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Christian Rickli

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Massnahmen und Untersuchungen in den Runsen Hexen und Schwandrübi in Dallenwil (NW)

Christian Rickli Frank Graf Manuel Studer Nicolas Steeb

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Zusammenfassung Die beiden Runsen Hexen- und Schwandrübi im Flüeligraben bei Dallenwil waren lange Zeit bedeutende Geschiebeherde und trugen massgeblich zur Gefahr durch Überschwemmungen und Übersarungen in Dallenwil bei. Im Zeitraum von 1980 bis 2010 wurden sie in Zusammenarbeit mit der Eidg. Forschungsanstalt WSL verbaut und begrünt. Das Sanierungskonzept umfasste die Stabilisierung des Gerinnes mit Betonsperren, die Reduktion der Neigungen in den Einhängen mittels Stützwerken und schliesslich die Begrünung mit Hydrosaat und Bepflanzung mit Gehölzen. Veränderungen im Gebiet und die darin ablaufenden Prozesse werden seit Beginn der Arbeiten fortlaufend dokumentiert. Bis heute wurden immer wieder und werden nach wie vor Untersuchungen zur Begrünung und den Abtragsprozessen durchgeführt.

Keywords Hangstabilisierung, Bodenmechanik, Sukzession, Testpflanzungen, Erosion, digitale Höhenmodelle

Mesures et investigations dans les ravins de Hexen et Schwandrübi à Dallenwil (NW)

Résumé Les deux ravins de Hexen- et Schwandrübi dans le Flüeligraben près de Dallenwil ont longtemps été d’importants foyers de charriage et ont contribué de manière déterminante au danger que représentaient les inondations et les débordements à Dallenwil. Entre 1980 et 2010, ils ont été aménagés et végétalisés en collaboration avec l’Institut fédéral de recherche WSL. Le concept d’assainissement comprenait la stabilisation du chenal avec des barrages en béton, la diminution des pentes dans les versants adjacents au moyen d’ouvrages de soutènement et, enfin, la végétalisation par ensemencement hydraulique et la plantation de formations ligneuses. Les changements dans la zone et les processus qui s’y déroulent sont documentés en permanence depuis le début des travaux. Jusqu’à aujourd'hui, des études sur la végétalisation et les processus d’érosion ont été menées à plusieurs reprises et continuent de l’être.

Motsclés Stabilisation des versants, mycorhizes, succession, plantations tests, érosion, modèles numériques de terrain

Misure e indagini nei canaloni di Hexen e Schwandrübi a Dallenwil (NW)

Riassunto I due canaloni Hexenrübi e Schwandrübi nel Flüeligraben vicino a Dallenwil sono stati a lungo importanti fonti di sedimenti e hanno contribuito in modo significativo al pericolo di inondazioni e colate detritiche a Dallenwil. Nel periodo dal 1980 al 2010, sono stati sistemati e inverditi in collaborazione con l'Istituto federale di ricerca per la foresta, la neve e il paesaggio (WSL). Il concetto di risanamento prevedeva la stabilizzazione del canale con briglie di cemento, la riduzione delle pendenze dei versanti mediante strutture di sostegno e infine l’inverdimento tramite idrosemina e la piantumazione di specie legnose. I cambiamenti nell'area e i processi che vi si svolgono sono stati costantemente documentati fin dall'inizio dei lavori. Ad oggi, sono stati e sono tuttora in corso studi sui processi di inverdimento e di erosione.

Parole chiave Stabilizzazione di pendii, micorrize, successione, piantagioni test, erosione, modelli digitali del terreno

Einleitung

Massenbewegungen wie Rutschungen, Erosion und Geschiebetransport sind im Gebirgsraum an vielen Orten entscheidend für die Gefahrensituation. Dies ist auch in Dallenwil (NW) der Fall, dessen Siedlungsgebiet durch mehrere Wildbäche bedroht ist. In der Vergangenheit entstanden im Dorf durch Überschwemmungen und Übersarungen immer wieder grosse Schäden (z.B. 1981/82). Ein wichtiger Ansatzpunkt für die Gefahrenreduktion ist die Stabilisierung der Geschiebeherde, wobei dafür sowohl technische als auch biologische Massnahmen in Frage kommen. Die beiden Runsen Hexen- und Schwandrübi im Einzugsgebiet des Flüeligraben werden seit Anfang der 1980er Jahre verbaut und begrünt. Die Massnahmen wurden grösstenteils in Zusammenarbeit zwischen dem kantonalen Forstdienst und der Eidg. Forschungsanstalt WSL geplant und ausgeführt. Im Verlauf der letzten Jahrzehnte konnte der weitaus grösste Teil der problematischen Fläche stabilisiert werden, wodurch sich die Geschiebeproduktion deutlich reduzierte. Heute sind entsprechend nur noch wenige Prozent der ursprünglichen Geschiebeherde aktiv. In den Verbaugebieten wurden zudem auch regelmässig Forschungsarbeiten zu verschiedenen Themen durchgeführt. Das Gebiet

Am Oberlauf des Flüeligraben in Dallenwil befinden sich die Hexen- und Schwandrübi. Diese beiden Runsen waren bis Ende der 1970er Jahre praktisch ohne Vegetation (Abb. 1). Erosion, Steinschlag und flachgründige Rutschprozesse führten bei Starkniederschlägen regelmässig zu grossen Geschiebeeinträgen in den Flüeligraben. Anfangs der 1980er Jahre entschlossen sich die verantwortlichen Behörden zum Verbau. Das entsprechende Gebiet befindet sich auf einer Höhe von etwa 1100 bis 1260m ü.M. Die Geologie ist durch die Klippendecke (penninische Kalkformation) über ultrahelvetischem Flysch charakterisiert. Mächtige, teilweise verdichtete Moränenablagerungen des Engelbergergletschers bilden die Lockergesteinsauflage (Gerber et al. 2009).

Die Stabilisierung

Das Konzept für den Verbau musste neben der Geschiebeproblematik im Vorfluter und im Siedlungsgebiet von Dallenwil auch lokale Probleme berücksichtigen. Denn wo sich Moränenmaterial ungeschützt an der Oberfläche befindet, sind Verwitterungs- und Erosionsprozesse im Gang und Steinschlag und Materialablagerungen verhindern das Aufkommen einer schützenden Vegetation (Gerber et al. 2009). Bei einer Sanierung hat die Schaffung einer stabilen Gerinnesohle oberste Priorität. Ausgehend von einem sicheren Hangfuss sind im Hang die Neigungen mit Stützwerken so zu verflachen, dass sich im Laufe der Zeit eine Vegetationsdecke etablieren kann. Zwischen den Stützwerken wird eine Neigung gewählt, die maximal dem Winkel der Scherfestigkeit des aufgelockerten Bodenmaterials entspricht. Die Stützwerke müssen bis in das unverwitterte Lockergestein fundiert werden. Übersteile Stellen an den oberen Rändern der Erosionsgebiete sind abzutragen oder durch geeignete Massnahmen zu sichern. Erst wenn kein oder nur noch wenig Material erodiert wird, hat die Vegetation eine Chance, sich zu etablieren und die darunterliegenden Schichten vor Verwitterung zu schützen.

Ursprünglich war vorgesehen, die Sanierungsarbeiten mit dem technischen Verbau im Jahr 1991 abzuschliessen und dann in den Folgejahren den Schwerpunkt auf die Aufforstungs- und Pflegearbeiten zu legen. Schon bald zeigte sich aber, dass nicht wie geplant mit einem grossen jährlichen Aufwand gebaut werden konnte, sondern dass sich die Bauarbeiten auch nach den natürlichen Erosions- und Hinterfüllungsprozessen richten mussten. Die einzelnen Werke wurden deshalb den lokalen Gegebenheiten angepasst und später ergänzt, wobei zeitliche Aspekte eine wichtige Rolle bei der Entscheidungsfindung spielten. Oft mussten die Bauwerke auch grösser gebaut werden als

Abbildung 1: Die Aufnahme links aus dem Jahr 1978 zeigt die praktisch vegetationslose, mit steilen Rinnen und scharfen Rippen durchsetzte «Schwandrübi» im Zustand vor den Stabilisierungsarbeiten (Foto: Kantonsforstamt NW); das Bild rechts ist eine Aufnahme von 2005, 23 Jahre nach dem Verbau im Jahr 1982. Im Jahr 2004 wurde die Begrünung erstmals gepflegt. Figure 1 : La photo de gauche, prise en 1978, montre le « Schwandrübi » pratiquement dépourvu de végétation et parsemé de rigoles abruptes et de côtes prononcées, dans l’état où il se trouvait avant les travaux de stabilisation (photo : Office cantonal des forêts NW) ; la photo de droite est une photo prise en 2005, 23 ans après l’aménagement en 1982. En 2004, la végétation a été entretenue pour la première fois.

ursprünglich geplant, da die Erosion schneller voranschritt (Gerber et al. 2009). Nach Abschluss des technischen Verbaus erfolgte auf den Zwischenflächen eine Hydrosaat und die Bepflanzung mit Gehölzen, vorwiegend mit Weisserlen (Alnus incana).

Abgeschlossene wissenschaftliche Untersuchungen

Im Verlauf der letzten 20 Jahre wurden in der Hexen- und Schwandrübi zahlreiche Fragen in verschiedenen Themenbereichen untersucht. Diese werden im nachfolgenden Überblick kurz dargestellt.

A) Bodenmechanik Im Rahmen der Konzeptfindung für den technischen und biologischen Verbau der Schwand- und Hexenrübi wurden anfangs der 1980er Jahre am damaligen Institut für Grundbau und Bodenmechanik der ETHZ mittels triaxialen Scherversuchen für das lokal anstehende Moränenmaterial ein Scherwinkel von 33° bestimmt. Dieser Wert wurde für die Festlegung der Neigungen zwischen den Stützwerken im Hang eingesetzt. Rund 20 Jahre später konnte der Ansatz von Böll & Graf (2001), bei welchem die Zunahme der Aggregatstabilität aufgrund von Bepflanzung einer virtuellen Erhöhung des Reibungswinkels φ’ zugeordnet wird, mit Hilfe von triaxialen Scherversuchen bestätigt werden. Für mit Weisserlen bepflanzte Proben (H=14cm, ø =7cm) mit Bodenmaterial aus der Hexenrübi ergab sich nach einer Wachstumsphase von 20 Wochen eine Erhöhung des Reibungswinkels φ’ um ca. 5° (Frei 2003, Graf et al. 2009). Die Ergebnisse einer weiteren Studie mit Direktscherversuchen an grossen Proben (50x50x40cm) unter Verwendung des gleichen Bodenmaterials stehen ebenso in Einklang mit den früheren Resultaten und verdeutlichten den Einfluss einer Bepflanzung auf die Bodenfestigkeit und damit auf die Hangstabilität (Graf et al. 2017, Yildiz et al. 2018).

B) Aggregatstabilität Im Verbaugebiet wurden verschiedene Analysen der Aggregatstabilität durchgeführt, und zwar sowohl an natürlichen Feld- als auch an künstlich hergestellten Laborproben. Damit konnten die biologischen Effekte von Pflanzen und Mikroorganismen, insbesondere von Mykorrhizapilzen, auf die Boden- und Hangstabilität quantifiziert werden. Mit einem «space for time» Ansatz war es möglich, eine stetige Stabilitätszunahme aufzuzeigen. Ausgehend vom unbewachsenen Moränenmaterial (Hexenrübi 2006 als Proxy für die Schwandrübi von 1981), über die Schwandrübi 25 Jahre nach der Initialpflanzung (2006) zum 150-jährigen «Hornwald» (intakte Klimaxgesellschaft zwischen Hexen- und Schwandrübi) kam es zu einer signifikanten Zunahme der Aggregatstabilität (Abb. 2; Burri et al. 2009, Graf & Frei 2013). Es hat sich zudem gezeigt, dass diese Zunahme von den unbewachsenen zu den 25-jährigen Feldproben für standardisierte Werte mit jenen im Labor nach einer 5-montigen Wachstumsphase sehr gut übereinstimmt (Graf et al. 2015).

C) Vegetation

Abbildung 2: Werte der Aggregatsstabilität der drei Untersuchungsflächen Hexenrübi (unbewachsen, Kontrolle), Schwandrübi (begrünt) und Hornwald (Klimaxgesellschaft) in den Bodentiefen 0-10 cm und 10-20 cm. Gleiche Buchstaben kennzeichnen Datensätze, die sich nicht signifikant unterscheiden (p - Wert > 0.05; Burri et al. 2009). Figure 2 : Valeurs de la stabilité des agrégats des trois surfaces étudiées Hexenrübi (non végétalisée, contrôle), Schwandrübi (végétalisées) et Hornwald (association climacique) dans les profondeurs de sol 0-10 cm et 10-20 cm. Des lettres identiques indiquent des jeux de données qui ne se distinguent pas de manière significative (valeur p > 0.05 ; Burri et al. 2009). In der Schwandrübi wurde 1981/82 die grossflächige Initialpflanzung grösstenteils mit Weisserle (Alnus incana) durchgeführt. Der Anteil Fichten (Picea abies) und Weiden (Salix cinerea, S. purpurea), welche im Rahmen von kleinflächigen Nachpflanzungen ebenfalls zum Einsatz kamen, betrug weniger als 5%. Bei einer Kontrollaufnahme der Vegetation im Jahre 2005 wurden insgesamt 15 zusätzliche Gehölze registriert (Burri et al. 2009, Graf 2009). Darunter waren auch alle von NaiS (Nachhaltigkeit und Erfolgskontrolle im Schutzwald; Frehner et al. 2005) geforderten Arten für den angestrebten Tannen-Buchenwald (Klimaxgesellschaft) zu finden. Dies ist als Indiz für die erfolgreiche Sukzession hin zur angestrebten Zielvegetation zu werten.

Neben diesen abgeschlossenen Forschungsarbeiten sind gegenwärtig immer noch Langzeituntersuchungen zur Vegetationsentwicklung im Gange. Zudem wurde im Zusammenhang mit oberflächennahen Transportprozessen (Erosion) im Jahre 2021 ein weiteres Forschungsvorhaben als Machbarkeitsstudie gestartet. Diese Untersuchungen sind in den beiden nachfolgenden Kapiteln kurz dargestellt.

Testpflanzungen mit verschiedenen Weidenarten

In der Hexenrübi wurde im Herbst 2008 nach dem technischen Verbau eine Hydrosaat mit einer an die lokalen Verhältnisse angepassten Saatmischung aufgebracht. In den folgenden Jahren konnten in Absprache mit dem Grundeigentümer insgesamt 15 Versuchsflächen einer Grösse von je etwa 40m² eingerichtet und mit 36 bis 40 Pflanzen bepflanzt werden. Das Ziel bestand darin, im Rahmen von Testpflanzungen drei verschiedene Weidenarten (Salix appendiculata, S. daphnoides und S. purpurea) sowie unterschiedliche Verfahren (Steckhölzer, bewurzelte Pflanzen, je mit und ohne Mykorrhiza-Inokulum) auf ihre Eignung bei Hangsanierungen in schwierigen Bedingungen zu prüfen. Der Zustand der Pflanzen wird seither regelmässig dokumentiert.

Nachfolgend sind die Ergebnisse der letzten Zustandserhebung vom September 2020 aufgeführt. Dabei zeigt sich, dass das Wachstum von Salix purpurea besser war (d.h. im Jahr 2020 höhere Pflanzen) als jenes von S. appendiculata und S. daphnoides (p<0.05, Abb. 3). In Bezug auf das Pflanzverfahren wurde besseres Wachstum (alle Weidenarten) bei Stecklingen als bei bewurzelten Pflanzen beobachtet (p<0.05). Zudem konnte ein positiver Einfluss von Mykorrhiza festgestellt werden, indem das Wachstum von Stecklingen mit Mykorrhiza-Inokulum besser war als ohne (p<0.05); bei bewurzelten Pflanzen war jedoch kein Einfluss der Mykorrhiza auf das Wachstum erkennbar. Die

Abbildung 3: Höhe der Pflanzen Salix spp. anlässlich der Erhebung vom September 2020 (A = S. appendiculata, D = S. daphnoides, P = S. purpurea) in Abhängigkeit unterschiedlicher Pflanzverfahren (B = bewurzelte Pflanzen, S = Stecklinge) und Behandlungen (M = mit, O = ohne Mykorrhiza). Die Kombination ASM konnte nicht ausgewertet werden. Figure 3 : Hauteur des plantes Salix spp. lors du relevé de septembre 2020 (A = S. appendiculata, D = S. daphnoides, P = S. purpurea) en fonction de différentes méthodes de plantation (B = plantes enracinées, S = boutures) et de traitements (M = avec, O = sans mycorhizes). La combinaison ASM n’a pas pu être évaluée.

Tabelle 1: Masse des erodierten und in den vier Sedimentfallen (SF1 bis SF4) abgelagerten Materials für unterschiedliche Erfassungsperioden, d. h. für die gesamte Messperiode vom 28. 05. 2021 bis 20. 10. 2021 sowie für je eine Periode mit vergleichsweise viel und eine mit wenig Niederschlag. Die Flächen der Sedimentfallen unterscheiden sich wie folgt: SF1: 26 m², SF2: 27 m², SF3: 33 m², SF4: 32 m². Tableau 1 : Masse des matériaux érodés et déposés dans les quatre pièges à sédiments (SF1 à SF4) pour différentes périodes de relevé, soit pour l’ensemble de la période de mesure du 28. 05. 2021 au 20. 10. 2021, ainsi que pour une période de précipitations relativement abondantes et une période de précipitations faibles. Les surfaces des pièges à sédiments se distinguent comme suit : SF1 : 26 m², SF2 : 27 m², SF3 : 33 m², SF4 : 32 m².

Abbildung 5: Übersicht über das Untersuchungsgebiet (Bildausschnitt) sowie Geländeveränderungen dargestellt als Höhendifferenzen im Beobachtungsraum und den vier Sedimentfallen, berechnet aus den Laserscans vom 20. 04. 2021 und 18. 11. 2021. Hintergrund: Orthofoto vom 15. 06. 2021. Figure 5 : Vue d’ensemble de la zone d’étude (extrait d’image) ainsi que modifications de terrain représentées par les différences de hauteur dans la zone d’observation et les quatre pièges à sédiments, calculées à partir des scans laser du 20. 04. 2021 et du 18. 11. 2021. Arrière-plan : orthophoto du 15. 06. 2021.

Pflanzmethode und Behandlung mit Inokulum waren auch relevant in Bezug auf das Überleben der Pflanzen. Der Anteil überlebender Individuen (alle Weidenarten) war bei bewurzelten Pflanzen (76%) insgesamt grösser als bei Stecklingen (65%), und bei Zugabe von Mykorrhiza Inokulum überlebten mehr Pflanzen (80%) als ohne Zugabe von

Inokulum (61%). Dabei ist zu erwähnen, dass die Anteile überlebender Pflanzen bei den verschiedenen Weidenarten jeweils unterschiedlich waren.

Forschungsprojekt zu Erosionsprozessen

Zu Geschiebetransportprozessen in Wildbächen sind bereits umfangreiche Grundlagen bekannt (Rickenmann 2014). Wie Bodenmaterial aus steilen, meist vegetationslosen Bacheinhängen in ein Wildbachgerinne gelangt, ist jedoch noch wenig erforscht. Im Rahmen eines Forschungsprojektes der WSL werden deshalb gegenwärtig die Transportprozesse in steilen Hängen und die massgebenden Einflussfaktoren untersucht. Die folgenden Methoden kommen dabei zum Einsatz: Innerhalb eines steilen, mehrheitlich vegetationsfreien und durch Erosionsprozesse beeinflussten Untersuchungsgebietes (Abb. 4 links) wurden bei vier, gegen oben abgegrenzten Versuchsplots mit Abmessungen von ungefähr 4 mal 7m und Neigungen von 32° bis 36° sogenannte Sedimentfallen installiert (Abb. 4 rechts). In diesen wird durch Niederschläge mobilisiertes Material aufgefangen und periodisch quantifiziert, wobei die Menge in Bezug zum entsprechenden Regen gesetzt werden kann. Zudem werden mit zwei verschiedenen Drohnen (photogrammetrisch / LiDAR) und mit einem terrestrischem Laserscanner Digitale Terrainmodelle (DTM) erstellt. Mittels Differenzenberechnungen können für ausgewählte Zeitperioden Terrainveränderungen ermittelt werden. Damit wird eine Abschätzung der Erosion und der Ablagerungen möglich. Nachfolgend werden einige provisorische Erkenntnisse und Erfahrungen nach der ersten Feldsaison (April bis November 2021) aufgeführt. Die in einem Abstand von ungefähr zwei Wochen durchgeführten Erhebungen in den Sedimentfallen liessen erwartungsgemäss einen klaren Zusammenhang mit der Niederschlagsaktivität erkennen. In der niederschlagsreichen Periode vom 20. Juli bis zum 3.August 2021 wurde deutlich mehr Material gemessen als in der vergleichsweise trockenen (etwa gleich langen) Periode vom 3. bis 17.September 2021 (Tab. 1). In den einzelnen Sedimentfallen (SF1 bis SF4) wurde pro Messintervall in der Regel nicht gleich viel Sediment aufgefangen. Die Gründe dafür sind einerseits in den unterschiedlichen Verhältnissen der Einzugsgebiete der Sedimentfallen zu suchen (Vegetationsbedeckung, Korngrössen Oberflächenmaterial). Andererseits konnten aufgrund der schwierigen topographischen und generell harschen Bedingungen die Einzugsgebiete der einzelnen Sedimentfallen teilweise nur ungenügend gegen oben abgegrenzt werden. Deshalb wurde zum Teil nicht nur oberflächlich erodiertes Material aus den jeweiligen Flächen in den Fallen aufgefangen, sondern auch Material, welches von weiter oben stammt und durch Rinnenerosion und Steinschlag in Bewegung geriet. In Abbildung 5 sind die Höhendifferenzen, respektive Gebiete mit Erosion bzw. Ablagerung dargestellt, welche sich aus den Laserdaten der Messkampagnen vom April und November 2021 ergaben. Grössere Materialabträge erfolgten vor allem in den oberen, steilen Gebieten. Weiter unten, im Bereich der Sedimentfallen, sind einerseits Anzeichen von Rinnenerosion ersichtlich sowie andererseits auch einige kleinere Ablagerungen.

Nach der ersten Feldsaison ergaben sich aus dem Projekt einige Erkenntnisse sowohl hinsichtlich der im Gebiet ablaufenden Prozesse und Einflussfaktoren als auch in Bezug auf die Limiten der Methoden. Die Sedimentfallen haben sich grundsätzlich bewährt, allerdings ist die Abgrenzung der Flächen gegen Eintrag von oben schwierig. Zudem lassen sich die verschiedenen Transportprozesse (Oberflächenerosion, Rinnenerosion, Steinschlag) nur schwer voneinander abgrenzen. Basierend auf den DTM sowie GIS-Analysen kann jedoch für jede Sedimentfalle die beitragende Fläche und daraus eine entsprechende Erosionsrate pro Zeitperiode abgeschätzt werden. Eine Bestimmung des Materialabtrages über grössere Flächen mit Hilfe von Drohnen und Laserscanning scheint grundsätzlich möglich. Allerdings ist die Genauigkeit der daraus generierten DTM aufgrund der Steilheit und der komplexen Topographie mit scharfen Rippen und Rinnen begrenzt. Zudem stellt die Bedeckung der Geländeoberfläche durch (Kraut-) Vegetation sowie Blätter/Nadeln der Gehölze für das Erstellen der Höhenmodelle eine Herausforderung dar.

Fazit/Folgerungen

Die Verbauung der Hexen- und Schwandrübi erfolgte zeitlich und örtlich gestaffelt. Während der weitaus grösste Teil heute begrünt und ruhig ist, finden auf einzelnen Teilflächen nach wie vor Eintragsprozesse in den Vorfluter statt. Die Eidg.Forschungsanstalt WSL ist im Zusammenhang mit dem technischen Verbau, der Begrünung und weiteren Forschungsarbeiten seit mittlerweile mehr als 50 Jahren im Gebiet tätig. Sowohl die Abtragsprozesse als auch die Wirkungen der technischen und biologischen Massnahmen konnten über längere Zeitperioden beurteilt und dokumentiert werden. Dies erlaubte aus Rückschlägen zu lernen, respektive Erfahrungen direkt vor Ort umzusetzen. Dank des fortwährenden Austausches mit Eigentümer und Behörden konnten zudem immer wieder neue anwendungsorientierte Forschungsarbeiten initiiert werden.

Dank

Wir bedanken uns bei der Uertekorporation Dallenwil sowie dem Amt für Wald und Energie des Kantons Nidwalden, vertreten durch Andreas Kayser und Beat Ettlin, für die fortwährende Unterstützung und die Möglichkeit, im Gebiet

Flüeligraben Forschungsarbeiten durchführen zu können. Während über 30 Jahren leistete Werner Gerber in der Hexenrübi wertvolle Arbeit, namentlich im Zusammenhang mit dem technischen Verbau sowie bei den zahlreichen weiteren Untersuchungen – herzlichen Dank!

Literatur

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Kontaktadressen

Christian Rickli Eidg. Forschungsanstalt WSL Zürcherstrasse 111 CH-8903 Birmensdorf Tel: 044 739 2403 christian.rickli@wsl.ch

Frank Graf WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF & Climate Change, Extremes and Natural Hazards in Alpine Regions Research Center CERC Flüelastrasse 11 7260 Davos Dorf +41 81 417 02 10 graf@slf.ch

Manuel Studer GEOTEST AG Bernstrasse 165 3052 Zollikofen Tel: 031 910 03 46 manuel.studer@geotest.ch

Nicolas Steeb Eidg. Forschungsanstalt WSL Zürcherstrasse 111 CH-8903 Birmensdorf Tel: 044 739 2269 nicolas.steeb@wsl.ch

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