Fünf Bundesländer verweigern sich dem Bundesinnenminister. Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung Kofler, der ehemalige Verfassungsrichter Papier und die großen Kirchen haben sich klar gegen Abschiebungen nach Afghanistan positioniert. Bei einem bundesweiten Aktionstag gingen in über 20 Städten tausende von Menschen gegen die brutale Politik der Bundesregierung auf die Straße. Die Petition „Keine Abschiebungen nach Afghanistan!“ von IPPNW-Mitglied Dr. Thomas Nowotny haben über 64.000 Menschen unterzeichnet.

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erichte von kranken Geflüchteten, die unter katastrophalen Bedingungen in das von Krieg zerfressenes Afghanistan

abgeschoben wurden, mehren sich. De Maizière schrieb Anfang des Jahres seinen Länderkollegen, eine psychosoziale Betreuung für alle „Rückführungsaktionen“ nach Afghanistan sei sichergestellt. Seine Sprecherin wiederum reagierte überrascht auf die Frage, ob man die weitere Versorgung der Abgeschobenen beobachte. Dafür fehlten der Bundesregierung „sowohl die Rechtsgrundlage als auch das Interesse“. Die Menschen in Deutschland, aus deren Mitte die Deportierten gerissen wurden, haben dieses Interesse, und sie haben (mit Glück) auch Handykontakt. Der Passauer Pfarrer Klaus-Peter Metzger war Betreuer des schwer traumatisierten und auf Medikamente angewiesenen Shams Ahmadi, der am 23. Januar nach Kabul deportiert wurde. Er schreibt: „Die Geschichte von Shams ... zeigt, dass die Beteuerungen der deutschen Behörden nicht das Papier wert sind, auf dem sie gedruckt werden“: »» Es hieß, Shams habe seine Familie vor Ort – Falsch! Der Vater wurde vor Jahren ermordet, die Mutter und die Brüder sind längst in den Iran geflohen... 16

»» Es hieß, Shams werde reichlich mit Medikamenten versorgt und bekomme Adressen, wo er medizinisch betreut werden könne – Falsch! Zwei Wochen nach seiner Ankunft in Kabul hat er endlich eine Apotheke gefunden, wo er wenigstens einen Teil der dringend erforderlichen Medikamente kaufen konnte. Das Geld dafür hat er von Passauer Spendern erhalten! »» Es hieß, Shams bekomme Adressen, wo er sich hinwenden könne und wo man ihm fürs erste weiterhelfen würde. – Falsch! Nichts hat er bekommen! Vier Wochen nach seiner Abschiebung ist er noch immer obdachlos! Oft bleibt ihm nichts als eine LKW-Pritsche zum Übernachten. »» Es heißt, es gebe sichere Gebiete in Afghanistan – Falsch! Der neueste UNHCRBericht widerspricht dem eindeutig! Und einer der mit Shams Abgeschobenen wurde in Kabul vor zwei Wochen durch einen Bombenanschlag verletzt. Shams selber traut sich kaum auf die Straße – und muss doch auf der Straße leben.“

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inen schwer depressiven Mann aus dem Flugzeug vom 23. Januar 2016 wollten die afghanischen Behörden krankheitsbedingt nicht einreisen lassen: Er wurde nach Deutschland in die Abschiebehaft. zurückgebracht. Trotz aller Bemühungen versuchten die baden-württembergischen Behörden, ihn am 22. Februar erneut zu deportieren. Er war schon auf dem Weg zum Flughafen München, als das Bundesverfassungsgericht diesen Krieg gegen einen psychisch Kranken stoppte. Der Arbeitskreis Flucht und Asyl ruft dazu auf, sich schützend vor die afghanischen PatientInnen zu stellen und sich an Protestaktionen zu beteiligen. Alle bleiben hier! Petition: www.change.org/nodeportation

Thomas Nowotny ist IPPNW-Mitglied und aktiv im Arbeitskreis Flucht & Asyl.


FLUCHT

Wie geht’s? Gut? Ein Nachruf auf Bashir Zakaryau

In einer kleinen Wohnung in Berlin liegt ein mächtiger Mann auf dem Boden. Er ist mit Tüchern zugedeckt. Bashir Zakaryau ist tot. Die Unruhen in Nigeria, bei denen sein Vater verbrannt wurde, hat er überlebt. Den Krieg in Libyen, bei dem auf offener Straße Jagd auf Schwarzafrikaner gemacht wurde, hat er überlebt. Bei der Kenterung des Boots, auf das er von Gaddafi-Leuten gezwungen wurde, ertrinken seine fünfjährige Tochter und sein dreijähriger Sohn, die unter Deck waren. Bashir hält sich an einem Seil fest und überlebt den Tod seiner Kinder.

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o kommt er nach Lampedusa, dann aufs italienische Festland. Es gibt keine Arbeit. Er kommt nach Deutschland. Dort gilt für ihn das Dublin-II-Arbeitsverbot. Bashir, der erst eine Schlosserei hatte in Nigeria, und dann in Libyen zum zweiten Mal ganz von vorn anfing, weiß, was es heißt, nicht arbeiten zu dürfen. Nicht arbeiten zu dürfen heißt, nicht ankommen zu können. Nicht arbeiten zu dürfen, heißt, in die eigene Erinnerung eingesperrt zu bleiben. Nicht arbeiten zu können heißt, die eigene Hoffnung zum Feind zu haben. Als afrikanische Flüchtlinge 2012 auf dem Berliner Oranienplatz ein Protestcamp errichten, um auf die Unmenschlichkeit der europäischen Asylpolitik aufmerksam zu machen, beginnt Bashir, für seine Leute zu sprechen. Niemand, der ihn hat sprechen hören, wird ihn je vergessen. Er ist laut, er ist leidenschaftlich, er versteht, dass es großer Kraft bedarf, um Dinge in Bewegung zu setzen, aber dass Bewegung auch bedeutet, miteinander zu agieren und nicht gegeneinander.

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r versteht, dass sich durch die DublinGesetze die Fronten verhärten. Er ist eine gewaltige Erscheinung, aber er verabscheut Gewalt. „Ich kann kein Blut mehr sehen“, sagt er mir in einem der Gespräche, die ich für mein letztes Buch mit ihm führe. Er will den Ausgleich, die Gleichberechtigung, will die Unsichtbaren, die aus dem öffentlichen Bewusstsein Verdrängten, sichtbar machen. Es gibt Demonstrationen, es gibt Meetings, Interviews. Der Senat aber will keinen Präzedenzfall. Bashir, Staatsmann ohne Staat, wird vom Berliner Innensenator kein einziges Mal empfangen.

Foto: Oliver Feldhaus/Umbruch Bildarchiv

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ashir überlebt zwei Jahre im Zelt auf dem Oranienplatz. Zwei Sommer, zwei Winter. Für die jungen Männer, deren Väter erschlagen wurden, ist er ein Vater. Für die Schweigsamen, die unter den Schrecken der Flucht Verstummten, ist er die Stimme. Und denen, die nur an ihr eigenes Durchkommen denken, bringt er bei, sich als Mitglied einer Gemeinschaft zu begreifen. Als der Senat schließlich eine sogenannte „Vereinbarung“ vorschlägt und den Männern vage Versprechungen macht, unterschreibt Bashir im Namen aller. Die eigene Hoffnung zum Feind zu haben, ist schwer. Die Gruppe wird auf drei Heime verteilt und besteht plötzlich aus lauter „Einzel17

fällen“, die geprüft werden sollen. „Wie geht’s? Gut?“ Bashir hofft. Bashir lacht. Bashir, der Hüne, trägt ein T-Shirt, auf das ist ein Gerippe gedruckt. So ein dickes Gerippe gab es noch nie. Bashir verwandelt jeden, den er umarmt, in ein Kind. Bashir erklärt mir die fünf Säulen des Islam und sagt: „Wer tötet, ist kein Muslim. Nicht einmal das kleinste Tier darfst du töten, denn es kann sein, dass auch so ein Tier zu Haus Kinder hat, die warten.“ Bashir organisiert gemeinnützige Arbeit, damit die jungen Männer, die Jahre ihres Lebens mit Warten verbringen, irgend etwas zu tun zu haben. Sie harken Laub. Sie machen Kindergärten sauber. Er ist es,


FLUCHT

TRAUER UM BASHIR ZACHARYAU AUF DEM LANDSCHAFTSFRIEDHOF GATOW IN BERLIN, NOVEMBER 2016

Foto: Oliver Feldhaus/Umbruch Bildarchiv

gesetzt.“ Er regt sich auf und muss das Heim räumen. Seine Habe: zwei Koffer und ein paar Säcke mit Sachen. Das Beatmungsgerät für die Nächte. Eine Plastiktüte mit Medikamenten. Ein Ordner mit den Briefen von Ämtern.

aufnehmen. Nicht nacheinander, sondern alle auf einmal. Auch die Koffer der Freunde, die in Italien sind, um ihre Papiere zu erneuern, stapeln sich in seiner Wohnung. Er kann nicht Nein sagen, erkennen die engelgleichen Vermieter und lächeln.

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ashir bekommt aufgrund seiner Herzkrankheit eine „Duldung“ und zieht um in ein anderes Heim. Wenn seine Mutter ihn am Telefon fragt, wie es ihm geht, sagt er: „Gut.“ Manchmal hebt er das Telefon nicht mehr ab. Er sagt: „Meine Mutter ist sehr krank. Ich würde sie gern noch einmal sehen, bevor sie stirbt.“ Aber die Ärzte sagen ihm, er überstünde keinen Flug.

Das nächste Quartier: ein abgewracktes Berliner Hinterhaus, das auch als „Heim“ geführt wird. Bashir, Anfang 40, ehemaliger Unternehmer, ehemaliger Familienvater, der politische Kopf der Oranienplatzgruppe, darf dort keinen Besuch über Nacht bekommen. Keinen Freund, keine Freundin. Es gibt eine Sperrzeit von abends um zehn bis morgens um elf Uhr. Als eines Morgens um sechs Uhr kontrolliert wird, findet der Vermieter einen der obdachlosen Freunde von Bashir im Schrank versteckt, einen anderen unter dem Bett, einen dritten im Bad.

or wenigen Wochen hat er zu mir gesagt: Ich hätte so gern noch einmal Kinder. Jetzt liegt er zugedeckt in seiner Wohnung. Eine Lösung für seine Leute ist nach wie vor nicht in Sicht. Nur für ihn ist jetzt die lange Schlacht, in der er für seine Leute gestritten hat, zuende. Bashir Zakaryau hat das Überleben schließlich doch nicht überlebt. Aber es war nicht er, der aufgegeben hat, nur sein Herz.

Die „Einzelfälle“ werden bis auf wenige Ausnahmen für Kranke von der Ausländerbehörde gesetzestreu nach Italien zurückgewiesen. Bashir darf seine obdachlos gewordenen Freunde nicht bei sich aufnehmen. Es ruft der an, und der, und der. Bashir sagt: „It kills me. Ich bin im Heim und meine Brüder werden auf die Straße

Bashir muss auch dieses Quartier räumen. Es weihnachtet sehr. Und genau da fällt doch noch ein Wohnungsangebot vom Himmel. Anderthalb Zimmer. Die erste eigene Wohnung nach fünf Jahren Flucht. In den nächsten Monaten wird Bashir dort zwei Brüder, dazu eine Frau mit zwei kleinen Kindern und einen jungen Studenten

Jenny Erpenbeck ist Schriftstellerin und hat die LampedusaFlüchtlinge vom Oranienplatz in ihrem Roman „Gehen, ging, gegangen“ porträtiert.

der all diese aus der Gesellschaft ausgeschlossenen Menschen wieder und wieder aufrichtet, ermutigt, beruhigt, tröstet. Indessen wird das Infozelt am Oranienplatz, der alte Treffpunkt, zum zweiten Mal von Unbekannten in Brand gesetzt. „Hallo, wie geht’s? Gut?“ Immer wenn der Schlosser Bashir irgendwo ein Geländer, ein Tor, ein Gitter sieht, sagt er: „This was my work. I can make this. This was my work.“

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Fotos: NFFA

Preisträger tragen einen Preis… Der Nuclear-Free Future Award wurde in Johannesburg vergeben

… aber wir wollen, dass der Preis die Menschen, die für uns alle an der Beendigung des nuklearen Zeitalters arbeiten, auch ein Stück weit trägt. Wir wollen, dass sie von einem internationalen Netz der Solidarität getragen werden. Und wir wollen ihnen beim Tragen helfen.

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it dem Abraum, der in gewaltigen, honiggelben Hügelformationen – Tailings – rund um Johannesburg surreale Impressionen schafft, kam und kommt nicht nur das begehrte Edelmetall Gold zu Tage, sondern ein Mix aus Schwermetallen. Darunter Uran. Gerade wurde dazu eine profunde Studie veröffentlicht: „The Cost of Gold“ von der Internationalen Menschenrechtsklinik der Harvard Law School. „Earthlife Africa“, Gastgeber und NFFA-Partner bei der Preisverleihung 2016 in Johannesburg, kümmert sich unter anderem um die Locals, die in Schatten der Tailings leben. Es gibt Schulungs-Seminare, Öffentlichkeitsarbeit, Information über medizinische Versorgung, Ernährungs-Tipps und jede Menge Empowerment. Einer, der regelmäßig im Earthlife-Büro auftaucht – sei es um zu helfen oder um sich helfen zu lassen – ist Alfred Sepepe, die lebende Legende des Anti-Nuke-Struggle in Südafrika. Alfred Sepepe (Kategorie „Besondere Anerkennung“), dem seine berufliche Tätigkeit in Südafrikas vormaliger PelindabaAtombombenfabrik eine Hodenkrebs-Erkrankung eintrug, wurde in den letzten Jahren zum Hoffnungsträger all jener, die durch Südafrikas Atomindustrie gesundheitliche Schäden erlitten haben und um Entschädigung kämpfen. Sepepe musste erkennen, dass die Opfer alleingelassen werden. Weder Regierung noch andere Politiker, weder Gewerkschaften noch lokal ansässige Anwälte fanden sich bereit, aufzuklären, geschweige denn zu helfen. Und so wurde Sepepe zum Vollzeit-EinMann-Widerstand und gleichzeitig zum Hoffnungsträger für die Hinterbliebenen derer, die an Strahlenschäden oder Hoffnungslosigkeit verstarben.

Auf Beweise hat sich Bruno Chareyron (Kategorie „Aufklärung“) spezialisiert. Als Student der Ingenieurswissenschaften und Nuklearphysik erlebte er nach dem Supergau von Tschernobyl, wie die französische Regierung mit falschen oder gefälschten Messdaten operierte. Achtundzwanzigjährig gründete er 1993 sein eigenes Messlabor CHRIIRAD und lehrte den französischen Atomkonzern AREVA das Fürchten: einfach, indem er dessen Rauchschleier der Desinformation mit sauberen Messergebnissen durchstieß. Bruno ermittelte in Fukushima, entdeckte strahlenden Bauschutt, strahlende Kinderspielplätze, strahlende Tiefgaragen und SupermarktParkplätze. Und er durchkreuzte die Beschwichtigungs-Strategie der Betreiber von La Hague mit seiner Waffe: dem Geigerzähler. Sein strategisches Ziel ist es, den von Strahlung bedrohten Menschen weltweit einfache Messgeräte in die Hände zu drücken und direkten Zugang zu Instituten zu schaffen, die analysieren und auswerten. Analysieren und auswerten war auch Teil der Fleißarbeit, die Susan Snyder, (Kategorie „Besondere Anerkennung“) absolvieren musste, ehe ihr bahnbrechendes Projekt „Don’t bank on the bomb“ Gestalt annehmen konnte. Die Idee ist so einfach wie genial: Jeder, der für atomare Totalabrüstung ist, tätigt ab sofort keinerlei Geschäfte mehr mit Banken, die Atom-Deals machen. Keine Konten, keine Darlehen. Man findet in der „Don’t bank“-Studie etliche Banken unter der Überschrift „Hall of Fame“ gelistet: Das sind solche, die absolut und garantiert ohne Geld-Zu- und -Abflüsse in die Vernichtungsindustrie agieren. Und dann findet man die Banken der Kategorie „Hall of Shame“. 19

Samson Tsegaye Lemma (Kategorie „Lösungen“) begann 2002 mit einer kleinen Summe privaten Geldes, Äthiopien ein Licht aufzustecken. Er brachte simple Photovoltaik in die ländlichen „Tuklus“, in die äthiopischen Einzimmer-Hütten. Die Effekte seiner Arbeit schildert Samson so: „Für die Menschen im Dorf ist um 18.30 Uhr spätestens der Arbeitstag zu Ende. Dann wird es dunkel. Nur 5 % der ländlichen Bevölkerung haben Zugang zu Elektrizität – und 85 % der 90 Millionen Äthiopier leben auf dem Land. Solarlicht schafft ökonomiche Verbesserung. Läden können noch in den frühen Nachtstunden offen haben. Dann, wenn die Menschen, die tagsüber hart auf den Feldern arbeiten, Zeit haben.“ Arif Ali Cangi (Kategorie „Widerstand“) 1964 in der türkischen Provinz Mersin geboren, war schon 1995, am Anfang seiner juristischen Laufbahn, als Vorstandsmitglied einer Anwaltsvereinigung mit Menschenrechts-Angelegenheiten, Schutz gegen Folter sowie Rechten von Frauen, Kindern und Gefangenen befasst. Seit zwanzig Jahren gehören neben diesem Aufgabenkreis auch der Widerstand gegen Gesundheitsgefährdung und Umweltzerstörung zu Arif Ali Cangis Obliegenheiten. Und dass er es war, der 2012 im Zusammenhang mit ille-galer Atommülllagerung bei Gaziemir die potenziellen Opfer gegen die verantwortliche Firma vertrat, liegt fast schon in der Logik seines Lebenslaufes. Arif Ali Cangi ist das, was man als Jurist eigentlich nicht sein kann: Er ist Generalist. Zuständig fürs Ganze. Er ist politischer Bewusstseinsbilder, Aktivist, gewaltloser Vorkämpfer für Gerechtigkeit. Mehr dazu auf Seite 34.

Claus-Peter Lieckfeld ist Autor und Journalist und unterstützt den Nuclear Free Future Award.


ATOMENERGIE

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Foto: Š Michael Jungblut / laif

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ie von einem anderen Stern: Mit GanzkĂśrperschutz zerlegt dieser Arbeiter kontaminierte Anlagen im stillgelegten Atomkraftwerk Greifswald.


Weitere Fotos von Michael Jungblut finden Sie auf seiner Webseite: http://www.michaeljungblut.de

Dekontaminierung mit Hochdruck Demontage des AKW Lubmin in Greifswald

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Fotos: © Michael Jungblut / laif

it Bandsägen und Schweißgeräten zerlegen die Arbeiter tausende Tonnen von Blech, Stahl und Stahlbeton in handliche Einzelteile, damit diese dekontaminiert, „freigemessen“ und auf der Deponie entsorgt werden können. Die ehemaligen DDR-Atomkraftwerke Lubmin (Greifswald) und Rheinsberg sollen nach dem Willen der bundeseigenen EWN aus Kostengründen bis 2028 abgerissen werden, anstatt wie vorher geplant 50 Jahre lang abzuklingen. Damit erhöht sich auch das Gesundheitsrisiko für die Abrissarbeiter. Beim AKW Rheinsberg wurde 2016 bekannt, dass die Wände und vor allem die vielen Leitungen und Rohre in den Wänden viel stärker belastet sind als angenommen. Um an die stark verstrahlten Rohre zu gelangen, müssen die Arbeiter die Wände des AKW Schicht für Schicht abstemmen,“ bis die Strahlung darunter so gering ist, dass der Rest auf eine Deponie gefahren werden kann. Die steigenden Kostenschätzungen für den Abbau beider AKWs beliefen sich zuletzt auf 6,6 Milliarden Euro. Michael Jungblut (Berlin) arbeitet weltweit als Fotograf für Printmedien und andere Unternehmen. Die Aufnahmen von den Arbeitern in Lubmin entstanden 2012 und 2015.

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ATOMMÜLL

Freigabe radioaktiven Materials beim AKW-Abriss Eine gesundheitliche Katastrophe mit Ansage

Bei weltweit circa 440 betriebenen Atomkraftwerken werden allein in Europa bis zum Jahr 2030 über 160 AKWs abgeschaltet sein. Zurück bleibt eine atomare (Müll-) Erbschaft, die jahrelang von der Politik bagatellisiert wurde. Neben der Frage der Endlagerung steht der Umgang mit dem Abriss der stillgelegten Meiler im Vordergrund. Hierbei fallen neben stark strahlenden Materialien auch mehrere Millionen Tonnen an Baumaterialien wie Stahl und Beton allein in Deutschland an, die geringfügig radioaktiv kontaminiert sind. Werden dabei bestimmte Grenzwerte unterschritten, dann sollen diese Abbruch-Materialien überwiegend in den normalen Wirtschaftskreislauf (Recycling) eingespeist werden. Aus ärztlichen Bedenken heraus wendet sich die IPPNW gegen dieses sogenannte „Freigabe“-Verfahren. Der Umstand, dass im Rahmen der Freigabe z.B. Stahl aus Atomkraftwerken künftig in Zahnspangen, Bratpfannen oder Heizkörpern enthalten sein könnte, wird von der Bevölkerung nicht akzeptiert.

AKW-Stilllegung: Das Ausmaß des Problems in Deutschland In Deutschland befinden sich 25 Atomkraftwerke in verschiedenen Phasen der Stilllegung. In den nächsten Jahren kommen acht weitere Atommeiler hinzu. Darüber hinaus wurden oder werden in Deutschland mehr als 30 Forschungsreaktoren und über zehn Einrichtungen der nuklearen Ver- und Entsorgung stillgelegt. Für Deutschland sind offiziell ca. 29,6 Milliarden Euro an Gesamtkosten für die

unser Wissen in unserem Alltagsleben auftauchen. Es könnte uns beispielsweise in Kochtöpfen, Heizkörpern, Zahnspangen, auf Kinderspielplätzen, im Straßenbelag oder auf Schotterwegen begegnen.

Stilllegung prognostiziert – eine eher grobe Unterschätzung angesichts der tatsächlichen Kosten von ca. 1,5 Milliarden Euro allein für den Rückbau des AKW Obrigheim.

„Freigemessen“ bedeutet eben nicht, dass diese Stoffe „frei von Radioaktivität“ sind – man betrachtet diese Materialien lediglich nicht mehr als radioaktive Stoffe im Sinne des Atomgesetzes: Sie sind dann „frei von jeder öffentlichen Überwachung“ und ihr weiterer Verbleib kann später nicht mehr rückverfolgt werden.

Freigabe radioaktiven Materials

Das Zehn-Mikrosievert-Konzept

Die Radioaktivität ist in einem Atomkraftwerk sehr unterschiedlich verteilt. Nach Angaben von EnBW summieren sich in Neckarwestheim 1 die endlagerpflichtigen „aktivierten Massen“ wie der Reaktordruckbehälter und Teile des biologischen Schildes, aber auch Schleusen oder kontaminierte Rohrleitungen auf ungefähr 3.100 Tonnen. Den größten Teil (etwa 99 % des Gesamtabfalls) machen laut EnBW mit 327.500 Tonnen die sogenannten „kalten“ Gebäudemassen aus. Dabei handelt es sich sowohl um unbelastete als auch um gering kontaminierte Materialien.

Die Freigabewerte der Abbruchmaterialien wurden mit dem Ziel einer Dosisbelastung von maximal zehn Mikrosievert pro Einzelperson und pro Jahr festgelegt (vgl. Paragraf 29 der Strahlenschutzverordnung).

Zu einem kleineren Teil sollen diese auf Hausmülldeponien gelagert oder in Verbrennungsanlagen verfeuert werden. Der überwiegende Teil der gering kontaminierten Atomkraftwerks-Abfälle soll jedoch, wenn bestimmte Grenzwerte unterschritten werden, uneingeschränkt als normaler Reststoff verwertet werden. So könnte verstrahltes Material unerkannt und ohne 22

Für die staatlichen Strahlenschützer handelt es sich hierbei um eine unbedeutende zusätzliche Dosis. Sie verweisen dabei auf die „natürliche“ Strahlenexposition, die in Deutschland ca. 2.400 Mikrosievert (2,4 mSv) pro Person und Jahr beträgt. Angesichts anderer Risiken und Noxen, denen der Mensch in einer zivilisierten oder technisierten Gesellschaft ausgesetzt sei, komme es auf diese zusätzliche Strahlendosis von zehn Mikrosievert nicht an. Bei dieser Argumentation wird suggeriert, Hintergrundstrahlung sei ungefährlich. Es ist allerdings durch zahlreiche epidemiologische Studien belegt, dass schon die Hintergrundstrahlung nachweislich zu Gesundheitsschäden führt (vgl. „Ulmer


Papier“ der IPPNW, 2014). Eine Schwelle, unterhalb derer Strahlung ungefährlich wäre, existiert nicht. Das Argument, eine Strahlenbelastung bewege sich „nur“ im Dosisbereich der „natürlichen“ Hintergrundstrahlung und sei deshalb unbedenklich, ist also irreführend. Ebenso unlauter sind in diesem Zusammenhang die Versuche, durch hinkende Vergleiche, z.B. mit uranhaltigen Phosphatdüngern oder Geschirrspülmitteln, die gesundheitliche Gefährdung dieses Atommülls zu bagatellisieren. Jede Strahlenquelle stellt eine gesundheitliche Gefährdung für den Menschen dar und sollte vermieden werden. Dem Zehn-Mikrosievert-Konzept liegen veraltete, 40 Jahre alte Risikoabschätzungen (ICRP 26/1977) zugrunde. Insgesamt müssen wir feststellen, dass allein nach den offiziell zugänglichen Berechnungen das Strahlenrisiko etwa um den Faktor 13 bzw. 24 unterschätzt wird, wenn man entsprechende aktuelle Studien (z.B. BEIR VII 2013 bzw. IPPNW 2014) zugrundelegt. In diesem Zusammenhang haben wir zudem auf systematische Fehler in den zugänglichen Rechenmodellen hingewiesen und diese kritisiert. Als Ergebnis warnt die IPPNW vor einer unkontrollierten Freigabe des geringkontaminierten Atommülls nach dem Zehn-Mikrosievert-Konzept.

Alternative Optionen Die IPPNW hat deshalb bei der Beratungsfirma Intac GmbH eine gutachterliche „Stellungnahme zu einem Verbleib von gering radioaktiven Materialien aus

der Stilllegung von Atomkraftwerken an deren Standorten“ in Auftrag gegeben. Als deren Ergebnis kommen zwei realisierbare Umgangs-Optionen in Betracht, die dem Minimierungsgebot der Strahlenschutzverordnung gerecht werden:

Die Optionen „Stehenlassen nach Entkernung“ und „Vollständiger Rückbau mit Bunker“ Bei der Option „Stehenlassen nach Entkernung“ werden die hoch, mittel und schwach radioaktiven Komponenten aus dem Atomkraftwerk entfernt. Danach erfolgt die Einlagerung der gering radioaktiven Komponenten in stehengelassenen, stabilen AKW-Restgebäuden am Standort. Für die Option „Vollständiger Rückbau mit Bunker“ soll auf dem Gelände des Atomkraftwerks ein neues robustes Bauwerk („Bunker“) errichtet werden. Dort sollen alle bei Stilllegung und vollständigem Abbau des AKWs anfallenden gering radioaktiven Materialien gelagert werden. Innerhalb der IAEA wurde diese Stilllegungsstrategie als „On-Site Transfer and Disposal“ diskutiert. Mit den beiden genannten Optionen kann die Freigabe gering radioaktiver AbrissMaterialien in den konventionellen Stoffkreislauf vermieden werden. Das heißt, es würde keine unkontrollierte Verbreitung von Radionukliden in die Umwelt stattfinden und es gäbe neben den Atomkraftwerksstandorten keine weiteren Standorte (Deponien, Verbrennungsanlagen, Metallschmelzen, Schrotthändler), an denen mit gering radioaktiven Materialien umgegangen werden müsste.

23

Die IPPNW fordert ein Umdenken Mittlerweile hat sich die Vertreterversammlung der Landesärztekammer Baden-Württemberg in einer Entschließung gegen diese Freigabepraxis gewandt und in unserem Sinne gefordert, auch den gering kontaminierten Müll kontrolliert am Standort zu lagern. In Pressemitteilungen, in Briefen an die Ministerien, aber auch in direkten Gesprächen mit einzelnen Abgeordneten sowie mit der Atomaufsicht in Baden-Württemberg sind IPPNW-ÄrztInnen für die Verhinderung der Freigabe eingetreten. Mit der im Dezember 2016 erfolgten Novellierung des Atomgesetzes konnten sich die Atomkonzerne aus der Verantwortung für den Atommüll freikaufen – gegen eine vergleichsweise geringe finanzielle Beteiligung. Die Kosten für die von uns geforderte Lagerung auch des Freigabe-Mülls müssten nun Bund und Länder alleine bezahlen, nicht mehr die AKW-Betreiber – Ausdruck der in Gesetz gegossenen Privilegierung der Atomindustrie. Ein gesellschaftliches und politisches Umdenken ist notwendig, wenn wir eine nicht abschätzbare zusätzliche Strahlenbelastung der Bevölkerung verhindern wollen. Quellen und Tipps zum Weiterlesen unter: www.ippnw.de/bit/freigabe_AKWmaterial

Jörg Schmid ist Arzt und Mitglied des Arbeitskreises Atomenergie.

Foto: Wikipedia

RÜCKBAU DES AKW STADE: ZU ERWARTEN SIND MEHR ALS 3.000 TONNEN ATOMMÜLL


ATOMMÜLL

Die Zeitpläne für Atomausstieg und Atommüll-Entsorgung Eine schwierige, aber unvermeidliche Diskussion wird uns noch lange beschäftigen

Fukushima und den Beschluss zum Atomausstieg in Deutschland kennt jeder. Doch wie geht es jetzt weiter? Wann ist endlich Schluss mit dem Reaktorbetrieb, was passiert mit den Atomkraftwerken und was wird aus dem Atommüll?

U

nmittelbar nach Beginn der Atomkatastrophe in Fukushima führten in Deutschland Vertreter der Politik und Manager der Energiewirtschaft vertrauliche Gespräche über die Zukunft der Atomenergie. Infolge dieser Gespräche verkündete die Regierung zunächst ein dreimonatiges Atom-Moratorium für die sieben ältesten deutschen Atomkraftwerke sowie für das Atomkraftwerk Krümmel.

Atomausstieg Am 30. Juni 2011 beschloss der Bundestag schließlich in namentlicher Abstimmung mit großer Mehrheit (513 von 620 Stimmen) das „13. Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes“, das die Beendigung der Atomenergienutzung in Deutschland regelt. Für die acht bereits abgeschalteten Anlagen erlosch die Betriebsgenehmigung sofort. Die Betriebszeiten der verbleibenden neun AKWs wurde zeitlich gestaffelt, wobei die letzten Anlagen spätestens Ende

2022 abzuschalten sind. Das Gesetz trat am 6. August 2011 in Kraft. Das Bundesverfassungsgericht entschied im Dezember 2016, dass die 13. Atomgesetz-Novelle im Wesentlichen mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Der beschlossene Atomausstieg hat somit Bestand. Am 27. Juni 2015 wurde das AKW Grafenrheinfeld vom Netz genommen. Die übrigen acht Anlagen sind bis spätestens zu den unten dargestellten Terminen vom Netz zu nehmen. Am längsten dürfen demnach die Druckwasserreaktor-Anlagen vom so genannten Konvoi-Typ (Isar-2, Neckarwestheim-2, Emsland) betrieben werden. Es handelt sich dabei um die vierte Generation von Druckwasserreaktoren in Deutschland, die auch als „Konvoianlagen“ bekannt sind (nicht zu verwechseln mit den internationalen Forschungen an Reaktortypen der Generation IV.)

Atomkraftwerksblöcke

Reaktortyp

befristet bis:

Gundremmingen B Philippsburg-2 Grohnde, Brokdorf Gundremmingen C Isar-2, Neckarwestheim-2, Emsland

SWR-Baureihe 72 Ende 2017 3. DWR-Genration („Vorkonvoi“) Ende 2019 3. DWR-Genration („Vorkonvoi“) Ende 2021 SWR-Baureihe 72 Ende 2021 4. DWR-Generation („Konvoi“) Ende 2022

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Zwei verbleibende Atomfabriken Während der Atomkraftwerksbetrieb in Deutschland demnach wohl bis spätestens 2022 beendet wird, dürfen neben den Forschungsreaktoren zwei Atomfabriken auf ungewisse Zeit weiterbetrieben werden. Im westfälischen Gronau wird Uran angereichert, im niedersächsischen Lingen werden Brennelemente hergestellt. Die beiden Fabriken dienen der Kernbrennstoffversorgung von AKWs in aller Welt.

AKW-Rückbau Nun stellt sich die Frage, was mit den Atomkraftwerken nach ihrer Stilllegung und was mit dem Atommüll geschieht. Nach neuer Gesetzeslage ist der sofortige Rückbau der AKWs als Regelfall vorgeschrieben. Die dabei anfallenden radioaktiven Abfälle werden als Atommüll zu entsorgen sein und daher zunächst an den Atomkraftwerksstandorten in den Zwischenlagern landen. Der weit überwiegende Teil des Abrissmaterials soll aber wegen seiner „geringen“ Radioaktivität „freigegeben“ werden. Diese Materialien können nach aktueller Gesetzlage auf normalen Mülldeponien gelagert und sogar in den normalen Wirtschaftskreislauf eingespeist werden. Die IPPNW hält diese Freigabe für nicht verantwortbar und fordert die Errichtung von Lagerstätten an den Atomkraftwerkstandorten, wo Abrissmaterialien verbleiben sollen.

Dauer-Zwischenlager? In Deutschland befinden sich an 13 Atomkraftwerks-Standorten Zwischenlager, in denen hoch-radioaktive Abfälle („abge-


Fotos: © Giulio Magnifico

DER „ATOMMÜLLREPORT“ GIBT EINEN ÜBERBLICK ÜBER STRAHLENDE HINTERLASSENSCHAFTEN IN DEUTSCHLAND – SIEHE AUCH SEITE 26. Karte: www.atommuellreport.de

Foto li.: Michaela Mügge/CC BY-NC 3.0 DE

brannte Brennelemente“) gelagert werden. Hinzu kommen die beiden zentralen Zwischenlager in Ahaus und Gorleben, zudem das Zwischenlager „Nord“ bei Lubmin. Weiterhin gibt es eine Reihe von Zwischenlagern für den schwach und mittelaktiven Atommüll. Dieser soll in das sogenannte „Endlager“ Schacht Konrad verbracht werden. Die aktuellen Planungen gehen von einer Inbetriebnahme dieses „Endlagers“ im Jahr 2022 aus.

D

ie Genehmigungen der Zwischenlager für den hoch aktiven Atommüll wurden auf 40 Jahre befristet, weil man zu den Genehmigungszeiten geplant hatte, innerhalb dieser Zeit ein „Endlager“ zu errichten. Inzwischen wird davon ausgegangen, dass die Zwischenlager länger in Betrieb bleiben sollen. Es ist zu befürchten, dass aus Zwischenlagern oberirdische „Dauerlager“ werden könnten, was die IPPNW aus Sicherheitsgründen scharf kritisiert.

Standortsuche für ein „Endlager“ Sehr ungewiss ist, was mit dem hoch radioaktiven Atommüll auf Dauer geschehen soll. Sollte es nicht gelingen, ein tiefengeologisches „Endlager“ in Betrieb zu nehmen, würde der hoch radioaktive Atommüll auf unabsehbare Zeit oberirdisch in Dauerzwischenlagern verbleiben und möglicherweise irgendwann mehr oder weniger „billig“ ins Ausland entsorgt werden. Die Entscheidungsprozesse zwischen diesen Alternativen werden die Gesellschaft in den kommenden Jahren und Jahrzehnte vermutlich intensiv beschäftigen. Offiziell soll jetzt die Standortsuche für ein tiefengeologisches „Endlager“ be-

Maßnahme

Zeithorizont gemäß Stand- Zeithorizont gemäß ortauswahlgesetz (2013) Endlagerkommission

Festlegung eines Endlagerstandortes

bis 2031

bis ca. 2050 – 2080

Genehmigungsverfahren, bis ca. 2050 bergtechnische Erschließung

nach 2100

Einlagerung der Abfälle, Verschluss des Bergwerks

spät im kommenden Jahrhundert

vor 2100

ginnen. Nach dem Standortauswahlgesetz von 2013 war vorgesehen, bis zum Jahr 2031 einen Standort festzulegen. Nach den Plänen des Bundesumweltministeriums sollte die Inbetriebnahme im Jahr 2050 erfolgen. Für die Einlagerung werden mindestens 20 bis 30 Jahre einkalkuliert, so dass ein Verschluss des Bergwerks vor Ende des Jahrhunderts angedacht ist. Die Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe (Endlagerkommission) geht in ihrem Abschlussbericht von deutlich längeren Zeitbedarfen aus. „Allerdings führt ein deutlich größerer Zeitbedarf zu erheblichen Problemen“, heißt es zugleich mahnend im Bericht der Endlagerkommission. „Derart lange Zeiträume würden nachfolgende Generationen erheblich belasten, stünden in Gegensatz zu ethischen Forderungen, würden umfangreiche Zwischenlagerungen mit entsprechenden Sicherheitsanforderungen und Genehmigungsverfahren notwendig machen, würden die Gefahr des Erlahmens und Ermüdens mit sich bringen und das Risiko erhöhen, dass der ganze Prozess nicht zielführend abgeschlossen wird. Ge25

messen an den ethischen Anforderungen, unter die sich die Kommission gestellt hat, muss darauf hingearbeitet werden, dass der Gesamtprozess in einem vertretbaren Zeitrahmen verbleibt.“

A

uch mit der laufenden Novellierung des Standortauswahlgesetzes soll es daher dabei bleiben, „in einem wissenschaftsbasierten und transparenten Verfahren“ bis zum Jahr 2031 einen „Endlagerstandort“ festzulegen. Die IPPNW hat sich zuletzt mit ihren „Thesen zum Umgang mit dem Atommüll“ in die schwierige, aber unvermeidliche Diskussion eingebracht und hofft, damit eine breite gesellschaftliche Debatte anzustoßen.

Henrik Paulitz ist IPPNWFachreferent für Atomenergie.


Das atomare Erbe Eine umfassende Bestandsaufnahme der strahlenden Hinterlassenschaft: Der „Atommüllreport“

W

ir befinden uns erst seit wenigen Jahrzehnten im Atomzeitalter. Auch wenn wir morgen früh alle Atomanlagen abschalten und alle Atomwaffen abrüsten würden, müssten heute schon zigtausend Tonnen hochradioaktiven Mülls für mehrere Millionen Jahre sicher gelagert werden. Hinzu kommen als Hinterlassenschaft für viele Generationen mehrere Millionen Tonnen gering radioaktiver, jedoch keineswegs ungefährlicher Strahlenabfall hinzu, der unter anderem durch den Abriss hunderter Atomanlagen anfallen wird. Bisher kann niemand sagen, wie dieser Atommüll für so eine lange Zeit verhältnismäßig sicher gelagert werden kann. Gleichzeitig ist aber seit der Verkündung des deutschen Atomausstiegs das Problem in der öffentlichen Wahrnehmung nicht mehr präsent. Aber genau das kann zukünftig zu Problemen führen – selbst die Atomindustrie befürchtet den Verlust von Expertenwissen.

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ie IPPNW arbeitet nun schon im dritten Jahr im Trägerkreis Atommüllreport mit – zusammen mit dem BUND, der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg, dem Strahlentelex, der Gesellschaft für Strahlenschutz, Robin Wood, Ausgestrahlt und der AG Schacht Konrad. Ziel ist es, das Wissen der Anti-AKW-Bewegung zu sichern – zunächst mit einer Bestandsaufnahme des Atommülls, damit auch die nächsten Generationen darauf zurückgreifen können. Weiterhin wollen wir auch die Debatte über diese Themen fördern. Im Zentrum der Arbeit steht das Fachportal Atommüllreport: Als Bestandsaufnahme umfasst es die Anlagen in der Bundesrepublik Deutschland, wo Atommüll produziert, bearbeitet oder gelagert wird, sowie die Verbringung von Abfällen innerhalb Deutschlands und in andere Länder. Die Daten werden kontinuierlich aktualisiert und ergänzt. Wer zum Beispiel nachschlagen möchte, wann welche Anlage gebaut wurde oder wozu, ob sie schon stillgelegt ist oder welche besondere Gefahren von ihr ausgehen, kann einfach auf dieser Seite nachschauen. Auch aktuelle Diskussionen, zum Beispiel zur „Endlagerung“, finden hier Platz.

Foto: Michaela Mügge/CC BY-NC 3.0 DE

Daher haben wir bisher auch einmal im Jahr eine Fachtagung mit jeweils 60 TeilnehmerInnen durchgeführt. Im Herbst 2017 haben wir auf dem Atommüllrechtssymposium die aktuellen juristischen Entwicklungen in Sachen Atommüll beleuchtet und bewertet. Im November 2016 wurde über die Probleme bei der Zwischenlagerung hochradioaktiver Abfälle referiert und diskutiert.

Themen der Sommerakadmie Naturwissenschaft und Medizin Strahlung und Strahlenwirkung: Was ist Atommüll? | Das Problem „Asse“ Geologie Exkursion in die Asse | Grundlegende Probleme der Endlagerung Technische Aspekte / Ethik Zwischenlagerung, Alterungsprozesse | Wesentliche ethische Aspekte im Zusammenhang mit der Atommülllagerung Ökonomische Aspekte Kosten und Finanzierung: das Verursacherprinzip | Marktentwicklung beim Rückbau, Beschäftigungsmöglichkeiten Vom 2. bis 6. August 2017 haben wir uns ein neues Projekt vorgenommen – wir organisieren eine Sommerakademie für ca. 26

25 Studierende und junge AkademikerInnen aller Fachrichtungen an der Bundesakademie Wolfenbüttel. Dieses Projekt ist auf einen längeren Zeitraum angelegt. Ständig werden Themen ergänzt, erweitert und aktualisiert. Deshalb wurde eine Qualitätskontrolle eingeführt. Hier arbeiten viele Menschen im Hintergrund mit. Ursula Schönberger (AG Schacht Konrad) hat einen großen Teil der inhaltlichen Arbeit sowie die Koordinierung übernommen. Die IPPNW wird sich auf der Sommerakademie mit gesundheitlichen Themen einbringen.

Z

usätzlich suchen wir nach Finanzierungsmöglichkeiten, da die Trägerkreisorganisationen nur die Grundausstattung bereitstellen können. So sind wir auch mit Spendensammlungen und Fördermittelanträgen beschäftigt, damit wir die ehrgeizige Aufgabenstellung wenigstens im Ansatz erreichen. Es gilt nun, den durchaus sehr erfolgreichen Einstieg weiterzuführen. Wir laden Euch dazu ein, ab und zu mal einen Blick auf die Seite zu werfen. Infos unter: www.atommuellreport.de

Ewald Feige arbeitet in der IPPNWGeschäftsstelle und ist im Arbeitskreis Atomenergie aktiv.


ATOMMÜLL

Zehn Thesen zum Umgang mit dem Atommüll Eine Diskussionsgrundlage

Die IPPNW hält es für erforderlich, eine Perspektive für eine Beendigung der Zwischenlagerung des Atommülls in Deutschland zu eröffnen. Es muss daher eine nach menschlichem Ermessen verantwortbare Lösung gesucht werden. Der Arbeitskreis Atomenergie hat im November 2016 zehn „Thesen zum Umgang mit dem Atommüll“ beschlossen. Mit diesen Thesen soll eine breite und möglichst konstruktive Diskussion in der AntiAtom-Bewegung und in der interessierten Öffentlichkeit angeregt werden. Wir dokumentieren sie in gekürzter Fassung:

1. Die

Realisierung eines „Endlagers“ ist keine Legitimation für eine Fortsetzung des Atomkraftwerksbetriebs.

2.

Der radioaktive Atommüll in den Zwischenlagern nötigt zu einer dringlichen Befassung mit der Frage nach dem Verbleib der radioaktiven Abfallstoffe. … Eine oberirdische bzw. oberflächennahe Dauerlagerung stellt insofern keine Lösung des Atommüll-Problems dar.

3. Rückholbarkeit darf nur ein Angebot,

aber keine Verpflichtung für künftige Generationen sein.

4. Die Möglichkeit der „Bergbarkeit“ von

Atommüll darf nicht zu Lasten der Langzeitsicherheit gehen oder die Produktion von Atomwaffen erleichtern.

5. Zum Schutz künftiger Generationen

muss die Etablierung eines „Ewigkeitsgeschäfts mit dem Atommüll“ möglichst verhindert werden. Die Diskussion um Rückholbarkeit und Bergbarkeit des Atommülls könnte u. a. auch von einem Interesse der derzeit entstehenden Atommüll-Industrie geleitet sein, mit der Ein- und Auslagerung von Atommüll die Grundlage für ein „Ewigkeitsgeschäft“ zu schaffen. Eine solche missbräuchliche Nutzung von Rückholbarkeit und Bergbarkeit wäre verantwortungslos und würde künftigen Generationen eine gesundheitsgefährdende und kostenintensive Last aufbürden.

6. Der Gewährleistung der Langzeitsicherheit kommt oberste Priorität zu.

7.

Die „Partizipation“ bei der „Endlagersuche“ sollte dazu dienen, einen Standort bzw. eine Lösung zu finden, die nach menschlichem Ermessen verantwortbar ist.

8.

Das geologische und technische Know-how ist als entscheidungsrelevant zu akzeptieren, muss aber möglichst frei von Interessen verfügbar gemacht werden. … Für die Akzeptanz der wissenschaftlichtechnischen Expertise wäre es von Vorteil, eine freie Forschung über Grundfinanzierungen auszubauen, die keinen Weisungen unterliegt, keine Auftragsarbeiten durchführen darf und insbesondere auch nicht von Drittmitteln abhängig ist.

9.

Die Kosten der Atommüll-Entsorgung sind an den Erfordernissen der Langzeitsicherheit und nicht an den Gewinninteres27

sen von Unternehmen zu orientieren. Bei der Atommüll-Entsorgung ist die teuerste Lösung nicht zugleich die sicherste Lösung. Die Atomindustrie zählt zu den Branchen mit weit überhöhten Gewinnmargen. „Teuer gleich gut“ ist daher kein zielführendes Motto. Es ist ethisch geboten, die Diskussion um den „Preis“ der AtommüllEntsorgung durch rationale und transparente Kostenrechnungen über die tatsächlich erforderlichen Ausgaben zu ersetzen.

10. Es erscheint sinnvoll, wesentliche

Grundsatzentscheidungen zeitnah zu treffen und den Prozess der Umsetzung in Gang zu setzen. Es erscheint gegenüber nachfolgenden Generationen geboten, den Diskussionsprozess über einen verantwortbaren Umgang mit dem Atommüll intensiv zu führen, jedoch nicht endlos in die Länge zu ziehen. … Sollten sich die wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Einstellung zu den Risiken gravierend ändern, könnten „Billig-Lösungen“ die Folge sein. … Es ist daher geboten, wesentliche Grundsatzentscheidungen nach intensiver Erörterung so bald wie möglich zu treffen und den Prozess der Umsetzung in Gang zu setzen, ohne dabei allerdings Sicherheitseinbußen in Kauf zu nehmen. Langfassung: ippnw.de/bit/10-thesen

Henrik Paulitz ist IPPNWFachreferent für Atomenergie.


ATOMMÜLL

Atomenergie: Europa steigt aus Eine europäische Energiewende ist möglich

N

icht nur in Deutschland – in ganz Europa deuten die Zeichen auf ein baldiges Ende der Atomenergie hin. Ob wirtschaftliche, ökologische oder gesundheitliche Aspekte – die Atomindustrie verliert mittlerweile in allen wesentlichen Punkten gegen die erneuerbaren Energien.

Quelle: Bloomberg New energy finance & pv.energytrend.com

Das Versprechen der Atomenergie in den 1950er Jahren war einfach und überzeugend: „Electricity too cheap to meter“ – Strom, so billig, dass man keinen Stromzähler mehr brauchen würde. Die Realität im Jahr 2017 ist eine andere: Atomstrom ist teurer als alle anderen Formen der Energieproduktion. Wenn man die hohen Baukosten von Atomreaktoren, die Produktion von spaltbarem Uran und die Ewigkeitskosten der Atommüllversorgung mit einrechnet, hat Atomstrom wirtschaftlich keine Chance gegenüber fossilen und erneuerbaren Energien. Während ein Watt aus einer Photovoltaikanlage heute nur noch etwa 0,30 US-Dollar kostet, kostet ein Watt aus einem Atomreaktor mittlerweile sieben Dollar. Die aktuellen Pläne für den neuen britischen Atomreaktor Hinkley

Die Preisentwicklung von Solarzellen aus Silikon und Atomstrom (rot) in US-Dollar pro Watt seit 1977.

Point C sehen sogar einen Wattpreis von elf US-Dollar vor. So werden nicht nur in Großbritannien die Rufe nach Subventionen für neue Atomkraftwerksprojekte lauter. In der Schweiz zum Beispiel versuchen aktuell einflussreiche Milliardäre wie Daniel Aegerter, zwielichtige NGOs wie Energy for Humanity und die Schweizer Volkspartei, den Niedergang der Atomindustrie aufzuhalten. Stromkunden und Steuerzahler sollen für die massiven Mehrkosten aufkommen, die eine Renaissance der Atomenergie unweigerlich mit sich bringen würde. Dabei stecken sechs Jahre nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima viele der weltweit agierenden Atomkonzerne in einer tiefen Krise. Sei es der französische Staatskonzern EDF oder RWE und E.ON in Deutschland – der Wertverlust von Aktienpapieren im Atomsektor war in letzter Zeit beeindruckend. Der französische Atomkonzerne Areva musste gar Insolvenz anmelden und mit Steuergeldern gerettet werden. Ehemalige Platzhirsche im Atomgeschäft wie Siemens oder Toshiba beschlossen, ganz aus dem Geschäft mit neuen AKWs auszusteigen.

T

rotz der desaströsen Lage der Atomindustrie geht die EU-Kommission in ihrer strategischen Planung davon aus, dass in den kommenden drei Jahrzehnten in Europa neue Atomkraftwerke mit einer 28

Gesamtleistung von über 50 Gigawatt gebaut und Laufzeitverlängerungen im Umfang von weiteren 86 Gigawatt durchgeführt werden. Modellrechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaft zeigen jedoch, dass Atomkraft bis 2050 aus dem europäischen Strommix verschwinden würde, wenn es nur nach ökonomischen Kostenerwägungen ginge.

Atomenergie hat im Klimaschutz nichts zu suchen Angebliche Graswurzelorganisationen wie Nuclear for Climate oder Energy for Humanity arbeiten zurzeit intensiv an Kampagnen, die der Bevölkerung weismachen sollen, dass Atomenergie für den Klimaschutz gebraucht wird. Getragen werden diese Organisationen von der Atomindustrie, die unter dem Deckmantel von NGOs ihr Geschäftsmodell aggressiv verteidigen will – notfalls eben auch mit einem grünen Anstrich. Dass durch eine hypothetische Renaissance der Atomkraft der globale CO2 -Ausstoß kaum merklich beeinflusst werden könnte, hat sich dabei längst als Lüge entpuppt.

Atomenergie bleibt ein Sicherheitsrisiko Die meisten der laufenden AKWs in Europa sind alt geworden: Zurzeit sind 127 Reaktoren in 14 EU-Staaten am Netz. Deren


ANTI-ATOM-PROTEST IN HINKLEY POINT, ENGLAND 2011 Foto: Campaign for Nuclear Disarmament / CC BY 2.0

Durchschnittsalter liegt in den meisten Ländern deutlich über 25 Jahren. Nur zwei Reaktoren gingen nach 2000 ans Netz – Temelín in Tschechien in 2002 und Cernavoda in Rumänien 2007. Tatsächlich sind es jedoch noch weniger, denn im Oktober 2016 musste der französische Staatskonzern Électricité de France (EDF) rund ein Drittel der französischen Atomreaktoren für Sicherheitsüberprüfungen vom Netz nehmen. Es war bekannt geworden, dass der Stahl für die Druckbehälter und Dampferzeuger mangelhaft hergestellt wurde und zu rissanfällig war. Wie EDF dieses grundlegende Problem langfristig lösen will, ist noch völlig unklar.

Grenzübergreifende Initiativen für einen baldigen europäischen Atomausstieg Die deutsche Anti-Atom-Bewegung hat mit der Herbeiführung eines breiten gesellschaftlichen Konsens zum Atomausstieg eines ihrer wesentlichen Ziele erreicht. Doch um echte Sicherheit zu gewährleisten, müssen nicht nur die deutschen Atomkraftwerke abgeschaltet werden, sondern alle Atomreaktoren in Europa. Jeder einzelne der 127 derzeit laufenden Reaktoren in Europa stellt an jedem Tag eine Gefahr für alle Menschen in Europa dar. Die deutsche IPPNW kann eine konstruktive Rolle dabei spielen, den europäischen Atomausstieg voranzutreiben.

Erste Priorität sollten dabei die besonders gefährlichen maroden AKWs in Grenznähe haben: Doel und Tihange in Belgien, Fessenheim und Cattenom in Frankreich, Leibstadt und Beznau in der Schweiz und Temelín in Tschechien. Schon jetzt haben sich grenznahe Initiativen aus Deutschland mit französischen, belgischen und schweizerischen Gruppen zusammengeschlossen, um gemeinsam den europaweiten Ausstieg aus der Atomenergie zu befördern. Sehr erfolgreich sind die Gruppen rund um Aachen, die zusammen mit belgischen Gruppen für die Schließung der Atomreaktoren in Doel und Tihange kämpfen. Sogar die Bundesregierung hatte von Belgien die Schließung der AKWs Doel 3 und Tihange 2 gefordert – bislang ohne nennenswerten Erfolg.

weitaus engere Zusammenarbeit zwischen deutschen, französischen und schweizerischen Initiaven zur Abschaltung von Fessenheim, Cattenom, Beznau und Leibstadt möglich. Neben den bereits kooperierenden IPPNW-Gruppen in Freiburg und Basel ist auf den Trinationalen Atomschutzverband hinzuweisen, der bisher schon umfangreiche Expertise zur Stilllegung von Fessenheim und den schweizerischen AKWs angefertigt hat. Atomausstieg in Europa: Durch Kooperation mit deutschland- und europaweit agierenden Anti-Atom-Initiativen und unserer medizinischen Expertise werden wir es schaffen! Ausführliche Quellen zu diesem Artikel unter: www.ippnw.de/bit/ausstieg-europa

D

ie niedersächsischen und nordrhein-westfälischen Anti-Atom-Bewegungen erarbeiteten daraufhin eine Strategie, wie Deutschland konstruktiv zur Schließung beitragen könnte: Nicht nur AKWs, auch deren Zulieferbetriebe – die Brennelementefabrik Lingen und die Urananreicherungsanlage Gronau – müssten in den Atomausstieg eingeschlossen werden. Laut einem Gutachten der Umweltanwältin Cornelia Ziehm, das die IPPNW in Auftrag gegeben hatte, könnten die Lieferungen von Brennelementen nach Belgien und Frankreich rechtssicher beendet werden. Aber auch im süddeutschen Raum ist eine 29

Angelika Claußen ist europäische Vizepräsidentin der IPPNW.

Alex Rosen ist stellvertretender IPPNW-Vorsitzender.


WELT

Dialog mit Russland Global Security: IPPNW-Symposium in Moskau

Globale Sicherheit: Unter diesem Motto stand das Symposium der russischen IPPNW unter Beteiligung der westeuropäischen Sektionen am 21. und 22. Februar 2017 in Moskau.

Foto: Moskau Mariano Mantel, CC-by-NC 2.0

H

öhepunkt der Veranstaltung war die persönliche Übergabe der Abschlusserklärung an das Büro von Russlands Ministerpräsident Dmitri Medwedew. Die IPPNW fordert als Antwort auf die aktuellen Spannungen zwischen den Supermächten eine breite neue Abrüstungsdebatte über eine „neue Entspannungspolitik JETZT“. In einem eintägigen Symposium waren zuvor aus unterschiedlicher Perspektive aktuelle Aspekte der atomaren Rüstungsdebatte diskutiert worden. Redner im prestigeträchtigen Hauptgebäude von Russlands Akademie der Wissenschaften waren unter anderem Prof. Alexander Nikitin, stellvertretender Vorsitzender des Russian Pugwash Committee und Direktor des „Center for Euro-Atlantic Security of the Moscow State Institute of International Relations of the Russian Foreign Ministry“.

Die russische Debatte ist zunehmend geprägt durch einen Paradigmenwechsel hinsichtlich atomarer Rüstungsprojekte. Technisch soll das gesamte atomare Arsenal von Raketen, U-Booten und Flugzeugen in den kommenden Jahren komplett erneuert werden. Politisch vertritt die Führung zu Unrecht die Auffassung, Russland habe durch die bestehenden internationalen Vertragswerke, vor allem den Atomwaffensperrvertrag eine Art dauerhafter Bestandsgarantie für ihr Atomwaffenarsenal. Diese Position lässt sich jedoch nicht halten angesichts der eindeutigen Rechtsverpflichtung durch den Artikel sechs im Atomwaffensperrvertrag, der alle Atomwaffenstaaten dazu verpflichtet, Verhandlungen über die Abschaffung der Atomwaffen aufzunehmen und abzuschließen. So sehr – anders als beispielsweise in den USA, in denen Nicht-Regierungsorgani30

sationen wie die IPPNW von republikanischer Regierungsseite mit Verachtung und Ignoranz abgestraft werden und eine Debatte kaum möglich ist – gelingt es in Russland immer noch, im Rahmen der IPPNW mit russischen Entscheidungsträgern in einen Dialog einzutreten. Allerdings ist das Arbeitsklima für die russischen Nichtregierungsorganisationen in den vergangenen Jahren zunehmend rauer geworden. Wir selbst haben als IPPNW miterleben müssen, wie drakonisch russische KollegInnen im Zusammenhang mit der Greenpeace-Aktion gegen Ölbohrungen in der Arktis mit Gefängnisstrafen belegt wurden. Auch werden Versammlungsrechte stark beschnitten. Die Pressefreiheit ist durch den Zugriff der Putin-Regierung ebenfalls eingeschränkt. In diesem Umfeld nimmt die russische IPPNW eine Sonderstellung ein und kann aufgrund des großen Renommees einen gesellschaftlichen Dialog – wenngleich in bescheidenem Rahmen – organisieren. Die deutsche Sektion hat traditionell gute Verbindungen nach Russland und war auch in Moskau mit insgesamt fünf Kolleginnen und Kollegen vertreten. Der Auftakt wurde deshalb genutzt, um weitergehende Kontakte zu knüpfen wie zum Beispiel zu Greenpeace Russland. An den derzeit in New York stattfindenden Verhandlungen über einen Ächtungsvertrag zu Atomwaffen nimmt Russland nicht teil. Hier wird die internationale IPPNW dranbleiben müssen, um in Russland wieder um eine konstruktive Verhandlungsposition zu werben. Möglich erscheint es allemal.

Lars Pohlmeier ist IPPNWMitglied und besuchte im Februar Moskau.


AKTION

BERLIN

REGENSBURG

Atomwaffe(l)n Studierende setzen Zeichen für das Atomwaffenverbot Im Dezember 2016 waren IPPNW-Studierende an verschiedenen Orten gegen Atomwaffen aktiv. Im Rahmen der Kampagne „ICANchange“ informierten sie PassantInnen über die Atomwaffen in Büchel und die aktuellen Verhandlungen zum Atomwaffenverbot. Die Berliner Studierendengruppe etwa gab „Atomwaffeln“ und Glühwein aus. Im Zuge der Speisung der hungrigen Studierenden und MitarbeiterInnen der Charité wurden zudem Unterschriften für eine Petition der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) gesammelt. Diese fordert den Bundesaußenminister auf, sich für ein Verbot von Atomwaffen einzusetzen. Etwa einhundert Studierende unterzeichneten. Die Lübecker Gruppe führte eine Aktion „Target X“ durch, bei der das Szenario einer fiktiven Atomwaffenexplosion über der Stadt veranschaulicht wurde.

HANNOVER

LÜBECK 31


G ELESEN

Anamnese des Krieges

Bewahrung des Friedens

Was für ein Buch! Um uns von Kriegen zu heilen, brauchen wir analog der ärztlichen Arbeit Anamnese, Symptome und objektive Befunde. Tim Anderson nennt frappierende Fakten und diagnostizieren die Täter

Henrik Paulitz, IPPNW-Fachreferent für Atomund Energiefragen, hat in seiner Funktion als Geschäftsführer der Akademie Bergstraße ein 236 Seiten starkes Buch vorgelegt, in dem er Kriegsursachen analysiert und Vorschläge zur Kriegsverhinderung macht.

O

P

bwohl uns allen geläufig ist, dass jeder Krieg von Lügen vorbereitet und begleitet wird, haben wir vor dem Syrienkrieg nie ein solches Ausmaß an Desinformationen erlebt. Dieses Buch ist eine sorgfältige wissenschaftliche Arbeit und ein Plädoyer für das Recht des syrischen Volkes, seine Gesellschaftsform und die politische Führungsstruktur selbst zu bestimmen. Wie das Feindbild eines Baschar al-Assad entsteht, der „sein Volk schlachtet“ und welche Fakten zu einem anderen Bild dieses in London ausgebildeten Arztes führen, wissen nur wenige. Für die syrische Zivilbevölkerung gibt es keinen Unterschied zwischen „moderaten“ und „terroristischen“ Söldnern. Vor deren Terror ist die große Mehrheit in die von der syrischen Regierung kontrollierten Gebiete geflohen, soweit es möglich war. Wem das zu einseitig erscheint, erfährt von Anderson auch, wie man zwischen Meinungen und Fakten klarer unterscheiden kann.

aulitz nähert sich der Frage der Kriegsursachen auf sehr unkonventionelle Weise. Er fragt nicht, wie es sonst üblich ist, wer die Schuld hat, sondern er analysiert zunächst, was vor, während und nach Kriegen passiert. Er zieht den Schluss, dass regelmäßig zu beobachtende Geschehnisse nicht zufällig, sondern für das Verstehen von Konflikten und Kriegen von großer Bedeutung sind. Könnten z.B. Zerstörung der Infrastruktur und der Wohngebiete, die massenhafte Tötung von Zivilisten nicht keine „Kollateralschäden“, sondern Kriegsziele sein? Mit zahlreichen Beispielen erläutert der Autor, wie ethnische, religiöse, ideologische Unterschiede als vermeintliche Kriegsursachen dargestellt und wie mit dreisten Lügengeschichten ganze Völker kriegsbereit gemacht werden, nur um die wahren Kriegsursachen zu verschleiern. In Wirklichkeit geht es immer um Zugang zu Energiequellen, Bodenschätzen, Märkten. Alles andere ist vorgeschoben.

Der Autor haben vorwiegend westliche Quellen und Eingeständnisse westlicher Regierungen genutzt. Die Mitverantwortung Deutschlands für Leben und Gesundheit der Menschen in Syrien zeigt sich auch an den Sanktionen: Dieser wirkungsvollen Waffe sind tausende ZivilistInnen zum Opfer gefallen. Kapitel elf behandelt „Gesundheitsversorgung und Sanktionen“ 41 von 97 Krankenhäusern wurden zerstört, 678 Erste-Hilfe-Zentren wurden geschlossen und können nicht wieder aufgebaut oder repariert werden. Ein funktionierendes Sozialwesen ist zerfallen. Die wesentliche deutsche Kriegsbeteiligung mit tödlichen Wirkungen liegt nicht im militärischen Sektor, sondern ist in den Sanktionen und dem Abbruch diplomatischer Beziehungen anzuklagen. Dies wird in der Friedensbewegung kaum thematisiert.

Aus den Erkenntnissen der faktenreichen Beschreibung der tatsächlichen Kriegsursachen entwickelt der Autor Empfehlungen zur Bewahrung des Friedens für Entscheidungsträger, aber auch für uns alle. Dazu dienen zwölf an geeigneten Stellen in den Text eingestreute „friedenspolitische Übungen“. Faszinierend ist auch der kühne Entwurf für einen völkerrechtlichen „Vertrag zur Bewahrung des Friedens“. Die Analyse ist hervorragend belegt – dafür sorgt ein zwölf Seiten langes Quellenverzeichnis. Ein umfangreiches Register erleichtert die Verwendung des Werkes als Informationsquelle. Ich selbst hatte Gelegenheit, als Lektor die Entstehung des Buches und die gelungene Zusammenführung der Kapitel „hautnah“ mitzuerleben.

Wer den grausamen Krieg um Syrien und Washingtons Pläne für den „Neuen Mittleren Osten“ verstehen will, bekommt mit diesem Buch eine kompakte und verständliche Anleitung. Anderson war mehrfach in Syrien. Gleichzeitig berichtet er als journalistischer Wissenschaftler mit dem Ziel, Verursacher, Kriegsgewinnler und geostrategische Hintergründe objektiv aufzudecken.

Henrik Paulitz: Anleitung gegen den Krieg. Analysen und friedenspolitische Übungen, Akademie Bergstraße für Ressourcen-, Demokratie- und Friedensforschung 2016, 236 S., 19,80 €, ISBN 978-3-9818525-0-9 Winfrid Eisenberg

Tim Anderson: Der schmutzige Krieg gegen Syrien. Washington, Regime Change, Widerstand, Liepsen 2016, 280 S., 15,00 €, ISBN: 9783981270396 Manfred Lotze 32


GEDRUCKT

TERMINE

Junge Flüchtlinge unterstützen

MÄRZ

Dokumentation der „Best Practice“-Konferenz

November 2016, 88 Seiten A4 Stückpreis 8,- Euro

6.3.-14.4. Ausstellung Hibakusha weltweit, Brandenburg/Havel

Ergebnisse und Beiträge einer internationalen Fachkonferenz zur Einschätzung des Alters, Entwicklungsstandes und Hilfebedarfs von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen

16.-17.3. Kongress Armut und Gesundheit, Berlin

Die Deutsche Sektion der IPPNW, die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin e.V. (DAKJ) und die Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin, Charité Universitätsmedizin Berlin organisierten am 6. und 7. Juni 2015 in Berlin die internationale Fachkonferenz „Best Practice für Young Refugees“ zur Einschätzung des Alters, Entwicklungsstandes und Hilfebedarfs von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen (UMF).

26.3. Auftakt „Büchel ist überall – atomwaffenfrei jetzt!“, Büchel

Ausgangspunkt und Hauptthema war die Kontroverse um die Alterseinschätzung junger Flüchtlinge, die ihr Alter nicht nachweisen können.

28.3. Vortrag „Anleitung gegen den Krieg“ mit Henrik Paulitz, Stuttgart

Als PDF unter: ippnw.de/bit/refugeesdoku

14.-17.4. Bundesweite Ostermärsche

27.-31.3. UN-Konferenz zur Verhandlung eines Verbotsvertrags, New York

APRIL

JUNI

Das nächste Heft erscheint im Juni 2017. Das Schwerpunktthema ist:

9.-10.6. Konferenz „50 Jahre israelische Besatzung“, Frankfurt a.M.

Sichere Herkunftsländer? Gewaltsame Abschiebungen in Kriegsgebiete

10.-17.6. IPPNW-Aktionswoche in Büchel

Der Redaktionsschluss für die Ausgabe 150/Juni 2017 ist der 30. April 2017. Das Forum lebt von Ihren Ideen und Beiträgen. Schreiben Sie uns: forum@ippnw.de

IMPRESSUM UND BILDNACHWEIS Herausgeber: Internationale Ärzte für die Verhü-

Redaktion oder des Herausgebers. Nachdrucke

tung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verant-

bedürfen der schriftlichen Genehmigung.

wortung e. V. (IPPNW) Sektion Deutschland

Redaktionsschluss

Redaktion: Sabine Farrouh (V.i.S.d.P.), Angelika

30. April 2017

Wilmen, Regine Ratke

Gestaltungskonzept: www.buerobock.de, Layout:

Freie Mitarbeit: Tom Wilms, Laura Winkelmann

Regine Ratke Druck: Clever24 GmbH Berlin;

Anschrift der Redaktion: IPPNWforum, Körte-

Papier: Recystar Polar, Recycling & FSC. Bildnach-

straße 10, 10967 Berlin, Telefon: 030 / 69 80

weise: S.7 Mitte: Antilong

74 0, Fax 030 / 693 81 66, E-Mail: ippnw@

/CC BY-SA 3.0; nicht gekenn-

Bankverbindung:

zeichnete: IPPNW oder privat

www.ippnw.de,

25.3.-1.4. Aktionswoche zum Atomwaffenverbotsprozess

21.4. Die langfristigen gesundheitlichen Folgen im ehemaligen Uranabbaugebiet Thüringen, Bremen

GEPLANT

ippnw.de,

16.-30.3. IPPNW-Begegnungsreise in den Südosten der Türkei

für

Bank für Sozialwirtschaft, Kto-Nr. 2222210, BLZ

das

nächste

Heft:

Informationen und Kontaktdaten: www.ippnw.de/aktiv-werden/termine

Vormerk en

JUNI 25.6.2017

90-km-Menschenkette: Tihange – Lüttich – Maastricht – Aachen www.stop-tihange.org

10020500, IBAN DE39100205000002222210, BIC BFSWDE33BER Das Forum erscheint vier Mal im Jahr. Der Bezugspreis für Mitglieder ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Sämtliche namentlich gezeichnete Artikel entsprechen nicht unbedingt der Meinung der 33

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GEFRAGT

6 Fragen an … Foto: Nuclear Free Future Award 2016

Arif Ali Cangi

Türkischer Anti-Atom-Aktivist, Anwalt der Umweltbewegung und frischgebackener Preisträger des Nuclear Free Future Awards

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Die türkische und die russische Regierung haben gemeinsam beschlossen, mit dem Bau des ersten türkischen Atomkraftwerks in Akkuyu zu beginnen, das 2023 fertiggestellt sein soll. Sie haben dagegen Klage eingereicht. In welchen Stadium befindet sich die Klage? Es wurden insgesamt 17 Klagen gegen das Umweltgutachten (ÇED) eingereicht, das den AKW-Bau befürwortet. Unter den Klägern befinden sich Berufsverbände wie die türkische Anwaltskammer, die türkische Ärztekammer, die Kammer türkischer Architekten und Ingenieure, verschiedene Parteien und viele BürgerInnen. Ich vertrete die Partei YSGP, den Verein EGEÇEP, den Verein der Freunde Sinops, zwei Klagen von Bürgern, die türkische Anwaltskammer – und habe auch in meinem eigenen Namen geklagt. Im Rahmen dieser Klage fand am 11. Juli 2016 auf dem Baugrundstück eine Untersuchung durch Sachverständige statt. Während wir auf das Gutachten warteten, verlor nach dem Putschversuch vom 15. Juli 2016 einer der Sachverständigen seine Professur, so dass am 5. Dezember 2016 eine weitere Untersuchung mit seinem Nachfolger durchgeführt wurde. Wir haben bei beiden Untersuchungen als Kläger sowohl unsere generelle Ablehnung von AKWs als auch die Standortwahl in diesem speziellen Fall und die Fehler und Mängel im ÇED-Bericht zum Ausdruck gebracht. Die beauftragten Sachverständigen arbeiten zur Zeit an der Fertigstellung ihres Gutachtens. Von diesem wird der Ausgang des Prozesses abhängen.

Frieden und Sicherheit kann es nur in einer Demokratie geben. Was können türkische JuristInnen gegen Ausnahmezustand und Dekrete ausrichten? Wir kämpfen gegen die rechtswidrige Anwendung des Ausnahmezustands. Angesichts von Rechtsbrüchen und Menschenrechtsverletzungen versuchen wir, nationale und internationale Rechtsmittel auszuschöpfen. Am Ende werden wir Erfolg haben.

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heißt es: „Vor allem tiefe, offene Gruben von ca. 3 x 4 Meter Größe, die während der alten Probebohrungen geöffnet wurden, stellen eine Gefahr für die Bevölkerung und für die Tiere in diesem Gebiet dar. Das Wasser aus Quellen in diesem Gebiet ist stark mit Uran verseucht. Die Ergebnisse der Urananalysen vom Boden, Wasser und Pflanzen in diesem Gebiet belegen die hohe Belastung.“

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Wie kann der Widerstand gegen die Atompolitik der türkischen Regierung aussehen? Die Regierung scheint entschlossen zu sein, das AKW zu errichten. Und dann wiederum erschweren der Ausnahmezustand und die engen Beziehungen zu Russland zweifellos das Vorgehen der AtomgegnerInnen. Allerdings besteht das Projekt Akkuyu schon seit vierzig Jahren, ohne dass es in Betrieb gehen konnte. Dank der immer noch lebendigen Anti-AKW-Bewegung wird es wohl nicht fertiggestellt werden. Dabei ist für uns die internationale Zusammenarbeit sehr wichtig.

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Wie ist die Haltung in der türkischen Bevölkerung zur Atomenergie? In der Türkei wurde bisher kein AKW fertiggestellt. Aber es gibt seit fast 50 Jahren Pläne zum Errichtung eines AKWs und eine Geschichte der Gegenbewegung dazu. Nach der Katastrophe von Tschernobyl hat die Ablehnung von nuklearer Energie weiter zugenommen.

Die Angehörigen der Universitäten in Izmir sind von den Maßnahmen ebenso betroffen. Wie ist die Lage aktuell? Der Druck auf oppositionelle AkademikerInnen ist seit der Erklärung des Ausnahmezustands gewachsen. Gegen die UnterzeichnerInnen der Erklärung „Wir werden uns an diesen Straftaten nicht beteiligen“ wird strafrechtlich ermittelt. Sie werden von den Universitäten entfernt – auch in Izmir. Als letzte wurden sämtliche UnterzeichnerInnen von der Ägäis-Universität ihrer Posten enthoben. Die Schlösser ihrer Büros wurden ausgetauscht, Durchsuchungen fanden per richterlichem Beschluss statt, ihre PCs wurden beschlagnahmt. Es wurden Gerichtsverfahren eingeleitet, um die gegen sie durchgeführten rechtswidrigen Maßnahmen rückgängig zu machen und Schadenersatz zu erwirken. Das Interview führte IPPNW-Mitglied Alper Öktem.

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Sicherheitsvorkehrungen fehlen, Köprübasi ist seit 1980 außer Betrieb. Welches sind die Gefahren? Die Uranminen von Manisa Köprübasi, die bis 1980 teilweise betrieben wurden, wurden ohne Sicherheitsvorkehrungen und erforderliche Maßnahmen stillgelegt. In dem Gutachten von Prof. Dr. Ahmet Sasmaz von 2008, das mit Unterstützung der Türkischen Anstalt für wissenschaftliche und technologische Forschung erstellt wurde, 34


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Grenzenlose Solidarität statt G20!

G20 – not welcome: Unter diesem Motto ruft das „Bündnis gegen das G20-Treffen in Hamburg“ zu einer internationalen Großdemonstration in der Hansestadt auf. Die Demonstration wird aus mehreren Protestzügen bestehen und einen großen Teil der Hamburger Innenstadt in Anspruch nehmen. Erwartet werden mehrere Zehntausend Menschen aus ganz Europa. Für eine Welt des Friedens und der globalen Gerechtigkeit. Alle Menschen, die unsere Empörung und unsere Hoffnung teilen, laden wir ein, mit uns laut, bunt und vielfältig auf die Straße zu gehen.

G20

Großdemonstration Samstag 8. Juli 2017 Mehr Infos: g20-demo.de

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in Aktion!

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Wenn Sie BAYER-Aktien im Depot haben, nehmen Sie Ihre Verantwortung für Gesellschaft und Umwelt ernst. Übertragen Sie die Stimmrechte den Kritischen BAYER-AktionärInnen.

Ich besitze BAYER-Aktien und möchte meine Stimmrechte den Kritischen-AktionärInnen übertragen. Ja, ich spende ........................................ € Ja, ich abonniere Stichwort BAYER für 30,- € im Jahr Ja, die CBG braucht Rückenstärkung, ich werde Mitglied (SWB-Abo ist im Beitrag enthalten). Mein Beitrag soll im Jahr betragen (mind. 60 €/Jahr) .................... € Bitte abbuchen monatlich vierteljährlich halbjährlich jährlich Für Abo, Beitrag und/oder Spende bitte die Lastschrift ausfüllen.

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Hinweis: Ich kann innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten Betrages verlangen. Es gelten dabei die mit meinem Kreditinstitut vereinbarten Bedingungen. Gläubiger-ID: DE21CBG00000021028

www.cbgnetwork.org

Bitte ausschneiden und zurücksenden: Coordination gegen BAYER-Gefahren • Postfach 150418, 40081 Düsseldorf • Fax 0211 - 33 39 40 • info@CBGnetwork.org

Ja, ich möchte mehr Informationen.


10.– 17. Juni 2017

Auf nach

Büchel IPPNW-Protestwoche Zu Beginn der letzten Verhandlungsrunde über das Atomwaffenverbot und mitten im Bundestagswahlkampf fordern wir am NATO-Atomwaffenstützpunkt Büchel: • Den Abzug der ca. 20 NATO-Atomwaffen aus Deutschland • Eine konstruktive Beteiligung der Bundesregierung an den UN-Verhandlungen über einen Verbotsvertrag sowie die Unterstützung eines Atomwaffenverbots

10. Juni: Beginn des Camps mit Aktionstraining 11. Juni: Eröffnung mit VertreterInnen der Internationalen IPPNW und Gästen aus Politik und Medien 10.30-12:30 Uhr Symposium zur aktuellen Bedrohung durch Atomwaffen Ab 13:00 Uhr Imbiss und Fest mit Musik und Kultur

12. –16. Juni: Gewaltfreie Protestaktionen und Blockaden vor den Toren

17. Juni: Abschlussveranstaltung Gruppen und Einzelpersonen sind eingeladen, sich zu beteiligen und eigenverantwortliche Aktionen durchzuführen. Ernst-Ludwig Iskenius nimmt Anmeldungen entgegen und gibt Auskunft zu Unterbringung und Logistik: iskenius@ippnw.de


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