Intro #252

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#252 Mai 2017 gratis www.intro.de

MAC DEMARCO

Die Hunde sind schläfrig Gorillaz — Fazerdaze — Soulwax — Alien: Covenant — 100 Tage Trump —

Sylvan Esso — At The Drive-In — Ray BLK — Tom Schilling — Ásgeir — Love A — Thurston Moore

#Pop #Kultur #Life #Style



Collage: Ruth van Beek, Untitled (The Levitators), 2012; Courtesy of The Ravestijn Gallery Amsterdam

#Intro Editorial

#Intro Als Hundstage bezeichnet man normalerweise die bedrückende Zeit von Ende Juli bis Ende August, wenn der Sommer noch einmal aufdreht und die ausgedörrte Erde mit stehender Luft und gnadenlosem Sonnengeballer noch weiter austrocknet. Uns kam das Wort dank Mac DeMarcos Album »This Old Dog« und den zahlreichen Hundereferenzen schon jetzt in den Sinn. Und es trifft irgendwie diese somnambule und zugleich eindringliche Stimmung seiner Musik, die nur vordergründig sonnig klingt, aber von durchaus düsteren Erlebnissen und Beobachtungen durchzogen ist. Man sollte sich also nicht von seinem Lächeln und der nicen Zahnlücke täuschen lassen. Neben dem ewigen Indie-Helden versammeln wir in diesem Heft eine bunte Mischung aus alten Bekannten – Soulwax, Thurston Moore, Gorillaz, At The Drive-In – und neuen Acts, die uns wieder Hoffnung geben, dass Musik nie langweilig wird. Danke dafür: Fazerdaze, Skott und Sophia Kennedy. Ganz ohne Politik schicken wir euch aber nicht nach Hause: Wir haben zum Beispiel Leute mit Haltung gefragt, was ihnen zu 100 Tagen Trump-Regierung einfällt. Viel Spaß beim Lesen! Daniel Koch (im Namen der Redaktion)

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Das Leben der Anderen

DAS LEBEN DER ANDEREN

Der Vorschlag, unsere Style-Seiten mit den Collagen von Stefan Gunnesch zu verschönern, kam von unserer Bildredaktionspraktikantin Lea Franke und stieß sofort auf breite Zustimmung. Der Leipziger Kommunikationsdesigner arbeitet hauptsächlich als Buchgestalter und gründete die Edition »Bildschriftlich«, in der handgebundene Künstlerbücher erscheinen. Mehr von ihm seht ihr bei Instagram (@stefan_gunnesch).

Ein etwas seltsames Gefühl für unsere Fotochefin Frederike Wetzels: »Da fliege ich extra für ein Titelshooting nach Los Angeles, klingle bei Mac DeMarco und denke die ganze Zeit, dass irgendwas fehlt.« Die Kameratasche als Phantom-Schmerz sozusagen – denn alles, was sie zum Shoot brauchte, hatte Frederike in der Hosentasche: ein iPhone 7 Plus. Dieses Modell hat eine zweite Kamera-Linse mit einer größeren Brennweite und einen speziell dafür programmierten Porträt-Modus. »Mein Bildkonzept hatte ich extra darauf zugeschnitten. Ich wollte ein nahes Porträt, kraftvolle Farben und einen Hintergrund, der in dieser Unschärfe schön aussieht.« Auch die weitere Bearbeitung ist heutzutage auf dem iPhone möglich: »Ich arbeite mit Adobe Lightroom, das es inzwischen auch als App gibt.« Das Ergebnis dieser Arbeitsweise spricht Bände, und uns wird langsam bewusst: Wenn das iPhone irgendwann noch eine Teflon-App bekommt und die Herdplatte ersetzt, brauchen wir wirklich keine anderen Geräte mehr.

Dank Mac DeMarcos Album »This Old Dog« hatten wir endlich einen Grund, die Hunde-Collagen der holländischen Illustratorin, Fotografin und Künstlerin Ruth van Beek auf unseren Trennerseiten vorzustellen. An der Fotografie liebe sie vor allem die »physische Erscheinung«, sagt van Beek. Diese Liebe sieht man ihrer Arbeit an, die oft aus alten Fotos oder Magazinseiten besteht. Ein Interview gibt’s auf intro.de unter #van Beek.

Aus der Redaktion Senta: »Och, so ein bisschen Wahnsinn ist doch immer gut.« Wolfgang: »Klar. Ich wüsste nicht mal, was ich ohne ihn machen sollte.« Daniel: »Will denn jemand kurz was singen oder so?« Carsten: »Hast du einen Balkon? Ich hätte was von Evita.« Holger: »... und der Rest versäuft sich.«


Inhalt

INHALT #Intro Bilder von: Wolfgang Tillmans, Linder Sterling, Sandra Stein

#Pop 8

Erfreuliche Ausnahme: Tom Schilling

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Ein Produkt ihrer Umgebung: Ray BLK

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Hendrik Otembra: Schaum durch Blubbern 16 Auftakt mit: Joe Goddard, Kratzen & Beißen, Sophia Kennedy, Martin L. Gore, Skott, Typotunes, Top 7 Bücher für das Frühjahr

Indie-Sedativ mit Zahnlücke: Mac DeMarco

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Sylvan Esso: Servieren Gin auf Eis 36 Familienangelegenheiten mit Ásgeir 38 Gorillaz: Schnell noch die Menschheit retten 40 Cover-Welten: Hand und Fuß 44 Soulwax: Fanatische Equipment-Sammler 46

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Fazerdaze: Zum Glück nicht Oer-Erkenschwick 48 Von Gut und Böse: At The Drive-In

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Bonbonhagel und Kartoffel-Ich: Love A

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Tasse Tee mit Thurston Moore

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#Kultur Ridley Scott über »Alien: Covenant« 58 Hirsch vorm Auto in »Get Out« 60 Cate Shortland über »Berlin Syndrome«

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Neu im Kino 63 Neu auf DVD 66 Neue Games 70

#Life Rezepte der Popküche: »Adams Äpfel« 74 Ein Modell für die Zukunft? »The Haus« 76 100 Tage Trump 78

#Style Modestrecke: Collagen und Sommerschuhe 82

#Review Platten vor Gericht 88

Foto: Peter Kaaden

Neue Platten 90

Impressum / Dein Intro 6

#Preview

Abo 13

Kalender 112

Katz & Goldt / Demnächst 138

Special: 20 Jahre Melt

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#Intro Dein Intro

DEIN INTRO Und wo warst du im Mai 2007? Intro #149

IMPRESSUM Verlag Intro GmbH & Co. KG, Oppenheimstraße 7, 50668 Köln Fon +49 221 94993-0, Fax +49 221 94 993-99 verlag@intro.de, vorname.nachname@intro.de, www.intro.de Herausgeber & Geschäftsführer Matthias Hörstmann Chefredakteur Daniel Koch (V.i.S.d.P.) Stellv. Chefredakteur Wolfgang Frömberg Artdirector Holger Risse Stellvertretende Artdirektorin Frederike Wetzels Projektleitung Martin Lippert

Covergeschichte War für dieses Cover etwa Photoshop

Philipp vom »Neo Magazin Royale« am Werk? Egal! Wer auch immer das zu verantworten hatte: Er oder sie hat die beiden Oberkörper von Digitalism über zwei Fahrradlenker und vor einen frisch erblühten Kirschblütenbaum gebastelt. Schön? Nee. Egal – inhaltlich geht es um die »neue Partyfreude im Techno«. Na schön. Storys Ed Banger, Gui Boratto, Blonde Redhead, MummRa, The Cinematic Orchestra, Björk, Tracey Thorn, Travis, Modest Mouse, Dinosaur Jr., Battles, Von Südenfed Wichtige Alben The Apples In Stereo »New Magnetic Wonder«, Biffy Clyro »Puzzle«, Kings Of Leon »Because Of The Times«, Blonde Redhead »23«, Dinosaur Jr. ­»Beyond«, Fehlfarben »Handbuch für die Welt«, Travis »The Boy With No Name« Platten vor Gericht Sieger: Dinosaur Jr. – 8,53 / Letzter: Rafael Weber – 0,94 Besondere Vorkommnisse Der mehrfache Versuch, Belegexemplare an die beteiligten Künstler des ersten IntroReisespecials zu schicken, hat eine verwirrende Postkarte zur Folge. Darauf findet sich eine bunte Sammlung von Briefmarken und Stempeln: »Pakete werden in Russland nicht zugestellt.« Weiterhin heißt es sinngemäß: Der Empfänger muss von sich aus wissen, dass er sein Paket abholen kann und dann zehn Tage lang darauf warten. Schlagzeile des Monats Die Urheberrechtsklage Viacom gegen Youtube beginnt +++ Nicolas Sarkozy wird französischer Präsident +++ Horst Köhler lehnt den BegnadigungsAntrag von Ex-RAF-Mitglied Christian Klar ab +++

Redaktion Senta Best (Textchefin, #Life), Frederike Ebert (#Style), Kristina Engel (Lektorat), Wolfgang Frömberg (#Kultur), Daniel Koch (#Pop), Christian Steinbrink (CvD, #Review), Sermin Usta, Frederike Wetzels (Foto) Redaktionsassistenz Alexandra Heckel Live-Redaktion Thomas Lorber, Henrike Schröder (Volontariat), Carsten Schumacher Layout Jörn C. Osenberg (osi) Online- & News-Redaktion (news@intro.de) Julia Brummert, Philip Fassing (Leitung Produktentwicklung), Bastian Küllenberg (Leitung Social Media) Terminredaktion termine@intro.de Texte Lena Ackermann, Aida Baghernejad, Hannah Bahl, Kristof Beuthner, Fionn Birr, Jan Bojaryn, Annett Bonkowski, Andreas Brüning, Dominik Bruns, Sascha Ehlert, Carlotta Eisele, Rami Eiserfey, Valentin Erning, Lars Fleischmann, Lisa Forster, Marco Fuchs, Nina Gierth, Steffen Greiner, Claudius Grigat, Elisabeth Haefs, Henrik Hamelmann, Patrick Heidmann, Nils Herrmann, Mark Heywinkel, Salwa Houmsi, Ulf Imwiehe, Paula Irmschler, Sebastian Jegorow, Madleen Kamrath, Kerstin Kratochwill, Mario Lasar, Julia Maehner, Konstantin Maier, Jan Martens, Nadja Neqqache, Sarah Neuhaus, Laura Nürnberger, Katja Peglow, Olaf Radow, Verena Reygers, Henje Richter, Philipp Röttgers, Christian Schlodder, Simone Schlosser, Kira Schneider, Leonie Scholl, Michael Schütz, Silvia Silko, Hanno Stecher, Christian Steigels, Till Stoppenhagen, Thorsten Streck, Alena Struzh, Gabriele Summen, Karola Szopinski, Klaas Tigchelaar, Tobias Tißen, Stephan Uersfeld, Nisaar Ulama, Annette Walter, Timo Weber, Jan Wehn, Liz Weidinger, Michael Weiland, Kai Wichelmann, Katrin Wiegand, Gregor Wildermann, Celia Woitas, Marius Wurth, Louisa Zimmer, Menachim Zwartmann Coverfoto Frederike Wetzels Illustrationen Stefan Gunnesch, Peter Hoffmann, Alexandra Ruppert Fotos Manuel Alt, Christian Debus, Patrick Essex, Lisa-Marie Fechteler, Peter Kaaden, Bartosz Ludwinski, Clara Nebeling, Joseph Wolfgang Ohlert, Stini Röhrs, Florian Schüppel, Svenja Trierscheid, Miriam Marlene Waldner und Pressebildfreigaben Personal & Organisation Rebecca Wast (Leitung), Anika Winter PraktikantInnen Helen von Daacke, Lea Franke, Viviane Marie Philipps, Felix Schönberger, Nils Schlechtriemen, Svenja Teitge Vertrieb Dominik Raulf (Leitung – Fon +49 221 94993-41) Abo Moritz Tontsch (abo@intro.de) Brandmanagement Eike Wohlgemuth Vermarktung Director Sales & Marketing David Winter (Fon +49 221 94993-63) (Media & Marken & Digital) Head of Sales Intro Martin Lippert (Fon +49 221 94993-17) (Musik, Film, Marken) Büro Köln Fon +49 221 94993-Durchwahl: Sabrina Esser -33 (Marken & Media), Kathrin Marion Fischer -75 (Digital Sales), Geraldine Schleder -19 Büro Berlin Fon +49 30 4036705-Durchwahl: Sebastian F. Dudey -11 (Live Entertainment & Kleinanzeigen) Auftragsannahme & Administration Eva Sieger (Leitung) -14, Florian Schuster -16 Fax +49 221 94993-88 Aktuelle Anzeigenpreisliste Mediadaten 2017 (Nr. 27 aus 11/2016) Download Mediaunterlagen hoerstmann.de/mediadaten Bankverbindung Volksbank Borgloh e. G., BLZ: 26 5624 90, Nr.: 406490900 Termine für Nr. 253 / Juni 2017: Redaktionsschluss: 04.05.2017; Termin- & Anzeigenschluss: 11.05.2017; Druckunterlagenschluss: 15.05.2017; Erscheinungstermin: 29.05.2017

Mexikaner gibt es immer, wenn Intro zum gemütlichen Anstoßen auf die neue Ausgabe einlädt. Das passiert jeden Dienstag nach Heftrelease im Stereo Wonderland in Köln. Kommt gerne mal vorbei, wenn ihr mit uns einen trinken oder uns zum Armdrücken herausfordern wollt, weil wir die Platte eurer Lieblingsband verrissen haben. Zum Beispiel am 25. April.

Wir haben uns sehr gefreut, mit unseren Leserinnen und Lesern in Köln und Berlin auf 25 Jahre Intro anzustoßen und tolle Shows von Drangsal, Lea Porcelain, Wanda, Soulwax und Meute zu sehen. Für alle, die dabei waren oder es gerne gewesen wären, haben wir auf intro.de/25 eine Menge ­Videos, Fotos und Nachberichte zusammengestellt.

Druck Konradin Druck GmbH, Leinfelden-Echterdingen IVW-geprüfte Auflage & Verbreitung IV. Quartal 2016 Druckauflage: 79.558 / verbreitete Auflage: 77.730 (Durchschnittszahlen) Bezugsquellen Erhältlich an 1.203 Auslagestellen im gesamten Bundesgebiet sowie im Abonnement Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier, 100% Altpapier. Alle Veranstaltungsdaten sind ohne Gewähr und Verlosungen vom Rechtsweg ausgeschlossen. Abdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages! Mit Namen gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Keine Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos! Proud member of Hörstmann Unternehmensgruppe


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Endlich bekommt Wolfgang Tillmans seine erste Ausstellung im Tate Modern! In seiner Multimedia-Werkschau widmet er sich der Entwicklung in der Welt seit dem Jahr 2003, der Invasion im Irak und den darauffolgenden Antikriegsdemonstrationen. Auch wenn man es seinen Arbeiten nicht auf den ersten Blick ansieht, sind politische und soziale Ereignisse darin stark repräsentiert.


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Die grellen Collagen und Fotomontagen der Britin Linder Sterling sind stark vom Punk der 70er und 80er geprägt. In Stockholm findet zurzeit ihre erste Solo-Ausstellung auf schwedischem Boden statt. Für Zuhausegebliebene empfiehlt sich der 2015 bei Ridinghouse erschienene ­Fotoband »Linder«.


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Am 6. Mai findet in Tiflis die binationale Gruppenausstellung »The Future Is Ours« statt. Sie beschäftigt sich mit georgischen und deutschen Perspektiven auf die Jugendkultur und ist Teil des Programms des diesjährigen Kolga Tblisi Photo Festivals. Das abgebildete Motiv steuerte die langjährige Intro-Fotografin Sandra Stein bei.


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#Pop #Tom Schilling

Tom Schilling

»BLOSS KEIN ZEITGEIST!« #Pop — Wenn deutsche Schauspieler zu singen beginnen, ist grundsätzlich Skepsis angebracht. Das hat uns die Musikgeschichte erst kürzlich wieder gelehrt. Tom Schilling jedoch ist eine erfreuliche Ausnahme: Mit den befreundeten Jazz Kids und dem Produzenten Moses Schneider hat er ein zeitloses, formidabel getextetes Album namens »Vilnius« aufgenommen. Text: Daniel Koch. Foto: Svenja Trierscheid

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s ist keine neue Erkenntnis, dass Tom Schilling gerne singt und dies sogar auf Bühnen tut. Mit den Jazz Kids spielte er bereits 2016 eine Clubtour, eröffnete 2015 als erste Feuerprobe gar ein Konzert von Calexico. Und dann gab es natürlich noch den von Schilling geschriebenen »Fischer’s Song« vom »Oh Boy«Soundtrack, auch eine kleine Perle. Trotzdem ist »Vilnius« erstaunlich. Weil es komplett in deutscher Sprache geschrieben ist und weil man gleich an Referenzen denkt, die man sich eigentlich erst verdienen muss: an die frühen

Element Of Crime, an den von ihm verehrten Nick Cave, an den schwermütigen Gisbert zu Knyphausen und seine »Mörderballade«. Die ersten beiden nennt Schilling dann auch als Inspiration, ihnen verdanke er das eine oder andere »musikalische Erweckungserlebnis«. Mit 20 begann er die ersten Texte zu schreiben, »zunächst Gedichte, weil ich spürte, dass ich diese Liebe zum Wort in mir habe«. Als er eine Gitarre geschenkt bekam und später ein Klavier kaufte, schaffte er sich die Basics drauf, einen Song zu schreiben. »Ich merkte, dass einige Gedichte doch lieber Songs sein wollten und ich mit diesem rudimentären Wissen schon Lieder komponieren konnte, wie sie mir gefallen. Mir sind einfach strukturierte Songs nah – russische Volkslieder zum Beispiel oder Stücke von Hank Williams und Bob Dylan.« Im Gespräch spürt man förmlich, wie wichtig Schilling das Musikmachen ist. Fast wirkt es, als sei er nervös, wenn das Herzblut bei einer Antwort mit ihm durchgeht. Sehr sympathisch ist das. Zum Beispiel, wenn er davon schwärmt, wie man die Songs live im Studio eingespielt – eine Idee von Moses Schneider – und diese »kalkulierte Überforderung der Musiker« schließlich zu einem stimmigen Klangbild geführt habe. Aber Tom Schilling scheut sich »Mir sind auch nicht, zuzuge- einfach struk­ ben: »Ich habe schon tu­rierte Songs vor fünf Jahren den Versuch gestartet, mit nah – russische einem Freund ein Al- Volkslieder zum bum aufzunehmen. Beispiel oder Das ist aber kläglich Stücke von gescheitert, weil ich die Kontrolle verloren Hank Williams habe.« Er habe bei den und Bob Dylan.« Arrangements und beim Sound zu viele Eingeständnisse gemacht, und nachher klangen »die Songs irrsinnig belanglos und kitschig«. Der letzte Baustein zu »Vilnius« war schließlich das Artwork: ein »Seestück« des Malers Gerhard Richter, dessen »Kerze« bekanntlich das Cover von Sonic Youths »Daydream Nation« ziert. Passiert nicht oft, dass Richter so was erlaubt. »Ich schrieb ihm einen sehr langen Brief und dachte: Entweder der sitzt oder eben nicht. Eine Woche später meldete sich Richter, bedankte sich für den Brief und fragte, ob das Bild nicht zu düster sei.« Und dann sagt Schilling noch etwas, das nicht nur zum Cover passt: »Ich wollte keinesfalls in die Falle tappen, was zu machen, das in fünf Jahren schon wieder völlig gealtert ist. Also bloß kein Zeitgeist!« Das ist ihm mit »Vilnius« gelungen – dieses Album wird auch in fünf Jahren noch so herrlich aus der Zeit gefallen klingen wie heute schon. — Mehr Interview auf intro.de — Tom Schilling & The Jazz Kids »Vilnius« (Embassy Of

Music / Warner) — Auf Tour vom 02.05. bis 07.07.


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Abonnier uns: 10 × Intro, 1 × Festivalguide und eine Prämie. Für nur 30 Euro.* Die Abo-Prämien, empfohlen von Intro Alexandre Aja Das neunte Leben des Louis Drax

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LP – Audiolith / Broken Silence

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––––– Captain Capa This Is Forever

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LP – Rookie / Indigo

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––––– Thurston Moore Rock N Roll Consciousness LP – Caroline / Universal

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*Abo-Preise: Inland 30 € (inkl. Prämie), Ausland 35 € (exkl. Prämie), Ausland 42 € (inkl. Prämie). Abo-Dauer: ein Jahr, danach automatische Verlängerung. Das Prämien-Kontingent ist begrenzt – keine garantierte Lieferung der Wunschprämie. Prämienversand erst nach VÖ-Termin der Prämie und Zahlungseingang. Vorzeitige Abo-Kündigung berechtigt nicht zur Erstattung etwaiger Restbeträge. Bestellwiderruf bis vierzehn Tage nach Bestelldatum möglich. Alle Details: siehe intro.de/abo.

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#Pop #Ray BLK

Ray BLK

»SICK, SICK« #Pop — 20 Jahre nach der Britpop-Ära gilt Londons Musikszene noch immer als kreative Konstante in der europäischen Popkultur. Egal, in welche GenreSchublade man blickt, der charakteristische UK-Sound bleibt auch 2017 rough und einzigartig. R’n’B-Newcomerin Ray BLK hat dennoch ein gespaltenes Verhältnis zu ihrer Heimatstadt London, wie Sermin Usta im Interview feststellt. Foto: Peter Kaaden

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ou should come to my hood, my hood, my hood«, lautet das Mantra ihrer ersten Single, die Ray BLK innerhalb weniger Wochen auf alle Newcomer-Listen Englands katapultiert hat. Die Prognose ist eindeutig: Ray BLK, mit bürgerlichem Namen Rita Ekwere, wird die neue Lauryn Hill der Brit-Metropole. Die Frau könnte dem britischen R’n’B eine emanzipierte Stimme geben und dem SatinBettwäsche-Image des Genres mit inhaltlich sinnvollen und authentischen Geschichten

den Garaus machen. Kurz vor ihrem Auftritt in Berlin, als Support für Emeli Sandé, treffe ich die 24-Jährige im Backstage der Berliner Columbiahalle und lasse mich, ehe ich meine Papiere sortiert habe, in ein Gespräch über Londons Musikszene verwickeln: »Bei Musik aus UK denken die meisten an Pop- und Rockmusik, aber sicher nicht an R’n’B oder Rap. Durch das Internet bekommen nun auch unbekanntere Künstler aus London eine mediale Plattform.« Mit einer Mischung aus HipHop und R’n’B, viel Selbstbewusstsein und der nötigen DIYMentalität hat es die Sängerin an die Spitze der BBC-Prognose »Sound of 2017« geschafft. BLK ist die erste Gewinnerin, die bis zu dieser Ehrung keinen Plattenvertrag hat. Wer ihr dazu geraten habe, frage ich. »Stormzy, an dem Abend, als wir einander vorgestellt wurden. Das war 2014 auf einem Talentwettbewerb in Croydon. Später, als die Show vorbei war, haben wir uns eine Weile unterhalten. Er bat mich spontan zu singen. Danach meinte er nur: ›Du brauchst kein Label, du wirst es ganz allein schaffen.‹« Authentizität und den Alleingang zu predigen ist eine Sache, sie durchzuziehen eine andere. Aber Englands Grime-Superstar sollte recht behalten. Ray BLKs erste Single »Ich bin »My Hood« ihrer aktu- ein Produkt ellen EP »Durt«, auf der meiner man auch Stormzy hört, ist eine bittersüße Hom- Umgebung« mage an Catford, einen Bezirk im Süd-Osten der Stadt, in dem Rita aufwuchs, nachdem sie als Vierjährige mit ihrer Familie Nigeria verlassen hatte. »Ich bin ein Produkt meiner Umgebung«, erklärt sie stolz, auch wenn man merkt, dass sie auf keinen Fall undankbar klingen möchte. »Catford ist zwar keine Gegend, in der man sich wünscht, als Kind aufzuwachsen, aber hätte ich das alles nicht erlebt, wäre ich heute eine andere.« Jahre später, an der Uni, versuchte sich die Sängerin erst an einem Jura-Studium, bevor sie ihre Passion in englischen Schmökern fand. Warum Jura nicht das Richtige war? »Weil es kein bisschen so war wie in ›Ally McBeal‹.« Mit dem Uni-Abschluss in der Tasche kann sich die Sängerin nun, getreu der Philosophie ihres Namens BLK (»Building, Living, Knowing«), entspannt ihrer Musik widmen. Ob die Straßen Londons auch die Inspiration für ihr anstehendes Debüt liefern werden, weiß man nicht. Ohne Londons Slang wird es aber ganz sicher nicht gehen: »Den vermisse ich auf Tour am allermeisten. Sage ich ›sick, sick‹, denken immer alle, ich sei krank. Dabei will ich einfach nur klarmachen, wie cool ich etwas finde.« — Ray BLK »Durt« (Ray BLK)


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#Kultur #Hendrik Otremba

Hendrik Otremba

KEIN SCHAUMSCHLÄGER #Kultur — Hendrik Otremba ist Sänger der Band Messer sowie Maler und Schriftsteller. Sein Debütroman »Über uns der Schaum« beschreibt einen wilden Roadtrip in düsterer Zukunft. Lars Fleischmann über einen Dandy, der gern allein ist. Foto: Lisa-Marie Fechteler

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ls ich Hendrik Otremba das letzte Mal persönlich sprach, lud er mich in den Backstage-Bereich des Kölner Gebäude 9 ein. Eine Stunde später sollte er mit seiner Band Messer auftreten. Hendrik saß zwischen Bandkollegen und Bekannten und blubberte durch einen Schlauch Blasen in eine Wasserflasche. Auf die Frage, warum er das mache, antwortete er: »Ich habe gehört, das soll die Stimmbänder aufwärmen und schonen.« ­Sicher wird ihm klar gewesen sein, dass das auch humorig aussah, wie er so blubberte, während alle Bier tranken, aber die Sache war mehr professionell und weniger ein Gag. Dieses Bild passt zu Hendrik Otremba: mit einem verschmitzten Grinsen im Gesicht Sachen todernst anpacken. So geht er mit Philipp Wulf, Pogo McCartney, Milek und Manu Chirra die Postpunk-Band Messer an, so malt er seine Bil- »Der Schaum der Tage«. Vian hatte sich Otder, die schon mehrfach Plattencover zierten. remba bereits mit den Messer-Kollegen auf der Und so schrieb er auch seinen Debütroman Theaterbühne gewidmet. Aber auch Cormac »Über uns der Schaum«. McCarthy oder den wegen seines NationalisDie Hauptfigur, Joseph Weynberg, ist ein mus mehr als streitbaren Mishima Yukio nennt Detektiv mit gebrochenem Herzen. Er lebt er als Referenzen. Gemein sind diesen Autoren in einer Zukunft, in der die Erde eine wüste gebrochene Männlichkeit, falsche RollenbilLandschaft ist. Science-Fiction und 1950er- der und campe Queerness in ihren Werken. Jahre-Noir-Rausch tanzen in dem Roman hin Jenen Spannungsfeldern widmet sich Otremba und her. »Neo Noir« nennt der Verlag das. Klar, auf allen künstlerischen Ebenen – manchmal Otrembas Figuren atmen alten Rauch in neuer subtil, manchmal recht direkt. Auch mag er Luft, aber man kann deutlich Einflüsse jenseits des Noir-Genres he»Ich kann mir nichts Schlimme­res rauslesen – wie Henry Miller zum Beispiel, oder Boris Vian, Autor der vorstellen als einen ›work space‹ mit surrealistischen Liebesgeschichte anderen Leuten.«

sich weder vom Dandy noch vom Flaneur abgrenzen. Stil und Lässigkeit bleiben immer wichtig. Dahinter steht die Suche nach Haltung. Die politische Praxis, die er sich in der Hardcore- und Punk-Szene des Ruhrgebiets, wo er 1984 geboren wurde, abgeholt hat, wirkt bis heute. Er ist ein guter Redner und wunderbarer Gesprächspartner. Daran erinnern mich selbst die E-Mails, dir wir uns aufgrund dieses Artikels schicken. Bleibt die Frage, ob er beim Schreiben der kommunikative Band-Typ ist oder eher der einsame Detektiv. »Ich sehe nur Vorteile darin, allein zu arbeiten. Es sei denn, es geht um musikalische Schaffensprozesse – dort bedarf es aber auch der Einsamkeit. Ich kann mir nichts Schlimmeres vorstellen als einen ›work space‹ mit anderen Leuten.« Bestimmt musste er verschmitzt grinsen, als er das schrieb. — Hendrik Otremba »Über uns der Schaum«

(Verbrecher; 250 S.; € 22)


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Wenn ich nur Musik in jedem Raum abspielen kรถnnte.

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TOP 7

Bücher gegen die Frühjahrsmüdigkeit # Kultur — Wenn die Gefühligkeit des auf­­keimenden Frühlings in Schlaffheit um­schlägt, helfen nur noch Amphetamine und Bücher. Wolfgang Frömberg hat den Winterschlaf ausnahmsweise mal ausge­lassen, um ein paar Seiten vorzublättern. Hier sind seine Vorschläge für einige durch­gelesene Tage und Nächte bis zum Sommer.

festival 2017 day & night 100 artists 3 openairstages day 9 locations 14 floors night

sat

fritz kalkbrenner live stephan bodzin live

a.n.a.l — aka aka feat. thalstroem — alle farben — âme dj — andhim — andreas henneberg — blade & beard — claptone — dominik eulberg — marika rossa — moonbootica — oliver koletzki — sascha braemer — speedy j — more to come …

in alphabetical order:

das ganze line up und alle infos findet ihr unter: docklands-festival.de

04 Rachel Kushner Telex aus Kuba Kushners Debütroman spielt während der Revolution auf Kuba. In Deutschland erschien zunächst ihr zweites Buch »Flammenwerfer«, das zwischen New Yorker Kunstszene und Arbeitskämpfen in Italien pendelt. Als Freiraum, in denen Kushners Figuren denken und fühlen, dienen die mit Watte gefütterten Bunker der bürgerlichen Welt. So gedämpft, wie man manchmal die Wahrheit in der eigenen Brust schlagen hört, kommt in diesen wattierten Schlössern der Sound der Wirklichkeit an. Kushner führt den Herzschlag ihrer Hauptfiguren und den Puls der Verhältnisse zueinander, bis es auch mal knallt. — rowohlt.de

01 Marlon James Eine kurze Geschichte von sieben Morden

05 Wolfgang Seidel Wir müssen hier raus!

Zu Recht mit dem Man Booker Prize ausgezeichnet. James schafft es, einen Wimpernschlag der Geschichte, und sei er noch so drastisch, in eine mit unfassbarem Tempo erzählte voluminöse Story aufzufächern, in der Details Raum finden, die sonst unterm Teppich bleiben: Zahlreiche Perspektiven auf den Alltag Jamaikas sowie die politischen Hintergründe der Seventies fügt der Autor brillant zu seinem an James Ellroys Kriminalromane erinnernden Thriller zusammen. Fixpunkt: das Attentat auf Bob Marley 1976. Keine Atempausen, keine Klischees. — randomhouse.de

Krautrock ist eine oft genannte Referenz, wenn es darum geht, zeitgenössische Musik zu beschreiben. Aber was macht den Sound zwischen elektronischer Avantgarde, endlosen Gitarrensoli und Trommelworkshop-Ästhetik tatsächlich aus? Ton-Steine-Scherben-Gründungsmitglied Seidel entmystifiziert den Kräutergarten und setzt die Musik in den politischen Kontext, in dem sie entstand. Ein sehr erhellendes Buch. Und die, mit Verlaub, Berliner Schnauze des Autors trägt auch noch zur Unterhaltung bei. Danach hört man Kraftwerk mit anderen Ohren. — ventil-verlag.de

02 Chris Kraus I Love Dick

06 Jacob Wren Rich and Poor

Die Filmemacherin und Autorin hat den autobiografischen Essay schreibend zur Waffe geschärft. Zwar federleicht, doch scharfsinnig und -kantig ist ihr Text, der aus unzähligen Briefen an einen Typen namens Dick besteht, in den sie sich spontan verliebt. Und den sie gerne ficken möchte. Während die Ich-Erzählerin ihre obsessive Briefeschreiberei zunächst als Kunstprojekt mit dem Gatten entwickelt, führt die »Affäre« allmählich ihren andauernden Akt des Widerstands vor Augen – gegen eine Welt, deren sämtliche Milieus in Männerhand sind. — matthes-seitz-berlin.de

Wren beschreibt die Planung und Durchführung eines politisch motivierten Attentats – und erzählt damit auch von den Umständen, die ein solches erst möglich machen. Der eine Ich-Erzähler ist ein Pianist aus behüteten Verhältnissen, der zum Tellerwäscher wird. Sein Plan ist, einen Milliardär zu ermorden, dessen Stimme den anderen Teil des Romans ausmacht. Sein Verständnis der kapitalistischen Verhältnisse scheint in den Abschnitten auf, die der Attentäter in spe aus dessen Autobiografie zitiert. Das Ende hat etwas Revolutionäres. — bookthug.ca

03 Anselm Neft Vom Licht

07 China Mieville Dieser Volkszähler

Dieser Roman lässt einen mitunter frösteln, aber kalt sollte er niemanden lassen. Der 21-jährige Adam erzählt vom Leben seiner Familie, die er als Einziger überlebte. Nahe einem österreichischen Dorf wachsen seine »Schwester« und er bei ihren deutschen Adoptiveltern auf. Die Aussteiger unterrichten die Kinder selbst. Vor dem Hintergrund ihrer Licht-Religion, die sich von den »falschen Christen« absetzt, entfaltet sich ein aus Adams Perspektive gebauter Denkroman. Sein Ringen um Erkenntnis und Kontrolle imponiert und wühlt auf. Ein Meisterstück zwischen Horror und Satire. — satyr-verlag.de

Der Brite ist ein arschcooler sozialistischer Science-Fiction- und Fantasy-Autor, am 9. Mai erscheint außerdem sein Abriss der Oktoberrevolution. Die vorliegende Novelle beginnt mit einem wundervollen Essay der Fantasy-Autorin Jane Gaskell und scheint sich als eigener Text zwischen dessen Zeilen abzuspielen. In einer Welt, in der Häuser aus Grimm und gegen die Umstände gebaut werden, die Wirklichkeit aber durch jede Ritze eindringt. Eine rätselhafte Geschichte – wie das eigene Leben. — liebeskind.de


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25 Jahre Intro

ALL DIE SCHÖNEN MENSCHEN! #Style — Am 31. März haben wir im Kölner E-Werk und am 1. April im Berliner Huxleys Neue Welt unseren 25. Geburtstag gefeiert. Viele von euch stellten sich dabei vor unsere Sofortbildkameras und hinterließen ihre Glückwünsche. Hier gibt’s eine kleine Auswahl der Fotos, weil wir uns mal wieder aufs Neue in unsere Leserinnen und Leser verliebt haben. Was an dem Abend alles so passiert ist, könnt ihr auf intro.de/25 nachlesen. Da gibt’s auch noch weitere Bilder.

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#Pop

#Pop #Wer Wir Sind

SKOTT Herkunft: Schweden Genre Eiskristall-Electro-Pop Mitglieder: 1 Besondere Vorkommnisse: Twitter war nie

das Ding der jungen Schwedin. Kaum hatte sie jedoch einen Account – »weil man das als Künstler heute ja so machen muss« –, gab es eine Nachricht von Lorde. Die schrieb über Skotts Debütsingle »Porcelain«: »lady, porcelain is the shit.« Aktuelle Single »Glitter & Gloss« (Chess Club / Sony) Deine erste Single »Porcelain« wurde von Lorde gefeiert, Sony wird dein Debütalbum rausbringen, sobald es fertig ist. Ein ziemlicher Raketenstart. Wie fühlt sich das an?

Surreal. Vor einem Jahr sah ich mich noch nicht mal als Künstlerin. Ich hatte riesige Flugangst und wusste noch gar nicht, ob ich überhaupt auf der Bühne stehen kann und will. Und jetzt reise ich durch die Welt, spiele Konzerte – und sehe immer mehr Menschen vor der Bühne, die meine Lieder mitsingen. Das ist dann der schönste Moment, in dem ich merke, dass es sich alles genau so richtig anfühlt. »Porcelain« klingt nach der perfekten Radiosingle, obwohl es dein erstes musikalisches Lebenszeichen war. Was ist zuvor passiert, damit das so rund klingen konnte?

Ich ging in Stockholm auf eine Schule, auf der man das Produzieren und Schreiben von Songs lernen kann. Ich wollte eigentlich immer Songwriterin werden, weil mir der Gedanke nicht behagte, selbst als Künstlerin auf der Bühne zu stehen. Diese

Schule arbeitet sehr eng mit der Musikindustrie zusammen. Ich wurde von Sony als Songwriterin gesignt, weil sie meine Songs mochten. Allerdings fanden sie nie wirklich Künstlerinnen oder Künstler, zu denen sie passten. Und ich hatte Schwierigkeiten, mir in die Songs reinreden zu lassen und sie zu ändern. Also sang ich sie selbst. Meine Theorie ist aber: Die Leute bei Sony wussten, dass ich eine Künstlerin bin, wollten aber, dass ich selbst an den Punkt komme, an dem ich das einsehe. Und seit wann hast du Musik gemacht oder geschrieben?

Ich bin in einem kleinen Dorf aufgewachsen und hatte schon früh eine Verbindung zur Volksmusik, weil sie ein wichtiger Teil meines Lebens dort war. Ich spielte zuerst nur Violine. Mit 13 oder 14 interessierte ich mich sehr für Videospiele, und Freunde von mir programmierten ihre eigenen kleinen Games. Das waren teilweise sehr rudimentäre Spiele, aber sie fragten mich, ob ich die Musik dazu produzieren könne. Da die Grafik, sage ich mal, sehr viel Raum für die eigene Fantasie ließ, war die Musik sehr wichtig, um die richtige Stimmung zu setzen oder manchmal gar Welten zu kreieren. Ich experimentierte also mit einem Aufnahmeprogramm am Computer und produzierte erste Instrumentalstücke. Mit 15 oder 16 begann ich mich für Pop zu interessieren, und ein Nachbar schenkte mir ein Klavier. Da begann ich dann auch, mit meiner Stimme zu experimentieren und richtige Songs zu schreiben. Interview: Daniel Koch

Martin L. Gore über das erste »fuck« von Depeche Mode #Pop — Depeche Mode haben ein neues, sehr düsteres, von James Ford produziertes Album namens »Spirit« veröffentlicht. Im Song »Fail« singt die Band zum ersten Mal in ihrer Geschichte das »f-word«: »Our minds are messed up / Our consciences bankrupt / Oh, we’re fucked.« Martin L. Gore – Hauptsongschreiber von Depeche Mode und Urheber dieser Zeilen – erklärt Daniel Koch, warum die Zeit dafür reif war.

Es ist tatsächlich das erste Mal, dass wir das Wort benutzen. Ich finde es angemessen, weil es im letzten Song noch einmal die dunkle Stimmung auf »Spirit« unterstreicht. Als ich Ende 2015, Anfang 2016 mit dem Songschreiben begann, fühlte es sich für mich an, als würde die Welt langsam vor die Hunde gehen. Ich musste das einfach thematisieren. Und auch wenn ich damals nicht gedacht hätte, dass Trump Präsident werden würde, sah man, wie der Trump-Zug langsam Fahrt aufnahm und den ganzen Wahlkampf in den Schmutz zog. Gleichzeitig sah und sieht man jeden Tag diese grausamen Bilder aus Syrien, die niemanden mehr zu scheren scheinen. Wundert es da, wenn ich einen düsteren Blick auf die Welt kriege und konstatieren muss: »We’re fucked«? Ein kleiner Fakt am Rande: Eine junge Künstlerin aus Australien arbeitet gerade an einem Kunstwerk, bei dem sie die Worte »We«, »Are« und »Fucked« in Gebärdensprache malt. Das ist ein Weihnachtsgeschenk für meine Frau. Ich müsste die Künstlerin natürlich noch fragen, aber ich denke gerade, dass das auch ein tolles Motiv für ein T-Shirt wäre. — Das ganze Interview auf intro.de — Depeche Mode »Spirit« (Columbia / Sony) — Auf Tour vom 27.05. bis 04.07.


#Pop

Sophia Kennedy

ES DARF HALT NICHT SCHEISSE SEIN #Pop — Die Wahlhamburgerin Sophia Kennedy hat ein vor Ideen explodierendes Pop-Album aufgenommen und ist damit erstaunlicherweise bei Pampa Records gelandet, die so was bisher nicht im Repertoire hatten. Wie das passieren konnte, erklärte sie Daniel Koch im PampaHeadquarter in Kreuzberg.

M

an kann doch alles machen, wenn man nicht nervt und nicht scheiße dabei ist.« Tolle Sätze wie diese haut Sophia Kennedy häufig raus in dieser halben Stunde Interview, in der wir den Kaffee stilecht aus DJ-Koze-Tassen trinken. Ihr Debüt, das nur ihren Namen trägt, hat dieses Statement quasi vertont. Da reiht sich eine sehnsüchtig verhallte Ballade auf ihre einstige Heimatstadt »Baltimore« an einen verorgelten Beat-Schieber wie »Foam«, da trifft die nervös geigende »Dizzy Izzy« auf »William By The Windowsill«, der ein ganz großer Popsong sein könnte, wenn er nur halb so bockig wäre. »Bewährtes aufgreifen und es durcheinanderwirbeln«, so beschreibt Sophia ihre Arbeitsweise und trifft es damit ganz gut. »Meine Stimme und das Klavier

sind schon die Basis meines Songwritings, und das kann natürlich ganz schnell ganz scheiße werden. Das kann ganz schnell in so ein langweiliges, abgedroschenes, biederes Ding kippen. Das wollte ich unbedingt vermeiden.« Dieses Arbeitsziel haben sie und Produzent Mense Reents erreicht. Und da dieser seine Solosachen auch bei Pampa veröffentlicht, lag es für sie nahe, dort mit dem vollständigen Album vorstellig zu werden. Dass Sophia nun Musikerin ist, die auch für namhafte Theater wie das Deutsche Theater in Berlin oder das Thalia in Hamburg komponiert, war eher Zufall. Eigentlich wollte sie Filme machen und ging für das entsprechende Studium an die Kunsthochschule in Hamburg. Wobei: »Ich war eigentlich nur da, um irgendwo zu sein. Ich hatte als Jugendliche schon viel gefilmt und Musik gemacht. Und dachte erst, Film sei es für mich.« Aber dafür sei sie auf Dauer zu ungeduldig gewesen, gibt sie zu. Als

sie dann mit Erobique ihre erste Single »Angel Lagoon« produzierte, war die Sache für sie klar: doch eher Musik. Eine glückliche Fügung, wobei folgender Film schon interessant klingt: »In einem ging es um eine Pfirsich-Sekte, die alle Menschen zu Pfirsichen machen wollte, weil es der Erde dann besser ginge.« Ganz so durchgeknallt ist ihre Musik und das darin auftauchende Personal nicht, und doch gab es in diesem Jahr bisher kaum ein Album, das noch mehr Ideen rausfeuert. — Mehr Interview auf intro.de — Sophia Kennedy »Sophia Kennedy«

(Pampa / Rough Trade / VÖ 28.04.17)

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#Pop

3 Fragen an

JOE GODDARD #Pop — Willkommen im experimentellen Sterne-Restaurant von Joe Goddard. Mit seinem SoloDebüt »Electric Lines« serviert er der hungrigen Hot-Chip-Electro-Meute ein Menü, bei dem man erst am Ende begreift, was da gerade kulinarisch mit einem passiert ist. Hannah Bahl hat den erstaunlich schüchternen DJ, Produzenten und Alleskönner zum Interview getroffen.

Das Album ist stilistisch ziemlich wild geworden. Hattest du jemals Angst, den roten Faden zu verlieren?

Das Album hat zwar kein spezifisches Thema, aber ich glaube, man merkt sehr schnell, dass die Synthesizer oder Keyboards, die ich nutze, zu einem bestimmten Tempo und Drive führen, der sich durch das ganze Album zieht. Ich mag es, wenn ein Album so ein bisschen »all over the place« ist und gleichzeitig wie ein richtig gut abgeschmecktes Essen funktioniert, bei dem jede Komponente stimmt. Ich wollte ein Album machen, auf dem man geschmacklich jede Menge verschiedene Musikfarben probiert. Viele der Songs klingen sehr positiv. Hast du dich bewusst dafür entschieden?

Ich bin eigentlich eher ein Pessimist und habe ernsthafte Probleme, bei der aktuellen Weltlage noch positiv zu bleiben, weil ich mir nicht vorstellen kann, wie wir als Spezies aus diesem ganzen Mist hervorgehen sollen. Meine Frau erinnert mich dann immer wieder daran, dass das Leben doch auch sehr schön ist. Deshalb wollte ich unbedingt auch einen so positiv romantischen Song wie »Sail Away With Me« auf dem Album haben. In »Electric Lines« singt Alexis Taylor von Hot Chip die Lyrics: »Make something out of your fear.« Ist das für dich dann schon auch irgendwie eine politische Message im Hinblick auf die Lage der Welt?

Ja, das kann man auf jeden Fall politisch verstehen. Ich finde auch, dass wir als Künstler eine Pflicht haben, den Mund aufzumachen und nicht wegzuschauen. Dabei bewundere ich jemanden wie Bob Dylan, der es einfach immer schafft, dass sich seine Texte nicht nach einer Predigt anhören. Ich wünschte, so könnte ich auch schreiben, um die Dinge, die ich gerne sagen würde, zu vertonen, aber ich bin halt leider kein guter Lyriker, da reicht es eben nur für gute Pop-Songs. — Mehr Interview auf intro.de — Joe Goddard »Electric Lines« (Domino / GoodToGo) — Intro empfiehlt die Show am 28.04.

#Redaktionstipp

HipHopMixtapeArtwork

In einer Zeit, in der jeder seine Musik im Netz frei zur Verfügung stellen kann, gilt es offenbar,m mit einem auffälligen Artwork zu punkten. Der Bildband »Damn Son Where Did You Find This?« erzählt die Geschichte von 500 HipHop-Mixtapes und deren ganz speziellen Cover. Humorvoll und kritisch gehen die Autoren Tobias Hansson und Michael Thorsbyhat einer Subkultur und deren Stereotypen auf den Grund. Wer wissen möchte, wieso sich viele Rapper als Superhelden darstellen, warum Geldscheine nur so rumfliegen müssen und Frauen nichts zum Anziehen haben, sollte sich neben großartiger Cover-Kunst die kuriosen Anekdoten über gecrackte Photoshop-Lizenzen, Drogenkriminalität und Razzien wegen Musikpiraterie nicht entgehen lassen. Sermin Usta (Redakteurin Intro)


Typotunes

TYPEN UND TÖNE #Pop — Die zutiefst leidenschaftliche, geradezu religiöse Begeisterung für Typografie können wir jeden Tag auch in unserem Grafik-Team beobachten. Hier soll es aber um die Spielwiese von Sascha Jörres und Fidel Bums gehen, die auf typotunes.de jede Woche einen neuen Song in ein typografisch gestaltetes Poster verwandeln. Im letzten Jahr waren das ihre aktuellen Lieblingssongs, in diesem Jahr widmen sie sich dem Trash-Pop. Hier eine kleine Auswahl. Ein Interview dazu findet ihr auf intro.de.

TOM ODELL MILKY CHANCE

AMANDA PALMER & EDWARD KA-SPEL VON WEGEN LISBETH RY X. BUKAHARA #Redaktionstipp

Instagram Account @sadtopographies Sollte dich das nächste Mal der Weltschmerz überkommen – verstoße ihn nicht, sondern umarme ihn an Orten, die sich genauso elendig anhören, wie du dich fühlst: Mit seinem Instagram-Account »Sad Topographies« nimmt der Australier Damien Rudd uns mit an die deprimierendsten Orte der Welt. Hier kann man sich absolut wertlos fühlen bei einer Tretbootfahrt über den Disappointed Lake, sich an den Stränden der Solitude Island in Einsamkeit suhlen und das bedrohliche Rauschen der Dog Slaughter Falls genießen. Henrike Schröder (Volontärin Festivalguide)

THE SLOW SHOW. GIANT ROOKS HELGI JONSSON & TINA DICO JESPER MUNK. KILIANS WHY?. LUBOMYR MELNYK FIL BO RIVA. U.V.A. WWW.TR AUMZE I T-FE S T IVAL .DE


Mehr Informationen und Tickets unter fourartists.com

#Life — Cover Kitchen

Pet Shop Boys »Super«

Für »Super« 1 Bio-Ei vorsichtig in der Pfanne aufschlagen, kalt werden lassen und noch vorsichtiger mit blauer Lebensmittelfarbe beschriften.

Das Unbehagen in den Städten #Life — Der Illustrator Peter Hoffmann hält absurde Szenen fest, die wahrscheinlich in jeder Großstadt vorkommen.

28.06. HAMBURG - MOJO 29.06. KÖLN - GLORIA

03.07. BERLIN - GRETCHEN 06.07. MÜNCHEN - MUFFATHALLE

04.10. HANNOVER • 05.10. HAMBURG 06.10. BREMEN • 07.10. OSNABRÜCK 09.10. DORTMUND • 10.10. KÖLN 11.10. FRANKFURT • 13.10. FREIBURG 14.10. KARLSRUHE • 15.10. SAARBRÜCKEN 17.10. STUTTGART • 18.10. ZÜRICH 19.10. BERN • 20.10. KONSTANZ 21.10. MÜNCHEN • 23.10. WIEN 24.10. LINZ • 25.10. NÜRNBERG 27.10. LEIPZIG • 28.10. DRESDEN 29.10. BERLIN

27.04. FRANKFURT - ZOOM • 28.04. KÖLN - LUXOR • 29.04. DRESDEN - BEATPOL 01.05. LEIPZIG - NAUMANNS • 02.05. HAMBURG - MOJO CLUB 03.05. BERLIN - BI NUU • 05.05. MÜNCHEN - MUFFATHALLE 06.05. STUTTGART - WIZEMANN CLUB • 08.05. NÜRNBERG - HIRSCH 09.05. WIEN - FLEX CAFE • 10.05. SALZBURG - ROCKHOUSE BAR 11.05. MANNHEIM - ALTE FEUERWACHE • 12.05. REGENSBURG - MISCHWERK

27.05. BREMEN - TOWER • 29.05. HAMBURG - MOLOTOW 31.05. LEIPZIG - NAUMANNS • 01.06. MÜNSTER - GLEIS 22 02.06. HALDERN - POP BAR • 03.06. BEVERUNGEN - OBS 05.06. ERLANGEN - E-WERK

06.08. Köln - Club Bahnhof Ehrenfeld 08.08. Frankfurt - Zoom


Nick Cave And The Bad Seeds

5 SONGS, DIE AUF DER BEST-OF FEHLEN #Pop — In Kürze erscheint mit »Lovely Creatures« ein Best-ofAlbum von Nick Cave And The Bad Seeds. Die üppigste Variante mit drei CDs, Booklet und DVD enthält 45 Titel und hat eine Spielzeit von drei Stunden, 48 Minuten und 18 Sekunden. Martin Lippert und Daniel Koch, die Nick-Cave-Ultras im Hause Intro, haben trotzdem was zu meckern: Die folgenden Songs fehlen unverzeihlicherweise. 01 The Ballad Of Robert Moore And Betty Coltrane

04 Time Jesum Transeuntum Et Non Riverentum

Obwohl der Song die konsequenteste und beste aller »Murder Ballads« ist, hat er es weder auf das Album »Murder Ballads« noch auf die Best-of geschafft. Stattdessen wurde er als B-Seite von »Where The Wild Roses Grow« verbraten. Alle lieben Betty Coltrane in diesem bitterbösen Bar-Kammerspiel, gehen sich an die Gurgel und erschießen sich gegenseitig, bis es nur eine Gewinnerin gibt: Betty.

Nick Cave und The Dirty Three – und eben nicht die Bad Seeds – haben diese dunkle, eher gesprochene als gesungene Ballade eingespielt. Aufgrund der personellen Überschneidungen und vor allem der Qualität des Songs hätte man aber auch mal ein Auge zudrücken können. Er versteckt sich übrigens auf dem »X Files«-Soundtrack von 1996 und zwar extrem gut: Nach dem Start der CD muss man Rewind gedrückt halten – auf wundersame Weise springt der Zähler in den umgekehrten Minusbereich, und der Song beginnt.

02 Fifteen Feet Of Pure White Snow Warum bloß wurde diese starke »Hit-Single« vom »No More Shall We Part«-Album für »Lovely Creatures« verschmäht? Nicht nur, dass man im Refrain stets Arme und Beine gleichzeitig in die Luft werfen will (don’t try this at home!) und die Bad Seeds ausnahmsweise mal klingen, als schiene ihnen die Sonne aus dem Arsch – im Video sieht man sogar Jarvis Cocker und Jason Donovan in Slow Motion tanzen. Sind das nicht Gründe genug?

05 Black Betty

03 Running Scared

— Nick Cave And The Bad Seeds »Lovely Creatures« (BMG / Warner / VÖ 05.05.17) — Auf Tour vom 07.10. bis 02.11.

Die Qualität von Nick Caves Interpretation fremder Stücke ist auf der Best-of zwar immerhin mit »In The Ghetto« belegt, aber wir hätten uns zu gerne noch das weidwund vorgetragene und rough gespielte »Running Scared« gewünscht, das sicher auch Roy Orbison gefallen hätte. Stattdessen verblasst der Song als B-Seite auf der »The Singer«-12“ aus dem Jahr 1986.

Noch ein grandioses Cover und noch mal die »The Singer«-12“ von 1986. Cave zerlegt den Disco-Rock-Klassiker von Ram Jam in einen stampfenden Gospel, den er in den Neunzigern auch gerne mal bei Bad-Seeds-Konzerten losließ. Es gibt zum Beispiel eine schöne YouTube-Aufnahme vom Pinkpop 1990, bei dem Cave und Blixa Bargeld im Refrain um die Wette bellen.

#Redaktionstipp

Louis C.K. 2017 Abtreibung, Selbstmord und Oralverkehr – wer jetzt drei Mal schwer geschluckt hat, wird an Louis C.K.s neuem Bühnenprogramm keine Freude finden. In der Live-Show, die seit Kurzem auf Netflix läuft, sinniert Louis mit gewohnt beißendem Humor über bizarre bis alltagsweltliche Themen. Tabus scheint er dabei nicht zu kennen. Der Drehbuchautor, Regisseur und Schauspieler ist unter anderem für die autobiografisch gefärbte Serie »Louie« und die Dramaserie »Horace And Pete« verantwortlich. »Louis C.K. 2017« lässt sich über gutbürgerliche Liebesideale aus, fragt nach dem Sinn der christlichen Zeitrechnung und der richtigen Erziehung für Kinder und Hunde. Für Fans von zynischem Sarkasmus. Helen von Daacke (Praktikantin Festivalguide)


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#Style #Life

#Tech-Talk

LEA PORCELAIN ÜBER DEN ARTURIA JUPITER 8V

I

ch möchte hier keinen nerdigen Techtalk über Synthesizer halten und darüber, ob Original oder Plug-in besser oder schlechter ist. Dieser Text soll eine Hommage an die Technik sein und ein Dankeschön an all die, #Style — Das Duo Julien Bracht und Markus die es ermöglichen, eiNikolaus alias Lea Porcelain war schon Teil nen Synthesizer wie unserer Hotlist für 2016 und spielte auf unserem den Jupiter 8 unter Jubiläumskonzert in Berlin. Bevor wir im Juni der Decke im Bett zu haben, auf dem über ihr dann erscheinendes Debüt »Hymns Schoß in der Bahn To The Night« reden werden, erklärt uns Julien oder während man noch eben sein liebstes Technik-Spielzeug. wichtige Dinge auf der Toilette erledigt, auf der Sonnenliege in Spanien, im Kofferraum eines Jeeps, im Flieger zwischen zwei nervigen Businesstalk-Leuten oder auch einfach im Studio. Ich möchte hier zugeben, dass eigentlich so ziemlich jeder Song von uns nicht in einer typischen Studio-Situation entstanden ist,

ROMUALD KARMAKAR

sondern vielmehr in besonderen Momenten. Ich erinnere mich daran, dass ich das Schlagzeug zwar im Studio aufgenommen, anschließend aber fast die komplette Produktion in der Bahn, auf Toilette und im Bett gemacht habe. Das mag komisch klingen, aber ich denke, genau diese Chance, die uns der Laptop und ein Jupiter in Form eines wundervollen Plug-ins geben, ist der Grund, warum wir diese Musik so entstehen lassen konnten. Nicht das Mikrofon macht einen Song zu einem einzigartigen, zeitlosen Stück, das ein Leben prägen kann, sondern das, was man damit aufnimmt. Ich danke dir, du schönes Plug-in, dass du zu jeder Zeit und in jeder Lage in meinem Leben immer griffbereit bist und ich mit dir überall Songs produzieren und schreiben kann, egal wo und wann. Dennoch werde ich mir bald das Original kaufen und es in die Vitrine stellen. — Lea Porcelain »Hymns To The Night« (Lea Porcelain Recordings / Rough Trade / VÖ 16.06.17)

AB 11. MAI IM KINO

DENK ICH AN DEUTSCHLAND IN DER NACHT RICARDO VILLALOBOS • SONJA MOONEAR • ATA • ROMAN FLÜGEL • MOVE D MUSIC IS THE KEY Exklusive Film-Tour

SCREENINGS & CLUB-EVENTS LEIPZIG

AACHEN

MANNHEIM

30.4 / Jetztmusik Festival Clubevent w/ MOVE D

5.5 / Schauburg & Tanzcafé Oma Doris Clubevent

KÖLN

FRANKFURT

28.4 / Institut für Zukunft Clubevent w/ ATA (Robert Johnson)

4.5 / Cinenova & Helios 37 c/o pop-Preview & Clubevent w/ ATA

5.5 / Apollo Clubevent w/ ATA

DORTMUND

10.5 / Orfeos Erben „I Can See Music!“ w/ ROMAN FLÜGEL

Mehr Infos unter : WWW.RAP I D EYE M OVI E S.D E

MÜNCHEN

6. & 11.5 / DOKfest / Harry Klein DOK.fest-Clubevent

BERLIN

18.5 / Funkhaus im Anschluss Konzertevent w/ AMBIQ & RICARDO VILLALOBOS

FRANKFURT

WÜRZBURG

OSNABRÜCK

9.6 / White Noise Clubevent w/ ATA

21.5 / Deutsches Filminstitut „Was tut sich im deutschen Film?“ w/ FRANK GRIEBE 24.5 / Cinema Arthouse & Dr. Vogel Clubevent w/ ATA

24.5 / MS Zufriedenheit Clubevent w/ MOVE D

STUTTGART

FRANKFURT

24.6 / Robert Johnson

„Robert Johnson Theorie“ w/ ATA & ROMAN FLÜGEL


#Kratzen & Beißen

Gegen die Auswahl

Illustration: Alexandra Ruppert

#Life — Immer muss man sich entscheiden müssen. Jeden Tag aufs Neue. Was essen? Was kaufen? Wen hassen? Was lieben? Kann man nicht auch einfach mal nicht wissen, was man gerade will? Das alles fragt sich Alena Struzh und hat sich nach langen Überlegungen immerhin dafür entschieden, gegen die Auswahl aufzumucken. Jeden Tag muss ich aufgrund der Auswahl, die mir als privilegierter Mensch zusteht, mehrere existenzielle Krisen bewältigen. Es beginnt morgens beim Bäcker, wenn ich nicht in zehn Sekunden zwischen den zig verschiedenen Teigwaren – herzhaft, süß, belegt, scheinbar gesund, bald auch mit oder ohne Gluten – wählen kann und gereizt den Laden ohne Frühstück verlasse. Im Büro bringt mich die Frage des Chefredakteurs, ob ich denn gern eine Hasstirade schreiben möchte, in Verzweiflung. Natürlich will ich, aber ich muss erst zwischen meinem Hass auf Schnittblumen, auf mein Alter oder das Image von AnnenMayKantereit entscheiden. Oder im Supermarkt, wenn ich nicht die beste der 30 Pestosorten bestimmen kann, lange im Supermarkt herumwandere und mich dann noch mehr ärgere, weil es gesellschaftlich nicht akzeptabel ist, als Individuum mehr als eine Stunde lang durch den Supermarkt zu streunen. Meine Wut wächst dabei: Warum braucht unsere Gesellschaft, so wunderbar vielfältig sie auch ist, Hunderte Modemarken, die trotz Unterschieden in Preis, angeblich Qualität und Fairness doch alle in den gleichen ostasiatischen Fabriken hergestellt werden? Die letzte Krise lebe ich aus, wenn ich mich abends trotz diverser Ausgangsmöglichkeiten doch lieber frustriert ins Bett lege. Wie soll man sich für etwas entscheiden, wenn das Angebot kontinuierlich wächst? Es geht immer weiter: überforderte heulende Kinder in der Spielzeugabteilung, Shopping Malls, Netflix, Verabredungen, die sich überschneiden, welche Musik höre ich heute auf der Bahnfahrt? Ich entwickle aufgrund dieses Wahl-Zwangs einen Selbsthass genauso wie einen Groll auf die Gesellschaft, Supermärkte und den Kapitalismus. Jetzt kann ich noch mehr Hasstexte schreiben. Was ich aber am meisten verachte, weiß ich immer noch nicht. Na toll.


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#Promotion

jeden Monat neu: Teilnahme unter intro.de/Quiz

DAS QUIZ #252 Das Titelthema des Heftes ist gleichzeitig immer auch Hauptthema unseres monatlichen Quiz-Spaßes. Diesmal dreht sich natürlich alles um den kanadischen Slacker Rocker Mac DeMarco. Los geht’s … 1. Wie bezeichnet DeMarco selber seine Musik?

3. Wann erscheint sein neues Album?

F Kling Klang

G an Weihnachten

D Ding Dong

Z an seinem 27.(!) Geburtstag

J Jizz Jazz

R an einem Sonntag im Mai

2. Was ist sein Markenzeichen?

4. Wie heißt das Album?

I

F »This Old Man«

Zahnlücke

D Vier-Finger-Hand

A »This Old Cat«

M Schuhgröße 52

Z »This Old Dog«

Die Gewinne

Phantastische Tierwesen … × »Niffler-Box«

Noble Savage Uhr

Orange Blossom Special 21 Tickets

Nintendo amiibo × Nippon Connection

warnerbros.de/homevideo

noblesavage.shop

orangeblossomspecial.de

nintendo.de / nipponconnection.com

Das Harry Potter-Prequel »Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind« gibt’s jetzt auf DVD, Blu-ray und 4K UHD fürs Heimkino. Wir verlosen eine der unfassbar niedlichen »NifflerBoxen«, die es exklusiv und limitiert nur bei Amazon.de gibt.

Die hochwertigen Noble Savage Fire Uhren besitzen ein langlebiges Schweizer Uhrwerk, welches von stoß- und kratzfestem Saphirglas geschützt wird. Wir verlosen eine Uhr, die sich unsere GewinnerIn individuell im Online-Konfigurator customizen darf.

Wir verlosen die beiden letzten Karten für das diesjährige Orange Blossom Special Festival, unter anderem mit AnnenMayKantenreit. Zusätzlich verlosen wir ein Paket bestehend aus T-shirt, Flachmann, Grillzange, Aufkleber, Buttons, OBS Compilation-CD.

Das Japanische Filmfestival findet vom 23.–28. Mai 2017 zum 17. Mal in Frankfurt statt. Passend dazu verlosen wir eine Nintendo 2DS-Konsole und drei interaktive amiibo-Spielfiguren: »Donkey Kong«, »Diddy Kong« & »Mario« aus der »Super Smash Collection«.

Die Buchstaben der richtigen Antworten ergeben das Lösungswort, das ihr bitte mit dem Betreff »Das Quiz« an verlosung@intro.de schickt – oder einfach unter intro.de/quiz mitmachen. Teilnahme ab 18 Jahren, Einsendeschluss ist der 28. Mai. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.


Collage: Ruth van Beek, Untitled (The Levitators), 2012; Courtesy of The Ravestijn Gallery Amsterdam

#Pop

#Pop »Hüte dich vor leisen Hunden und stillen Wassern«, heißt ein lateinisches Sprichwort und könnte fast Mac DeMarco meinen, dessen angenehme Musik tiefer geht, als man es anfangs vermuten würde. Die Gorillaz haben sich noch kein Haustier zugelegt, außer die treue Seele Damon Albarn, der sie in der realen Welt vertritt. Die tolle Fazerdaze liefert derweil Musik zum Hundestreicheln.

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#Pop #Mac DeMarco


#Pop #Mac DeMarco

Mac DeMarco

RAUS AUS BIKINI BOTTOM Folgt man dem Bild, das viele Blogs von Mac DeMarco zeichnen, so ist er ein liebenswürdiges, ketterauchendes Indie-Sedativ mit Zahnlücke und unvergleichlichen Fähigkeiten an der Gitarre. »This Old Dog«, das neue Studioalbum des 27-jährigen Kanadiers, dürfte dieses Bild nun ein wenig verändern. Christian Schlodder traf DeMarco in Berlin, Frederike Wetzels fotografierte ihn in seiner neuen Heimat Los Angeles.

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#Pop #Mac DeMarco

V

eränderung ist immer. Vor allem die kleinen Details sind es, die bei Veränderungen sofort ins Auge springen. Banalitäten. Mac DeMarco hat sich verändert. Auf den ersten Blick im Kleinen: Er raucht nun Marlboro statt Viceroy, die Zigarettenmarke, der er einst ein ganzes Lied gewidmet hat (ein Hoch auf die Guten-Morgen-Kippe bei gleichzeitigem Bildungsauftrag über schwarze Lungenflügel). Pünktlich zu seinem 27. Geburtstag veröffentlicht der Kanadier mit »This Old Dog« sein drittes Album, von dem er selbst sagt, dass es eine Art Ende markiere. Veränderung. Wechsel. Er selbst ist Veränderung von jeher gewohnt. Geboren auf den Namen Vernor Winfield McBriare Smith IV, änderte seine Mutter (nach einem Unterhaltsstreit mit seinem leiblichen Vater) den Namen offiziell in McBriare Samuel Lanyon DeMarco. Weil man es aber auch als McBriare Samuel Lanyon DeMarco auf beispielsweise Konzertplakaten ziemlich schwer hat und sich auch bei Twitter – jedenfalls bis zur Änderung der 140-Zeichen-Regel – massive Probleme aufgetan hätten (dort heißt er übrigens @Msldemarco), tut es schon seit einer Weile das knappe Mac. Manchmal ist Veränderung aber auch nicht viel mehr als eine Notlösung – wie der scheinbare Wechsel der Tabakmarke. Denn Viceroy gibt es in Deutschland nicht. Für seine Musik hingegen gilt die wechselseitige Beziehung aus Veränderung und Notlösung nicht, auch wenn diese anfangs tatsächlich einen solchen Eindruck erwecken konnte. Sein musikalisches Debüt Viceroy unter dem Namen Makeout Videotape im Der Name ist dem Engli- Jahr 2010, das Album »Ying Yang«, war für schen entlehnt und heißt die einen beachtlich, für die anderen schwer übersetzt Vizekönig. Die 1936 etablierte Zigaretten- zu greifen. Dass der bekennende »Star Wars«marke wird heute vor allem Fanatiker (»Ich bin der Jar-Jar-Binks-Typ, weil in Rumänien, Weißrussland, es irgendwie lustig ist, dass es da draußen eiPolen, Russland, Spanien und der Türkei verkauft nen Charakter in der Popkultur gibt, der von – und sogar in Nordko- den meisten einfach nur gehasst wird«) keine rea. DeMarco dichtete musikalische Eintagsfliege sein könnte, war je ihr die Hymne »Ode To Viceroy« und singt darin nach Blickwinkel (k)eine sichere Wette. Damals zum Beispiel: »Viceroy / hatte er gerade seine Heimatstadt Edmonton Early in the morning / Just in Richtung Vancouver verlassen. Edmonton trying to let the sun in / And open up my eyes.« Im hatte nie eine schillernde Musikszene, die Refrain schwört er gar: » einem irgendwie im Gedächtnis geblieben And oh, don’t let me see wäre, zumindest aber war sie bis zum Ende der you crying / Cause oh, honey, I’ll smoke you ‘til I’m Nullerjahre so aktiv und bot so viele Möglichdying.« Bei all dem Nikotin keiten, dass es für Künstler wie DeMarco leicht aber bitte nicht vergessen: war, den nächsten Schritt zu gehen. »Rauchen gefährdet Ihre Die Mini-LP »Rock And Roll Nightclub« Gesundheit ...« oder der »Ying Yang«-Nachfolger, den DeMarco vielleicht ein wenig zu einfallslos mit Jar-Jar-Binks-Typ »2« betitelt hatte, waren musikalisch, konzepDer von George Lucas erschaffene »Star Wars«- tuell und vor allem aus Sicht des Songwritings Charakter – ein Gungan weitaus gewagter und besser – Veränderung, – spielt in den Episoden I, II die guttat. Sich langsam abzeichnende Unund III mit und ist die wohl meistgehasste Figur in die- terschiede. Unterschiede, auf deren Suche sem Universum, obwohl er er stets ist. Seien es auch nur die kleinen, die im Grunde ein herzensguter irgendwann einmal vielleicht zu großen werKerl und unfreiwilliger Held ist. Allerdings meinten es den können. DeMarco zog nach einem weiteren Zwidie Drehbuchschreiber nicht gut mit ihm, legten schenstopp in Montreal über die Landesgrenze ihm nur schwache Witze in den Mund und schickten hinweg in den Südosten – nach Brooklyn. In ihn mit einem schlimmen seinem New Yorker Apartment verfeinerte Sprachfehler ins Verderben. er das Songwriting, ließ Texte jetzt richtig

persönlich werden und experimentierte auch musikalisch an einer Weiterentwicklung von »2«. Das Resultat hieß »Salad Days«. Allein den Sound und das Gesamtambiente beschrieb ein Nutzer auf YouTube treffend mit: »Ich habe noch nie zuvor Musik gehört, die passender wäre, sich dazu umzubringen, und die gleichzeitig ebenso gut laufen könnte, während man gerade Sex hat.« Mit »Salad Days« gelang es Mac DeMarco endgültig, Bilder von Orten zu zeichnen, an denen man beim Hören der Platte gerne wäre. Und das Album passte wirklich zu vielen (wenn auch letzten Endes meist imaginären) Situationen: Es ist perfekt auf langen Autofahrten (idealerweise in einem alten Bulli entlang einer sonnigen Küstenstraße), es dient als perfekte musikalische Umrahmung, um unter einer Platane eine etwas überreife Mango zu essen, es bietet die perfekte Hintergrundkulisse für eine Küchen-WG-Party in Berlin-Neukölln (zumindest dem jetzt hippen Teil) oder den perfekten Soundtrack für eine Spongebob-Realverfilmung.

Letzteres, die Assoziation mit einem Sehnsuchtsgefühl nach Bikini Bottom, verfolgt den 27-Jährigen bis heute. »Noch immer kommen viele Leute auf mich zu und erzählen mir das«, sagt DeMarco. »Irgendwie ist das komplett irre, auch aus musikalischer Sicht. Hey, der SpongebobThemesong wurde mit einer Slide-Guitar eingespielt. Obwohl ich die auf meinen anderen Alben benutze, ist sie nirgends auf ›Salad Days‹ zu hören. Absolut verrückt. Aber ich hab mich damit arrangiert. Spongebob ist cool. Also geht die Assoziation schon irgendwie klar.« Die sympathische Leichtigkeit, auch mit dem eigenen Werk, hat er nie abgelegt. »Man packt seine Ideen zusammen, veröffentlicht sie, und dann hat man es kaum noch in der Hand, was damit passiert. Das ist interessant«, sagt er. »Und es ist cool zu wissen, was Leute assoziieren, wenn sie meine Musik hören. Stimmungen, Stile. Wenn ich in Südamerika bin, höre ich beispielsweise oft, dass meine Musik wie einige lokale Stilrichtungen in der 60ern klinge. Dazu hatte ich


#Pop #Mac DeMarco

aber nie Bezug oder gar irgendeinen Kontakt. Vor ›This Old Dog‹ habe ich mir dann ein paar 60er-Sounds intensiv angehört. Ich verstehe, warum Leute auf diese Parallele kommen. Das ist wirklich ein verrückter Zufall.« Für das Südamerika-Gefühl sorgt er diesmal zumindest phasenweise selbst. In »Dreams Of Yesterday« ertönen Bossa-Nova-Akkorde und dazugehörige Beats. Die Gitarre klingt ein wenig schriller als gewohnt; fertig ist der temporäre Mac-DeMarco-Südamerika-Sound. Der Rest des 13-Titel-Albums ist eine mehr als gut ausbalancierte Mischung aus dominierender Akustik-Gitarre und friedlichen CR-78-Tunes. Auf elektrische Gitarrenriffs verzichtet er diesmal bis auf eine Ausnahme komplett. Im Hintergrund klickt und klackert beständig die Drum-Machine, macht »This Old Dog« zu DeMarcos elektronischstem Album, drängt sich allerdings nie in den Vordergrund. So entsteht seltsamerweise eine Unplugged-Stimmung, wo eigentlich gar keine sein sollte, allein schon, weil es kaum ein weniger analoges Instrument gibt als einen Synthesizer. »Aus einer klassischen Sicht denke ich manchmal, dass diese zwei Instrumente nicht kombiniert werden sollten. Aber ich mag die unerwartete Harmonie, wenn man es doch tut«, sagt DeMarco. »Eine Menge Zeug, das gerade veröffentlicht wird, ist wahnsinnig überproduziert. Das überfordert mich. Ich hätte auch gar keine Idee, wie ich das auf diese Weise anstellen sollte. Manchmal habe ich wirklich Lust auf den massiven Einsatz von Drum-Machines. Aber ich mag es, wenn es echt und natürlich klingt. Und ich glaube, das werde ich in Zukunft so beibehalten.« Auf »This Old Dog« arbeitet sich DeMarco deshalb an einfachen, sorglosen Kompositionen und Arrangements ab, verzichtet weitestgehend auf Refrains und wie gewohnt auf Bridge-Überleitungen (selbst bei »Dreams Of Yesterday«, dessen Bossa-Nova-Sound quasi wie gemacht wäre für Bridges). »Wenn ich Songs schreibe, gerate ich in eine Art Fluss. Und ich mag es, die Dinge einfach und simpel zu halten«, erklärt DeMarco seine stoische Verweigerung – zumindest, was die Sache mit der Bridge angeht. Ansonsten ist der umtriebige Kanadier, der nie zwei Aufnahmen an einem Ort gemacht hat, nicht gerade für Verweigerung bekannt. Im Gegenteil. »Ich hab manchmal dieses Gefühl der Unbeständigkeit, an Orte zu müssen, von denen ich denke, dass da was los ist«, sagt DeMarco. In den letzten Jahren hieß dieser Ort New York. »Manchmal ist die Stadt sehr erdrückend, es gibt nicht viele ruhige Rückzugsorte. Oft wollte ich einfach nur raus. Aber alles in allem mochte ich es sehr. Es gibt unzählige coole Orte und Dinge, all die Menschen, überall passiert etwas.« Trotzdem hat er der Stadt den Rücken gekehrt. »Ich musste raus, mal was anderes sehen. Und ich hatte Lust auf Sonne.« So zog es ihn von der Ostküste nach L.A. Und auch wenn er einige Zeit brauchte, mit der Stadt warm zu werden, war diese Veränderung auch eine rationale Überlegung. New York und San Francisco wurden in den letzten Jahren immer teurer, während Los Angeles vor allem für die erschwinglich blieb, die mal Geld in der Tasche haben und zu anderen Zeiten wieder nicht, allen voran Musiker. So setzte eine kleine Wanderbewegung in Richtung Stadt der Engel ein, der sich auch DeMarco anschloss. Die meisten Songs hatte er schon in New York geschrieben, der Feinschliff folgte dann an der Westküste. So gibt es auch nicht – wie vielleicht erwartet – eventuelle Venice-Beach- oder Surfer-Boy-Einflüsse (ein Surfer-Boy ist er ohnehin nicht). »Ich glaube auch nicht, dass der Unterschied so groß ist. Mein Schlafzimmer ist in einer

anderen Stadt. Das war’s. Vielleicht hört man Soundtrack für die Einflüsse auf dem nächsten Album, diesen eine SpongebobL.A.-Sound, wobei ich gar nicht genau weiß, Realverfilmung wie der sich anhören müsste«, sagt DeMarco. In dem Film aus dem Jahr Man hat den Strand vor Augen, das Meer, 2004 sind zumindest einige Teile in einer realen wenn man die Augen schließt. Dazu assoziiert Umgebung gefilmt worden man Orte genau wie in seiner Musik. »Das ist – es kommt sogar zu einer verrückt. In New York, einer Stadt, die man Begegnung von Spongebob und Patrick mit David Hasnicht mit Strand und Meer verbindet, habe selhoff. DeMarco war am ich in Strandnähe gewohnt. In L.A. brauche Soundtrack nicht beteiligt, ich jetzt locker eine Stunde mit dem Auto, um aber es gibt ganze RedditThreads, in denen seine das Meer zu sehen, aber viele denken bei L.A. Musik mit Spongebobin erster Linie an Venice Beach.« Szenen gemischt werden. Textlich scheint auf dem Album nicht so oft Der Soundtrack zum Film ist übrigens formidabel die Sonne. Das Album habe eine Menge mit besetzt mit Avril Lavigne, seiner Familie und seiner aktuellen Gefühlsla- Flaming Lips, Ween, Motörge zu tun: Konflikt- und Krisenbewältigung. head, Wilco und The Shins. »Just trying to keep it light sometimes casts a shadow«, singt er beispielsweise in »A Wolf CR-78-Tunes Who Wears Sheep’s Clothes«. Perfekte Musik Das Modell Roland CR-78 für eine Guten-Morgen-Kippe an einem grauen ist die wohl bekannteste Drum-Machine der MusikNovembermorgen, nachdem einen gerade der geschichte, vor allem, weil Freund oder die Freundin verlassen hat und sie die erste war, auf der man am Küchentisch den Brief mit der Kün- man programmierte Rhythmen abspielen konnte. Ihr digung öffnet. Diese Motive wirken für einen Sound prägte zum Beispiel 27-Jährigen phasenweise ein wenig zu düster, Hits wie »Heart Of Glass« an anderen Stellen hingegen fast schon alters- (Blondie), »In The Air Tonight« (Phil Collins), »Enola weise. »Es gibt diese Tage, da fühle ich mich Gay« (OMD) oder »Fade To schrecklich alt. Aber eigentlich bin ich noch Grey« (Visage). Fun-Fact immer ein Kind«, sagt DeMarco. Er grübelt. am Ende: Mac DeMarco hat es mit »My Old Man« in Überlegt. »Naaah!«, fährt es dann doch aus den Wikipedia-Eintrag des ihm heraus. »Ich bin ein Kind!« Veränderung CR-78 geschafft. heißt auch zu altern. Die ersten beiden Singles, »My Old Man« und vor allem »This Old Dog«, greifen es schon im Titel auf. »Ein alter Hund ist ein schönes Symbol«, sagt DeMarco. »Ich wollte auch immer einen Hund haben, am Ende wurden es dann stets Katzen. Katzen wiederum taugen nicht für coole Albumtitel. ›This Old Cat‹ klingt einfach nach überhaupt nichts.« Zumindest nach nichts, was man in die musikalische Schublade mit der Aufschrift Mac DeMarco einsortieren könnte. Dass er sich selbst (wenn auch dosiert) der musikalischen Veränderung immerhin nicht verschließt, hat er mit »This Old Dog« bewiesen. Textlich spielt er auch ein wenig mit dem Motiv des Älterwerdens und einer gewissen Sameold-boy-Attitüde – wohlgemerkt mit 27. Veränderung impliziert, dass Dinge vielleicht schlimmer oder besser werden – zumindest aber nicht langweilig. »Das nächste Mal mache ich dann einfach irgendeinen EDM-Club-Scheiß oder so«, sagt DeMarco und zeigt sein bestes Zahnlückenlächeln. Kurz darauf greift er in die Marlboro-Schachtel (die Notlösung) und zieht eine Zigarette heraus, die er dann doch nicht anzündet. Seine Augen leuchten, und noch immer lacht er still und verschmitzt in sich hinein. Für einen kurzen Moment scheint er es sich tatsächlich auszumalen: er und EDM, die Jin Ling aller Musikrichtungen. Veränderung ist gut. Veränderung ist immer. In diesem Moment weiß allerdings nicht nur Mac DeMarco, dass auch eine gewisse Beständigkeit durchaus Vorzüge hat. — Mac DeMarco »This Old Dog« (Captured Tracks / Cargo / VÖ 05.05.17) — Auf Tour vom 07. bis 10.11.

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#Pop #Sylvan Esso

Sylvan Esso

MUSIK FÜR KOMPLIZIERTE MENSCHEN Sylvan Esso servieren auf ihrem zweiten Album knarzende Synthie-Songs und heilsbringende Pop-Hymnen für verkopfte Menschen. Die Lieder wirken wie ein richtig guter Gin auf Eis – mit einem Spritzer Grapefruit-Saft. Warum das so ist und warum »What Now« nicht im Winter entstanden sein kann, erklären sie Hannah Bahl in London. Foto: Clara Nebeling


#Pop #Sylvan Esso

G

ut gelaunt und leicht verkatert amüsieren sich Amelia Math und Nick Durham im sehr schicken Londoner The Langham Hotel darüber, dass sie ausgerechnet hier gelandet sind: mitten in der City, wo eigentlich kein Mensch landet – unweit vom Oxford Circus. Wegen Umbauarbeiten am Salzwasserpool in ihrem ursprünglich angedachten Hotel hat man sie hier einquartiert, weil es im ewig teuren London ausgerechnet hier das günstigste Zimmer gab. So schleichen also Journalisten und LabelMitarbeiter wie Aliens auf diesem Fünf-Sterne-Planeten an extrem eleganten Engländern vorbei, denen im Palmengarten-Tearoom die Servietten auf dem Schoß gefaltet werden. Ein surrealer Orte wie dieser, in dem zwei Welten aufeinanderprallen, passt allerdings perfekt zu diesem Interview, schließlich geht es im neuen Sylvan-Esso-Album viel um das Dazwischen. »What Now«? Vor dieser Frage stand die Band aus Durham nach dem Erfolg ihres selbstbetitelten Debüts wie das Kaninchen vor der Schlange. Was macht man, nachdem man in der »Tonight Show« von Jimmy Fallon auf der Bühne gestanden hat? Wenn man sich für sein Debüt allerorts formidable Kritiken abgeholt hat? Wie geht es von hier aus weiter? Für Nick und Amelia gab es die Antwort erst mal nur in der Theorie. Nämlich der, dass man sich einfach mal ganz schnell konzentriert ein zweites Album schreibt, veröffentlicht und weitertourt. Wenn das bei anderen Bands so einfach funktioniert, muss das doch auch bei Sylvan Esso klappen. Doch in der Theorie ein guter Pilot zu sein, hilft herzlich wenig, wenn man ein richtiges Flugzeug landen muss. Genau das war die Erfahrung der beiden, als sie sich mitten im verschneiten Winter in ein ländlich gelegenes Studio in Wisconsin einmieteten, um enthusiastisch in eine Schreibblockade zu rennen und schließlich festzustellen, dass sie eben anders sind als diese »anderen« Bands, die das können. Amelia erzählt lachend: »Wir saßen mitten im Nirgendwo, um perfekte Popsongs zu schreiben, und die nächste Bar war 25 Meilen entfernt. An dem Punkt hätten wir schon merken müssen, dass das nichts wird. Wir waren im wahrsten Sinne des Wortes mental eingefroren. Nichts ging mehr. Es war einfach furchtbar, und ich habe irgendwann nur noch geweint. Bis wir uns morgens um vier geeinigt haben, dass dieses Experiment gescheitert ist. Ab da wussten wir, dass wir uns einfach mal entspannen müssen, um die Musik zu schreiben, die sich in diesem Moment richtig anfühlt, statt irgendwelche Dinge zu konstruieren.« Diesen Erkenntnismoment und die damit verbundene Freiheit spürt man auf dem gesamten Album. Wo das Debüt mit dem harmonischen Schlaflied »Come Down« endet, wird man auf »What Now« von einem quietschenden, nervigen Synthesizer geweckt, gegen den sich die Stimme von Amelia durchkämpft und immer wieder diese eine Frage stellt: »Who’s gonna write a song for you?« Sylvan Esso gehen auf »What Now« nie den geradlinigen Weg. Sie schlagen sich durchs Unterholz der Gefühle, um auf einer sonnigen Lichtung mit »Die Young« eines der schönsten Liebeslieder für Einzelkämpfer zu finden. Darin singt Amelia: »I had it all planned out, was gonna leave so swiftly. People would weep how tragic so early. I was gonna die young now I gonna wait for you hon. I was a firecracker baby with something to prove, now I’ve gotta content with the living blues.« Ist das nicht eine der

ehrlichsten und schönsten Liebeserklärungen, die man seit Langem gehört hat? Das Leben auszuhalten und es trotzdem zu genießen, darum geht es bei Sylvan Esso immer wieder. Die Dinge lassen sich eben selten ganz klar abgrenzen, wie Nick erklärt: »Es wäre uns eine Ehre, die Botschafter für die grauen Bereiche im Leben zu sein. Das Durham Leben ist doch einfach viel zu kompliziert, als Amelia fühlt sich sehr wohl dass die Dinge immer schwarz-weiß sein kön- in dieser Stadt in North Carolina. Uns verriet sie: »In nen. Wir lieben das Graue und machen gerne und um Durham gibt es viel Musik für komplizierte Menschen.« Dass die zu entdecken: Man kann im beiden immer wieder in Erklärungsnöte ge- Wald in einem Steinbruch schwimmen gehen, im raten, wenn sie ihre Meinung sagen oder die Eno Quarry. In der Gay-Bar Bedeutung eines Songs erläutern sollen, haben ›The Bar‹ gibt es sehr geile sie schmerzlich an ihrem Hit »Hey Mami« Karaoke-Abende. Ausgehund Essmöglichkeiten sind erfahren. Der wurde als Anti-Catcalling-Song zahlreich, wir sind meistens gefeiert, sollte aber genau dafür eigentlich bei Toast, Mateo, Toro oder nicht stehen, so Amelia: »Uns ging es immer Scratch.« um die Erfahrung selbst und nicht darum, ob diese gut oder schlecht ist. An manchen Tagen freut man sich vielleicht sogar heimlich, wenn einem jemand etwas hinterherruft.« Dass das mit Wisconsin nicht funktionieren konnte, merkt man auch noch mal am Abend, als sie im hippen Shoreditch zum ersten Mal einige der Songs live in einer Bar spielen. Zu den komplizier- Catcalling ten Dingen im Leben gehört eben ein guter Der Begriff steht für eine Drink. Diese Erkenntnis hat Amelia und Nick besondere Form der sexuellen Belästigung und in ihrer Heimatbar sogar einen nach ihnen beschreibt das Nachpfeifen benannten Cocktail beschert – was unwei- oder -rufen auf offener gerlich zur wichtigsten aller Interview-Fragen Straße. In »Hey Mami« heißt es zum Beispiel: führt: Wenn dieses Album ein Drink wäre, »Sooner or later the dudes welcher wäre es? Die Antwort darauf sollte at bodegas will hold their man sich auf jeden Fall zum Hören bestellen lips and own their shit / Curlin their toes on a und genießen: »Unser erstes Album war ein chivalry tip.« Gin mit ziemlich viel Zeug drin. Jetzt haben wir alles reduziert. ›What Now‹ ist einfach nur ein richtig guter Gin, mit einem einzigen Eiswürfel und einem Schuss Grapefruit-Saft, der für den leichten Geschmack sorgt.« Cheers, folks! — Sylvan Esso »What Now« (Caroline / Universal / VÖ 28.04.17) — Auf Tour am 02.05.

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#Pop #Ásgeir

Ásgeir

EINE TAKTIK GEGEN TICKTACK


#Pop #Ásgeir

Der isländische Musiker Ásgeir Trausti Einarsson begreift seinen schwelgerischen Sound als Familienangelegenheit. Das liegt nicht zuletzt daran, dass sein Vater – ein landesbekannter Dichter – die Texte zu seinen Kompositionen schreibt. Annett Bonkowski plaudert mit Ásgeir über mütterliche Yogatipps, den Wahnsinn im Allgemeinen, Heimat im Speziellen und sein neues Album »Afterglow«. Foto: Joseph Wolfgang Ohlert

D

ie dünn besiedelten und malerischen Weiten Islands laden dazu ein, in sich hinein zu hören und den Blick durch die Ferne schweifen zu lassen. Vorausgesetzt, die eigene Karriere katapultiert einen nicht im Handumdrehen auf sämtliche heimische Bestenlisten oder beschert einem gar das bis dato erfolgreichste Debütalbum Islands, sodass dementsprechend kaum Zeit bleibt. Ásgeir Trausti Einarsson kommt aus dem beschaulichen Dorf Laugarbakki im Nordwesten Islands. Nach seinem erfolgreichen Debüt »Dýrð Í Dauðaþögn« im Jahr 2012 und den folgenden drei Tour-Jahren verabschiedete er sich erst einmal eine Weile vom Idyll, um hinaus in die Welt zu ziehen. Besonders »In The Silence«, die Übersetzung des Albums ins Englische durch den Musikerkollegen und Wahl-Isländer John Grant, sorgte auch in Übersee dafür, dass Ásgeir zum neuen Aushängeschild des sympathischen Inselstaates wurde – wenn auch nicht ganz so durchschlagend wie das isländische EM-Team im vergangenen Jahr. Für die Arbeit an »Afterglow« kehrte Ásgeir nun aus dem internationalen Metropolen-Dschungel in die Abgeschiedenheit zurück. Leicht gestresst vom neuen Lebenswandel und im Hinblick auf weitere produktive Sessions innerlich gelähmt, wie er im Gespräch mit uns gesteht: »Ich wollte nach meiner Heimkehr an alles Mögliche denken, nur nicht an die Musik. Man muss aufpassen, dass man unterwegs nicht einen Teil seiner Identität verliert. Es hat ungefähr ein Jahr gedauert, bis ich mich wieder der Musik annähern konnte.« Da sich der mittlerweile 24-Jährige schon in seiner Jugend die Zeit mit Segeln vertrieb, zog es ihn auch dieses Mal zurück zur körperlichen Ertüchtigung, um wieder in den Alltag und damit zum mentalen Gleichgewicht zu finden. »Der Druck, den ich mir selbst machte, um neue Songs zu schreiben, war so groß, dass ich schließlich Yoga für mich entdeckt habe. Es hat mir erstaunlich gut dabei geholfen, mich locker zu machen, obwohl ich das niemals vermutet hätte.« Unbewusst greift Ásgeir wohl immer noch auf ähnliche Taktiken zurück, um beim langen Promotiontag in Berlin ausgeglichen zu bleiben. Während des Interviews landen seine Beine mehrmals federnd auf der Tischkante, und der Blick wandert nachdenklich hinauf zur Zimmerdecke, an der er seine Antworten zu suchen scheint. Während seine Mutter ihn mit Yoga-Anweisungen versorgte, brütete sein Vater über neuen Texten für »Afterglow«. Auch der Nachfolger bleibt im Kern eine Familienangelegenheit, bestätigt Ásgeir stolz: »Mein Vater, der seit Jahrzehnten dichtet, hat all dieses großartige isländische Vokabular, das sehr gut zu den modernen Songs passt und ihnen etwas Einzigartiges verleiht. Ich habe ihn schon immer dafür bewundert.« Und doch ist es nicht abwegig für ihn, zukünftig selbst zu texten:

»Ich könnte mir das durchaus vorstellen, aber ich muss noch mehr Erfahrung sammeln und anfangen, mich wohler dabei zu fühlen, neben der Musik auch diesen Teil des Songwritings zu übernehmen. Meine Texte sind nicht schlecht, aber wenn dein Vater ein Dichter ist und die Zusammenarbeit mit ihm so gut funktioniert, dann liegt eine Wiederholung nahe.« Nur die musikalische Ausrichtung von »Afterglow« sollte keinesfalls in die Wiederholungsfalle tappen. Die ersten Impulse für ein neues Klangbild setzte der isländische Songwriter sich selbst, indem er in den Tourpausen immer wieder begeistert mit elektronischen Sounds experimentierte. Dadurch löste er sich behutsam vom vorwiegend akustischen Element seiner Songs. Eine völlige Kehrtwende vom Ursprung des Debüts schließt Ásgeir jedoch aus: »Der Kern eines Songs ist das Wichtigste. Die etwas rohe Komponente und vor allem die Simplizität waren schon immer von großer Bedeutung für mich. Mit den neuen Songs habe ich mich zwar etwas davon wegbewegt, aber nur, weil ich mich vor allem hinsichtlich der Produktion weiterentwickeln wollte.« Das führte während der Aufnahmen vereinzelt zum Ausnahmezustand: »Teilweise kam ich mir fast schon verrückt vor, weil ich so viele verschiedene Visionen im Kopf hatte. Man kann aber nicht ein Jahr an einem Song arbeiten und immer wieder minimale Veränderungen vornehmen. Ich musste mich irgendwann selbst stoppen, weil mir die Arbeit so keinen Spaß mehr gemacht hat.« Auch den zunächst gefassten Plan, »Afterglow« separat mit isländischen und englischen Texten aufzunehmen, verwarf der Musiker nach kurzer Zeit, um kein unüberwindbares Mammut-Projekt zu Dýrð Í Dauðaþögn schaffen. Das Album, das noch unter Ganz seinem isländischen Naturell entspre- dem Namen Ásgeir Trausti erschien, ist das bis dato erchend ist Ásgeir niemand, der bei der Arbeit folgreichste Debüt Islands. allzu viel Trubel um sich herum schätzt. So Laut der Verkaufszahlen in tüftelte er am liebsten zu später Stunde unter seinem Heimatland steht diese Platte bei einem von möglichst wenig Beobachtung an den neuen zehn Isländern im Regal. Songs und ließ seinen Ideen freien Lauf. Diese Arbeitsweise erlaubte es ihm schließlich, ungeMein Vater zwungen immer tiefer in den elektronischen Einar Georg Einarsson, Kosmos einzutauchen, der ihm so reizvoll der auf Isländisch und erschien. Dieses Gefühl von Loslösung und gelegentlich auch auf Offenheit trägt auch die Single »Unbound« Englisch dichtet, ist kein Neuling, wenn es um die in sich, wie Ásgeir erklärt: »Als ich jünger war, Kollaboration mit Musikern fühlte ich mich so herrlich frei und habe viel geht. So sind seine Worte weniger über alles nachgedacht. Ich vermisse auch auf Ólafur Arnalds »Island Songs« zu hören. diese Zeit, in der alles einfacher erschien. Es fällt mir schwer, heute zu diesem Zustand zurückzukehren. Manchmal bleibt nur die Nostalgie übrig.« Und die passt zum Glück ausgesprochen gut zur warmen Atmosphäre der Abendröte, die Ásgeir auf seinem neuen Werk so leuchtend und großflächig skizziert. — Ásgeir »Afterglow« (Embassy Of Music / Warner / VÖ 05.05.17) — Intro empfiehlt die Tour vom 09. bis 17.05.

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#Pop #Gorillaz

Gorillaz

DIE WELT KOPF STEHT Nach sechs ­Jahren Ungewissheit ölt die ­Hype-Maschine wieder ihre Zahnräder: Damon Albarn und Jamie Hewlett erwecken die Cartoon-Band Gorillaz erneut zum Leben. Mit »Humanz« hegen sie große Ambitionen: Die Menschheit muss gerettet, die Tanzfläche erobert werden — ein eindeutiger Fall für Murdoc Niccals und seine zweidimensionale Gang. Damon Albarn erzählte Kira Schneider von Weltuntergangsstimmung und von den Reizen der Grenzenlosigkeit.

WENN

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#Pop #Gorillaz

ls sich im Herbst des letzten Jahres wieder Leben auf der Facebook-Seite der Gorillaz rührte, hielten fast zehn Millionen Fans den Atem an. Alte Songs, Musikvideos, Illustrationen und Meilensteine rieselten in chronologischer Reihenfolge in die Timeline, dann kam der erste Hammer: eine Serie von illustrierten Schilderungen der skurrilen Erlebnisse der vier fiktiven Bandmitglieder nach dem letzten Album »Plastic Beach«: Noodle bekämpft einen vorzeitlichen Dämon, Russel wird unfreiwillig zum Gulliver in Nordkorea, 2D betreibt Selbstfindung auf einer vermeintlich einsamen Insel, und Murdoc wird von seinem alten Label wegen Vertragsbruchs gekidnappt. Letztendlich landen alle vier wieder in London — Phase vier der Gorillaz beginnt. Dabei war lange Zeit klar, dass es kein weiteres Album mehr geben würde. Blur-Frontmann Damon Albarn und Illustrator Jamie Hewlett lagen im Clinch und betonten mehrmals, dass die Gorillaz sich ausgespielt hätten. Aber offenbar hat jemand den Göttern der Freundschaft ein Opfer dargebracht, und das wurde angenommen: Hewlett brachte die Internetgemeinde mit einer neuen MurdocZeichnung in Aufregung, und ab da war es nur noch eine Frage der Geduld bis zum Release von neuem Material. »Es ist eine passende Zeit dafür«, sagt Damon Albarn über das neue London Album »Humanz«. »Wir haben eine PerspekDas neue Studio und tive auf die Gegenwart, die sich mit der Welt Zuhause der Band liegt zu teilen lohnt. Es ist noch zu viel Leben in im Westen Londons. Das legendäre Kong Studio, in den Gorillaz.« Mit der passenden Zeit meint dem die ersten zwei Alben Albarn die sozio-politischen Sümpfe, die sich entstanden, brannte im in der westlichen Welt aufgetan haben, allem Jahr 2008 bedauerlicherweise nieder, als Murdoc es voran das US-amerikanische Wahl-Theater. »Es fing an mit den drei Dingen, die es imaufgrund von wiederkehrendem Zombie-Befall mer braucht«, so Albarn: »Schmerz, Freude über die Website gigantic disusedhauntedstudiosin und eine gewisse Menge an Dringlichkeit. the­middleofnowhere.com Anfang des letzten Jahres hatte ich so eine wieder verscherbeln wollte. dunkle Ahnung, eine Vorstellung, Trump Die Anzeige ist übrigens immer noch online. könnte gewinnen. Und diese Ahnung hat sich dann bewahrheitet. Fast alles kam, wie wir es Im Clinch imaginiert hatten. Es war unfassbar seltsam.« Worum es bei diesem Der erste, am Tag der Amtseinführung veröfStreit ging, bleibt glück- fentlichte Song »Hallelujah Money« entstand licherweise die private Angelegenheit der beiden. Monate zuvor aus dem Gedanken an ebenDas Nervenkostüm vieler diese. Die von Benjamin Clementine gesunGorillaz-Fans wurde über genen Lyrics persiflieren den Honig, den der die Jahre jedoch stark beansprucht, insbesondere Frischgewählte seinen Anhängern ums Maul durch ungeheuerliche Me- schmiert, während er selbst zum Reichtum dieninformationen wie zum betet. Nur Leadsänger 2D fragt sich zaghaft: Beispiel, dass Albarn sich ein Gorillaz-Album ohne Wie sollen wir nach all dem wissen, dass wir Hewlett und ohne Murdoc noch menschlich sind? Wie sollen wir träuvorstellen könne. men? Damon Albarn hat viel zu besprechen mit dem modernen Amerika, dem rassistischen, dem hoffnungslosen, dem mächtigen, dem fröhlichen und dem bunten. »Ich wollte, dass das Album dort stattfindet, irgendwo in den Höhen der Wolkenkratzer, die auf die Menschheit herunterblicken«, sinniert er. »Eine Art metaphysische Reise durch den Trump Tower. Wie würdest du dich fühlen, wenn die Welt plötzlich Kopf stünde? Wie würdest du in dieser Nacht feiern? Das war in etwa der Vibe.« Man kann es wohl Ironie des Schicksals nennen, wenn ausgerechnet eine zweidimensionale Band von Cartoonfiguren Konzepte des Menschseins im 21. Jahrhundert auslotet. Als Jamie Hewlett und Damon Albarn Ende der 90er frustriert MTV schauten, kam ihnen die Idee zum Projekt Gorillaz: Eine fiktive, gezeichnete Band würde sich die Lorbeeren mit realen Popstars aus Fleisch und Blut teilen und so die fehlende Substanz im Musikbusiness an den Pranger stellen. Und

was für eine Band das wurde! Die Porträts der vier Mitglieder könnten kaum bizarrer sein: der megalomanische, zugegebenermaßen aber auch geniale Murdoc, der seine Band wenn nötig auch mit Gewalt zusammentrommelt; der arglose 2D, nach diversen körperlichen Traumata — von denen mindestens zwei auf Murdocs Konto gehen — blauhaarig und schwarzäugig, als Frontmann charismatisch, als Leuchte nicht sehr hell; die zierliche Noodle, die in Kindertagen aus einem fehlgeschlagenen Spezialeinheitenprogramm der japanischen Armee geschmuggelt wurde und nicht nur an Feuerwaffen, sondern vor allem an der Gitarre beachtliche Skills an den Tag legt; der besonnene Russel, der von toten Rappern besessen ist und deren Stimmen er in seinem Kopf hört – was recht anstrengend sein kann – aber dafür trägt er immerhin ihr gesammeltes musikalisches Talent in sich. Es ist beinah schade, dass diese Persönlichkeiten lediglich der Fantasie Albarns und Hewletts entspringen – gerade Hewletts, denn groteske, lustige, zynische und dystopische Figuren und Plots sind sein Terrain. Er ist der Erfinder der Kult-Comicreihe »Tank Girl«, deren Protagonistin als gejagte Kopfgeldjägerin in ihrem Panzer das postapokalyptische, von Mutanten und zahlreichen Sonderlingen

»NICHT JEDER WILL SICH MIT DIESEM SCHEISS BESCHÄFTIGEN, MANCHE WOLLEN EINFACH NUR EIN BISSCHEN SPASS HABEN.«

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#Pop #Gorillaz

bevölkerte Australien unsicher macht. Mit ihrem wilden Punk-Stil und explizit selbstbestimmter Antihelden-Persönlichkeit avancierte Tank Girl in den 90ern schnell zum Liebling der linksgerichteten Jugend und feministischer Comicfans. Tatsächlich schlitterte Noodle nur um ein Haar daran vorbei, ihre Musikerkarriere auch als widerborstige Teenagerin zu beginnen, bevor Hewlett das Design zu dem eines seltsam-niedlichen, zehn Jahre alten Mädchens änderte. Und heute? »Ja, sie ist jetzt definitiv eine Frau«, bemerkt Albarn etwas väterlich-resigniert. »Es ist alles Spielerei«, sagt er über Noodles OkCupid-Profil und ihren Instagram-Account. »Wir probieren aus, was geht und was nicht ... Ich habe das Gefühl, heutzutage gibt es nichts, was man nicht machen oder sagen kann.« Gemessen an seinem Tonfall ist schwer zu sagen, ob das eine gute Sache ist oder nicht. Albarn macht Lust auf die neuen Storylines um die verrückten vier. »Das Album wird schon noch durch die Charaktere verkörpert, aber weil sie in dieser völlig albernen, absurden Welt leben, wirkt das sehr amüsant. Für viele findet die Interaktion mit der Band nur durch die Cartoons statt, was uns erlaubt, Dinge zu sagen, mit denen man normalerweise nicht unbedingt

»ICH GLAUBE EHRLICH, DASS ES BALD EIN UMDENKEN GEBEN WIRD UND DIE LEUTE MERKEN, DASS ES BESSER IST, MITEINANDER ZU SEIN ALS ISOLIERT UND ARGWÖHNISCH.«

einfach so davonkommen würde.« Die Gorillaz The Twilite Tone also als die Go-to-Instanz, wenn es um akute Er heißt bürgerlich Anthony Gesellschaftskritik geht? »Genau, und dafür Khan und schleuste in den 80ern und 90ern in liebe ich sie«, sagt Albarn. »Es ist wie Batman Chicago an vorderster Front rufen, wenn’s brenzlig wird.« wieder HipHop in die von Das Problemkind Amerika als Kernthema House dominierten Clubs. Khan machte gemeinsame — was nach dem Ernst des Lebens, nach Phi- Sache mit Frankie Knuckles losophie, Zukunftsangst und rundheraus we- und Jamie Principle, und nig erbaulich klingt, ist der Anwärter auf das auch der Platin-Song »Mercy« von Kanye West tanzbarste, Beat-lastigste Gorillaz-Album bis stammt teils aus seiner dato. »Natürlich schwingt das alles darin mit, Feder. aber hoffentlich ist es auch einfach etwas, das sich die Leute gern anhören«, beeilt sich Albarn Printworks klarzustellen. »Nicht jeder will sich mit diesem Das Printworks im Osten Scheiß beschäftigen, manche wollen einfach Londons ist eine ehemalige Zeitungsdruckerei, die erst nur ein bisschen Spaß haben.« seit Anfang des Jahres als Als dem musikalischen Kopf der Gorillaz – Eventlocation genutzt wird. nach Murdoc, versteht sich – kann man Albarn Teile des alten Inventars wurden zugunsten des eines nicht vorwerfen: dass er auf der Stelle industriellen Flairs gelassteht. Gorillaz dekonstruierten zunächst das sen, wo sie sind, und eine Konzept der Band und dann, nach und nach, alte Glocke bei der Bühne wurde während der Show das Konzept des Genres: Alt-Rock, Electro, spontan in die Percussions HipHop, Dub, Pop – alles geht, nichts muss. integriert. »Schwer zu glauben, dass jetzt noch eine Gitarrenband um die Ecke kommt und alle in ihren Bann zieht«, sagt Albarn über die Musik der Zukunft. Auf »Humanz« scheut die virtuelle Band weder House noch Dancehall. Das amüsante Bild des etwas planlosen Slackers 2D, wie er sich schulterzuckend zwischen Musikern wie Mavis Staples, Anthony Hamilton und Grace Jones einreiht und seine geraunten Parts zwischen polierten Bässen abliefert, lässt sich schwer abschütteln. »Es ist einfach spannend, etwas zu machen, das man noch nie gemacht hat, in meinem Fall ein Dance-Album«, sagt Albarn. Die illustre Gästeliste auf »Humanz« ist das Resultat feinfühliger Arbeit, an der die Produzenten Remi Kabaka und The Twilite Tone beträchtliche Anteile haben. Während Ersterer ohnehin langjähriges Gorillaz-Familienmitglied ist, hat Twilite Tone die Brücke zu Künstlern geschlagen, die Albarn gar nicht auf dem Radar hatte: »Von Peven Everett hatte ich vorher nie gehört, aber das ist ja auch egal, er ist Weltklasse«, schwärmt er. Auch Vince Staples und Popcaan, beide heiß gehandelte Newcomer in ihren Kreisen, liegen nicht unbedingt auf der Hand für GorillazKollaborationen, aber da, wo andere zumauern, saugt Damon Albarn lieber auf wie ein Schwamm.
Das zahlt sich letztendlich aus: Zum geheimen Gig der Gorillaz im Londoner Printworks erscheinen genug Leute, um in der riesigen Halle ein recht beachtliches Gedränge zu erzeugen. »Humanz« soll an diesem Abend in Gänze gespielt werden, und der Hype ist auch offline spürbar. Als Damon Albarn allein die Bühne betritt, explodiert die Menge. »Thanks for coming on such short notice«, sagt er gespielt bescheiden. Er dürfte genau wissen, dass die Gorillaz ohne Ankündigung selbst am Nordpol spielen könnten, und es würden trotzdem Leute aufkreuzen. Die wüssten aber dann auch, wofür: Die Band ist Feuer und Flamme. Die neuen Songs gehen über die Bühne wie schon hundertmal gespielt. Pusha T, De La Soul, Peven Everett, Kelela und viele weitere der Künstler von »Humanz« sind mit von der Partie, und die Tuchfühlung mit dem neuen Style dauert höchstens ein paar Songs. Das Album endet mit der Pop-Hymne »We Got The Power«, die die Truppe fulminant auf der Bühne abfeiert: Damon Albarn, Graham Coxon, Jehnny Beth, Jean Michel Jarre und — ja, tatsächlich — Noel Gallagher. Wer hätte das vor 15 Jahren für möglich gehalten? Grenzen kennen und brauchen Gorillaz nicht. »Ich glaube ehrlich, dass es in den nächsten Jahren ein Umdenken geben wird und die Leute merken, dass es besser ist, miteinander zu sein als isoliert und argwöhnisch«, sagt Damon Albarn über die Welt. »Let’s hope so«, sage ich. »Let’s know so«, sagt er. — Gorillaz »Humanz« (Parlophone / Warner / VÖ 28.04.17)


FOO FIGHTERS • MUMFORD & SONS THE XX • HARDWELL • BEATSTEAKS

MARTERIA • ANNENMAYKANTEREIT • CRO MARSHMELLO • TWO DOOR CINEMA CLUB LONDON GRAMMAR • GEORGE EZRA GALANTIS • RUDIMENTAL • METRONOMY MICHAEL KIWANUKA • OLIVER HELDENS

WANDA • DJANGO DJANGO • KUNGS • WESTBAM BOMBA ESTÉREO • THE VACCINES • BEAR’S DEN THE HEAD AND THE HEART • PHANTOGRAM • ANNE-MARIE AMINÉ • MIKE PERRY • MARTIN JENSEN • DRUNKEN MASTERS NGHTMRE • MEUTE • AND MORE TO BE ANNOUNCED SOON INFO & TICKETS: LOLLAPALOOZADE.COM VISIT US:

#LOLLABERLIN


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#Pop #Cover-Welten


#Pop #Cover-Welten

Cover-Welten

HAND UND FUSS Was nicht Hand und Fuß hat, sollte irgendwann vielleicht ein Ende haben – außer vielleicht die Wurst, die darf sich zwei erlauben. Wir alle sollten froh sein, dass uns von Hand und Fuß im besten Fall je zwei zur Verfügung stehen. Keiner kann an zwei Händen und schon gar nicht Füßen abzählen, wie viele Wörter dieser Text hier hat. Aber dafür gibt es ja zum Glück Computerprogramme. PS: Diesem Text fehlt trotz seiner 553 Zeichen, was folgende Cover abbilden: Hand und Fuß. Deshalb hat er ebenso wie die Wurst zwei Enden – eins vor und eins nach dem PS.

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#Pop #Soulwax

Sou lwax

HEIMAT GEFÜH L UND T E URNTA BL

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#Pop #Soulwax

Nac Abe h ihrem nd n So alias amens undche ck »2 S Sam mel oulwax 5 Jahre und lan leid ensc alias 2m Intro L ge vor Ihr ive ih haft a zu p nydjs, i « in Kö rem wil h a bt s ei t d ln se n laud »Nite Versions« aus ern. die So tzen en Auft n ritt K n sic u la dem Jahr 2005 kein reguläres e nd p assi as Tigc , um üb h Step beim K Soulwax-Album mehr gemacht. Gab das h o onie h e rten elaar h r das A en und ntrollve »Transient Program for Drums and Machinery«at d ufle Dav Anz en z gen id D rlustugtr Line-up den Ausschlag für die neue Platte? Ist , u ew R ä v gern ock or Stephen: Letztes Jahr sind wir auf dem Coachella mit James Soulwax ism aele zug komm en e ehö Murphy und dem Despacio Soundsystem aufgetreten, wir denn jetzt wieder eine rt. F nden B und hatten noch keine neue Band. Da entstand die Idee eines Band? oto: r Alex üdern Line-ups mit drei Schlagzeugern. Wir wollten selbst auf S: Ja, ich glaube, der Kreis hat sich geschlosSali nas der Bühne mischen und haben für die folgenden Shows sen. Wir denken tatsächlich gar nicht so viel darüber neue Songs geschrieben. Das ging uns ziemlich leicht von der Hand. Danach wollten wir die Sachen aufnehmen, uns dabei aber zeitlich beschränken, weil wir Angst hatten, sonst erst in zwei Jahren fertig zu werden. Also haben wir das Album im Januar 2017 innerhalb von zwei Tagen live in unserem Studio eingespielt.

Klanglich habt ihr euch vom Alternative-Gitarrenrock entfernt, mit dem ihr 1998 bekannt geworden seid. Ist der Gitarrenrocksound für Soulwax ausgereizt? David: Ich würde einen Soulwax-Song darauf eingrenzen,

nach. Es ist ein organischer Prozess, aber vielleicht auch das pure Chaos.

Ihr habt Remixe für Künstler wie Gossip, MGMT oder Warpaint gemacht. Bekommt ihr gezielt Anfragen oder sucht ihr die Künstler selbst aus? D: Meist ist es so, dass wir bei den Plattenfirmen anfragen,

wenn wir der Meinung sind, dass einem Song noch ein bestimmter Kniff fehlt. S: Es geht auch darum, dass wir die Songs Despacio als Remixe in unserem eigenen Set auflegen Soundsystem wollen. Der Hot-Chip-Remix war beispiels- Für einige DJ-Sets entwiweise etwas, was ausdrücklich beim Despacio ckelte James Murphy (LCD Soundsystem) gemeinsam Soundsystem laufen sollte. Rechtliche Proble- mit dem Toningenieur John me gibt es meist eher mit den Plattenfirmen. Klett und den DewaeleDie Künstler sind cool, weil sie wie wir eine Brüdern ein 3,5 Meter hohes, 50.000 Watt starkes große Hingabe zur Musik empfinden und nicht Soundsystem, basierend ausschließlich wirtschaftlich denken. auf Lautsprecher-Modellen

dass wir ihn geschrieben haben und Steph singt. 2manydjs ist da viel freier, weil die Musik von jemand anderem die Basis ist, auch wenn wir mit dem Material allerhand anstellen. Bei Soulwax ist es immer vollständig unsere Schöpfung, egal, ob es am Ende ein Reggae-Stück oder elektronische Musik wird. S: Je länger wir touren, desto mehr bekomme ich aber Lust, mal wieder eine Rockplatte zu machen. Wir sind schlecht Sucht ihr für euer Studio selbst Künstler aus der High-End-Audiofirma Klipsch und Verstärkern der darin, uns auf eine einzige Komponente zu fixieren, und oder kann jeder bei euch Studiozeit buchen? Firma McIntosh. Die Musik D: Wir nehmen nur Leute auf, die wir auf un- stand dabei im Mittelpunkt, leider auch schlecht darin, eine Rockband zu sein. Zu eurer aktuellen Tour-Installation, deren Aufbau iden- serem eigenen Label Deewee veröffentlichen. Murphy und die Brüder legten hinter einer Stelltisch ist mit dem verwendeten Studioequipment der S: Momentan ist es überwiegend Dance-lasti- wand auf. Platte, habt ihr eine genaue Liste der verwendeten Ins- ges Zeug, die jungen Kids wollen eben solche trumente und Synthesizer veröffentlicht. Warum? Sachen machen. Wir sind ja eigentlich IndieD: Wir sind große Krautrock-Liebhaber, und bei den Platten Rocker, die aus unerklärlichen Gründen in Platten von Tangerine Dream oder Klaus Schulze gab es auch im- der Dancemusic gelandet sind. Unsere Roots In ihrem Tonstudio steht mer eine genaue Auflistung der verwendeten Synthesizer. liegen bei Kyuss und Monster Magnet und nicht nur eine große Menge an Vintage-StudioequipS: Es ist eine Art Manifest, weil wir nicht alle Synths solchen Bands. Dieses Ethos steckt auch in ment, sondern auch eine und Instrumente, die wir besitzen, benutzen wollten, den Mash-ups, die wir gemacht haben. riesige Vinyl-Sammlung, sondern eine gezielte Auswahl, die wir jetzt auch mit auf Ihr seid als DJs und Musiker viel unterwegs, die ungefähr 48.000 Schallplatten umfasst. Ein Tour haben. Es war erneut eine bewusste Beschränkung, hegt aber nach wie vor eine große Heimat- Ende der Sammelleidendie es uns überhaupt ermöglicht hat, diese Album- und verbundenheit zur Stadt Gent. Hattet ihr nie schaft ist nicht in Sicht, auch wenn Stephen zugibt, das Bedürfnis, woanders zu leben? Tour-Idee umzusetzen. dass er nicht sieben rare Ihr seid also fanatische Equipment-Sammler? D: Wir haben mittlerweile auch ein Zuhause Pressungen des gleichen D: [seufzt] Ja, schon. Aber nicht nur Equipment. Wir sam- in London und reisen hin und her. Manchmal Velvet-Undergroundmeln auch Platten, Bücher, Videos, alles, was uns innerhalb ist es deprimierend in Gent, aber da sind eben Albums besitzen muss. Angeblich wissen die der Popkultur interessiert. unsere Roots, und unsere Eltern wohnen dort. Brüder aber noch von jeder S: Wir machen das schon seit 30 Jahren. S: Du bist echt deprimiert in Gent? Platte, wann und wo sie sie Ihr habt mal gesagt, dass ihr mit dem DJen auf der Tour D: Ja, manchmal schon, wenn ich lange da bin. erworben haben. zum zweiten Album angefangen habt, weil ihr es leid S: Warum haben wir dann dort unser Studio wart, jeden Abend das gleiche Set zu spielen ... gebaut und nicht in London? S: Wir waren es nicht leid, aber zu der Zeit waren wir als D: Na, weil wir kein Geld hatten, um es in London zu bauen! Support von Muse oder Coldplay unterwegs und schon Euer Vater Jacky ist in Belgien ein bekannter Moderator. um halb neun fertig mit der Show. Wie also den restlichen Seid ihr also so etwas wie eine VIP-Familie? Wollen die Abend gestalten? Wir entschieden uns, Platten aufzulegen, Leute auf der Straße Selfies mit euch machen? weil wir die Dancemusic zu der Zeit überhaupt nicht cool D: Wenn wir oder unser Vater über die Straße laufen, fanden. Die hatte kein Feeling. Daraus ist 2manydjs ent- halten die Leute nicht an, um ein Foto zu machen oder standen. Zwar kamen neun von zehn Leuten anfangs auf ein Autogramm zu verlangen. uns zu und sagten, wir sollten lieber fucking Deephouse S: In anderen Städten passiert das schon mal, in Gent sind auflegen, aber für den einen Fan, der unser Set gut fand, die Leute gechillt, deswegen mag ich die Stadt auch so. für den haben wir das gemacht. Können wir in diesem Club Slayer auflegen und damit durchkommen? Darum ging es. — Soulwax »From Deewee« (PIAS / Rough Trade)

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#Pop #Fazerdaze

Fazerdaze

DIE FABELHAFTE WELT DER AMELIA


#Pop #Fazerdaze

A

mit Freunden einfach mal rumzuprobieren.« Ihre erste melia Murray schmeißt den Laden auch an ihren Band, die sie mit 16 gründete, war eine fünfköpfige GirlPromotagen in Berlin allein. Als man am Büro band. »Weil wir damals meistens Jungs auf der Bühne ihres Labels Grönland klingelt, steht sie gleich an der Tür, fragt, ob man alles gefunden habe, sahen, die über Jungsthemen sangen. Einerseits wollten bietet ein Glas Wasser an, fragt, wie der Tag so wir das ändern, andererseits gab es uns im Proberaum eine gewisse Sicherheit, weil wir unter uns waren und gewesen sei. Labelpersonal oder ein Promoter sind nicht in Ruhe rumprobieren konnten.« Das Ergebnis war eine in Sicht. Aber warum auch? Amelia hat schließlich bisher Mischung aus »Sixties-Pop und Riot-Grrrl-Attitüde«, wie wenig Hilfe benötigt oder vielmehr zugelassen. Die drei Amelia es heute beschreibt. Als sie damit beim Buchstaben DIY sind fest in den ersten Schritten ihres neuseeländischen Bandwettbewerb »Smoke- Smokefreerockquest Projekts Fazerdaze verankert. Dass sie nun ein behutsam freerockquest« antraten, erkannte Amelia, wie Der größte Jugendbandausgewähltes Management und ein Label hat, ist eher dem Erfolg und der komplexer werdenden Logistik geschuldet. ernst es ihr mit der Musik wirklich war: »Ich wettbewerb Neuseelands findet bereits seit 1989 schrieb neue Songs, wir probten, wir trafen jährlich statt und umfasst »Ich habe mir viel Zeit gelassen, diesen Schritt zu gehen, viele andere Bands. Da war der zurzeit ca. 50 Events im und bemühe mich sehr, meine ganzen Land. Nach eigenen Weg irgendwie klar.« Do-it-yourself-Wurzeln nicht zu Die 24-jährige Amelia Murray Angaben erreicht der Der nächste Schritt war ein Wettbewerb jährlich rund vergessen. Irgendwann musste ich alias Fazerdaze schlug schon dreijähriges Musikstudium, für 100.000 junge Menschen. mir eingestehen, dass ich es in der das sie nach Auckland zog. Eine Initiiert wurde er anfangs Form nicht mehr leisten kann. Vor mit ihrer im Alleingang von einer christlichen lauter EPs-Verschicken kam ich zweischneidige Erfahrung, wie Radiostation, seit 1991 eingespielten, produzierten, kaum noch zum Musikmachen.« sie heute zugibt: »Am Anfang des ist Smokefree offizieller geschriebenen, vertriebenen Studiums habe ich viel Selbstbe- Sponsor, eine vom Staat Angebote gab es einige, was finanzierte Promotionaknicht wundert, wenn man sieht, EP erste Wellen. Nun erscheint wusstsein verloren. Vorher war tion, deren erklärtes Ziel das Musikmachen etwas Intui- ist, ganz Neuseeland 2025 wie euphorisch diverse Blogs und ihr Debüt »Morningside« mit tives, Angenehmes, Befreiendes rauchfrei zu sehen. Musikmagazine ihre EP und ihre zehn zugleich entrückten für mich. Und jetzt musste ich es Single »Little Uneasy« gefeiert und eingängigen Songs zum haben. »Ich habe mich lange geplötzlich tun. Gleichzeitig lernte ich all diese Auf-die-Schuhspitzen- und sträubt, einen Plattenvertrag zu Theorie und Technik, die mir nicht mehr aus unterschreiben und die EntscheiIn-die-Sterne-Starren. Daniel dem Kopf ging. Ich zergrübelte alles, dachte dung vor mir hergeschoben, bis Koch traf die Neuseeländerin immer, ich könne es noch anders oder besser machen, und war am Ende völlig verkrampft.« das Album fertig war.« So ganz gein Berlin zum Gespräch. Foto: Zu guter Letzt entpuppte sich das Studium heuer ist ihr das alles aber immer Miriam Marlene Waldner doch noch als hilfreich: »Ich lernte die nötinoch nicht: »Sobald du in diese Maschine namens Musikindustrie gen Produktions-Skills für meine Arbeit und wusste danach immerhin, was ich nicht wollte. Außerdem springst, erhöht sich automatisch der Einsatz. Wenn du merkte ich, dass ich mich auf mein Bauch- und Herzgefühl daheim im Schlafzimmer Songs aufnimmst und sie online verlassen kann, wenn mir ein Song gefällt. Ich brauche stellst, bekommst du schnelles Feedback, oft sehr nettes, niemanden, der mir sagt, meine Stimme klinge etwas und kannst zuschauen, wie deine Songs ihren Weg finden. neben der Spur, wenn ich sie so aufnehme. Vielleicht will Um Geld machst du dir dabei keine Gedanken. Das ist nun anders: Das Label hat all diese CDs produziert und Platten ich das ja bei diesem Song genau so?« gepresst – was ist, wenn die zu Ladenhütern werden?« Ihre neue Heimatstadt Auckland lieferte auch den TiIn einer gerechten Welt wird genau das hoffentlich nicht tel für ihr Debüt. Seit einigen Jahren lebt sie passieren. Dafür ist »Morningside« viel zu schön, mit seiner Morningside im Stadtteil Morningside und fand dort ihr zwischenweltlichen Stimmung, diesem Pendeln zwischen Der Stadtteil mit dem Selbstbewusstsein wieder: »Mein erstes Jahr poetischen Namen liegt in Auckland war eher nicht so schön. Ich haSixties-Pop-Verehrung, Beach-House-Melancholie und rund viereinhalb Kilometer – beispielsweise bei »Lucky Girl« – einem Songwriting, südwestlich von Aucklands derte mit dem Studium, tat mich schwer, neue das auch Hit könnte, wenn es denn wollte. Dafür braucht Zentrum. Namensge- Freunde zu finden, und fühlte mich unwohl. bend war ein Grundstück In Morningside fühlte es sich dann zum ersten Amelia nur ihre Stimme, Gitarre, Drum-Computer, Bass gleichen Namens, das 1865 und Synthesizer, die sie immer noch selbst einspielt und als Wohngebiet deklariert Mal so an, als hätte ich ein Zuhause gefunden, zusammenbastelt. »Es gab Phasen, da habe ich es bereut, wurde. Morningside war und nach und nach wendete sich vieles zum ganz allein zu arbeiten. In Frage gestellt habe ich es jedoch zudem Haupthandlungsort Positiven. Deshalb wählte ich diesen Titel. der neuseeländischen nie. Fazerdaze hat sich für mich zu einem Projekt entwiPopkultur-Comicserie Und natürlich, weil er schön klingt.« Da kann ckelt, mit dem ich wachsen und lernen will. Und ich will »bro’Town«, die von 2004 man nur froh sein, dass sie ihr Zuhause nicht bis 2009 lief. in Oer-Erkenschwick gefunden hat. meine Fans einladen, diesem Prozess beizuwohnen. Wer Dennoch bleibt die Frage, wie oft sie weiß, vielleicht Fazerdaze beim nächsten Album dann zu Morningside in den nächsten Monaten sehen wird, denn einer richtigen Band. Amelias musikalische Sozialisation könnte ein MusterAmelia hat viel Arbeit und Herzblut in Fazerdaze gesteckt und ist bereit, lange Touren zu spielen. Und während sie beispiel sein und zeigen, was dabei rauskommen kann, das erzählt, spürt man wieder, dass sie hier nicht bloß wenn kreative junge Menschen auf ein Umfeld treffen, hohle Promophrasen drischt. »Ich habe mit 14 meinen das sie bestärkt und unterstützt. »Meine Highschool in ersten Song geschrieben; seitdem ich 16 bin, spiele ich in Wellington war sehr arty. Ich sah also als Teenager schon Bands. Bei Fazerdaze kommt all das zusammen, und jetzt, eine Menge Konzerte. Oft spielten Bands zum Lunch wo andere tolle Leute dafür arbeiten, dass meine Musik in der Mensa. Das hatte etwas ganz Natürliches, und da ich auch eine Menge wirklich schlechter Bands sah, gehört wird, will ich sie nicht enttäuschen.« dachte ich irgendwann: ›Das kann ich auch.‹ Außerdem — Fazerdaze »Morningside« (Grönland / Rough Trade / VÖ 05.05.17) gab es einen Band-Raum. Es war also sehr einfach, dort

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#Pop #At The Drive-In

Ihr Meilenstein-Album »Relationship Of Command« katapultierte At The Drive-In im Jahr 2000 direkt aus dem Untergrund auf den Karriere-Zenit. Kurze Zeit später war es allerdings schon wieder vorbei mit der Postcore-Band. Nach 17 Jahren melden die fünf sich nun mit »In.ter A.li.a« zurück. Mihaela Gladovic telefonierte mit Cedric Bixler-Zavala, um zu klären, wie es zum Comeback kam.

1996

LITERARISCHE BOMBEN

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At The Drive-In

erscheint mit »Acrobatic Tenement« der erste Longplayer von At The Drive-In. Damit sticht die Band extrem aus der Masse der dreckigen Flipside-Records-Punkbands heraus. »Wer sind die, und was machen die da?« fragen sich damals nicht nur Fans des Labels angesichts dieser abgefahrenen Platte. Die, das sind fünf Typen aus dem erzkonservativen Texas. Hier hatten sie sich damals in staubigen Proberäumen eingesperrt, um mit ihrem schier unzähmbaren PostHardcore das Tor zur Hölle der Generation Y zu öffnen und ihre ganze Teenage-Angst in ihrer Musik zu entladen. Ein Jahr nach dem Debüt findet sich die finale Besetzung mit Cedric Bixler am Gesang, Omar Rodriguez und Jim Ward an der Gitarre, Paul Himojos am Bass Flipside Records und Tony Hajjar am Schlagzeug. Drei Jahre Das Label entstand aus und zwei Alben später schreiben die fünf ein dem Punk-Fanzine »Los kleines bisschen Musikgeschichte. Spätestens Angeles Flip Side« und veröffentlicht seit 1980 unter mit dem Release von »In/Casino/Out« (1998) anderem Bands wie The ist dem Großteil der Rockmusikwelt klar, dass Crowd, Sluts For Hire und ATDI eine herausragende und besondere Band Doggy Style. Interessanterweise zeichnet es sich auch ist, die mit postpubertärer Wut, Stakkato-Riffs, für die ersten Releases von unerwarteten Breaks und kryptischen Lyrics Beck verantwortlich: eine das explosive Zentrum einer alternativen JuSplit-7” mit der Band Bean und das Album »Stereopa- gendkultur bildet. Eine Band, die sich zwischen thetic Soulmanure«. dem Skate-Lala von Combos wie Blink 182 oder The Offspring und platten Jammerchören wie Kollegen wie Rage Against The Machine oder Fugazi My Chemical Romance oder Fall Out Boy endlich mal laden die junge Band als Support auf ihre Touren ein. traut, ein bisschen anders zu sein und auf die Kacke zu 2000 bringen die Texaner aus El Paso das von Meister hauen – sowohl textlich als auch musikalisch. Ross Robinson produzierte, umjubelte »Relationship Of Command« heraus, auf dem ein Hit-Track den nächsten jagt. Auf einmal glänzen ATDI auf den Covern großer und kleiner Musikmagazine, flimmern durchs Musikfernsehen und verkaufen Konzerte in wenigen Minuten aus. Doch der


#Pop #At The Drive-In

Ross Robinson Ein amerikanischer Musikproduzent, der hauptsächlich mit Bands wie Korn, Sepultura oder Slipknot arbeitet. Mit At The Drive-In oder The Blood Brothers hat er auch einige Post-Hardcore-Bands im Portfolio. Es klingt ein wenig böse, wenn man Robinson als Schlüsselcharakter der Nu-Metal-Welle bezeichnet, aber er hat nun mal einige der stilprägenden Alben dieses mittlerweile oft verlachten Genres produziert: »Adrenaline« von den Deftones zum Beispiel oder die Debüts von Korn, Slipknot und Limp Bizkit. Seine MetalProduktionen schlugen aber auch Brücken in andere Genres, beispielsweise das bahnbrechende, von brasilianischen Percussions befeuerte »Roots« von Sepultura.

Herangehensweise an die Musik wegzukommen und so intuitiv wie möglich zu arbeiten. Das habe ich mir auch von meinen Kindern abgeguckt.« Bei dem dystopischen »In.ter A.li.a«, das Cedric als ein abschreckendes Märchen beschreibt, ist die Handschrift von ATDI unverkennbar – trotz der vergangenen Jahre in Trennung und verschiedenen Bandbesetzungen, die Einflüsse von Pink Floyd bis Blonde Redhead mitbringen. Wie immer versteckt Cedric Bixler-Zavala düstere Welten mit politischen und psychologischen Referenzen in seinen rätselhaften Textpassagen. Dass ihre Musik – oder Popkultur generell – in einer Zeit wie der heutigen, in der vermehrt Politisierung und Umbrüche stattfinden, einen edukativen Charakter haben sollte, hält er allerdings für schwierig: »Natürlich haben die Dinge, die um uns herum passieren, schon immer eine große Rolle bei ATDI gespielt. Aber man darf ein Album auch nicht als etwas lesen, das eine bestimmte Wahrheit ausspricht und etwas verändern könnte. Wenn du wirklich etwas verändern willst, dann musst du aufhören, politischen Protest mit einer Demonstration zu verwechseln. Du musst wegkommen von der romantischen Vorstellung, dass du zwischen Gut und Böse unterscheiden kannst. Viele wollen das nicht hören. Das Beste, was ich also machen kann, ist, mit diesen kleinen Rätseln und Metaphern literarische Bomben in den Köpfen zu zünden, und vielleicht klappt es ja, dass dann einer denkt: ›Oh, krass! So habe ich das noch gar nicht gesehen.‹«

Hype wird den Jungs zu heftig. Sie zerbrechen daran. Im Februar 2001 geben sie mitten in ihrer Tour die Trennung bekannt. Aus ATDI werden The Mars Volta (Cedric und Omar) und Sparta (Jim, Paul und Tony). Dass keins der beiden Projekte jemals die Musik, die Atmosphäre und die Energie von ATDI erreicht hat, darüber sind sich bis heute so gut wie alle einig. Und jetzt, 16 Jahre später, gibt es mit »In.ter A.li.a« tatsächlich ein neues Album und eine große Tour. »Wir hatten einfach zu viel Zeit miteinander verbracht«, erzählt Cedric im Interview. »Bei mir war es auf jeden Fall so, dass ich keine Zeit hatte, richtig erwachsen zu werden und erst herausfinden musste, wie das geht. Jetzt helfen mir meine Kinder und meine Frau dabei. Sie haben mir gezeigt, was es bedeutet, zuzuhören und Teil einer Beziehung zu sein. So ist es auch bei — At The Drive-In »In.ter A.li.a« (Rise / ADA / Warner / VÖ 05.05.17) einer Band.« — Auf Tour am 23.08. Einen Großteil der Zeit, die sie für »In.ter A.li.a« in Proberäumen und Studios versanken, haben die Jungs also nicht etwa geschrieben und gespielt, sondern geredet. »Wir haben über eine Menge Dinge aus der Vergangenheit gesprochen«, erinnert sich Cedric, »über Sachen, die wir in Interviews gesagt haben und darüber, was das bedeutet hat. Ich zum Beispiel musste mich wirklich für ein paar Dinge aus der Vergangenheit entschuldigen.« At The Drive-Ins neues Werk klingt glücklicherweise nicht wie das einer abgegriffenen Rockband, die 15 Jahre später zwar erwachsen ist, dafür aber etwas anderes vergessen hat: Wie es ist, jung zu sein und die enttäuschten Hoffnungen mit grenzenlosem kreativen Potenzial in musikalische Tornados zu verwandeln. »Für mich fühlt sich ATDI immer noch an wie ein 13-jähriger Junge, der gerade durch seine hormonelle Phase geht und keine Ahnung hat, was bei ihm los ist. Plötzlich hast du so viel Energie, und es ist, als würdest du schreien: ›Ich habe keine Ahnung, was ich will, aber ich will es verdammt noch mal sofort!‹« Vielleicht liegt es an Cedrics surrealen Texten, vielleicht an den unerwarteten Breaks und den ungewöhnlichen Arrangements, dass ATDI stets wirken, als stecke viel strukturelle Konzeptarbeit hinter den Songs und Alben. »Das ist eigentlich eher ein The-Mars-Volta-Ding. Wir haben wirklich versucht, von dieser intellektuellen

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#Pop #Love A

Love A

ALTE MOTZKÖPFE


#Pop #Love A

Nach vier Alben fällt Love A nichts mehr ein. Zumindest lässt der Titel der neuen Platte darauf schließen: »Nichts ist neu«. Dass der eigentlich nicht so recht passt, hat Julia Brummert im Gespräch mit Sänger Jörkk Mechenbier und Bassist Dominik Mercier herausgefunden. Foto: Manuel Alt

J: Genau! Diese Geschichte gefällt uns soundtechnisch ganz gut. Das ist dieses kleine Quäntchen mehr Studiotechnik, das es beim letzten Mal auch schon gab. Ganz einfach, weil wir es konnten. Ich hatte ein wenig die Angst verloren, dass durch die Effekte die Songs live nicht mehr so klingen, wie man sie kennt. D: Wir hatten diesmal ganz einfach mehr Studiobudget. Sollte Geld übrig bleiben, kaufen wir noch ein Reverb. Beim nächsten Mal dann Auto-Tune?

D: Das war eigentlich schon für diese Platte geplant, hat aber nicht so hingehauen. Auf dem einen oder anderen Wolltet ihr mit dem Titel »Nichts ist neu« die Erwartun- Track ist aber tatsächlich ein bisschen Auto-Tune drauf. gen an euer viertes Album möglichst niedrig halten? Das hört man, wenn man die Ohren spitzt. Jörkk: Eigentlich war die Idee, dass so vieles wiederkommt. J: Das stimmt überhaupt nicht! In der Musik, in der Mode und überall. Mehr Geld, mehr Effekte – hat sich sonst noch was Dominik: Das Album sollte ursprünglich »Bonbonhagel« geändert? heißen. J: Ich habe mir diesmal keine Sorgen gemacht. Ich wusste, wir kriegen es hin, es lief einfach schon zum dritten Mal J: Oder »Kartoffel-Ich«. D: Ja, oder »Kartoffel-Ich«. Aber das wurde beides chaotisch, aber ich hatte ein Grundvertrauen in die Platte. abgelehnt. Ein bisschen hadert man ja immer. Wir sind nicht in der »Bonbonhagel« ist ehrlich gesagt hübscher als »Nichts Lage, uns so zu verändern und weiterzuentwickeln, dass die Leute uns auf einmal hassen oder den Weg nicht mehr ist neu«. D: Das ist deutlich schöner. mitgehen. Wir erwarten höchstens einen WiederholungsJ: Es liest sich aber schöner, als es sich ausspricht. Man vorwurf, aber den bekommen Bands wie Bad Religion oder sieht es und muss lachen, aber dann tut man sich gerade die Ramones ja auch. als Dialekt-angeschlagener Mensch mit »Bonbonhagel« D: Ich mache mir einfach gar keine Gedanken. Es ist tatschwer mit der Aussprache. Also unser Schlagzeuger Karl sächlich so, dass wir in einem bestimmten Maße Musik machen können und Musik machen wollen, und entsprebeispielsweise. Ihr bleibt auf »Nichts ist neu« weiterhin kryptisch. Wenn chend klingt das Ergebnis so, wie es eben klingt. ihr morgens in die Zeitung guckt, ist euch dann nicht eher danach, Parolen gegen den ganzen Scheiß zu brüllen?

J: Man könnte ja auch glauben, dass vieles nach einer rechteren Gesinnung in der Politik schreit, und da machen wir ja auch nicht mit. Von daher finde ich das nicht. Wir sind und bleiben im sonstigen Gestus und unserem Handeln politisch und beschäftigen uns nicht weniger als vorher mit diesen Themen. Mal nicht ausbrechen zu müssen, wie man es im Alltag heutzutage öfter muss, ist vielleicht so etwas wie ein kleiner Urlaub. D: In »Löwenzahn« geht es doch konkret um die Lage in unserem Land. J: Da werden wir fast schon plakativ. Aber es ist der eine Song, um es klarzumachen. Deshalb muss ich nicht gleich für das ganze Album plakative Slogans schreiben. Das bedeutet bei uns schon was, wenn aus einem Song ganz klar rauszulesen ist, worüber oder wogegen es geht. Schon auf »Jagd und Hund« war es spürbar, aber jetzt finde ich es noch krasser: Ihr werdet musikalisch ganz schön wavig. Bei »Sonderling« zum Beispiel erkennt man dich, Jörkk, kaum. Woher kommt das?

D: Bei den ersten beiden Alben gab es die Überlegung, dass sich das Ganze live umsetzen lassen soll. Das hat sich bis heute nicht geändert, wir haben es jedoch ein wenig gelockert. Robert Whiteley, mit dem wir unsere Platten machen, spielt sehr gerne mit Effektgeräten und hat Hall auf ein paar Sachen gelegt. Wir hören alle gerne 80s und Wave. Vielleicht haben wir diese Affinität diesmal einfach mehr zugelassen.

»Nichts ist neu« ist wieder arg wütend und melancholisch. Können Love A überhaupt fröhliche Musik machen? D: Das funktioniert nicht so gut für uns. Wir Robert Whiteley

haben auch schon fröhlichere Songs im Reper- Der in Deutschland aufgetoire. Zu viel davon fühlt sich aber nicht richtig wachsene Robert Whiteley ist Besitzer und Hausproan und klingt schnell sehr albern. Tendenziell duzent der Whitewood versuchen wir auch, albern zu sein. Außer beim Studios in Liverpool, wo er von seinen Kollegen – wen Musikmachen selbst. wundert’s – »the German« J: Ich habe so ein, zwei »Comedy-Momente« genannt wird. Er hat schon mit Lasse bei Schreng Schreng Und La La, mit Acts wie Clinic gearbeiund ich merke, dass mir das gar nicht gefällt. tet und auch an »Jagd und Hund« und »Irgendwie« von Zwischen den Songs darf es gern so albern Love A. wie möglich werden, aber in einem Song ... Das nutzt sich einfach auch so schnell ab. Schreng Schreng Wenn ich einen Song gehört habe, der witzig Und La La ist, lache ich auch mal. Das wird aber dann Muss man hoffentlich nicht wie ein Witz, den man immer wieder erzählt mehr allen vorstellen, aber bekommt. Bei ernsthaften Themen gibt es kann man hier mal wieder diesen Effekt nicht. Ich hab die Frage nach empfehlen: Das Duo besteht aus Jörkk von Love A der Fröhlichkeit in meinem ersten Interview und Lasse Paulus, der das auch Turbostaat gestellt. Ich weiß noch, dass geschätzte Online-Portal Marten geantwortet hat: »Das Leben ist eben Crazewire betreibt. Über das Debüt »Berlusconi« kein Schneckenschubsen.« Man verleiht seiner schrieb Intro schon 2011: Freude vielleicht generell weniger Ausdruck »ausdrücklich zum Kauf empfohlen«. als seinem Unmut. D: Motzen macht ja auch Spaß. Vielleicht ist die Musik unser Motz-Ventil, und abseits können wir nett und gut gelaunt sein, weil wir das Schimpfen auf der Bühne oder im Studio ausleben und ansonsten versuchen, möglichst positiv oder freudvoll mit allem umzugehen. Eigentlich aber nicht. Wir sind einfach Motzköpfe. — Intro empfiehlt: Love A »Nichts ist neu«

(Rookie / Indigo / VÖ 12.05.17)

— Intro empfiehlt die Tour vom 11. bis 27.05. und 29.09. bis 28.10.

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#Pop #Thurston Moore

Thurston Moore

TAUSCHE TEE GEGEN

Es gibt ein entspanntes Leben nach Sonic Youth: Thurston Moore zeigt sich beim Interview altersweise und kämpferisch zugleich – seine Antworten lässt er bei einer guten Tasse Tee ziehen. Mit Annette Walter sprach er über sein neues Album »Rock N Roll Consciousness«, den Einfluss seiner neuen Lebenspartnerin Eva Prinz auf seine Musik und darüber, warum es ihm gerade heute wichtig ist, demonstrieren zu gehen. Foto: Christian Debus


#Pop #Thurston Moore

Aufgenommen wurde die Platte in den Church Studios, einer Kirche aus dem 19. Jahrhundert im Londoner Stadtteil Crouch End. Die Eurythmics hatten die Kirche 1984 für genau diesen Zweck gekauft. Moore lebt mittlerweile mit seiner Freundin Eva Prinz in London, genauer gesagt im Hipster-Stadtteil Stoke-Newington, »sehr gentrifiziert, aber ich wohne etwas abseits«, betont er. Dass er sich für sie von seiner langjährigen Frau und Bandkollegin Kim Gordon getrennt hatte, darüber ist mittlerweile schon so viel geschrieben worden, dass man dieses Thema nicht mehr ansprechen möchte. Die Trennung legte Gordon in ihrem Buch »Girl In A Band« schonungslos offen dar. Moore kam dabei alles andere als gut weg. Auch mit Prinz verbindet Moore wie schon mit Gordon nicht nur eine Liebesbeziehung, sondern auch eine kreative Partnerschaft. Die Autorin und Herausgeberin von Kunstbüchern steuerte einige der Songtexte bei und gestaltete das Albumcover. »Sie hat eine Art weibliche Energie in die Platte gebracht«, nennt Moore das. Im Opening-Track »Exalted« klingt das dann etwa so: »She is the future and the prophetess, old soul oracle, spaced out in timelessness.« Wenngleich diese Intention nicht auf den ersten Blick sichtbar wird, formuliert Moore die Botschaft des Albums als ein Signal wider die »Macht sogenannter weißer Alphamänner«. Und wie erlebt er Frauen in der Musik? Für die Antwort erzählt Moore von seinen Anfängen im New York der ausgehenden 1970er-Jahre: »Ich hatte immer das Gefühl, dass die stärksten Stimmen im Punkrock die weiblichen waren. Patti Smith, Debbie Harry, Siouxsie Sioux oder The Slits. Ich fand sie immer so wichtig wie The Clash, die Sex Pistols oder die Ramones.« Begeistert erzählt er vom Women’s March in Church Studios Washington, bei dem er unlängst mitlief: »Es Die rund 160 Jahre alte war fantastisch, diese Freude dort zu erleben.« Kirche wird seit den Achtzigern als Studio genutzt Passt dazu der auffällige Button auf seinem – allerdings nur ein Teil des Hemd mit dem Satz »Fight the power«? »Ach, Gebäudes, während im anden habe ich neulich in New York bei einer deren noch Kirchenbetrieb herrscht. Die Eurythmics Demonstration bekommen.« Er geht oft auf nahmen dort ihr Debüt solche Kundgebungen: »Für mich ist es ein »Sweet Dreams« auf und Weg, gegen Unterdrückung aufzustehen. Ich verliebten sich so sehr in das Gebäude, dass sie denke, es ist momentan sehr wichtig, auf der es, als sich ihr Welterfolg Straße sichtbar zu sein, um eine Opposition einstellte, gleich kauften. gegen die aggressive Agenda von Trennung Zuletzt war es zum Beispiel zu sehen, als Adele dort ein und Hass zu manifestieren. Wir müssen keine Live-Video zu »When We Mauern bauen, sondern sie loswerden.« Dass Were Young« aufnahm. Trump an die Macht gekommen sei, bezeichnet er als Worst-Case-Szenario. Seine Affinität Girl In A Band zu den USA sei momentan eher gering, doch Auch wenn das Ende er verbringe nach wie vor viel Zeit in seinem ihrer Ehe darin eine große Rolle spielt, wird es diesem Heimatland, auch wegen seiner 22-jährigen mitreißenden Buch nicht Tochter aus der Ehe mit Kim Gordon. »Ich gerecht, wenn man es nur empfinde viel Liebe für die Menschen dort, darauf reduziert. »Girl In A Band« ist weit mehr als die, mit denen ich aufgewachsen bin, und eine Seifenoper, sondern meine Familie.« ein sehr offenes Buch über Momentan ist er mit seinem Wohnort in Kim Gordons Leben und ihr Wirken als Künstlerin. BeGroßbritannien aber sehr glücklich und ent- sonders berührend wird es, deckt Europa: »Wenn ich nach Frankreich, wenn sie ihr eigenes, von Italien, Spanien, Deutschland, Schweden oder außen auf sie projiziertes Image widerlegt. Zum BeiDänemark fahre, denke ich mir jedes Mal, ich spiel so: »Leute haben zu würde auch gern in Paris, Rom, Madrid, Berlin, mir gesagt, ich sei auf der Bühne mysteriös und kalt. Stockholm oder Kopenhagen wohnen.«

MINIBAR W enn das Klischee abstinenter Rockstars jenseits der 50 stimmt, dann erfüllt Thurston Moore es. Beim Interview in den Räumen seines Berliner Labels kramt er erst mal einen Teebeutel aus seinem Rucksack hervor. »Ich habe immer eine Packung der britischen Marke P.G. Tipps dabei«, erzählt er. »Dann kann ich mir im Hotelzimmer meinen eigenen Tee machen.« Die Minibar scheint er also nicht zu plündern, und nach exzessivem Rock’n’Roll-Lifestyle klingt das alles auch nicht. In der Tat macht Moore den Eindruck eines weisen mittelalten Mannes, der bei sich selbst angekommen ist. So gelassen, wie er an seinem Tee nippt und bereits vor der ersten Interviewfrage zu erzählen beginnt, hat man den Eindruck, als fühle er sich sehr wohl in seinem eigenen Universum. Was sollte diesen Mann, der mit Sonic Youth eine der einflussreichsten Bands aller Zeiten gegründet, mit dieser Formation 30 Jahre Musik gemacht und nach dem Zerfall der Band 2011 mit einem nach ihm selbst benannten Bandprojekt noch einmal neu begonnen hat, auch noch aus der Ruhe bringen? Mit seinem markanten Gesicht, den prägnanten Lippen, seinem langen, schlaksigen Körper und der klobigen »Milhouse von den Simpsons«-Brille wirkt Moore deutlich jünger als 58, ein wenig wie ein leicht zerstreuter Kunstprofessor. »Weißt du, ich bin jetzt fast 60«, kommentiert er die Frage nach dem Älterwerden. »Ein komisches Alter. Die meisten Menschen sind dann häuslich und stehen nicht mehr auf Konzerten oder in Clubs herum. Aber im Grunde ist mir das egal.« Zu seiner buddha-artigen Entspanntheit passt die LaidBack-Attitüde, mit der er den allgemeinen Erwartungen bezüglich des neuen Albums »Rock N Roll Consciousness« begegnet. Musikalisch steht es in einer Linie mit seinem früheren Schaffen, und man hört die üblichen Zehn-Minuten-Noise-Rock-Tracks. Gleichzeitig ist es für Moore eine neue Erfahrung, dass eine Band seinen Namen trägt. Ist er tatsächlich der Mastermind, um den sich seine Bandmitglieder – Gitarrist James Sedwards, Bassist Deb Googe (My Bloody Valentine) und Sonic-Youth-Schlagzeuger Steve Shelley – scharen? In der Tat gibt es einen markanten Unterschied zu Moores Sonic-Youth-Zeit, erläutert er: »Sonic Youth waren eine Demokratie. Es gab keine Credits, und es war egal, ob jemand 80 Prozent eines Songtextes geschrieben hat. Dieses Mal steht mein Name drauf, und ich bekomme dementsprechend die Tantiemen für die Veröffentlichung. Das ist der Deal.« Wobei der kommerzielle Aspekt für Moore sowieso nebensächlich ist: »Ich habe das Gefühl, dass wir uns nicht mehr verkaufen müssen.«

— Intro empfiehlt: Thurston Moore »Rock N Roll Consciousness« (Caroline / Universal / VÖ 28.04.17) — Auf Tour vom 18.06. bis 04.07.

Aber mehr als alles andere bin ich extrem schüchtern und sensibel. Es ist so, als könnte ich alle Emotionen in einem Raum spüren.«

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#Kultur

#Kultur

Collage: Ruth van Beek, Untitled (The Levitators), 2012; Courtesy of The Ravestijn Gallery Amsterdam

»Hier liegt der Hund begraben«, dachte sich die Crew aus »Alien: Covenant«, als sie auf dem Planeten landete, der ihre neue Heimat werden sollte. Was dann passierte, erzählt uns Ridley Scott. Eine Überschrift auf den folgenden Seiten heißt passenderweise »Menschen sind Tiere«, und man könnte diese Erkenntnis fast als Leitspruch über jene Filme stellen, die uns in diesem Monat am besten gefallen.

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#Kultur #Kino #Ridley Scott #Alien: Covenant

Ridley Scott über »Alien: Covenant«

GÄ R T N E R D E S W E LTA L L S »Alien: Covenant« ist die Fortsetzung des »Alien«-Prequels »Prometheus«. Der alte Regie-Teufel Ridley Scott setzt darin auf rohe Gewalt und gewaltige Mythologie. Warum sein gottloses Weltbild nicht ohne evolutionäre Hackordnung auskommt, erklärte er Alexander Dahas im Nebel von Los Angeles.


#Kultur #Kino #Ridley Scott #Alien: Covenant

A

n einem diesigen Februarvormittag sitze ich im Kinosaal eines Hotels in Hollywood. Kurz bevor das Licht ausgeht, hockt sich ein Typ neben mich. Aus den Augenwinkeln kann ich gerade noch erkennen, wer es ist: Ridley Scott. Der Regisseur will sich davon überzeugen, ob tontechnisch mit seinem neuen Werk alles in Ordnung ist, wie ich später erfahre. Nach dem Film scheint er sehr zufrieden. Kein Wunder: Die Schmerzensschreie im bislang wohl blutrünstigsten »Alien«-Teil gingen mir so nah, als brüte eins von den Viechern gerade in meiner Brust. Beim Interviewtermin am selben Tag kichert Ridley Scott: »Tja, die Evolution beginnt mit Gewalt.« Kicher. »Das war schon Thema in ›2001: Odyssee im Weltraum‹.« Kicher. »Und so, wie in Kubricks Film der schwarze Obelisk durchs All fliegt und die Affen auf die Sache mit den Waffen bringt, verhält es sich in meinem Film mit den Konstrukteuren, die man als die Gärtner des Weltalls bezeichnen kann. Sie pflanzen Ideen.« Doch bald vergeht in »Alien: Covenant« nicht nur dem letzten Weltall-Gärtner das Gekicher. In den Weiten des Science-Fiction- und Horror-Films gilt Scott seit »Alien« aus dem Jahr 1979 als genialer Konstrukteur. Die Langlebigkeit des Konstrukts überrascht ihn bis heute. Beinahe hätte er auch gar nichts damit zu tun gehabt. »Damals war ich fünfte Wahl«, erzählt er etwas ernsthafter. »Kandidat Nummer eins war Robert Aldrich. Kannst du ihn dir als ›Alien‹-Regisseur vorstellen?« Der Hollywood-kritische Hollywood-Veteran Aldrich war den Produzenten 1979 mit seinen 60 Jahren aber letztlich wohl

zu alt. Außerdem besaß er keinerlei Erfahrung mit Horror oder Science-Fiction, Ridley Scott zwar auch nicht, allerdings hatte der mit seinem Spielfilmdebüt »Die Duellisten« gerade auf sich aufmerksam gemacht. Und der britische Newcomer nutzte seine große Chance: »Alien« war der erste Horrorfilm mit ikonischer Actionheldin. Dafür ist die Darstellerin Sigourney Weaver immer noch bekannt. Und es war ein Science-Fiction-Film mit einem Monster, dessen Bedrohlichkeit dadurch wuchs, dass man wenig über seine Herkunft und Motivation wusste. Drei Fortsetzungen von James Cameron, David Fincher und Jean-Pierre Jeunet sowie das Prequel »Prometheus« von Scott später kommen wir des Rätsels Lösung näher: »Alien: Covenant« wirft einen intensiven Blick auf die Entstehung dieser Lebensform. Eine irre Genese, die sich in »Prometheus« angedeutet hatte. Wichtig für die Story waren offenbar NASA-Mitarbeiter, die Scott bei »Der Marsianer« beratend zur Seite gestanden hatten. »Sie sagten, dass Lebewesen, die auf einem Planeten wie unserem leben, also in genau diesem Abstand zur Sonne, auch so aussehen müssten wie wir. Als ich sie fragte, ob wir Menschen das einzige intelligente Lebewesen im All sein könnten, verneinten sie das entschieden. Da draußen seien definitiv noch Billionen Lebensformen. Dieser Gedanke hat mir immer sehr gefallen. Ich habe zwar nie an Gott geglaubt, aber schon an eine überlegene Macht. Der Gedanke, dass ausgerechnet wir deren Auserwählte sind, kam mir lächerlich vor.« Die Version der Schöpfungsgeschichte in »Alien: Covenant« bezeichnet Scott als »mythologische Logik«. Sie enthalte Elemente aus der antiken Sagenwelt, Schnipsel alttestamentarischer Überlieferung und zitiere Jean-Jacques Annauds »Am Anfang war das Feuer«. Scotts Augen leuchten, als er davon erzählt: »Annauds Film kam kurz nach ›Alien‹ in die Kinos. Er handelt von einer Gruppe Neandertaler, denen die Technik des Feuermachens Probleme bereitet, weshalb sie immer eine Schatulle voller Glut mit sich führen. Eines Tages erlischt Robert Aldrich die Glut, und die Gruppe muss neues Feuer Der 1983 verstorbene Refinden. Dabei stoßen sie auf höher entwickelte gisseur besetzte den Apachen in »Massai« zwar mit Wesen.« In »Alien: Covenant« verkörpert Mi- Burt Lancaster, wandte sich chael Fassbender so etwas in der Art – einen in dem Film von 1954 aber Androiden-Typus mit Tuchfühlung zu noch gegen den herrschenden Rassismus gegen die amehöheren Wesen. Überhaupt rückt Scott die rikanischen Ureinwohner. Filmreihe näher an komplexe Welten, wie Bis zu seinem Tod drehte man sie aus Superhelden-Universen kennt. er Filme, die die Grenzen der Konvention ausloteten Noch etwas ist anders: Für eine Geschichte, die und das Establishment sich an den Konventionen des Monsterfilms provozierten. Seine »Alien«orientiert, offenbarte »Alien« bislang wenig Version wäre mit Sicherheit nicht ganz uninteressant Sympathien für die Hauptfiguren. Das hat sich geworden. laut Scott bewusst gewandelt. Ein letztes Rätsel raunt der fleißige Gärtner mir noch ins Mikro, bevor er ganz passend in den Nebel entschwindet, der Los Angeles an diesem Tag verhüllt: »Ist dir das Sprichwort ›Müßige Hände sind des Teufels Werkzeug‹ geläufig? Da ist etwas dran. Wenn man sich langweilt, kommt man auf teuflische Ideen. Davon handelt ›Alien: Covenant‹.« — »Alien: Covenant« (USA 2017; R: Ridley Scott; D: Michael Fassbender, Katherine Waterston, Noomi Rapace; Kinostart: 18.05.17; 20th Century Fox)

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#Kultur #Kino #Get Out

Get Out

WER HAT ANGST VORM WEISSEN MANN? Keine reine Komödie und kein purer Horrorfilm, dafür gesell­ Produktionsfirma Blumhouse Productions schaftskritischer Realismus im Genre-Patchwork-Gewand. Erwartungen. Sie könnten bei »Get Out«, dem Regiedebüt des Comedian Jordan Peele, Jordan Peele gelingt ein beeindruckendes Regiedebüt.

E

s ist nie ein gutes Zeichen, wenn dem Protagonisten eines Kinofilms ein Hirsch vors Auto läuft. Das eigentlich böse Omen für den jungen Fotografen Chris (Daniel Kaluuya aus »Sicario«) ist in diesem Fall weniger das sterbende Tier im Unterholz, sondern vielmehr das rassistische Verhalten des Polizisten, der den Unfall aufnimmt. Zumal »Get Out« im Prolog schon nachdrücklich klargemacht hat, dass die Straße in diesem Film – wie auch in der US-amerikanischen Realität – für junge Männer schwarzer Hautfarbe nicht ohne Weiteres als sicherer Ort gelten kann. Aber ob es für sie abseits der Straße so viel weniger gefährlich ist? Dass die Eltern seiner weißen Freundin Rose (Allison Williams) noch nicht wissen, dass er schwarz ist, bereitet Chris Bauchschmerzen. Der Trip in die Provinz dient

dazu, sie kennenzulernen. Er solle sich keine Sorgen machen, ihre Eltern seien keine Rassisten, versichert Rose, und sie scheint recht zu behalten. Zumindest fällt die Umarmung zur Begrüßung herzlich aus – und natürlich versichert Roses Vater (Bradley Whitford) bald ungefragt, dass er Obama auch ein drittes Mal gewählt hätte. Aber warum will PsychologenMama (Catherine Keener) Chris unbedingt per Hypnose vom Rauchen abbringen? Warum verhalten sich die schwarze Haushälterin (Betty Gabriel) und ihr Gärtner-Gatte (Marcus Henderson) so seltsam? Ganz zu schweigen vom einzigen anderen afroamerikanischen Gast (Lakeith Stanfield) beim großen Gartenfest am nächsten Tag? Ähnlich wie der Hirsch auf der Motorhaube wecken auch Jason Blum und seine

auf die falsche Fährte führen. Im Unterschied zu den Blumhouse-Produktionen »Paranormal Activity«, »Insidious« oder »Ouija« geht es in »Get Out« nicht um Übersinnliches, auch der Gore-Faktor fällt für einen als Horror vermarkteten Film ziemlich gering aus. Was nicht heißt, dass es nicht gruselig zuginge, denn von Angst versteht Peele, der auch das Drehbuch schrieb, ziemlich viel. Nicht zuletzt von der Angst der Schwarzen vor der Angst, die die Weißen vor ihnen haben. Selbst wenn diese fünfmal betonen, dass Tiger Woods ihr Lieblingsgolfer sei. Peele erzählt vom Rassismus mit Genre-Stilmitteln und flicht einen Gänsehaut erzeugenden Gesellschaftskommentar zwischen »Rat mal, wer zum Essen kommt« und »Stepford Wives« samt einer Prise »Rosemaries Baby« und »Scream« ein. Das ist clever – und selbst im schwächeren letzten Filmdrittel ungemein effektiv. Dank vertrauter Mechanismen und treffsicherem Humor sowie einer fantastischen Besetzung steigt man selbst als weißer Deutscher sofort auf das Thema ein. Und ertappt sich womöglich sogar – oh Horror! – in der Täterperspektive. Patrick Heidmann — »Get Out« (USA 2017; R: Jordan Peele; D: Daniel Kaluuya, Allison Williams; Kinostart: 04.05.17; Universal)


#Kultur #Kino #Zoe Saldana #Guardians Of The Galaxy Vol. 2

Zoe Saldana über »Guardians Of The Galaxy Vol. 2«

AUSSERIRDISCH UND SCHWER BEWAFFNET Der frische Ruhm der Guardians verhilft ihnen zu einem heiklen Job. Sie kämpfen gegen ein interdimensionales Ungeheuer. Mit ungeheurem Spaß, wie Zoe Saldana Patrick Heidmann erzählte.

ihre Berechtigung, und wenn ich durch diese Nebenrollen die Gelegenheit bekomme, mit wunderbaren Regisseuren und Kollegen zusammenzuarbeiten, lasse ich mich gerne darauf ein. Allerdings fühlt es sich umso besser an, wenn man im nächsten Film wieder eine Als vor drei Jahren der erste Teil von »Guar- Denn solange die Story spannend und die sehr viel aktivere Figur verkörpern darf. dians Of The Galaxy« mit dir als Gamora in Figur interessant ist, sage ich gerne auch die Siehst du dich in diesen starken Frauenroldie Kinos kam, warst du auf dem Cover des zehnte Actionrolle zu! Hollywood Reporter – inszeniert als Göttin der Geeks und Nerds. Hat dir das gefallen?

Klar, warum denn nicht? Ich sehe mich selbst als Geek und bin alles andere als cool. Das war schon früher so. Ich gehörte in der Schule weder zu den total Lässigen noch zu den Beliebten, mit denen jeder gesehen werden wollte. Mein Ruf war eher der eines Spaßvogels, der den gleichen Geschmack hat wie die Jungs. Action- und Science-Fiction-Filme waren mein Ding.

Keine Angst, aus dieser Schublade nicht wieder herauszukommen?

Darüber mache ich mir schon Gedanken. Schließlich wissen wir alle, wie Hollywood funktioniert. Man hat es selten selbst in der Hand, gewisse Labels wieder loszuwerden. Deswegen bleibt mir nichts anderes übrig, als darauf zu vertrauen, dass man mir mehr zutraut. Es klappt ziemlich gut, schließlich drehe ich zwischendurch ganz andere Filme, zuletzt »Live By Night« von und mit Ben AffEs ist also kein Zufall, dass du in so vielen leck. Die werden nur eben nicht von so vielen Science-Fiction-Filmen zu sehen bist? Leuten gesehen wie eine Marvel-Verfilmung. Doch. Ich hatte mir nie vorgenommen, lauter Darin spielst du eine Nebenrolle, im MitAußerirdische und schwer bewaffnete Frauen telpunkt stehen männliche Figuren. Ist das zu spielen. Aber vermutlich habe ich, weil ich frustrierend, wenn man zuvor in »Star Trek« selbst Fan solcher Filme bin, einen besonderen oder »Guardians Of The Galaxy« als Frau an Sinn für Geschichten dieser Art. Und aller- der Rettung der Galaxie beteiligt war? größten Respekt vor allen Filmemachern, die Ich kann nicht die Augen vor der Realität veres wagen, sich das Unvorstellbare vorzustellen. schließen: Es gibt viele Geschichten und Filme, Irgendwie hat sich das wohl herumgesprochen. in denen die Frauen nicht dazu beitragen, die Da habe ich gar nichts gegen einzuwenden. Handlung voranzutreiben. Die haben durchaus

len als Vorbild für andere?

Klar, und darauf bin ich stolz. Schließlich gibt es noch immer nicht besonders viele weibliche Superheldinnen. Das fällt mir immer dann auf, wenn mein Mann und ich für unsere Jungs nach Spielzeug und Ähnlichem suchen. Eine wie meine Figur Gamora in »Guardians Of The Galaxy« ist nicht nur ein Vorbild für Mädchen, sondern auch für Jungs. Meine beiden Großen lieben Superhelden – und ganz besonders die Frauen. — »Guardians Of The Galaxy Vol. 2« (USA 2017; R: James Gunn; D: Zoe Saldana, Chris Pratt; Kinostart: 27.04.17; Disney)

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#Kultur #Kino #Cate Shortland #Berlin Syndrom

Cate Shortland über »Berlin Syndrom« Komponente an-

LAND DER TÄTER UND GARTENZWERGE

geht. Damit musste ich mich unbedingt auseinandersetzen. Darüber hinaus interessierte mich, was es bedeutet, eine Australierin in Europa zu sein.

Im Film spielt ein Schrebergarten eine Rolle. Ist das für dich trotz der Erfahrung mit Deutschland ein merkwürdiger Ort?

Zum ersten Mal habe ich einen Schrebergarten gesehen, als ich mit 25 Jahren zum Filmfestival nach Oberhausen kam. Ich dachte, dass dort arme Leute leben, es sich also quasi um Slums deutscher Art handelte. Die Wahrheit hat mich erstaunt. Auch die kulturelle Bedeutung der Im Thriller der australischen Filmemacherin Welche Erkenntnisse Schrebergärten ist hochinteressant. Jetzt besuwird eine Touristin aus Down Under in Berlin als hast du gewonnen? che ich Schrebergartenanlagen, wann immer Geisel genommen. Ob sie Germany bedrohlich Als Australier trägt ich hier bei einem Filmfestival bin. findet, verriet Cate Shortland Patrick Heidmann. man hier immer einen Bist du durch die Netflix-Serie »Sense8« auf gewissen Minderwer- Max Riemelt als Hauptdarsteller von »Berlin tigkeitskomplex mit Syndrom« gestoßen? Schon dein Film »Lore« spielte in Deutsch- sich herum. Erst kürzlich sagte wieder jemand Meine Casterin in Berlin legte mir Max ans land, mit »Berlin Syndrom« wechselst du aus zu mir, ich stamme ja aus den Kolonien. Und Herz. »Sense8« und die Rolle des schwulen der Nachkriegszeit in die Gegenwart. Wieso das wird als etwas Minderwertiges gesehen. Polizisten in »Freier Fall« haben mir gezeigt, ausgerechnet Deutschland? Als seien wir das Gegenstück zur europäischen dass er keinerlei Berührungsängste hat. Das Dass ich zwei Filme nacheinander in Deutsch- Hochkultur. Das australische Selbstbild ist sehr war wichtig. Und seine unschuldige, jungenland gedreht habe, ist Zufall. »Lore« habe ich davon geprägt, dass wir immer noch zum Rest hafte Ausstrahlung fand ich reizvoll als Widergemacht, weil mich seit meinem Studium das der Welt aufschauen. spruch zu diesem Soziopathen, den er spielt. Thema Faschismus beschäftigt. Außerdem Welchen Eindruck hat der Drehort Berlin auf stammt die jüdische Familie meines Mannes dich gemacht? — »Berlin Syndrom« (AUS 2017; R: Cate Shortland; ursprünglich aus Berlin. Doch es gibt keine Ich liebe Berlin. Ich habe hier schon mehrfach D: Teresa Palmer, Max Riemelt; Kinostart: 25.05.17; MFA) Verbindung zwischen »Lore« und »Berlin Syn- für einige Zeit gelebt, meine Kinder gingen drom«. Eine Produzentin drückte mir Melanie hier zur Schule. Und mein Mann hat bis heute Joostens Romanvorlage in die Hand, die mich einen deutschen Pass, obwohl seine Familie faszinierte. Charlottenburg 1937 verließ. Was mir an der Was machte diese Faszination aus? Stadt so gefällt, sind ihre ungewöhnlichen Die Beziehung zwischen den Protagonisten Schwingungen, ihre Sperrigkeit und das Raue. Clare und Andi ist viel mehr als ein Täter- Außerdem ist überall die Geschichte greifbar, Opfer-Ding. Sie ist sehr komplex und gar nicht was ich zu einem Element von »Berlin Syneinfach zu verstehen. Auch was die sexuelle drom« machen wollte.


#Kultur #Kino

Denk ich an Deutschland in der Nacht

VON HEINE UND VOM HIGH SEIN Romuald Karmakar legt fünf DJs auf die Couch und sieht ihnen bei der Arbeit zu. Techno vs. Spiritualität, Materialismus und Idealismus.

1995

drehte Romuald Karmakar den Spielfilm »Der Totmacher«, und die Kritik zeigte sich begeistert von seiner speziellen Inszenierung. Das Kammerspiel konzentrierte sich auf das Duell zwischen dem Psychiater Ernst Schulte und dem von Götz George gespielten Serienmörder der 1920er-Jahre, Fritz Haarmann. Auch in späteren Werken setzte sich Karmakar mit düsteren Geschichten aus Deutschland auseinander: zum Beispiel einer langen Rede Himmlers oder den Hasspredigten eines berüchtigten Hamburger Imams. Aber selbst die deutscheste Nacht kann ihre hellen Seiten haben, behaupten die Protagonisten seines Dokumentarfilms »Denk ich an Deutschland in der Nacht«. Fünf DJs elektronischer Musik beobachtet Karmakar bei der Arbeit: Ricardo Villalobos, Ata, Sonja Moonear, Roman Flügel und Move D. Karmakars Perspektive ähnelt der eines Psychoanalytikers. Der Regisseur bringt sie zum Reden. Auch über Themen, die ihnen bisweilen unangenehm sind. Fast schon spielerisch kommt er trotz der langen, stoischen Einstellungen näher an des Trubels Kern: Was verbirgt sich hinter der Lebenswelt der Porträtierten, und wie kann man die Beziehung von Studios und Clubs zur realen Welt in Worte

fassen? Gegen Ende des Films scheint es so, als beginne der Regisseur selbst, Bilder und Tonspuren subtil ineinander zu mischen. Diese »Nachtgedanken« bieten große Momente, die man erst mal kaum als solche erkennt. Ein kluger Film, in dem nicht nur schlaue Dinge gesagt werden. Wolfgang Frömberg

Die Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen sind ein Festival mit viel Tradition, das jedes Jahr mit einem tollen Programm und coolen Gästen zu überraschen weiß. Unser Highlight: die Vergabe des MuVi für den besten Musik­ clip des Jahres. Die Filme mögen kurz sein, der gute Eindruck eines Besuchs in Oberhausen hält lange vor. Weitere Infos zu der 63. Ausgabe vom 11. bis 16. Mai 2017 unter www.kurzfilmtage.de.

— c/o pop & Rapid Eye Movies present: »Denk ich an Deutschland in der Nacht« – exklusive Filmpremiere und Clubnacht mit Ata (Robert Johnson) & Tobias Thomas (Kompakt) Do 04.05. 20:30 Uhr Köln, Cinenova/Helios37 — »Denk ich an Deutschland in der Nacht« (D 2017; R: Romuald Karmakar; Kinostart: 11.05.17; Rapid Eye)

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#Kultur #Kino

»Siebzehn«

LESBISCH SEIN UND ANDERE KATASTROPHEN Paula ist unglücklich in ihre brave Mitschülerin verliebt. Regisseurin Monja Art inszeniert diese verhinderte Liebe mit viel Gespür.

A

ls Teenager hat man es mit dem Comingout schon schwer genug, in der niederösterreichischen Provinz dürfte es besonders hart sein. Dieses leider berechtigte Klischee wird in »Siebzehn« umgangen: Niemand von Paulas Mitschülern hat ein Problem damit, dass sie lesbisch ist. Das heißt aber noch lange nicht, dass sie Charlotte für sich gewinnen kann, denn die hat einen Freund. Andererseits ist nach kurzer Zeit klar, dass auch sie ihre Augen nicht von Paula lassen kann. Die immer grübelnde Paula sieht das jedoch nicht und stürzt sich zur Ablenkung in homo- wie heterosexuelle Abenteuer, während Charlotte für die Zuschauer genauso unnahbar bleibt wie für Paula. Dabei hat Paula noch

mit schwierigsten Familienverhältnissen zu kämpfen. Den Wegesrand dieser Geschichte spicken Figuren, die es in jeder Schulklasse gibt: die aufmerksamkeitssüchtige Tussi, der Macho, der verschrobene Einzelgänger und der aufdringliche Lehrer. Manchmal wirken diese etwas überzeichnet, aber sie ziehen wahrhaftig die Fäden in Paulas Suche nach Glück. Die Regisseurin nimmt das Coming-of-Age ernst, das Drehbuch ist weder belächelnd noch belehrend. Neben den authentisch unangenehmen Momenten, die die Jugend eben bereithält, sind es die zärtlichen und mitunter gierigen Blicke, die diesen Film ausmachen – besonders Paulas und Charlottes gegenseitiges Schmachten, das sich aber nie ganz erfüllen

kann. Das aufrichtig jugendliche Gefühl des Films wird vom österreichisch aufgestellten Pop-Soundtrack abgerundet. Es muss Zufall sein, dass kürzlich André Téchinés neuer Film »Mit Siebzehn« anlief, der ebenso intensiv von der Entdeckung des Schwul-Seins im französischen Hinterland erzählt. Die beiden Filme ergänzen sich jedenfalls wie ein Zweiteiler. Elisabeth Haefs — »Siebzehn« (A 2017; R: Monja Art; D: Elisabeth Wabitsch, Anaelle Dészy, Alexandra Schmidt; Kinostart: 27.04.17; Edition Salzgeber)

Wer einmal im Jahr nach Japan reisen möchte, kann es sich im Frühling leicht machen und mit dem Zug dorthin fahren. Der Short Cut führt wie gewohnt nach Frankfurt, wo vom 23. bis 28. Mai 2017 das 17. Japanische Filmfestival Nippon Connection stattfindet. Neben dem traditionell guten Filmprogramm erwartet den Besucher auch rundherum das passende Ambiente. Weitere Infos: nipponconnection.com.


»Beuys«

WIR ALLE UNTER EINEM HUT Andres Veiel gelingt kein guter Film über Joseph Beuys. Er ruft aber in Erinnerung: Beuys will be Beuys – ein bis heute einzigartiger Künstler.

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oseph Beuys betritt den Raum, den Blick auf die Kamera gerichtet: »Richtig Hollywood.« Er setzt sich, blättert in einer Zeitschrift. Die Kamera in Großaufnahme auf seinem schmalen Gesicht unter dem für ihn typischen Hut stellt sich scharf. »Der Zuschauer ist dahinten, ne?« Joseph Beuys schaut jetzt direkt in die Kamera und beginnt zu philosophieren. Es ist ein guter Einstieg für einen Dokumentarfilm über ihn. Vermutlich ist es sogar der beste Einstieg, wenn man wie Andres Veiel mehrere hundert Stunden Videomaterial gesichtet hat, Fotos und Audioaufnahmen nicht mitgerechnet. Und doch offenbart diese erste Szene des fast zwei Stunden langen Films eine seiner zentralen Schwächen: Als Zuschauer hat man weniger das Gefühl, Joseph Beuys zuzuschauen, dem Künstler, dem Aktivisten, dem Radikalen, als vielmehr dem Filmemacher Andres Veiel, der seine Version dieses Mannes präsentiert, der für ihn nach eigener

Aussage prägend war. Unterstützt wird dieser Eindruck durch die Dokumentarfilm-typischen Talking Heads, auf die Andres Veiel in seiner ansonsten kunstvoll montierten Collage nicht verzichtet. Interessant ist der Film »Beuys« dennoch. Wenn auch nicht wegen seiner Machart. Sondern als Porträt eines Künstlers, der sich als einer der ersten für ein Kunstverständnis eingesetzt hat, auf dem heute die Arbeiten von Marina Abramovic genauso aufbauen wie die des Zentrums für Politische Schönheit. »Ich bin kein Künstler. Es sei denn unter der Voraussetzung, dass wir alle Künstler sind.«

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Simone Schlosser — »Beuys« (D 2017; R: Andres Veiel; Kinostart: 18.05.17; Pfiffl Medien)

asgeirmusic.com embassyofmusic.de


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#Kultur #DVD

Nocturnal Animals

MENSCHEN SIND TIERE Tom Fords zweiter Film nach »A Single Man« wirkt oberflächlich betrachtet oberflächlich, geht aber schmerzhaft unter die Haut.

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m Intro-Interview gab Regisseur Tom Ford zu Protokoll: »Die Romanvorlage handelt davon, dass man nicht einfach Menschen aus seinem Leben streichen sollte, die einem etwas bedeuten. Ich bin ein sehr loyaler Mensch – und nicht umsonst mit meinem Mann seit fast 30 Jahren zusammen. In unserer Wegwerfgesellschaft scheint mir das eine Seltenheit zu sein.« Der Seitenhieb gegen schnell vergängliche Beziehungen im Kapitalismus fasst den zweiten Spielfilm des Modedesigners und Filmemachers Ford aber nur unzureichend zusammen. Es ist eine recht drastische Geschichte, in deren schwer verdaulichem Mittelpunkt eine brutale Vergewaltigung steht. Dabei scheint es Ford auch um eine Kritik an falsch

Der Franzose Alexandre Aja überzeugte mit seinem Debüt selbst hart gesottene Horror-Fans. Sein Remake von Wes Cravens 1970er-Slasher »The Hills Have Eyes« war verdammt intensives Genre-Kino. In »Das neunte Leben des Louis Drax« bringt er die abenteuerlichen und die unheimlichen Elemente einer Kindheit zusammen. Eine spannende Spurensuche und ein ebenso spannender Mystery-Thriller. — Intro empfiehlt: »Das neunte Leben des Louis Drax« (GB/CDN/USA 2016; R: Alexandre Aja; D: Jamie Dornan, Aiden Longworth; VÖ 21.04.17; Universum)

verstandener Männlichkeit zu gehen, die zu solch einem Verbrechen führt. Außerdem spielt die Macht, einen anderen Menschen in den seelischen und körperlichen Ruin zu treiben, eine große Rolle. Der Thriller entwickelt sich rasant nach einer bloß scheinbar harmlosen Begebenheit: Galeriebesitzerin Susan Morrow (Amy Adams) bekommt Post von ihrem Ex Edward (Jake Gyllenhaal), der große schriftstellerische Ambitionen hegt. Seine Story entpuppt sich als wenig verklausulierte Anspielung auf die gescheiterte Beziehung. Die Moral von der Geschichte: Ein von Machtanspruch und Rachegelüsten zerfressener Mann trifft auf eine Frau, die weder Kunst noch Karriere vor der Einsamkeit retten. Neben dem ausgefeilten Skript überzeugt auch Michael Shannon als Ermittler, dessen Performance man jedenfalls nicht so leicht vergisst. Wolfgang Frömberg — Intro empfiehlt: »Nocturnal Animals« (USA 2016; R: Tom Ford; D: Amy Adams, Jake Gyllenhaal; VÖ 27.05.17; Universal)


Passengers

UNMENSCHLICHE WEITEN In der Leere des Weltraums fühlt sich Einsamkeit noch kälter an. Dieser Trip in fremde Welten wird so zur abgründigen Love-Story.

lebloc.de

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m Weltraum hört dich niemand schreien, lehrte uns die Tagline des Science-Fiction- und Horror-Klassikers »Alien« einst so wirkungsvoll. Im All hört man einen höchstens schnarchen. Wegen der großen Distanzen setzen Mannschaften ohne Warp-Antrieb auf den guten alten Kälteschlaf, um nicht runzlig und lebensmüde am Zielplaneten anzukommen. Auch die Crew der Avalon legt ihre Strecke schlafend zurück, bis durch einen Fehler im System der Kadett Jim Preston (Chris Pratt) vorzeitig aufgeweckt wird – 90 Jahre zu früh. Ein Jahr lang hält er es allein an Deck aus, bis er seine Kollegin Aurora Lane (Jennifer Lawrence)

auftaut, um ein wenig gut aussehende Gesellschaft zu haben. Aus der erzwungenen Zweisamkeit wird bald eine Liebesbeziehung, bevor Lane dahinterkommt, dass sie nicht zufällig wach ist. Morten Tyldums »Passengers« kombiniert die Weiten der Weltraumopern mit der Kleinteiligkeit einer cleveren Idee, für die man sich auch als Erdenbürger erwärmen kann. Der fantastisch anzusehende Film findet eine elegante Balance aus Lovestory, Humor und Abgründigkeit, die ohne die gewohnten Bedrohungsszenarien auskommt und damit etwa der Hälfte aller Science-Fiction-Literatur näher ist als die endlosen Space-Scharmützel seit George Lucas’ »Star Wars«. Das wahre Abenteuer ist der Mensch – und nicht die endlose Weite, die ihn umgibt. Alexander Dahas

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— »Passengers« (USA 2016; R: Morten Tyldum; D: Jennifer Lawrence, Chris Pratt; VÖ 11.05.17; Sony)

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#Kultur #TV #Kitty Green #Casting JonBenet

Kitty Green über »Casting JonBenet«

VORSICHT, KEINE SATIRE! Wer tötete die 6-jährige Schönheitskönigin JonBenet? True-Crime-Dokus erleben derzeit einen Boom. Simone Schlosser sprach mit Regisseurin Kitty Green über ihre spezielle Art der Wahrheitssuche.

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er Fall von JonBenet Ramsey ist der Stoff, aus dem True-Crime-(Alb-) Träume sind: In einer Kleinstadt in Colorado wird eine 6-jährige Schönheitskönigin im Haus ihrer Eltern ermordet aufgefunden. Ein mysteriöses Erpresserschreiben deutet auf eine Entführung hin. Doch nach 20 Jahren gibt es noch immer keinen Täter. Dafür jede Menge Theorien: Die Mutter ist durchgedreht, weil die Tochter ins Bett gemacht hat; ein Spiel zwischen JonBenet und ihrem Bruder ist eskaliert; ein

unbekannter Eindringling in Santa-ClausKostüm hat sich an dem Mädchen vergriffen. Die australische Filmemacherin Kitty Green kennt alle Szenarien. Als Teenager war die heute 32-Jährige besessen von dem Mordfall: »Wann immer ich jemanden aus Colorado traf, habe ich die Leute gefragt: ›Wer hat JonBenet Ramsey umgebracht?‹ Im Laufe der Jahre habe ich die ungewöhnlichsten Antworten bekommen«, erzählt sie beim Gespräch in Köln. Diese Erfahrung war der Ausgangspunkt für ihren Film. »Casting JonBenet« ist keine klassische Tätersuche, sondern ein provokanter Anti-True-Crime-Film. Unter dem Vorwand, ein Casting für einen Film über JonBenet Ramsey zu machen, versammelt Kitty Green Menschen aus dem Umfeld der Toten vor der Kamera. Nachbarinnen, die für die Rolle der Mutter vorsprechen. Bankangestellte, die vor der Kamera den Vater geben möchten. Kleine Mädchen, die sich nach dem Vorbild der Kinderschönheitskönigin JonBenet Ramsey

mit Krone und Glitzerkleid ablichten lassen. Die Auszüge dieser Casting-Tapes bilden den Kern des Films. Was klingt wie eine makabre Satire, ist ein spannendes Experiment. Für Kitty Green ist der Mord an JonBenet Ramsey nur der Rahmen für eine größere Geschichte – über Schmerz, Trauer und Verlust und den Umgang damit: »Seit 20 Jahren bestimmt dieser Fall das Leben der Menschen dort. Aber höchstwahrscheinlich wird es niemals eine Aufklärung geben. Also müssen sie ihre eigenen Geschichten erfinden, um damit abschließen zu können.« In »Casting JonBenet« geht es um eine besessene Suche nach der Wahrheit, in einer Zeit, in der die Welt zunehmend komplexer, die Informationsflut im Internet immer unübersichtlicher wird. Nicht ohne Grund hat das True-Crime-Genre in den letzten Jahren einen beispiellosen Boom erfahren. Jetzt lotet Kitty Green die Grenzen dieses Genres noch einmal neu aus: »Ich war gelangweilt von den ganzen True-Crime-Formaten und wollte neue Möglichkeiten testen.« Das gilt auch für den Dokumentarfilm allgemein. Selten war eine Dokumentation so unterhaltsam und berührend zugleich. »Das ist kein Film über einen Mord«, erklärt Kitty Green abschließend. »Sondern ein Film über eine Gruppe von Menschen.« — »Casting JonBenet« (USA/AUS 2017; R: Kitty Green; auf Netflix ab 28.04.17)


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#Kultur #Games

Mass Effect Andromeda

ALTE REFLEXE Die ferne Zukunft sieht aus wie ein Auffahrunfall. Unter der Last großer Erwartungen und zahlloser Probleme bricht die Fortsetzung der großen Space-Opera-Serie mehrfach zusammen. Doch aus den Trümmern wächst ein Blümchen.

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ie »Mass Effect«-Serie wollte schon immer zu viel. Sie startete als Trilogie, die Kitsch und Wissenschaft, Action und Intelligenz, kleine Romanzen und die Rettung der Galaxie vereinen sollte. Das Ergebnis war immer verwirrend

und wirkte wie ein Kind von Barbarella und Darth Vader, das von der Crew des Raumschiffs Enterprise erzogen wurde. Die Spiele waren langatmig und unausgereift, aber ein großer Erfolg – eben weil sie das Unmögliche vereinten. Und natürlich, weil Spieler ihre Heldinnen und Helden zuerst wie eine Anziehpuppe selbst gestalten konnten, um diese dann mit Aliens zu paaren.

»Andromeda« ist die überflüssige Fortsetzung dieser endgültig abgeschlossenen Trilogie. Das neue Spiel zieht immerhin in eine andere Galaxie, 600 Jahre später. Dort warten völlig neue Welten, Charaktere und Geschichten. Aber irgendwie will es auch die vielen Fans der Serie bedienen. Also muss wieder eine Erlöserfigur eine bunte Crew fähiger Außenseiter um sich scharen und von einer großen, politisch gelähmten Basisstation aus mit einem kleinen Raumschiff zu isolierten Missionen auf fremde Welten reisen. Vor allem anfangs hört sich das neue Abenteuer an wie eine schlechte Coverband. Und dann hat es auch noch zwei Klötze am Bein: eine peinliche Menge technischer Fehler und eine Steilwand als Lernkurve. Merkwürdig zuckende Chefinnen starren ins Leere und geben dabei Befehle von sich, für deren Verständnis erst mal ein paar Fachbegriffe im Kodex nachgeschlagen werden müssen. Schwer ist das neue »Mass Effect« nicht, und die vielen Kämpfe im Action-Rollenspiel sind ein netter Zeitvertreib. Aber bevor das irgendjemand bemerkt, sind die ersten 15 Stunden rum. Dann fällt irgendwann sogar auf, dass die neue Crew charmant ist und viel mehr als früher auch ihr eigenes Leben führt und miteinander plaudert. Und dann setzt der alte Reflex ein: Grundsätzlich mag es ja wichtig sein, neue Planeten urbar zu machen. Aber wichtiger ist doch die Entscheidung zwischen der seltsam geschminkten blauen Wissenschaftlerin mit Tentakelhaar und der entfernt echsenähnlichen Dame mit der schicken Sonnenbrille. Beim Kuscheln mit dem digitalen Schatzi ist die Serie wieder bei sich und der Ärger über den Arbeitstag verraucht. Jan Bojaryn

Atamipek Lake in Kanada im Jahr 1970. Ein Privatdetektiv soll einen kleinen Fall von Vandalismus lösen. Der wird jedoch immer mysteriöser. »Kona« ist ein spannendes Adventure, dessen Spaß allerdings durch einige Schwächen gemindert wird.

Carl ist vom Koreakrieg gezeichnet und hält sich als Privatdetektiv über Wasser. In einem Kaff im Norden Kanadas ruft ihn ein reicher Industrieller zur Hilfe, um einen Fall von Vandalismus zu lösen. Doch dann kommt ein Schneesturm dazwischen. Carl hat einen Unfall und steckt fest. Seinen Auftraggeber findet er tot vor, und dann sind da auch noch diese seltsam leuchtenden Eiskristalle. Schnell entfaltet sich eine nervenaufreibende und reichlich mysteriöse Geschichte. »Kona« spielt sich wie ein klassisches Adventure, bei dem man

Kona

KALTE FÜSSE

zunächst mal sehr viel läuft und durch die Gegend fährt. Man muss also eher Geduld und Geschick aufbringen als schwierige Rätsel lösen. Die grafisch toll umgesetzten Landschaften und ein gewisser Realismus wie drohende Erfrierung bei niedrigen Temperaturen können als positive Aspekte genannt werden.

— »Mass Effect Andromeda« für PC, PS4 und Xbox One (Electronic Arts / BioWare)

Die Inventarfunktion hingegen kommt direkt aus der Entwicklungs-Hölle. Carls Tascheninhalt wird in seltsame Kategorien aufgeteilt; will man sich bewaffnen, ist das wahnsinnig umständlich, und noch dazu schleppt man im Laufe des Spiels Gegenstände mit sich herum, die man nie braucht. Ein Umstand, der vor allem im

Finale zum Problem wird – das im Vergleich zum Rest des Spiels ausgesprochen actionlastig ist. Immerhin: Die finale Auflösung entschädigt für so manches Wühlen im Rucksack. Julia Brummert — »Kona« für PC, Mac, PS4, Xbox One (Ravenscourt Games / Parabole)


#Kultur #Games

Keine Skills am Controller aber La Paloma pfeifen

Illustration: Alexandra Ruppert

Mit »Everything« hat der irische Filmemacher und Künstler David O’Reilly ein faszinierendes Videospiel-Experiment erschaffen, bei dem Spieler und Spielerinnen alles sein können, was sie wollen. Videospiel-Laie Carsten Schumacher hat sich für eine Stunde in diesen philosophischen Sandkasten gesetzt. Nun schwärmt er davon, ein Stein zu sein. Ein Protokoll. Als mir versprochen wurde, dass ich in diesem Spiel alles sein könne, dachte ich irgendwie eher an Axl Roses Stirnband und nicht an ein schnödes Atom. Nun gut, irgendwo in den verschneiten Nadelwäldern von »Everything« wird sich schon eine spannendere Inkarnation finden lassen. Und da, wie aufs Stichwort: eine Robbe! Immer noch kein sexy Bandana, aber schon mal ein bisschen näher dran. Obwohl, eigentlich langweilt mich der Gedanke an das Dasein als flauschiger Meeressäuger schon jetzt. Der Kiesel im Unterholz rezitiert Albert Camus oder so, das macht mich schon neugieriger – einmal ein Stein

INTERPOL

von Welt sein! Und schon rolle ich als intellektuelles Mineral durch die Flora. Herrlich. Ein Spiel wie eine virtuelle Deprivationskammer, in der einzig das Sein zählt und ich zur Abwechslung mal nicht nach fünf Minuten in einen »Game over«-Screen starre. Wenn wir morgens alle erst mal ein Stündchen durch diese therapeutisch-existenzialistische RubeGoldberg-Maschine rollen würden, gäbe es jedenfalls nicht so oft Streit an der Kaffeemaschine. Ein meditatives Spiel über Perspektiven, Empathie und die Verbindung allen Seins. Dazu lernt man, dass man durch Singen überall Freunde findet und wie man mit ihnen ein Rudel bildet. Wie man im Rudel tanzt und dass davon die Babys kommen (besonders toll war’s im Pinien-Rudel). Mir ist letztlich so viel klar geworden... volle Punktzahl! — »Everything« für PlayStation 4, PC, Mac OS (Double Fine Productions / David O’Reilly)

PERFORMING TURN ON THE BRIGHT LIGHTS

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GURR | GIANT ROOKS | ABAY

27 KYTES | PICTURES AUG

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Der Soundtrack deines Lebens 25 JAHRE × 25 SONGS × 25 COVERVERSIONEN

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Für jedes Jahr von 1992 bis 2016 eine Coverversion von einem wichtigen Song aus dem jeweiligen Jahr. Inklusive sechs neuen, exklusiv für diese Doppel-CD eingespielten Tracks von Abay, Die Sterne, Lambert, Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen, Die Türen, Love A Plus vier erstmals auf Tonträger veröffentlichten Tracks von AnnenMayKantereit, Friendly Fires, The Kills und Fehlfarben.

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1992: 1993: 1994: 1995: 1996: 1997: 1998: 1999: 2000: 2001: 2002: 2003: 2004: 2005: 2006: 2007: 2008: 2009: 2010: 2011: 2012: 2013: 2014: 2015: 2016:

The Polyphonic Spree »Lithium« Beatsteaks vs. Dirk von Lowtzow »French Disko« The Go! Team »Bull In The Heather« William Shatner »Common People« Tocotronic »Sailor Man« Earl Zinger »Song 2wo« José González »Teardrop« The Walkabouts »That‘s How I Live« Bart Davenport »Come On Let’s Go« Die Sterne »Madame Hollywood« WhoMadeWho »Satisfaction« Nostalgia 77 »Seven Nation Army« AnnenMayKantereit »Hand In Hand« Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen feat. Andreas Dorau »Gegen den Strich« Die Türen »Remmidemmi (Rock-A-Billy-Version)« Franz Ferdinand »All My Friends« Friendly Fires »I’m Good I’m Gone« Birdy »1901« Fehlfarben »Nach fest kommt lose« Jochen Distelmeyer »Video Games« Abay »Angels« Anna Calvi »Papi Pacify« Lambert »Pisse« Love A »Love Yourself« The Kills »Desperado«


Collage: Ruth van Beek, Untitled (The Levitators), 2012; Courtesy of The Ravestijn Gallery Amsterdam

#Life

#Life »Da wird ja der Hund in der Pfanne verrückt!«, denkt man dieser Tage, sobald man aufwacht und liest, was Donald Trump (dessen Toupet auf diesem Bild übrigens nicht zu sehen ist) mal wieder von sich gegeben hat. Wir sprechen mit Experten und Feministinnen über Trumps 100 erste Amtstage und tanken außerdem ein wenig Street-Art-Kultur bei den Organisatoren von »The Haus« in Berlin.

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#Life #Rezepte der Popküche

Rezepte der Popküche: »Adams Äpfel«

Adams Apfelkuchen Wie rehabilitiert man einen Neonazi? Man lässt ihn Apfelkuchen backen. Na ja, so einfach ist es dann doch nicht, wie Pfarrer Ivan Fjeldsted feststellen muss. Wer sonst noch rehabilitiert werden will, kann sich ja das folgende Rezept reinpfeifen. Die Erfolgsquote von Pfarrer Ivan Fjeldsted, Hauptfigur der dänischen Komödie »Adams Äpfel«, ist beträchtlich: Den kleptomanischen Alkoholiker Gunnar und den arabischen Tankstellengauner Khalid hat er bereits zu guten Menschen gemacht. Der kriminelle Adam Pederson, der zur Resozialisierung in Ivans Kirche in die dänische Provinz geschickt wird, macht es sich hingegen zur Aufgabe, den Pfarrer mit seiner ewigen Gottgefälligkeit zu brechen. Vom Dorfarzt, der es mit der Schweigepflicht nicht so ernst nimmt, lernt Adam, dass Ivan todkrank ist, als Kind vergewaltigt wurde, seine Frau Selbstmord begangen hat und der gemeinsame Sohn schwerbehindert ist. Diese Tatsachen verdrängt der gütige Christ bisher allesamt und nimmt sie als eine Prüfung des Teufels wahr. Währenddessen werden die Äpfel, die auf einem Baum im Kirchgarten reifen, von zahlreichen Plagen befallen – zunächst von Krähen, die Adam gemeinsam mit Khalid abschießt, später von Würmern. Die letzten übrig gebliebenen futtert die schwangere Sarah fast komplett auf. Und auch der Ofen geht mehrmals kaputt. Also keine guten Aussichten für einen Apfelkuchen und Adams Rehabilitation.

Adam gelingt es zu guter Letzt auch noch, Ivan davon zu überzeugen, dass es nicht der Teufel ist, der ihn heimsucht, sondern Gott selbst. Der enttäuschte Pfarrer lässt daraufhin alles stehen und liegen, um sich auf seinen nahenden Tod vorzubereiten. Das hat zur Folge, dass es seinen Schützlingen immer schlechter geht: Gunnar betrinkt sich und vergeht sich beinahe an Sarah, Khalid möchte mit einem letzten Tankstellencoup das Geld für seine Heimreise zusammenkriegen. Bevor aber alles den Bach runtergeht, glaubt Adam plötzlich an das Gute, verhindert, dass bei dem schlecht geplanten Raub irgendjemand zu Schaden kommt, und nimmt fürs Kuchenbacken sogar einen kleinen Ofen mit. Im grotesken Finale erkennt Adam die Bedeutung von Ivans Nächstenliebe. Der Pfarrer wird durch ein skurriles Wunder wieder gesund, und der ehemalige Kriminelle backt ihm einen winzigen Kuchen aus einem Apfel, den Gunnar glücklicherweise geklaut hat. Ivan schmeckt’s, Adam bleibt, und das kuriose Duo nimmt neue »bedürftige« Menschen auf. Wer Freunde auf rechte Pfade zurückbringen will, kann es ja mal mit diesem Kuchenrezept versuchen. Alena Struzh

Das Rezept Zutaten für ein winziges Apfelküchlein für zwei Freunde: 15-cm-Tarte-Form 250 g Mehl 130 g kalte Butter in Stücken 1 Prise Salz etwa 50 ml kaltes Wasser 1 Apfel (Achtung: Eventuell muss auf Authentizität verzichtet und ein zweiter Apfel hinzugenommen werden) Zimt nach Belieben 3 EL brauner Rohrzucker 1 Prise Muskat ½ Zitrone, davon Saft und abgeriebene Schale Und so geht’s: Mehl mit Salz vermischen, die Butterstücke hinzufügen und mit den Fingern zerkrümeln, bis die Butterstücke erbsengroß sind. Nach und nach das Wasser hinzufügen, bis der Teig gerade so zusammenhält. In zwei etwa gleich große Teile schneiden und bis zur weiteren Verwendung in den Kühlschrank stellen. In der Zwischenzeit den Apfel schälen und in Scheiben schneiden. Diese dann bis auf vier Scheiben mit Zitronensaft und -schale, Rohrzucker, Mehl, Zimt und Muskat vermischen und 15 Minuten ziehen lassen. Die Teigkugeln ausrollen, die Tarte-Form kann dabei als Schablone benutzt werden. Den Teigkreis in die Form legen, Apfelmischung gleichmäßig verteilen und den zweiten Teigkreis obendrauf legen. Wichtig: An den Seiten gut ausdrücken und Schlitze in die Kuchenoberfläche schneiden. Die vier Apfelstücke auf den Kuchen drücken. Bei 180°C etwa 35 Minuten backen, bis der Teig leicht braun ist. Mindestens zwei Stunden abkühlen lassen, dann brüderlich/schwesterlich teilen und gemeinsam genießen.

Illustration: Alexandra Ruppert

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#Life #Kolumne #Ich möchte Teil einer Bewegung sein

Ich möchte Teil einer Bewegung sein Folge 8: Eine Woche Superfood

Illustration: Alexandra Ruppert

Das mit der Bewegung haben so ähnlich schon Tocotronic gesungen. Damit haben sie einen Impuls beschrieben, der die Popkultur am Leben hält. Auch unsere Kolumnistin Paula Irmschler kennt dieses Gefühl. Auf der Suche nach Halt und einer Peer-Group, die ihr ein Zuhause gibt, stolpert sie allerdings manchmal auch dahin, wo es wehtut. Diesmal in einen Eimer voller Superfood.

Kolumne schön und gut, aber ich kann nicht mehr. »Ich mach mal was mit einer Woche Superfood« – wie suizidal kann man eigentlich sein? Völlig entkräftet, ausgekotzt bis aufs Mark, nervlich am Ende und finanziell einigermaßen ruiniert, beginne ich diese Zeilen zu schreiben. Dabei sind gerade mal zwei Stunden von Tag eins meiner Mission vergangen. In der Supermarktkette meines Vertrauens (leider kein gesponserter Beitrag) habe ich mir an diesem Montag für den leichten Einstieg in die Welt des Besserfressens zwei verschiedene Pulver zum Einrühren besorgt, genauer »Superfood-Pflanzenpulver« in den Geschmacksrichtungen Tod (Bio Chia Kakao Smoothie) und Verderben (Bio Gersten Gras). Der erste Tag Superfood kostet mich bereits 13,80 Euro, eine Menge Magensaft sowie den Rest vom Wochenende. Superfoods sind Obst-, Gemüse-, Samen oder Teesorten, die die Superfood-Industrie rund um SuperfoodReiche für den Superfood-Supermarkt erfunden hat. Und sie kosten superviel Geld. Doch wenn man sie isst, wird man 100 Jahre alt und bekommt bis dahin keine Krankheiten. Deswegen verzichte ich ab jetzt eine Woche lang auf weniger gutes Essen oder Saufen und gönne mir statt Diesel nur noch Super. Um als Superlebensmittel durchzugehen, muss die Ware nährstoffreich sein. Vitamine. Mineralstoffe. Exotischer Name. An Tag zwei bin ich kurz überfordert und esse deswegen einfach nur Obst. Denn Obst kennt man. Selbstverständlich aber nicht so Bauernobst wie Apfel oder Birne, sondern Besserverdienerobst wie Mango, Goji-Beere, Granatapfel und sonstige Sorten, die ich nicht schreiben kann, die aber extra aus Übersee rübergeschifft werden müssen. Dazu schönen grünen Matcha-Tee, den gibt es praktischerweise auch in Pulverform. Fünf Dinge liegen auf dem Band, 15,27 Euro ab sofort zusätzlich in der Biosupermarkt-Kasse und mir gleich Steine im Magen – vom Superobstsalat. Mittwoch. Tag drei. Da kann man auch mal essen gehen. Dabei fällt mir auf, wie sich die beiden momentan heißesten kulinarischen Trends absolut ausschließen: Burger und Superfood gehen null zusammen. Burger gewinnen den Kampf. Super essen heißt demnach zu

Hause essen, denn in den Restaurants muss der Superfood-Hype erst noch ankommen. Zumindest Ingwertee bekommt man überall. Und Ingwer ist was? Klar: super! Ich schleppe mich hungrig in meinen Bau. Immerhin heute nur 7,50 Euro ausgegeben. Ehrlich gesagt will ich so langsam nicht mehr leben. Ingwer will im Gegensatz zu dem Superfood-Pflanzenpulver nicht ausgekotzt werden. Schade. Donnerstag dann die volle Dröhnung: Chia-Samen, Avocado, Kräuter aller Art, Papaya, Camu Camu, tutti frutti und Quinoa gluten- und nazifrei. Salat, Salat, Salat. Nach drei Schüsseln immer noch nicht satt. Verabredungen werden abgesagt – ich bin zu schwach. Und alle wollen immer irgendwo was essen. »Ich arbeite da an so einem Projekt« (muss schon wieder auf die Toilette). Dafür bin ich innerlich schön leer, also auch emotional, was bestimmt super ist. Der ganze Tag dreht sich nur um Essen, Essen, Essen. Gleichzeitig verachte ich alle, die nicht auf Superfood sind, weil ihnen offenbar egal ist, dass sie jämmerlich verrecken werden. Mit all den Samen, Körnern und (Hülsen-)Früchten fresse ich auch Überheblichkeit. Selbst mein Schwur, niemals Smoothies zu trinken, ist vergessen. Ich kann eh nur noch Flüssiges ertragen, weil mein Körper verdauen, verdauen, verdauen will. Entschlacken nennen die Leute das, wenn man sich barbarisch entleert. Ich bin so rein und spirituell drauf. Ich bin Madonna. Am Freitag bin ich dem Tode näher als Leute, die nur Scheiße fressen. Ich fantasiere von Chicken-Wings-Schokolade-Bier-Bädern. Aus Ingwerteilen bastele ich Figuren wie Kinder aus Kastanien. Hmmm, lecker, Kastanie. Zum Abschluss lese ich noch mal in Frauenzeitschriftenforen, gegen was und wofür Superfood so helfen soll, damit ich mich der Sinnhaftigkeit dieser Woche versichern kann. Sich wie Madonna fühlen: check. Außerdem: keinen Krebs bekommen, Alzheimer-Erkrankung hinausgezögert, bessere Verdauung, kein Diabetes, nicht zugenommen, und mein Sperma ist auch in Ordnung. Bisher bin ich auch nicht gestorben. Super. Nicht super: Ich bin pleite. Aber egal, ab morgen esse ich einfach die Pappe von Tiefkühlspinat und eingeweichte Backsteine, das kostet wenigstens nüscht.

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#Life #The Haus

Besuch bei »The Haus«

EIN MODELL FÜR DIE ZUKUNFT? Frage: Was ist quietschbunt, macht einen Haufen Arbeit und wird in drei Monaten abgerissen? Antwort: Das größte Street-Art-Projekt der Welt. In einem alten Bankgebäude in Berlin durften sich mehr als 165 Künstler auf 12.000 Quadratmetern austoben. Und zwar nicht im hippen Kreuz­ berg oder Neukölln, sondern in der Gegend rund um den Ku’damm. Drei Monate später wird das Gebäude abgerissen und durch schicke Eigentumswohnungen ersetzt. Kultureller Ausverkauf oder eine neue Chance für die Subkultur? Text: Christian Schlodder


#Life #The Haus

A

bliefern ist so etwas wie ein Lieblingswort von Kimo von Rekowski. Und in den letzten vier Monaten bekam er einige Gelegenheiten, dieses Wort zu verwenden. »Abliefern – bei uns heißt das: pünktlich, ordentlich, sauber«, erklärt der 32-Jährige. »Uns« sind neben ihm noch Jörn »Jörni« Reiners und Marco »Bolle« Bollenbach. Zusammen sind sie Eigentümer von Xi-design, einer Kommunikationsagentur aus Berlin, die für an Wände gesprayte XXLWerbung bekannt ist. Als »Die Dixons« sind sie Bestandteil der Berliner Graffiti-Szene. Aktuell sind sie die selbst ernannten Hausmeister von »The Haus«, der momentan größten temporären Street-Art-Galerie der Welt. Fünf Etagen. 12.000 Quadratmeter Fläche. Über 165 Künstler aus 17 Nationen haben für »The Haus« je einen Raum gestaltet. Der Ort: ein altes Bankgebäude in Berlin, unweit der Gedächtniskirche am Ku’damm. Erlaubt war viel, ganz egal, ob Graffiti, Tape Art oder Paste-ups. »Wir haben nicht gesagt, was die Künstler machen sollen, sondern, dass sie abliefern müssen«, sagt Kimo. Nichts ist im eigentlichen Sinne kuratiert. Viel Freiraum. Viel Freiheit. Viel Spontaneität ohne Galerie-Atmosphäre. Eine Menge großer Namen der Szene wie 1UP und Omsk167. Ein Honorar bekam niemand. »Alles auf Freundschaftsbasis«, so nennt es Kimo.

Auch künstlerisch beeindruckt und überrascht das Gesamtensemble. El Bocho beispielsweise riss in seinem zugeteilten Raum einfach nur die Neonröhren von der Decke und hinterließ statt seiner typischen Paste-ups einen Entschuldigungsbrief an der Wand. Das Kollektiv »Rocco und seine Brüder« (bekannt für ihre Aktion, ein Schlafzimmer in einen Berliner U-Bahntunnel zu bauen) hat den Spieß diesmal umgedreht und Teile eines stillgelegten U-Bahnhofs heimlich aus- und in ihrer Galerie in »The Haus« wieder aufgebaut. Auch all die anderen Arbeiten sorgen dafür, dass »The Haus« beim einmaligen Durchlaufen kaum in seiner Gesamtheit zu erfassen ist. Allein schon, dass sich derart viele Künstler zusammenfanden, von denen sich nicht wenige in der Regel aus dem Weg gehen, ist fast schon ein Zeichen. »Das ist eine neue Art von Bewegung. Hier wurden Energien geschaffen und freigesetzt, die es so in der Art noch nicht gab«, sagt Kimo. Der Kultursenat der Stadt Berlin sah das ähnlich und übernahm gleich die Schirmherrschaft. »Die Berliner Street-Art-Szene hat sich hier komplett neu gefunden«, sagt Kimo. Bis Ende Mai kann man sehen, wie dieser Findungsprozess im Detail aussieht. Dann ereilt die Kunstwerke das übliche Schicksal von vergänglicher Street-Art – sie verschwinden. Im Falle von »The Haus« sogar mit einem Riesenknall: Das Gebäude wird abgerissen – mitsamt den Kunstwerken. An der Stelle entstehen zukünftig Eigentumswohnungen der Marke »Postmodern«, deren Design in spätestens 20 bis 30 Jahren nachfolgende Generationen zu der Frage verleiten könnte, wer so etwas überhaupt mal als ästhetisch empfunden hat – und vor allem: warum. Der Kölner Immobilienentwickler Pandion ist Investor und hat bereits einen Namen für das Wohnungsprojekt: »The Haus«. Eigentlich wollte Pandion hier einen Popup-Store für die Zwischennutzung errichten. Sascha Wolf vom Netzwerk »Außergewöhnlich Berlin« stellte dann die Verbindung zwischen Pandion und »Die Dixons« her. Am Ende ergab sich aus dem Zusammenschluss das außergewöhnliche Kunstprojekt »The Haus«, auf das wiederum das hochpreisige Immobilienprojekt »The Haus« folgen wird. Riecht nach kulturellem Ausverkauf. Doch in einer Stadt wie Berlin, in der Räume für die Subkultur immer weniger werden, ist diese Art der Zwischennutzung dennoch eine Chance, sich überhaupt zu präsentieren. »Diese Chance, dass so ein Standort für Street-Art freigegeben wird, wird es so schnell nicht noch mal geben«, sagt auch Kimo. »Wir haben jetzt Aufmerksamkeit bei den Bauträgern. Das könnte auch heißen, dass wir in Zukunft mehr Chancen bekommen.

Damit setzen wir auch ein Zeichen in Richtung Politik: ›Verdrängt uns nicht!‹« Dass die Zwischennutzung auch ein Spagat zwischen Verdrängungskritik und unfreiwillig aktiver Verdrängung sein könnte, ist vorerst kein Thema. »Es gab zwei Optionen: Entweder wir machen nichts, oder wir hinterlassen Spuren«, stellt Kimo klar. »Aber: In einem anderen Kiez, in einem anderen Kontext – sagen wir: Ein Wohngebäude wird umgewidmet und Leute werden verdrängt oder so – hätten wir das nicht gemacht. Doch was kann man hier am Ku’damm schon falsch machen?« Tatsächlich ist das Gebäude in Sichtweite zu den Hochglanzfilialen und -büros am Ku’damm ein angenehm auffälliger Fremdkörper. Aufwertung andersherum. Dafür setzt »The Haus« auch auf Zugänglichkeit. Der Eintritt ist kostenlos. Temporär soll es sein, temporär soll es bleiben. »Wir wollen, dass die Leute sich bewegen – weg vom Rechner, weg vom Handy, weg von Social-Media-Plattformen, hin zu Ausstellungen. Sie sollen merken, dass Street-Art Realität ist«, sagt Kimo. Und je mehr Anklang das Projekt findet, umso eher könnte das Modell, temporäre subkulturelle Zwischennutzung zu ermöglichen, Schule machen. So sieht es auch Kimo. »Das alles hier ist ein Statement, für das sich alle monatelang den Arsch aufgerissen haben: ›Gebt uns Platz, gebt uns Raum, lasst uns machen, frei gestalten, und dann kommt geile Scheiße dabei raus.‹« Wenn sich das Statement bei den richtigen Leuten verfängt, wird man das Wort »abliefern« in Zukunft sicher noch häufiger von ihm hören können. — Nürnberger Str. 68/69, 10787 Berlin, Di–So von 10–18 Uhr

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#Life #Reportage #100 Tage Donald Trump


#Life #Reportage #100 Tage Donald Trump

100 Tage Donald Trump

»Die symbolische Wirkung ist erst einmal das Schlimmste« Am 29. April 2017 ist Donald Trump seit 100 Tagen im Amt. 100 Tage, die gezeichnet sind von sehr viel Wut, vielen Aufschreien und Schockmomenten, aber auch von eindrucksvollem Protest. Julia Brummert hat mit Expertinnen und Experten gesprochen und sie Bilanz ziehen lassen zu 100 Tagen Donald Trump, Feminismus und Protest in den USA. Illustration: Alexandra Ruppert

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as einst als Witz in einer »Simpsons«-Folge im Fernsehen lief, ist leider wahr geworden: Donald Trump ist Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Ein weißer Mann, ein Großunternehmer, Milliardär, Kapitalist – natürlich – mit misogynen, rassistischen Ansichten, ein Mann, der die Pressefreiheit mit Füßen tritt, der sich immer wieder verhält wie ein Elefant im Porzellanladen. Seither laufen insbesondere Feministinnen und Feministen Sturm. Unter ihnen ist Andi Zeisler, Autorin und Chefredakteurin des Bitch Magazine in den USA. Als Journalistin und Feministin beobachtet Zeisler den Präsidenten Trump selbstverständlich kritisch. Auf die Frage, welche Gefühle sie nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses gehabt habe, antwortet sie knapp: »Horror. Traurigkeit. Wut. Enttäuschung.« Wenig überraschend, schaut man, was für misogyne Aussagen Trump sich im Wahlkampf geleistet hat. Wer das Bitch Magazine liest und sich die tägliche Arbeit auf der Homepage anschaut, bemerkt schnell, wie sehr der neue Präsident den Alltag der Redaktion beeinflusst. Sie sei müde, sagt Zeisler: »Es ist frustrierend, dass so viel wertvolle Zeit dafür draufgeht, der Dummheit entgegenzutreten, die Trumps Präsidentschaft in den Alltag der Politik, Kultur und Sprache gebracht hat. Jede Minute, die wir darauf verwenden, die Falschheit und Gefahren seiner Statements herauszustellen, ist eine Minute, die wir nicht haben, um die feministische Bewegung voranzubringen.«

Natürlich tut es weh, 2017 wieder für die gleichen Themen auf die Straße gehen zu müssen, wie es schon Mütter und Großmütter vor 40 Jahren getan haben. Aber auch wenn seine Frauenfeindlichkeit unfassbar ist und seine Ansichten aus der Steinzeit zu stammen scheinen, so ist er nicht der erste Präsident in den USA, der in dieser Hinsicht negativ auffällt. Das sagt zumindest Dr. Patrick Horst, der am Nordamerika-Institut der Universität Bonn unter anderem zu US-Regierungen forscht: »Was die Frauenfeindlichkeit angeht, waren George W. Bitch Magazine Bush und Bill Clinton auch keine leuchtenden Im vergangenen Jahr feierte Beispiele, aber Trump ist schon eine ganz au- das als Fanzine gestartete Projekt 20-jähriges ßergewöhnliche Figur für die USA, wenn man Bestehen, es bezeichnet ihn mit anderen Präsidenten vergleicht. Man sich selbst als »Feminist dachte bislang, dass es nicht möglich ist, dass Response To Popculture«: »Die Idee war, dass wir alle sich ein Politiker so benimmt und solche mit Popkultur lieben und ihr Tabus belegten Dinge von sich gibt. Auch, mehr Bedeutung zukomdass er eigentlich mit Politik rein gar nichts men lassen wollen als Ort für feministische Kritik«, so am Hut hat, dass er Politik verachtet, das ist Zeisler. Die Redaktion sitzt schon besonders.« Auch unter Barack Obama heute in Portland, Oregon. war nicht alles perfekt, so Horst: »In gewisser Bitch finanziert sich zum größten Teil aus Abos und Weise kann man ja schon seinen Wahlsieg Spenden. Das Magazin in gegen Hillary Clinton als Beispiel nehmen. Deutschland zu abonnieren Das könnte man auch als Zeichen sehen, dass ist vergleichsweise teuer, man kann die Ausgaben es Frauen möglicherweise schwerer haben in aber als PDF über bitchder Politik. In Bezug auf das, was er in sozial- media.com recht günstig politischer Hinsicht umsetzen wollte, denke bekommen.

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#Life #Reportage #100 Tage Donald Trump

ich aber, dass er ein nahezu vorbildhafter Präsident war.« Das sieht auch Zeisler so: »Es wird nie einen Präsidenten geben, der alle Menschen glücklich macht. Aber man sollte im Hinterkopf behalten, dass Obama sehr viele gute Dinge wie die Gesundheitsreform und Gesetze zum Klimaschutz umgesetzt hat, trotz der vielen Hindernisse, die die Republikaner ihm in den Weg gelegt haben.« Beruhigend ist, dass Donald Trump zumindest auf Gesetzesebene während der ersten 100 Tage noch nicht ganz so viel anrichten konnte. »Die Mühlen des Kongresses mahlen sehr langsam, und bisher sind zwei ganz kleine, symbolische Gesetze verabschiedet worden, die sogar zugunsten von Frauen in MINT-Berufen gehen«, erklärt Horst. Trumps Einreiseverbot für Menschen aus muslimischen Ländern und die Reform des Gesundheitssystems sind zwar viel diskutiert worden, bislang ist der Präsident damit aber nicht durchgekommen: »Es gibt moderatere Republikaner wie John McCain oder Lindsey Graham, die in der Außenpolitik zum Beispiel darauf achten, dass er nicht so über die Stränge schlägt. Neben dem Kongress gibt es außerdem auch die Gerichte, die bisher das Ihre tun. Sie haben Trump bei seinem ›Muslim Ban‹ und seinen anderen Ideen schon einen Strich durch die Rechnung gemacht.« Dass ein Präsident der Republikaner beispielsweise das Geld für Organisationen streiche, die Abtreibungen finanzieren, sei in der Geschichte schon üblich, so Horst. Etwas anderes beunruhigt ihn viel mehr: »Die symbolische Wirkung, die es hat, dass er Präsident ist, dass er bestimmte Themen und ein bestimmtes Verhalten gesellschaftsfähig macht, ist erst mal das Schlimmste.« Es ist schon gruselig, dass 53 Prozent der weißen Frauen in den USA für Trump gestimmt haben. Horst versucht zu erklären: »Vielleicht, weil die Geschlechterverhältnisse in den USA im Vergleich zu Deutschland oder Youth Ambassadors den meisten europäischen Ländern doch noch Das Team der Women’s etwas traditioneller sind und viele vor allem Marches hat 28 Youth weiße Frauen sein Verhalten möglicherweiAmbassadors ausgewählt. Das sind Jugendliche unter se nur als Kavaliersdelikte begreifen.« Umso 18 Jahren, die »nicht darauf größer ist jetzt die Angst, dass die USA bald warten, erwachsen zu in dystopische Zustände geraten. Bücher wie werden, um Veränderungen anzustoßen« und die in »1984« von George Orwell oder Margaret ihren Communitys positiv Atwoods »Report der Magd« befinden sich durch Engagement und wieder auf den Bestseller-Listen. Aktivismus für MenschenAuch in der Popkultur und Musik wird seit rechte aufgefallen sind. Ziel ist, ein Netzwerk für Trump von allen Seiten Protest laut. Bei Harsh (feministischen) Austausch Crowd beispielsweise, einer Punkrockband zu schaffen und zu zeigen, welche Veränderungen aus New York. Die vier Musikerinnen sind möglich sind, wenn mög- Teenager und waren Youth Ambassadors der lichst viele Menschen mit Women’s Marches im Januar. Gitarristin Dea gleichen Interessen für die gute Sache eintreten berichtet: »Ich mache mir zwar Sorgen dar– egal welchen Alters. Die über, was in Zukunft passiert, und die EntYouth Ambassadors haben täuschung ist groß, dass unser Land so einen unter anderem Interviews gegeben und waren zu Typen zum Präsidenten wählt, aber gleichzeitig verschiedenen Treffen freue ich mich, dass es hier auch so viele Meneingeladen. Mehr zu den schen gibt, die sich gegen ihn auflehnen.« Die Women’s Marches und Folgeaktionen findet ihr unter Band hat mit »Clowns« einen politischen Song womensmarch.com. über die Zustände in den USA geschrieben und

ist am Rande des Sisters’ March im Januar bei einer Ausstellung aufgetreten. Die jungen Frauen sind leider noch nicht alt genug, um selbst zur Wahl zu gehen, trotzdem glauben sie daran, dass sie etwas bewirken können, sagt Schlagzeugerin Lena: »Natürlich ist es ein Nachteil, dass wir nicht direkt wählen können, aber deshalb muss sich niemand unter 18 den Mund verbieten lassen. Wir nutzen die sozialen Medien, unsere Musik, wir haben unser Amt als Youth Ambassadors genutzt, um uns mit anderen Feministinnen zu vernetzen, und waren bei den Sisters’ Marches. Man muss sich einfach Gehör verschaffen.« Margaret Atwood schreibt in »The Handmaid’s Tale«: »Don’t let the bastards grind you down.« Auch in Europa gibt es den Rechtsruck, ein Hinwenden zu konservativen Werten. Hat die andere Seite da überhaupt eine Chance? Andi Zeisler ist zuversichtlich: »Sich gegen diese Art von politischen Oberhäuptern aufzulehnen hat doch bereits positive Ergebnisse gebracht: Trumps »Muslim-Ban« und auch sein »Healthcare Plan« sind vorerst gescheitert, Geert Wilders hat die Wahl in den Niederlanden nicht

gewonnen, Norbert Hofer in Österreich auch nicht. Wenn die Menschen beginnen, sich klar zu machen, dass der Aufschwung rechter Bewegungen das Ergebnis von Angst und Besorgnis ist, können wir unsere Positionen stärken. Wir dürfen uns nur nicht der Selbstgefälligkeit hingeben und müssen wachsam bleiben. Das kann die Menschen aufrütteln.« 100 Tage Donald Trump sind um, 1262 liegen noch vor uns. Aber bei den »Simpsons« war Lisa Trumps Nachfolgerin. Ein bisschen Hoffnung bleibt also. — Das ganze Interview mit Andi Zeisler findet ihr auf intro.de.


#Style

#Style

Collage: Ruth van Beek, Untitled (The Levitators), 2012; Courtesy of The Ravestijn Gallery Amsterdam

Schuhe in schicken Farben und außergewöhnlichen Formen hat unsere Style-Redaktion auf den folgenden Seiten zusammengestellt und mit den Collagen des Künstlers Stefan Gunnesch kombiniert. Kann natürlich passieren, dass euch beim Tragen des ein oder anderen Modells jemand zurufen wird: »Du verrückter Hund!« Aber das ist ja immer noch besser, als gar nicht aufzufallen.

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#Style #Schuhe


#Schuhe #Style

Urban Outfitters

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Clarks Originals

Sommerschuhe

VON FARBEN UND FÜSSEN Im Mai wird es bunt. Nicht nur an den Bäumen, sondern auch an den Beinen und damit auf diesen Seiten. Wir haben uns in die farbigfiligranen Collagen von Stefan Gunnesch verguckt. Netterweise hat er sie uns zur Verfügung gestellt, und wir haben die schönsten SchuhStyles des kommenden Sommers dazu sortiert. Collagen: Stefan Gunnesch Styling: Frederike Ebert Produktion: Lea Franke

Sandro

Dr. Martens

Zalando


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#Style #Schuhe


#Style #Schuhe

Clarks Originals

Buffalo

Vans

Bronx

Filling Pieces

Vagabond

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N– 0 5 in stores

www.praisemag.com


#Review

# Review Spalter At The Drive-In In.ter A.li.a

Unsere liebsten Platten

Rise / ADA / Warner / VÖ 05.05.17

Beim ewig jungen Thema »Comeback-Album« sind die Meinungen genauso vorgefertigt wie immer wieder mit Inbrunst besetzt: Schaffen es die alten Helden noch mal, oder sind sie nur noch ein müder Abklatsch ihrer selbst?

01 Gorillaz Humanz 02 Mac DeMarco This Old Dog 03 At The Drive-In In.ter A.li.a 04 Fazerdaze Morningside

Noch mehr battle unter: www.intro.de/spezial/spalter

Klar ist es albern, bei der Besprechung der neuen LP einer Band mit einer alten Platte einzusteigen. Im Falle von At The Drive-In kommt man aber nicht umhin – zu dominant schwebt »Relationship Of Command« über der Diskografie der Postcore-Helden. Eine ganze Generation hat das dritte ATD-I-Album als eine der wichtigsten Veröffentlichungen der letzten zwei Jahrzehnte ins Herz geschlossen. Bei den Reunion-Shows im vergangenen Jahr machte die LP zwei Drittel der Setlist aus, und Cedric Bixler und Co. betonten in jedem Interview, dass das Comeback-Album der logische Nachfolger von »Relationship Of Command« sei. Das hört man schon beim Opener »No Wolf Like The Present«, einem Wiedergänger des »Relationship«-Openers »Arcarsenal«. Der Song steht sinnbildlich für das Scheitern von »In.ter A.li.a«. Hatte man bei »Arcarsenal« das Gefühl, Bixler spuckt einem die Zeilen aus nächster Nähe ins Gesicht, hat Natürlich kenne ich das Gefühl, das dich gerade man hier ein irgendwie trauriges Déjàin dein Kissen weinen lässt, lieber Steigels. Dievu-Gefühl. Seine Stimme ist immer se fahle Leere, wenn ein lange Zeit erwartetes noch auf fragile Weise wütend, die Comeback-Album einer einstigen Lieblingsband Rhythmussektion schweißtreibend, nicht mehr die gleiche intensive Emotion entfacht wie dadie Klangstrukturen sind weit entmals. Den Grund verortest du aber falsch, er liegt woanders: fernt von 1-2-3-4. Hilft aber nichts. Du wirst schlicht alt, deine Erregung aufgrund von Musik Alles klingt austauschbar. Woran liegt hat ihren Höhepunkt vor langer Zeit erreicht. Es schickt sich das? Zum einen wurde der Sound von nicht, At The Drive-In dafür verantwortlich zu machen. Die Bands wie Alexisonfire längst weiterhaben einfach nur endlich erkannt, dass ihnen nach 2000, entwickelt. Zum anderen wiegt der seit »Relationship Of Command«, in ihrem Genre niemand Ausstieg von Gründungsmitglied Jim mehr das Wasser reichen konnte – und mit »In.ter A.li.a« Ward schwer. Seine prägnante Stimnach dem ganzen bandinternen Hickhack einfach nur ein me fehlt ebenso wie sein Songwriting, modifiziertes Update fabriziert. Alexisonfire, pah. Natürlich vielen Songs mangelt es an dem direkentfacht die neue LP nicht mehr denselben Wow-Effekt, wie teren Pop-Appeal, das man auch bei es der Band um die Jahrtausendwende gelang. Trotzdem Wards Post-ATD-I-Band Sparta hörte. schüren At The Drive-In mit ihrer zerhackten Dynamik, mit Hits sind auch bei mehrmaligem Höihrer unverhohlenen Wut, mit dem Tanz auf dem Scheiren nicht vorhanden. Eine Ausnahme terhaufen und nicht zuletzt ihrer smarten Intelligenz ein bildet »Torrentially Cutshaw«. Für Feuer, das stärker brennt als bei jeder Mittzwanziger-Band. eine ganze Platte ist das zu wenig. Verantwortlich dafür ist neben Cedric Bixler natürlich wie Christian Steigels eh und je Omar Rodriguez-Lopez mit seinem flirrenden, vibrierenden Gitarrenspiel. Über die ganze Länge der elf neuen Songs sind At The Drive-In meilenweit davon entfernt, ein fader Abklatsch ihrer selbst zu sein. Diese Platte ist viel zu intensiv, die Band viel zu unvergleichlich dafür. Die Wahrheit ist: Wenn eine Band wie At The Drive-In wiederaufersteht, dann bitte genau wie hier. Christian Steinbrink

05 Love A Nichts ist neu 06 Ásgeir Afterglow 07 Sylvan Esso What Now 08 Thurston Moore Rock N Roll Consciousness 09 Feist Pleasure 10 Soulwax From Deewee

Eure liebsten Platten 01 Depeche Mode Spirit 02 Jamiroquai Automaton 03 Mastodon Emperor Of Sand 04 Milky Chance Blossom 05 Ed Sheeran ÷ 06 Goldfrapp Silver Eye 07 The Jesus And Mary Chain Damage And Joy 08 Body Count Bloodlust 09 Spoon Hot Thoughts 10 Conor Oberst Salutations Schickt eure Top 10 an charts@intro.de. Alle Einsender nehmen an unseren Ver­losungen teil!

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#Review #Platten vor Gericht

Platten vor Gericht Intro-Leserinnen und -Leser: Mittippen und via intro.de Juror werden!

1

Woman Happy Freedom Jakarta / Rough Trade

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Real Estate In Mind Domino / GoodToGo

3

The Jesus And Mary Chain Damage And Joy ADA / Warner

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Soulwax From Deewee PIAS / Rough Trade

5

Drake More Life Republic / Universal

6

Depeche Mode Spirit Columbia / Sony

7

Love A Nichts ist neu Rookie / Indigo

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Blondie Pollinator BMG / Rough Trade

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Milky Chance Blossom Vertigo / Universal

10

Mando Diao Good Times BMG / Rough Trade

All Time Faves

Booka Shade

Claire

Giant Rooks

Josie, Fridl

Finn Schwieters, Frederik Rabe

Der Nino Aus Wien

Ø 5,80

Ø 6,40

Ø 6,50

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Depeche Mode Violator

Foals What Went Down

The War On Drugs Lost In A Dream

The Beatles Revolver

Röyksopp Melody A.M.

Casper XOXO

Bob Dylan Blonde On Blonde

Wolfgang Ambros Hoffnungslos

Tame Impala Currents

The xx xx

Amy Winehouse Back To Black

Oasis Definitely Maybe

Interessanter Stilmix aus Disco, Synthie-Pop, R’n’B und Soul. Locker, frech und frisch zusammengezimmert. Klasse!

Gut gemachter USIndie holt uns immer ab. Musik für den sonnigen Sonntagmorgen. Bitte beim nächsten Mal länger über den Bandnamen nachdenken. Funktioniert bestimmt immer noch bestens auf englischen Festivalbühnen und lässt die Batikshirts zu Massen in die Luft fliegen. Uns ist das zu nostalgisch. Roher 80er-Synthie-Indie mit modernen Soundspielereien. Alles clever zusammengebaut, leider ohne gute Songs. Live bestimmt richtig gut zum Durchdrehen. Einige int eressant e Groove- und Soundideen, allerdings zu viele Songs! Drakes ständiges Zirkulieren um die selben drei Auto-TuneTöne geht auf die Nerven. »Spirit« ist besser als die letzten drei DM-Alben zusammen. Auf weitere große Songs müssen wir leider warten. Come on Martin, du kannst es! Mischung aus Bloc Party und 1980er-Wave-Bands à la Les Rita Mitsouko. Eigentlich ganz cool, wenn der deutsche Gesang nicht wäre. Nichts für uns. Debbie Harry, die Grande Dame des Wave-Punk, hat immer noch einiges an Power übrig. Bitte mehr Künstler mit einer solchen Attitüde. Respekt! Ist alles ganz nett gemacht, aber leider auch etwas nach Erfolgskonzept produziert. Läuft so durch. Das können sie besser.

Stimme etwas zu anstrengend auf Dauer, Songwriting vorhersehbar. Hebt bestimmt die Stimmung auf der nächsten Studentenparty, für uns nur okay.

Richtiges Brett! Toller Mix aus funky Hooks, sphärischen/ruhigen Klängen und wilden perkussiven Elementen. Jeder Song ist einzigartig.

Klingt einfach richtig sympathisch und verträumt. Das Rad wurde hier jetzt nicht neu erfunden, aber es funktioniert und rollt gut durch.

Der dunkle Surf-RockVibe ist cool, aber das Album plätschert so ein bisschen durch die Gegend. Vielleicht macht das auch den Style aus. Jede Menge Drums und noch viel mehr Synthesizer. Was will der gemeine Synth-Nerd eigentlich noch mehr? Nix. Danke, Soulwax, für dieses Album. Klingt ein bisschen, als hätte man alle nicht verwendeten Album-Skizzen zusammengeworfen, aber geil produziert und gut zum Bouncen im Club. Richtig schön düsteres Synthie-Gewitter! Hier etwas Negatives zu schreiben wäre Gotteslästerung. Die Jungs können es einfach immer noch. Sobald man sich an die Überartikulation des Sängers gewöhnt hat, überzeugt einen besonders die Instrumentierung. Live bestimmt eine Wucht. Hat uns nicht wirklich mitgerissen. Viel Bubblegum und Haarspray, aber schwierig für ‘ne ganze Platte. Vielleicht sind wir einfach zu jung.

Tolle Typen! Klingt sehr erwachsen und persönlich. Alles wirkt organischer und mehr von der Seele. Nach so einem ersten Album: Chapeau! Hätten uns ‘ne rotzige Indie-Platte gewünscht. Ist nicht schlecht, aber einfach nicht mehr Mando Diao. Trotz der Nostalgie rührt sich nix.

S: Eine schöne Mischung aus Düsternis und Euphorie. Ich mag den WeltmusikEinfluss und die starke Produktion, aber leider klingt’s etwas nach Lounge-Musik. R: Die Single »Darling« erinnert mich an verträumte Melodien von Kurt Vile. Nichts Neues, aber schön!

S: Ich kann mit NoiseRock nicht so viel anfangen, aber die Platte gefällt mir, das ist sehr rough und treibend und gleichzeitig verträumt. Cooler Mix! S: Erinnert mich an den Soundtrack von einem Windows-98-Autorennspiel, das ich als Kind mal gespielt habe. Gefällt mir aber gut.

S: Die Songs leben von Drakes säuselnder Stimme und den minimalistischen Sounds und nicht von den üblichen aufgeblasenen Arrangements. Ganz schön lässig. R: Finde, das klingt alles etwas ausgelutscht. Packt mich leider gar nicht.

S: Der hysterische Gesang ist sehr krass, und die Songs sind wirklich cool. Die Texte find ich etwas melodramatisch, haben dafür aber Ausdruck und Haltung. S: Das klingt wie die Live-Band am Ende eines miesen Highschool-Films. Alle haben Spaß, der Sänger springt von der Bühne, und das Bild friert ein. R: Die Milkys knüpfen mit ihrem unverwechselbaren Stil und der Stimme, die dem Zeitgeist entspricht, nahtlos an das Debüt an. Allerdings fehlt etwas die Abwechslung. R: Klingt so, als seien Mando Diao auf dem Weg zurück zu alter Stärke! Auf Dauer aber etwas eintönig.

Ich bilde mir ein, die Band hab ich sogar schon mal in Wien gesehen. Live. Ja, na eh! Passt schon! Läuft schon! Ist okay! Aber halt schon auch ein bisschen fad. Schon schöne Melodien. Schon sehr sanft, aber ja. Schöne Gitarren. Geht so ein bisschen in die Psychedelik. Keine schlechte Frühlingsmusik. Bester Albumtitel, gute Songtitel. Musikalisch und lyrisch nachvollziehbar. Schöne Farbe. Klingt inspiriert, fühlt sich gut an, würde ich mir freiwillig anhören. Nervt mich ein bisschen. Vielleicht ist es auch nur der Neid, weil aus mir kein Electro-Musiker geworden ist. Gibt Spannenderes. Zum Einschlafen vielleicht okay. Drake? Nick Drake? Oder seine Mutter? Er ist sicher toll, aber ich hab keine Lust auf die Musik. Bringt mich auf die Idee, wieder »Pink Moon« von Nick Drake zu hören. Schöner Rhythmus, aber ich pack den Gesang nicht. Manchmal werden meine Augen groß, dann verlier ich die Lust. Lässt sich kaum in mein Leben integrieren. Oh Mann, ziemlich anstrengend. Erinnert mich an ein Wochenende in Düsseldorf. Vielleicht hätte es mir mit 15 gefallen. Es ist echt nichts neu.

Mochte ich immer schon. Und sie hat sich gut gehalten! Einige schöne Lieder drauf. »When I Gave Up On You« ist zum Beispiel schön! Blondie sind halt cool. Geht halt so dahin ... Aber wohin, weiß ich auch nicht. Ist mir zu wenig emotional und zu sauber. Musik, die ich auf keinen Fall machen möchte. Die ruhigen Lieder haben mehr Kraft als die schnelleren. Schön für sie, dass sie anscheinend gute Zeiten haben. Haben aber auch schon bessere Platten gemacht.


#Review #Platten vor Gericht

Sophia Kennedy

Valentina Mér

Binoculers Nadja, Daniel

Albrecht Schrader

Andreas Wallukat

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Holger Risse Intro

Leser

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Moldy Peaches Moldy Peaches

Pascal Pinon Twosomeness

The Good, The Bad And The Queen The Good, The …

Janelle Monáe The Archandroid

The Fall The Infotainment Scan

The Cure Faith

Frank Ocean Blonde

Daughter If You Leave

Sparklehorse It’s A Wonderful Life

Rocko Schamoni & Little Machine Rocko Schamoni …

Iggy Pop American Caesar

Television Personalities The Painted Word

Mense Reents Aus freien Stücken

London Grammar If You Wait

Love Forever Changes

The Beatles Abbey Road

Fugazi Repeater

LCD Soundsystem Sound Of Silver

Die Instrumentierung, Grooves und Percussions finde ich gut. Dann kommt oft der Festival-Rock, wo abgeliefert werden soll. Warum? Und der Sänger ist nicht Prince. Etwas zu harmlos, aber angenehm leicht. Weiche Typen, die schön Gitarre spielen. Dazu kann ich träumen und Softeis essen.

Ich weiß nichts über die Geschichte der Band. Sie machen netten TwingelTwangel-Indie. Wahrscheinlich bin ich nicht kompetent genug, um das zu beurteilen. Elektronischer Rock. Die geloopten Schlagzeuge sind sehr cool. Mir gefällt es, wenn sie auf die Stimme verzichten und sich auf die Electro-Elemente beschränken. Immer gleich, immer geil. Einfach, cool und modern. Beat, Bass, Stimme und Unterwasser-Sounds. Was er emotional zu sagen hat, höre ich mir gerne an. Dave Gahan reflektiert für uns, wie scheiße alles ist. Wenn Martin Gore mal randarf, geht mir das Herz auf, und man hört die wunderbarste Musik. Pathos und Eitelkeit stehen einer Rockband sehr gut, aber auf mich wirkt das nicht so krass, wie sie es gern hätten. Ich denke eher an Joy Division mit Schlageransatz. Ich liebe Blondie. Aber das ist mir zu dicht, fett und rockig. Mir fehlt hier oft die alte Leichtigkeit.

Schöne Soundwelt und einige gute Ideen. Eine professionelle Produktion, wie man sagt. Es kippt aber dann doch leicht ins Gefällige.

Die Musik ist mir zu schwitzig und gepresst, der Sänger zu angestrengt. Luft und Gelassenheit fehlen mir. S chnö der Radio-Indie-Rock.

Interessanter Name für die Männer aus Köln, ihre Musik ist ebenso. Coole Mischung aus Electro und Funk. Mag ich!

Klingt sehr nostalgisch und erinnert mich an alte amerikanische Filme, irgendwie cool.

Evergreen!

Sehr experimentierfreudig, was ich grundsätzlich mag, kommt aber trotzdem nicht ganz bei mir an.

Mein Freund vergibt 10 Punkte! Ich leider nur 5, wobei ich schon verstehe, was alle daran finden. Hat so ‘ne Scheißegal-Attitüde, die ja schon irgendwie cool ist. Where’s the revolution? Klingt altbekannt, aber deshalb nicht schlecht!

Die »neue alte deutsche Welle«? Hmm ...

Wow, mit ihren 70 Jahren klingt Debbie Harry erstaunlich gut, Respekt!

Diese Mischung aus Folk und Pop ist echt super, allerdings kann ich mir nicht mehr als zwei Songs nacheinander anhören. Die Stimme ist mir ein wenig zu dominant. Ich mag die Stimme von Björn Dixgard sehr und finde auch die Songs überwiegend gut, auch wenn ich mir nicht sicher bin, was ihre Einstellungen angeht.

Erinnert an sehr vieles, kriegt uns aber nicht.

Die ungeraden Takte sind cool. Eigentlich ein sehr schönes Album, das aber zu sehr dahinplätschert. Da muss mehr Dreck rein!

Wie ein Derivat aus allem, was an 1980er/90erIndie-Rock toll ist. Waren damals wichtig und sind auch heute noch großartig!

Unser Album des Monats! Großartig, wie dynamisch und kreativ hier Beats zerfleddert werden und Maschinen zum Leben erwachen!

Abwechslungsreicher HipPop mit kleinen Raffinessen. »Passionfruit« ist toll bei Sonnenschein auf der Autobahn.

Schon in den 1980ern lud uns Depeche Modes Musik zum Weghören ein. Das ändert sich auch mit diesem Album nicht. Kalt und selbstverliebt. Schön düsterer, zynischer Postmoderne-Emo-Pop. Etwas zu viele Parolen und Monotonie vielleicht.

Blondie 2017 klingen wie ABBA im GrungeGewand mit etwas Modern Talking und Dorf-Disko. Leider ziemlich uninspiriert.

Klingt letztlich alles nach »Stolen Dance«, was aber gar nicht schlecht ist. Chillige Lo-Fi-Sounds und ein sehr schönes Artwork.

Man hört das Bemühen um Vielseitigkeit, am Ende bleibt aber nur belangloser Mainstream übrig. Richtig weh tun die Disco- und Funk-Versuche.

Diese Leistungsmusikanten und ihr KölnSoul beeindrucken mich eh seit jeher. Trotz sprachlicher Bedenken. Fazit: ungestümes Talent. Diese US-Amis überraschen mich mit einer richtig guten Gitarrenplatte. Trotz und gerade wegen eins a Songwriting. Fazit: Geilmusic with psych. Diese Gitarrenkonfiteure dürfen mich auch 2017 noch jederzeit vernaschen. Trotz harmonischer Einöde. Fazit: zeitlose Antirocker.

Diese Power Brothers verdienen für mich klar den Sonderpreis für die beste Produktion. Trotz eher mauer Songs. Fazit: Kopfhörer auf!

Dieser Rapsänger kriecht mir ein bisschen ins Mark rein. Trotz kühler, distanzierter Produktion. Fazit: phlegmatischer Kuschelbär.

Diese Keyboardspieler sprechen noch immer eine bemüht düstere Sprache, die mich nicht erreicht. Trotz Keyboardspielereien. Fazit: fällt aus. Diese top old boys ziehen immer weiter durch und dabei hier und da an mir vorbei. Trotz tollem Sound. Fazit: sauftüchtiger Achtelpunk.

Diese — nun ja — Legende lässt mich irgendwie genügsam schmunzeln. Trotz doofer Überproduktion und Arrangements. Fazit: Blondie halt.

Diese Leute aus Kassel schaffen es, bei mir gleichzeitig Langeweile und Bestürzung auszulösen. Trotz gar nichts. Fazit: Fast-schon-Aviciis. Diese Indie-Veteranen können mich nicht davon überzeugen zu tanzen wie zu ihren good times (circa 2008?). Trotz guter Hooks. Fazit: Mando Ciao.

Entspannter Popsound mit netten Beats. Was für die späten Stunden. Bestimmt schön, um durch die nächtliche Stadt zu laufen. Chillig! Charmanter Indie-Pop, erinnert mich ein wenig an Teenage Fanclub. So verträumt und verspielt ist das der perfekte Sound für das Sonnenbad.

Da kommen Erinnerungen hoch. Und trotz all der vergangenen Zeit klingt das so frisch wie zu Beginn. Wichtige Band, immer noch. Cool! Hat sich mir erst auf der Intro-Feier erschlossen. Live superfett! Hätte gar nicht gedacht, dass mich das so umhauen würde. Muss man laut hören! HipHop mit GänsehautFeeling. Auf ganzer Länge überzeugend. Da kommt man dieses Jahr wohl nicht drum rum. Schöner Flow!

Ich mochte auch die letzten Alben von ihnen sehr gerne. Das neue Album ist aber noch mal eine Steigerung, klingt düster und trotzdem frisch. Top. Mein Favorit! Bewegender Punkrock mit tollen Texten und sehr viel Elan. Macht echt Spaß zu hören. Freue mich schon aufs Konzert mit ihnen! Klingt wie vor 40 Jahren! Immer noch stark Discobeeinflusst. Mir etwas zu viel Pop. Debbies Stimme muss man schon mögen. Zum Mitwippen! Fühle mich eingelullt. Wo sind die Kanten? Fließt so gemächlich dahin. Frühlingsmusik wohl, aber da gehe ich lieber in den Park! Nur nett.

Etwas glatt produziert, macht dennoch Spaß. Gute Songs haben sie ja, aber mehr Noise hätte mir gefallen, so fehlt leider etwas.

Großartiger BreitwandPop aus Köln, klingt jetzt schon wie ein Klassiker vergangener Jahre.

Schöner, schlauer IndieRock, eine Entdeckung für mich.

Vor diesem Album hatte ich Angst, doch alles bleibt gut: Wie seit »Darklands« schrappen JAMC an der Peinlichkeit und bleiben doch arschcool. Überraschend gut, obwohl sie in den 2000ern stehen geblieben zu sein scheinen. War wohl schön dort.

Wenn dieser Tonfall nicht nach drei Stücken so dermaßen nerven würde: Es wäre ganz großartige Musik.

Solides Spätwerk, doch Dave Gahan geht mir zunehmend auf den Schlips.

Sie sollten noch lauter schreien, diese Jugendlichen, sonst verpufft es doch!

Packt mich gar nicht, aber für solche Musik bin ich wohl auch zu jung.

Gibt es einen Namen für diese Baukasten-Musik, die seit Jahren im Radio wiederholt wird? Ich würde »Bumm-Bumm-La-La-HeulHeul« vorschlagen. M u c k e r- M u c k e , i m schlimmsten Sinne. Nicht ohne gute Ideen, doch leider auch mit viel zu vielen schlechten.


90

#Review

Spektakel

Sylvan Esso What Now Loma Vista / Caroline / Universal / VÖ 28.04.17

Revolutionär-cooler Electro-Pop, der schon im Titel eine für US-Künstler momentan existenzielle Frage stellt. Sylvan Essos Antwort ist natürlich ungleich differenzierter als die Phrasen des derzeitigen Präsidenten.

Das selbstbetitelte Debütalbum von Sängerin Amelia Meath und Soundtüftler Nick Sanborn alias Sylvan Esso war 2014 eine kleine Sensation. Nicht nur, weil es abgedrehte Klangflächen, Minimal-Electro-Einwürfe und clevere PopHarmonien mit der variablen, rhythmisch atemberaubend pointierten Stimme von Meath zu fantastischen Songs zusammenfügte. Sie waren auch live eine einnehmende Erfahrung: die zappelnd-groovige Sängerin und der Typ hinter einem Laptop und einem Haufen elektronischer Helferlein, die gemeinsam der elektronisch-statischen Musik ein unvorhersehbares Live-Feeling einhauchten. Aber was kommt nach den hohen Erwartungen für das nächste Album in einem Amerika, das durch Irrsinn, Populismus und führungslose Politik immer mehr ins Straucheln gerät? Sylvan Esso reflektieren den gesellschaftlichen Wandel textlich auf ihre eigene Art, abstrakt, schonungslos, nachdenklich, während die Musik erneut durch unerhörte Klänge, zerkratzte Rhythmusschleifen und geniale Tüftelarbeit begeistert. Dabei sind sie zugleich poppiger geworden, in einem Sound voller Hoffnung, dessen musikalische Kanten unterstreichen, dass diese Welt erst interessant wird, wenn man sich traut, ihre Komplexität zu erkunden. Klaas Tigchelaar

Actress AZD Ninja Tune / Rough Trade

Actress’ Ninja-Tune-Debüt »AZD« überzeugt mit einem Dutzend Tracks voll sprudelndem Ideenreichtum und grenzenloser Experimentierfreude. Darren Jordan Cunningham lässt auf dem mittlerweile fünften Actress-Album viel von seiner Liebe zu Detroit-Techno durchscheinen. Die Tracks sind oft Loop-basiert und stark repetitiv und arbeiten mit blubbernden Arpeggien, kühl zitternden SynthesizerFlächen und feucht schmatzenden Beats. Er kann aber auch anders. Da morpht ein HipHop-Beat samt Rammelzee-Zitat zu einem funky House-Track voll schwebend psychedelischer Klangfetzen. Grime-Flöten liegen über raschelnden Percussions mit dünnen Peitschen-Beats, oder ambient verträumte basslastige Momente wechseln mit schneidend scharfen Synthie-Tönen in einem völlig

aufgelösten rhythmischen Zusammenhang. Dazu kombiniert Actress angsteinflößende Vocals, breite atonale Orgeln, heulenden Wind und streicherlastige Traumsequenzen. Zwischendurch produziert Cunningham noch schnell einen kurzen »Blade Runner«Soundtrack und remixt Faurés »Requiem« zu vereister Bewegungslosigkeit. »AZD« bordet also schier über vor Ideenreichtum und digitaler Spielfreude. Dass seine Musik dabei nie eklektizistisch oder überladen wirkt, macht die besondere Qualität des Albums aus. Andreas Brüning

Afghan Whigs In Spades Sub Pop / Cargo / VÖ 05.05.17

Soul und Grunge gehen auch drei Jahrzehnte nach der ersten Afghan-WhigsVeröffentlichung hervorragend zusammen.

»I was a child, an open letter to be read aloud.« Das sind die ersten von Greg Dulli herausgepressten Zeilen auf »In Spades«, und man weiß, dass man auf diese Platte hätte gewartet haben sollen, ohne es zu wissen, all die Jahre seit der auch schon tollen Comeback-Platte »Do The Beast« von 2014. Dulli macht einfach keine Fehler, er hat immer noch eine der besten, pardon: die beste Stimme in der von vielen austauschbaren Stimmen bevölkerten Welt der Gitarrenmusik. Dieses Beschwörende, dieses NackenhaarAufstellende. Sein Lamento klingt immer noch einzigartig beseelt in einer Szene, in der Beseeltheit nicht wirklich als Währung gehandelt wird. Mehr als drei Jahrzehnte sind seit ihrer ersten Veröffentlichung vergangen, und die Band aus Ohio klingt immer noch frischer und relevanter als man selbst. Die Single »Demon In Profile« wird von einem leichten Piano getragen, die Bläser in »Toy Automatic« wecken Erinnerungen an den nie verwirklichten Mexiko-Trip, als man noch jung genug dafür war. Da macht es auch nichts, dass »In Spades« in wenigen Momenten fast ein bisschen 08/15-rockschematisch daherkommt, die gniedelige Themen-Gitarre bei »Light As A Feather« etwa hätte nicht sein müssen. Das alles macht aber exakt nichts. Nach rund 35 Minuten ist der Zauber schon vorbei, aber wenn alles gesagt und gesungen ist, ist eben auch der richtige Moment gekommen. »I remember you always this way.« Christian Steigels

Ásgeir Afterglow Embassy Of Music / Warner / VÖ 05.05.17

Bewährung gelungen: Der isländische Star-Songwriter zeigt, dass sein umjubeltes Debüt keine Eintagsfliege war. Kurzer Flashback: »Dýrð Í Dauðaþögn« wurde 2012 zum am schnellsten ausverkauften isländischen Debütalbum aller Zeiten. 2014 erschien es als »In The Silence« auf Englisch mit Texthilfe von John Grant erneut und machte Ásgeir weltweit bekannt. Vollkommen zu Recht, denn diese Version von Acoustic Folk war über jeden Zweifel erhaben, brillant geschrieben und inszeniert. Vom damaligen Sound ist auf dem Nachfolger »Afterglow« nicht viel geblieben; der Isländer setzt sein berückendes Falsett nun eher in einen soulig-elektronischen Kontext und unterstreicht damit seine stilistische Nähe zu James Blake, Bon Iver oder Jamie Woon, die man ihm in Teilen des Debüts schon attestiert hatte. Zu sexy Downtempo-Beats und edel-dunklen Loops schmachtet Ásgeir mit gesenktem Blick, viel Melancholie und Eleganz seine Gedanken und Gefühle zwischen Resignation und Hoffnungsschimmern in die samtene Nacht und beweist dabei seine große kompositorische Klasse, die die hohe Messlatte, die »In The Silence« aufgelegt hatte, mühelos hält. Diesen Typ muss man 2017 mehr denn je auf dem Schirm haben. Kristof Beuthner

Thomas Azier Rogue Island / Universal / VÖ 12.05.17

Auf seinem zweiten Album erweitert der Holländer Thomas Azier seinen ElectroPop mit akustischen Elementen. Mit der Veröffentlichung seines Debütalbums »Hylas« 2014 präsentierte sich Thomas Azier noch als überwiegend in Schwarz gekleideter Berliner Zugezogener. Für das zweite Album »Rogue« tauschte er nun die düstere Attitüde gegen einen glatteren 1980er-Look ein. In der Zwischenzeit zog der gebürtige Holländer von Berlin nach Paris, »Rogue« soll von allen drei Orten inspiriert worden sein. Mit dem Umzug und Wechsel des Styles ging auch einer des musikalischen Stils einher: Während das Debütalbum vor allem massentaugliche und dunkle ElectroPop-Songs vorwies, stehen auf »Rogue« Aziers Stimme und sein Klavier im Vordergrund. Dass die elektronischen Elemente weniger herausstechen als beim Vorgänger, mag auch daran liegen, dass sie eleganter und minimalistischer geraten sind. Während den Beginn des Albums intime Balladen bestimmen, stehen ab »Gold« elektronischere Songs im Vordergrund. Mit »Rogue« beweist Azier, dass ihm elektronischer und akustischer Pop gleichermaßen gut gelingen. Allerdings enthält das Album nicht nur gutklassige Tracks wie »Talk To Me« oder »Starling«: Die Single »Gold« wirkt eher wie ein gezwungener Hit, und auch das minimalistische »Sandglass« geht nach dem elektronischeren Abschnitt des Albums verloren. Insgesamt ist »Rogue« jedoch ein guter Mix aus Melancholie und Ekstase. Louisa Zimmer

Arca Arca XL / Beggars / Indigo

Alle Achtung: Arca singt. Das ist mutig und klingt interessant, bleibt aber die einzige echte Attraktion auf dem dritten Album des Sound-Avantgardisten. Schuster, Leisten, man kennt das ja. Dass Alejandro Ghersi ein begnadeter Produzent ist, sich gern in knappe LatexFetzen zwängt und ein Faible für Stilettos pflegt, dürfte sich herumgesprochen haben. Wie es aber sein würde, wenn er singt, konnte man sich nur wild erträumen – bis jetzt. »Here’s my voice and all my guts«, posaunt Arca heraus, und tatsächlich stellt sich so etwas wie Nahbarkeit ein – diese leise Ahnung, dass das hier von Menschenhand geschaffen und zum züchtigen Anhören gedacht ist und nicht in erster Linie als akustische Blendgranate. Erst recht nach einem Album wie »Mutant«, das schon allein dem Titel nach alles durfte. Nun aber hat der Venezolaner seinen Lustgarten radikal zurückgeschnitten und meldet Songwriter-Ambitionen an. Hätte er besser bleiben lassen: Die futuristischen Partikelschwärme der Vorgänger fehlen an allen Ecken und Enden, Exzesse sind rar gesät, und die Stimme übernimmt zu selten die Führung, als dass von Songs die Rede sein könnte. Dabei ist Ghersi doch für all das über Leichen gegangen: Im Londoner Abney Park, ausgerechnet auf einem viktorianischen Friedhof, habe er die sexuellen Vibes absorbiert, die »Arca« befruchtet haben sollen. Von Libido jedoch zeugt hier höchstens »Whip«, das das musikalische Potenzial von Peitschenhieben erschließt. Spannkraft, die nach dem dösigen »Coraje« bitter nötig, aber schnell wieder passé ist. Bewegungslos und fahl versinkt »Arca« im Ambient-Nebel, den Showdown bleibt er schuldig. Wie die gayen Gargoyles von Abney Park. Valentin Erning


#Review guten Idee pro Song, und eine unverkennbare Handschrift können The Big Moon auch nicht präsentieren. Zumindest ist Energie in Hülle und Fülle vorhanden, und mit den mal draufgängerischen, mal lagerfeurig verträumten Songs liefern die vier allemal einen passenden Soundtrack für sonnige, unbeschwerte Tage. Kira Schneider

Mario Batkovic Mario Batkovic Invada / PIAS / Rough Trade / VÖ 28.04.17

Make Quetschkommode great again! Der Schweizer Mario Batkovic holt alles und noch mehr an Klang aus seinem Akkordeon raus. Das Debüt ist eine instrumental virtuose und aufregend neuartige Meisterleistung. Das Akkordeon hat nicht den besten Ruf. Zu sehr konnotiert mit den biederen 1950ern, Reihenhausromantik, Spießbürgertum und deutschtümelnder Volksmusik, findet es in der Popkultur bis auf vereinzelte Ausflüge in den Folk nicht statt. Mario Batkovic ändert das, denn sein selbstbetiteltes Debütalbum ist nicht weniger als eine Offenbarung dessen, was in einem Schifferklavier steckt oder besser: stecken kann. Zuweilen klingt es, als ob drei von diesen Handorgeln gleichzeitig wüten würden, an anderen Stellen hört man vor lauter mechanischem Klacken, Ziehen und Rumpeln aus dem Inneren der Schweineorgel kaum mehr die Melodie. Aber auch das ist eine Qualität des Albums: Batkovic will die Gesamtheit der Ziehharmonika darstellen und schafft das auch. Die Songs changieren zwischen dringlich-rastlosen dreiminütigen Miniaturen (»Machina«) und raffiniert getragenen dreizehnminütigen Epen (»Ineunte«). Nicht selten erinnert Batkovics Musik – übrigens produziert von Portisheads Geoff Barrow – an den Minimalismus von Philip Glass. Hoffentlich schafft es Batkovic tatsächlich, der Harmonika ihre Coolness wiederzugeben. Was bei so einem Album und so vielen unterschiedlichen wundervollen (Spitz-)Namen für ein Instrument kein Problem darstellen sollte. Marius Wurth

Big Walnuts Yonder Big Walnuts Yonder Sargent House / Cargo / VÖ 05.05.17

Nach langer Vorbereitung präsentieren vier Ikonen des Punk und Alternative-Rock als Big Walnuts Yonder ihr wildes und lautes Bandprojekt. Don’t call it Superdings! Für die stilistischen Markierungslinien Big Walnuts Yonders muss definitiv ein (ohnehin unausweichliches) Namedropping her: Mike Watt (Minutemen, fIREHOSE, Stooges), Greg Saunier (Deerhoof), Nick Reinhart (Tera Melos) und Nels Cline (Wilco) haben trotz andauernder terminlicher Schwierigkeiten ein gemeinsames Album fertiggestellt. Darauf finden Clines zappelnd-wirre GitarreneffektSchleifen, Watts grummelnd tänzelnder Bass und die Virtuosität aller beteiligten Musiker zu einer irren, zum Teil auch lustig-kakofonischen Achterbahnfahrt zusammen. Wer ein bisschen mit Watts und Clines musikalischer Biografie vertraut ist, kann sich das schon ungefähr vorstellen: Pfeilschnelle Gitarrenlinien, Feedback-Kunstwerke, abrupte Breaks, Krachorgien und seltsame Stilvermischungen finden ihren Meister. Im Sommer 2014 wurden acht Songs von Mike Watt mit Produzent Tony Maimone (Pere Ubu) in eine grobe Form gegossen und an die übrigen Kombattanten per E-Mail weitergereicht. Saunier und Cline packten noch einen eigenen Song dazu, und fertig war ein für alle erfüllendes Spaßprojekt. Klar, dass solch ein Nicht-Superband-Ding ein Coverartwork eines weiteren Antihelden braucht, in diesem Fall kam es aus der Feder von Raymond Pettibon. Klaas Tigchelaar

The Big Moon Love In The 4th Dimension Fiction / Caroline / Universal

Mit der Single »Sucker« haben sie den Nagel auf den Kopf getroffen, im Vergleich dazu lassen The Big Moon ihr Debütalbum als Gesamtwerk aber etwas schleifen. »And it got colder every day but I wouldn’t change my mind.« Diese Zeile dürfte vor ungefähr zwei Jahren den einen oder anderen intensiven Ohrwurm eingeleitet haben, denn der Song »Sucker«, die erste Single des Londoner Quartetts The Big Moon, fuhr als brandheißer Tipp Achterbahn quer durch alle möglichen Websites, Blogs und Magazine. Wer den gelösten, intensiven Garage-Sound der kratzigen Riffs und Juliette Jacksons samtige, katzenhafte Vocals gehört hat, versteht, wieso. Da ist es schon etwas bitter, dass das Debüt »Love In The 4th Dimension« die Erwartungen nicht so ganz zu erfüllen weiß: Ja, es schrammelt ordentlich, und es ist toll, dass vier junge Frauen den Sound entern, der normalerweise für die Indie-Boybands reserviert ist, und ihr eigenes Ding damit drehen. Aber kaum ein Song bleibt als Ganzes wirklich im Gedächtnis. Ein paar tolle Riffs und ein paar gute Hooks sind auf dem Album versprengt, und »The Road« bezirzt sehr mit einer nostalgischen Hammond-Orgel. Aber oft bleibt es, wenn überhaupt, eher bei einer

– fertig ist eine Psychedelic-Rock-Platte, die schon 1969 herausragend gewesen wäre und im Jahr 2017 zum Besten gehört, was das – zum Glück immer noch lebendige und gefühlt wieder mehr und mehr an Popularität gewinnende – Genre zu bieten hat. Vom Opener »Currency«, dessen zentrale Textzeile »Print and print the money that you spend / Spend and spend the money that you print« von Sänger Alex Maas fast hypnotisierend vorgetragen wird und der von wuchtigen, den ganzen Körper durchfahrenden Gitarren durchzogen ist, bis zum Schlusspunkt »Life Song«, der die Platte auf einer verträumt-melancholischen Note ausklingen lässt, ist »Death Song« eine großartige Platte, die völlig aus der heutigen Zeit gefallen scheint. Es dürfte schwer sein, ein besseres Loblied auf den Acid-Rock der 1960er und 1970er zu schreiben. Tobias Tißen

The Black Angels Death Song

Black Lips Satan’s Graffiti Or God’s Art? Vice / ADA / Warner / VÖ 05.05.17

Zwischen Wahnsinn und Disharmonien muss man die typischen Garage-Songs der Black Lips auf deren achtem Album zunächst suchen. Trotz irrer Klänge versprühen sie etwas weniger von ihrem altbekannten Charme. Bedrohlich und von der Hi-Hat getrieben kriecht »Sunday Mourning« voran und geht in besorgniserregendem Saxofonschluchzen unter. Auf ihrem neuen Album »Satan’s Graffiti Or God’s Art?« wechseln die Black Lips zwischen Leder- und Zwangsjacke. Komplett abgeschottet von der Außenwelt startete die Band ihre Aufnahmen zum Album, und diese Isolation macht sich durch etliche disharmonische Klangschwaden bemerkbar. Ihren typischen Garage-Sound lassen sie mit Effekten und wüstem Instrumenteneinsatz ins Absurde driften. Zwischendurch vergewissert man sich immer wieder, ob da nicht doch noch ein anderes Lied versehentlich im Hintergrund läuft, aber nein. Die maßvollere Beschaffenheit von Liedern wie »Wayne« und »Crystal Night« dagegen wirkt fast träumerisch. Obwohl die Songs zum Teil stark variieren, verharren sie doch überwiegend im düster verhangenen Dickicht. »It Won’t Take Long« gehört zu den wenigen Stücken, die den Vorgänger-Alben durch mehr Ausgelassenheit nahekommen. Die 18 Tracks bilden insgesamt einen wuchtigen Mix, dem der eine oder andere Ausfall aber nicht geschadet hätte. Celia Woitas

Partisan / PIAS / Rough Trade

Schon die ersten fünf Studioalben der Black Angels ließen den Psychedelic-Rock der 1960er und 1970er in Perfektion wieder aufleben. Ihre neue Platte »Death Song« schreitet diesen Weg konsequent fort. Wer vorhat, eine Hippie-Motto-Party zu veranstalten, und zu diesem Zweck eine passende Playlist zusammenbasteln will, kann getrost auch jeden Song der Black Angels unter die Hits der prominenten Psych-RockGenrevertreter besagter Ära mischen – es würde niemandem auffallen. Das ist durch und durch positiv gemeint! Auch Platte Nummer sechs, »Death Song«, greift gekonnt ein Best-of der Eigen- und Feinheiten des Genres auf: wabernde Fuzz-Gitarren, hypnotische Rifffolgen, ein zeitweise ins Ekstatische abgleitendes Schlagzeugspiel, dazu widerhallender Gesang, der durch eine dichte Nebelwand zu dringen scheint. All das eingebettet in eine mystische, fast okkulte Atmosphäre

»Pollinator«, das über weite Strecken in Zusammenarbeit mit namhaften Fans wie Johnny Marr oder Sia entstanden ist, direkt und ohne Umwege zu ihrem unwiderstehlichen Kern. »Pollinator« wird zu einer Spritztour von Glitter/Punk (»Doom Or Destiny«, »My Monster«) bis zu bezauberndem Pop (»Long Time«). Die Gitarrenspur rückt nach dem keyboardlastigen »Panic Of Girls« wieder häufiger in den Vordergrund, und der Einsatz der Gäste ist wohldosiert. Hier ein paar Gitarreneinsätze von Nick Valensi (Strokes) und dort Songwriting-Credits an Dev Hynes (Blood Orange). Dass einige Songs auf der zweiten Hälfte einpacken können, zwischendurch nach Jahren wieder ein Rap-Einsatz einen Blondie-Track unsanft aus der Zeit plumpsen lässt und die an sich tolle Nummer »When I Gave Up On You« dank eines VocalEffekts so klingt, als würde Debbie Harry durch eine Kirmeströte singen, sei der Band verziehen. Denn so gut und direkt wie auf der ersten Hälfte des Albums waren Blondie schon lange nicht mehr. Sebastian Jegorow

BNQT Volume 1 Bella Union / Coop / PIAS / Rough Trade / VÖ 28.04.17

Midlake luden vier große Stimmen des Indie-Rock zu Sessions ein, die Ergebnisse bleiben aber hinter den Erwartungen zurück. Die Idee hätte so schön funktionieren können: Die Band Midlake hatte vor, während und nach ihrer letzten Tournee Zeit übrig und lud einige der großen Könner des Folk- und IndieRock für Sessions ins Studio ein. Es kamen: Alex Kapranos von Franz Ferdinand, Fran Healy von Travis, Jason Lytle von Grandaddy und Ben Bridwell von der Band Of Horses. Gemeinsam mit Midlake begannen sie, Songs zu schreiben; pro Konstellation entstanden zwei bis drei Stücke, für die sich die Gäste natürlich auch hinters Mikrofon stellten. Wer davon nun aber den feingliedrigen Indie-Rock Midlakes mit neuen starken Stimmen erwartet, wird enttäuscht, denn die Songs bleiben, was sie sind: Session-Ergebnisse, die noch ein wenig Feinschliff benötigt hätten. Gerade gemessen an Midlakes Alben wirken die zehn Songs auf »Volume 1« etwas plump und schnoddrig, und der deutlich durchscheinende Stil der Gäste sorgt vor allem dafür, dass man es weniger mit einem eingängigen Album als mit einer losen Aneinanderreihung von Songs zu tun hat. Natürlich bleibt das Talent aller Beteiligten über jeden Zweifel erhaben, trotzdem hätte man sich angesichts der versammelten StarPower mehr erwarten dürfen. Die Gründe sind klar: zu viele Köche, zu wenig Zeit. Christian Steinbrink

Blondie Pollinator BMG / Warner / VÖ 05.05.17

Blondies Blumen/Bienen-Metaphorik im Titel passt. Die Mutter Gaia des Pop und Punk zimmert mit einigen ihrer namhaften Verehrer eine eingängige Platte zusammen. Wenn Pop nicht schnell zum Punkt kommt, kann Pop einpacken. Dies bleibt eine der Lektionen, die Blondie uns mit ihren besten Songs in den letzten 40 Jahren gelehrt haben. Passend dazu kommt die Band auf

Bonnie »Prince« Billy Best Troubador Domino / GoodToGo / VÖ 05.05.17

Bonnie »Prince« Billy arbeitet sich quer durch die Diskografie seines Helden Merle Haggard. Dass Will Oldham alias Bonnie »Prince« Billy den Country-Musiker Merle Haggard verehrt, hat er bereits in zahlreichen Interviews

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#Review

Spektakel

Little Cub Still Life Domino / GoodToGo / VÖ 28.04.17

Es gibt Alben, die sofort gefangen nehmen und gleichzeitig immer wieder Neues offenbaren. Das fantastisch ausgeklügelte Electro-Pop-Debüt »Still Life« der Londoner Little Cub ist so eines.

Die ersten drei Songs auf »Still Life« bilden bereits einen wunderbaren Querschnitt des Könnens von Little Cub: treibende Electro-Beats, Indie-Attitüde, catchy Hooks, tanzbare Rhythmen und zuckersüße Melodien, dazu Themen wie männliche Gefühlskälte oder die Spektakelgesellschaft. Selten kann man sich entscheiden, ob man jetzt die Tanzschuhe rausholen oder doch das Adorno-Buch aufschlagen soll. Der großen thematischen Bandbreite gleicht sich die vielschichtige Musik an: Auch nach dem x-ten Durchgang tauchen von irgendwo noch ungehörte Tonspuren auf. Das Herzstück befindet sich jedoch in der Mitte des Albums: »Death Of A Football Manager« ist nicht nur anrührend, sondern tritt mit der Thematisierung des Selbstmords des walisischen Fußball-Nationaltrainers Gary Speed zugleich endlich den Beweis an, dass die Sportart auch abseits von prätentiösen Hymnen Thema in der Popmusik sein darf. »Hypnotised« ist eine rhythmisch treibende, großartige Absage an den Kapitalismus. Anschließend wird »Still Life« ruhiger: »October« ist eine politische Depri-Hymne, die an Future Islands erinnert, »Snow« die todtraurige Elegie auf die verstorbene Mutter von Sänger Dominic Gore. Dieses großartige Zusammenspiel von unbequem-interessanter Themenwahl, Komplexität bei gleichzeitiger Eingängigkeit und musikalischen Versatzstücken aus Electro-Pop, House, Indie und Ambient führt am Ende zum einzig möglichen Resümee: Little Cub ist mit »Still Life« ein überragendes Debüt gelungen. Marius Wurth

und mit Live-Covern kundgetan. Mit »Best Troubador« widmet er dem 2016 verstorbenen Musiker nun ein komplettes Cover-Album. Anstatt auf bekanntes Material zu setzen, arbeitet sich Oldham durch die Untiefen der 40 Alben umfassenden Diskografie Haggards. Dabei spricht aus dem kompletten Album ein großer Respekt vor dem Werk des Idols. Das Ausgangsmaterial bekommt dezente Modernisierungen, ohne es zu stark zu verfremden. Mal wird das Tempo dezent angezogen, mal eine Bläsersektion hinzugefügt, die Ballade »Some Of Us Fly« wiederum ausgebaut zu einem berührenden Duett, das durch Mary Feiocks Stimme enorme Aufwertung findet. Die Aufnahmen aus Oldhams Heimstudio wirken angenehm ungeschliffen und rau, wenn er etwa in »If I Could Only Fly« noch Anweisungen an die Musiker in den Song murmelt und mit dem Notenpapier raschelt. »Best Troubador« ist ein sehr persönliches Tribute-Album und springt so sehr zwischen Haggards Schaffensphasen hin und her, dass

der rote Faden wohl nur für Oldham als Haggard-Ultra zu 100 Prozent einleuchtend ist. Dominik Bruns

Captain Capa This Is Forever Audiolith / Broken Silence / VÖ 28.04.17

Kann man immer noch sehr gut machen: Captain Capa bieten Boy-meets-girlElectro-Pop mit klarer Tanzflächenansage. Hannes Neumann von Captain Capa ist in seinem anderen Leben Kolumnenschreiber bei Vice. Ihr wisst schon, dieses Online-Mag,

das man wahlweise rattenpeinlich oder irgendwie schon ganz okay mit der Tendenz zu manchmal echt interessant findet. Er lässt sich über Neon-Themen wie »Wie betrunken du noch auf die Bühne gehen kannst« oder »7 Arten von Fans, vor denen du Angst haben musst« aus. Macht er ganz unterhaltsam. Achtung, Vice-Überleitung: Unterhaltsam ist auch die neue Platte seiner Band. Die zweite Veröffentlichung ohne Gründungsmitglied Maik Biermann bietet Elektronisches für Emo- und Indie-Fans, in den besten Momenten quasi Get Up Kids ohne Gitarren im Vordergrund. Fresher elektronischer Pop mit klarer Zielvorgabe: Tanzfläche. »Clarendon« oder »O O O« sind Nach-vorneNummern, die man Samstagnacht neben anderen Vans tragenden und schwitzenden Kids hören möchte. »Vantaheart« oder »Athena« arbeiten mit Stimmverfremdung und Halftime-Beat, auch das gelingt. Die Texte sind recht beliebig, Boy-meets-girl- oder Boy-hasleft-girl-which-in-retrospective-turns-outto-be-a-terrible-mistake-Kram. Kann man aber prima ausblenden. »Gimme something real, gimme something to feel.« Abgemacht. Christian Steigels

Close Talker Lens DevilDuck / Indigo

Harmonische Melodien, Hochzeiten und eine warm klingende Produktion: »Lens«, das dritte Album des Indie-Juwels aus Kanada, könnte kaum mehr Zufriedenheit mit sich und der Welt ausdrücken. 2012 gründeten sich Close Talker in der kanadischen Provinzstadt Saskatoon aus einer Hochzeits-Coverband heraus. Auf ein wenig beachtetes Debüt folgte das von Kritikern gelobte 2015er-Album »Flux«, das den Musikern auch Aufmerksamkeit in Europa bescherte. Zwischen »Flux« und der neuen Platte »Lens« heirateten zwei Bandmitglieder, das Trio ersetzte seinen ausgestiegenen Bassisten durch einen Pedal Bass und entwickelte aus dem rohen, teils gekünstelten Sound des Zweitwerks tiefe, atmosphärische Melodien, die eine universelle Glückseligkeit transportieren. Mit Referenzen zu allerlei Indie-Künstlern und minimalistischen Experimenten erschufen die Musiker ein fein produziertes Album, das eine gelungene stilistische Entwicklung abbildet. Leichte Songs wie »Afterthought« und »Hold up, Rewind« erinnern mit klangstarken Gitarren und Groove-Elementen an reduzierte Glass Animals. Möglicherweise ist die LP eine Spur zu glatt, es mangelt an Brüchen und einem richtigen Hit. Aber in solch turbulenten Zeiten kann man sich auch an einem schlichten Werk vollkommener Harmonie erfreuen. Alena Struzh

Dark Sky Othona Monkeytown / Rough Trade

Eine Harmonie komplementärer Einflüsse: Dark Sky zelebrieren auf ihrem Zweitwerk Ambient-Techno für Träumer. Einschlafen möchte man dabei aber nur selten. Hörbar war der Hang zum Haptischen bei Dark Sky schon seit ihren ersten EPs auf 50Weapons. Techno und Dubstep produziert

das Duo aus London ebenso luftig-locker analog auf Sampler und Mixer wie UK Bass oder Downtempo. Für »Othona« wurden Matt Benyayer und Tom Edwards vor allem von Fotoaufnahmen und Field Recordings inspiriert, die sie in weitläufigen Landschaften im Osten Englands aufnahmen. So durchzieht eine eher ruhige Tonalität das Album, obwohl die beiden auf der vorangegangenen »Kilter/Acacia«-EP zwei treibende Tech-House-Nummern abgeliefert hatten. Beats und Texturen sprechen zwar auch auf »Othona« Maschinensprache, doch atmosphärisch verläuft alles sehr human, phasenweise fast schon sehnsüchtig. Vielleicht ist es die Sehnsucht nach einer besseren Welt, nach Gemeinschaft, die vielen von uns fehlt. Vielleicht aber auch einfach die Vorfreude auf entspannte Sommerabende mit Freunden am See. »Othona« nutzt die Ästhetik der Entschleunigung, die ebenso melancholisch wie hoffnungsvoll klingen kann, um der warmen Jahreszeit einen passenden Soundtrack zu schenken. Nils Schlechtriemen

Day Wave The Days We Had Harvest / Caroline / Universal / VÖ 05.05.17

Jackson Phillips alias Day Wave surft lässig auf den Harmonien der Beach Boys und den Melodien von Dream-Pop-Acts wie DIIV oder Wild Nothing. Day Wave ist Jackson Phillips’ Soloprojekt: Er hat Gitarre, Bass und Schlagzeug eingespielt und auch noch selbst produziert, zusätzliche Unterstützung erhielt er von Toningenieur Mark Ranken, der bereits für Adele oder Bloc Party an den Reglern saß. Dessen letzter Schliff führt nun aber dazu, dass der knarzige Charme vergleichbarer Dream-PopKünstler wie zum Beispiel Beach Fossils oder The Drums verloren geht. Bei jenen gibt es viel von der berüchtigten »Summertime Sadness«, bei Day Wave erscheint die Melancholie dagegen nur noch in dem kümmerlichen Schatten eines perfekten Strandtags. Die Songs auf »The Days We Had« sind eingängig, melodieverliebt und harmlos wie ein Federballspiel. Diese Leichtigkeit macht das Album wiederum auch sehr sympathisch: Hier wird nicht verbissen gekämpft, sondern das Spiel bleibt ein Spiel, bei dem man auch gerne mal den Ball verlieren darf. Aufgefangen wird er sowieso irgendwann wieder in einem gesponnenen Netz aus elektronischer Wärme und poppigen Melodien. Der Sommer kann kommen, und die Traurigkeit darf sich ruhig im Schatten ausruhen. Kerstin Kratochwill

Mac DeMarco This Old Dog Captured Tracks / Cargo / VÖ 05.05.17

Mac DeMarco nutzt auf »This Old Dog« mehr Synthesizer und akustische Gitarren. Ansonsten entwirft er immer noch die entspanntesten Songkulissen, die sich denken lassen. Die Musik von Mac DeMarco hat im Vergleich zu anderen popkulturellen Entwicklungen einen entscheidenden Vorteil: Sie


#Review ist so originär, dass der Protagonist immer herauszuhören ist. Dabei schlägt er gar keine neuen Wege ein: Es ist das Feeling, dieser ganz spezielle Vibe, der die Musik von Mac DeMarco definiert und sie besser werden lässt als die der Konkurrenz. Die gegen den Wind gebürsteten Dengel-Gitarren sind auch auf seinem neuen Werk wieder vertreten, allerdings schleichen sich diesmal viele Synthesizer ein, auch ein Piano ist zu hören, und insgesamt hat der Musiker die Anzahl akustischer Gitarren deutlich nach oben geschraubt. »This is my acoustic album, but it’s not really an acoustic album at all. That’s just what it feels like, mostly. I’m Italian, so I guess this is an Italian rock record«, erklärt er. Die Platte ist wieder tiefenentspannt, mit dem Unterschied, dass sie abwechslungsreicher und dadurch möglicherweise noch haltbarer als seine letzten geworden ist. »One More Love Song« geht im Mac-DeMarco-Universum fast als Gospel durch, in »The Wolf Who Wear’s Sheep Clothes« führt eine zarte Mundharmonika durch die Szenerie. Mit diesen Songs darf der Sommer gerne kommen. Kai Wichelmann

Desperate Journalist Grow Up Fierce Panda / Cargo

Mit dem Mut zur Verzweiflung: Der Dunkelkammerpop des Londoner Quartetts bedient sich aus einem vollen Referenzbaukasten, bleibt aber immer verdammt cool. Wie bei jeder anständigen DesperateJournalist-Rezension sollte man zu Beginn obligatorisch den The-Cure-Namensbezug abhandeln. Done! Selbstredend erwartet man bei einem derart offenkundigen Bandnamen sicher keine Future-Soul-Platte, aber ganz so vorhersehbar ist die Band um Frontfrau Jo Bevans dann doch nicht. Schließlich klingt das letzte Spoon-Album ja auch nicht durchgängig nach Can. Zu den Fakten: »Grow Up« wäre auch schon vor 30 Jahren gelobt worden, wächst aber locker über die reine Zitatebene hinaus. Sicher bewegen sich Desperate Journalist im Windschatten hochkonjunktureller Shoegaze-Ikonen wie Ride oder Slowdive, dazu ein paar The-Cure-Bassläufe und eine Portion von Morrisseys Melodieverliebtheit. Das haben The Organ 2004 zwar auch schon so durchdekliniert, den Briten gelingt es aber mühelos trotz selbst verschuldeter Referenzlast, eine deutliche Eigenständigkeit ins Jahr 2017 herüberzuretten. Bevans Vocals konterkarieren in ihrer erfrischenden Vitalität die latente Wave-Melancholie, »Hollow« klingt dabei wie eine zahmere Savages-Version mit Pop-Esprit. Das gedimmte »Lacking In Your Love« hat zarte Gothic-Anleihen, und »Purple« kommt mit deutlichen PostrockVerweisen um die Ecke. Nicht nur die Bescheidwisser auf der Insel dürfen Desperate Journalist daher zu Recht abfeiern. Auf jeden Fall kein Grund zu verzweifeln. Thorsten Streck

Diverse The Bob’s Burgers Music Album Sub Pop / Cargo / VÖ 12.05.17

Fans der US-Zeichentrickserie »Bob’s Burgers« dürfen sich freuen: Seit Jahren fordern sie den Soundtrack des gefeierten Comedy-Formats, der jetzt endlich auf CD und Vinyl erscheint. Keiner anderen Animationsserie haben wir zuletzt derart viele magische Musikmomente zu verdanken wie »Bob’s Burgers«. Songs wie »Electric Love« oder Lindas ThanksgivingHymne »Pass The Cranberry Sauce« haben sich unauslöschlich in das Gedächtnis der stetig wachsenden Fangemeinde der USCartoon-Serie gebrannt, die nicht wenige Kritiker für den einzigen legitimen Nachfolger der Simpsons halten. Vor allem bei Indie-Musikern steht die Serie hoch im Kurs: The National, St. Vincent oder The Magnetic Fields – sie alle coverten sich in der Vergangenheit mit viel Charme durch das musikalische Repertoire der schrulligen Zeichentrickserie, die seit 2011 beim US-Kabelsender Fox ausgestrahlt wird und vor allem für ihre schrägen Musical-Einlagen bekannt ist. Nur logisch, dass sich Sleater-Kinney für ihr Comeback die Belcher-Kids für eines ihrer Musikvideos schnappten. Der heimliche Star der Serie ist aber die eigens dafür komponierte Originalmusik, die oftmals genauso voller seltsamer Einfälle steckt wie die liebevoll überzeichneten Charaktere. Unvergessen: die von Cyndi Lauper eingesungene Goonies-Parodie »Taffy Butt«, die bis heute zu den Höhepunkten der Serie zählt. Und wer hat sich noch nicht dabei ertappt, die hemmungslos eingängigen Songs der Boyband-Persiflage Boyz 4 Now mitzusummen? Auch das von Serienschöpfer Loren Bouchard auf der Ukulele eingespielte Intro darf auf dieser umfassenden Compilation natürlich nicht fehlen, die mit 107 Titeln (inklusive etlicher Gastauftritte von Comedians wie Sarah Silverman oder Aziz Ansari) wirklich keine Wünsche offen lässt. Katja Peglow

DJ Hell Zukunftsmusik International Deejay Gigolo / VÖ 28.04.17

Der alte Mann und das Mehr: DJ Hell geht auf seinem neuen Album klanglich und bedeutungsmächtig in die Vollen. DJ Hell war in der jüngeren Vergangenheit eine meist etwas unter dem Radar laufende Künstlerpersönlichkeit, zumindest hierzulande. Während er international sehr geachtet ist, was sich auf der letzten LP »Teufelswerk« in Features mit Bryan Ferry und P. Diddy ausdrückte, weiß hier zwar jeder, wer Hell ist, aber den großen Ruhm hat er nicht eingefahren. Das möchte er mit seinem neuen Werk »Zukunftsmusik« ändern. Dementsprechend wurde für die erste Single »I Want U« Tom of Finland, der für seine Fetisch- und GayZeichnungen bekannt ist, als Videoregisseur engagiert. Hell möchte es noch mal wissen und an die großen Tage der Munich Disco anschließen. Das Erbe dieser Ära um das Jahr 1980 war schon immer treibende Kraft in seinem Werk. Er will quasi rückblickend in die Zukunft segeln und denkt dabei an Walter Benjamins »Engel der Geschichte«. Und so, wie dieser Engel vom Sturm, den man Fortschritt nennt, mitgerissen wird, so reißt auch die »Zukunftsmusik« mit. Der Blick fällt auf Giorgio Moroder, aber auch auf Tangerine Dream, auf die Entschiedenheit des Punk und die überwältigende Kraft des frühen Techno. Dabei klingt kaum ein Produzent so gegenwärtig wie DJ Hell. Jugendkultur aufgesaugt in einen nicht mehr ganz jungen Körper (auch wenn sich Hell immer bewusst jugendlich gibt). Für den Mainstream bleibt das wohl

weiter zu sperrig, kann aber mit Stars wie Daft Punk mithalten. Lars Fleischmann

Drake More Life Republic / Universal

Drake erhebt die Playlist zur Kunstform und reüssiert auch damit. Nur ein durchgezogenes Albumkonzept will ihm nach wie vor nicht einfallen. Bisher war eine Playlist dem allgemeinen Verständnis nach eine lose, individuelle Zusammenstellung von Songs, die man aus unterschiedlichsten Zwecken eben »abspielt«. Doch dann kam Drake und hat diese Listen zur Kunstform erhoben. Oder würde er selbst in der Beurteilung gar nicht so weit gehen? Sein ansatzlos veröffentlichtes »More Life« wird von ihm jedenfalls als Playlist und eben nicht als Album oder Mixtape bezeichnet, und vielleicht ist es auch nicht mehr als das: eine unwillkürliche Sammlung von Fingerübungen, Kollaborations-Sessions, Jams und unfertigen Ideen. Dies soll aber gar nicht so negativ verstanden werden, schließlich kann der kanadische Musiker sich das leisten: Mit ihm will jeder künstlerisch rummachen, er könnte sogar Körpergeräusche veröffentlichen, und die Fans würden ihm die Ergebnisse aus den Händen reißen. Ganz so eigensinnig hat er sich für »More Life« natürlich nicht verhalten, sondern einfach seinen Stiefel durchgezogen: Das Werk ist ellenlang und voll mit circa halbfertigen Tracks, die aber natürlich trotzdem das Ausnahmetalent Drakes durchscheinen lassen. Die Liste seiner Gäste ist beim besten Willen nicht mehr zu überblicken, und genauso verhält es sich mit den von ihm beackerten Stilen: Alles, was sich irgendwie mit R’n’B, Soul oder Electro in Einklang bringen lässt, ist vertreten, und auf konsequent zu Ende gedachte Songstrukturen gibt Drake auch keine müde Mark mehr. Aber das ist schon okay, die Playlist läuft gut durch, und vielleicht ist »Passionfruit« am Ende des Jahres ja doch wieder der Zufallshit, auf den sich alle einigen – oder eben ein anderer der 22 Tracks. Nur ein Zweifel bleibt: Der AlbumMeilenstein, den Drake alle zutrauen, ist auch »More Life« nicht. Christian Steinbrink

einzufangen versucht. Meistens allerdings nimmt sich der junge Schwede auf »Ashes« zurück, unterstützt seinen klaren, sonoren Gesang mit einem Gitarren- und Klavierspiel, das zwischen Genre-Kollegen wie Keaton Henson auf der einen und Explosions In The Sky in ihren seichteren Momenten auf der anderen Seite changiert. Da ist keine Note, kein Wort zu viel. Auf diese Weise erschafft Ekenstam eine ungeheure emotionale Dichte, die dadurch (und durch ihre makellos klare Produktion) aber an manchen Stellen auch schon wieder etwas kalkuliert wirkt. So ist »Ashes« zugleich warm und kühl, lebendig und steril – eben ein bisschen wie Blut, das durch eine Maschine fließt. Jan Martens

Fazerdaze Morningside Grönland / Rough Trade / VÖ 05.05.17

Eine warme Brise aus Neuseeland: Zwischen Schlafzimmer und Garage sind Fazerdaze die zweite Generation des Dunedin-Sounds. Der Beitrag Neuseelands zur Entwicklung des Indie-Rock wird tendenziell vergessen. Dabei ist vor allem die kalifornische Szene um Ty Segall oder Wavves gar nicht ohne den Dunedin-Sound von Gruppen wie The Chills oder The Clean denkbar, die in den 1980ern Velvet Underground und Postpunk mit einem verspielten DIY-Lo-Fi-Ethos zusammendachten. Das wichtigste Label dieser Ära: Flying Nun Records. Genau dort erscheint 30 Jahre später auch der Bedroom-Garage-Pop von Amelia Murray alias Fazerdaze. Nur für Europa hat sie ein anderes Label gefunden. Und auch wenn das hier kein Album ist, das nach bloßer Traditionsarbeit klingt: Passend ist es dennoch, dass die Neuseeländerin ihr Debüt auf Flying Nun veröffentlicht. ShoegazeGitarren, Jingle-Jangle-Indie, Melodien und Hall geradewegs aus der Phil-Spector-Schule – die 1960er und die 1990er begegnen sich in Murrays Sound recht selbstverständlich, und via Artverwandtem wie Best Coast, Dum Dum Girls und Vivian Girls auch die 2000er. Wobei Fazerdaze weniger Rock-RauschMauern baut, wesentlich ohrwurmiger ist und Pop-Schlagseite auch ohne Harmoniegesang offensiv im Vordergrund steht. Dass Murray das Rad damit nicht neu erfindet, ist fast ein Qualitätsbeweis: »Morningside« ist schlicht eines jener perfekt sympathischen, melancholisch-euphorischen Alben, die alle paar Sommer einmal auftauchen und sofort eine warme Brise Meeresluft um die Ohren wehen lassen. Steffen Greiner

Albert Af Ekenstam Ashes Kning Disk / Cargo

Die Szene, wenn es in Albert Af Ekenstams Video zu »Made Of Gold« aus dem Telefonhörer blutet, kommt ähnlich wie die Musik des Singer/Songwriters selbst rüber: präzise, wirksam und überdeutlich – aber lange nicht so eindringlich wie live. Zu Recht galt Albert Af Ekenstam als einer der Geheimtipps des diesjährigen Eurosonic Festivals, bei dem er den Eindruck vermittelte, als wolle er allein Bands wie The National oder The Slow Show obsolet machen oder zumindest zeigen, warum diese ruhig wieder Noise-Gewitter in ihre Songs einbauen sollten. Am besten ist »Ashes« konsequenterweise dann, wenn das Album wie etwa im ausufernden »Angel Liz« diese Energie

Feist Pleasure Polydor / Universal / VÖ 28.04.17

Die kanadische Singer/Songwriterin Feist legt ihr neues Album »Pleasure« vor. Anders, als der Name vermuten lässt, klingt es kantiger als der Vorgänger »Metals«. In Minute vier des achten, rockigen Stücks »Century« auf Leslie Feists neuem Album hört man im Break plötzlich Jarvis Cockers Sprechgesang. Das Auftauchen des PulpFrontmanns ist in gewisser Weise logisch, denn Feist war immer schon eine sehr soziale

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#Review Künstlerin, die ihre Kollaborationen mehr auf persönliche Verbindungen denn auf künstlerische aufbaut, und Jarvis Cocker hat bekanntlich gerade mit ihrem alten Freund Chilly Gonzales aufgenommen – was liegt da näher, als etwas zusammen zu machen? »Persönlich« ist auch das Attribut, das sich mit der Musik von Feist am ehesten in Verbindung bringen lässt. Wie eine alte Freundin, die man nicht häufig trifft, dann aber immer sofort wieder ins Herz schließt, alte Geschichten austauscht und bis in die Morgenstunden zusammensitzt. Diese Vertrautheit birgt die Gefahr der Wiederholung, und tatsächlich ist nicht alles neu und glänzend auf »Pleasure«. Ganz im Gegenteil zeigt sich die alte Freundin Feist von ihrer rauesten, unbearbeiteten Seite: Es knistert der Verstärker, es hallt die Stimme, es quietscht die Gitarrenseite, insbesondere auf den Balladen des Albums. Viele der Melodien kommen seltsam bekannt vor, die Tonlagen vertraut, die Rhythmen alltäglich. Doch das ist es eben mit engen Freunden: Manchmal weiß man nicht mehr, ob etwas ihre Persönlichkeit ist, eben typisch Feist, oder die alte Routine, die gemeinsame Geschichte. In der wohligen Umarmung verschwimmen das Innen und das Außen. Henje Richter

Fujiya & Miyagi Fujiya & Miyagi Impossible Objects Of Desire / H’art

Fujiya & Miyagi erinnern schwer an Kraftwerk, tappen jedoch nicht in die Retrofalle, sondern entwickeln für ihre synthetischen Symphonien eine intelligente Mixtur aus Disco, Electro und Pop. Magnesium, Serotonin und Adrenalin sind die Begriffe, die dem Hörer zu Beginn des selbstbenannten sechsten Fujiya & MiyagiAlbums wie bei einem »Tour De France«-3DKonzert Kraftwerks entgegenfliegen. Bei den Briten tanzen die Roboter jedoch nicht ganz so diszipliniert, und trotz ihrer 20-jährigen Karriere ist von einer Musealisierung des Werks auch nur wenig zu spüren. Die Songs sind lebendige, versponnene elektronische Gebilde voller Energie, und der Groove atmet den Geist des treibenden Krautrock – womit wir wiederum bei den Anfangszeiten von Kraftwerk angelangt wären. Auch bei Fujiya & Miyagi ist deren Experimentierphase die Grundlage für ihre Synthie-Pop-Hymnen, die zuweilen sogar an die Kühle einer Anne Clark erinnern oder auch an die Wärme der Hits von Hot Chip. Dass schließlich einer der Tracks »Synthetic Symphonies« heißt, erscheint nur folgerichtig, denn Fujiya & Miyagi brauen hier unter dem Zischen und Blubbern der Synthesizer ein künstlich hergestelltes geschmackssicheres Instrumental-Meisterwerk zusammen, das man nur zu gerne auf der Tanzfläche genießt. Kerstin Kratochwill

Gas Narkopop Kompakt / Rough Trade

Zeit ist auch nur eine Dimension: Wolfgang Voigt zelebriert die schier endlos dauernden 17 Jahre seiner Abwesenheit als Gas.

Wie kaum ein anderer hat Wolfgang Voigt Techno und Ambient geprägt. Und vielleicht ist tatsächlich Gas das wirkungsmächtigste Pseudonym seiner langen Liste an Aliasen und Künstleridentitäten. Zuletzt durfte man sich 2008 über sein Werk »Nah und fern« freuen, das als Riesen-Edit die vier vorangegangenen Alben vorstellte, teils verfremdet, teils naturbelassen. Aber seitdem sind auch schon wieder neun Jahre vergangen. Die Erwartungen, die sich währenddessen aufschichteten, kann Voigt mit »Narkopop« nun tatsächlich erfüllen. Er schafft es gar, diese Erwartungen samt der Wartezeit in dem Album zu kondensieren. Zeit ist schon immer ein Motor seiner Musik gewesen: Zeit vergessen zwischen den Loops aus seinen klassischeren Werken. An Zeit zu erinnern, in den Referenzen auf die deutsche Geschichte. Zeit gewinnen, möglichst viel Inhalt auf kürzeste Zeit komprimieren. Er bewegte sich immer zwischen den Polen meditativer Reflexion und konkreter Wahrnehmung. Der deutsche Wald, der in seinen Tracks schon immer bewandert wurde, findet sich auch hier wieder. Doch scheint er sich verändert zu haben. Es wummert, es keucht, es knarzt. Die Tiere sind unruhig. Die grünen Blätter sind teilweise welk, andere strahlen grüner, als sie sollten. Hinter dieser ausufernden Wolke aus Ästhetik tut sich auch Politik auf. Den Wald kann man nur noch narkotisiert erfassen. Bedenken muss man haben. Voigts Loblied auf den deutschen Wald und seine (auch missbrauchte) Bedeutung hat sich zu einer düsteren Fantasie entwickelt: Zaghafte Pflänzchen stehen nicht mehr für Aufbruch, sondern für Zerbrechlichkeit. Mich gruselt es in diesem Wald. Und deswegen ist »Narkopop« ein Meisterwerk der Darstellung unserer Zeit. Eine Aufforderung zum Widerstand gegen die kalten Kräfte, die da lauern. Lars Fleischmann

Gorillaz Humanz Parlophone / Warner / VÖ 28.04.17

Damon Albarn beweist sich im Kreise seiner Comic-Charaktere erneut als Meister der Kollaboration und stellt den von Jamie Hewlett erschaffenen 2D, Murdoc, Noodle und Russel eine Armada aus alten und neuen Helden an die Seite. 2018 könnten die Gorillaz ihr 20-jähriges Bandjubiläum feiern. Und eigentlich würde es dem Humor ihrer Schöpfer entsprechen, wenn ein von Hewlett gezeichneter Clip erzählt, wie sie plötzlich um mehrere Dekaden gealtert sind und zur großen »Pensionerz«Platte einladen, featuring Mick Jagger, Roger Waters und Neil Young. Aber nein, die Gorillaz altern nicht – und wenn sie eine Platte machen, dann knallen sie das Ding mitten in die Jetztzeit. Oder in die ganz nahe Zukunft, wenn sie mit Popcaan in »Saturnz Barz« einen Sound bringen, der klingt, als würde er erst – sagen wir – im Frühjahr 2018 auf die Eins gehen. »Humanz« mit seinen 15 Songs und fünf Zwischenspielen wirft all jenen, die den Gorillaz in erster Linie aus Albarn-Verehrung anhängen, jedenfalls kaum Rettungsringe zu. Im Gegenteil: Ein ClubBanger wie »Momentz« mit De La Soul oder ein funky Stil-Bender wie »Sex Murder Party« mit Jamie Principle und Zebra Katz dürfte Blur-Fans alter Schule nachhaltig verstören. Im Intro-Gespräch meinte Albarn, »Humanz« solle den Blick auf die Menschlichkeit in absurden Zeiten thematisieren, gleichzeitig solle man es sich aber auch gern anhören wollen. Dieses Arbeitsziel haben die Gorillaz eindrucksvoll erreicht: Selbst wenn ein roter

Faden nur in den Lyrics und der visuellen Umsetzung auszumachen ist und »Humanz« wie ein irre gutes Mixtape klingt, das die Freude am Stilbruch zelebriert, macht es von Anfang bis Ende einen Höllenspaß – am Ende gar besonders, wo man erst mit Benjamine Clementine »Hallelujah Money« gospelt und dann mit Chor, Damon und Jenny Beth von Savages irre lachend in die Luft springen will, um ihr finales hippieskes Pop-Mantra mindestens bis zur Apokalypse mitzusingen: »We got the power to be loving each other no matter what happens!« Daniel Koch

Joe Goddard Electric Lines Domino / GoodToGo

Hot-Chip-Mitglied und Greco-RomanLabelgründer Joe Goddard spielt auf seiner zweiten Solo-LP eingängigen HousePop. Sehr eingängig, sehr poppig, sehr massentauglich. Hot Chip hatten nie ein Problem damit, gefällig zu klingen. Doch was bei der Truppe um Joe Goddard und Alexis Taylor elektronische Popmusik mit künstlerischem Touch war, bleibt bei Goddards Soloveröffentlichungen immer mehr in zwar abwechslungsreichem, aber letztlich doch klischeehaftem Mainstream-House stecken. Vielleicht tut man ihm damit unrecht, denn die Songs auf »Electric Lines« wirken nie so, als wollten sie mehr sein als das, was sie sind. Der Mann weiß ganz klar, wie man Songs baut. Und eigentlich hatte es mit »Gabriel« im Jahr 2011 alles auch so vielversprechend angefangen: Der mit der Sängerin Valentina aufgenommene Track war, zugegeben, gefällig, er hatte aber auch Ecken und Kanten und vor allem einen sautrockenen Beat, der die zuckrige Süße grundierte. Inzwischen scheint Goddard vollauf damit zufrieden zu sein, Wohlfühlmusik zu machen – super produziert und voll verlässlicher Hooks, Track-Strukturen und Synthie-Läufen aus dem Pop-Himmel. Wer jedoch mehr will als Boutique-Beschallung, Pool-Party-Animation oder Ladies-Night-Tunes, sollte besser auf die nächste Hot-Chip-LP warten. Henje Richter

Hoops Routines Fat Possum / Al!ve / VÖ 05.05.17

Die zwei Minuten der Single »Rules« reichen, um sich in Hoops zu verlieben. Gleichzeitig reichen sie nicht, denn man will mehr von dieser sommerlich verträumten Popmusik. Die gibt es auf dem dazugehörigen Album. Hoops sind vier Jungs aus Indiana, die eigentlich keine Ahnung hatten, wie man Musik schreibt, geschweige denn spielt. Dafür hatten sie aber eine recht präzise Vorstellung davon, wie ihre Musik klingen sollte. Also gingen sie den klassischen Schulband-Weg: verhunzte Auftritte, erste eigene Songs, Aufnahmen in Kellern und Wohnzimmern – bis zu dem Punkt, an dem ihr Demo über die Grenzen von Indiana hinaus bekannt wurde und ihnen ein Plattendeal angeboten wurde. Das Ergebnis ist ihr Debütalbum »Routines«,

auf dem sie sich soundtechnisch so austoben, wie sie es sich vorgestellt haben: ein warmer, melodischer Dream-Pop, dessen Stimmung sofort mitreißt. Getragen von tollen Gitarren und abwechslungsreichen, aber nie zu komplexen Rhythmen, schweben die Stimmen der Hoops über allem. Die vier Musiker sind alle mal Frontmann, mal Sidemann, ihre Prämisse ist Song-Dienlichkeit, anstatt sich selbst in den Vordergrund zu spielen. Das tut dem Album gut. Bis jetzt definitiv eines der Debüts des Jahres! Philipp Röttgers

Ho99o9 United States Of Horror Caroline / Universal / VÖ 05.05.17

Ho99o9, Teufelszeichensprache für »Horror«, gründen ihren eigenen Staat – und dulden dort keine Kinkerlitzchen. »If you want peace, you gotta understand you gotta be ready for war.« Die Zeile aus dem Titelsong des Debüts von Ho99o9 könnte der Subtitle einer Platte sein, die voller Wut, voller Kraft und voller Krach daherkommt. Das Duo aus New Jersey machte bis dato noch den fleißigsten Genrebezeichner sprachlos: Punk, Hardcore, HipHop, Crossover, Dubstep – das sind grob die musikalischen Pfeiler von theOGM und Yeti Bones. The Prodigy in Konsequenz, die bösen Zwillinge der MotownDynastie. Vorbei sind die Zeiten der netten Protestsongs, des lieben Händereichens, der Suche nach Liebe als Antrieb zur Besserwerdung. Ho99o9 sind wütend und bereit, in den Krieg zu ziehen. Es wird gestöhnt, gerülpst, gekrächzt, gerappt, geschrien, unablässig geschrammelt und gehasst. Es wird geschimpft und verdammt und beschworen – und immer wieder ausgerastet. Ziel der Mission sind Anarchie und Frieden, deren Szenesymbole neben einem Kreuz-Messer, an dem ein heulendes Baby hängt, auch auf Ho99o9s Cover prangen. Doch bis es so weit ist, liegt hier der Soundtrack für den Kampf gegen Arschlöcher bereit. »If you stand for some put your fist in the air. If you stand against police brutality, racism, government oppression, motherfuckers abusing their power.« Ja, man. Paula Irmschler

Kasabian For Crying Out Loud Columbia / Sony / VÖ 05.05.17

Nicht nur in ihrer Heimat Großbritannien haben sich Kasabian längst in den Olymp moderner Rockbands gespielt. Diesen Status können sie mit »For Crying Out Loud« untermauern. Kasabian-Gitarrist Sergio Pizzorno hatte angekündigt, dass sich die sechste Platte seiner Band wieder deutlicher an OldschoolGitarrenrock orientieren würde, nachdem die Vorgänger »Velociraptor!« und »48:13« sehr experimentierfreudig und mit prägnanten Elektronik-Anleihen dahergekommen waren. Eingehalten hat er dieses Versprechen nicht ganz, auch »For Crying Out Loud« bedient sich wieder verschiedenster Genres und Klänge. Doch insgesamt erinnern Kasabian darauf tatsächlich wieder mehr an alte, rockigere


ZIEGENBLUT & MÖTÖRÖL MIT CARSTEN SCHUMACHER

In dieser Kolumne: Woodie Guthrie, ein Space-Käfer, mesopotamische Spiritualität, Flagellanten-Züge und die Endzitze. Es geht also wie immer um Metal (oder Ähnliches).

Falls im Kreuzworträtsel mal nach »Kanadische Black-Metal-Band mit zwei Accents aigu, einem Accent grave und lateinischen EP-Titeln« gefragt wird, hätte ich einen Tipp: Délétère aus Québec erfüllen alle Anforderungen mit links! Thematisch eng an das Debüt »Les Heures De La Peste« geknüpft, beginnt »Per Aspera Ad Pestilentiam« (Sepulchral) direkt mit einem Geißler- oder Flagellanten-Zug (genau konnte man das nicht hören), bevor der atmosphärische und dennoch raue Reigen seinen Lauf nehmen kann. Wüst, düster und nach kompakten 26 Minuten vorbei, ohne zu langweilen. Zum Kontrast schnell Me And That Man aufgelegt. »My church is black, my Christ is cold«, singt Behemoths Nergal direkt im ersten Song, als würde er den Faden aufnehmen wollen. Der Kontrast liegt hier eher in der Musik, denn den Song hätte auch Johnny Cash singen können. Oder Nick Cave. Oder Depeche Mode, kurz nachdem sie »Personal Jesus« gespielt haben. Die »Songs Of Love & Death« (Cooking Vinyl) des Duos Adam »Nergal« Darski und John Porter spielen dunklen Blues und Americana bis an die Voodoo-Grenze und absolut überzeugend. Schönes Ding! Von da ist es nur ein verhältnismäßig kleiner Schritt zu Woody Guthries »This Machine Kills Fascists«, denn ganz ähnlich klingt »Just Say No To The Psycho Right-Wing Capitalist Fascist Industrial Death Machine« (Rocket), der Albumtitel des Salforder Noise- und Krautrock-Kollektivs Gnod. Die Künstlerkommune richtet sich damit gegen das immer fiesere soziopolitische Klima und die Zerstörung von Liberalismus und Gleichheit durch das Establishment in Reaktion auf den Vertrauensverlust der Öffentlichkeit in das etablierte System. Was soll man sagen? Endlich haben wir mal was von dieser beschissenen Entwicklung! Auf der anderen Seite: Wenn schon alles vor die Hunde geht, kann man die Welt auch den vom Gehörnten besessenen Ziegen überlassen, die Songs wie »Goats In A Throne Room« oder »Endzitze« schreiben. So geschehen auf Milking The Goatmachines neuem, zu Gold gesponnenem Stroh »Milking In Blasphemy« (Noiseart). Wer hat da Ziegenkäse gesagt? Das neue Material der thrashigen Death-Grinder hat durchaus Stallgeruch, tendiert aber hie und da auch auf die dunkle Seite der Metal-Alm. Und wo wir schon mal hier sind, können wir uns auch in Sachen Kosmologie, esoterischer Doktrin und antiker mesopotamischer Themen durch das atmosphärische Black-Metal-Duo Digir Gidim informieren lassen, das auf seinem Debüt mit dem wahrscheinlich auf einem Missverständnis beruhenden Titel »I Thought There Was The Sun Awaiting My Awakening« (ATMF) in diesen Themenbereichen ordentlich vom Leder zieht. Sänger Lalartu (man kennt ihn von Titaan) und Multiinstrumentalist Utanapištim

Ziusudra (wer mit solchem Namen antritt, ist besser Multi-Irgendwas) widmen sich dabei aber weniger der mesopotamischen Historie wie Melechesh oder Nile, sondern eher der Spiritualität und kulturellen Vision der alten Hochkultur im Zweistromland. Es gibt viel zu erzählen und dafür nur vier Lieder, woraus sich dann eine Länge von mindestens elf Minuten ergibt, in der man keinen klassischen Songaufbau erwarten darf. Es wird gefaucht, geflüstert, geblastet, im Chor gesungen und dissonant querfeldein gelaufen. Ist wie bei Opern: Wer hier keine Geduld hat, sollte den Abend lieber in der Karaoke-Bar verbringen.

Kein Ding, wir können uns auch kurz bei Nap erholen. Die Band gibt sich auf »Villa« (Noiso-lution) äußerst spielfreudig und nimmt uns mit auf eine instrumentale Zeitreise im Bereich des Psychedelic Rock, was mal nach frühen Monster Magnet und mal nach den originalen 1970ern (Hawkwind, Krautrock) klingt. Okay, es gibt kleine Ecken, in denen gesungen wird, das aber eher selten und mit Verweis auf eine Stoner-Affinität, die noch on top käme. Doch allen Effekten und Drug-Culture-Assoziationen zum Trotz sind die Songs keinesfalls nur selbstverliebtes Gedudel, sondern Ausdruck einer verspielten Unberechenbarkeit. Nimmt man von hier den Zug Richtung Ambient, käme man wohl ungefähr bei Horte raus, deren Debüt »Horte« (Svart) eine Art free conscious atmospheric drifting of doom and romance zu sein scheint. Über einer mysteriösen Sound-Landschaft knapp hinter der Grenze zu Shoegaze-Land fliegt eine Frauenstimme, die mal träumend, mal trippy bis halbtransparent über der Musik floatet. Eine zu Selbstfindungszwecken überaus geeignete Platte, die sich bestimmt auch auf Vinyl zu kaufen lohnt. Jetzt noch flink als schneller Kontrast zum Lightning-Bolt-Bassisten Brian Gibson und seinem Game-Score »Thumper« (Thrill Jockey) zum gleichnamigen Spiel. Gibson hat selbst mit daran getüftelt, was man schon an der Story merkt: Du steuerst einen Space-Käfer, der in eine Konfrontation mit einem verrückten Riesen-Kopf aus der Zukunft schlittert. Das Album taucht hier allerdings nur wegen der Verbindung zu Lightning Bolt auf, denn eigentlich hört man darauf nur megaloman-düsteren Synthesizer-Weltraumschrott. Fuck, wer soll uns denn nun zum Ausklang noch mal verhauen? Da kommen Cinema Cinema mit ihrem vierten Album »Man Bites Dog« (Labelship) wie gerufen. Das Duo aus Brooklyn hangelt zwischen Post-Hardcore, Punk, Noise, Klezmer, Jazz und Hard-Psych hin und her. Und weil während der Aufnahmen auch noch eingebrochen und Equipment gestohlen wurde, hatten auch die damit verbundenen Gefühle Einfluss auf die Aufnahmen. Per aspera ad punk.

Pfingsit2e0n 17 2 . – 5. Jun


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#Review Zeiten. So startet die Platte mit zwei cleanen Pop-Rock-Nummern, von denen vor allem die zweite, »You’re In Love With A Psycho«, sofort ins Ohr geht und sich mit Sicherheit zum nächsten Live-Mitgröler aufschwingen wird. In der Folge kann sich Pizzorno dann nicht wirklich entscheiden, ob das Album nun eher gitarrenlastig treibend (»Twentyfourseven«) oder doch eher poppig seicht (»Wasted«) werden soll, und schweift zudem mit Ausreißern wie dem völlig entkrampft wabernden und zum After-Hour-Schwofen einladenden »The Party Never Ends« oder dem elektronischen, Reggae-lastigen »Sixteen Blocks« in gänzlich andere Sphären ab. Doch zwischen den zwölf Songs, die zusammen einen roten Faden vermissen lassen, wird die große Stärke von Kasabians neuer Platte schließlich doch deutlich: Fast ausnahmslos jeder Song schafft es, bereits innerhalb der ersten Takte zu packen und zum Mitwippen oder sogar Tanzen anzuregen. Und so genießt man am Ende doch jede Minute, fehlende Homogenität hin oder her. Tobias Tißen

Bridget Kearney Won’t Let You Down Signature Sounds / H’art

Bridget Kearney bastelt an großen, eigenen Fußstapfen. Ihr Solo-Debüt »Won’t Let You Down« ist nichts anderes als brillant. Das muss man erst mal schaffen: Mit nur zehn Songs eine Breite erzeugen, dass es einen fast erschlägt. Bridget Kearney tat gut daran, aus dem Schatten des Bassistinnenund Background-Sängerinnen-Daseins in der Gruppe Lake Street Dive zu treten und solo ganz nach vorn zu preschen. Offenbar hat man es hier mit einer großen Musikliebhaberin zu tun, die sich das Beste aus 50 Jahren Musik herauspickt und mit ihrer unvergleichlichen Stimme, einem genialen Songwriting und überbordender Kreativität noch einiges Eigenes draufpackt. Jeder Song auf »Won’t Let You Down« ist ein verdammter Hit. Da gibt es aufputschende Piano-Pop-Songs (»Daniel«), da erinnert es einen plötzlich an 1990er-Radiohits (»Won’t Let You Down«), dann taucht ein 1980er-Moment auf (»Who Are We Kidding«). Es gibt einen Ausflug gen Soul (»So Long«), in Rock-Gefilde (»Love Doctor«) und immer wieder Richtung Beatles (»What Happened Today«). Kearney, die einst den John-Lennon-Songwriting-Wettbewerb gewann, hat hier ein Album kreiert, das locker als Antwort auf Lennons Bitte »Don’t Let Me Down« gelten kann. Eine späte Versöhnung, für die man sehr dankbar sein muss. Paula Irmschler

nach einer Straße in Toronto) dann auch konsequenterweise auf deren nächster Tour die Bühne teilen werden. Und obwohl es Keele im Gegensatz zu jenen erfreulicherweise schaffen, auf ihrem Debütalbum nicht das Intro zu beleidigen, erinnern manch andere Stilmittel (nicht nur) an die Trierer: die Texte zwischen zynischer Rückschau und bissiger Kritik, oft aus der dem Genre fast schon typischen Du-Perspektive erzählt. Oder die nicht immer vollkommen gelungenen Wortspiele (»Nach der Ebbe kommt die Wut«). Nur ganz so kratzig wie viele der Kollegen sind Keele dann doch nicht – dazu sind die Songstrukturen zu sehr an poppigere Landsleute wie Herrenmagazin angelehnt. Gefälligkeit und Eingängigkeit sind aber nicht die schlechtesten Eigenschaften – und dass auf »Gut und dir« kein richtiger Ausreißer dabei ist, entschuldigt dann auch wieder dafür, dass die Anzahl der Songs mit Mixtape-Potenzial auch nicht wirklich größer ist. Jan Martens

Sophia Kennedy Sophia Kennedy Pampa / Rough Trade / VÖ 28.04.17

Sophia Kennedy klingt so souverän, dass man die Hamburger Songwriterin aus Baltimore kaum als Geheimtipp vorstellen mag. Ein euphorisch machendes Debüt. Natürlich klingt Sophia Kennedy ganz anders als ihre Label-Kollegen, aber dass sie auf Pampa Records veröffentlicht, passt trotzdem wundervoll. Schließlich schießt das Label von DJ Koze unter dem Radar der Öffentlichkeit die tollste Musik elektronisch-eingängigabseitiger Pop-Prägung ins Universum. Auf der im letzten Jahr veröffentlichten ersten Label-Compilation hatte Kennedy als Stimme bei Die Vögel nur einen Gast-Spot, zuvor arbeitete sie unter anderem mit Erobique – die andere Hamburger Schule also. Die Berührungspunkte auf ihrem selbstbetitelten Debütalbum, das als Pampas erstes Songwriter-Album gelten kann, liegen weniger im Sound als in einer fröhlichen Verspieltheit. Von Anfang an schlägt dem Hörer Euphorie entgegen. Die Vibes der Platte ähneln denen eines vergessenen Meisterwerks aus der goldenen Ära der Songwriter-Kunst und vertragen sich mit den Kniffen und Klängen des postmodernen Pop bestens. Ganz so, als spielten die tUnE-yArDs mit den Beatles, produziert von Julia Holter. Smarte und gleichzeitig geschmeidige Musik in Vollendung. Der Sound des Sommers 2017 könnte wahrlich schlimmer sein. Steffen Greiner

Keele Gut und dir

Mark Lanegan Band Gargoyle

Rookie / Indigo / VÖ 28.04.17

Heavenly / Coop / PIAS / Rough Trade / VÖ 28.04.17

Schon der Albumtitel von Keeles Debüt lässt vermuten, in welche Richtung sie mit ihrem Indie-Punk wollen. »Gut und dir« gefällt uns trotzdem gut. Und dir? Die Platte nach nichtssagenden Floskeln zu benennen – das kennt man ja schon seit »Eigentlich« und »Irgendwie« von Love A, mit denen sich die Hamburger Keele (benannt

Eine Grabesstimme, die auf elektronischen Sounds und stoischen Beats trotzig tanzt: Wie der Titel bereits verspricht, beschäftigt sich Mark Lanegan auf »Gargoyle« viel mit dem Thema Nacht. Gargoyles sind magische Wesen, die tagsüber ein Dasein als Steinstatuen fristen, nachts aber lebendig werden: Mark Lanegan

scheint sich diesen Chimären verwandt zu fühlen, denn die Songs auf seinem neuen Album sind ebenfalls solche Mischwesen aus taghellen elektronischen Grundlagen für nächtliche Klagelieder, die darüber schweben. Er selbst bezeichnet sein Songwriting als Skulpturenbau, der Bezug zu den Gargoyles ist also durchaus programmatisch zu verstehen. Durch diese musikalische Vorgehensweise ergeben sich eine faszinierende Dynamik und ein mitreißendes Wechselspiel zwischen Finsternis und aufblitzenden Sonnenstrahlen, das man so berührend zuletzt vielleicht nur bei dem späten Johnny Cash hören konnte. Lanegans ruppiger Bariton thront jedoch eher selbstsicher über den funkelnden Songs, die mit düsteren Bässen, rohen Beats und knarzenden Gitarren vorangetrieben werden. So entstand ein beeindruckendes Album, das wie eine melancholische Fahrt durch die Nacht wirkt, bei der man hell erleuchtete Tankstellen links liegen und selbstzufrieden Zigarettenrauch aus dem Fenster wehen lässt. Kerstin Kratochwill

The Legends Nightshift Labrador / Broken Silence

The Legends ziehen abermals aus der Garage auf den schillernden Dancefloor. Bretternde Gitarren werden zu wabernden Synthies. Die schwedische Plattenfirma Labrador ist ein so stilsicheres wie schmuckes LiebhaberKleinod aus dem feschen Stockholm, das bereits seit 1997 die Menschheit mit guter Musik ausstattet. Johan Angergård ist in Personalunion Labelbetreiber, Produzent und Mastermind der Legends. Diese begannen 2003 als melodiös-krachende Garage-Band im 1960er-Gewand, spielten danach mindestens noisigen Krautrock und sind nun dem funkelnden 1980er-Wave-Pop auf den Leim gegangen. Nächtlich hüpfende Synthies laden zu einer Tour durch die Clubs der schwedischen Hauptstadt ein. Durch Eckkneipen und mikrokosmische Pop-up-Clubs führt uns Angergård lässig tänzelnd, ausgestattet mit Vocoder und Stroboskop, als eigenwilliger Guide auf einer Mission: mit Kurzweil und Hedonismus die Welt vor Wladimir Putins, Donald Trumps und Xi Jinpings spaßbefreiter Autorität zu beschützen. Trotz dieser schweren Programmatik ist »Nightshift« ein flauschiger und unbeschwerter Soundtrack für den unerwarteten Besuch der besten Freundin mit Wodka und Salzgurke. Menachim Zwartmann

Levin Goes Lightly GA PS Staatsakt / Caroline / Universal / VÖ 28.04.17

Auf seinem ersten Album bei Staatsakt präsentiert sich Levin Stadler zwischen Wave-Pop, Postpunk und Glam-Rock eigenständiger, aber auch eigenbrötlerischer als bisher. Auf seinem neuen Werk »GA PS« gibt sich Levin Goes Lightly deutlich persönlicher als auf dem Vorgänger »Neo Romantic«. Doch weiß man bei ihm nie so genau, ob er sich den

düsteren Gedankenwelten in seinen Texten nicht doch eher zitathaft widmet. Ebenso unklar ist, ob er die unterkühlten Klangstrukturen seiner an Postpunk und Wave angelehnten Musik vor allem als künstlerische Projektionsfläche begreift. Dass Stadler Modedesign studiert hat, kommt ihm beim Zusammensetzen seiner Sounds offensichtlich zugute. Auch ist eine gewisse Distanz zu seinem Vortrag erkennbar. Distanz und fehlende Nähe sind in seinen Texten sowieso zentrale Themen, genauer gesagt: persönliche Distanz und Einsamkeit im digitalen Zeitalter, in dem gleichzeitig alles so schön miteinander vernetzt ist. »Here comes the sadness, here comes my love, all the digital natives will need no answers! All this magic people!« Stadler scheint sich emanzipiert zu haben, und so klingt »GA PS« mehr nach einem am heimischen Rechner produzierten SoloWerk eines künstlerischen Eremiten als der Vorgänger, der unter anderem Unterstützung am Schlagzeug durch Die-Nerven-Frontmann Max Rieger fand. Die Geschwindigkeit wurde zurückgefahren, jedoch sind die KonservenBeats abwechslungsreicher arrangiert. Der alte Lo-Fi-Charme verblasst mehr und mehr hinter der ausgereiften elektronischen Ausrichtung. Eigenständigkeit gewinnt Stadler vor allem dadurch, dass er sich klanglich zwischen dem experimentell-elektronischen David Bowie und dem depressiv getriebenen Ian Curtis positioniert, als könne er die Lücke zwischen den beiden Überfiguren tatsächlich füllen. Kann er nicht, klar – auch wenn er der Sache in »O’Neill« und »Dizzy Heights II« schon sehr nahekommt. Aber diese Lücke kann wohl niemand füllen, wie bereits der Albumtitel suggeriert. Timo Weber

Little Dragon Season High Because / Warner

Little Dragon haben ihre Sound-Spielwiese aus sehnsuchtsvollen Schmachtfetzen und mondsüchtigen Disco-Tracks nicht verlassen und sich trotzdem künstlerisch weiterentwickelt. Dabei hört man ihnen nur allzu gern zu. Allein schon die Songtitel verraten, was die Synthie-Pop-Schweden Little Dragon auf »Season High« vorhaben: »Celebrate«, »Sweet« oder »Pop Life« deuten darauf hin, dass es leicht und unbeschwert zugehen soll. Die drei Schulfreunde Erik Bodin, Fredrick Källgren und Håkan Wirenstrand erschaffen mit ihrer Sängerin Yukimi Nagano trippelnde Spannung, wohliges Geklimper und verspielte Synthesizer-Elegien. Die für die Band charakteristischen Regenbogensounds stehen oft auffallend hallenden Drums gegenüber. Auch hier sind Little Dragon am besten, wenn sie dynamisch zu Werke gehen: Mit »Butterflies« ist ihnen ein echter SoulKlunker gelungen. Dabei springen sie nicht auf den gerade durchrauschenden R’n’BZug auf und erschaffen eine Intensität, der man kaum entrinnen kann. Auch auf das Soundgerüst ist Verlass: Nils Frahm wäre sicher erfreut über solch spannend geratene analoge Synthesizer-Schichten. In Sachen Vielseitigkeit legt Nagano im Vergleich zum Vorgänger »Nabuma Rubberband« noch eine Schippe drauf: Wenn sie etwa bei »Don’t Cry« in stimmlich ungeahnte Höhen steigt, fühlt man sich sogar an FKA Twigs erinnert. Den Mut zum spielerischen Experiment hat sich die Band bewahrt, und so bleibt sie selbst eine Art halbgeheime Kostbarkeit. Konstantin Maier


#Review

HEIMSPIEL MIT KRISTOF BEUTHNER

Der Frühling ist da und mit ihm neun tolle Platten, die den ersten warmen Tagen genauso gut zu Gesicht stehen wie den noch ziemlich kalten Nächten.

Wenn es mittags warm wird, bekommen wir Lust darauf, draußen zu sein. Als Soundtrack passen dazu Chris Kramer & Beatbox’n’Blues ganz vorzüglich, die auf »On The Way To Memphis« (Blow Till Midnight) eine sehr eigene Version von Bluesrock präsentieren. Die Roots-Gitarre spielt Sean Athens, an der Mundharmonika agiert Kramer selbst, und für die Percussions sorgt – und das ist der Clou – Beatbox-Champion Kevin O’Neal mit dem Mund. Das macht viel Spaß und geht mit einem kühlen Bier an einem warmen Abend im Freien ausgezeichnet einher. Eher beschaulich geht es bei der LischKapelle vom Chiemsee zu. Auf »How We Struggle« (White Chapel) spielen die vier Bayern einen wunderbar harmonischen, bläsergetränkten Folk-Pop, der sich anhört, als träfen Element Of Crime auf die Young Chinese Dogs. Hochgradig harmonisch, äußerst liebevoll und überaus versiert zelebriert das Quartett die Schönheit des Moments und beklagt dessen zwangsläufige Flüchtigkeit mit herrlich dreistimmigem Gesang und angenehm zupackendem PopSchmiss. Wärmt das Herz. Und wo wir bei Beschaulichkeit mit Bläsern – wenn auch hier etwas handfester dargeboten – sind, ist es nicht weit bis zu Von Weiden. Deren »Klang der Provinz« (Kursaal) versteckt seine ländliche Herkunft ganz und gar nicht. Derart sorgsam aufgeschichtete Indie-Folk-Hymnen schreibt man eben am besten mit Blick auf die Weite. Dann nennt man die Songs folgerichtig »Hügelland«, »Direktsaft« (aus regional angebauten Früchten, klar) oder »Mofa« (was wäre man ohne da draußen?) und verfasst Ode um Ode an die lieb gewonnene Heimat, Gott sei Dank ohne Kitsch und falsche Romantik. Tolle Songs mit pittoresken Texten. Ähnliches mutmaßt man auch bei Hermelin und ihrer EP »Tüdelüt« (Pain Of Mind) zu finden, richtig? Au contraire: Hier gibt es einen hörenswerten Mix aus Math- und Postrock, dezent angejazzt, ohne Texte, und das ist vielleicht auch ganz gut so, wenn man sich die Tracklist mit obskuren Titeln wie »Knuffelschock« oder »Raketenheinz« recht besieht. Das hätte zu einer Gaga-Nummer werden können, und das Problem Hermelins wird sein, dass viele das angesichts des illustren Titulierens auch glauben werden und sich erschreckt abwenden. Tut das nicht. Ihr würdet es bereuen. Dadaismus würde man auch bei einer EP erwarten, die »Roekki Zimt« (Oimo Music) heißt. Doch Michi Rieder, der sich nach seinem Uropa Nikolaus Wolf nennt, sieht sich eher in der Tradition großer Songwriter wie den GallagherBrüdern, Elliott Smith oder entsprechenden Pionieren aus den 1960ern. Sein Gitarrenpop, den er mit Klavier, Xylofon und Streichern anreichert, ist mal traurig, mal beschwingt und hat einen herrlichen Spannungsbogen, sodass

es wirklich schade ist, dass es erst vier Songs von ihm gibt. Egal, wie das Album dann heißt: Behalten wir im Auge. Ist schön. Als Aydo Abay den mächtigen Blackmail den Rücken kehrte, schrie die Fangemeinde auf und witterte das Ende der Band. Das wurde mit Mat Reetz als ebenbürtigem neuen Frontmann gerade so noch abgewendet. Der veröffentlicht nun mit »962« (Tumbleweed) ein erstes Soloalbum, das mit Blackmail musikalisch nichts am Hut hat, sondern traurig und nach Indie-Pop mit Folk-Aspekten klingt, verhallten Vibes und pluckernden Beats. Es steckt eine Menge Talent in diesem Typen, das zeigt diese hingebungsvolle persönliche Liedersammlung mit jeder der zehn dunkel-sanften Songperlen. Tides! aus Saarbrücken huldigen auf »Celebrating A Mess« (Midsummer) eher anderen Helden. Die vier Jungs haben nach etlichen Projekten ihre musikalische Mitte in hemdsärmeligem Punkrock gefunden, der sich vor Bands wie Hot Water Music verneigt, sich in seinem zupackenden Charme aber auch nicht vor selbigen verstecken muss. Sehr mitsingund mitspringbar, eingängig und quasi prädestiniert für die Festivalbühnen des nahenden Sommers. Aus Leipzig kommen sowohl Lingua Nada als auch Paan, die nach einer gemeinsamen Tour vor zwei Jahren beschlossen, eine gemeinsame Split-EP (Kapitän Platte) aufzunehmen. Fünfmal Posthardcore-Shoegaze-Indie-Noise von Lingua Nada, dreimal Screamo-Hardcore von Paan: Das ist vor allem laut, da regiert das konstruktive Chaos, da wird einem mit heißer Nadel das Trommelfell durchlöchert, wobei die verzweifelt-wütenden Ausbrüche von Paan mit wuchtig gebrüllten, tatsächlich mehrsprachigen Vocals mit absolut tanzbarem Indie-Rock in sich zwingender sind als die zappelig-hektischen Mathrock-Exzesse Lingua Nadas.

Düsterer wird es bei Start A Fire, aber das ist bei einem Album, das »Schattenjagd« (Twisted Chords) heißt, auch nicht anders zu erwarten. Stilistisch irgendwo zwischen Fjort und KMPFSPRT beheimatet, werden hier die Frustration über eine zu Ignoranz und Selbstgerechtigkeit verkommene Gesellschaft, aber auch über die eigene Unzulänglichkeit, Lügen und Hass mit überaus prägnanter Bildsprache herausgebrüllt. Das gerät zu einer ziemlich bissigen, aber auch äußerst packenden Angelegenheit, intensiv und ausdrucksstark. Darf man gerne öfter hören, wenn man es denn aushält.

WELCOME 2017

DAMIAN MARLEY PATRICE Y NAS SIDO Y POPCAAN G-EAZY Y BILDERBUCH PROTOJE Y DUB FX JOY DENALANE ALPHA BLONDY TOOTS & THE MAYTALS

KABAKA PYRAMID DANAKIL Y IRIE RÉVOLTÉS XAVIER RUDD Y SKATALITES Y UMSE YANISS ODUA META & THE CORNERSTONES Y NATTALI RIZE JAH9 Y TEESY OK KID Y CALI P DUBIOZA KOLEKTIV VOLODIA Y SYSTEMA SOLAR Y BUKAHARA RUNKUS JAHCOUSTIX Y FAADA FREDDY JAMARAM Y JEREMY LOOPS TRETTMANN Y SENTINEL POW POW MOVEMENT DRUNKEN MASTERS JUGGLERZ Y MIWATA RANDY VALENTINE Y KAAS KINGSEYES Y JAH SUN KAREN FIRLEJ & FRANKY KUBRICK

TWO OPEN AIR STAGES DANCEHALL ARENA BAZAR Y CHILL OUT ZONE

30. JUNI 02. JULI 2017

KÖLN Y FÜHLINGER SEE INFO & TICKETS:

SUMMERJAM.DE

97


Los Angeles Police Department Los Angeles Police Department

ÁSGEIR

Anti- / Indigo

09.05. Berlin, Festsaal Kreuzberg 10.05. Hamburg, Mojo 13.05. München, Strom (sold out) 17.05. Köln, Luxor More dates for autumn to be announced soon.

THE 1975 21.06. Köln, Palladium 22.06. Hamburg, Mehr! Theater 24.06. München, Tonhalle 25.06. Offenbach, Stadthalle

GLASS ANIMALS

$UICIDEBOY$

27.04. Berlin, Astra Kulturhaus 28.04. München, Muffathalle 29.04. Köln, Gloria (sold out)

22.06. Frankfurt, Zoom 26.06. Köln, Club Bahnhof Ehrenfeld 27.06. Hamburg, Uebel & Gefährlich 02.07. Berlin, Lido

THE JAPANESE HOUSE 02.05. Hamburg, Prinzenbar 03.05. Berlin, Privatclub

SPLASHH 04.05. Berlin, Urban Spree 06.05. Hamburg, Molotow

CAMP CLAUDE 05.05. Köln, Artheater 06.05. Dortmund, ETEP Festival 07.05. Berlin, Kantine am Berghain

STORMZY

THE AVALANCHES 28.06. Berlin, Festsaal Kreuzberg 29.06. Hamburg, Mojo Club 03.07. Köln, Bügerhaus Stollwerck

THE GIFT 30.05. Berlin, Maschinenhaus

ALL WE ARE 08.06. Berlin, Auster Club

MOGWAI

16.05. Berlin, Astra Kulturhaus 17.05. Hamburg, Uebel & Gefährlich 20.05. Köln, Live Music Hall 23.05. Frankfurt, Zoom

14.10. Berlin, Columbiahalle 16.10. Hamburg, Docks 17.10. Köln, E-Werk 02.11. Leipzig, Täubchenthal 03.11. München, Backstage

KELE OKEREKE

MIGHTY OAKS

17.05. Berlin, Badehaus

HERCULES & LOVE AFFAIR 18.05. Berlin, SchwuZ

meltbooking.com facebook.com/wearemeltbooking

orientieren. Die Songs ähneln oft bereits Dagewesenem und klingen nach ihren größten Hits »Gloria« und »Dance With Somebody«. Zweifelsohne sind die Schweden immer noch eine Band mit Potenzial, doch für einen echten Neuanfang klingt die Platte über weite Strecken einfach zu mutlos, zumal Mando Diao mit Alben wie »Aelita« oder »Infruset« bewiesen haben, dass sie auch unkonventionelle und spannende Wege beschreiten können. Kai Wichelmann

15.11. Berlin, Tempodrom 16.11. Hamburg, Mehr! Theater 23.11. Köln, Palladium

Es zeugt von Chuzpe, sich nach der berüchtigten Polizeibehörde von L.A. zu benennen und dann aber einfach den wolkigsten Dream-Pop zu spielen, der in letzter Zeit über Kalifornien zog. Jugend und ein luftig-melancholischer, bittersüßer Sound, das passte immer schon gut zusammen. Dass Ryan Pollie auf seinem zweiten Album als Los Angeles Police Department eine Coming-of-Age-Story erzählt, macht darum auf jeden Fall Sinn. Sie handelt von Ängsten und Emotionen und wie damit umzugehen ist. Während es ihm aber um eine ewige Adoleszenz geht, ist seine Musik eher geschmackvoll nach hinten gewandt: in die späten 2000er, als Beach House und Grizzly Bear ihren Bedroom-Pop auch für den Indie-Mainstream verständlich machten. Alles wirkt etwas ungreifbar, fast hauntologisch durchdrungen, jenseitig, auch wenn mancher Sound oder Song noch etwas weiter draußen hätte verbleiben können. Zum Beispiel der Folk-Rock von »If I Lied«, der sich von einer schönen Ben-Gibbard-Ballade in einen breiten Mumford-Stampfer verwandelt. Aber im Großen und Ganzen ist dieses selbstbetitelte Album, wenn schon nicht ein außergewöhnliches, dann doch ein solide schönes, ein verwaschen-bunt-wundervolles für das unwirkliche Licht am frühen Morgen. Steffen Greiner

Love A Nichts ist neu Rookie / Indigo / VÖ 12.05.17

Love A sind auch auf dem vierten Album immer noch keine willigen Dienstleister im (Post-)Punk-Business. Desillusion, halt’s Maul! »Aber es ändert sich so gar nichts, es hat alles keinen Sinn.« Nichts ist neu. Eben. Solange der letzte Wutbürger noch nicht an seinen Vorurteilen erstickt ist, so lange hat die über das Land verstreut lebende Combo noch eine Rechnung offen. Die Feindbilder bleiben klar umrissen, die Dummheit ist längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Love A sind schon lange mehr Post- als ParolenPunk, Frontmann Jörkk Mechenbier krächzt weiter als Peter Heins Reinkarnation über flächigen Wipers-Gitarren. Das Album setzt den auf »Jagd und Hund« eingeschlagenen Weg einfach konsequent fort, wobei düstere Wave-Melancholie wie in »Nachbarn II« oder »Unkraut« noch präsenter ist. Trotzdem: Es brodelt weiter unter der Oberfläche. Die drohende Pop-Werdung ist dann auch bis auf Weiteres verschoben, findet sich am ehesten in »Verlieren«, das einfach gut ins Ohr geht: »Am Ende des Tages sind wir alle gefickt, denn was wir wollen, kriegen wir nicht. Wir stolpern einfach weiter wie bisher.« Aufgeben geht anders. Thorsten Streck

Mando Diao Good Times BMG / Warner / VÖ 12.05.17

Ob die guten Zeiten für Mando Diao mit »Good Times« wieder anbrechen, muss leider bezweifelt werden. Der Reiz der süßen Schweden lag in ihren Anfangsjahren im Wechselspiel der beiden Frontleute Björn Dixgård und Gustaf Norén. Dixgård war dabei der brave Schönling, während Norén für die arrogante Rebellenattitüde zuständig schien. Die lebt er seit 2015 nicht mehr im Rahmen von Mando Diao aus: Er brauche mehr Zeit für die Familie, und auch eigene musikalische Projekte sollen ins Rollen kommen. Mit dem Wegfall der Reizkulisse von zwei gleichberechtigten, aber unterschiedlichen Sängern standen die Schweden mit einem Bein im Aus. Das Freundschaftsband der beiden Ur-Mitglieder Carl-Johann Fogelklou und Björn Dixgård war es letztlich, das die Band weitermachen ließ. Programmatisch steigt die Band mit »Break Us« in das neue Album ein, einer Selbstvergewisserungsballade zu düsteren Klavierakkorden. Nichts könne sie auseinanderbringen. Das ist ein bisschen kitschig, aber auch wunderschön. Es darf als demokratischer Zug verstanden werden, dass der neue Gitarrist Jens Siversted diesen Song geschrieben hat. Was dann folgt, sind solide Popsongs, die nicht viel mit dem rauen Rocksound der frühen Jahre zu tun haben, sondern sich eher am Soul und Groove späterer Alben

Maxïmo Park Risk To Exist Daylightning / Cooking Vinyl / Sony

Die quirligste und haltbarste Band der Class of 2005 beweist auf Album Nummer sechs, dass in ihr immer noch das Feuer für tolle Popsongs brennt und sie thematisch mit ganzer Seele im Hier und Jetzt steht. Aus der Szene des Indie-Jahrgangs Mitte des letzten Jahrzehnts stachen Maxïmo Park immer schon heraus. Während sich Bands wie Bloc Party oder The Departure an ihren mitunter todernsten Update-Versionen von Postpunk und New Wave versuchten, lieferte das Quintett aus Newcastle eine stets im Vorwärtsdrang befindliche Musik mit den besten Refrains der Session. In der Summe großartige Popmusik, der trotz Szene-Zugehörigkeit immer schon das nötige Maß an Zeitlosigkeit innewohnte. Die neue Platte macht da keine Ausnahme, ist aber thematisch im Hier und Jetzt zu verorten. Es geht um die Schwierigkeit, sich aufgrund des digitalen Overkills auf sein Gegenüber einzulassen und Empathie zu empfinden. »You are focused on iPod not on we«, heißt es an einer Stelle etwas plakativ. Im Song »The Hero« beschreibt Sänger


#Review Infos & Tickets: www.concertteam.de

03.05.2017 | Köln | Artheater

IMMER NOCH INDIE? MIT CHRISTIAN STEINBRINK

Der Indie-Reigen zieht sich in diesem Monat von wüst, robust und fordernd bis hin zu vornehm, matt und lieblich: Was Gitarren doch alles zu leisten imstande sind.

Natürlich hat auch der Indie-Rock seine (potenziellen) Stadionbands. The Hold Steady, Fucked Up, Modest Mouse oder Weezer gehören sicher dazu, und auch White Reaper bringen auf ihrem zweiten Album »The World’s Best American Band« (Polyvinyl) an Rock-Sound, Bühnenperformance und Augenzwinkern alles mit, um ihrem Albumtitel gerecht zu werden und Springsteen abzulösen. Aber auch ohne Arena ist die LP ein höllischer, an Andrew W.K. erinnernder Spaß, um sich vor dem Weg in die Rock-Disco mit allen Sperenzchen aufzuhübschen. Bei aller eingängigen Schlichtheit tun diese Songs ihren Zweck. Wer denkt, Punkrock habe ihm/ihr nichts mehr zu geben, darf sich gerne von Mobina Galore eines Besseren belehren lassen. Auf »Feeling Disconnected« (Gunner) trägt das kanadische Duo – man muss es so sagen – fett auf und verbindet eine dringliche 1980er-Lo-Fi-Attitüde mit der Wucht von stellenweise sogar Fucked Up. Kaum zu glauben, schließlich ist diese Band zu siebt. Lyrisch docken Mobina Galore an die Heimatlosigkeit (weiblicher) Adoleszenz an, ohne Klischees auch nur zu streifen. Dafür klingen die zehn Songs einfach zu unmittelbar. Noch mehr verzerrte Gitarren, die ausnahmsweise mal nicht abgestanden klingen, haben Aye Nako auf ihr zweites Album »Silver Haze« (Don Giovanni) gebannt. Die New Yorker beleben den politischen und musikalischen Ausdruck der frühen, wilden Sonic Youth neu und ergänzen ihn um unmittelbare Szenethemen wie DIY, queeres Leben und Postkapitalismus. Sie beschränken sich nicht auf einen Stil, sondern wandern zwischen den verschiedenen Ausformungen von Indie-Rock und Postcore, beherrschen sie aber alle mit einer bemerkenswert schroffen Kraft. Joan Shelleys selbstbetiteltes, trotzdem schon viertes Album (No Quarter) ist wahrscheinlich das Beste, was man in diesem Monat an puristischem US-Folk bekommen kann. Natürlich schließt sie an zeitgenössische Genre-Ikonen wie Alela Diane oder die verehrenswerte Vashti Bunyan an, hat mithilfe der Familie Jeff und Spencer Tweedy aber auch einen psychedelisch angehauchten Vibe in ihre tollen Arrangements bekommen, der das Album wie einen anachronistischen Fiebertraum brennen lässt. Der Traditionslinie von José González und Alexi Murdoch bis hin zu Nick Drake folgt der Franzose Raoul Vignal auf seinem Debütalbum »The Silver Veil« (Talitres) auf eine ganz hinreißende Art und Weise. Sachte Arrangements verbinden sich hier mit einem bestechenden Songwriting und herausragenden Fähigkeiten an der akustischen Gitarre. Dass seine Gesangsharmonien manchmal sogar so klingen, als hätten beide Kings Of Convenience hier miteinander gesungen, ist angesichts dessen nur noch ein Surplus.

Eine der größten Qualitäten Chantal Acdas ist ihre Wandlungsfähigkeit. Nachdem die Belgierin ihre letzten Alben erst mit Chris Eckman und dann mit Peter Broderick eingespielt hatte, gibt für »Bounce Back« (Glitterhouse) nun Phill Brown ihren Konterpart, der sich seine Meriten unter anderem für die Produktion von Talk Talks »Spirit Of Eden« abholte. Und das hört man: Acdas Stimme schwebt über so komplexen wie erhebenden synthie- und bläserlastigen Arrangements, die trotzdem nie synthetisch, sondern vielmehr watteweich klingen. Arrangements und Songwriting halten sich auf einem gleichmäßig hohen Niveau, ohne dass zu offensichtliche Reize herausstechen würden. Wer mag, darf sogar an die wunderbare Kate Bush denken.

Nach seiner Zeit als Sänger der Isolation Years hat sich Jakob Nyström für Zärtlichkeit entschieden. Denn er versammelt auf dem selbstbetitelten Album (Startracks) seines Soloprojekts Algesten sanft-schwüle hymnische Popsongs, die sich aus Folk und Soul speisen – fast könnte man Yacht-Pop dazu sagen. Ein Feld also, bei dem alles auf die Qualität des Songwritings ankommt. Und da kann Nyström mit ein paar echten Ohrwürmern wie »Holding On« punkten. Mangels deutlicher Folk- und Indie-Kanten klingt die LP schon sehr schwedisch-süßlich, funktioniert aber uneingeschränkt. Erstaunlich, dass es James Yorkston, Jon Thorne und Suhail Yusuf Khan nach ihrem famosen letztjährigen Debüt tatsächlich zu einem zweiten Yorkston/Thorne/KhanAlbum gebracht haben. Die drei Musiker aus unterschiedlichsten Welten scheinen wirklich zu einer Band zusammengewachsen zu sein, wie der schottische Folker Yorkston betont. »Neuk Wight Delhi All-Stars« (Domino) ist dementsprechend wieder ein unerhörtes Fusion-Album, auf dem Jazz friedlich neben schottischer und indischer Folklore steht und alles oftmals ineinander überlappt. Das klingt im ursprünglichsten Wortsinne faszinierend und meist auch wunderschön. Ein Album, das Grenzen auf selbstverständlichste Art und Weise sprengt.

Die letzten Zeilen dieser Ausgabe gehen an Sophie Zelmani. Die Schwedin ist mittlerweile ein Faktotum des Songwriter-Folk und als solche sicher kein heißes Eisen mehr. Trotzdem bietet ihr zwölftes Album »My Song« (Oh Dear) eine neuerliche Gelegenheit, die gefühlige Geschichtenerzählerin und ihre zarten, matt und akzentuiert instrumentierten und von Jazz und Soul beeinflussten Lieder kennenzulernen. Möglicherweise ist das nichts für Leute, die sich ausschließlich jung und wild fühlen. Für alle anderen hat Zelmani aber wieder einen Reigen skandinavischer Chansons voller Sinnlichkeit und schönem Schmerz parat. So wie bereits seit über 20 Jahren.

He is legend 07.05.2017 | Köln | Studio 672

lewis & leigH 09.05.2017 | Düsseldorf | Savoy Theater

Fink´s sunday nigHt Blues CluB tour 21.05.2017 | Köln | Underground

eVan dando 24.05.2017 | Köln | Club Bahnhof Ehrenfeld

Jake isaaC 27.05.2017 | Köln | Blue Shell

mas sHake 30.05.2017 | Köln | Studio 672

matt andersen 09.06.2017 | Köln | Underground

deVlin

16.06.2017 | Köln | Tanzbrunnen Open Air

arCade Fire 29.06.2017 | Köln | Gloria Theater

Hiltop Hoods 12.07.2017 | Köln | Live Music Hall

taliB kweli and tHe soul reBels 25.07.2017 | Essen | Zeche Karl

we are sCientists 25.07.2017 | Köln | Live Music Hall

residente

23.08.2017 | Düsseldorf | ZAKK Club

watsky

02.09.2017 | Köln | Artheater

ryan mcmullan 03.10.2017 | Dortmund | FZW Club

tim Vantol

12.10.2017 | Düsseldorf | Mitsubishi Electric Halle

niCk CaVe 13.10.2017 | Köln | Palladium

sigur rós 15.10. | Oberhausen | Turbinenhalle 2 • 17.11. | Köln | E-Werk

irie rÉVoltÉs

07.11.2017 | Düsseldorf | Mitsubishi Electric Halle

Jamiroquai 12.11.2017 | Köln | E-Werk

Fink

17.11. | Köln | Underground • 25.11. | Dortmund | FZW Club

antiHeld

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KRAFTKLUB

»KEINE NACHT FÜR NIEMAND« TOUR 2017 17.10. SALZBURG (AT) AUSVERKAU 18.10. DORNBIRN (AT) AUSVERKAU 20.10. KEMPTEN · 21.10. U GART 22.10. PRA ELN (CH) · 24.10. MÜN ER 26.10. HANNOVER · 27.10. BREMEN 28.10. DORTMUND · 30.10. HAMBURG AUSVERKAU 31.10. HAMBURG · 02.11. BERLIN 03.11. LEIPZIG · 04.11. FRANKFURT

MILKY CHANCE

Paul Smith die Flucht von fünf Brüdern nach Europa und klagt sein Heimatland für den populistischen Umgang mit der Flüchtlingskrise an. Der mit Widerhaken versehene Titelsong führt beide Themen zusammen: »Throw your arms around me, I’ve came too far and the ocean’s deep.« Produziert wurde das Album von Tom Schick in dem berühmten LoftStudio der Band Wilco in Chicago – unter Live-Bedingungen. Mimi Parker (Low) lieh einigen Stücken ihre sanfte Stimme. Die Songs wirken insgesamt sehr direkt und auf ihr wesentliches Gerüst reduziert. Geblieben ist das Gespür für jubilierende Pop-Refrains; mit »What Equals Love?« und »The Reason I Am Here« gelingen der Band zwei ihrer besten Songs seit Jahren. Es lodert also immer noch das nötige Feuer im Maxïmo Park. Kai Wichelmann

produziert und aufgenommen in Kopenhagen, klingt in erster Linie gefällig, berauschend und schön – ohne dass irgendwelche prägnanten Momente, Klänge oder Gesangslinien langfristig hängen blieben. Bombastische Schlagzeug-Fills, zuckersüße Harmonien, schwelgerische Klangflächen, Zuversicht und Melancholie. Mehr muss eine Band wie Mew vielleicht auch gar nicht aufbringen, um dem eigenen Anspruch gerecht zu werden. Zumal das Songwriting der Band diesmal leicht von der Hand ging, wie Bjerre erklärt; ein kreatives Hoch während der letzten Tour machte Nägel mit Köpfen und zog Mew anschließend umgehend ins Studio, um das Livegefühl adäquat auf Platte zu verewigen. Klaas Tigchelaar

» E BLOSSOM« TOUR 2017

20.11. HAMBURG · 21.11. KÖLN 22.11. FRANKFURT · 30.11. BERLIN 05.12. LEIPZIG · 06.12. MÜNCHEN

CASPER »LANG LEBE DER TOD« TOUR 2017 31.10. MÜN ER 02.11. LUXEMBURG (LU) 03.11. ZÜRICH (CH) 04.11. U GART 08.11. HAMBURG 10.11. DORTMUND 14.11. WIEN (AT) 17.11. MÜNCHEN 18.11. FRANKFURT/MAIN 21.11. LEIPZIG 22.11. BREMEN 24.11. BERLIN 25.11. HANNOVER »LANG LEBE DER TOD« TOUR 2018 09.03. WÜRZBURG 10.03. ERFURT FABER »SEI EIN FABER IM WIND« TOUR 2017 10.10. FREIBURG 11.10. U GART 12.10. ASCHA ENBURG 13.10. NÜRNBERG 14.10. WIESBADEN 17.10. BREMEN 18.10. ESSEN 19.10. BIELEFELD 21.10. MÜN ER 22.10. RO OCK 23.10. BERLIN 24.10. HANNOVER 26.10. MAGDEBURG 27.10. DRESDEN 28.10. LEIPZIG 30.10. MARBURG 02.11. GÖ INGEN 03.11. AACHEN 04.11. SAARBRÜCKEN 21.11. MÜNCHEN 14.11. DORNBIRN (AT) 15.11. SALZBURG (AT) 17.11. EBENSEE (AT) 20.11. WIEN (AT) FIL BO RIVA »IF YOU‘RE RIGHT, IT‘S ALRIGHT« TOUR 2017 30.04. WIEN (AT) AUSVERKAU 01.05. WÜRZBURG 11.05. MAINZ AUSVERKAU 12.05. HANNOVER AUSVERKAU 14.05. BERLIN AUSVERKAU

LUISA BABARRO 04.05. HALDERN 05.05. KÖLN 08.05. MÜNCHEN 09.05. LEIPZIG 10.05. HAMBURG 12.05. ESSEN 25.05. BERLIN 31.05. U GART HAPPYNESS »WRITE IN« TOUR 2017 09.05. BERLIN 10.05. HAMBURG SIEGFRIED & JOY »ZAUBERSHOW« 2017 11.05. CHEMNITZ 12.05. KOBLENZ VON WEGEN LISBETH »HALLO DISPO« TOUR 2017 27.09. BERLIN AUSVERKAU 28.09. BERLIN ZUSATZSHOW 29.09. LEIPZIG 30.09. DRESDEN 02.10. ZWICKAU 03.10. KASSEL 05.10. ERLANGEN 06.10. INGOL ADT 07.10. WIEN (AT) 08.10. MÜNCHEN 10.10. ULM 11.10. FRANKFURT/MAIN 12.10. KÖLN 14.10. KARLSRUHE 17.10. TRIER 18.10. DORTMUND 19.10. HANNOVER 20.10. BREMEN 21.10. RO OCK

Lisa Mitchell Warriors Valentina Mér You Warner / VÖ 28.04.17

Das Debüt von Valentina Mér ist so richtig Generation Y. Das klingt jetzt schlimm, ist es aber gar nicht. 1996 hatte eine gewisse Donna Lewis einen fetten Hit namens »I Love You Always Forever«. 20 Jahre später hat eine Singer/ Songwriterin aus Offenburg ebenjener Lewis die Stimme geraubt, sich auf einer Australienreise in das Kind von Bon Iver und Lykke Li verwandelt und im Backpack recht geniale Produzenten eingeschleppt. Zurück im fiesen Deutschland zieht Valentina Mér ab sofort die absolute Romantik-Nummer durch. Rügen, nachdenkliche Notizen und »Ich atme die Welt ein«-Posen auf Instagram – das ist ihre Welt. Und so klingt ihr Album »You« auch. Es ist voller monothematischer Songs übers Suchen und Finden und wieder Verlieren, über Melancholie und Reisen und ganz viel »Heart«, also Liebe. Wummernde Beats, 1980er-Sound, düstere Strenge, freshe Loops, einnehmende Chöre und stetiges Aufbauschen bis hin zur Hektik stehen im scheinbaren Kontrast zu ihrer zarten, brüchigen, fast kindlichen Cup-Cake-Stimme. Aber es passt, klingt einfach und ist einfach schön. Schon bald werden viele Australienreisende »You« als passenden Soundtrack auf den Ohren haben, während sie für Instagram posen. Warum denn auch nicht. Paula Irmschler

PIAS / Rough Trade

Viel Zucker plus Säuselstimme – das kann schon mal danebengehen. Diese australische Folk-Pop-Kreation ist aber durchaus genießbar. Lisa Mitchells manchmal aufgesetzt wirkendes Hauchen war schon 2009 bei »Neopolitan Dreams« ihr markantestes Zeichen. Auf »Warriors« zeigt sich ihr Radio-Folk-Pop durchaus luftiger, elektronischer und weniger akustisch als auf vorherigen Veröffentlichungen, was größtenteils auf das Konto von Produzent Eric J Dubowsky geht. Es ist schwierig, ihr die stimmliche Eigenheit übel zu nehmen, wenn Songs wie »The Boys« unglaublich gut ins Ohr gehen. Die Single hat in Australien vergangenes Jahr einen mittelschweren Lip-Sync-Hype ausgelöst. Ebenso unbekümmert klingt »I Remember Love«. Der Titelsong »Warriors« hingegen ist weniger geschmeidig – verschachtelte, aber sparsame Beats ergeben hier ein ungewöhnliches Klangbett, darüber sinniert Mitchell mit flackerndem Gesang über die Jugend auf dem Land. »Warhol« birgt den kraftvollsten Teil des Albums, abgerundet vom märchenhaften »Unraveling«. »What Is Love« erinnert als einziges Stück an die frühere Mitchell mit zurückhaltend akustischer Gitarre. So passt alles auf eine charmante Art zusammen, obwohl weniger Süße der Platte gutgetan hätte. Elisabeth Haefs

TICKETS & INFOS UNTER WWW.LAND REICHER.COM

SU DEL PER IZ 24 % I Ö S vo l

16. & 17.06.2017, STAUSEE RABENSTEIN, CHEMNITZ Tickets exklusiv auf www.krasserstoff.com www.kosmonaut-festival.de #kosmonaut17

Mew Visuals PIAS / Rough Trade / VÖ 28.04.17

In träumerischer Popmusik schwelgend, bestehen die drei Dänen erneut den Produkttest. »Visuals« ist ein rundes, schönes Album ohne Widerhaken oder schalen Nachgeschmack. Die oftmals in Falsett-Höhe gehaltenen Gesangslinien von Jonas Bjerre werfen einen langen Schatten in Richtung Death Cab For Cutie, die ihrerseits aber natürlich weit entfernt von den Dream-Pop-Wurzeln operieren, die der dänischen Band Mew zugrunde liegen. Vielleicht ist es eine Grundvoraussetzung dieses verwaschen-herzlichen Musiksubgenres, dass man keine wirklichen Hooklines heraushören kann. Auch das mittlerweile siebte Album des Trios aus Hellerup, selbstständig

Juana Molina Halo Crammed Discs / Indigo / VÖ 05.05.17

Die somnambulen Loop-Landschaften der experimentierfreudigen Argentinierin Juana Molina sind so faszinierend wie flüchtig. Knochen sind ein Memento mori, eine Erinnerung an unsere Vergänglichkeit. Im Artwork von »Halo« blicken sie uns aus Frauenaugen an, tragen Sommerkleider und Bikini – ein zugleich verstörender und amüsanter Anblick. Ein Hauch von Vergänglichkeit haftet auch den Kompositionen Juana Molinas an. Die Mittfünfzigerin aus Buenos Aires, die einst von der TV-Comedy zur Musik wechselte, schreibt Stücke, die vor allem Stimmungen erzeugen. Aus repetitiven Gitarren- und Bass-Schleifen, psychedelisch blubbernden Synthie-Improvisationen, träumerischen Gesängen, Beats, Drums und Percussions webt


LOVE ATTACK MIT SERMIN USTA

Jens Lekman

28.04.17 München, Orangehouse 29.04.17 Hannover, Cafe Glocksee

Bebe Rexha

02.05.17 Köln, Kantine

Xenia Rubinos

Der Mai kommt mit Beats aus dem ­Smartphone, einem Sextape aus Wien und ­Bubblegum aus Südafrika. Zusammen­ gefasst: Groove in all seinen Facetten.

Mit den Worten »I’m an artist« beschreibt sich das jüngste The-Internet-Mitglied Steve Lazy auf seinem Instagram-Profil. Mehr als drei Worte oder besser die 13 Minuten seines Solodebüts »Steve Lazy’s Demo« (Three Quarter) braucht es auch nicht, um jener Aussage nickend zuzustimmen. Und als wäre das nicht genug Lob für einen jungen Künstler wie ihn, gibt der 21-jährige Kalifornier auch noch an, den Großteil des Albums auf seinem iPhone produziert zu haben. Wahnsinn und Genialität liegen eben auch in Soul und Funk nah beieinander. Dass sich der New Yorker Joey Bada$$ die Woche der Veröffentlichung seiner LP »AllAmerikkan Bada$$« (Cinematic Music) mit Rap-Schwergewicht Kendrick Lamar teilen muss, scheint ihm wenig auszumachen. Warum auch, schließlich zeigt sich Bada$$ nun ebenso politisch wie der Conscious-Rapper. Während das Cover eine aus Bandanas zusammengeflickte Amerikaflagge ziert, verschraubt Bada$$ seine Vorwürfe an die Nation Song für Song miteinander. Bada$$ ist ein echtes Produkt des HipHop und einer der wenigen Künstler, die die goldene Ära mit frischen Ideen aufleben lassen, ohne gleich nostalgisch zu werden. Der aus Washington stammende GoldLink machte das erste Mal von sich reden, als sein Mixtape »The God Complex« erschien. Auch Rick Rubin wurde dadurch auf ihn aufmerksam. Heute präsentiert der 23-Jährige sein Debüt »At What Cost«, das, wie die Vorgänger auch, in erster Linie von seinen ausgefallenen Beats lebt. Schon die erste Single »Meditation« mit Sängerin Jazmine Sullivan und Kaytranada ist ein schneller, sonniger Hybrid aus afrokaribischen Elementen, House und Rap und nur einer von vielen Songs der Platte, auf denen D’Anthony Carlos einiges richtig gemacht hat. Wenn es nach Freddie Gibbs geht, sollten wir alle mehr als ein Leben haben dürfen. Woher dieser Wunsch rührt, liegt auf der Hand. Erst im vergangenen Jahr machte der Rapper aus Indiana, dem zuletzt mit Madlib das großartige Werk »Piñata« gelang, mit Negativschlagzeilen auf sich aufmerksam. Mit seiner neuen LP »You Only Live 2wice« (Empire) versucht er nun, das hinter sich zu lassen und wieder in Form zu kommen. Leider will ihm das – trotz vereinzelter Ausreißer wie »Alexys« – nicht so recht gelingen. Man kann Gibbs nur selbstlos raten, das eine Leben zu genießen und sich schleunigst an »Piñata 2« zu setzen. Seit 1982 nahm Umoja, die Band des Südafrikaners Alec Khaoli, eine Reihe zumindest in seinem Heimatland sehr erfolgreiche Platten auf. Den Höhepunkt markiert der 1988erBubblegum-Klassiker »707« (Awesome Tapes From Africa), der nun neu aufgelegt wird. Ein Minialbum, dessen Form und Umsetzung mit Synthesizern und Drum-Machine nicht nur dem südafrikanischen Pop namens Bubblegum

05.05.17 Berlin, Auster Club

Loïc Nottet

Manel

23.05.17 München 24.05.17 Köln 25.05.17 Hamburg 26.05.17 Berlin 27.05.17 Frankfurt

09.05.17 Köln, Stadtgarten 11.05.17 Berlin, Frannz Club

The New Pornographers 11.05.17 Berlin, Lido

El Perro Del Mar

huldigen, sondern auch Khaolis Einfluss auf die Musik Südafrikas während der Apartheid dokumentieren. Seit einiger Zeit gilt der Brite Tom Misch als einer der aufregendsten Produzenten der Insel. Nach dem Erfolg seiner 2016er-EP »Reverie« war das auch den letzten Zweiflern klar. Nun gilt es für Misch auch auf Albumlänge zu überzeugen. Weil eine Platte aber nicht dasselbe ist wie eine Session unter Freunden, schaufelte sich Misch fünf Tage frei, um mit derselben Anzahl an Gästen sein Projekt »5 Day Mischon« (Beyond The Groove) zu realisieren. Ein Livestream zeigte, wie Misch seine Gäste in Empfang nimmt, mit ihnen spielt, improvisiert und produziert. So ergibt die Aussage »Ich habe die Songs in meinem Schlafzimmer aufgenommen« endlich wirklich Sinn.

»Melodies«, »Curiosities« und jetzt »Harmonies« (Soundway): Der Neuseeländer Lord Echo mag offensichtlich keine Veränderungen, dafür aber Kontinuität, wie nicht nur seine Albumtitel zeigen. Vier Jahre nach seiner letzten Veröffentlichung macht der Multiinstrumentalist da weiter, wo er einst in Neuseelands Natur verschwand. Auch auf dieser Platte ist sein Funk mit Afrobeat-, Disco- und Soul-Einflüssen gewandt und wunderschön unterlegt. Was passiert, wenn die Zwanziger inklusive harter Clubnächte schon lange zurückliegen und die engsten Freunde anfangen, sich ein Nest aus Oberflächlichkeiten zu bauen? Vincent Brandloch widmen sich auf ihrer neuen EP »Steine. Streichhölzer. Benzin.« (Recordjet) der unvermeidlichen Identitätskrise, die mit Zweifeln und überraschenden Erkenntnissen des Stuttgarter Rap-Duos einhergeht. Dass es zu wenig Frauen im Battle-Rap gibt, dürfte aufmerksamen Beobachtern der Szene bereits aufgefallen sein. Selbst Rino Mandingo, der selbst ernannte »Wurmfortsatz« des Deutschrap, der die Berliner Szene wohlgezielt als »Treffen im Mauerpark« beschreibt, provoziert auf seinem aktuellen Album »Also so könnt ich nicht sein« (Vinyl Digital) mit altbewährtem Berliner Chauvinismus und Szene-Kritik auf Boom-Bap-Beats von HawkOne, um für mehr Gleichberechtigung zu sorgen. Provokation für mehr Diskussion? Mandingo ist nicht der Erste, der es damit versucht. Am Ende zu einem Provokateur erster Güte, dem das Singen und Rappen so leicht fällt wie Daniel Richter Gemälde-Malen. Yung Hurn spricht auf seiner neuen EP »Love Hotel Band« (Live From Earth) tatsächlich über nichts anderes als über die Liebe zu seinem »Baby«, seiner »Blumé«, deren Nektar er unbedingt mal probieren muss. Das Schlafzimmer-Sextape von Hurn ist ein Déjà-vu, wenn auch stellenweise sehr lustig.

17.05.17 B, Kantine am Berghain

Chantal Acda 19.05.17 21.05.17 22.05.17 23.05.17 24.05.17 25.05.17 26.05.17

Stuttgart, Laboratorium München, Milla Nürnberg, Z-Bau DD, Societaetstheater Berlin, Privatclub H, Feinkost Lampe Köln, Studio 672

Dinosaur Jr.

06.06.17 Stuttgart 07.06.17 Wiesbaden 12.06.17 Hamburg 13.06.17 Bochum

Honne

22.05.17 Köln, Gloria

Ron Gallo

22.05.17 Köln, Blue Shell

San Fermin

25.05.17 Berlin, Grüner Salon

Spoon

17.06.17 Berlin 18.06.17 Mannheim 19.06.17 München 20.06.17 Hamburg 03.07.17 Köln

Mystic Braves

30.05.17 Dresden, Ostpol 31.05.17 Hannover, Chéz Heinz 01.06.17 Freiburg, Räng Teng Teng

The Kills

07.06.17 Leipzig, Täubchenthal

Perfume Genius

14.06.17 B, Kantine am Berghain

J. Bernardt

Thurston Moore Group

20.06.17 Hamburg 21.06.17 Köln 30.06.17 München 04.07.17 Dresden

15.06.17 B, Kantine am Berghain

Moddi

28.06.17 München, Ampere

Daniel Lanois 12.08.17 14.08.17 15.08.17 16.08.17 19.08.17

Berlin, Heimathafen Hamburg, Kampnagel Köln, Kulturkirche München, Ampere Frankfurt, Zoom

Interpol

Devendra Banhart 20.06.17 Berlin 16.07.17 München

16.08.17 München, Muffathalle

Courtney Marie Andrews 12.09.17 Berlin, Privatclub

Clap Your Hands Say Yeah

25.09.17 B, Kantine am Berghain

Shout Out Louds 09.10.17 10.10.17 11.10.17 12.10.17 13.10.17 14.10.17

München, Muffathalle Erlangen, E-Werk Leipzig, Täubchenthal Köln, Live Music Hall HH, Uebel & Gefährlich Berlin, Astra

Ryan Adams

15.07.17 München 16.07.17 Berlin

Kraftklub

04.11.17 Frankfurt, Festhalle

Jason Isbell + Tift Merritt

07.11.17 HH, Uebel & Gefährlich 08.11.17 B, Columbia Theater

Casper

18.11.17 Frankfurt, Festhalle

The Shins

14.08.17 Hamburg 15.08.17 Berlin 16.08.17 Köln

Tickets & Infos: www.schoneberg.de


102

#Review Molina spartanische Song-Gebilde, die mal zeitlupenhaft mäandern, mal am Rande der Tanzbarkeit pulsieren. Ambient ist das nicht, Wohlfühlmusik auch nicht. Zu dunkel, gespenstisch gar ist die Atmosphäre, zu sehr gegen den Strich gebürstet sind die Melodien, die wie die Rhythmen hier und da afropoppig anmuten. Gerade die rasanteren Momente entwickeln einen hypnotischen Sog. Anderswo plätschert die Platte etwas beiläufig dahin, wie eine zwar unkonventionelle, aber deshalb nicht zwangsläufig spannende Klangtapete. Nina Gierth

Moon Duo Occult Architecture Vol. 2 Sacred Bones / Cargo / VÖ 05.05.17

& viele mehr... Gefördert von

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Open Source Festival gGmbh

W EINZIGESENNR OP AIR

W EINZIGESENNR OP AIR

W EINZIGESENNR OP AIR

U.A. MIT XAVIER NAIDOO, HENNING WEHLAND, ROLF STAHLHOFEN

29.07.2017 SPARKASSENPARK M‘GLADBACH

05.08.2017 SPARKASSENPARK M‘GLADBACH

The light side of the Moon Duo: Das PsychRock-Duo um Ripley Johnson bringt mit dem zweiten Teil von »Occult Architecture« den hellen Gegenpol zum düster gehaltenen Vorgänger zum Vorschein. Yin und Yang – der Kreislauf der beiden gegensätzlichen sowie sich bedingenden Kräfte aus der chinesischen Philosophie ist das konzeptionelle Thema dieses Doppelalben-Epos. Nach der Reise durch den düsteren »Fuzz Dungeon« von Vol. 1 folgt nun die Durchquerung des »Chrystal Palace« – und damit die Hinwendung zum Yang – auf Moon Duos Suche nach dem Wesen des Okkulten. Das Duo besticht seit seiner Gründung durch sein bewusst reduziert gehaltenes Songwriting im Spannungsfeld der großen Vorbilder Suicide, Neu! und Spacemen 3, ein berauschendes Pastiche aus repetitiv treibenden Grooves, psychedelisch mäandernden Gitarrensoli und spacigem Drone-Rock. Das Korsett sitzt seit jeher eng. Interessant also, dass die Band nun quasi zwei Konzeptalben erschaffen hat, ohne dabei ihren Sound groß um neue Stilmittel zu erweitern. Doch dass es sich beim zweiten Teil um die lichtdurchflutete Version – sozusagen Stoner-Psychedelic für den Tag – handelt, erschließt sich schnell. Das Tempo ist gegenüber dem Schwesteralbum gedrosselt, es gibt mehr Dur-Akkorde, und die Stimmung ist insgesamt verspielter und leichter. Das Konzept des Yin und Yang wird auf beiden Alben stimmungsvoll durchgespielt, und die daraus entstehende Wechselwirkung verstärkt den Reiz ungemein. Losgelöst davon funktioniert Vol. 2 selbstverständlich auch, aber als komplett eigenständiges Album lässt es sich kaum betrachten, was wiederum für ein aufgegangenes Konzept spricht. Timo Weber

IN ORIGINALFORMATION

15.07.2017 SPARKASSENPARK M‘GLADBACH

09.06.2017 FREIGELÄNDE ARENA OBERHAUSEN 10.06.2017 SPARKASSENPARK M‘GLADBACH

Hokuspokus und Kunstposen erwartet, wird beim Hören Bauklötze staunen. Im Grunde genommen wird hier nur die Zusammenarbeit fortgeführt, die bereits auf »The Best Day« gut begann. »Rock N Roll Consciousness« atmet von der ersten bis zur letzten Sekunde den organischen Sound mit beiden Lungenflügeln und ist definitiv mehr für die Bühne als für das Museum erschaffen worden. Der Hit-Produzent Paul Epworth (Adele) sorgt dabei lediglich für einen wärmeren Sound und den richtigen Feedback-Einsatz. Und das ist schließlich auch alles, was man sich von einem guten Thurston-Moore-Album wünscht. Ganze acht Minuten dauert es, bis Moore in »Exalted« den Weg ans Mikro findet. Doch keine Sekunde scheint dabei verschwendet. Die Band ist immer auf der Lauer, und hinter jedem Tempowechsel wartet eine neue Finte von Steve Shelley. Die leicht zerfahrene Vielschichtigkeit von »The Best Day« weicht hier einem homogenen Gesamtbild, bei dem man nicht wirklich das Gefühl hat, dass die Band bis zu ihrer eigenen Dekonstruktion in »Aphrodite« die Instrumente auch nur ein Mal weggelegt hätte. Sebastian Jegorow

Der Nino Aus Wien Wach Problembär / Rough Trade

Es gibt so viele Alpen-Dylans, da kann Nino Mandl auch einfach als Der Nino Aus Wien weiterwurschteln: ein Übergangsalbum von einem, der im Dazwischen eigentlich immer ganz gut ist. Der Nino Aus Wien ist zwei Jahre jünger als ich. Wir haben ein paar Themen, die wir teilen. Und auch wenn ich mich nicht am Prater auskenne, wissen wir beide nicht so richtig Bescheid und fühlen uns trotzdem arg okay damit. Als Der Nino Aus Wien vor ein paar Jahren linkisch angeschlichen kam, augenzwinkernd und ketterauchend, war ich sehr dankbar: Endlich sprach da einer für mich mit, wenn er singt. Sonst würde das heute noch Adam Green tun. Oder Ronja von Rönne. 2014 schlug der Songwriter mit Zwillingsalben auf: »Träume« und »Bäume«. Das eine: wahnsinnige Skizzen in alle Richtungen; das andere voll mit melancholisch mäandernden Erzählungen in Dylan-Tradition. Ein Meta-Austropop-Album mit Ernst Molden, eine EP, ein Best-of und ein »Grünes Album« über die Steiermark später folgt nun eine neue reguläre LP. »Wach« ist, das ist schnell klar, kein neuer Meilenstein im Oeuvre, kein Experiment mit glücklichem Ausgang, sondern ein entspanntes, ziemlich gutes Zuhöralbum mit Songs, die vom Leben als Dazwischen im Jetzt handeln, vom KinksHören, Im-Kreis-Drehen und Rauchen vorm Damenklo. Würde ich auf ein Nino-Album verzichten müssen, wäre es wohl »Wach«. Aber das macht ja nix. Geht ja immer weiter, und immer besser werden müssen ist doch eh was für die anderen. Steffen Greiner

Thurston Moore Rock N Roll Consciousness

100% SCOOTER

25 YEARS WILD & WICKED TOUR 2017

Caroline / Universal / VÖ 28.04.17

W EINZIGESENNR OP AIR

W EINZIGESENNR OP AIR

08.07.2017 SPARKASSENPARK M‘GLADBACH

30.08.2017 SPARKASSENPARK M‘GLADBACH

TICKETS UNTER: TICKETMASTER.DE

Seit seinem Umzug nach London durchlebt der ehemalige Sonic-Youth-Sänger einen zweiten musikalischen Frühling. Puh, Kunstkenner-Brillen auf! Die Thurston Moore Band legt fünf ausufernde Stücke zum Thema Mystizismus vor und vertont Radio-Radieux-Gedichte. Doch wer bei der Prämisse ein Konzeptalbum voller

Overcoats Young Arts & Crafts / Rough Trade

Nachdem die Overcoats 2016 durch die Hype-Maschine gejagt wurden, kommt


MASCHINENRAUM MIT PHILIP FASSING

Psychedelische Trance-Pirouetten, exzentrische Rave-Eskapaden und eine kreative Carte blanche – wo kommt nur schon wieder all diese gute Club-Musik her?

Matt Cutler alias Lone widmet sich nach seinem letztjährigen Breakbeat-Exkurs mit »Levititate« wieder Rhythmen, die in geordneten Bahnen verlaufen. »Ambivert Tools Volume One« (R&S) markiert dabei den Start einer neuen EP-Reihe, die sich zumindest mit dem hier vorliegenden ersten Teil bevorzugt klassische House-Formeln zu eigen macht. Eine Disziplin, die Cutler erwiesenermaßen beherrscht und die auch hier vor allem über ihr nostalgisch verwischtes Sounddesign zu begeistern weiß – vorausgesetzt, man hat sich an der omnipräsenten Vorliebe für übersteuert produzierten Pastiche noch nicht sattgehört. Paul Woolfords elaborierten Nebenschauplatz für basslastige Angelegenheiten, Special Request, schätzt man weniger für seine subtilen Zwischentöne, sondern für seine physische Unmittelbarkeit. »Stairfoot Lane Bunker« (Houndstooth) mag auch unter genau diesen Vorzeichen beginnen, kippt aber zwischendurch in das komplette Gegenteil und schlägt mit pechschwarzen Ambient-Monolithen wie »Five Lane Ends« oder »Telepathic Dog« derart unbehagliche Töne an, dass man sich schnell ein ganzes Album dieser Art wünscht. Der Name Alexander Paul Coe alias Sasha dürfte den jüngeren Lesern vielleicht nicht allzu viel sagen – ältere Semester assoziieren den Waliser dagegen unwillkürlich mit der Wiege britischer Dance Music: dem Haçienda. Das ist lange her, und Coe hat seit der Initialzündung in Manchester eine Menge Musik veröffentlicht. »Out Of Time« (Kompakt) sticht dabei heraus, schließlich schlägt die Single mit ihrem gezähmten Breakbeat, schwebenden Flächen und dem Gesang von Channy Leaneagh (Poliça) einen maximal eleganten Bogen von der Vergangenheit in das Hier und Jetzt. Steven van Hulle alias Awanto 3 ist jemand, den man mit Blick auf die Amsterdamer HouseSzene rund um die tonangebende Rush-HourPosse eine Schlüsselfigur nennen kann. Ein Umfeld, in dem eher undogmatische ClubMusik entsteht und das van Hulle mit seinen im besten Sinne kauzigen Visionen bereits seit vielen Jahren bereichert. Die Songs seines zweiten Albums »Gargamel« (Dekmantel) gehören dabei sogar zu seinen schrulligsten Produktionen – desorientierend, exzentrisch, humorvoll und gerade deshalb so gut. Jack Willis alias Decka veröffentlicht mit »Behemoth« (Spe:c) erst seine dritte Single, lässt damit aber schon enormes Potenzial erkennen. Der aus Bristol stammende Produzent denkt mit beunruhigender Konsistenz den bassverliebten Gestus seiner britischen Heimat und die schroffe Funktionalität des Berliner SignatureSounds zusammen. »Cut Straight For The Rave« ist alles, was das Label dazu verlautbaren lässt, und das darf man ausnahmsweise mal ruhigen Gewissens so stehen lassen.

Für »Perception Shift /A« (Altin Village & Mine) hat Jan Barich alias Map.ache nicht weniger als die Carte blanche erhalten, mit der sich der DJ und Produzent uneingeschränkt am Katalog des Leipziger Labels bedienen durfte. Eine dankbare Ausgangssituation, schließlich mangelt es hier an einem ganz sicher nicht: an Vielfalt. Die Wahl von Barich fiel derweil auf Skeletons, Phoebe Killdeer & The Shift, Urban Homes und Sven Kacirek, aus deren Songs er gewohnt souverän neue Ideen schöpft und sie zu den unverkennbaren House-Elegien verbaut, für die der Leipziger seit Jahren geschätzt wird. Yuji Takenouchi dürfte einen Großteil seines Lebensunterhalts mit der Vertonung von populären Videospielen wie »Dark Souls« oder »Metal Gear Solid« verdient haben. In den späten 1990ern konnte der Japaner als Mr. YT allerdings auch mit eleganten Deep-HouseProduktionen auf sich aufmerksam machen. Alle drei EPs aus dieser Schaffensphase sind mit »Brand New Day« (Apollo) nun noch einmal als Compilation erschienen. Absolut zeitlos und ein perfektes Fallbeispiel dafür, wie gut vor 20 Jahren erschienene Musik altern kann. Mit Peter Lansky alias TML kann Hotflush Recordings einen weiteren Neuzugang verzeichnen. Langsam beginnt man sich aber zu fragen, ob sich das einst so stilbildende Label aus London mit diesem hohen Output einen Gefallen tut. Lanskys EP »No Memory« (Hotflush) ist eine grundsolide Angelegenheit, wenn man etwas für die vor Schmutz starrenden Industrial-, Lo-Fi- und Noise-Variationen klassischer Rave-Motive übrighat. Zum immer unschärfer werdenden Profil des Labels allerdings trägt sie nicht unbedingt bei. Meckern auf hohem Niveau – schon klar. Aber wie so oft wäre auch hier ein bisschen weniger mehr gewesen. Bwana, bürgerlich Nathan Micay, gehört zu jener seltenen Gattung von Produzenten, die mit fast jeder Veröffentlichung eine neue Facette ihrer musikalischen Sozialisierung aufkochen, ohne dabei sprunghaft oder gar fahrig zu wirken. Mit »Three Way Is The Hard Way« (17 Steps) widmet er sich nun Electro-Funk aus der Vintage-Kiste und psychedelischen TrancePirouetten. Der Witz: Das Ganze funktioniert wieder wunderbar. Dass Avalon Emerson hier noch ganz nebenbei eine fantastische Neuinterpretation des Titeltracks abliefert, ist umso erfreulicher.

TOM SCHILLING & THE JAZZ KIDS 02.05. 03.05. 04.05. 05.05. 07.05. 08.05. 09.05. 10.05. 11.05. 12.05.

HANNOVER MÜNSTER LEIPZIG GERA MÜNCHEN HEIDELBERG FRANKFURT KÖLN HAMBURG BERLIN

AMBER RUN

01.11. 02.11. 03.11. 04.11. 05.11.

FRANKFURT BERLIN HAMBURG KÖLN MÜNCHEN

NISSE 18.05. KÖLN 19.05. HAMBURG 20.05. BERLIN

HEIN COOPER

08.09. 09.09. 10.09. 12.09. 13.09. 14.09. 15.09. 16.09.

FRANKFURT DÜSSELDORF HAMBURG HANNOVER STUTTGART ERLANGEN FREIBURG MÜNCHEN

DEBRAH SCARLETT 16.05. BERLIN

BALBINA 19.11. 20.11. 21.11. 23.11. 24.11. 25.11. 27.11. 29.11. 30.11. 02.12.

HAUX

23.05. KÖLN 24.05. BERLIN

ACID ARAB 17.06. 04.06. 29.07. 18.08. 18.08.

MAIFELD DERBY THEATRON FESTIVAL BURG HERZBERG DOCKVILLE FESTIVAL C/O POP FESTIVAL

LAMBERT 18.05. 20.05. 25.05. 26.05.

HAMBURG BERLIN WIEN (AT) INNSBRUCK (AT)

BUSTY & THE BASS 23.05. 24.05. 25.05. 26.05.

KÖLN BREMEN HAMBURG BERLIN

STUTTGART HEIDELBERG MÜNCHEN AARAU (CH) AUGSBURG FRANKFURT KÖLN ESSEN MÜNSTER POTSDAM

JOHANNES MOTSCHMANN TRIO 02.06. 07.06. 08.06. 10.06. 29.06.

DRESDEN LEIPZIG DÜSSELDORF BERLIN HAMBURG

MARIO BATKOVIC 13.05. KÖLN 08.06. BERLIN 10.06. NÜRNBERG

VÖK

27.04. HAMBURG 02.05. KÖLN 05.05. BERLIN

SELECTIVE ARTISTS WWW.SELECTIVEARTISTS.DE


#Review

11.05. Münster Gleis22

01.07. Trier Sommerbühne Ex-Haus

12.05. Nürnberg Desi

29.09. Hannover Faust

13.05. Berlin Festsaal Kreuzberg 24.05. Hamburg Molotow 25.05. Düsseldorf zakk 26.05. Wiesbaden Schlachthof 27.05. Leipzig Conne Island

NICHTS IST LIVE 2017

104

30.09. Flensburg Volksbad

ihr Debütalbum »Young« ganz offenbar ein wenig zu früh. Mit einem Cover von Hoziers »Cherry Wine« sorgte das New Yorker Duo Overcoats Anfang 2016 in US-Blogs für einigen Trubel. Wie für die heutige Zeit typisch rissen sich in der Folge große und kleine Labels um die Vertragsunterschriften der beiden Jugendfreundinnen Hana Elion und JJ Mitchell. Dabei zeigt ihr nun ein gutes Jahr später erscheinendes Debütalbum »Young«, dass der Band etwas mehr Zeit zur Reife gutgetan hätte. Zwar besitzt der zarte, an CocoRosie erinnernde Duett-Gesang auf den zwölf neuen Songs nach wie vor eine beeindruckende Klasse, allerdings wirken die meisten Arrangements zwischen recht einfallslosem Electro-Pop und fragilen, oft zu dünnen Folk-Spuren ziemlich verloren. Während die Stärke ihrer Version von »Cherry Wine« in der recht klassischen Country-Instrumentierung lag, wirken die nun mehr dem reduzierten Folk und Pop zugewandten Stücken noch nicht vollständig ausformuliert – Ausnahmen wie das ruhige Schlussstück »Mother« bestätigen da nur die Regel. Dass die Overcoats einiges können, lässt sich durchaus heraushören. Allein – sie brauchen noch etwas Zeit. Christian Steinbrink

01.10. Rostock PWH

Fifty shades of black and grey: Amanda Palmer und Edward Ka-Spel haben einen schillernden Gothic-Regenbogen gesponnen. Amanda Palmer ist nicht nur ein kreatives Powerhouse und eine Selbstdarstellerin par excellence, das Ex-Dresden-Doll liebt auch das Teamspiel. 2016 gab’s ein Cover-Album mit Papa, jetzt erscheint ein Gemeinschaftswerk mit Jugendheld Edward Ka-Spel von den Legendary Pink Dots. Das zeigt, wie überraschend harmonisch sich die Klangwelten der beiden Protagonisten miteinander verschmelzen lassen. Von Ka-Spel kommen die Synthesizer und der Avantgarde-Faktor, von Palmer das Klavier und der VaudevilleVibe. Zusammen kreiert das transatlantische Zweiergespann schaurige Balladen zwischen düsteren Electronica-Soundscapes und üppiger Kammerorchestrierung sowie viktorianische Schlaflieder aus dem Kuriositätenkabinett, wie man sie etwa von Palmers anderem Duo-Projekt Evelyn Evelyn in Erinnerung hat. Während es dort um ein fiktives siamesisches Zwillingspaar ging, ist »I Can Spin A Rainbow« die Geschichte zweier stilistisch doch recht verschiedener Künstler, deren Symbiose man nach dieser Platte kaum wieder auflösen mag. Fortsetzung folgt bestimmt. Dann gerne mit weniger Streicher-Pathos. Ansonsten passt’s. Nina Gierth

02.10. Bremen Tower 27.10. Weinheim Café Central 28.10. Koblenz Circus Maximus

Oxbow Thin Black Duke Hydrahead / VÖ 05.05.17

Sie waren schon dabei, als Fugazi und Killdozer die US-Hardcorekeller füllten. Nach zehn langen Jahren veröffentlicht die Band aus San Francisco ein fantastisches, komplexes und avantgardistisches neues Album. Wie soll man bloß eine Band abfeiern, die seit 1989 existiert, sich frei improvisierend in den Bereichen Noise-Rock, Avantgarde-Jazz und Blues bewegt und optisch wie live vor allem vom muskelbepackten, charismatischen Frontmann und Sänger Eugene Robinson geprägt wird? Die sich zudem genüssliche zehn Jahre Zeit nahm, um ein neues Album zu produzieren, nach eigener Aussage das Destillat aus sechs Jahren intensiver und improvisierter Arbeit? Das Quartett quittiert Fragen hierzu mit stoischer Künstlermiene, sie sind sich selbst genug und äußerst zufrieden mit dem Ergebnis. Oxbow sind zudem kein offenes Buch, das Material will erarbeitet werden. Inmitten einer weiterhin klanglich souveränen Produktion (zwei Vorgänger wurden von Steve Albini produziert), Robinsons einschneidend-aufwühlenden Gesangslinien zwischen Falsett und gepresstem Flehen und eines flockig groovenden Instrumentalkorsetts, das sich längst von stupiden Rockismen verabschiedet hat, ist genug Platz für melodische Faszinosia, die jeden aufmerksamen, neugierigen Hardcore-Frührentner in ihren Bann ziehen und die Jugend aufrütteln sollten, damit die Zeit nicht umsonst verstrichen ist. Klaas Tigchelaar

Amanda Palmer & Edward Ka-Spel I Can Spin A Rainbow Cooking Vinyl / Sony / VÖ 05.05.17

Penguin Cafe The Imperfect Sea Erased Tapes / Indigo / VÖ 05.05.17

Ein geglückter Neubeginn: Das Nachfolgeprojekt des legendären Penguin Cafe Orchestra wirkt mit seinem zweiten Album in jeder Hinsicht angekommen. Nach dem Tod seines Vaters Simon führte Arthur Jeffes dessen legendär gewordenes Penguin Cafe Orchestra fort und verzichtete dabei auf das Orchester im Namen, ohne aber dem jazzig-folkigen, sehr tanzbaren Kollektivsound abzuschwören. Das hat sich auch beim zweiten Album des 2009 gegründeten Nachfolgeprojekts, das nun passenderweise beim großartigen Erased-Tapes-Label (Nils Frahm, Ólafur Arnalds) erscheint, nicht verändert. »The Imperfect Sea« markiert aber keine bloße Fortschreibung des ursprünglichen Backgrounds, sondern etabliert das Projekt in seiner Eigenständigkeit. Das klingt sehr bodenständig und atmosphärisch; vor allem schmeicheln sich die omnipräsenten Streicher ins Ohr, die über den rein organischen Percussions, der Melodica und den experimentell eingesetzten, in ihrer Tonlage veränderten Pianos von der Unvollkommenheit des Lebens erzählen. »The Imperfect Sea« changiert auf charmante Weise zwischen herrlich elegischem Ambient und mitreißendeleganter analoger Dance Music und hinterlässt seine Hörer beseelt. Kristof Beuthner

The New Year Snow Grand Hotel Van Cleef / Indigo / VÖ 28.04.17

Apropos Schnee: The New Years viertes Album »Snow« ist ein zu Indie-Rock


#Review gefrorener Gletscher. Auf den ersten Blick etwas kühl, aber majestätisch-schön – und Resultat einer langen Entstehungsphase. Immerhin neun Jahre liegen zwischen »Snow« und seinem Vorgänger »The New Year«, und wenn eine Band nach einer derartigen Zeitspanne immer noch ihren alten Stiefel herunterzuspielen scheint, spricht man gerne davon, dass es sich anfühlt, als sei sie nie weg gewesen. Passt hier aber nur bedingt – dafür hätte man ja damals schon merken müssen, dass die Band überhaupt existiert. So unauffällig, wie die knapp 25-jährige Karriere von The New Year bisher allerdings verlief, so unaufdringlich ist auch ihre Musik: Das amerikanische Quartett spielt glockenklaren, schnörkellosen Indie-Rock, den man schon fast mit Weihnachtsvokabular wie »besinnlich« beschreiben kann und der bereits dann seine aufgeregtesten Stellen hat, wenn die Gitarre mal durchgängig eine etwas schnellere Melodie spielt und der Drummer mehr als eine Gliedmaße gleichzeitig bemühen muss (»Recent History«). Zumeist aber nehmen sich The New Year zurück, lassen ihren Songs auch mal Raum für längere Instrumentalpassagen und vermitteln mit ihrem entspannten Sound ein Gefühl, das man eigentlich viel öfter spüren möchte: Dass alles irgendwie okay ist. Kein Wunder, dass die Band nun beim Grand Hotel Van Cleef, der Label gewordenen tröstenden Hand auf der Schulter, untergekommen ist, die hierzulande schon seelenverwandte Bands wie die Weakerthans pushte. Ähnlich wie diese werden The New Year auch mit »Snow« eine Band bleiben, die vielen wenig bedeutet – dafür aber wenigen sehr viel. Jan Martens

vielleicht eine Reisetablette einwerfen. Denn »No Shape« ist so entzückend launenhaft gediehen, dass jeder einzelne Song aus der Perspektive des jeweils nächsten Stückes Galaxien zurückzuliegen scheint. Während der Opener »Otherside« noch als stilistische Rückblende fungiert, wird in »Wreath« gejodelt, als wäre nichts dabei, und mit »Choir« zwängt sich Mike Hadreas’ Organ durch den Gehörgang direkt ins Prickelzentrum – umwickelt mit Schaumstoff-Groove und dramatischem Gegeige. »Die 4 You« wiederum ist ein Song über die Symbolkraft erotischer Drosselspielchen. Wie all diese Rädchen so anstandslos ineinandergreifen können, bleibt ein Rätsel; die offensive Aufstockung des Sounds aber ist über jeden Zweifel erhaben und an emotionaler Dichte schwer zu überbieten. Das Plus an Hubraum, erarbeitet mit Produzent Blake Mills, fährt Hadreas in tausend Facetten aus und präsentiert sich als manischer Arrangeur, der mit dem Schlafzimmer-Glamour von »Learning« abgeschlossen hat – aus Platzgründen. Dennoch sind auch Momente des Innehaltens Teil des Spektakels. So macht ein Stück vom Angekommensein den Abschluss: »I’m here, how weird«, staunt der 35-Jährige in dem Lied, das seinem Partner gewidmet ist. »Here«, in einer erfüllenden Liebesbeziehung, im Alltag, im Leben überhaupt. Um ein paar weitere Ausflüge in die Haute Parfumerie des Pop wird der Mann trotzdem nicht verlegen sein – so viel verrät allein das diffuse Beben in seiner Stimme. Valentin Erning

Marathon Artists / Rough Trade / VÖ 05.05.17

Matador / Beggars / Indigo / VÖ 05.05.17

Volle Pracht voraus: Perfume Genius blüht weiter auf und liefert Queerpop-Varieté für schrille Genießer – befreit von Rastern, Rahmen und roten Fäden. Wer das neue Perfume-Genius-Album am Stück konsumieren möchte, sollte zuvor

Mit »The Weather« zeigen Pond, dass sie nicht nur das ungezügelte Chaos beherrschen, sondern ihre Einfälle auch zu einem bunten Soundteppich verweben können. Tracks wie zarte Schäfchenwolken und blauer Himmel, aber auch wie Donnergrollen und aufziehende Gewitter – der Name von Ponds neuem Album schreit geradezu danach, zu Sound-Metaphern verarbeitet zu werden. Im Opener »30000 Megatons« beobachten wir beispielsweise, wie die ersten grauen Schleier den Himmel zuziehen: Zu

College-Rock-Song über unbeantwortete Textnachrichten raushauen – so emotional und universell gültig sind ihre Songs dann eben letztendlich auch. Einige werden sich in einer zum Weinen schönen Ballade über den Hass auf den eigenen Körper wie dem Titeltrack zwar seit dunklen Teenager-Tagen nicht mehr wirklich wiederfinden können. Aber wie Hopkins in »LOL« selbst sagt: »When you are queer, you are always 19.« All denen, die genauso fühlen, kann »Pageant« Hoffnung und Selbstbewusstsein geben. Zu Zeiten Trumps vielleicht so wichtig wie lange nicht mehr. Jan Martens

Fionn Regan The Meetings Of The Waters Abbey / Al!ve

PWR BTTM Pageant Big Scary Monsters / Al!ve / VÖ 12.05.17

Pond The Weather Perfume Genius No Shape

flächigen, ätherischen Pads und Synthies gesellt sich ein Knarzen, eine verzerrte Gitarre kündigt die Atombombe an, die, wie Leadsänger Nick Allbrook ins Mikro haucht, wir sowieso schon längst verdient haben, angesichts dessen, wie wir miteinander und mit dem Planeten umgehen. Das Album bündelt das Poppigste, was Pond bisher zu bieten hatten, zu einem geschmeidigen Ganzen, während es die Freude am musikalischen Schabernack zwar etwas zügelt, aber nicht gänzlich verbannt. »Paint Me Silver«, eines der Highlights mit seinem Zuckerwatte-SynthieLoop, erinnert etwas an das letzte Album des Pond-Freundes, Ex-Mitglieds und aktuellen Produzenten Kevin Parker, »A/B« zerfetzt ganz wie in alten Tagen Gitarrensaiten und Drums, und der Titelsong ist, wie viele andere Tracks des Albums, einfach sphärische, kondensierte Lieblichkeit zum Reinlegen. Die Australier haben beschlossen, beim Sound dieses Mal ein bisschen planvoller vorzugehen, und das steht ihnen ausgezeichnet. Kira Schneider

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Minenfelder der Political Correctness erstrecken sich auf »Pageant«: Ist es angebrachter, PWR BTTM als Queer Punk zu bezeichnen oder den ersten Teil lieber gar nicht so sehr in den Mittelpunkt zu rücken? Oder ist das nicht sowieso egal, so gut und ergreifend, wie das Album nun einmal ist? Ganz ignorieren lässt sich die Queer-Thematik nicht, wenn man über das Zweitwerk von Ben Hopkins und Liv Bruce spricht. Nicht nur, um deren Gebrauch von geschlechtsneutralen Pronomen zu verstehen, wenn es zum Beispiel in dem fast nur von ruhigen Basslinien getragenen »Kids’ Table« um Gott geht. Sondern auch, um die Inhalte von »Pageant« kontextualisieren zu können, die Zweifel am eigenen Ich und die von außen entgegengebrachte Intoleranz (»LOL«, »Sissy«). Und so sehr es PWR BTTM auch gelingt, in ihren kleinen Geschichten den Humor nicht zu verlieren (eine Fähigkeit, die Against Me! und Laura Jane Grace abgeht), wenn sie beispielsweise einfach einen augenzwinkernden

Der Ire Fionn Regan gehört nicht zu den Durchlauferhitzern unter den Singer/ Songwritern. Und das ist auch gut so. Fionn Regan erfindet sich auf seinen homöopathisch dosierten Platten stets ein wenig neu. So gab der fragile Gitarrenzupfer des 2006er-Debüts auf dem Nachfolger den Country-Rock’n’Roller und ließ sich auf Nummer drei von Streichern umgarnen. Auf »The Meeting Of The Waters« wirft Regan seine vorherigen Inkarnationen nicht komplett über Bord. Zuweilen demonstriert er noch seine Fingerpicking-Künste, sein zarter Gesang tendiert weiterhin zu schmelzendem Falsett, und mit dem launigen »Babushka-Yai Ya« haut der Pilzkopfträger aus County Wicklow auch mal auf den Putz. Gleichzeitig ist vieles anders, etwa die schimmernden, flirrenden Synthie-Flächen, die der Enddreißiger erst gegen Ende mit dem Ambient-Zwölfminüter »Tsuneni Ai« zu sehr ausreizt. Neu sind auch ausladende Hymnen wie »Cape Of Diamonds« und »Book Of The Moon« mit theatralischen Trommeln, Chören und berückenden Melodien, die man so ähnlich auch von Coldplay, Of Monsters And Men oder Fleet Foxes kennt. Fionn Regan goes Bombast-Pop? Ein bisschen. Aber dieser Ire darf das. Zu betörend sind seine Songs. Und nächstes Mal ist eh wieder alles anders. Nina Gierth

„A new Kiwi act on legendary Flying Nun label who sounds like an old Kiwi act on legendary Flying Nun label. Which makes it brilliant.“ - The Guardian „New Zealands Fazerdaze is the „Lucky Girl“ which makes your Indie heart beat faster…This one is destined to lift your spirit and put a smile upon your face.“ - Nothing But Hope And Passion

Ab 05.05.2017 erhältlich. w w w.groenland.com

19.05.Hamburg Cardinal Sessions Festival 20.05.Köln Cardinal Sessions Festival 27.05.Neustrelitz Immergut Festival


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#Review

Sean Rowe New Lore Anti- / Indigo

2016 war er in Ben Afflecks Film »The Accountant« zu hören, jetzt nimmt Singer/ Songwriter Sean Rowe seine Fans auf »New Lore« mit auf einen emotionalen Roadtrip. Normalerweise dient Sean Rowe sein Heimatort Troy, New York als Inspiration. Diesmal ist der Songwriter jedoch nach Memphis gegangen, um sein neues Album aufzunehmen. Ohne Demos, alles wurde vor Ort geschrieben und aufgenommen, alle Fuck-ups landeten auf Tape. Neues Studio, neuer Produzent, neue Arbeitsweise – neuer Sound? Auf jeden Fall klingt alles sehr roh, rau und ehrlich. Das unterstützt Rowes im Vordergrund stehende Baritonstimme, mit der er bereits im Opener »Gas Station Rose« nachdenkliche Themen besingt: Es geht darum, was wir von unseren Eltern lernen, was wir unseren Kindern weitergeben und was von uns bleibt, wenn wir nicht mehr sind. Das Thema zieht sich durch das Album, musikalisch minimalistisch und oft nur von der Gitarre unterstützt. Ausnahmen bilden die Gospel-Nummer »Promise Of You« und das Klavierstück »I Can’t Make A Living From Holding You«. Ein Album wie ein Roadtrip mit einem Vertrauten, der uns am Ende des Tages auch noch ins Bett bringt. Philipp Röttgers

UND VIELE MEHR

x-why-z Konzertagentur GmbH & Co. KG

Ron Sexsmith The Last Rider Cooking Vinyl / Sony

PLUS SPECIAL GUEST

05.08. DRESDEN 15.08. FRANKFURT 16.08. ERLANGEN NOAH JOHN MORELAND GUNDERSEN

Elegante Songwriterkunst vom Vorbild der Stars: Auch auf dem 13. Soloalbum ist Ron Sexsmith zu raffiniert für Hits, zu solide für Trends. Zwischen allen Stühlen und gerade deshalb so bemerkenswert. Passend, dass das Album direkt nach Ostern erscheint: Auf dem Cover hält der Meister ein »Last Supper« im Stile da Vincis mit seiner Band, als Mini-Version des berühmten Gründonnerstags-Arrangements. Ob mit dem »Last Rider« Sexsmiths Technical Rider seiner Konzerte gemeint ist? Die Tourband zumindest war diesmal auch mit im Studio, anders als vorher, als sich Sexsmith meist mit Mietmusikern behalf. Und anders als sonst hat Sir Ron diesmal auch selbst produziert. Allerdings sind ihm die Aufnahmen sehr glatt geraten, viele schöne Arrangement-Ideen und Sound-Gimmicks gehen im mittig glänzenden Autoradiomix unter. Das ist aber auch schon das einzig Schlechte, das sich über das Werk sagen lässt. Ansonsten bezaubert der von Paul McCartney und Joni Mitchell, Elvis Costello und Chris Martin gleichermaßen bewunderte Songwriter-König aus Toronto mit Melodien zwischen Sixties-Pop, Barjazz und Songs von großer Eleganz, die zwischen Folk-Pop, Merseybeat, Blue-Eyed Soul und Softrock changieren. Insgesamt wirkt das Ganze fokussierter denn je – ein Kunststück, wenn man bedenkt, dass Sexsmiths Songs eigentlich oft im Vorübergehen entstehen, auf den ausgedehnten Spaziergängen durch seine Heimatstadt. Das Flanierende, Leichte haben sie sich zumindest erhalten. Erst recht, wenn man auf die Lyrics schaut, mit

Wortspielen wie »If your dreams are bigger than your worries, you won’t have to worry about your dreams«. Bleibt zu hoffen, dass dieses Album nicht doch das letzte für längere Zeit sein wird. Denn darüber hat Ron Sexsmith mit Blick auf den Albumtitel und aus Frust über das Musikgeschäft laut nachgedacht, die Stadt verlassen will er wohl auch. Gut, dass nach dem letzten Abendmahl und Golgatha die Auferstehung kommt. Schließlich sagt seine Frau im Dokumentarfilm »Love Shines« über ihn, dass er keinen Nagel in die Wand schlagen könne, nicht mal Auto fahren, sondern nur lebe, um Songs zu schreiben. Claudius Grigat

Tom Schilling & The Jazz Kids Vilnius Embassy Of Music / Warner

Das nach der litauischen Hauptstadt benannte Album des Schauspielers Tom Schilling verliert sich wie sein Cover leider in Grautönen. Mit jungenhaft-heller Stimme und betontem Pathos säuselt Sänger Tom Schilling, seines Zeichens Tambourmajor der von Regisseur Jan-Ole Gerster während der Dreharbeiten zu »Oh Boy« entdeckten Jazz Kids, gebrochen romantische Verse, die in ihrer Dystopie an Nick Cave erinnern und von bemerkenswert dämmrigen Konsolenjingles liebkost und umgarnt werden. Schilling will in den elf Jahren Arbeit an seinem Album keine herkömmlichen Liebeslieder geschrieben haben und schildert tatsächlich das Phänomen Eros in all seinen Facetten mit ausgesprochener Nüchternheit, die bisweilen geradezu zynisch erscheint. »Vilnius« ist mehr als ein herkömmliches Singer/SongwriterAlbum, und doch fehlt ihm etwas. Schilling setzt an, Geschichten zu erzählen, ist dabei jedoch meist zu vage. Schließlich bleibt auch die berechtigte Frage, weshalb ein kluger und integrer Mensch im Jahr 2017 für sein Artwork das Werk eines alten Mannes wie Gerhard Richter verwendet, der unlängst mit – freundlich ausgedrückt – fragwürdigen Aussagen zur Flüchtlingspolitik irritierte. Menachim Zwartmann

Albrecht Schrader Nichtsdestotrotzdem Staatsakt / Caroline / Universal / VÖ 05.05.17

Irgendwo zwischen Anajo und Phantom/ Ghost ist dieser seltsam schöne Großstadtpop zu verorten, der gleichermaßen klug wie melodisch zu Fachsimpelei auffordert. Albrecht Schrader ist die notwendige popkulturelle Erwiderung auf den altbackenen und nicht kleinzukriegenden Götz Alsmann: mindestens Musiker, vielleicht auch Entertainer und mit Sicherheit Tausendsassa. Allerdings ohne die unangenehmen Allüren und die laute Aufdringlichkeit des omnipräsenten konservativen Münsteraner Musikmoguls. Denn ohne großes Tamtam hat Schrader bislang diverse Liederzyklen veröffentlicht und die Musik für Jan Böhmermanns »Neo Magazin Royale« gemacht. Melancholisch und humorvoll wird in ganzen Melodien, die sowohl das heimische Wohnzimmer wie auch


#Review die große Showtreppe füllen könnten, der Bogen von Martin Böttcher über Giorgio Moroder bis hin zu Rocko Schamoni gesponnen. Pop, Jazz und Chanson zerfließen in bestmöglicher Eleganz und Harmonie zu gescheit großstädtischer Kammermusik, die nicht die Welt retten will. Vorerst macht Schrader an der Stadtgrenze halt, dreht sich um und wirft einen Blick zurück: Leben und Lieben der unzähligen Großstadtneurotiker seziert er großartig und ohne unnötigen Zynismus. Menachim Zwartmann

Luke Sital-Singh Time Is A Riddle Ferryhouse / Warner / VÖ 12.05.17

»Time Is A Riddle« offenbart endlich die volle Bandbreite von Luke Sital-Singhs Songwriter-Talent. Dass Luke Sital-Singh das Talent besitzt, um zu einem der größten Singer/Songwriter Großbritanniens aufzusteigen, wurde geneigten Hörern schon angesichts seiner ersten, 2013 veröffentlichten Lieder und diverser kleiner Shows klar. Sein im Sommer 2014 erschienenes Debütalbum »The Fire Inside« wurde dann recht stiefmütterlich behandelt und immer wieder bis ans Ende der heißen Jahreszeit geschoben, sodass sein Zauber recht folgenlos verpuffte. Bei Sital-Singh selbst muss diese Entwicklung Gram erzeugt haben, denn für den Nachfolger »Time is A Riddle« machte er so ziemlich alles Denkbare anders. Er wählte für sein seit jeher recht schwülstiges Songwriting vergleichsweise nüchterne Instrumentierungen und setzte ihnen für sein Genre komplexe und variable Arrangements entgegen. Das funktionierte sehr gut: Auch wenn man ihm seinen ambitionierten Mainstream-Appeal nach wie vor anhört, ist »Time Is A Riddle« ein so sinnliches wie spannendes Werk, das von vollformatigem Folk über sanfte Balladen bis hin zu sehnsüchtigen 1970er-Rock-Songs wie »Rough Diamond Falls« reicht. Es ist beeindruckend, wie souverän Sital-Singh und seine Band aus Musikern aus dem VillagersUmfeld auf so unterschiedlichen Spielfeldern reüssieren. Beste Voraussetzungen für den Durchbruch, der ihm schon so viel früher prophezeit worden war. Christian Steinbrink

Slowdive Slowdive Dead Oceans / Cargo / VÖ 05.05.17

Mit ihrem ersten Album seit 22 Jahren zeigen die 1990er-Shoegazer Slowdive nicht nur alte Klasse, sondern toppen sie sogar. Dass in Zeiten einer Orientierungslosigkeit ob des permanent hohen musikalischen Outputs alte Helden historisch verklärt werden, ist mit Sicherheit keine besonders frische Erkenntnis. Umso mehr, wenn sie eine ReunionShow bei der Mutter aller Geschichtsklitterer, dem Primavera Sound Festival, erwischen. Dementsprechend ist es eine nüchterne, aber keine bahnbrechende Einsicht, dass Slowdive zwar eine gute Shoegaze-Band der frühen 1990er waren, aber sicher keine herausragende. Mehr noch: Einige der Werke, die Neil Halstead, Rachel Goswell und Co.

in Slowdives Nachfolge als Mojave 3 oder solo veröffentlichten, reichten qualitativ sogar über die drei Band-Alben hinaus. Da mögen mich die harten Fans von »Souvlaki« noch so sehr köpfen wollen. Sei’s drum, die ReunionFestival-Tour der Briten verlief jedenfalls gutklassig und wurde zu einem ansehnlichen Erfolg. Ansporn genug, um zu schauen, ob es auch im Studio noch läuft. Und das ist die eigentliche Überraschung: Das neue, selbstbetitelte Album dieser gesetzten Damen und Herren ist eine Bombe. In acht ausladenden Songs schaffen Slowdive eine feine Balance zwischen Komplexität und Hymnik, ihr Songwriting wirkt zu keiner Sekunde altbacken, und speziell Halstead und Goswell glänzen als Gesangsduo der Extraklasse in dem überlaufenen Genre, das mittlerweile zumeist als Dream-Pop bezeichnet wird. Nach dem ambitionierten, aber noch etwas holprigen Start mit »Slomo« weckt die Band in der Folge die ganze Bandbreite der Sehnsüchte, die mit ihrem Stil assoziiert werden. Vom ihre Szene durchsetzenden Electro-Pop haben sie komplett die Finger gelassen, stattdessen erinnert ihr dezent verspielter, sphärischer Einschlag wie anno dazumal an Pink Floyd oder Kate Bush. Aber hier funktioniert wirklich alles, »Slowdive« dürfte eine der besten Genre-Platten des Jahres sein. Und, um mich noch einmal weit aus dem Fenster zu lehnen: die beste Slowdive-LP überhaupt. Christian Steinbrink

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9.-16. August 2017 BUDAPEST / UNGARN

PJ HARVEY • DIMITRI VEGAS & LIKE MIKE ALT-J • Wiz Khalifa • Rita Ora • Paul Van Dyk ALMA • THE NAKED AND FAMOUS • ROOSEVELT INTERPOL • JAMIE CULLUM • CRYSTAL FIGHTERS FRITZ KALKBRENNER • FLUME • VINCE STAPLES BAD RELIGION • DJ SHADOW • CHARLI XCX TWO DOOR CINEMA CLUB • WHITE LIES KÄPTN PENG & DIE TENTAKEL VON DELPHI • VAN HOLZEN • NERVO • OLIVER HELDENS GEORGE EZRA • RUDIMENTAL • DANNY BROWN • ANDY C • BEAR‘S DEN • SUNNERY JAMES & RYAN MARCIANO • METRONOMY • TOM ODELL • DUBIOZA KOLEKTIV WATSKY • THE KILLS • MAC DEMARCO • JAGWAR MA • GUSGUS • KENSINGTON VALENTINO KHAN • ANNE-MARIE • THE PRETTY RECKLESS • CLEAN BANDIT • DE STAAT Bassjacker • Alex Clare • The Vaccines • The Courteeners • U.V.M.

Sóley Endless Summer

Tickets sind bei ADticket erhältlich.

szigetfest.de

Morr / Indigo / VÖ 05.05.17

Ein Album wie ein warmer Wind nach einem langen Winter: Das dritte Album der isländischen Kunstpop-Fee könnte genauso gut »Everlasting Spring« heißen. sziget_anzeige_89x126.indd 1 Während bei Sóleys Debüt »We Sink« die Theatralik und bei ihrem Zweitwerk »Ask The Deep« die Düsternis im Vordergrund standen, schlägt die Isländerin auf »Endless Summer« erfrischend andere Töne an. Leichter und verspielter präsentiert sich die ehemalige Seabear-Keyboarderin; die Idee zu einer Öffnung gegenüber dem Positivismus und der Lebensverliebtheit kam ihr eines Nachts, als sie sich kurz und bündig fragte: »Why not write about hope and spring?« So klingt dieses Album dann tatsächlich auch weit mehr nach Frühling als nach Sommer. Das Vogelzwitschern kann man sich in diese acht wundervoll zärtlichen Weisen förmlich hineindenken, genauso wie nackte Füße auf einer grünen Wiese und Krokusse und Maiglöckchen. Zu minimalen Piano-Arrangements, die sie dezent um Streicher und SynthieFlächen ergänzt, singt Sóley engelsgleich und mit hingebungsvoll-träumerischer Intensität Liebeserklärungen an ihre kleine Tochter, das Leben und die Schönheit der Natur. Ihr größtes Kunststück liegt darin, dass sie tatsächlich jegliche Kitschfalle umgeht und schlicht wunderschön und herzergreifend innig klingt. Kristof Beuthner

LUKE SITAL-SINGH

09.04.17 10:50

DAS NEUE ALBUM TIME IS A RIDDLE AB DEM 12.05.2017 Will Stratton Rosewood Almanac Bella Union / Coop / PIAS / Rough Trade / VÖ 12.05.17


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#Review

KARSTEN JAHNKE KONZERTDIREKTION PRESENTS

23-08-2017 MÜNCHEN - ZENITH DAS NEUE ALBUM »IN • TER A • LI • A« AB DEM 05.05. ÜBERALL ERHÄLTLICH.

Raffiniert-komplexe Traurigkeits-Songs, die einfach und leicht klingen: Will Stratton, der Nick Drake der 2010er, liefert sein »Bryter Layter« ab: Meisterwerk! Der Vergleich mit Nick Drake hinkt eigentlich nur an einer Stelle wirklich: Will Stratton, gerade 30 geworden, kommt von der anderen Seite des Atlantiks, lebt im Staat New York. Ansonsten passt so einiges: von der sanften und doch markanten Stimme über die offenen Gitarren und oft kurzen, auf den ersten Eindruck fast skizzenhaft-verspielten Songs, die einen, lässt man sich auf sie ein, in tiefste Abgründe mitreißen können, bis hin zu dieser grübelnden Traurigkeit, die tief in die Knochen fährt und dort doch ein warmes Gefühl hinterlässt. Und auch Will Stratton flog bisher mit seiner Musik fast komplett unter dem Radar der Öffentlichkeit. Ein 2012 diagnostizierter und mittlerweile besiegter Hodenkrebs hat seine Spuren in vielen Texten des studierten Musikers und Philosophen, der zuletzt als Lehrer und Hausmeister in einem Studentenwohnheim arbeitete, hinterlassen. Das andere, das sich in den Lyrics wiederfindet, ist das Amerika, in dem Stratton lebt. Schließlich ist er jemand, der schon früh im Präsidentschaftswahlkampf einen Abschnitt aus Adornos Aufsatz »Antisemitismus und faschistische Propaganda« gepostet hat. Das Einzigartige an den gezupften, mit Piano und Streichern verzierten melodiösen Perlen dieses Melancholikers ist aber, dass sie höchst komplex komponiert sind, durch das Wissen um die Minimal Music Steve Reichs und Terry Rileys aber höchst unmittelbar und unprätentiös daherkommen. Sie schimmern in diesem besonderen frühlingshellgrünen Grau und lassen nicht mehr los – was sie schließlich aus Millionen anderen Folk- und Popsongs heraushebt. Bitte, Welt, sei so gut und entdecke diesen großen Songpoeten nicht wieder erst, wenn er bereits tot ist! Claudius Grigat

Tall Heights Neptune Masterworks / Sony

Das Bostoner Duo Tall Heights gleitet auf seinem Major-Label-Debüt durch ferne und geschmeidige Klanglandschaften, die fast ein bisschen zu schön klingen. Tim Harrington und Paul Wright machen seit 2009 gemeinsam Musik. Diese Vertrautheit ist in ihren sich gegenseitig umgarnenden Stimmen allgegenwärtig. Im Bostoner Raum sind sie schon lange ein großer Name, nachdem sie sich zuvor als Straßenmusiker verdingt hatten. Auf bisherigen Veröffentlichungen waren entsprechend weniger Synthesizer zu hören. Tall Heights haben »Neptune« lange Zeit reifen lassen, einige Songs sind mehrere Jahre alt. Das Ergebnis ist sanfter Folk mit elektronischem Unterbau, ab und an schwebt auch das von Wright gespielte Cello vorbei. Manche Titel sind so angenehm zu hören, dass sie zunächst beinahe zu wenig Eindruck hinterlassen. Auffallend hingegen ist »Backwards And Forwards« mit seinem unerwartet kantigen Beat oder die postapokalyptische Atmosphäre von »Infrared«. Das verträumte »Two Blue Eyes« rückt die unvergleichliche Harmonie zwischen Harringtons und Wrights Stimmen in den Vordergrund. Die Singles »Iron In The Fire« und »River Wider« wurden im Vorfeld hoch gelobt und sind poptechnisch so perfekt wie intensiv. Insbesondere Letztere erinnert mit ihrem lebhaften Cello-Part an die Kompositionen der kalifornischen Band Geographer. Elisabeth Haefs

#dour2017 www.dourfestival.eu/de

Adam Beyer, Alcest, All Them Witches, AmenRa, Anne-Marie, Apollonia, BAZART, The Black Madonna, Blonde Redhead, Carl Craig presents Versus Synthesizer Ensemble, Carpenter Brut, Chase & Status dj set & Rage, Circa Waves, Crystal Castles, De La Soul + live band, Die Antwoord, Dixon, Dubfire, Frànçois & The Atlas Mountains, French Montana, Grandaddy, Hanni El Khatib, Israël Vibration & Roots Radics, Jagwar Ma, Jon Hopkins dj set, Justice, Kaaris & Kalash Criminel, Kaytranada, Kevin Morby, Kölsch dj set, Larry Heard aka Mr Fingers Live, Lee Fields & The Expressions, M.I.A, Manudigital + Beenie Man, Metronomy, Millionaire, Naâman, NAS, Nina Kraviz, Noisia ‘Outer Edges’, Pendulum dj set & Verse, Perturbator, Phoenix, PNL, Popcaan, Pusha T, Rone live, Russ, RY X, SCH, Shobaleader One, Sleaford Mods, Solange, Solomun, St. Paul & The Broken Bones, Stand High Patrol, Tale Of Us, Talib Kweli & The Soul Rebels, Tchami, The Kills, The Strypes, The Underachievers, Timber Timbre, Todd Terje, Trentemøller, Two Door Cinema Club, Vald, Vitalic ODC live, Warhaus, Wax Tailor, Wilkinson live, Young Fathers, ... DOUR FESTIVAL, BELGIEN 5 Tage Liebe & Musik

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Heinz Strunk Die gläserne Milf Sony

Der Soundtrack zu Heinz Strunks »Jürgen« recycelt, ähnlich wie der Roman, viel bereits bekanntes Material. Eigentlich schien Heinz Strunk mit seinem Buch »Der goldene Handschuh« doch gerade das ewige Abarbeiten an der eigenen Biografie abgeschlossen zu haben und sich neuen Themen zuzuwenden. Falsch gedacht, denn jetzt geht es direkt im Doppelpack zurück in die Harburger Tristesse – im Roman »Jürgen« und mit dem dazugehörigen Soundtrack »Die gläserne Milf«. Die Songs und Hörspiel-Fragmente zeigen uns die trostlose Gedankenwelt des Protagonisten Jürgen Dose zwischen frustrierter Sexualität, langweiligstmöglichem Nachdenken über das optimale Abheften von Kontoauszügen und dem Traum, in Polen erschossen zu werden. Aber so, wie die autobiografisch inspirierte Geschichte viele bereits aus vorherigen Werken bekannte Elemente und Versatzstücke neu zusammenbastelt, bedient sich auch das Album an vorherigen Veröffentlichungen. Teile des Materials gab es schon im Hörspiel »Trittschall im Kriechkeller« zu hören, das die Geschichte von Jürgen Dose schon einmal erzählte; anderes wurde bereits mit Fraktus veröffentlicht. Strunk hat die Songs zwar neu aufgenommen, sie unterscheiden sich aber eher in Feinheiten von den Originalen. »Die gläserne Milf« ist also eher etwas für StrunkKomplettisten und Neulinge. Dominik Bruns

Tobias. Eyes In The Center Ostgut Ton / Rough Trade

Von Ostgut Ton kommt das BerghainGefühl wieder frei Haus: Tobias. spielt sich durch Maschinenhallen und kann damit mitreißen. »Hallo, biste wach?« So begrüßt das neue Album von Tobias. auf Ostgut Ton seine Hörer. Kick Drum, Hi-Hat und Snare sind die Fragenden. Wer da nicht aufwacht, ist schon nicht mehr am Leben. Während sich die müden Knochen langsam zusammenfügen, die Gelenke geölt werden, der Kreislauf in Trab kommt, wird man von Quasaren, Trompeten und Schaltkreisen begleitet. »Cr 24« (für das Element Chrom) macht allerbeste Arbeit als Opener für die mittlerweile dritte LP des Berghain-Residents. Danach folgt mit »Autopoiesis« auch schon der Lektüre-Schlüssel für alle Tracks: Strukturen, die sich selbst definieren. Rekursive Felder. Der Loop als Spiegelung und Weiterführung des Vorangegangenen. Verkopft und trotzdem leichtfüßig spielt sich Tobias. durch die letzten Jahrzehnte Techno und House und endet häufig auf Pfaden, die hauptsächlich von den Futuristen unter den Techno-Granden begangen wurden. Drexciya und die dritte Welle aus Detroit, Electro und Techno à la Jeff Mills. Unterwasserwelt und Weltraum, das sind die Koordinaten, in denen man Sound-synästhetisch landet. Eine wunderbare Schicht Maschinen-Funk liegt sorgfältig ausgebreitet unter fast allen Tracks. Eine Leichtigkeit, mit der von Loop zu Loop, von Beat zu Beat gedacht wird. Trotzdem fällt


#Review man leicht in einen Zustand, den man fast als romantische Melancholie beschreiben muss. »Eyes In The Center« ist ein furioser Trip, der jedoch nachdenklich zurücklässt. Lars Fleischmann

Trans Am California Hotel Thrill Jockey / Rough Trade

Mit einem beeindruckenden Stilmix geht Trans Ams druckvoll-euphorischer Postrock auch nach 20 Jahren völlig unpeinlich in die nächste Runde. Trans Am gehörten Mitte der 1990er neben Bands wie Tortoise oder Labradford zur Speerspitze der amerikanischen PostrockBewegung und waren dort die Ersten, die exzessiv mit Elektronik arbeiteten. Bis heute bewegt sich das Trio in seinem ganz eigenen Klanguniversum, ohne Angst vor Stilbrüchen oder vermeintlichen Geschmacksverirrungen. Äußerst wirkungsvoll und manchmal gnadenlos kombiniert die Band verfremdeten Chorgesang und verzerrte Gitarrenwände mit Funk und Progressive-Rock, eine geflangerte Bassgitarre mit tiefstmöglichem Digital-Bass oder Jean Michel Jarres Moog- und MicroKorg-Arrangements mit fiedeligen Gitarrensoli zwischen David-Gilmore-Karikatur, Steve-Hillage-Wahnsinn und John Martyns Echoplex-Experimenten. Das gute alte Laut/ Leise-Prinzip trifft auf spielfreudige Improvisationen und eine kitschig-pathetische Synthesizer-Ballade mit fiesem Vocoder-Gesang auf Kraut-Elektronik. Und dass Trans Am, wie Cover und Titel des Albums beweisen, eine Vorliebe für den im letzten Jahr verstorbenen Eagles-Gründer Glenn Frey haben, passt dann auch irgendwie ins weiträumige Gesamtbild. Andreas Brüning

zum Kitsch, aber das ist zu verzeihen bei diesem schönen, endlich nicht beliebigen elektronischen Pop. Paula Irmschler

Woman Happy Freedom Jakarta / Rough Trade / VÖ 12.05.17

»Happy Freedom« ist das wunderbare Afterhour- und Peak-Time-Debüt Womans. Sie können die Welt mit ihrer Musik besser machen. Am Rest können sie feilen. Die Formation Woman aus Köln legt mit ihrem Debütalbum »Happy Freedom« ihren Status als Geheimtipp ab. Sie schickt sich an, eine der Bands des Jahres zu werden, dabei wabert ihr Name bereits seit 2012 durch die Szene, erst nur in Köln, im vergangenen Jahr nach einigen Festivalauftritten dann auch im Rest des Landes. »Happy Freedom«, in Wien von Bilderbuch-Guru Adam Zebo produziert, ist sodann auch ein außerordentliches Debütalbum geworden. Eines, das sowohl in der Afterhour als auch in der Nacht funktioniert. Die Plattenfirma vermarktet es als kosmischelektronischen Pop. Klingt erst mal furchtbar bescheuert, macht auf der nächsten Ebene aber Sinn. Der Radiosender n-joy spricht von Synthie-Philosophen, was nicht nur furchtbar klingt, sondern auch vollkommener Quatsch ist. Trotzdem ist »Happy Freedom« musikalisch uneingeschränkt großartig, die Menschen werden es mögen. Aber bitte spart euch in Zukunft Aussagen wie »In dem Song geht es darum, das Träumen nicht aufzugeben, auch wenn man Angst davor hat, weil der Realitätsverlust zwischen den Häuserschluchten hinter jeder Ecke lauert«. Auf dieser Platte geht es um Musik und nicht um den Erdkern als Discokugel. Stephan Uersfeld

Freitag, 18. AUGUST 2017

LINGEN Open-Air-Platz EmslandArena Beginn: 19.00 Uhr, Einlass: 17.00 Uhr

r der Ticket-Hotline Vorverkaufsstellen, unte Tickets an allen bekannten w.emslandarena.com ww auf und 4 414 914 1 0591 912950 oder 059

music pool international präsentiert

OUR LIVES TOUR 2017

Vök Figure Nettwerk / ADA / Warner / VÖ 28.04.17

»Figure«, das Debüt von Vök, besitzt endlich wieder, was Synthie-Pop in den letzten Jahren verloren hatte: echte Sinnlichkeit. Um den The-xx-Vergleich kommt man bei Vök einfach nicht drum herum. Selten benutzte Buchstaben im Bandnamen, gemischtgeschlechtliche Konstellation, Schwarz/ Weiß-Ästhetik, geheimnisvolles Gehabe, Understatement und Downtempo. Aber Vök sind mehr als The xx, allein personell, weil zu viert. Sie hauen noch eine Schippe drauf, sind dicker, mutiger und fetziger – also quasi The xxl. Wie man es von Isländern erwartet, ist »Figure« gleichermaßen bescheiden wie verträumt. Seit der Gründung 2013 haben die Bandmitglieder an der Platte gearbeitet. Dem allzu elektronischen Klang der vorangegangenen EP »Circles« wurde hier mehr Seele verpasst, unter anderem durch den Neuzugang eines Schlagzeugers und die Aufnahme im Heimstudio. Zehn Songs sind es am Ende geworden, bei denen stets die mal hauchende, mal starke Stimme von Sängerin Margrét Rán den Ton angibt, sich durch die Nummern tänzelt. Drum herum weben sich melancholische, schwer atmosphärische Klänge, die bis hin zu Verzerrungen und sogar Auto-Tune reichen und alles tun, um den Hörer in andere Bewusstseinsebenen zu ziehen. Das geht teilweise bis an den Rand

Woods Love Is Love Woodsist

Woods lassen ihr Licht der Hoffnung scheinen. Sprachlosigkeit ist eine Option. Doch am Ende siegt die Liebe. Die New Yorker Hippies trotzen der Angst. »Love Is Love« kommt genau ein Jahr nach dem bisherigen Woods-Überalbum »City Sun Eater In The River Of Light«. Was soll auf dieses Wunderwerk folgen? Ganz klar: die beste EP des noch jungen Jahres. Eine Liebeserklärung an den Optimismus. Eingespielt in den dunklen Monaten nach der Trump-Wahl, in denen sich unter die Erschütterung erst eine Hoffnungslosigkeit und dann der Trotz mischte. Man muss ja weitermachen. Wenn in »Bleeding Blue« die Bläser einsetzen, wenn Sänger Jeremy Earl vorher erklärt: »I heard a voice inside my head, I am the wind, love’s not dead«, dann wissen wir, dass es so ist, dass uns der Unbill der Zeit nichts haben kann. Musik kann heilen. Sixties-Psychedelica, African Beats, Ethiopian Jazz. Melting Point New York. Im zentralen zehnminütigen »Spring Is In The Air«, direkt aus einem »Homeland«-Soundtrack geschnitten, spürt man die Ungewissheit, spürt man die Angst, das schleichende Gift, den inneren Kampf gegen die Sprachlosigkeit. Kaufen Sie »Love Is Love«! Wir werden siegen. Stephan Uersfeld

07.05.17 Freiburg Jazzhaus 09.05.17 Düsseldorf Savoy Theater

21.05.17 Köln Underground 22.05.17 Berlin Musik & Frieden 23.05.17 Hamburg Molotow

SUPPORT

08.05.17 Stuttgart clubCann 09.05.17 München Ampere 11.05.17 Leipzig Täubchenthal 12.05.17 Berlin Lido 13.05.17 Bremen Tower 16.05.17 Hamburg Knust 17.05.17 Frankfurt Zoom 24.05.17 Köln Club Bahnhof Ehrenfeld präsentiert von

26.09.17 Köln Stadtgarten 28.09.17 Berlin Silent Green 29.09.17 Hamburg Alabama Kino

Tickets an allen bekannnten VVK-Stellen oder unter www.music-pool.net

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#Intro empfiehlt

Ásgeir

The Big Moon

Bombino

British Sea Power

In der Vergangenheit wurde Ásgeir mit Künstlern wie Bon Iver, James Blake oder Kings Of Convenience verglichen. Dabei hat der Isländer, dessen Debüt rechnerisch in seinem Heimatland in jedem zehnten Haushalt steht, viel mehr zu bieten – neue Songs zum Beispiel.

Bei dieser Band steht Girlpower auf dem Plan. Das Londoner Quartett zieht es kurz vor dem Release seines Debütalbums noch einmal auf die Club-Bühnen. Gut gelaunten Lo-Fi-Indie und eine farbenfrohe Show darf man ebenso erwarten wie Sexappeal, der ein gewisses Understatement wahrt.

Nachdem der nigrische Gitarrist den Tuareg-Sound im vergangenen Jahr virtuos auf seinem Album »Azel« verfeinert hatte, kommt er nun für eine weitere Tournee nach Europa – diesmal sicher als Vorbereitung für ein kommendes Album.

Mit ihrem neuen Album »Let The Dancers Inherit The Party« verführen British Sea Power nicht nur wortwörtlich zum Tanzen, sondern liefern auch ihren eigenen Soundtrack für den Sommer.

— 09.05. Berlin — 10.05. Hamburg — 13.05. München — 17.05. Köln

— 07.05. Hamburg — 08.05. Berlin — 10.05. Köln

— 18.05. Hamburg — 19.05. Berlin — 21.05. A-Wien — 24.05. München — 25.05. Köln

— 02.05. Berlin — 04.05. Köln — 09.05. München

Howe Gelb

Miya Folick

INTRO EMPFIEHLT Bevor die kalifornische DreamPop-Songwriterin mit ihrer kommenden Veröffentlichung auf ihrem neuen Label, dem ruhmreichen Indie 4AD, die breitere Masse auf sich aufmerksam machen wird, geht sie mit ihren Song-Preziosen noch mal auf Tour durch kleinere Clubs.

Für alle von uns empfohlenen Touren verlosen wir jeweils 3×2 Tickets. Mail an tickets@intro.de Mehr Tour-Präsentationen unter intro.de/termine #intro empfiehlt

— 13.05. Berlin — 14.05. Hamburg — 15.05. München

Mit seiner verspielten Melancholie amerikanischer Prägung verstand es der Wüsten-Folk-Rocker und Giant-Sand-Mastermind Howe Gelb schon immer, die IndieMassen zu bewegen. Heute sitzt der Singer/Songwriter lieber am Klavier und versucht sich altersweise an Jazz. — 08.05. Stuttgart — 09.05. Dresden — 10.05. Berlin — 20.05. A-Wien

Love A

Mew

Emma Ruth Rundle

Albrecht Schrader

»Nichts ist neu« ist Love As neue oder besser nicht-neue Devise auf Albumlänge. Und tatsächlich bleiben sich die vier Punk-Musiker in den wesentlichen Punkten treu: rockige Instrumente, kratziger Gesang und Texte am Puls der Zeit.

Mew feiern in diesem Jahr ein doppeltes Jubiläum: Pünktlich zum Release ihres zehnten Albums »Visuals« im zwanzigsten Jahr ihrer Bandkarriere kommen die Space-Popper aus Kopenhagen auf Tour.

— 11.05. Münster — 12.05. Nürnberg — 13.05. Berlin — 24.05. Hamburg — 25.05. Düsseldorf — 26.05. Wiesbaden — 27.05. Leipzig

— 25.05. Köln — 26.05. Hamburg — 27.05. Neustrelitz

Schon in jungen Jahren lernte Emma Ruth Rundle die keltische Harfe und eine Fender Mustang zu spielen, bis sie mit 24 Jahren beschloss, eine Band zu gründen. Heute ist sie mit ihrer Mischung aus Folk, Ambient und Postrock solo unterwegs.

Endlich hat der Kölner PopTausendsassa sein Debütalbum fertigbekommen und mit Staatsakt genau das richtige Label für sich gefunden. »Nichtsdestotrotzdem« kommt er mit seiner Band und Texten zwischen Rocko Schamoni und den Türen auf Tour.

— 02.05. München — 03.05. Nürnberg — 04.05. Münster — 05.05. Berlin — 07.05. Hamburg

— 22.05. Berlin — 23.05. Hannover — 24.05. Hamburg — 25.05. Heidelberg — 26.05. Köln — Geht weiter!


#Intro empfiehlt

Basia Bulat

Cherry Glazerr

Day Wave

DMA’s

Nicht nur auf ihren vier Alben, sondern auch live setzt die kanadische Liedermacherin auf eine reichhaltige Instrumentierung. So wechselt sie gerne zwischen Gitarre, Tamburin, Ukulele, Keyboard und ihrem Markenzeichen, der Autoharp.

Die Noise-Pop-Band aus L.A. überstand nicht nur einen Besetzungswechsel, sie brachte auch ein deutlich frecheres Zweitwerk namens »Apocalipstick« heraus. Nun begibt sich das selbstbewusste Trio um Clem Creevy mit seinen feministischen Texten auf Tour.

Auch wenn Jackson Phillips die Instrumente seiner Musik solo einspielt, tritt der Kalifornier live am liebsten mit seiner Band und lässigem Surf-Pop-Charme auf – ganz im Stile seiner Vorbilder, der Beach Boys.

DMA’s, die australische Antwort auf Oasis? Eine Behauptung, die nur schwer von der Hand zu weisen ist. Dennoch haben die Freunde Johnny Took, Matt Mason und Tommy O’Dell neben Britpop live auch Garage-Appeal und IndieRock zu bieten.

— 29.05. Berlin — 30.05. Hamburg — 31.05. Bielefeld

— 13.05. Berlin — 15.05. Hamburg — 16.05. Köln

Happyness

Jake Isaac

The Japanese House

Kreidler

Sie waren schon im Vorprogramm von The Dandy Warhols und Suede sowie bei großen britischen Festivals wie Reading, Leeds und Green Man zu sehen. Nun treten die drei Londoner Multiinstrumentalisten – die ihre Instrumente auf der Bühne gerne untereinander tauschen – auch bei uns auf.

Bis jetzt hat der Londoner Singer/ Songwriter seine EPs in Eigenregie veröffentlicht. Mit seinem im Mai erscheinenden Debütalbum wird sich das ändern. Aber bevor es für ihn richtig losgeht, begibt sich Isaac erst einmal auf Europatour.

Den Namen ihres Projekts hat Amber Bain von einem Ferienhaus, in dem sie als Jugendliche oft Familienurlaube verbrachte. Auf ihrer neuen Platte bietet die Londonerin verträumten, warm klingenden Pop. — 02.05. Hamburg — 03.05. Berlin

— 09.05. Berlin — 10.05. Hamburg

— 08.05. Stuttgart — 09.05. München — 11.05. Leipzig — 12.05. Berlin — 13.05. Bremen — 16.05. Hamburg — 17.05. Frankfurt a. M. — 24.05. Köln

Die Düsseldorfer beehren ihre Fans wieder einmal mit ihrer ominösen Melange aus Electro-Akustik, Krautrock und neoklassischen Elementen und geben damit einen präapokalyptischen Einblick in ihr neues Album – spartanisch und unkonventionell.

Sóley

Splashh

Thee Oh Sees

Vimes

Ein zarter Gesang zwischen Freude und Melancholie, Nähe und Ferne: Auch mit ihrem neuen Album »Endless Summer« kommt Sóley ihren Fans erst sehr nahe, um im nächsten Moment wieder in der Ferne zu verschwimmen.

Im musikalischen Exil ist alles anders. Welche Geschichten sind es also wert, erzählt zu werden? Die Briten Splashh bringen Eindrücke aus ihren Wohnorten New York und London auf einer Platte zusammen. Wie das funktioniert, erzählen sie auf ihren Live-Shows.

Ein Glück, dass die Garage-Rocker Thee Oh Sees genügend Ausdauer besitzen. Ihre große US-Tour im letzten Jahr scheint sie kaum ermüdet zu haben. Schon im Mai kommt die Band anlässlich ihres 20-jährigen Bandjubiläums für zwei Konzerte nach Deutschland.

Bevor sich das Kölner Duo an den Nachfolger seines hochgelobten Debütalbums »Nights In Limbo« begibt, geht es mit seinem ausbalancierten Stil aus Pop, Electro und House noch einmal auf Club-Tournee.

— 04.05. Berlin — 06.05. Hamburg

— 06.05. Frankfurt a. M. — 08.05. Berlin

— 10.05. Köln — 11.05. Leipzig — 12.05. Berlin — 14.05. Frankfurt a. M.

— 15.05. Hamburg — 16.05. Berlin

— 08.05. Berlin — 09.05. München

— 17.05. Leipzig — 18.05. Berlin — Geht weiter!

— 02.05. Hamburg — 03.05. Berlin — 04.05. Oberhausen — 05.05. Bocholt

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#Termine

TOURDATEN ABAY mit Mat Reetz 24.04. Nürnberg 25.04. Mainz 26.04. Köln 27.04. Münster 28.04. Bremen 29.04. Hamburg Geht weiter!

Agnes Obel 24.05. Köln

Aldous Harding 29.05. Hamburg 30.05. Berlin

Alex Cameron 24.05. Köln 25.05. Leipzig 26.05. Berlin

All Diese Gewalt 05.05. A-Wien 07.05. München 09.05. Nürnberg 10.05. Dresden 11.05. Karlsruhe 12.05. Bielefeld 13.05. Bremen 14.05. Hamburg 15.05. Berlin

Angel Olsen mit Tim Darcy* 26.05. Berlin* 27.05. Neustrelitz 30.05. A-Wien

Empfohlen von Intro

AnnenMay­ Kantereit 01.05. Tübingen 04.05. München 08.05. Jena 10.05. Berlin 11.05. Hamburg

Antilopen Gang

25.05. Zwickau 27.05. Bischofswerda Geht weiter!

Aviv Geffen feat. Blackfield 28.05. Hamburg 29.05. Köln 30.05. Berlin

Beginner

27.05. Hannover Geht weiter!

Empfohlen von Intro

Bergfilm

29.04. Hannover 18.05. Karlsruhe 19.05. Stuttgart 20.05. Erfurt 21.05. Regensburg

Empfohlen von Intro

Bernd Begemann 04.05. Osnabrück Geht weiter!

Bing & Ruth 21.05. Berlin

Empfohlen von Intro

Binoculers 19.05. Braunschweig 20.05. Hannover 25.05. Ulm

Bryan Ferry

13.05. München 15.05. Düsseldorf 17.05. Hamburg 19.05. Berlin 22.05. Frankfurt a. M. 24.05. Baden-Baden 26.05. Leipzig

Empfohlen von Intro

Candelilla

24.04. Erfurt 25.04. Frankfurt a. M. 26.04. Nürnberg 27.04. Karlsruhe 28.04. Saarbrücken 29.04. Schorndorf

Captain Capa

05.05. Leipzig 12.05. Berlin 13.05. Hamburg 19.05. Düsseldorf 20.05. Nürnberg 26.05. Chemnitz

Chilly Gonzales & Kaiser Quartett

Depeche Mode 27.05. Leipzig

Dillon

04.05. Berlin 24.05. Frankfurt a. M.

The Dirty Nil

30.04. Hamburg 02.05. Dresden 03.05. Frankfurt a. M. 04.05. München 05.05. Stuttgart

The Districts 25.05. Berlin

Drangsal

24.05. München 25.05. Stuttgart 26.05. Köln 28.05. Münster 29.05. Hamburg 30.05. Berlin

Dune Rats

30.05. Köln 31.05. Wiesbaden

Egotronic

25.04. Leipzig 26.04. Berlin 27.04. Hamburg

25.04. Heidelberg* 26.04. Berlin* 27.04. Leipzig* 28.04. Dresden* 29.04. Hamburg* 12.05. Stuttgart 25.05. A-Wien* Geht weiter!

Einstürzende Neubauten

Claire

21.05. Köln 22.05. Berlin 23.05. Hamburg

26.05. Dortmund

Daniel Brandt & Eternal Something 15.05. Berlin

Deafheaven

28.04. Wiesbaden 02.05. Berlin 03.05. Leipzig

Deftones

27.04. Berlin 28.04. Hamburg 01.05. Köln

07.05. Freiburg 09.05. Düsseldorf

Formation

19.05. Hamburg 20.05. Berlin

Fotos

25.04. München 26.04. Leipzig 27.04. Berlin 28.04. Hamburg 29.04. Köln

Frances

Fuck Art, Let‘s Dance!

Einar Stray Orchestra

DAF

Fink’s Sunday Night Blues Club

Drunken Masters & Eskei83

Empfohlen von Intro

27.04. Frankfurt a. M. 28.04. Köln 29.04. Dresden 01.05. Leipzig 02.05. Hamburg 03.05. Berlin 05.05. München 06.05. Stuttgart 08.05. Nürnberg 09.05. A-Wien 11.05. Mannheim 12.05. Regensburg

30.04. A-Wien 01.05. Würzburg 11.05. Mainz 12.05. Hannover 13.05. Erlangen 14.05. Berlin

27.04. Hamburg 28.04. Berlin

03.05. A-Wien 15.05. Berlin

mit Mohna*

Fil Bo Riva

27.05. Kiel

13.05. Köln 19.05. Berlin 27.05. Kiel

Christian Löffler

Empfohlen von Intro

03.05. Köln Geht weiter!

El Perro del Mar 17.05. Berlin

Evan Dando

Faber

24.04. Köln 25.04. Heidelberg 26.04. Würzburg 27.04. Fulda 28.04. Augsburg 02.05. Berlin

Empfohlen von Intro

Fatoni

26.04. München 27.04. Leipzig 28.04. Hamburg 29.04. Köln 04.05. Berlin 05.05. Rostock 06.05. Flensburg 10.05. A-Wien 12.05. Lindau 13.05. Stuttgart Geht weiter!

Ferris MC

03.05. Hamburg 04.05. Berlin

12.05. Hamburg Geht weiter!

Giant Rooks

13.05. Erlangen 26.05. Lahnstein 31.05. Regensburg Geht weiter!

Gisbert zu Knyphausen

19.05. Würzburg 20.05. Aachen

Empfohlen von Intro

Glass Animals 27.04. Berlin 28.04. München 29.04. Köln

Half Japanese 21.05. Berlin

Hauschka

27.04. Nürnberg 04.05. Köln Geht weiter!

Hazel English

Helgi Jónsson

26.04. Hamburg 27.04. Leipzig 28.04. Wiesbaden 29.04. Karlsruhe 19.05. Köln 20.05. Heidelberg 21.05. Ludwigsburg Geht weiter!

Empfohlen von Intro

Hello Piedpiper 24.04. Hamburg 25.04. Berlin 26.04. Dresden 27.04. Osnabrück 28.04. Mannheim 29.04. Wiesbaden 30.04. Münster

Hercules & Love Affair 17.05. Heidelberg 18.05. Berlin

Honne

22.05. Köln

Imarhan

27.05. Hamburg 28.05. Berlin

Empfohlen von Intro

Immergut im Großen Haus mit Svavar Knutur, Lasse Matthiessen 25.05. Neustrelitz

Iron Maiden mit Shinedown

24.–25.04. Oberhausen 28.–29.04. Frankfurt a. M. 02.05. Hamburg

I Am Oak

11.05. Düsseldorf 12.05. Bremen 13.05. Hannover 14.05. Offenbach

Empfohlen von Intro

Jens Lekman 28.04. München 29.04. Hannover

Jakuzi

24.05. Berlin 26.05. Köln

Jesca Hoop

14.05. Hamburg 18.05. Berlin

The Jesus And Mary Chain 24.04. Berlin 25.04. Köln

Empfohlen von Intro

Joe Goddard 28.04. Berlin

John K. Samson & The Winter Wheat 05.05. Bremen 06.05. Hamburg 07.05. Hannover 09.05. Berlin 10.05. München 12.05. A-Wien 15.05. Heidelberg 17.05. Köln 23.05. Düsseldorf 24.05. Münster 25.05. Wiesbaden 26.05. Reutlingen

Joy Denalane

24.04. Berlin 25.04. Hamburg 26.04. Köln 27.04. München 29.04. Stuttgart 30.04. Heidelberg 02.05. Krefeld

Judith Holofernes mit Teitur 24.04. Hannover 25.04. Dresden 27.04. Bremen 28.04. Stuttgart 29.04. Freiburg

Julien Baker

24.05. Jena 25.05. Berlin 27.05. Neustrelitz 28.05. Hamburg 29.05. Münster 30.05. Heidelberg 31.05. München

15.05. Berlin 16.05. Hamburg

Da gehen wir hin

Heinz Strunk (Lesung)

Und wo geht ihr hin? intro.de #konzerte

25.04. Bielefeld 26.04. Köln 27.04. Soltau 28.04. Flensburg 01.–02.05. Hamburg 03.05. Dresden 04.05. Erlangen 05.05. München 06.05. Heidelberg 07.05. Darmstadt 08.05. Frankfurt a. M. 09.05. Hannover 10.05. Bochum 15.05. Kiel 19.05. Beverungen 20.05. Düsseldorf 21.05. Bremen 22.05. Berlin 23.05. Leipzig Geht weiter!

HGich.T

05.05. Nürnberg 19.05. München 20.05. Mainz

Tipps der Redaktion#252 Thomas Lorber Aerosmith Angel Olsen Immergut Festival Sóley Thee Oh Sees

Jörn »Osi« Osenberg Ásgeir Studio Braun Dune Rats Sleaford Mods Stormzy

Henrike Schröder Käptn Peng Faber Cardinal Sessions Festival Sleaford Mods Frotheim Open Air


#Termine Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi mit Pavlidis*, Lemur** 19.05. Hamburg* 20.05. Leipzig* 21.05. Berlin* 23.05. Köln* 24.05. Wiesbaden* 25.05. München* 27.05. A-Wien** Geht weiter!

Empfohlen von Intro

Karies

25.05. Stuttgart Geht weiter!

Keele

28.04. Hamburg 24.05. Oberhausen 25.05. Köln 27.05. Leipzig 28.05. Berlin Geht weiter!

Kele Okereke 17.05. Berlin

Kings Of Convenience 08.05. Hamburg

KISS

12.05. Dortmund 13.05. Stuttgart 18.05. München 21.05. A-Wien 23.05. Frankfurt a. M.

The Kooks

18.05. Berlin 19.05. Wiesbaden 20.05. München 21.05. Stuttgart 23.05. Hamburg 25.05. Köln

Kraków Loves Adana 25.04. Hamburg 26.04. Berlin 27.04. Dresden

Laetitia Sadier Source Ensemble 29.04. Köln 01.05. Hannover 02.05. Berlin 03.05. Hamburg 04.05. Stuttgart

Lambert

18.05. Hamburg 20.05. Berlin 25.05. A-Wien Geht weiter!

Levin Goes Lightly 13.05. Bremen 14.05. Hamburg 15.05. Berlin 16.05. Leipzig 17.05. München 18.05. Karlsruhe 19.05. Köln 20.05. Essen

Empfohlen von Intro

LGoony

26.04. Leipzig 27.04. Berlin 29.04. Würzburg 30.04. Essen 02.05. Nürnberg 05.05. München 06.05. A-Wien 07.05. Dresden 09.05. Stuttgart 11.05. Saarbrücken 12.05. Frankfurt a. M. 13.05. Münster 14.05. Hamburg

Low Roar

25.05. Köln 26.05. Frankfurt a. M.

Malky

05.05. Berlin 26.05. Bielefeld

Mando Diao 11.05. Berlin

Mario Batkovic 28.04. Berlin 13.05. Köln Geht weiter!

Marteria

13.05. Dresden 15.05. Würzburg 17.05. München 19.05. Heidelberg 20.05. Münster 21.05. Krefeld 22.05. Köln 24.05. Hamburg 25.05. Berlin 26.05. Rostock

Matze Rossi

26.04. Regensburg 27.04. Köln 28.04. Berlin 29.04. Hamburg

Meat Wave

04.05. Köln 05.05. Berlin 06.05. Hamburg

Megaloh

26.04. Würzburg 27.04. Ulm 28.04. Kaiserslautern 29.04. Heidelberg 30.04. Dresden

Empfohlen von Intro

Mighty Oaks mit Lion Sphere

25.04. München 26.04. A-Wien 28.04. Frankfurt a. M. 29.04. Köln 30.04. Stuttgart 02.05. Leipzig 03.05. Berlin

Empfohlen von Intro

Mile Me Deaf

Nikolaus Wolf 28.04. Siegsdorf 29.04. München 04.05. Bayreuth 05.05. Hemhof

Nisse

18.05. Köln 19.05. Hamburg 20.05. Berlin Geht weiter!

Odd Beholder 26.04. Berlin 27.04. München 28.04. Leipzig

Empfohlen von Intro

Oum Shatt 28.04. München 29.04. A-Wien 30.04. Ulm Geht weiter!

Empfohlen von Intro

Parcels

17.05. Düsseldorf Geht weiter!

Patrick Richardt 27.04. Osnabrück 11.05. Ulm

Paul Kalkbrenner

19.05. Frankfurt a. M. 26.05. München

Paul Weller

30.05. Hamburg 31.05. Berlin

Peaches

25.05. Frankfurt a. M. Geht weiter!

Rocky Votolato 07.05. Menden

The Rumour Said Fire 16.05. Mainz 18.05. Berlin 19.05. Hamburg 20.05. Köln

Samy Deluxe

01.05. A-Wien 03.05. Hannover Geht weiter!

03.05. München 06.05. Karlsruhe 07.05. Saarbrücken 08.05. Marburg 09.05. Hamburg 10.05. Kassel 11.05. Trier 12.05. Freiburg 13.05. Stuttgart

San Fermin

Mister & Mississippi

Seafret

17.05. Berlin 18.05. Hamburg 19.05. Köln

Mouse On The Keys 03.05. Würzburg 06.05. Hamburg 09.05. Berlin 11.05. Duisburg 12.05. Mainz

Mutter

28.04. Hamburg 29.04. Berlin 19.05. Ludwigshafen 20.05. München

Nicolas Sturm 27.05. Mainz Geht weiter!

25.05. Berlin

Schlachthofbronx 06.05. Hamburg

Schmutzki

13.05. Erlangen Geht weiter!

16.05. München 17.05. Stuttgart

Sean Rowe

30.05. Hamburg 31.05. Berlin

Seasick Steve

25.04. Bochum 26.04. Darmstadt 28.04. Dresden 30.04. Erfurt 01.05. Saarbrücken

She-Devils 25.05. Berlin

Sorority Noise 22.05. Köln 23.05. Hamburg

Empfohlen von Intro

Sookee

27.04. Jena 28.04. Erlangen 29.04. München 30.04. Heidelberg 11.05. Dresden 12.05. A-Wien 13.05. Passau 14.05. Regensburg 18.05. Hamburg 19.05. Hannover 20.05. Münster 25.05. Leipzig 26.05. Wiesbaden 27.05. Köln Geht weiter!

Helgi Jónsson

Queer Festival Mit dem in Deutschland einzigartigen Festival wird Heidelberg erneut Zentrum der nationalen und internationalen queeren Kulturszene. 2009 fand das Queer Festival zum ersten Mal statt – an einem Wochenende mit zwei Konzerten, einer Lesung und einer Partynacht. Mittlerweile ist die Dauer auf einen Monat angewachsen, die Besucherzahl hat sich vervielfacht, und das Angebot wurde erweitert. Mit einer Mischung aus Konzerten, Kunst, Performance, Lesungen, Kino und Diskussionsveranstaltungen ermöglicht das Festival einen umfangreichen Austausch unter den Gästen und holt zudem internationale Größen der queeren Musikszene nach Heidelberg. Henrike Schröder

Spaceman Spiff

27.04. Osnabrück 28.04. Dortmund 29.04. Wuppertal 02.05. Trier 03.05. Aachen 04.05. Köln 05.05. Lüneburg 06.05. Hannover 07.05. Rostock 23.05. Frankfurt a. M. Geht weiter!

Sportfreunde Stiller 28.04. Regensburg 29.04. Ulm 03.05. A-Wien 11.05. Göttingen 19.05. Potsdam 20.05. Stuttgart 22.05. Düsseldorf 23.05. Hannover 24.05. Saarbrücken 26.05. Dresden 27.05. Kiel

Stefanie Sargnagel 28.05. Tübingen 29.05. Tübingen 31.05. Aachen Geht weiter!

Stormzy

16.05. Berlin 17.05. Hamburg 20.05. Köln 23.05. Frankfurt a. M.

Studio Braun

25.05. Hamburg 30.05. Osnabrück 31.05. Köln Geht weiter!

Sylvan Esso 02.05. Berlin

Empfohlen von Intro

Tamikrest 24.04. Heidelberg 25.04. Köln 26.04. Koblenz 27.04. Hamburg 28.04. Berlin 03.05. Schorndorf 04.05. Wiesbaden Geht weiter!

Thomas Dybdahl 24.04. Berlin 04.05. Düsseldorf 08.05. München

Empfohlen von Intro

Turbostaat 25.04. Darmstadt 26.04. Erlangen 27.04. Marburg 28.04. Wolfsburg 29.04. Osnabrück 30.04. Potsdam

— 02.–30.05. Heidelberg — Bouillabass, Emily Wells, Helgi Jónsson, Hercules & Love Affair, Hey QT, Julien Baker, Massimiliano Pagliara, Mykki Blanco, Qmassaka, RosaKehlchen, Schrottgrenze, Zelia Fonseca u. v. a.

Tom Schilling & The Jazz Kids 02.05. Hannover 03.05. Münster 04.05. Leipzig 05.05. Gera 07.05. München 08.05. Heidelberg 09.05. Frankfurt a. M. 10.05. Köln 11.05. Hamburg 12.05. Berlin Geht weiter!

Tubbe

19.05. Bielefeld

Valerie June

02.05. Hamburg 04.05. Köln

Veedel Kaztro

04.05. Köln 20.05. Stuttgart 25.05. Frankfurt a. M. 26.05. Berlin 27.05. Leipzig 28.05. München Geht weiter!

VÖK

27.04. Hamburg 02.05. Köln 05.05. Berlin 12.05. A-Wien

Walking On Rivers 07.05. Dortmund Geht weiter!

Xiu Xiu mit Magic Island 02.05. München 03.05. Leipzig 04.05. Berlin 05.05. Hamburg 06.05. Köln 07.05. Nürnberg

White Wine

20.05. Hamburg Geht weiter!

Yasmine Hamdan 04.05. Berlin 05.05. Hamburg 07.05. Leipzig 09.05. Köln 10.05. Frankfurt a. M. 11.05. München

Die kommen, die Touren The 1975 (21.–25.06.) The Avalanches (28.06.–03.07.) Howling (27.–28.06.) John Bramwell (02.–08.06.) Minus The Bear (14.06.) Mitski (16.–18.06.) Pop-Abo mit Ewert And The Two Dragons (17.06.) Seu Jorge (06.06.)

Die kommen, die Festivals Abifestival Lingen (30.06.–01.07.) Docklands (17.06.) Hurricane/Southside (23.–25.06.) Kosmonaut (16.–17.06.) Millerntor Gallery (29.06.–02.07.) PULS Open Air (09.–10.06.) Rock am Ring/Rock im Park (02.–04.06.) Roskilde (24.06.–01.07.) Summerjam (30.06.– 02.07.) Traumzeit (16.–18.06.)

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#Live #Festival

PRIMAVERA SOUND Man kann es nicht anders sagen: In den ersten zwei Juni-Wochen sind die sonnendurchfluteten Städte Barcelona und Porto die Epizentren des avancierten Indie-Rock.

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ängst hat sich das Primavera Sound in Barcelona genauso wie seine kleine Schwester am darauffolgenden Wochenende in Porto zum maßgeblichen Sommer-Open-Air für Indie-Rock und Artverwandtes auf dem europäischen Festland etabliert. Wer all den üblichen Geschmacksverwirrungen der hiesigen Festivallandschaft entfliehen, aber trotzdem einmal im Jahr ein Festival feiern möchte, fährt ans balearische Meer oder eben etwas später an die Atlantikküste und bekommt für seine Mühen sogar mehr als »nur« ein erstklassiges

Line-up: Es ist kein Geheimnis, dass beide Städte auch touristisch jede Reise wert sind, Anfang Juni verlässlich über hervorragende Klimaverhältnisse verfügen und zudem wunderschöne Küstenstrände besitzen. Einziges Problem: Woher die Zeit nehmen, um all diese Vorzüge wirklich zu genießen? Denn auch wenn die Festivaltage beim Primavera Sound erst am frühen Abend beginnen, sind die KonzertOptionen bei bis zu acht Bühnen vielfältig. Dicht gemacht wird das Gelände erst am nicht mehr ganz so frühen Morgen. Außerdem ist

die ganze Woche vollgestopft mit einem über die ganze Stadt verteilten Tagesprogramm, das ClubGigs und Showcase-Auftritte genauso umfasst wie Ausstellungen oder Diskussionsveranstaltungen. Seinen Ruf hat sich das Primavera Sound aber vor allem über sein Line-up erarbeitet. Das ist schon erstaunlich: Bands, die bei Festivals von ähnlicher Größenordnung oft nur unter ferner liefen stattfinden, werden hier aufgrund ihres Underground-Legendenstatus’ gefeiert – und zwar nicht nur von einer kleinen, eingeschworenen Gemeinde, sondern vom

gesamten Publikum. Aus diesem Grund sind die US-MathrockHelden Shellac quasi Residents des Festivals und verbringen Jahr für Jahr ihren Sommerurlaub hier. Andere Bands dieser Kategorie haben beim Primavera in den vergangenen Jahren grandiose Live-Comebacks gefeiert: Pixies, Smashing Pumpkins, My Bloody Valentine, Refused, The Postal Service und Neutral Milk Hotel, um nur einige zu nennen. Mittlerweile kann man davon sprechen, dass es jede Bandkarriere veredelt, wenn man nach einer Pause mit einem Auftritt beim Primavera Sound auf die Bildfläche zurückkehrt. Es spricht nichts dagegen, dass auch die diesjährige Ausgabe der Festivalschwestern diese Tradition fortsetzen wird. Ein heißer Kandidat für die Legendenbildung ist etwa der Comeback-Auftritt von The Make-Up. Wahrscheinlich wäre allein schon dieses Konzert die Reise nach Südeuropa wert. Christian Steinbrink — 31.05.–04.06. E-Barcelona — Aphex Twin, Arcade Fire, Bon Iver, Broken Social Scene, Descendents, Flying Lotus, Frank Ocean, Front 242, Grace Jones, Japandroids, Kate Tempest, King Krule, Mac DeMarco, Metronomy, Run The Jewels, Saint Etienne, Sampha, Shellac, Sinkane, Skepta, Skinny Puppy, Slayer, Sleaford Mods, Solange, Swans, Teenage Fanclub, Afghan Whigs, The Magnetic Fields, The Make-Up, The Wave Pictures, The xx, Van Morrison, Wild Beasts, Young Marco u. v. a. — 08.–11.06. P-Porto — Aphex Twin, Bon Iver, Flying Lotus, Grandaddy, Japandroids, Julien Baker, Justice, Metronomy, Mitski, Nicolas Jaar, Run The Jewels, Sampha, Skepta, Sleaford Mods, Swans, Teenage Fanclub u. v. a.

MOERS FESTIVAL Mit einer neuen künstlerischen Leitung versucht das Moers Festival, seine ruhmreiche Tradition weiterzuentwickeln.

Kaum ein Festival Westdeutschlands hat eine ähnlich lange und reiche Tradition wie das in Moers. Umso dramatischer schienen die Meldungen Ende des letzten Jahres, dass es auf der Kippe stehe. Zum Glück haben Veranstalter und Organisatoren noch mal die Kurve bekommen. Mit dem Musiker Tim Isfort und seinem Team bekam das Festival eine neue künstlerische Leitung, deren Arbeit man dem diesjährigen Programm schon deutlich anmerkt. Das Festival, das seine Wurzeln im Free Jazz hat und dessen stilistische Spannbreite so groß ist wie bei nur wenigen anderen Open Airs, ist in vielen Genres in die Tiefe gegangen und hat Geheimtipps und Schätze

zutage gefördert. Jazz spielt dabei natürlich noch immer eine gewichtige Rolle, daneben reichen die stilistischen Auswüchse aber auch in Folk und Pop sowie experimentelle und folkloristische Spielarten aus vielen Teilen der Welt. Dadurch ergibt sich ein Programm, das man von vorne bis hinten entdecken und genießen kann. Christian Steinbrink

— 02.-05.06. Moers — ADHD 6, Anthony Braxton, Battle Trance, Brian Blade, Carolin Pook, Cocaine Piss, De Beren Gieren, Dorian Wood, Dub Trio, Elew Trio, Ensemble Crush, Frank Stanzl, Il Lusorius, Ingrid Laubrock, Jean-Paul Bourelly & Gert Neumann, John-Dennis Renken, Julien Baker, Keune / Lash / Noble, Mette Rasmussen, Miller’s Tale, Nuit à Ngwaka, Oathbreaker, Pantra Sein Hla Myaing, Philipp Gropper’s Philm, Radio Kinshasa, Rubatong, Satanique Samba Trio, Spacepilot, Swans, The Bad Plus, Yegor Zabelov u. v. a.

Julien Baker


#Live #Festival

IMMERGUT

Music Sneak in der Jahrhunderthalle

Der Immergutrocken e.V. lädt wieder zum Anbaden an die Mecklenburgische Seenplatte und markiert damit wie immer den sehnsüchtig erwarteten Beginn der Open-Air-Saison.

Endlich volljährig! Die Indie-Institution Immergut wird 18 Jahre alt, das muss gefeiert werden, womit direkt der Festival-Donnerstag beginnt. An den weiteren Tagen warten nicht nur das immer gute Musikprogramm, sondern auch Lesungen von Schorsch Kamerun, Jens Balzer, Ronja von Rönne und das legendäre Fußballturnier. Natürlich locken auch der einladende See oder der Planet Disko, auf dem das Raumschiff Indie am Ende eines jeden Freitags und Samstags landet, wenn auf den Festivalbühnen Schluss gemacht wird. Carsten Schumacher

Die Jahrhunderthalle holt die Sneak Preview aus dem Kino in den Konzertsaal: Einmal im Monat stellt die Frankfurter Konzerthalle im neu eröffneten Club drei Newcomer vor.

— 25.–27.05. Neustrelitz — !!! (Chk Chk Chk), Angel Olsen, Broken Social Scene, Christian Löffler, Die Höchste Eisenbahn, Giant Rooks, Jens Balzer, Julien Baker, Local Natives, Motorama, Preoccupations, Ronja von Rönne, Schorsch Kamerun, Sinkane, Voodoo Jürgens u. v. a.

ORANGE BLOSSOM SPECIAL Die 21. Ausgabe des Orange Blossom Special läuft unter dem Motto »Nothing this beautiful«. Tatsächlich ist nichts so schön, wie mit Freunden in Grillparty-Atmosphäre in einer Gartenanlage hinter einer Gründerzeitvilla gute Bands und Künstler live zu erleben. Das dreitägige Festival stellt erneut ein internationales Line-up mit um die 25 Acts auf. Leider ist es bereits ausverkauft, wir raten aber zu einem kurzen Blick in unser Quiz auf Seite 30. AnnenMayKantereit

Pfingsten nicht mit der Familie, aber in familiärer Atmosphäre verbringen und dazu noch Musik lauschen? Gerne doch. Dafür muss man nur nach Beverungen fahren.

Helen von Daacke — 02.–04.06. Beverungen — AnnenMayKantereit, Blaudzun, Christine Owman, Faber, Giant Rooks, Gurr, HEIM, Immanu El, Julia Jacklin, Messer, Moddi, Odd Couple, Ove, Schreng Schreng & La La, Steve Waitt, Teksti-TV 666, The DeSoto Caucus, Wayne Graham, Yes We Mystic u. v. a.

ACHT BRÜCKEN FESTIVAL Das Zusammenspiel von Musik und Sprache wird in diesem Jahr zum Gegenstand des stilverbindenden zehntägigen Acht Brücken Festivals in Köln.

»Ton. Satz. Laut.« ist das Motto des Acht Brücken Festivals 2017, und schon das Programm macht sehr neugierig, was da so aufeinandertrifft. Zwei Orgeln im Gespräch, HipHop unplugged, Trommelsprachen und ein Willkommenschor. An verschiedenen Stellen der Stadt am Rhein wird in äußerst verschiedenen Klangsprachen zu dem gesetzten Thema geforscht und probiert oder einfach in Perfektion performt. Einmal sogar in einer Lagerstätte für mobile Hochwasserschutzelemente. Ein toller Brückenschlag zwischen Hochkultur und Pop-Experiment. Carsten Schumacher

Seit mehr als 50 Jahren ist die Jahrhunderthalle in Frankfurt Heimat für renommierte Ballettensembles und klassische Orchesterkonzerte. Nachdem hier auch Konzerte von Künstlern wie Jimi Hendrix, Janis Joplin, Frank Sinatra und Rihanna stattfanden, baut die Jahrhunderthalle ihr Programm jetzt weiter aus: Das ehemalige Restaurant wurde zum Club – einem gemütlichen Vintage-Mikrokosmos, passend zu der 1960er-Bar der Jahrhunderthalle. Und anstelle von weltbekannten Musikern stehen jetzt jeden Monat drei neue Talente auf der Bühne. Dabei bleiben die Künstler – ganz im Sinne einer Sneak Preview – bis zum Konzert geheim. Henrike Schröder — 26.05. Frankfurt a. M. — Überraschung

Riviera Pop Pop-Festival trifft auf Strandurlaub: Ende Mai findet das Jazzville erstmals unter neuem Namen, mit mehr Besuchern, einer zusätzlichen Bühne und einer größeren Musikvielfalt statt.

Nachdem eine weitere Ausgabe des Jazzville erst für den Herbst 2016 angesetzt war, dann jedoch verschoben werden musste, findet es nun Ende Mai unter dem neuen Namen Riviera Pop statt. Am Weissenhäuser Strand bietet das selbst ernannte »Festival mit Me(e)hrwert« neben Workshop-, Sport- und Wellnessangeboten Konzerte von Künstlern und Bands aus den Bereichen Pop, Jazz und Soul. Und dann gibt’s da ja auch noch die Ostsee, eine Steilküste, naturbelassene Dünen und einen wunderschönen Sandstrand als Teil des Festivalgeländes – fußläufig von den verschiedenen Unterkünften erreichbar. Henrike Schröder

— 28.04.–07.05. Köln — Camilla Hoitenga, DJ Swingjac, Duo Lit, Einstürzende Neubauten, Hendrika Entzian Quartett, Inna Modja, Julia Trompeter, Käptn Peng, Malikah, Mivos Quartet, Project Stix, Saul Williams, Scott Fields, Stargaze, Toshio Hosokawa, Uschi Galore, Xaver Römer u. v. a.

— 19.–21.05. Wangels — Alex Clare, Alice Merton, DePhazz, Intergalactic Lovers, Joy Denalane, Judah & The Lion, Matt Simmons, Max Giesinger, Roachford, Skinny Living, Tom Odell u. v. a.

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#Live #Festival

Unter einem Dach Festival

Cardinal Sessions V

Ein Tag, vier Bühnen, 16 Künstler – fertig ist das Unter einem Dach im E-Werk Erlangen. Fast.

Mit dem ersten kleinen Jubiläum kommt auch die Erweiterung des Festivals: Die fünfte Ausgabe des Cardinal Sessions Festivals wird im Mai in gleich drei Städten stattfinden.

Musikentdecker werden sich auf dem kleinen Festival gut aufgehoben fühlen, da neben großen Acts immer auch Newcomer, Geheimtipps und lokale Größen aufschlagen. Nicht nur für Erlangener eine willkommene Abwechslung. Einen musikalischen Schwerpunkt oder Headliner gibt es nicht – gerade das ist der Anspruch. Alles kann, nichts muss, die Musik steht im Vordergrund. Die Melange reicht von Folk- und Indierock über Singer/Songwriter, Psychedelic-Rap und Electro-Pop bis zu AkkordeonRock. Dieses Jahr findet das EinTages-Festival, das eher wie ein langer Konzertabend funktioniert, zum letzten Mal in der Kulturinstitution E-Werk statt. Auf zwei Stockwerken bilden Bühnen im Kino, Club und Garten und eine zusätzliche Open-Air-Stage im Außenbereich das Festivalgelände. Mit einer Aftershow-Party nach den Konzerten klingt das MiniFestival aus. Helen von Daacke — 13.05. Erlangen — A Tale Of Golden Keys, Angiz, Bergfilm, Boy Omega, Chapter 5, Christian Kjellvander, Erlanger Kneipenchor, Fil Bo Riva, Giant Rooks, Goldroger, Hanna Leess, Leoniden, Linda Rum, Max Prosa, Schmutzki, Siegfried & Joy u. v. a.

WFESTIVAL

Agnes Obel

Bisher nannte sich das W-Festival Women Of The World. Trotz des Namens in Kurzform ist die Botschaft die gleiche geblieben.

Das Frankfurter Festival mit dem Anspruch, Künstlerinnen in den Fokus von Musikliebhabern und Veranstaltern zu rücken, findet in diesem Jahr zum sechsten Mal statt. In acht verschiedenen Locations rund um die Zeil stehen an drei Abenden ausschließlich Musikerinnen mit ihren Bands auf der Bühne. Die Umbenennung des Festivals erfolgte bereits im vergangenen Jahr. Es ging dabei vornehmlich darum, Klischees zu vermeiden. Seine Motivation ist jedoch dieselbe geblieben. Alle sind willkommen, die sich von musikschaffenden Frauen inspirieren, begeistern und unterhalten lassen wollen. Damit unternimmt das Festival den engagierten Versuch, die Grenzen der männerdominierten Musiklandschaft aufzubrechen. Vier Konzerte werden in diesem Jahr von Intro präsentiert: der Auftritt der deutsch-brasilianischen Künstlerin Dillon am Mittwoch sowie drei weitere Acts am Donnerstag: Die Provokateurin und Electroclash-Künstlerin Peaches, das Pop-Duo Boy und die dänische Singer/ Songwriterin Agnes Obel. Neben den Konzerten bereits etablierter Stars bietet das W-Festival auch Newcomerinnen eine Bühne. Ein Contest gibt dem Nachwuchs die Möglichkeit, einen Auftritt im Hauptprogramm zu gewinnen. Neben den musikalischen Highlights gibt es auch ein umfangreiches Rahmenprogramm. Es geht eben darum, das Bewusstsein für Gleichberechtigung in der Musiklandschaft über Geschlechtergrenzen hinaus zu schärfen.

Schon seit 2010 präsentieren die Studenten Lenny, Timo und Alex bei den Cardinal Sessions ihre Lieblingskünstler so, wie man sie in offiziellen Musikvideos nicht kennenlernt: reduziert auf Stimme und Instrument – aufgenommen auf Feldwegen, Innenhöfen oder Backstage bei Festivals. Schon über 500 Videos sind so zusammengekommen. Ein paar Jahre später wurde das Konzept der Cardinal Sessions – besondere Akustiksessions zu organisieren und aufzunehmen, um sie dann über YouTube zu verbreiten – durch ein eigenes Festival ergänzt: Sie entfernten YouTube als Zwischenschritt und nahmen stattdessen den Verstärker hinzu. Zweimal im Jahr organisieren sie seitdem das Cardinal Sessions Festival mit Newcomern verschiedenster Genres. Mitte Mai feiert es mit der fünften Ausgabe bereits das erste kleine Jubiläum und startet dabei vor Köln und Hamburg erstmals im Berliner Musik & Frieden. Henrike Schröder — 18.–20.05. Berlin, Hamburg & Köln — Woman, Leyya, The Rumour Said Fire, Sion Hill, Brother Grimm, Freddie Dickson, Fazerdaze (nicht in Berlin)

Helen von Daacke — 24.–27.05. Frankfurt a. M. — Agnes Obel*, Alexa Feser, Birdy, Blues Pills, Boy*, Dillon*, Imany, Leona Berlin, Martina Schwarzmann & Claudia Koreck, Paradisia, Peaches*, Rebekka Bakken, Ute Lemper —* Intro empfiehlt Hanna Leess

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Es dauert noch eine kleine Weile, bevor das MELT vom 14. bis zum 16. Juli sein 20. Jubiläum feiert. Aber wir wollen schon mal die Vorfreude schüren und ein wenig auf die Geschichte des MELT schauen, zu dem auch wir eine sehr enge Verbindung haben. Deshalb sprachen wir zum Beispiel mit Ellen Allien, die seit dem ersten MELT 1997 dort jedes Jahr auflegt. Und wir schauen mit Booker Stefan Lehmkuhl auf die Entwicklungen des Line20 1 2 3 ups der letzten 20 Jahre. Tipps für das Festival 9 1 und die Zeit drum rum gibt es natürlich auch. Viel Spaß beim Lesen und: Wir sehen uns im Juli in Gräfenhainichen!

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Foto: Bartosz Ludwinski

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DER NEUE TOYOTA

URBAN. LIFE. STYLE.

DER NEWCOMER DER SAISON. Erlebe den neuen Toyota C-HR, Sponsor des Melt 2017. Genieß besten Sound in Ferropolis – und unterwegs: Dank JBL®-Soundsystem gibt’s mit dem außergewöhnlichen Crossover immer satt was auf die Ohren. Jetzt mehr erfahren unter toyota.de/C-HR

JBL ist eine eingetragene Marke der Harman International Industries, Inc.

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»Eine unglaubliche Kulisse, um Musik zu hören. Es ist großartig hier.« Roisín Murphy

»Wir sind hier zu Hause.«

Fotos: Florian Schüppel

Phoenix

»Das Melt ist eines dieser Festivals, das du nie wieder vergisst. Die Kulisse und das Gelände sind sehr eindrucksvoll. Ich mag das Line-up und wie man sich nicht darum schert, ob ein Künstler nun Techno spielt oder Gitarrenrock, wenn er nur gut ist.« Jamie XX


»Obwohl ich viele unglaubliche Erinnerungen an die DJ-Stages des Melt Festivals habe, freue ich mich doch wahnsinnig darauf, dass ich zum Jubiläum meine neueste audiovisuelle Show auf die Mainstage bringen kann.« Richie Hawtin

»Voll krasse Liebe hier. Geile Menschen, geile Tage, ausgezeichnete Bühnen. Bis zum nächsten Mal.« Festivalgast Johannes Riggelsen auf Facebook


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»Das Melt ist ein Festival, das bei den Bands beliebt ist. Lange bevor wir selbst dort spielten, hatten wir schon von anderen Bands gehört, wie fantastisch es dort wäre.« Metronomy

»Dieses Melt hat mein Hirn zerfickt. Ich hätte mir kein besseres Wochenende ausmalen können. Die Musik war irre, aber all die Leute, die ich auf dem Campingplatz kennengelernt habe und dieser erstaunliche Flow des Festivals haben es zu einer ganz besonderen Erfahrung gemacht. Ich als Amerikaner muss euch sagen: So was Geiles haben wir bei uns nicht!»

Fotos: Florian Schüppel

Festivalgast Asteri Os auf Facebook


»ICH FREUE MICH SEHR, DASS DAS MELT NOCH DA IST« ELLEN ALLIEN ÜBER DAS MELT

Weil Geschichtsstunden stinklangweilig sind, sparen wir uns an dieser Stelle den obligatorischen schulbuchartigen Text über die Entstehung und Historie des MELT Festivals. Stattdessen lassen wir Ellen Allien zu Wort kommen, die seit dem ersten MELT 1997 Teil des Line-ups und mit ihrem traditionellen Set auf dem Sleepless Floor ein fixer Anlaufpunkt ist. Beim Skype-Plausch verriet sie, was ihr das MELT bedeutet, und wie sie überhaupt dazu gekommen ist. Und da ihre Erzählung einen ähnlich smoothen Flow hat wie ihre Sets, geben wir das Ganze hier als Protokoll wieder.

Open-Airs im Berliner Umland – nicht nur unter diesem Aspekt, auch international betrachtet, denn das Line-up ist schon recht einmalig. Vor allem, weil dort auch junge Künstlerinnen und Künstler eine Chance bekommen. Wer es richtig anstellt und einen guten Slot hat, kann sich dort sogar eine Liga höher spielen. Die Acts meines Labels BPitch Control spielen auch deshalb gerne dort – Dillon zum Beispiel, oder Aérea Negrot. Durch das zunehmend internationalere Publikum kommt es allerdings auch vor, dass sogar ich noch

Foto: Stini Röhrs

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n den Neunzigern gab es am Prenzlauer Berg ganz in meiner Nähe den tollen Plattenladen Melting Point. Das war ein Zusammenschluss von Leuten aus West- und Ost-Deutschland. Die waren in OstBerlin sehr umtriebig, hatten mit der Pfefferbank ihren eigenen Techno-Club neben der legendären TechnoInstitution Pfefferberg. Also lag die Idee nahe, ein Festival zu machen – auch der Name Melt ergab sich daraus. Weil wir uns kannten, fragten sie, ob ich dort spielen wolle. Den Melting Point gibt es heute übrigens immer noch, der Laden ist in die Kastanienallee gezogen. Da gibt’s viel Secondhand, aber auch ganz coole Indiemusik und Electronica, der Laden hat also eine ähnliche Ausrichtung wie das Melt. Das erste Melt fand in Brandenburg statt, und ich habe sehr schöne Erinnerungen daran. Es hat nicht geregnet, das Gelände war toll, es gab dort viele Bäume, und die Stimmung war sehr familiär. Ich glaube, es fing mit circa 500 Leuten an, dann wurden es um die 800, später 2000. Ich glaube, es war dieses Family-Gefühl, das mich schon früh begeistert hat. Die Macher waren supernett und haben das Ding souverän hochgerockt. 1999 kam dann der Umzug nach Ferropolis auf das größere Gelände, wo die Gründer es bis 2002 weiterführten. 2003 pausierte man, bevor 2004 die IntroLeute einstiegen. Ich finde, das neue Team hat souverän weitergeführt, was die Melt-Gründer aufgebaut hatten. Deshalb von mir an dieser Stelle noch mal ein: »Herzlichen Glückwunsch.« Ich freue mich sehr darüber, dass das Melt noch da ist. Da trifft seit Jahren immer noch Ost- und West-Kultur aufeinander, und deshalb ist es meiner Meinung nach auch eines der wichtigsten


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neu entdeckt werde. Irgendwann stand mal ein Mädel vor mir und schwärmte, sie hätte mich zum ersten Mal auf dem Sleepless Floor gesehen und wäre jetzt Fan. Gerade, weil ich die Melt-History so gut kenne und ein kleiner Teil von ihr bin, finde ich es schön, da immer noch spielen zu dürfen. Es ist geil und irgendwie auch romantisch, wenn jedes Jahr die Vergangenheit wieder hochkommt und mit dem Jetzt zusammengeworfen wird. Ich merke auch, dass mein Set auf dem Sleepless für einige zum Anlaufpunkt geworden ist. Obwohl das ja von mir nie intendiert war, sondern sich zufällig entwickelt hat. Die Leute haben sich den Floor selbst genommen, was natürlich geil ist. Vielleicht kann ich genau deshalb auch die Intensität dort spüren und weitergeben. Ich bin ja selbst eine leidenschaftliche Raverin, also will ich mit meinen Sets etwas Besonderes erschaffen. Etwas Hypnotisches oder etwas, das die Leute dazu bringt, aus dem realen Leben auszusteigen und in eine neue Welt einzutauchen. Mit meiner Musik will ich auf eine Körperreise einladen. Im Kapitalismus soll der Körper ja immer mehr ausgeschaltet werden, alle müssen den ganzen Tag im Büro sitzen und nur mit ihrem Hirn und dem Laptop arbeiten. Ich sage aber: Mehr Rausgehen, mehr Sex, mehr Bewegung – und man fühlt sich gleich besser! Meine Musik soll daran erinnern. Auf dem Melt trifft sich außerdem jedes Jahr die Berliner Club- und Label-Landschaft. Viele, weil sie oder ihre Freunde dort spielen. Ich würde mir aber dennoch wünschen, dass mehr Menschen aus Berlin das Melt wieder regelmäßig besuchen. Die sind ja prinzipiell nicht so beweglich, weil sie sowieso eine megageniale Clublandschaft vor der Nase haben: Sisyphos, Schwuz, Else, Ipse und wie sie alle heißen – diese kleinen wilden Inseln, die neben Schlachtschiffen wie dem Berghain und Tresor existieren. Aber hey: So was wie das Melt

gibt es nur ein Mal im Jahr! Fahrt doch mal raus und supportet es! Ich jedenfalls freue mich schon jetzt auf mein Set, auf die Konzerte und vor allem auf die Shows am Sonntag. Die waren immer super: Massive Attack oder Portishead zum Beispiel. Die Sonntage haben immer so eine schöne Stimmung, wenn noch mal Großes auf der Bühne passiert, alle aber schon ein wenig runtergefahren haben und das Festival langsam ausleiern lassen. Also denn: Wir sehen uns beim Melt!


IM WECHSEL DER TRENDGEZEITEN

STEFAN LEHMKUHL ÜBER DAS BOOKING DES MELT

Im Jahr 2004 »adoptierte« Intro das MELT Festival, nachdem es im Vorjahr pausieren musste und seine Zukunft ungewiss war. Das Booking übernahm fortan Stefan Lehmkuhl, und daran hat sich bis heute nichts geändert. Im Interview mit Daniel Koch spricht er über den Wechsel der Genre-Gezeiten, erhebende MELT-Momente, nächtliche Panikattacken und die Philosophie des Festivals. Außerdem gibt er Ausblicke auf die Veränderungen und Neuerungen im Jubiläumsjahr. Festivalbooker ist ja nicht wirklich ein Ausbildungsberuf. Deshalb mal ganz allgemein gefragt: Wie bist du da eigentlich reingeraten? Als das Melt damals pausieren musste, war ich noch Terminredakteur und außerdem bei Intro und Festivalguide für die Medienpartnerschaften zuständig. Darüber kannte ich die Melt-Gründer. Außerdem gab es private Überschneidungen in unseren Freundeskreisen. Als sie mich damals anriefen, um mir zu sagen, dass das Melt eine Pause einlegen muss und eventuell nicht weiter existieren wird, überlegten wir bei Intro gerade, ein eigenes Open Air zu machen. Es gab schon die »Intro Intim«-Konzertreihe und »Introducing«-Abende mit mehreren Bands, da erschien das der logische nächste Schritt. Als die Nachricht vom Melt kam, haben wir umgedacht und vorgeschlagen, bei ihnen mit einzusteigen. Sie hatten das tolle Gelände in Ferropolis, einen tollen Namen, eine sehr gute Reputation, die weitaus größer war als die tatsächliche Besucherzahl, und es war ein Multi-Genre-Festival, passte also gut zu uns. Intro war ja damals wie heute offen für neue Musik, egal, aus welchem Genre. Und das Melt war eine der ganz wenigen Veranstaltungen, die tatsächlich Techno mit Indierock vermischten. Also knickten wir unsere eigenen Pläne und haben das Melt 2004 gemeinsam gestemmt – mit

Kele mit Leidenschaft

Einschränkungen, denn die Gründer sind dann kurz vor dem Festival ausgestiegen. Man könnte also sagen, wir haben es adoptiert. Seit einigen Jahren ist das Melt zwar noch Teil derselben Unternehmensgruppe, aber nicht mehr direkt bei Intro angedockt. Aber warum musstest du das Booking übernehmen? Das liegt ja nicht gerade im Aufgabenbereich eines Redakteurs. Das Team war damals so klein, dass eh jeder alles machen musste. Ich hatte schon seit drei, vier Jahren Booking-Erfahrungen gesammelt, weil ich die »Intro Intim«- und »Introducing«-Shows gebucht habe. Festivalerfahrung hatte ich natürlich noch nicht so wirklich. Da haben die Gründer im ersten Jahr noch viel Wissen vermittelt. In den Jahren darauf war Learning by Doing angesagt, bis wir es nach und nach professionalisiert haben. Kannst du dich an einen konkreten Moment in deinem ersten Jahr erinnern, an dem du dachtest: Das läuft? [lacht] Meine Haupterinnerung sind leider meine nächtlichen Panikattacken. Das Team hat in einem Schlafsaal gepennt, und ich bin oft nachts wach geworden, wenn sich jemand zu laut bewegte. Ich konnte dann nicht einschlafen, weil ich die nackte Angst hatte, dass alles schiefgehen und eben NICHT laufen würde. Aber es gab doch sicher auch erfreuliche Erinnerungen? Klar. Ich nenne das immer »Melt-Momente«. Mein erster war bei The Streets. Die waren 2004 Headliner. Da war eine super Stimmung vor der Bühne, und irgendwie lag diese Magie in der Luft. Ich hatte Gänsehaut, als ich sah, dass alle glücklich feierten. Es waren zwar nur 5000 Besucherinnen und Besucher da, und so wirklich finanziell erfolgreich war das Melt nicht, aber bei diesem Anblick waren jegliche Fragen, ob man weitermacht, gegessen. Da merkte ich, dass die Leute zufrieden nach Hause fahren und ihren Freunden davon erzählen werden.

Foto (Stefan Lehmkuhl): Patrick Essex

Stefan Lehmkuhl mit Fahrrad


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Genug Nostalgie. Mir gefällt am Melt immer noch besonders, dass ich in jedem Jahr ein paar Newcomer für mich entdecke. Es kommt mir vor, als wolltet ihr mit einem Teil des Line-ups die Acts einfangen, die im nächsten Jahr im Idealfall jeder andere Booker im Visier hat. Ist dieser Blick auf das Aktuelle oder Kommende Teil eures Booking-Konzepts? Auf jeden Fall. Wir wünschen uns ein musikinteressiertes Publikum, dem man nicht nur bekannte oder große Namen vorsetzen muss. Deshalb gehen wir auch oft Kooperationen mit Blogs oder Musikmagazinen ein, die einen ähnlichen nach vorne gerichteten Blick haben. Unsere Bedingungen waren dabei von Anfang an sehr gut, weil wir ein sehr gutes Netzwerk aus Medienpartnern, Agenten und Labels hatten, aus dem man schon ein wenig herausspüren konnte, was gerade auf dem Sprung ist. Hinzu kam unser Mut zum Pop. Hurts haben ihre erste Live-Show in Deutschland bei uns gespielt, Lana Del Rey ihren ersten Festivalgig, Jahre vorher Mando Diao mit ihrer ersten Platte. Da wusste man noch nicht, in welche Richtung das gehen würde, und einige von denen könnte man heute auf dem Melt sicher nicht mehr bringen. Ich habe auf dem Melt zum Beispiel Genres wie Baile Funk kennengelernt und auch meine ersten DubstepBerührungen erlebt. Oft habt ihr diese in diversen Specials oder auf eigenen Bühnen zusammengefasst. Welche Genres hast du schon kommen und gehen sehen? Das Schöne am Melt ist, dass wir nicht versuchen, uns an einen Zug dranzuhängen, sondern es als Teil des Konzepts sehen, offen für alle Genres zu sein. Dabei schälen sich immer diverse Trends raus. Früher war das Drum’n’Bass, dann kam diese Dubstep-Welle, gerade ist Grime wieder da, der schon vor zehn Jahren mal einen Lauf hatte. Dann gibt es immer mal wieder diese Global-Beats-Phasen, wo man sich vermehrt mit brasilianischen oder afrikanischen Beats befasst. EDM hatten wir quasi zwei Jahre, bevor es so hieß – da spielten Calvin Harris, der da noch House auflegte, oder Knife Party und Deadmau5. Da würde sich heute jeder drüber aufregen, aber damals lieferten die noch nicht einen Nummer-eins-Hit nach dem anderen – und klangen im Übrigen ganz anders. Gerade habe ich leider das Gefühl, dass der Indie-Rock ein wenig in der Krise steckt, aber da erlaubt uns unser Konzept immerhin, dass wir darauf reagieren können. Und welcher Trend zeichnet sich in diesem Jahr ab? R’n’B beispielsweise würde ich am liebsten noch viel stärker abbilden. Leider gibt es da noch nicht so viele Acts, und die, die es gibt, sind sehr begehrt. Ich meine natürlich nicht den klassischen R’n’B im Stile von Ginuwine oder so, sondern diesen Future

R’n’B, der von Solange und Frank Ocean mitgeprägt wurde. Ich finde Typen wie Kaytranada wahnsinnig spannend, die aus dem HipHop kommen und plötzlich tanzbare Clubmusik machen, die nicht Techno ist, oder Liveshows mit begnadeten Sängern. Das wird auch im nächsten Jahr noch eine große Rolle spielen. Auf dem Melt habe ich auch zum ersten Mal bewusst gesehen, dass ein Festival eine ganze Bühne von einem Partner kuratieren lässt, sei es ein Club oder ein Label. Wie ist das entstanden? Das folgt natürlich der Idee, sich auch von außen musikalischen Input zu holen. Dass Modeselektor eine Bühne bespielen, resultierte aus der Erkenntnis, dass die beiden sich mit einem gewissen Teil nerdiger Musik auskennen, den ich gar nicht auf dem Schirm habe, aber trotzdem für eine Bereicherung des Festivals halte. Bei Partnern wie Intro und Groove, die Teile des Programms mitgestalteten, war es ähnlich. Manchmal nutzen wir diese Kooperationen aber auch, um dezente Statements zu setzen. Es gab zum Beispiel mal einen Labrador-Bar-Floor. Das war in der Pfefferbank, dem Club der Melt-Gründer, eine Gay-Party, wo auch viele der heutigen Kater-Blau- oder Berghain-Residence-DJs gespielt haben. Das wollten

Squarepusher mit Maske

Beth Ditto mit Gossip


Baggeridylle mit Laser

wir bewusst von Berlin nach Sachsen-Anhalt tragen, um auch hier zu zeigen, dass wir ein tolerantes Publikum haben wollen. Techno aus Berlin ist nach wie vor ein wichtiger Bestandteil des Line-ups. Ist das Melt so was wie der verlängerte Arm der Berliner Sub- und Clubkultur? Auf jeden Fall. Das Festival entstand ja letztlich auch aus der Berliner Clubszene heraus. Die Gründer hatten einerseits den Melting Point Record Store und eben die Pfefferbank. Das war damals der House Club in Berlin. Da sah man damals Ellen Allien und Phonique oder auch Dixon und Ben Klock. Alles Leute, die heute noch eine große Rolle spielen. Der Sleepless Floor ist meiner Meinung nach ein wichtiger Anziehungspunkt auf dem Melt, wenn es um modernen Techno geht, nicht nur aus Berlin. Ich finde es fast schade, dass ihn einige nur als Ballerfloor sehen. Eigentlich ist er ja für den Druffie ebenso gut wie für den Connaisseur. Wie stehst du dazu? Für mich ist der Sleepless Floor inzwischen der Herzschlag des Festivals, und zwar nicht nur, weil der Beat dort am ganzen Wochenende nicht aussetzt. Einerseits ist das natürlich die totale Feierhölle, aber auch immer schon die Plattform für die weniger bekannten DJs. Anfangs gingen wir dort eher regionale Kooperationen ein, mit Residence DJs aus Clubs von Thüringen bis Berlin und von Köln bis Frankfurt. Irgendwann haben sich dann auch internationale DJs dafür interessiert, und inzwischen ist es ein musikalisch sehr wichtiger Floor. Die Wahrscheinlichkeit ist recht groß, dass vielleicht fünf von 30 DJs, die da spielen, im nächsten Jahr auf größeren Techno-Stages stehen. Wir gehen da bewusst in die Tiefe und haben deshalb unseren Kollegen Gideon an Bord geholt, der hauptsächlich die elektronischen DJs auf den Clubfloors bucht. Er hat Alison Goldfrapp mit Band

zum Beispiel sechs Jahre hauptberuflich als Booker für das Berghain gearbeitet und ist immer noch viel in Clubs unterwegs. Außerdem repräsentiert er viele große wie kleine DJs. Er kann das gut einschätzen – und dass wir ihn an Bord geholt haben, ist auch ein Zeichen dafür, wie wichtig uns guter Techno ist. Gibt es für dieses Jahr ein paar Veränderungen im Line-up oder auf dem Gelände, die du schon ankündigen magst? Wir werden den Wald, diesen neuen Bereich, den wir im letzten Jahr eröffnet haben, weiter ausbauen. Es wird eine neue Bühne auf der Waldlichtung geben, eine Kooperation mit einem sehr bekannten Club, dessen Namen wir bald verraten werden. Und wir werden – zunächst in der Orangerie – den Melt Art Space launchen. Dort wird es abgefahrene Video- und Soundinstallationen von renommierten Künstlern geben, die sich in den kommenden Jahren auch auf das gesamte Gelände ausbreiten sollen. Und eine letzte Frage noch: Wenn du das BookingBudget deiner Träume hättest, wen würdest du dann unbedingt noch mal auf dem Melt haben wollen? Eigentlich habe ich mir schon fast alle Wünsche erfüllt. Aber Radiohead, die Gorillaz und Daft Punk würde ich schon gerne noch einmal bei uns sehen.


Die Musik im Fokus: Der TOYOTA C-HR setzt auf JBLPremium-Soundsystem Von der Karosserie bis zum Dach wurden bei Toyotas neuem Crossover Modell C-HR alle Details im Hinblick auf den perfekten Sound entwickelt.

Zuhause, auf der Arbeit, unterwegs und in der Freizeit: In fast jeder Situation begleitet uns mittlerweile Musik. Wir sitzen mit Kopfhörern in der U-Bahn, genießen atemberaubenden Live-Sound auf Konzerten und Festivals und legen zuhause die Lieblingsplatte auf. Doch während wir auf Konzerten oder zuhause fast selbstverständlich auf eine hohe Klangqualität achten, begnügen wir uns im Auto oftmals mit einem »ausreichenden« Sound. Um auch unterwegs ein perfektes Klangerlebnis zu garantieren, arbeitete Toyota für sein neues Coupé High-Rider mit den Ingenieuren von JBL zusammen, um mit ihnen ein eigenes JBL-Soundsystem zu entwickeln. So wurde das komplette SUV-Coupé um das Soundsystem herum konzipiert, damit die Soundqualität im Fokus steht und der Fahrer die Musik ganz genau so erlebt, wie es sich der Künstler vorgestellt hat.


LINE-UP 2017: DIE GEHEIMTIPPS Wie ihr schon lesen konntet, sind die Melt-Booker gerne mal ein paar Jahre voraus, wenn es um das Erkennen und Buchen von Newcomern und Geheimtipps geht. Uns haben sie verraten, auf wen man in der kommenden Zeit ein besonderes Augenmerk legen sollte. Eine gewisse Stilwendigkeit sollte man dabei allerdings mitbringen, denn diese Liste bringt euch von 70er-Rock über Trap bis hin zu einer Dame, die einst in einer russischen Militärband sang.

Mall Grab

Seine Tracks »Feel U« und »Guap« etablierten das Genre »Lo-Fi House« – und brachten Mall Grab in die Boiler Rooms dieser Welt. Dabei stammt der junge Mann aus Newcastle in Australien – einer Stadt, die nicht gerade für elektronische Musik bekannt ist.

Dave

Um den HipHop-Nachwuchs im UK muss man sich nicht sorgen. Das beweist zum Beispiel Dave, der trotz seines, sagen wir mal, Google-unoptimalen Namens mit seinem smoothen Flow schon Drake und Skepta als Fans und Förderer gewinnen konnte.

Julia Govor

Was für eine Karriere: Erst sang Govor in einer Militärband in Abchasien, später legte sie in Moskauer Underground-Clubs auf, dann interviewte sie für MTV Musiker, um am Ende – wieder als DJ – in New York zu landen.

Jonas Rathsman

»Elements«, die Mix-Serie des schwedischen Produzenten, sollte jeder kennen, der Spaß am tanzbaren GenreGruppenkuscheln hat. Aber Rathsman hat auch mit eigenen Produktionen wie seinem Killer-Track »Wolfsbane« bewiesen, was er kann.

The Lemon Twigs

Michael und Brian D’Addario sind gerade mal volljährig und sehen aus, als seien sie direkt aus »Wayne’s World« in die Realität gefallen – mit kurzem Zwischenstopp in David Bowies oder Mick Jaggers Kleiderschrank. Und genau so klingen sie auch.

Kiddy Smile

Beth Ditto ist bekennender Fan, LCD Soundsystem wollten ihn im Vorprogramm. Keine Frage, Kiddy Smile hat sich mit seinem originellen, selbst produzierten, geschriebenen, gesungenen, manchmal gar gerappten 90sRetro-House-Pop viele Freunde gemacht.

Haiyti

Die Hamburger Rapperin wird zwar immer wieder als Vorreiterin von deutschsprachigem Trap und Cloud Rap geführt, stilistisch festnageln lässt sich »Die mit dem Wolf tanzt« darauf aber noch lange nicht.

Denis Sulta

Glasgow kann viel mehr als Intellektuellen-Pop und traurig angesoffenes Songwriter-Drama: Das beweist zum Beispiel der weltbekannte Sub Club, in dem sich auch Sulta seine ersten DJ-Sporen verdient hat.


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DAS LINE-UP 2017: DIE ETABLIERTEN Ein Melt-Line-up ist immer auch im Ganzen zu betrachten, als ein kuratiertes Bouquet der Möglichkeiten, in das man wild hineingreifen kann oder aus dem man sich die schönsten Blüten pickt. Dennoch braucht es jene Acts, die hervorstechen, weil man sie in großer Schrift an die Spitze der Plakate schreiben kann. Hier ein Blick auf acht jener Etablierten, auf die man sich beim Melt 2017 freuen kann.

Die Antwoord

Die Konzerte von Breitbein-Rapper Ninja und Zombie-Lolita Yolandi Visser sind mindestens so berüchtigt und bildgewaltig wie die hirnsprengenden Videos der Südafrikaner. Am Ende schicken sie noch jeden mit einem »Banana Brain« ins Zelt.

Bonobo

Es gibt nur wenig Künstler, die Melancholie tanzbar machen können. Simon Green alias Bonobo ist so einer, wie er auf seinem letzten Album »Migration« erneut bewiesen hat. Live mit Begleitband wirkt das noch eindringlicher.

The Kills

Das Wort Bandchemie wird selten so greifbar wie auf einem Konzert der Kills. Wie sich Alison Mosshart und Jamie Hince die Riffs und Refrains zuwerfen, wie sie sich belauern, umgarnen, angiften und versöhnen – das hat eine Intensität, die ihresgleichen sucht.

Fatboy Slim

Phoenix

Claptone

Ob die Franzosen ein neues Album im Ofen haben, ist noch nicht ganz klar. Aber selbst wenn nicht: Wie lange hat man denn bitte schön drauf warten müssen, endlich mal wieder mit Thomas Mars »If I Ever Feel Better« in eine laue Sommernacht zu singen?

Das Wesen mit der goldenen Vogelmaske und dem Magier-Dress lebt noch immer im Dunkeln – was zum einen die bevorzugte Arbeitszeit von Claptone meint und zum anderen Details zu Name, Geschlecht und Lieblingsessen. Was wir aber wissen: Sein House-Sound und seine Remixe machen noch immer süchtig.

Sampha

Die Stimme des Londoners erklang schon bei SBTRKT, Drake, Solange und Kanye West – und dennoch hinterließ sein spätes Solodebüt »Process« heruntergeklappte Kinnladen. So viel Emotion, so viel Zeitgeist, so viel Seele passt kaum auf eine Platte.

Norman Cook ist gern auf dem Melt – und beschenkt es vielleicht deshalb mit einem Set, das Geschichte feiern und schreiben wird. Er nennt es »4 Hours 20 Years of Techno Set at Sleepless Floor«. Sein Ritt durch 20 Jahre Techno wird es so nur hier zu hören geben.

Warpaint

Die All-Girl-Band aus L.A. hat auf ihrem dritten Album alles anders und sehr viel richtig gemacht. Die Songs klingen tanzbarer und nicht mehr ganz so düster wie auf den Alben eins und zwei. Eine Stiländerung, wie bestellt fürs Melt.


EINE REISE IM MELT TRAIN

NÄCHSTER HALT: FERROPOLIS

Der MELT Train fährt auch in diesem Jahr von Köln direkt aufs Festivalgelände und wird dort für ein Wochenende ein verschwitztes, lautes und doch irgendwie muckeliges Zuhause. Die Klassenfahrtstimmung gibt’s gratis dazu. Julia Brummert war bereits einmal Teil dieser wilden Reise und hat ihre Fahrt für uns dokumentiert. wie glücklich er sei, hier zu sein, das sei eines der Highlights seiner Europareise. Ich nicke ihm zu und schaue aus dem Schlitz des geöffneten Fensters. Wir fahren mit 140 km/h durch Deutschland, ich habe ein Bier in der Hand – und tatsächlich, das hier ist schon cool. Später gehen wir ins Abteil, um ein wenig Ruhe zu tanken. Der lustige Australier von der Bar kommt uns besuchen, wir führen seltsame Gespräche bei lauwarmem Wodka Lemon. Falls du das hier liest, lieber Australier: Ich möchte immer noch gern deine Trauzeugin werden, und auch den Ankleb-Schnauzbart würde ich dir zuliebe tragen. Irgendwann schmeißen wir ihn raus und legen uns hin. Gut, dass ich Ohropax habe. Zwar ist das Partyabteil weit weg, laut ist es aber trotzdem. Wir bremsen scharf, gleißend orangefarbenes Licht fällt in unser Abteil, ich wühle mich aus dem Bett und schaue aus dem Fenster. Dort werde ich von der Seite mit Wasserpistolen nass gespritzt und flüchte zurück ins Abteil. Kurz darauf öffnet sich unsere Tür, die Typen mit den Wasserpistolen brüllen mir irgendein Lied entgegen. Raus mit euch und ab ins Bett! Als ich aufwache, sind wir bereits in Ferropolis angekommen. Der Zug hält direkt neben dem Zeltplatz, und das Bett im Abteil bleibt das ganze Wochenende hindurch meins. Sonntagnacht wird mich der Melt Train sicher zurück nach Köln bringen. Der Lokomotivführer hat alles im Griff, während ich meinen Kater pflege und tatsächlich etwas Schlaf finde.

Fotos: Bartosz Ludwinski

D

as Problem ist, dass ich deutlich mehr Schlaf brauche als der Melt-Durchschnittsraver. Ich liebe Festivals, aber ich bin tendenziell auch schnell genervt. Doch die Neugier auf den Melt Train siegt. Also packe ich meinen Rucksack in etwa so voll, als würde ich auf Weltreise gehen, und mache mich auf den Weg zum Kölner Hauptbahnhof. Menschen, die mir nahestehen, halten mich für bekloppt: »DU willst mit dem Melt Train fahren? DU?« Ja, will ich. Spätestens, als ich auf Gleis 1 ankomme und mich fröhliche Menschen auf Niederländisch und Englisch fragen, ob ich einen Becher Sekt möchte, werde ich gelassener. Fast fange ich mit dem Rest der Truppe an zu jubeln, als der Zug einfährt. Endstation: Ferropolis. Drinnen sind meine beiden Mitreisenden und ich froh, dass wir uns das Abteil nur zu dritt teilen müssen. Draußen ist Hochsommer, und die, die tatsächlich zu sechst unterkommen müssen, werden schwitzen. Aber immerhin: Wie lange schon saßen wir nicht mehr in einem Zug, in dem man die Fenster öffnen kann? Also weit öffnen? Das finden auch unsere Abteilnachbarinnen super und lassen weitere Sektkorken aus den Fenstern knallen. Wir machen unterwegs noch in ein paar Städten halt, bei jeder Einfahrt jubeln uns die Neuankömmlinge an den Bahnsteigen entgegen. Zum Dank werden sie von unseren Nachbarinnen mit Wasserpistolen nass gespritzt. Die Melt-Reisenden freuen sich, die »normalen« Pendler nicht so. Wir wühlen uns unterdessen einen Weg ins Party-Abteil. Als unsere Eltern mit ähnlichen Zügen an die Mosel auf Kegelfahrt fuhren, hieß so ein Ding mit Bar und DJ-Pult »Samba Express«. Statt Schlager gibt es hier Melt-Electro, und DiscoFox tanzt hier auch niemand. Ein freundlicher Australier brüllt mir an der Bar ins Ohr,


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MELT ALLSTARS

HABEN DIE DA WIRKLICH GESPIELT??

Das MELT trägt ein paar Namen in seiner Geschichte, die heute für Stirnrunzeln sorgen, weil sie entweder völlig unpassend, viel zu riesig oder viel zu schön klingen. Hier eine kleine Auswahl …

Björk haben wir es bis heute zu verdanken, dass das Melt nun drei Tage lang ist – sie konnte eben nur am Sonntag. Aphex Twin lud örtliche Rollstuhlbasketballspieler auf seine Bühne und machte sich mit seiner Lautstärke strafbar. Die Gallaghers redeten hinter der Bühne nicht miteinander, spielten aber immerhin souverän ihren letzten OasisGig in Deutschland. Bei Massive Attack flackerten im Hintergrund aktuelle Zeitungsschlagzeilen, die damals schon schlechte Stimmung machten. Pulp spielten gegen den Regen an, bis Sexgott Jarvis Cocker Petrus zu den »Common People« hinabzog. Die Pet Shop Boys brachten einen Bühnenaufbau mit, aus dem man einen weiteren Bagger hätte bauen können.

MELT ALLSTARS

CALVIN HARRIS ▂ OASIS BJÖRK ▂ APHEX TWIN KYLIE MINOGUE ▂THE XX PET SHOP BOYS ▂ LANA DEL REY

CASPER ▂ K.I.Z ▂ KRAFTKLUB DEICHKIND & SNAP ▂ PHILIPP POISEL ▂ KASABIAN MASSIVE ATTACK ▂ PAUL KALKBRENNER ▂ JUSTICE DEADMAU5 ▂ PULP ▂ BABYSHAMBLES ▂ CLEAN BANDIT GIORGIO MORODER ▂ JAN DELAY ▂ KELIS OLLI SCHULZ ▂ ZEDD ▂ TOVE LO ▂ MARC RONSON KIESZA ▂ SPORTFREUNDE STILLER ▂ LAID BACK KNIFE PARTY ▂ NERO ▂ SCISSOR SISTERS ▂ RIDE WIR SIND HELDEN ▂ ICONA POP ▂ DAF JAQUES LU CONT ▂ ALEXANDER MARCUS POLARKREIS 18 ▂ TREVOR HORN BAND ▂ MALENTE TECHNOTRONIC ▂ AZZIDO DA BASE ▂ LÜTZENKIRCHEN BRANDENBURG ALLSTARS ▂ WALTER SCHREIFELS THIS WILL DESTROY YOU ▂ MC GRINGO

1997-2017

Lützenkirchen kann seinen Hit »Drei Tage wach« zwar nicht mehr hören, die offizielle Melt-Hymne aus dem Jahr 2008 bleibt der Song dennoch. This Will Destroy You unterstrichen mit ihrem Postrock lärmend und schwelgend, dass auf dem Melt auch dieses Genre funktionieren kann. Und schließlich und endlich: Was macht eigentlich Alexander Marcus?

Casper gelang es sogar, auch den einen oder anderen PartyBriten mit seiner Energie zu überzeugen. Deichkind verursachten einen legendären Bühnensturm, versenkten eine Playstation im Gremminer See und probten beim Melt jenen Abriss, der sie so groß machte. Polarkreis 18 waren ein Album lang tatsächlich mal cool. Die Sportfreunde Stiller auch – glaubt heut nur keiner mehr. Giorgio Moroder hingegen war immer schon cool, was leider nicht heißt, dass seine »Show« das auch war. Lana Del Rey spielte ihren ersten Festivalgig in Deutschland auf dem Melt – am frühen Nachmittag vor rund 800 Leuten. Calvin Harris war schon da, als er EDM noch nicht kannte.


Schönes und Nützliches in MELT-Nähe Eine Seite, die man sich rausreißen und fürs MELT einpacken sollte: Wir verraten ein paar kulturelle Hotspots, geben kulinarische Tipps, die kein Guide Michelin finden würde, und erklären, wo es Hilfe gibt, wenn ihr bei der Anreise wirklich alles vergessen haben solltet.

8 0

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Dessau 6

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Wörlitz

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MELT

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Radis

Jüdenberg Gremminger See

1 Taxi Frank Sommerlatte Mittlere Elbe, Schlossstraße 3, 06785 Oranienbaum-Wörlitz, Fon 034904 2 03 31

An dieser Stelle sparen wir uns jegliche Wortspiele, aber ein Ritt mit Taxi Sommerlatte hat noch jeden heil nach Hause, ins Hotel oder zum Bahnhof gebracht.

2 Athos der Grieche Kornhausstraße 1, 06846 Dessau-Roßlau

Besitzer Thomas ist längst Kult und hat für den Melt-YouTube-Channel sogar schon Beth Ditto getroffen. Bei ihm gibt’s immer ordentlich Gyros mit ein wenig Teller drunter und bei guter Führung einen Ouzo aufs Haus.

Gräfenhainichen

Zerbster Str. 17, 06844 Dessau-Roßlau

Wer möchte, kann hier Bratkartoffeln mit Kartoffelpuffern und Ofenkartoffeln essen und dazu Kartoffelsalat bestellen. Leckere Biere gibt’s auch und eine Karte, die mehr gute Flachwitze enthält als eine Folge der »heute-show«.

3 Kaufland Center

6 Technikmuseum »Hugo Junkers«

Am Eichengarten 2, 06842 Dessau-Mildensee

Kühnauer Str. 161a, 06846 Dessau

Wer erst in Dessau merkt, dass er Bier, Zelt, Schlafsack, Essen, Kissen, Kondome, Deo, Zahnbürste, Klappstuhl, Tisch, Fahrrad und Grill vergessen hat, dem wird hier geholfen.

Hier kann man den Nachbau einer Junkers F13, des ersten Ganzmetall-Passagierflugzeugs der Welt, bestaunen und sogar reinklettern, ein Haus aus Stahl besichtigen und natürlich eine Menge über Hugo Junkers lernen.

4 Gartenreich Wörlitz Alter Wall 99, 06786 Oranienbaum-Wörlitz

Für diese Kulturlandschaft kommen Grünfreunde aus ganz Europa, da kann man sich auch mal vom Melt aus aufraffen, wenn man sich – äh – anders ausklinken will. Der Hauptmagnet, der riesige Wörlitzer Park, haut einen mit der Pracht seiner verstreuten Bauten vollends aus dem Festivalmodus.

B1

07

5 Erstes Dessauer Kartoffelhaus

7 Bauhaus Museum Gropiusallee 38, 06846 Dessau

Wer D sagt, muss auch B sagen. Soll heißen: Dessau ohne Bauhaus-Dröhnung geht nur, wenn man wirklich ein Kulturbanause sein will. Wer mal am eigenen Leib erfahren will, wie BauhausArchitektur auf Körper und Geist wirkt, kann hier sogar ein Zimmer mieten.

8 Kornhaus Kornhausstraße 146, 06846 Dessau-Roßlau

Bauhaus zum Zweiten: So stilvoll sieht das aus, wenn Bauhaus-Architekten an Erholung denken und eine Ausflugsgaststätte bauen. Vor und nach Kaffee und Kuchen oder Bierhumpen und Bulette kann man an der Elbe entlangschlendern.

9 Bauhaus Siedlung Am Dreieck 1, 06849 Dessau-Roßlau

Bauhaus zum Dritten – und ab hier ist das Ganze vielleicht wirklich nur etwas für ArchitekturEnthusiasten oder jene, die nicht glauben, dass man selbst das Thema Reihenhaus sexy angehen kann. Die Bauhaus-Philosophie kann!

10 Luisium Mittlere Elbe, 06844 Dessau-Roßlau

Der Lovespot für Geschichtsfreunde im Gartenreich Wörlitz: Fürst Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau schenkte das Schlösschen seiner Gemahlin Luise – ein Ausflug für das etwas anspruchsvollere Melt-Date.


BONOBO LIVE ▂ DIE ANTWOORD ▃ DIXON ◊ FATBOY SLIM* ▌▌ GLASS ANIMALS ▥ HERCULES & LOVE AFFAIR ▁ KAMASI WASHINGTON ▃ M.I.A. ∞MACEO PLEX ▁ MØ ▀ MODESELEKTOR DJ ◊ PHOENIX ≈ RICHIE HAWTIN CLOSE ▃ SAMPHA ▄▌ SOHN ▁ TALE OF US ▁ THE KILLS ▥ WARPAINT AGENTS OF TIME ▄ AGORIA ▃ ÂME B2B RØDHÅD ◊ ANDY BUTLER DJ ∞ AURORA HALAL LIVE ▁ BARKER & BAUMECKER ▂ BEN FROST LIVE ≈ BICEP LIVE ▥ BJARKI LIVE ▌▌ CINTHIE ▃ CLAPTONE ◊ COURTESY ▀ DAN BEAUMONT ∞ DANIEL AVERY ▥ DAVE ▂ DAVIS ▁ DENIS HORVAT ◊ DENIS SULTA ∞ DJ DEEP ≈ EGYPTIAN LOVER ◊ ELISABETH ▂ ELLEN ALLIEN ≈ FJAAK ▥ GUSGUS ▁ HAIYTI ▃ HONNE ▄▌

PRE-PARTY WITH FATBOY SLIM 4-HOUR-SET 13 JULY 2017

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JENNIFER CARDINI ▃ JIMI JULES ▂ JOB JOBSE ▁ JON HOPKINS DJ ◊ JP ENFANT ▥ JULIA GOVOR ∞ KATE TEMPEST ▂ KIDDY SMILE ≈ KÖLSCH DJ ◊ KONSTANTIN SIBOLD ▀ LAKUTI ▥ LIL SILVA ▄▄▄ MAGGIE ROGERS ▃ MALL GRAB ▥ MARCEL DETTMANN ◊ MASSIMILIANO PAGLIARA ▂ MICHAEL MAYER ▁ MK ▃ MONOLOC ▃ MUTINY ON THE BOUNTY ▄▌ NAO ▥ RAMPUE LIVE ▃ RECONDITE LIVE ▂ RED AXES ▌▌ RROXYMORE ◊ SKATEBÅRD ▂ SONJA MOONEAR ∞ SOULECTION SHOWCASE ◊ SYLVAN ESSO ▁ TEREZA ▂ THE LEMON TWIGS ◊ TIJANA T ∞ TINI ◊ TOM MISCH LIVE ▥ TONY HUMPHRIES ▀ VOLVOX ◊ VON WEGEN LISBETH ▂ WHOMADEWHO DJ ◊ AND MANY MORE

14—16 JULY 2017 FERROPOLIS GERMANY #melt2017 #20yearsofmelt www.meltfestival.de


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PRÄSENTIERT

N. E S D A M E. N R E T S E

DI ANKE. R H C S O . SCHNIP YESTER

E. POLL SOOKE KE (US). A L . E IN LOV LOCAS

TEX ATION: MODER

02.09.17 DAS FESTIVAL IN STADE

BÜRGERPARK. EINLASS: 12 UHR. BEGINN: 13 UHR.

Präsentiert von: Mit freundlicher Unterstützung von:

Eine Veranstaltung von:

BEDROOMDISCO PRESENTS 6—9 JULI 17

R O O T S FO L K W E LT M U S I K

Ani DiFranco // USA  Asaf Avidan // ISR  Rebel Babel // POL Toots & The Maytals // JAM  Hurray for the Riff Raff // USA Mr Žarko // SER/D  Helgi Jonssón // ISL  Bears of Legend // CAN El Gusto // ALG  Jupiter/Okwess // CON  Ringsgwandl // D Humanophones // FRA  Alma // AUT  Dreiviertelblut // D /… / LÄNDERSCHWERPUNKT SCHOTTLAND

Amy Macdonald  Breabach  Fred Morrison  Niteworks /…/ RUTH 2017  Tanz  Straßenmusiker  Kinderfest  Workshops /… / Tickets + Infos: rudolstadt-festival.de

CLUB CULTURE / SLAMS KONZERTE / WORT+

GOLDEN LEAVES FESTIVAL SHOUT OUT LOUDS THE HEAD AND THE HEART GOLD PANDA THE DISTRICTS ASTRONAUTALIS ISOLATION BERLIN PALACE GURR SEKUOIA KIM JANSSEN LAUREL

5.

.0 11.-13 OF ART THEOVIES M AUSSER ES ! ALL FILME

16. & 17.09.2017 | DARMSTADT

W W W . G O L D E N L E AV E S F E S T I VA L . D E www.waschhaus.de


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U

XIU XIU

04.05.17 Berlin, Musik & Frieden

HOMESHAKE 14.05.17 Köln, Bumann & Sohn 27.05.17 Neustrelitz, Immergut Festival 28.05.17 Berlin, Lido 29.05.17 Hamburg, Clubheim

JULIEN BAKER 24.05.17 Jena, Trafo 25.05.17 Berlin, Lido 26.05.17 Neustrelitz, Immergut Festival 28.05.17 Hamburg, Aalhaus 29.05.17 Münster, Pension Schmidt 30.05.17 Heidelberg, Karlstorbahnhof 31.05.17 München, Milla 02.06.17 Moers, Moers Festival

ANGEL OLSEN 26.05.17 Berlin, Heimathafen Neukölln 27.05.17 Neustrelitz, Immergut Festival

WHY? 16.06.17 Mannheim, Maifeld Derby 17.06.17 Duisburg, Traumzeit Festival 18.06.17 Hamburg, Uebel & Gefährlich 20.06.17 Berlin, Festsaal Kreuzberg

KEVIN MORBY

Mo. 01.05.2017 | E-Werk, Köln

DEFTONES special guest: Skyharbor

Mi. 17.05.2017 | Essigfabrik, Köln

PERIPHERY

Fr. 19.05.2017 | Bh. Stollwerck, Köln

MONO INC. special guest: Palast

P

D

A

T

So. 25.06.2017 | Live Music Hall, Köln Mi. 28.06.2017 | Zeche, Bochum

MARK LANEGAN BAND

Di. 27.06.2017 | Live Music Hall, Köln

FUTURE ISLANDS So. 02.07.2017 | E-Werk, Köln

JIMMY EAT WORLD

Mi. 31.05.2017 | E-Werk, Köln

Mo. 03.07.2017 | Bh. Stollwerck, Köln

STUDIO BRAUN THE AVALANCHES Sa. 03.06.2017 | Die Kantine, Köln

PAUL WELLER

Fr. 09.06.2017 | FZW, Dortmund

MONSTER MAGNET

Di. 04.07.2017 | Essigfabrik, Köln

TYLER, THE CREATOR

So. 09.07.2017 | E-Werk, Köln

BAD RELIGION

Mi. 14.06.2017 | Essigfabrik, Köln

COHEED AND CAMBRIA Sa. 17.06.2017 | Gloria, Köln

29.06.17 Hamburg, Nochtspeicher 02.07.17 Berlin, Quasimodo 03.07.17 Frankfurt, Zoom

PRIMAL SCREAM

OF MONTREAL

Di. 06.06.2017 | Palladium, Köln

Mo. 16.10.2017 | E-Werk, Köln

WEEZER special guest: The Orwells

Sa. 18.11.2017 | Live Music Hall, Köln

MONSTERS OF LIEDERMACHING

20.07.2017 Berlin, Festsaal Kreuzberg

CHASTITY BELT 16.09.17 Köln, King Georg 17.09.17 Berlin, Kantine am Berghain

Di. 13.06.2017 | König-Pilsener-Arena, Oberhausen

MAC DEMARCO 07.11.17 Hamburg, Gruenspan 08.11.17 Berlin, Astra 10.11.17 Köln, Die Kantine

special guests: A Day To Remember, Lower Than Atlantis

TICKETS & INFO: PUSCHEN.NET

Mi. 21.06.2017 | Palladium, Köln

SCHLACHTHOF WIESBADEN MURNAUSTR.1 65189 WIESBADEN

Mo. 07.08.2017 | Westfalenhalle 1, Dortmund

01.05. MO

EPHEMERALS

04.05. DO

TAMIKREST

06.05. SA

WELLE:ERDBALL / THE SEXORCIST

07.05. SO

JAMARAM / MELLOW MARK

08.05. MO

LIEDFETT

11.05. DO

HANNA LEESS

14.05. SO

SLEAFORD MODS / MARK WYNN / PISSE

14.05. SO

SYSTEMA SOLAR

15.05. MO

SAMSARA BLUES EXPERIMENT

16.05. DI

THE RED PAINTINGS

17.05. MI

MARTIN SONNEBORN

22.05. MO

TINY FINGERS

24.05. MI

KÄPTN PENG & DIE TENTAKEL VON DELPHI

25.05. DO

JOHN K. SAMSON & THE WINTER WHEAT

26.05. FR

LOVE A / KEELE

26.05. FR

SOOKEE / TICE

01.06. DO

HAZEL BRUGGER

06.06. DI

DESCENDENTS

07.06. MI

DINOSAUR JR. / MONDO FUMATORE

15.06. DO

AGAINST ME!

17.06. SA

KILIANS / VOLLEY

12.07. MI

BAD RELIGION

23.09. SA

THE SISTERS OF MERCY

26.09. DI

JAN PHILIPP ZYMNY

09.10. MO

IRIE RÉVOLTÉS

11.10. MI

MAX PROSA

13.10. FR

ORISHAS

14.10. SA

FABER

Unser komplettes Programm findet ihr im Internet unter

schlachthof-wiesbaden.de

E

So. 08.10.2017 | Palladium, Köln

Sa. 21.10.2017 | Palladium, Köln

Di. 07.11.2017 | Palladium, Köln

Sa. 02.12.2017 | Lanxess Arena, Köln

prime entertainment www.prime-entertainment.de

DIE TOTEN HOSEN KRAFTKLUB · K.I.Z U.A.


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Cafe Central DO 27 04 pOpfOlk

eZIO fR 28 04 ROCk MUDKIX SA 29 04 CORECRUSHER TOUR GUtalaX, ... SA 06 05 METAl CIVIl War nIGHtMare

renO DIVOrCe fR 28 07 DElTA kONZERTE pRÄSENTIERT:

PrOnG

SPOIl enGIne

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tIM VantOl SA 14 10 METAl

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tHe HIrSCH effeKt

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DO 15 06 kUlT!

SA 23 12 MaIMarKtClUB Ma BACk TO THE ROOTS

DIrKSCHneIDer DI 26 12 MaIMarKtClUB Ma lETZTES kONZERT!

IrIe reVOlteS

DO 13 07 STONER

MO 01 FR 05 SA 06 SO 07 DO 11 FR 12 SO 14 FR 19 SA 20 SO 21 DO 25 FR 26 SA 27 SO 28

Tilia Postcards Mabiisi Rob Moir Rachael Cardiello, Skye Wallace Declan O’Donovan I Am Oak Marshall Cooper West My Friend The Burning Hell Santaï Pale Honey Alejandra Ribera Flinn

fR 02 02 Halle_02 HD

raP aM MIttWOCH

2017 Sa. 13.05.

19:00 Uhr

4.5. Thomas Dybdahl Solo &

THE BREW

Acoustic Show

Support: VOODOO KISS

5.5. FCK AFD Festival mit

Do. 18.05.

BERGFILM

19:00 Uhr

Sookee, Tice u.a.

Fr. 19.05.

20:00 Uhr

„Take To The Skies“

8.5. Enter Shikari Ten Years

GOD IS AN ASTRONAUT Sa. 20.05.

11.5. Twelve Foot Ninja Outlier Tour 2017

17.5. Parcels Indie & Funk from

19:00 Uhr

SCHWEIN GEHABT!

Mit: ROO PANES & BAND und Special guest

So. 21.05.

19:00 Uhr

DORJE FEAT. ROB CHAPMAN Di. 23.05.

19:00 Uhr

SNARKY PUPPY

LIVE

fR 29 09 pUNkkUlT

terrOrfett

KarMa tO BUrn

HAFEN 2

HerMan franK (eX-aCCePt)

SA 13 05 HEAVY ROCk & WESTERN-SOUNDS

WISDOM In CHaInS +ManIfeStatIOn

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MI 23 08 DElTA kONZERTE & MAIfElD DERBY

Cat O‘nIne taIlS

tHe GO Set BIrtH COntrOl MO 03 07 BACk IN WEINHEIM! terrOr

20

OlD Man COYOte

MI 10 05 THE MUSIC Of JIMI HENDRIX

DeZPeraDOZ SO 14 05 DElTA kONZERTE pRÄSENTIERT: tHUlCanDra & naIleD tO OBSCUrItY DO 25 05 BANGER lIVE pRÄSENTIERT: MaJOe fR 02 06 pUNkROCk faHnenflUCHt

M M A A I I

MI 19 07 fUll THROTTlE pUNkROCk

SO 07 05 „flEISCHfIlM“-CD-RElEASESHOW

eISreGen ranDY HanSen fR 12 05 EXplOSIVE, ROCkABIllY pUNk ROCk tHe PeaCOCKS

www.hafen2.net

69469 weinheim cafecentral.de

Support: BECCA STEVENS

Mi. 31.05.

11.05.2017 / DO

Locomondo

Reggae, Ska & Rock aus Griechenland

19.05.2017 / FR

Pohlmann

"Weggefährten"-Tour

27.05.2017 / SA

Hagen Rether

Schauspielhaus Bochum "Liebe"

15.06.2017 / DO

Doctor Krapula Tour 2017

16.06.2017 / FR

MO 12.06. FR 14.07.

CLUB

JAHRHUNDERTHALLE FRANKFURT

WWW.MUSICSNEAK.COM Tickets: www.ticketmaster.de oder 01806 - 999 0000* *0,20 €/Verbindung aus dem dt. Festnetz; max. 0,60 €/Verbindung aus den dt. Mobilfunknetzen

Weakerthans- Sänger mit neuem Soloalbum

25.5. Love A “Nichts ist Live“

16.6. Ryley Walker & Band

from Manchester

THE BUILDERS & THE BUTCHERS Im Substage Café

Songwriting from USA

20.6. Suicidal Tendencies special guest: Deez Nuts

28.6. Against Me! Political

Do. 01.06.

18:30 Uhr

APECRIME

Punkrock from U.S.A

So. 04.06.

19:00 Uhr

Guatemala

5.7. Rebeca Lane Rap aus

THE DEAD DAISIES

26.7. Kumbia Queers Cumbia,

& Special guest

Rock & Worldbeat

Mi. 07.06.

17.8. Kate Nash 10 Years „Made

18:00 Uhr

MOON HOOCH Mi. 28.06. THE HOOTERS 19:00 Uhr

76131 Karlsruhe

Of Bricks“

19.8. Shantel & Bucovina Club Orkestar

Tickets unter www.zakk.de Fichtenstraße 40, 40233 Düsseldorf

mai 17

"Jürgen – Die gläserne Milf"

FR 26.05.

23.5. John K Samson & The Winter Wheat Der

18:00 Uhr

Alter Schlachthof 19

Heinz Strunk

26

Special Club Show

29.5. The Breath Indie & Soul

& Support

HAFEN 2 www.substage.de intro 05.17.qxp_Layout 1 08.04.1 www.facebook.com/substage.karlsruhe Nordring 129, D 63067 Offenbach

10.05.2017 / MI

.05.

22.5. Sportfreunde Stiller

- Tour

EINE SNEAK PREVIEW WIE MAN SIE AUS DEM KINO KENNT — NUR MIT MUSIK.

r hste Näcrmin: Te

20.5. Heinz Strunk liest „Jürgen - Die gläserne MILF“

19:00 Uhr

BLUES PILLS Do. 01.06.

Australia

Agnostic Front + Special Guest

23.06.2017 / FR

Das GlasBlasSing Quintett

OPEN AIR 2017 PASSENGER + KENSINGTON

22.06.2017 257ers

+ KARATE ANDI

24.06.2017 ANDREAS BOURANI 30.06.2017 SARAH CONNOR + WINCENT WEISS

06.07.2017 JEAN-MICHEL JARRE 12.07.2017 ZUCCHERO 13.07.2017 AMY MACDONALD 25.07.2017

"Volle Pulle – Flaschenmusik XXL"

julien Baker

Di 02.05.17

Emily WElls

Sa 06.05.17

HEinz strunk

Mo 08.05.17

tom scHilling & tHE Jazz kids Di 09.05.17

oranssi Pazuzu & cobalt So 14.05.17

alExa FEsEr

Mi 17.05.17

HErculEs and lovE aFFair

Sa 20.05.17

HElgi Jonsson

Mo 22.05.17

mykki blanco

Mi 24.05.17

07.09.2017 / DO

scHrottgrEnzE

Goethes Erben

Do 25.05.17

albrEcHt scHradEr

Tour 2017

01.06. KÖLN E-WERK Ticket-Hotline: 01806 – 999 0000 Mo-Fr 8-22 Uhr/Sa, So & feiertags 9-20 Uhr (0,20 €/Anruf aus dt. Festnetz/max. 0,60 €/Anruf aus dt. Mobilfunknetz)

INFOS: NOISENOW.DE · KUNSTRASEN-BONN.DE

Di 30.05.17

JuliEn bakEr Heidelberg – Am Karlstor 1 www.karlstorbahnhof.de


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U

TERMINE AB MAI 2017

06.05. ZOOM 20.00 THEE OH SEES

Mi. 26.04.2017 | Kulturkirche, Köln

08.05. MOUSONTURM 20.00 HEINZ STRUNK

Mi. 26.04.2017 | Underground, Köln

09.05. BROTFABRIK 20.00 TOM SCHILLING & JAZZ KIDS 12.05. ZOOM 20.00 LGOONY

21.06. Me First And The Gimme Gimmis

E r l a nge n

HipHop & Beats

Festival

Fr 24. JuNi Fatoni /// audio88 & Yassin /// Juse Ju /// Chima ede slowY & 12VinCe 17.07. /// St. Paul & the broken boneS 23.07. /// element of Crime 26.07. /// the StrumbellaS

www.e-werk.de

02/05 B-TIGHT 06/05 LIVEUROPE DAY 2017: BOUNTY ISLAND, CAMP CLAUDE, NEWMOON 13/05 THE PHUNKGUERILLA & COSMO KLEIN ! SOLD OUT SÖHNE MANNHEIMS 16/05 17/05 LOTTO KING KARL ! 21/05 SOLD OUT LINA 23/05 APECRIME 26/05 D A F 28/05 ALICE FRANCIS 09/06 MONSTER MAGNET 12/06 GOV´T MULE 19/06 MORITZ GARTH 21/06 ME FIRST AND THE GIMME GIMMES 23/06 ETEPETETE INDIE MUSIC FESTIVAL 30/06 SPASTIC FANTASTIC FEST 2017 14/07 YOUTH BRIGADE FESTIVAL 29/07 LIVEUROPE BÜHNE @ JUICY BEATS: PINS, JOY WELLBOY,... 24/08 FZW INDIE NIGHT: ALASKA GOLD RUSH COALS 25/08 ROGERS 08/09 MUK.E 17: ATARI TEENAGE RIOT,... 24/09 THE SISTERS OF MERCY 29WAY BACK WHEN 01/10 FESTIVAL 2017 03/10 TIM VANTOL & BAND 05/10 RIN 08/10 SILVERSTEIN 09/10 SXTN ! 10/10 SOLD OUT IRIE RÉVOLTÉS 11/10 GUANO APES 13/10 BAMBULE 2017 16/10 KASALLA 18/10 VON WEGEN LISBETH 20/10 KÄPTN PENG & DIE TENTAKEL VON DELPHI 22/10 BLOND 26/10 MONTREAL 27/10 DIE APOKALYPTISCHEN REITER 30/10 KUULT 05/11 FAISAL KAWUSI 07/11 SHANTEL & BUCOVINA CLUB ORKESTAR 10/11 JOHANNES OERDING 15/11 MICHAEL SCHULTE 16/11 SDP @ PHOENIXHALLE 21/11 DELAYED NIGHT SHOW: PATRICK SALMEN & QUICHOTTE 24/11 ABDEL KARIM 25/11 ANTIHELD 29/11 JULIAN LE PLAY 02/12 VONA 07/12 KMN GANG 08/12 RUSSKAJA 17/12 GUILDO HORN & DIE ORTHOPÄDISCHEN STRÜMPFE INFOS & TICKETS WWW.FZW.DE

WWW.FACEBOOK.DE/FZWEVENT FZW | RITTERSTR. 20 | 44137 DORTMUND

17.05. ZOOM 21.00 JAKE ISAAC 21.05. ZOOM 20.00 ALICE FRANCIS 23.05. ZOOM 20.00 STORMZY 23.05. BROTFABRIK 20.00 SPACEMAN SPIFF

FRIDA GOLD

THE MENZINGERS special guest: The Flatliners

Mi. 26.04.2017 | Artheater, Köln

ABAY

08.08. PALMENGARTEN 19.30 TINARIWEN 15.08. PALMENGARTEN 19.30 FUNNY VAN DANNEN 16.08. ZOOM 21.00 KATE NASH

CHERRY GLAZERR

ASGEIR

Do. 27.04.2017 | MTC, Köln

Mi. 17.05.2017 | Club Bahnhof Ehrenfeld, Köln

Fr. 28.04.2017 | Luxor, Köln

Fr. 19.05.2017 | Artheater, Köln

CLAIRE special guest: Nihils

MISTER AND MISSISSIPPI

Fr. 28.04.2017 | Gebäude 9, Köln

So. 21.05.2017 | Luxor, Köln

SHORTSTRAW

ELECTRIC GUEST special guest: Pale Grey

FATONI MIT DJ V.RAETER

Sa. 29.04.2017 | Underground, Köln

FOTOS

JP COOPER

SABRINA CARPENTER

So. 21.05.2017 | Studio 672, Köln

DAVID PFEFFER Mo. 22.05.2017 | Luxor, Köln

ALMA

Mo. 22.05.2017 | Gebäude 9, Köln

Sa. 29.04.2017 | Artheater, Köln

THE INTERSPHERE Mo. 01.05.2017 | Luxor, Köln

JAKE MILLER special guest: Over Atlantic Mi. 03.05.2017 | MTC, Köln

FRANKIE BALLARD

MARIANAS TRENCH

Do. 25.05.2017 | Luxor, Köln

MEW special guest: Lydmor

Do. 25.05.2017 | Gebäude 9, Köln

Do. 04.05.2017 | Luxor, Köln

BRITISH SEA POWER

Do. 04.05.2017 | YUCA, Köln

NIKKI LANE special guest: Ruby Boots

JONAS BLUE FARGO special guest: Kris Kraus Fr. 05.05.2017 | MTC, Köln

GUN

Do. 25.05.2017 | Blue Shell, Köln

Do. 25.05.2017 | Artheater, Köln

LOW ROAR

Sa. 27.05.2017 | Gebäude 9, Köln

SOOKEE 27.05.2017 | Stadtgarten, Köln CAMP CLAUDE Sa. ALICE FRANCIS Sa. 06.05.2017 | Luxor, Köln special guest: Biwah Fr. 05.05.2017 | Artheater, Köln

DIRTY DEEDS `79 Sa. 06.05.2017 | Studio 672, Köln

13.09. BATSCHKAPP 20.00 BEAR´S DEN

HEY VIOLET special guest: Jessarae

27.09. JAHRHUNDERTHALLE 20.00 CLUESO

Di. 16.05.2017 | YUCA, Köln

Mi. 17.05.2017 | Luxor, Köln

RED CITY RADIO

LITTLE HURRICANE

21.09. ZOOM 20.00 RIN

FLIGHT BRIGADE & REWS

Do. 27.04.2017 | Luxor, Köln

29.08. PALMENGARTEN 19.30 DOTA

16.09. GIBSON 19.30 2RAUMWOHNUNG

So. 07.05.2017 | Luxor, Köln

Di. 09.05.2017 | Blue Shell, Köln

FIRST HATE

Mi. 10.05.2017 | Kulturkirche, Köln

SOLEY special guest: Josin

Mo. 29.05.2017 | Luxor, Köln

AVIV GEFFEN feat. BLACKFIELD Di. 30.05.2017 | Blue Shell, Köln

WHITE

Di. 30.05.2017 | MTC, Köln

DUNE RATS special guest: The Gooch Palms Do. 01.06.2017 | Artheater, Köln

WILL JOSEPH COOK Fr. 02.06.2017 | MTC, Köln

THE COATHANGERS

Mi. 10.05.2017 | Blue Shell, Köln

Mo. 05.06.2017 | Luxor, Köln

Do. 11.05.2017 | YUCA, Köln

So. 11.06.2017 | Luxor, Köln

THE BIG MOON WEDNESDAY 13 ANTJE SCHOMAKER

VINTAGE TROUBLE

22.11. BATSCHKAPP 20.00 MILKY CHANCE TICKETS MOUSONTURM: TEL 069.405.895-20 WWW.MOUSONTURM.DE INFOS BROTFABRIK: WWW.BROTFABRIK.INFO

WEITERE VERANSTALTUNGEN: WWW.MARKUSGARDIAN.DE

E

Do. 11.05.2017 | Blue Shell, Köln

THE ONE HUNDRED

special guests: Dexter und Juse Ju

01.08. PALMENGARTEN 19.30 HAUSCHKA

T

CIRCA WAVES

02.06. MOUSONTURM 20.00 TERRY & GYAN RILEY

25.07. PALMENGARTEN 19.30 MIGHTY OAKS

A

Di. 16.05.2017 | Blue Shell, Köln

Sa. 29.04.2017 | Gebäude 9, Köln

07.07. ZOOM 21:00 MOUNT KIMBIE

D

Mi. 26.04.2017 | MTC, Köln

02.06. ZOOM 20.00 CHRISTIAN LÖFFLER

03.07. ZOOM 21.00 KEVIN MORBY

P

prime entertainment www.prime-entertainment.de


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#Preview #Demnächst #Katz und Goldt

Demnächst: Intro #253 — 29.05.2017

Beth Ditto, Kraftklub, Pixx, Giant Rooks, Lea Porcelain, Wonder Woman, Hausbesuch bei Ulrich Holbein, Noga Erez, London Grammar, Helene Hegemann über »Axolotl Overkill«, Marteria, Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi


GEPRIESEN VOM RAUSCH, GESEGNET VOM SCHLAMM, GELESEN VON EUCH. DANKE! DAS MAGAZIN 2017 AB 29. MAI ÜBERALL. TÄGLICH IM NETZ: FESTIVALGUIDE.DE

SEIT 1997

2 0 JA H RE DAS ORI G I N AL



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