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#Pop #Ray BLK

Ray BLK

»SICK, SICK« #Pop — 20 Jahre nach der Britpop-Ära gilt Londons Musikszene noch immer als kreative Konstante in der europäischen Popkultur. Egal, in welche GenreSchublade man blickt, der charakteristische UK-Sound bleibt auch 2017 rough und einzigartig. R’n’B-Newcomerin Ray BLK hat dennoch ein gespaltenes Verhältnis zu ihrer Heimatstadt London, wie Sermin Usta im Interview feststellt. Foto: Peter Kaaden

Y

ou should come to my hood, my hood, my hood«, lautet das Mantra ihrer ersten Single, die Ray BLK innerhalb weniger Wochen auf alle Newcomer-Listen Englands katapultiert hat. Die Prognose ist eindeutig: Ray BLK, mit bürgerlichem Namen Rita Ekwere, wird die neue Lauryn Hill der Brit-Metropole. Die Frau könnte dem britischen R’n’B eine emanzipierte Stimme geben und dem SatinBettwäsche-Image des Genres mit inhaltlich sinnvollen und authentischen Geschichten

den Garaus machen. Kurz vor ihrem Auftritt in Berlin, als Support für Emeli Sandé, treffe ich die 24-Jährige im Backstage der Berliner Columbiahalle und lasse mich, ehe ich meine Papiere sortiert habe, in ein Gespräch über Londons Musikszene verwickeln: »Bei Musik aus UK denken die meisten an Pop- und Rockmusik, aber sicher nicht an R’n’B oder Rap. Durch das Internet bekommen nun auch unbekanntere Künstler aus London eine mediale Plattform.« Mit einer Mischung aus HipHop und R’n’B, viel Selbstbewusstsein und der nötigen DIYMentalität hat es die Sängerin an die Spitze der BBC-Prognose »Sound of 2017« geschafft. BLK ist die erste Gewinnerin, die bis zu dieser Ehrung keinen Plattenvertrag hat. Wer ihr dazu geraten habe, frage ich. »Stormzy, an dem Abend, als wir einander vorgestellt wurden. Das war 2014 auf einem Talentwettbewerb in Croydon. Später, als die Show vorbei war, haben wir uns eine Weile unterhalten. Er bat mich spontan zu singen. Danach meinte er nur: ›Du brauchst kein Label, du wirst es ganz allein schaffen.‹« Authentizität und den Alleingang zu predigen ist eine Sache, sie durchzuziehen eine andere. Aber Englands Grime-Superstar sollte recht behalten. Ray BLKs erste Single »Ich bin »My Hood« ihrer aktu- ein Produkt ellen EP »Durt«, auf der meiner man auch Stormzy hört, ist eine bittersüße Hom- Umgebung« mage an Catford, einen Bezirk im Süd-Osten der Stadt, in dem Rita aufwuchs, nachdem sie als Vierjährige mit ihrer Familie Nigeria verlassen hatte. »Ich bin ein Produkt meiner Umgebung«, erklärt sie stolz, auch wenn man merkt, dass sie auf keinen Fall undankbar klingen möchte. »Catford ist zwar keine Gegend, in der man sich wünscht, als Kind aufzuwachsen, aber hätte ich das alles nicht erlebt, wäre ich heute eine andere.« Jahre später, an der Uni, versuchte sich die Sängerin erst an einem Jura-Studium, bevor sie ihre Passion in englischen Schmökern fand. Warum Jura nicht das Richtige war? »Weil es kein bisschen so war wie in ›Ally McBeal‹.« Mit dem Uni-Abschluss in der Tasche kann sich die Sängerin nun, getreu der Philosophie ihres Namens BLK (»Building, Living, Knowing«), entspannt ihrer Musik widmen. Ob die Straßen Londons auch die Inspiration für ihr anstehendes Debüt liefern werden, weiß man nicht. Ohne Londons Slang wird es aber ganz sicher nicht gehen: »Den vermisse ich auf Tour am allermeisten. Sage ich ›sick, sick‹, denken immer alle, ich sei krank. Dabei will ich einfach nur klarmachen, wie cool ich etwas finde.« — Ray BLK »Durt« (Ray BLK)


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